Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 362468x gelesen 10162x "Hilfreich" 9120x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 10.05.2016 2016-05-10| Aktualisiert am
10.05.2016
Besucht am 18.04.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 146 EUR
OMG! Wo bin ich denn hier gelandet?
Die Fahrstuhltür öffnet sich bei der (namensgebenden) -1 und vor mir liegt ein enger, etwas abschüssiger Gang. Weitgehend dunkel, nur "Leuchtstreifen auf dem Boden zeigen Ihnen den Weg". Immerhin winkt eine junge Dame schon einladend. Im Kellergewölbe bestechen optisch die nachträglich eingebauten Blech-Lüftungsschächte durch ihren ehrlichen Purismus. Dazu säuseln aus Lautsprechern Synthesizer-Sphärenklänge, gefolgt von - und ich schwöre! - gregorianischem Gesang.
Hier wird nicht profan genossen, hier wird ein Konzept gelebt! Um nichts Geringes kann es gehen, oh nein: "Wenn sich neu und klassisch begegnen, entsteht Unerwartetes: der einzigartig volle Geschmack des wahren Lebens."
Und bestimmt nicht nur schnöde Begeisterung für gutes Essen: "Wir wollen damit eine Waage zwischen der virtuellen Welt und der Wirklichkeit schaffen." Ja, die virtuelle Welt im Restaurant, wer kennt sie nicht? Vermutlich dieser unwirkliche Moment, wenn man sich fragt, ob das alles wahr sein kann...
Auch im einsunternull, das seit Oktober von ehemaligen reinstoff-Leuten um Ivo Ebert auf zwei Etagen (mittags oben, abends unten) in der Hannoverschen Straße betrieben wird, steht radikale Regionalität auf dem Programm. Nun, das steht ja schnellen höheren Weihen nicht entgegen, wie das Nobelhart&Schmutzig beweisen konnte. Auch hier also z. B. kein Pfeffer, keine Schokolade und für eines der sehr speziellen Getränke aus der Nicht-Wein-Begleitung entschuldigte sich der vollbärtige, autodidaktische Sommelier Benjamin Becker ausdrücklich, da es mangels näher gelegener Qualitätsanbieter aus Österreich bezogen werde.
Also musste eine Entscheidung getroffen werden: Schnell zwei, drei Gänge und dann ab zum Chicago Williams BBQ nebenan zum Sattwerden? Oder lasse ich mich auf die Herausforderung ein? Letztlich siegte die Neugier und ich machte mich für das wahre Leben bereit, zumindest für intensive Geschmackserlebnisse.
Intensiv war übrigens schon im Vorfeld die Betreuung durch das Team nach der problemlosen Reservierung über Open Table gewesen. Nicht nur die Erinnerungsmail erhielt ich, sondern auch die gleichtägige persönliche telefonische Bestätigung, dass alles für mich gerichtet sei. Die No-Shows müssen offenbar ein zunehmendes Problem sein... Eine Sorge, die letztlich auch nachvollziehbar war. Bis die achtköpfige Familien(?)-Gruppe erschien, herrschte ein 1:1-Verhältnis zwischen dem Service und vier Gästen. Bei ca. 35 Plätzen wäre das wohl schon als ungemütlich zu bezeichnen.
Was man vom Ambiente nicht unbedingt sagen kann. Man kann es allerdings auch nicht unbedingt nicht sagen.
Der abschüssige Gang vom Fahrstuhl (bzw. von der Treppe, die ich erst auf dem Rückweg entdeckte und die zugegeben den etwas dramatischen Effekt gemindert hätte) ist nötig geworden, da der Boden des Kellergewölbes ausgekoffert wurde oder was auch immer eine "Fundamentunterfahrung" sonst bedeutet. Jedenfalls gibt es keine bedrückend niedrige Decke, was auch daran liegt, dass diese in leichte Tonnen gelegt und mit kleinen Originalfliesen verkleidet ist, die ich zeitlich auf Mitte des vorletzten Jahrhunderts schätze. Zwei Wände sind ebenfalls damit verkleidet, wobei die Gebrauchspuren der Jahrzehnte für ein etwas herunter gekommenes, aber authentisches Aussehen sorgen. Ein Durchgang zum jetzt als Damentoilette dienenden Nebenraum ist aus nachvollziehbaren Gründen verschlossen worden. Dann jedoch mit Zementputz versehen, ein Gegensatz zu den Fliesen, den man spannend, hässlich oder, wie ich, irritierend empfinden kann. Auch die weitere Wände sind nackt, aber mit Spiegeln versehen oder von großen Glasflächen durchbrochen, die den Blick auf einen kleinen Innenhof mit großen Pflanztrögen in Kieselsteinen freigeben. Das schafft in der Tat Licht und etwas Raum für den Blick. Der Zementputz und die schon erwähnte Lüftung in ihrem Raw-Design werden wiederum durch die Farbgebung gemildert, die auf ein ganz pastellnes Oliv setzt. Wände, Stuhlbezüge, Blümchen(!) in grün oder braun farblich abgestimmt. Unter den Tischen schaffen große Teppiche Abwechslung zum hellen Parkett. Darüber unterschiedliche Designerlampen mit gedämpften Licht. Kleine Strahler ermöglichen gleichwohl, die Speisen gut zu erkennen und für die Community leidlich im Bild festzuhalten. Die bequemen Stühle klassische Moderne, für den breithüftigen Herrn wie geschaffen. Insgesamt eher skandinavisch, ist hier das Konzept von neu und klassisch konsequent umgesetzt. Ob die Liaison immer glückt, ist wohl Geschmacksache. Unwohl habe ich mich nicht gefühlt.
Alles ganz neu, alles pieksauber. Die Toiletten reduziert, Betonwände, Waschtisch Eisen, aber eben auch Frotteehandtücher und Bonbons für den frische Atem. Eben gebrochen, wie alles hier.
Der Service wurde von drei dunkel, aber nicht uniform gekleideten Damen hochprofessionell und freundlich-distanziert versehen. Das begann mit der freundlichen Begrüßung und dem Garderobenservice, nachdem ich an der Vollholztür geklingelt hatte. Und endete damit, dass der Sommelier die Treppe hoch stürzte, um mir noch einen Gruß hinterher zu rufen. Dazwischen merkte man dem Team die ausgezeichnete Schulung an. Bei der sehr intellektuellen Küche musste viel erklärt werden, da wirkte jetzt am Anfang noch vieles auswendig hergesagt.
Erwähnenswert: Nach dem Ausheben des Brotes erfolgte ein (sehr notwendiger...) "Krümelservice" mit dieser faszinierenden Schiene.
Und auch, wenn man es als manieriert ansehen kann: Ich hätte halt gerne eine neue Serviette, wenn ich zu den Toiletten gehe und das Tuch dort liegen lasse, wo sonst der Hosenboden sitzt...
Von eigener Art und Güte der vollbärtige (hip, hip...) Herr Becker, der die exotischen Getränke ungemein ausführlich beschreibt, dies allerdings stets in der Hocke an die Tischkante gelehnt. Ist das jetzt reale Augenhöhe mit den Gästen oder auch konsequent einsunternull? Zweimal war es wohl selbst den Kollegen zu viel und die Gänge wurden in die Erläuterungen hinein serviert.
Die Menükarte wurde mir mit zwei Hinweisen überreicht:
Die Portionen seien so bemessen, dass man auch alle 10 Gänge schaffen würde. Und es gebe keine klassischen Vor- und Hauptgerichte, jeder Gang stünde für sich. Die Einzelteller ("Gerichte" wäre im Nachhinein teilweise zu weitgehend) liegen zwischen 10 und 19 Euro, ab 6 Gängen als Menü für 77€, danach geht es in 10€-Schritten aufwärts.
Wie stets ließ ich Herrn Schmalhans nicht mal in die Nähe der Küche und wählte nur Champignonköpfe mit Haselnuss und Karotte, Anis mit Walnuss ab. Es erwarteten mich daher "nur" noch:
Gesäuerter Kohlrabi, Birne und Hanfemulsion
Spannrippe vom Rind und Knollensellerie
Buchweizen und Kürbis
Schmorzwiebel, Brühe und Fichte
Saibling, Asche und Rapsöl
Kräuterseitling, grüner Speck und Sonnenblumenkerne
Schwarzwurzel, Joghurt und Waldmeister
Milch, Molke, Mohn und Löwenzahnblüten vom letzten Jahr
Für den Abschluss war zudem "Gesüßtes" angekündigt, zum Auftakt "Gebackenes" sowie "Gemüse, still und fließend".
Die Weinkarte in schönes Leder gebunden, mit allerlei weisen Sprüchlein verziert und natürlich auch nicht schnöden Regionen folgend, sondern drei "Themen": Spaß, Region und Rares. Also leichte, einfache Gewächse, Terroirweine und eben Großartiges. Ich prüfte und fand mich nicht bereit. So wich ich neugierig auf die als "speziell" angekündigte nichtalkoholische Begleitung aus. Dieses Avis wurde erfüllt. Sehr zu loben ist allerdings die große Auswahl an Schaumweinen wie auch an Bieren!
Zunächst galt es jedoch, jenem Individualisten in mir nachzugeben, an den sich das einsunternull laut Homepage besonders wendet: Angesichts des versprochenen Geschmack des Lebens durfte kein frivoler Champagner den Abend eröffnen oder gar ein die Sinne vernebelnder Hochprozentiger. Hier musste tief geschürft werden: Als solid ground to stand on bot sich allein ein Imperial Stout der Traunsteiner Brauerei Schönramer an, schwarz wie die Nacht und süffig wie ein Malzbonbon. Es soll Damen geben, die damit allein ihr Nachtmahl hätten bestreiten können. Ich immerhin war mir für sehr faire 5€ sicher, dass mich das Straßenniveau nun nicht allzu hungrig wiedersehen würde, komme, was da wolle oder auch nicht.
Die Amuses wurden nach sehr angenehmer Wartezeit serviert, wie später auch die Gänge. Und wie bei den Gängen war von begeisternd über interessant bis enttäuschend alles dabei.
Schon die Präsentation machte neugierig. In dem einen Töpfchen wurden verschieden Gemüse serviert, in einem anderem eine Karottenessenz. Auf einem zerknülltem Metallgewebe lag etwas, das wie ein Zweigabschnitt aussah. Und zuletzt brachte die junge Dame eine Serviette, deren hochgenommenen Ecken mit einer Klammer befestigt waren, so dass sich ein Beutel ergab. Auf dem Tisch wurde die Klammer gelöst. Das Tuch entfaltete sich und wie eine Blüte fiel ein kleines Brot in sechs perfekte Abschnitte auseinander. Zugegeben nur ein kleiner Showeffekt, aber ich mag es halt. Und es war schlicht das beste (Misch)Brot, das ich in einem Restaurant je gegessen habe. Hier machte es Sinn, sich mit allen Sinnen einzulassen. Das warme Backwerk verströmte einen betörenden Duft, es war locker, doch nicht mit zu großen Lufteinschlüssen. Leicht schmeckte der Sauerteig noch durch. Aber die Kruste! Knusprig ist viel zu wenig gesagt, nicht in großen Stücken löste sie sich, sondern knisternd in unendlich viele kleine Knusperstücke. Fasziniert nahm ich das Brot immer wieder an das Ohr und brach Stück um Stück ab. Der Service nahm meine Begeisterung zufrieden zur Kenntnis, zwei Wochen habe man daran getüftelt. Mit dem kleinen, komplett aus einem Holzstück gefertigten Messer etwas Butter mit Steinsalz dazu - ein Genuss.
Völlig anders der Extrakt von der Mohrrübe. Schon der Geruch unangenehm konzentriert, war der Geschmack von penetranter Süße. Mit jedem Schlückchen mehr wie intensivster Babybrei ohne jede Nuance, so dass bei mir tatsächlich ein Würgereiz (Entschuldigung!) aufkam. Musste ich stehen lassen.
Die Gemüse waren von interessantem Biss und jeweils geschmacklich eindeutig. Am präsentesten die confierte Rote Beete, süß und erdig. Aber nach dem Karotteninferno war alles relativ flach. Die Bedienung hatte noch darum gebeten, Suppe und Gemüse getrennt zu probieren. Ein Hinweis auf die Reihenfolge wäre zwingend notwendig gewesen.
Blieb das "Holzstück", das ich etwas unschlüssig drehte. Tatsächlich Topinambur, das Innere ausgehöhlt, püriert und wieder in die Schale gefüllt, mit Butterschaum gekrönt und dann gebacken. Ergebnis: Ganz großes Kino. Eindeutiger Wurzelgeschmack, süßlich und leicht seifig, mit ganz kräftigen Röstnoten bis hin zu einer leichten Bitterkeit, die hervorragend mit den Erdtönen harmonierte. Die Schale wunderbar knusprig, das Innere saftig. Ein Meisterwerk. So könnte es weitergehen.
Ging es aber nicht.
Erster Gang: Jeweils drei fein gehobelte Blätter von Kohlrabi gesäuert (in Apfelessig?) und Birne überzogen mit einer Hanfemulsion. Letztere blieb ebenso wie die Bärlauchblüten weitgehend geschmacklos. Egal, das ganze Gericht war nur salzig, total unausgewogen, die Birne stand auf verlorenem Posten. Erst, als ich beim letzten Schnitt Frucht und Gemüse im Verhältnis 3:1 kostete, stellte sich ein einigermaßen angenehmes Mundgefühl ein. Der Rest des Kohlrabis ging zurück.
Leider passte sich die Getränkebegleitung "perfekt" ein. Es gab eine kleine Flasche Brottrunk, recht nett auf Eiswürfeln platziert und mit der Empfehlung, es in zwei Schlucken vor und nach dem Essen herunter zu kippen. Ein guter Rat. Die angekündigten geschmacklichen Nuancen des auf Hefe vergorenen Sauerteigs waren zwar in der Tat vorhanden, aber hier dominierte neben Salz die viel zu starke Säure. Grässlich. Schick allein das zum Eisbehälter degradierte Glas, so dünn, leicht und von geriffelter Struktur, dass ich erst verwundert einen Plastikbecher befürchtete.
Aber die Achterbahnfahrt ging weiter mit einem perfekt geschmorten Stück Rindfleisch aus der Spannrippe. So saftig, so schmackig, so zart! Umami! Rauch! Salz! Mit auf dem sehr heißen Teller eine stark reduzierte Jus vom Fleisch - dachte ich. Doch was da so unglaublich intensive malzig-erdige Süße auf die Zunge zauberte, war nichts als eine Sellerie und Wasser! Und 2-3 Tage, in der sie im Ofen vor sich hin reduzierte. Reinste Melasse, aber eben doch nicht nur aus einer Zuckerrübe gewonnen. Dazu im Extraschälchen Scheiben von Knollensellerie, den ich nur widerwillig probierte. Und ebenfalls auf schönste überrascht wurde. Erst geräuchert, dann in Waldhimbeerenessig mariniert eine erfrischend fruchtige Säure getragen von den eigentlich nicht geschätzten Sellerienoten. Perfekt eingepasst zwischen das fette Fleisch und den süßen Extrakt.
Bravo! Mit wenigsten Zutaten grandiose Geschmackserlebnisse geschaffen, hier wird das Versprechen eingelöst.
Auch die Saftbegleitung war hier passend. 85% Äpfel wild gesammelt von Streuobstwiesen wurden mit 15% Roter Beete unfiltriert verschnitten und konnten so süß-saure wie erdige Nuancen beisteuern.
Warum dieses Meisterwerk in der Reihenfolge der "gleichberechtigten" Gänge als zweites serviert wird, bleibt das Geheimnis der Küche. Aber Irritation ist hier Programm, also weiter.
Es wurde ein flacher runder Pudding von Buchweizen gereicht, darauf in seinem Tee eingelegte Streifen von Butternutkürbis, gekrönt von Buchweizenkrokant. Rhapsody in brown und Textur vor Geschmack, aber alles in allem schmackig.
Gelungen dazu die Cuvée aus 75% Apfelsaft vom Sämling und Topinambur, der Kohlensäure zugesetzt wird: Voilà, ein alkoholfreier Prisecco.
Etwas enttäuschend der nächste Gang. Von den Schmorzwiebeln in Brühe mit Fichte hatte ich mir mehr Süße versprochen. Sie waren noch recht fest und eher fad. Auch die wohl ausgekochten Fichtennadeln hatten an den leicht bitteren, etwas öligen Fonds keinen für mich bemerkbaren typischen Geschmack abgegeben.
Spannender da die hausgemachte Limonade auf Sanddorn und Zucker, der Kefir beigegeben war. Dadurch eine laktische Trübung und leicht moussierend. Schmeckte besser, als es aussah.
Wie das Fleisch zuvor, hat mich der dann folgende Fischteller überzeugt. Ein puristischer Streifen Saibling (sicherlich in der eigenen Badewanne gezüchtet, höchstens aus dem nächstem regionalen Gewässer gezogen), vermutlich sous vide, mit Asche (vom Lauch - ich frage nach so etwas, was sagt das bloß über mich?), Moos und einigen Salzflocken. Dazu das deutlich schmeckbare Rapsöl mit etwas Karotte. Hier harmonierte der recht fette Lachsfisch mit der Bitterkeit der Asche, der beim Amuse noch so abgelehnten Süße der Karotte (die Dosis macht das Gift...) und dem typischen Ölgeschmack.
Fehlte noch Säure. Interessanterweise durch Verjus als Getränk präsentiert, dem Saft unreifer Trauben, der laut Wiki im Altertum als gesundheitsfördernder Begleiter fetter Speisen galt. Passt ja. Eine deutliche, aber feine Säure, nicht so fruchtig wie Zitrone, nicht so beißend wie Essig. In der Nase eher an einen grünen Apfel erinnernd, als an Weintrauben.
Gebratene Kräuterseitlinge schlossen die warmen Gerichte ab. Von feinem Geschmack dazu die dünnen im Mund schmelzenden Streifen des italienischen Lardo. Drittes Element waren Sonnenblumenkerne, als weiche nussige Crème und crunchig geröstet. Lecker, aber kein großes Kino.
Als Begleiter Kombucha auf Zitronenmelisse, dessen Hefigkeit ganz gut passte, die säuerlichen und sogar leicht pikanten Noten für mich weniger.
Das erste Dessert hat mich dann wieder begeistert, ich wähle ja gar nicht so oft süße Nachspeisen. Im einsunternull alternativlos, da man nach Aussage des Service keine von der Temperatur passende Lagermöglichkeit für Käse habe. Hm.
Aus dem ausgeschabten Fruchtfleisch der Schwarzwurzel wurde ein Eis hergestellt. Eis aus Gemüse finde ich wegen des geschmackliche Aha-Effektes meist toll. Dazu (zu)wenig Waldmeisterreduktion und die entleerte Wurzelschale knusprig ausgebacken. Die Joghurtkomponente als Chip und als Staub, da lacht das verkümmerte Molekularherz. Der Fingerabdruck im Staub stammt nicht vom Service, sondern sollte der besseren Erkennbarkeit dienen. Einzige Kritik die Wahl von weißem Porzellan; die auf dem Rückzug aus der gehobenen Gastronomie befindliche Schieferplatte wäre hier optisch sehr wirkungsvoll gewesen.
Im Gegenteil traf Herr Becker mit einem erneuten Kombucha auf Berberitze voll ins Schwarze bzw. Pinke. Die Hefenote harmonierte schön mit der Schwarzwurzel, die Frucht ergänzte erstklassig den Joghurt. Yummie!
Der Vorwurf der etwas verschenkten Präsentation trifft auch für den Schlussakkord zu: Weiß auf weiß mit weiß. Nunja, Milch und Molke halt. Hauptakteur erneut Gefrorenes, diesmal Mohneis, bedeckt von einem schönem Milchschaumchip. Ich wurde aufgefordert diesen mutig zu durchstoßen (To boldly go where no man has gone before!) und tat, wie mir geheißen. Das Eis war mit Mohnsamen gefüllt. Geschmacklich durchaus gelungen, der durch das Eis abgemildert bittere Mohn trat in eine sehr erfreuliche Beziehung mit dem milchsüßen Cracker. Nur die Löwenzahnblüten(blätter!) vom letzten Jahr wären wohl besser im schon damals verspeist worden. Ich konnte keinen Beitrag auf der Zunge erkennen. Trotzdem ein gelungener Abschluss.
Den der Individualist in mir wie am Beginn doch mit etwas Alkoholischem krönen wollte. Da kam der mir bis dato unbekannte, intensive Likörwein aus gespritetem Tannat d'Aydie, der am Nebentisch ausgeschenkt wurde, wie gerufen. Nun, keine echte Konkurrenz zu einem Banyuls, aber doch eine erfreuliche Erfahrung gerade zum Mohn.
Trotz dieses Upgrades schlug die Getränkebegleitung nur mit 44€ zu Buche, was ich angesichts der in der Tat speziellen Gebräue als fast lächerlich billig empfinde.
Den angebotenen Kaffee lehnte ich kurz nach 23:00 Uhr ab. Trotzdem wurde ich mit einer kleinen Überraschung verabschiedet, zwei Buttercreme-Nocken, die nur scheinbar in Kakao gewälzt waren. Aber das hätte nicht dem selbst gewählten Regionalitätsprinzip entsprochen. Tatsächlich war es geröstetetes Weizenmehl. Der Geschmack war erstaunlich ähnlich, auch leicht süßlich, nur ohne die kakaotypische Bitternote.
So endete der Abend wie vieles zuvor mit einer - wohlschmeckenden - Irritation.
Der Vorhang zu und alle (zumindest viele) Fragen offen. Zum Beispiel diese:
Frage: Würden Sie das einsunternull empfehlen?
Radio Borgiwan antwortet: Ja, aber..
... nicht für Connaisseure und Genießerinnen, die in romantischer Zweisamkeit tafeln wollen, nicht für die gesellige große Runde, nicht für Geschäftsmenschen zum Arbeitsessen. Alle diese würden sich fragen "War's das schon?" oder gar "Was war das denn?".
Wer indes bereit für sehr reduzierte, intensive Geschmackserlebnisse ist, sein Essen verstehen, erleben, entdecken will, für den bietet sich an der Hannoverschen Straße eine eigene Welt. Nicht puristisch, nicht dekonstruiert, sondern authentisch und teilweise schon schmerzhaft intensiv. Muss man nicht mögen. Aber so ist das volle Leben halt.
Fin.
Für meinen Sohn Christian, der heute 24 Jahre alt geworden wäre. Danke.
OMG! Wo bin ich denn hier gelandet?
Die Fahrstuhltür öffnet sich bei der (namensgebenden) -1 und vor mir liegt ein enger, etwas abschüssiger Gang. Weitgehend dunkel, nur "Leuchtstreifen auf dem Boden zeigen Ihnen den Weg". Immerhin winkt eine junge Dame schon einladend. Im Kellergewölbe bestechen optisch die nachträglich eingebauten Blech-Lüftungsschächte durch ihren ehrlichen Purismus. Dazu säuseln aus Lautsprechern Synthesizer-Sphärenklänge, gefolgt von - und ich schwöre! - gregorianischem Gesang.
Hier wird nicht profan genossen, hier wird ein Konzept gelebt! Um nichts... mehr lesen
Einsunternull
Einsunternull€-€€€Sternerestaurant03027577810Hannoversche Str. 1, 10115 Berlin
4.0 stars -
"Berliner Trilogie II: Wagnis" DerBorgfelderOMG! Wo bin ich denn hier gelandet?
Die Fahrstuhltür öffnet sich bei der (namensgebenden) -1 und vor mir liegt ein enger, etwas abschüssiger Gang. Weitgehend dunkel, nur "Leuchtstreifen auf dem Boden zeigen Ihnen den Weg". Immerhin winkt eine junge Dame schon einladend. Im Kellergewölbe bestechen optisch die nachträglich eingebauten Blech-Lüftungsschächte durch ihren ehrlichen Purismus. Dazu säuseln aus Lautsprechern Synthesizer-Sphärenklänge, gefolgt von - und ich schwöre! - gregorianischem Gesang.
Hier wird nicht profan genossen, hier wird ein Konzept gelebt! Um nichts
Geschrieben am 02.04.2016 2016-04-02| Aktualisiert am
03.04.2016
Nachdem mein mittäglicher Diagonal-Pass das Spiel geöffnet hatte, brachte MarcO einen wunderbaren Abend-Schlenzer vor das Tor. Ich musste nur noch ein- oder besser abnicken.
Eine freundliche Vorabinformation des weit gereisten Pfälzers bestätigte uns die Abendtauglichkeit des La Calma. Offensichtlich kein Exklusivtipp, denn als wir am Mittwoch kurz nach 1800 Uhr einliefen, war das Lokal schon sehr gut gefüllt. Zwei Gruppen, eine große (Firmenessen) und eine größere (langjährige Freundinnen, wir erkannten die Gattin eines Ex-Bürgermeisters), sorgten für Stimmung, aber man konnte sich gleichwohl in Zimmerlautstärke verständigen. Dazu eine vierköpfige Familie, eine einzelne Dame, ein weiteres Paar. Die Tische, die beim Auslaufen noch unbesetzt waren, trugen alle Reservierungschilder. Vermutlich lag's auch am Feierabend Special (jede - sehr große - Pizza und ein Ratsherren-Craftbeer für 12€), das schon MarcO und Begleitung überzeugt hatte. Meiner Frau haben das helle Lager und die Pizza mit Fenchelsalsicchia, Mozzarella, milden Pepperoni und Grillgemüsen ebenfalls sehr gut geschmeckt. Tagliere und Cannonau hat MarcO schon zu Recht gelobt.
Zu Ambiente und Bedienung ist alles geschrieben. Zu ergänzen ist die für Italiener untypische Jazzmusik.
Von der Karte ist weiter positiv zu berichten: Die Burrata mit Ochsenherztomate und Basilikum war schön cremig und leicht säuerlich, was gut zur begleitenden Limonencreme passte. Es wäre auch Blutorange möglich gewesen, die aber von Madame abgelehnt wurde.
Mein Pulpo war schlicht sensationell! Von der Zartheit einer streichfähigen Butter (im wörtlichen Sinn), voll Geschmack und mit schönen Röstnoten. Hammer.
Nachdem mein mittäglicher Diagonal-Pass das Spiel geöffnet hatte, brachte MarcO einen wunderbaren Abend-Schlenzer vor das Tor. Ich musste nur noch ein- oder besser abnicken.
Eine freundliche Vorabinformation des weit gereisten Pfälzers bestätigte uns die Abendtauglichkeit des La Calma. Offensichtlich kein Exklusivtipp, denn als wir am Mittwoch kurz nach 1800 Uhr einliefen, war das Lokal schon sehr gut gefüllt. Zwei Gruppen, eine große (Firmenessen) und eine größere (langjährige Freundinnen, wir erkannten die Gattin eines Ex-Bürgermeisters), sorgten für Stimmung, aber man konnte sich... mehr lesen
Calma & Gusto
Calma & Gusto€-€€€Restaurant042147895665Bei den drei Pfählen 12, 28205 Bremen
4.5 stars -
"3 Chancen, 3 Treffer!" DerBorgfelderNachdem mein mittäglicher Diagonal-Pass das Spiel geöffnet hatte, brachte MarcO einen wunderbaren Abend-Schlenzer vor das Tor. Ich musste nur noch ein- oder besser abnicken.
Eine freundliche Vorabinformation des weit gereisten Pfälzers bestätigte uns die Abendtauglichkeit des La Calma. Offensichtlich kein Exklusivtipp, denn als wir am Mittwoch kurz nach 1800 Uhr einliefen, war das Lokal schon sehr gut gefüllt. Zwei Gruppen, eine große (Firmenessen) und eine größere (langjährige Freundinnen, wir erkannten die Gattin eines Ex-Bürgermeisters), sorgten für Stimmung, aber man konnte sich
Das Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu spüren. Triste Reihenbebauung und gastronomisch dominieren Pizza- und andere Lieferdienste sowie etwas aufgehübschte Imbisse. Echte Restaurants sind an der langen Straße eher rar gesät. Umso erfreulicher, dass im größeren Teil der Enoteca (mit einem reichen Angebot italienischer, insbesondere Chiantiweine) seit 2013 auch das La Calma italienische Cucina anbietet. Von Ambiente, Service und Küchenleistung eine echte Bereicherung mit einem sensationellem PLV.
Die kleine, aufgebockte Holzveranda mit unbequem aussehendem Alurohrmobiliar wartet auf wärmere Tage. Ruhigere werden nicht kommen, aber Straßenlärm gehört ja zum mediterranen Stadtflair.
Der große viereckige Raum ist durch eine Bar mit vielen Koch- und Weinbüchern getrennt, links die Weinhandlung, rechts das Restaurant, das zunächst keine italienische Assoziationen weckt, außer vielleicht etlichen Geschirrhandtüchern, die von der Decke hängen. Die Hommage an Wäsche über engen Gassen des Mezzogiorno wird mir indes erst jetzt bewusst. Bei meinem Besuch fand ich es erst befremdlich, dann witzig. Denn, wie auf einem anderen Portal jemand schrieb: "Da hat sich ein Innenarchitekt ausgetobt." Mitteldunkler Holzfußboden und durable Vollholztische auf Chrommittelfuß. Man nimmt Platz auf angenehm zu besitzenden Holzstühlen mit entweder schwarzen Sitzflächen und Rückenlehnen oder Plastiksitzschalen in Quietschfarben, grasgrün ist vorherrschend. Auch einige Raumtrenner und ein breiter Streifen Wand leuchten ähnlich frühlingshaft. Dadurch wird der trotz großer Lampen mit Metallschirmen und einiger Strahler nach hinten doch recht dunkel wirkende Raum farblich sehr aufgehellt. An der Fensterfront fällt sowieso das Licht der tief stehenden Sonne schön ins Lokal. An den Wänden über einer umlaufenden Bank mit schwarzem Kunstleder Bilder mit unterschiedlichen Motiven, die mehr oder minder Bezug zu Italien haben und Regale mit italienischen Produkten, die noch nicht jeder Supermarkt führt. Die Hardware auf den Tischen einschließlich der festen Vliesservietten ist einfach, aber passend und, wie alles, sauber. Die Nassräume habe ich nicht besucht.
Ein ungewöhnliches Ambiente, das ich angenehm empfand und das dem Auge viele interessante Kleinigkeiten anbot.
Das Publikum um die Mittagsstunde gemischt, eine alte Dame, Vater und Sohn, ein Handwerker. Wie geschrieben, normal, angenehm.
Der Service wird durch einen schon lebenserfahrenen Herrn erledigt, der das Klischee des nicht eben hünenhaft gewachsenen Italieners, in diesem Fall wohl Sarden, voll erfüllt. Die Deutschkenntnisse sind für das Übliche hinreichend, aber für fachliche Fragen zum Wein holte er den Betreiber, der sich als sein Sohn herausstellte und mehr als kompetent ist. Beide waren ehrlich an der Zufriedenheit des Gastes interessiert, freundlich, zuvorkommend, zu Auskünften gern bereit. Auch ein Probeschluck eines anderen Weines wurde angeboten. In diesem Ambiente sehr, sehr gut.
Die Speisekarte ist klein, aber eigenständig. Klasse statt Masse.
Mein Mahl beginnt mit einem Coperto - natürlich nicht die eigentümliche italienische Gepflogenheit, schon das nackte Gedeck, manchmal mit langweiligem Brot, gesondert zu berechnen. Hier gab es dagegen ein Tellerchen mit je zwei Scheiben/Stücken Salami, Pecorino, gegrillte Zucchini mit Olivenöl, große grüne Oliven und Ruccola. Dazu scharfe Paprika-Tapenade und etwas (langweiliges;-)) Brot. Ein sehr leckerer Auftakt, der einen gleich auf den Stiefel versetzte. Dafür zahlte ich gern schmale 3€, statt einen fehlenden Appetithappen auf Kosten des Hauses zu beklagen, den ich hier so oder so nicht erwartet hatte.
Wer mehr anlegen will, ordert das Tagliere, also ein "Brettl" mit gemischten Aufschnitt, Käse und toskanischem Honig.
Die weitere Wartezeit verkürzte mir eine 11Freunde-Ausgabe über deutsche "Legionäre" in der Seria A. Auf dem Cover der damals in erster Ehe verheiratete Lothar Matthäus, im Inter-Dress ins noch unbedachte San Siro einlaufend. Etliche Jahre später durfte ich mit meinem Sohn in ebenjenem Stadion jubeln, als mein Heimatverein noch einen Pausenrückstand (gegen die Rosso-Neri) egalisierte. Tempi passati, Werder-Erfolge wie Matthäus-Ehen, nur der Torschütze von damals, ein gewisser Claudio P. spielt, trifft und grinst wie damals.
Als primo piatto kommen Tagliatelle mit Fenchel-Salsiccia von der Tageskarte. Für die kleine Portion werden 4,5€ berechnet, ebenfalls sehr kundenfreundlich kalkuliert.
Was gemessen an Bremer Gastronomiepreisen auch absolut für die 5,8€ gilt, die auf der Rechnung für ein Viertel(!) Cannonau erscheinen. Mal abgesehen, dass fast nur noch 0,2l, teilweise schon 0,15l Fingerhüte ausgeschenkt werden, sind da Preise jenseits der 7€ für ordentliche Standardware keine Seltenheit. Der sardische Rote aus der Grenachetraube hatte einiges an Sangiovese mitbekommen, was mir als Tanninverschmäher nicht so recht war.
Die Teigwaren dagegen nach meinem Geschmack leicht über al dente. In einem kräftigen Sugo, das gut an den Nudeln haftete, mit reichlich Wurstscheiben durchmischt und etwas Olivenöl beträufelt. Gewürzt mit groben Pfeffer, Salzkristallen, Petersilie und reichlich Thymianzweiglein, die sich malerisch in der Wintersonne räkelten. Wunderbar kräftiges, klassisches Pastagericht in exzellenter Ausführung.
Ebenfalls von der Tageskarte ganz gegen meine üblichen Vorliebe als Hauptgang ein Burger. Aber die Kombination BBQ-Rindfleisch, Kalbsbraten, Grillgemüse und Guacamole versprach einiges. Und hielt viel mehr. In einem Sesambun, vorbildlich gehalten von einem Holzstäbchen, wurde der Burger auf einem reichlichen, hochwertigen Salatbett und begleitet von gebräunten Kartoffelspalten mit gebratenen Rosmarinzweigen präsentiert. Nachdem ich die obere Brötchenhälfte abgenommen hatte, ließ sich das Gericht problemlos mit Messer und Gabel essen. Das Rindfleisch war kräftig gebräunt, aber im Kern noch schön rosa. Sehr saftig. Was ebenso für die drei Scheiben Kalbsbraten galt. Zusammen mit gegrillter Aubergine, Zucchino, Champgignon und Tomate sowie natürlich der Avocadocreme war dies ein kräftig-harmonisches Meisterwerk. Der helle Industrie-Bun hat nicht gestört, die Kartoffeln waren tadellos, wurden aber von mir nicht sehr beachtet. Ich war im Hackfleisch-Himmel. Der beste Burger, den ich je gegessen habe? Das hieße zwar nicht viel, da ich dieser Fleischzubereitung eigentlich eher wenig abgewinnen kann. Für mich allerdings ein Aha-Erlebnis,nach dem ich den Fleischklops zukünftig wieder etwas freundlicher betrachten werde. Allemal, wenn das PLV so positiv ist, wie im La Calma mit aufgerufenen 10 Euro.
Was schon fast selbstredend für den Espresso galt, der gerade mal 1,5€ kostete und natürlich in der vorgewärmten Tasse serviert wurde.
Ein vermeintlich einfacheres Lokal entpuppte sich als gastronomische (und optische) Überraschung. Man muss vielleicht keinen Umweg in Kauf nehmen, aber für Einheimische, die in der Nähe sind, durchaus einen Besuch wert. Wir werden sicher demnächst am Abend vorbeischauen.
Das Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu... mehr lesen
Calma & Gusto
Calma & Gusto€-€€€Restaurant042147895665Bei den drei Pfählen 12, 28205 Bremen
4.5 stars -
"Einfach, gut, einfach gut!" DerBorgfelderDas Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu
Geschrieben am 21.03.2016 2016-03-21| Aktualisiert am
21.03.2016
Besucht am 19.03.2016
Kollege MarcO74 ("Die Zunge der Pfalz") kündigt Bremen-Besuch in charmanter Begleitung an. Lust auf ein Treffen am Sonntag-Abend? Aber sicher, ich organisiere. Lieblingslokal Nr. 1: Sonntags geschlossen. Lieblingslokal Nr. 2: Sonntags ab 18:00 Uhr geschlossen. Auch-ganz-gern Nr. 3: Dito. Egal-was Nr. 4: Selbes Ergebnis. Panik macht sich breit. Es gilt, die gastronomische Ehre der Heimat zu verteidigen. Aber: Ganz Bremen scheint zur Tatort-Zeit geschlossen. Ganz Bremen? Nein, ein kleiner, neu eröffneter Italiener in Stadionnähe muss scheinbar um Legionärsgäste aus dem befestigten Kleinbremum werben. Die Speisekarte ist übersichtlich und klingt vielversprechend. Aber mit kulinarisch verwöhnten Gästen in ein gänzlich unbekanntes Restaurant? Nein, ein Probe-Mittagessen musste her! Mein Weib aus der gechillten Wochenendstimmung gerissen und zur Hamburger Straße geradelt. Das Amüsierviertel Steintor läuft hier langsam aus, nicht mehr in jedem zweiten Haus werden das eine oder andere körperliche Bedürfnis befriedigt, aber doch recht verlässlich an jeder Straßenecke findet sich ein Restaurant oder eine (ehemalige) Eckkneipe. In einer solchen ist seit knapp einem Jahr auch das Due Fratelli beheimatet. Eine Plankenveranda zu beiden Straßenseiten wartet noch auf wärmere Tage. Leider nicht barrierefrei geht es durch den dicken Vorhang in den Gastraum. Linker Hand eine weitere Stufe hoch der Raum vor dem Tresen. Rechts ein etwas größerer Raum mit einer schönen erhöhten Sitznische mit Spiegel, die wir gleich für den eventuellen abendlichen Treff abspeichern. Von da aus ein schöner Blick ins Lokal und durch die großen Fenster auf die Straße. Einer der beiden namensgebenden Brüder begrüßt uns und weist uns höflich zunächst einen Tisch in Tresennähe zu. Als wir unseren Wunsch nach einem Mittagessen mitteilen, haben wir die freie Auswahl und setzen uns an einen Tisch am Fenster. Wir sind um 13:00 Uhr die ersten Gäste. Später wird es voller, allerdings kommen die meisten wohl zum Fußballschauen. In den Gaststätten rund ums Stadion ist das am Sonnabend Standard.
Das Ambiente überrascht uns positiv. Über dem leicht abgetretenen Dielenboden ist konsequent mit schwarz und weiß gestaltet. Die mit noch ausreichender Durchgangsmöglichkeit gestellten Tische sind alle mit zwei weißen Tischdecken belegt und komplett mit Wassergläsern, schön gefalteten Stoffservietten und zweimal reellem Besteck eingedeckt. Dazu dunkle Grablichter und schon Salz- und Pfeffermühlen. Man bekommt sofort den Eindruck, dass hier mit Anspruch gearbeitet wird. Über die Farbe der Sitzkissen auf den nur leidlich bequemen schwarzen Bistrostühlen soll nur das Foto Auskunft gegeben. Man will dem Bergischen Mob ja keine Angriffsfläche bieten ;-)).
Die Säulen in der weißen Wand sind hüfthoch mit schwarzem Holz verkleidet. Darüber schwarz-weiße Fotos von Filmstars und eine Barszene. Nett, aber ohne erkennbaren Bezug oder Zusammenhang. An der hinteren Wand zur Theke dagegen zwei pastellne Bilder, Blumen und Landschaft. Für die einen Kitsch, für die anderen die wahrscheinlich längste Geschmacksache der Welt. Nur ein klein wenig hämisch vermutet meine Gattin die Schwiegermutter als Künstlerin. Die Beleuchtung erfolgt teilweise durch LED-Strahler in der Decke, teilweise durch eine Lampenkonstruktion, die ebenfalls im Bild recht gut zu erkennen ist.
Der Service naht in Gestalt einer reizenden Signorina, die uns zurückhaltend, sehr konzentriert im Wechsel mit dem noch recht jungen Patrone bedient. Für die Schüchternheit besteht angesichts der Leistungen kein Anlass. Die Garderobe wird uns abgenommen und gebracht, meiner Frau in den Mantel geholfen. Die wenigen Mittagsangebote werden trotz einer Tafel gegenüber dem Tresen vollständig und langsam mitgeteilt, nur sehr leise. Alle Nachfragen können geklärt werden, zum Teil erkundigt sich die junge Dame eigenständig in der Küche. Die Sprachkenntnisse sind gut, werden aber vorsichtig eingesetzt. Man kann fast den Übersetzungsprozess in beide Richtungen im Gesicht ablesen. Sehr sympathisch. Das Einsetzen und Ausheben klappt ebenso gut, wie die Erkundigung nach der Zufriedenheit. Zum Bezahlen wird vorsorglich das Kartenlesegerät mit an den Tisch gebracht. Es gibt eine ordentliche Rechnung. Der Inhaber ist von offener Art, kein Schweiger, aber nicht unangenehm. Zur Vorspeise wird noch ein Olivenöl und eine dieser Wer-hat-die-Längste-Pfeffermühlen gebracht, immerhin von Peugeot mit Mahlgrad-Einstellung. Das Besteck wird mit weißen Handschuhen vorgelegt. Wie gesagt, ein in diesem Stadtviertel unerwarteter Anspruch.
So weit, so hinreichend auch für verwöhnte Pfälzer... Aber entscheidend ist auf dem Teller.
Wir erhalten für den ersten Hunger eine Mascarponecreme mit Kräutern und dreierlei Gebackenem im Drahtkörbchen. Besonders überzeugend die Pizzini, gesalzener Pizzateig, der ausgebacken wird. Wenn, wie jetzt, frisch dargeboten, sind das herzhafte kleine knusprige Krapfen mit Suchtpotential. Aber, wie der Wirt warnend erinnert, nicht ohne Folgen für den Hüftumfang. Auch die Creme hat uns geschmeckt, mal was anderes.
Wir wählen als Vorspeise einen Ruccolasalat für 6€ und ein Carpaccio di tonno für 13,5€. Als Hauptspeisen Saltimbocca alla romana (12,50€) und Gnocchi in Gorgonzolasauce, die mit 8,5€ zu Buche schlugen. Alle Speisen haben uns gefallen und waren (teils über-)reichlich.
Mein Thunfisch wurde, wie es sich gehört, in dünnen Scheiben aufgeschnitten serviert und war sehr hell. Ich vermutete erst Schwertfisch, tatsächlich war es aber Fleisch vom weißen Thun. Neben dem für meine Begriffe überflüssigem Ruccola und dünnen Stängeln (Kresse?) fanden sich auf den Fischscheiben sparsam eingesetztes Olivenöl, Kapern, kleinen Taggiasca-Oliven und Safranmajonäse. Der Fisch hatte es etwas schwer, geschmacklich durchzudringen, insgesamt aber eine auch qualitativ überzeugende Vorspeise.
Ebenso wie das Saltimbocca. Drei sehr dünne, saftige Schweineschnitzelchen und der darüber gelegte Parmaschinken knusprig. Für meinen Geschmack hätte es etwas mehr Salbei sein dürfen, aber da kann die Küche leicht zu viel des Guten tun. Sehr großzügig die Beilagen aus schmackhaftem Frühlingsgemüse mit nicht zuviel Biss, bei dem ich für Frischware zwar nicht die Hand ins Feuer legen würde, aber auch nicht das Gegenteil behaupten könnte. Egal, gute Qualität. Die Rosmarinkartoffeln kräftig gebräunt, aber etwas weich geraten. Leider begann sich die kräftige Soße etwas zu trennen, das sieht ja nicht so schön aus. Geschmacklich aber ebenfalls tadellos. Optisch war es mir doch etwas voll auf dem Teller.
Auch meine Frau war mit dem Salat zufrieden und mit den Kartoffelnocken restlos glücklich. Von Soßenresten auf ihrem Teller jedenfalls keine Spur mehr.
Kochen kann Fratello 2, keine Frage.
Der abschließende Espresso lungho kam in der vorgewärmten dickwandigen Tasse und hat mir ausnehmend gut geschmeckt. Die Bohnen stehen auch zum Verkauf und zum ersten Mal seit Jahren kommt vielleicht mal ein Wechsel für den häuslichen Vollautomaten in Betracht.
Der Kaffee war mit 2,2€ bepreist, 0,75l Aqua Panna mit immerhin 5,5€ und 0,4l Apfelschorle mit 3,6€. Teilweise ist das PLV ok, teilweise ambitioniert, aber insgesamt den Leistungen angemessen.
Fazit:
Test bestanden, wir reservierten für Sonntagabend.
Aber wird das Due Fratelli auch dem kritischen Gaumen aus dem Südwesten standhalten?
Kollege MarcO74 ("Die Zunge der Pfalz") kündigt Bremen-Besuch in charmanter Begleitung an. Lust auf ein Treffen am Sonntag-Abend? Aber sicher, ich organisiere. Lieblingslokal Nr. 1: Sonntags geschlossen. Lieblingslokal Nr. 2: Sonntags ab 18:00 Uhr geschlossen. Auch-ganz-gern Nr. 3: Dito. Egal-was Nr. 4: Selbes Ergebnis. Panik macht sich breit. Es gilt, die gastronomische Ehre der Heimat zu verteidigen. Aber: Ganz Bremen scheint zur Tatort-Zeit geschlossen. Ganz Bremen? Nein, ein kleiner, neu eröffneter Italiener in Stadionnähe muss scheinbar um Legionärsgäste aus dem... mehr lesen
Ristorante Due Fratelli
Ristorante Due Fratelli€-€€€Restaurant042167352817Hamburger Straße 32, 28205 Bremen
4.0 stars -
"Respektable (Not-)Lösung" DerBorgfelderKollege MarcO74 ("Die Zunge der Pfalz") kündigt Bremen-Besuch in charmanter Begleitung an. Lust auf ein Treffen am Sonntag-Abend? Aber sicher, ich organisiere. Lieblingslokal Nr. 1: Sonntags geschlossen. Lieblingslokal Nr. 2: Sonntags ab 18:00 Uhr geschlossen. Auch-ganz-gern Nr. 3: Dito. Egal-was Nr. 4: Selbes Ergebnis. Panik macht sich breit. Es gilt, die gastronomische Ehre der Heimat zu verteidigen. Aber: Ganz Bremen scheint zur Tatort-Zeit geschlossen. Ganz Bremen? Nein, ein kleiner, neu eröffneter Italiener in Stadionnähe muss scheinbar um Legionärsgäste aus dem
...wegen Mieterwechsel, so die Mitteilung des Pächters. Die Speisekarten sind schon aus den schönen neuen Schaukästen entfernt. Bin gespannt, wie es ab Mitte April weitergeht. Emil Karneczewicz und seinem Team alles Gute!
...wegen Mieterwechsel, so die Mitteilung des Pächters. Die Speisekarten sind schon aus den schönen neuen Schaukästen entfernt. Bin gespannt, wie es ab Mitte April weitergeht. Emil Karneczewicz und seinem Team alles Gute!
La Villa - Kays Culinarium
La Villa - Kays Culinarium€-€€€Restaurant, Cafe04213648557Goetheplatz 4, 28203 Bremen
stars -
"Betriebsunterbrechung bis 18.4.2016" DerBorgfelder...wegen Mieterwechsel, so die Mitteilung des Pächters. Die Speisekarten sind schon aus den schönen neuen Schaukästen entfernt. Bin gespannt, wie es ab Mitte April weitergeht. Emil Karneczewicz und seinem Team alles Gute!
Geschrieben am 05.02.2016 2016-02-05| Aktualisiert am
05.02.2016
Besucht am 03.02.2016
Schon wieder La Villa? Immer wieder!
Weil ich einfach nicht akzeptieren will, dass ein Innenarchitekt-gestylter "Konzept"-Laden nach dem anderen für seine im schlechtesten Fall Convenience-lastige, im besten auch nur Als-ob-Hochküche abgefeiert wird, und die echten Könner in dieser Stadt mit ihrer Und-ob!-Leistung, etwas höheren Preisen, aber dem soviel besseren Preis-Leistungs-Verhältnis extrem kämpfen müssen. So sehr, dass, nachdem im traditionell schwachen Januar das Mittagsangebot schon der mangelnden Nachfrage zum Opfer gefallen war, ich auch zu Beginn des neuen Monats mittags der einzige Gast blieb.
Am Angebot kann es weiterhin nicht liegen. Der hochbegabte Emil Karnaczewicz hat wohl oder übel auf die hanseatische Knauserigkeit reagiert und insbesondere die Mittagskarte umgestellt. Das teure (und gleichzeitig seinen Preis werte) Menue ist entfallen, die Gerichte sind der Papierform nach wesentlich rustikaler geworden und auch die Preise sind neu kalkuliert. An Qualität, Kreativität und handwerklicher Umsetzung gibt es jedoch keine Abstriche, wie ich bei meiner winterlichen Trilogie Steckrübensuppe mit Croutons und Kartoffeln (5€), Gurkensalat mit Dijonsenfdressing (4€) und schließlich glasiertem Spanferkelbauch mit Grünkohl, Pinkel und dreierlei Kartoffeln (14€) höchst angenehm erfahren durfte. Dem anschließenden Nachmittagsterminen geschuldet, wurden die Speisen von zwei alkoholfreien Bieren von Veltins (á 3,2€) begleitet und das Mahl mit einem verlängertem Espresso (2,9€ autsch) beendet.
Nach der Bestellung wurde zweierlei knuspriges Baguette gereicht (getrocknete Tomate, Oliven, inzwischen zugekauft, aber untadelig), dazu streichfähige(!) Butter und Maldonsalz. Das weitere Amuse ist zumindest mittags der neuen Kalkulation zum Opfer gefallen. Schade, aber nachvollziehbar.
Die Suppe wurde hörbar frisch aufgeschäumt, kam mit einem Brotchip und natürlich selbstgerösteten Croutons mit etwas Paprika. Wie jetzt schon häufiger bemerkt, legt die Küche Wert auf den Einsatz von Kräutern. Hier überraschte Estragon, der mit der Anisnote überraschend gut den kräftigen, aber nicht bitteren Geschmack der Oldenburger Ananas ergänzte. Erbsenkresse und Schnittlauch waren Ergänzungsspieler. Die kleinen Kartoffelwürfel waren exakt gegart, weich, aber festkochend und hatten, oh Wunder! deutlichen Eigengeschmack. Endlich scheint auch das Weckglas auf dem Rückzug, aus dem kleinen, rundlichen Teller war die Suppe vollständig zu leeren.
Da mein Hauptgericht einige Zeit zur frischen Zubereitung brauchte, bot mir Herr Karnaczewicz an, den Gurkensalat als Zwischengericht zu servieren. Auch hier wurde ein einfacher Teller kreativ veredelt, ganz ohne teure Gimmicks. Die knackigen Gurken waren mit gerade genug feiner Senfsauce überzogen, um noch selbst geschmacklich zu bestehen. Außer erwartbarem Dill und Petersilie, vervollständigte hier Kerbel die wohlbedachten Komponenten. Macht Spaß, den Überlegungen des Chefs nachzuschmecken, besonders, wenn sie so exakt auf den Teller gebracht werden.
Waren Suppe und Salat von der Menge übersichtlich, konnte beim Hauptgang auch der Preis überzeugen. Zur Leistungskomponente bedarf es keiner Worte, das Bild sagt doch schon: Ein Gedicht von Grünkohl und Pinkel, dem norddeutsche Winterklassiker. Anstelle des (häufig entweder trockenem oder fettig-sehnigen) Kasslers oder dem weich und wabbelig gekochten Allerweltsspeck hier zwei Tranchen saftiger Spanferkelbauch, dessen lackierte Kruste nachgerade zersplitterte. Die Füllung der Grützwurst war schon ausgelöst und in zwei appetitlichen Nocken angerichtet. Kein Schlachtfeld mit Wurstpelle bleibt so zurück. Meisterlich auch die vegetarischen Bestandteile. Der Kohl eher traditionell lange gekocht, aber nicht zu einer undefinierbare Pampe, sondern schon noch blättrig. Anstelle der üblichen Haferflocken verwendete die Küche zur Bindung etwas gestampfte Kartoffeln und - für mich Neuland - kleine schwarze Linsen. Kräftig abgeschmeckt, noch Kräuter untergezogen und man ahnt, warum derzeit der Grünkohl so im Trend liegt. Die Erdäpfel waren ebenfalls unschlagbar. Neben einer gut getroffenen Salzkartoffel gab es dieselbe in einer Kräutermischung ähnlich des Bouquets der Frankfurter Sauce gerollt. Herausragend aber die zweimal gebackene Variante. Große Kartoffeln werden gebacken, ausgehöhlt, die Masse mit ihren leichten Röstnoten herausgekratzt, gestampft und gewürzt, paniert und erneut im Ofen gebacken. Eine knusprige neue Erfahrung!
Der abschließende Espresso wurde bereits verdünnt in der vorbildlich angewärmten Tasse serviert, dazu ein Gläschen Wasser. Sehnsüchtig schaute ich zu meinem Pedro Ximenes auf der Theke hinüber, blieb aber standhaft sitzen (schweigend im Gespräch vertieft?). Galt es doch, meinen Freund zu überzeugen, unsere Mittagsverabredung am Montag vom Gretas in die Villa zu verlegen. Mit dem Bild vom Schweinebauch, einem zugesicherten Platz für seine Boxerdame und meiner Versicherung, dass der erste Raum am Eingang keineswegs düster sei, gelang mir auch dies.
Nachdem ich von den hier erstmals inspizierten, Waschräumen wiederkam, die in jeder Beziehung frisch und erfreulich waren, fand ich noch einen leckeren Abschiedsgruß in Form einer Sorbetkugel von der Grannysmith-Reduktion vor. Zart schmelzend, süß und intensiv in Farbe und Geschmack. Dazu ein paar Cremetupfen (Vanille?), ein wenig Crumble und als letzte Kräuterüberraschung etwas Basilikum. Ein wunderbarer grüner
Abschluss.
Ich bin auf einem Kreuzzug!
Schon wieder La Villa? Immer wieder!
Weil ich einfach nicht akzeptieren will, dass ein Innenarchitekt-gestylter "Konzept"-Laden nach dem anderen für seine im schlechtesten Fall Convenience-lastige, im besten auch nur Als-ob-Hochküche abgefeiert wird, und die echten Könner in dieser Stadt mit ihrer Und-ob!-Leistung, etwas höheren Preisen, aber dem soviel besseren Preis-Leistungs-Verhältnis extrem kämpfen müssen. So sehr, dass, nachdem im traditionell schwachen Januar das Mittagsangebot schon der mangelnden Nachfrage zum Opfer gefallen war, ich auch zu Beginn des neuen Monats mittags der... mehr lesen
La Villa - Kays Culinarium
La Villa - Kays Culinarium€-€€€Restaurant, Cafe04213648557Goetheplatz 4, 28203 Bremen
4.5 stars -
"Weiterhin ein Muss, auch mit der nun rustikaleren (Mittags)Karte!" DerBorgfelderSchon wieder La Villa? Immer wieder!
Weil ich einfach nicht akzeptieren will, dass ein Innenarchitekt-gestylter "Konzept"-Laden nach dem anderen für seine im schlechtesten Fall Convenience-lastige, im besten auch nur Als-ob-Hochküche abgefeiert wird, und die echten Könner in dieser Stadt mit ihrer Und-ob!-Leistung, etwas höheren Preisen, aber dem soviel besseren Preis-Leistungs-Verhältnis extrem kämpfen müssen. So sehr, dass, nachdem im traditionell schwachen Januar das Mittagsangebot schon der mangelnden Nachfrage zum Opfer gefallen war, ich auch zu Beginn des neuen Monats mittags der
Geschrieben am 19.01.2016 2016-01-19| Aktualisiert am
20.01.2016
Imbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozail Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke Bahnhofstraße/Herdentorsteinweg gelegen. Betreiber ist ein - nach Eigenbezeichnung - türkisch-ostdeutsches Paar. Folge: Neben Dönerspieß und Pizzaofen findet sich in der Vitrine regelmäßig deutsche Hausmannskost von KöKlo über Nudelauflauf bis zu - na klar - Soljanka. Das schmeckt und ist zumindest erwähnenswert, aber mir selbst für eine Kurzkritik zu wenig.
Am nächsten zum Bahnhof liegt das Mersin, wobei der nächste Kandidat Kültür Kebaphaus schon in Sichtweite ist. An einem kleinem Platz seitlich der Bahnhofstraße gelegen, fiele der schmale Eingang ohne den Stopper kaum auf. Es sind zwei Stufen zu überwinden. Wegen des Ambiente kommt man definitiv NICHT ins Mersin. Nach der recht kurzen Theke öffnet sich ein kleiner quadratischer Raum, in dem eng an eng vielleicht 16 Sitzplätze vorhanden sind. Ungemütlicher Fliesenboden, der Kunstlederbezug der Sitzbänke teilweise beschädigt und nur notdürftig geflickt. Die Wände sind auch nicht gerade Schmuckstücke. Daran ändern die wenige Fotografien nichts, besonders nicht der Klassiker "Junge Frau in traditionellen Gewändern auf Esel", hier in eine Schafherde fotomontiert (Zeichen für Reichtum? Brautpreis? Man weiß es nicht und wendet sich mit Grausen...). Ein stillgelegter Kühlschrank dient als Flaschenlager und auch Leergut findet seinen Platz. Ganz überwiegend türkischstämmiges Publikum, junge Menschen zumeist aller Geschlechter und sozialen Milieus. Trotz des deutlichen Imbiss-Ambientes wird auch hier an der Theke bestellt und am Tisch serviert. Der ältere Herr am Herd scheint mir der Chef, unterstützt von mehreren jungen Männern, die höflich sind. Es fehlt allerdings ganz die aufgesetzte "Hallo, mein Freund"-Attitüde", vielleicht eine Folge des eher seltenen deutschen Publikums.
Erwähnenswert:
Es gibt kein Döner. Der fehlende Drehspieß fällt unbewusst sofort auf. Stattdessen werden alle Zutaten auf der heißen Platte gebraten, auch der dünne Teigfladen Tantuni, in den das ganze später eingerollt wird. Preise ab 2,5€. Die Rollen sind von Teig und Durchmesser dünner als ein Rollo und werden zu einem U mit offenen Enden gebogen. Reichlich Zitrone eingeträufelt und herzhaft in die Spezialität der Mittelmeerregion um Mersin gebissen. Saftiger als das übliche Rollo, das Fleisch ist in der Regel veritabel Geschnetzeltes, das vormittags vor Ort geschnitten wird. Die Holme des U werden abwechselnd abgebissen, bis der Moment der Wahrheit kommt, denn im Bogen sammelt sich ja der leckere Bratensaft. Hier gilt es beherzt schlürfend vorzugehen oder sich wie die aufgebrezelten jungen Damen mit einem ganzen Packen Servietten auszustatten.
Auch die in der Kühltheke ausgestellten Fleischspieße werden ohne anders lautender Order wieder abgestreift und wie oben beschrieben zubereitet. Es lohnt der genaue Blick, letztens konnte ich so Schafsleber probieren.
Das zum Tantuni typische (jedenfalls lt. Wikipedia, aber auf Nachfrage durchaus bekannte) eigenwillige Getränk auf Basis von Roter Bete wird nicht ausgeschenkt. Dafür aber eine ganz wunderbare Alternative: Selbst gemachter Ayran, der viel fetter ist, als das wässrige Zeug aus dem Joghurtbecher. Und viel zauberhafter präsentiert: Man stelle sich eine Popcornmaschine vom Jahrmarkt vor, unten blickdicht, oben Plexiglas. Im unteren Teil befindet sich hier der gekühlte Edelstahlbehälter mit dem erfrischenden Joghurtgetränk. Und eine Pumpe. Die nach Inbetriebnahme den Ayran durch zwei hohe gebogene Hähne im oberen Teil und daraus wieder zurück in den Bottich befördert. Ein Ayran-Brunnen! Warum aber zwei Hähne? Nun, unter dem einen Strahl wird ein Glasseidel (0,3l für 1,5€) gezapft. Und dann mit einem großen Vorlegelöffel eine Portion Schaum auf das Glas geschaufelt, die der zweite Strahl derweil im Becken fabriziert hat. So fest, dass nur wenig zu Sahne fehlt. Vermutlich eine Folge oder gar das Ziel des hohen Fettanteils. Bleibt auch fest, bis das Glas geleert ist. Deshalb wird mit Strohhalm serviert.
Für kleines Geld jedesmal ein Riesenspaß (für das Kind im Borgfelder) und ein leckeres, authentisches Getränk!
Imbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozail Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke Bahnhofstraße/Herdentorsteinweg... mehr lesen
4.0 stars -
"Imbissempfehlung 1" DerBorgfelderImbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozail Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke Bahnhofstraße/Herdentorsteinweg
Geschrieben am 19.01.2016 2016-01-19| Aktualisiert am
20.01.2016
Imbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozaik Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke Bahnhofstraße/Herdentorsteinweg gelegen. Betreiber ist ein - nach Eigenbezeichnung - türkisch-ostdeutsches Paar. Folge: Neben Dönerspieß und Pizzaofen findet sich in der Vitrine regelmäßig deutsche Hausmannskost von KöKlo über Nudelauflauf bis zu - na klar - Soljanka. Das schmeckt und ist zumindest erwähnenswert, aber mir selbst für eine Kurzkritik zu wenig.
In der Mitte der Kandidaten gelegen, ist das Kültür Kebaphaus auf der Kante zwischen Imbiss und Restaurant. Hat man die Enge vor der Theke hinter sich gelassen, finden sich ebenerdig etwa 40 Sitzplätze an mehreren Tischen. Das Ambiente finde ich im Vergleich recht gemütlich orientalisiert, etwas Kunsthandwerk an den Wänden, Lampenschirme im Pergamentlook. Leidlich bequeme geflochtene Stühle. Einfache, aber saubere Toiletten im Keller. Gemischtes Publikum, Gruppen, Familien, Paare, junge Leute. Teilweise stellt die Bedienung den Kontakt her, denn oft muss zusammen gerückt werden, da beständig reger Andrang herrscht. Es wird an der Theke bestellt, aber am Tisch serviert. Die Crew ist überwiegend jung und ohne Ausnahme freundlich. Zu jedem Essen Fladenbrot, das ich nie anders, als frisch aufgebacken aus dem Ofen erhalten habe. Zum Abschluss wird immer ein kostenloser Tee angeboten.
Erwähnenswert:
Neben Geflügel- und "Normal"-Döner gibt es einen dritten Spieß (wenn man rechtzeitig kommt) mit sog. Yaprak-Döner, also 100% Fleisch. Ansonsten dürfen meines Wissens nach bis zu 40% Hack enthalten sein, beim "Fleischspieß nach Dönerart" sogar bis 90%. Das Yaprak-Döner ist als erstes ausverkauft, wen wundert's.
Die Angebote in der Vitrine sind überschaubar, dafür hausgemacht, frisch und wohlschmeckend. Klasse statt Masse. Das gilt auch für Desserts, abseits des allgegenwärtigen Baklava. Empfehlenswert z. B. eine Art Crème Brûlée.
Und aus meiner Sicht der wichtigste Grund für die Empfehlung (aber erst zum Schluss, weil sonst einige nicht weiter gelesen hätten ;-)):
Die (nach meiner Kenntnis) beste Iskembe Corbasi, der Stadt, also Pansensuppe. Ich weiß, viele gruseln sich, aber manche mögen Innereien. Für diese der Hinweis, dass hier stets frische Ware kommt (sonst fällt das Angebot aus), Null unangenehmer Geruch und die Kutteln wunderbar zart. Sehr reichhaltig. Dazu wird klassisch Knoblauchessig angeboten oder nur Zitrone. Zusammen mit dem knusprigen Fladenbrot ein Hochgenuss!
Imbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozaik Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke Bahnhofstraße/Herdentorsteinweg... mehr lesen
Kültür Kebaphaus
Kültür Kebaphaus€-€€€Restaurant, Imbiss04211652758Bahnhofstraße 36, 28195 Bremen
4.5 stars -
"Imbissempfehlung 2" DerBorgfelderImbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozaik Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke Bahnhofstraße/Herdentorsteinweg
Geschrieben am 19.01.2016 2016-01-19| Aktualisiert am
20.01.2016
Imbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozaik Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke Bahnhofstraße/Herdentorsteinweg gelegen. Betreiber ist ein - nach Eigenbezeichnung - türkisch-ostdeutsches Paar. Folge: Neben Dönerspieß und Pizzaofen findet sich in der Vitrine regelmäßig deutsche Hausmannskost von KöKlo über Nudelauflauf bis zu - na klar - Soljanka. Das schmeckt und ist zumindest erwähnenswert, aber mir selbst für eine Kurzkritik zu wenig.
Letztes Ziel auf der kleinen Tour zwischen Bahnhof und Wallgraben ist dieses vietnamesische Imbiss-Restaurant.
Da mit dem Mekong Delta am Rande der Innenstadt ein ansprechender Vertreter der Vietnamküche zur Verfügung steht, habe ich für einen Besuch in diesem recht neuen Imbiss etwas länger gebraucht. Es wird frisch gekocht.
Erwähnenswert
Zur Pho wird zwar nicht wie in Dortmund oder hier im Mekong Delta ein Bündel Kräuter zur Selbstauswahl gereicht, aber immerhin frisch hinein geschnitten. Vermutlich kann man auch Wünsche äußern. Für mich neu war indes das ausdrückliche Angebot, eine Einlage von Rindfleischscheiben wahlweise medium oder durch bestellen zu können.
Auch hier wird an der Theke bestellt, aber am Tisch serviert. Dort stehen auch bis zu fünf verschiedene Saucen zur Verfügung, u.a. die Fischsauce Nam Pla, aber auch ein ganz offensichtlich selbst (oder zumindest nicht industriell) gemachter Knoblauchessig.
Einige Gerichte werden nur am Wochenende angeboten, Zitat: "wenn die alte Frau da ist". Zum Beispiel Trung chien, das sehr reichhaltige vietnamesische Omelette.
Auf der Theke steht heißen Wasser for free. Wer will, kann also Kosten für ein Getränk sparen. Einen hiesigen Alt-Bürgermeister würde es freuen - nicht aus Geiz, sondern wegen der Abneigung gegen alle anderen, Pestizid- u.a. belasteten Getränken.
Das Ambiente ist sehr gelungen. Neu, wie schon erwähnt und wohl einem Trend in der Asia-Gastro folgend: Heller Boden in Holzoptik, helle Farben: Die Kunstlederbezüge der etwa 20 Plätze auf Stuhl oder Bank in hellgrün, die Wände in der Farbe eines Mango-Lassi; wer kennt den Farbton nicht? Dazu die jetzt schon ab und an gesehenen, fast ganze Wände einnehmenden großformatigen Fotos mit Naturmotiven. Hier Dschungel mit Wasserfall, das sieht frisch und natürlich aus und sorgt für eine Aufenthaltsqualität.
Imbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozaik Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke... mehr lesen
3.5 stars -
"Imbissempfehlung 3" DerBorgfelderImbisse bewerte ich eher selten.
Bei dreien mache ich eine Ausnahme, denn alle haben berichtenswerte Besonderheiten sowie eine Gemeinsamkeit. Letztere ist ihre Nähe zum Hauptbahnhof in oder an der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt. Keine 5 Minuten zu Fuß und auch in der berühmten Steinwurfnähe untereinander können es gute Alternativen zu den Ketten im Bahnhof sein, wenn es denn schnell und preiswert sein soll.
Ein vierter Imbiss, das Mozaik Bistro, sei allgemein erwähnt, da zwischen Nr. 2 und 3 an der Ecke
Ein ganz neues Konzept:
Pizza "römische Art", viereckige Stücke, aus der Hand gegessen. Und vor allem nach Gewicht bezahlt.
Aber es sollte nicht sein. Die Bauarbeiten im neuen Foodcourt des ehemaligen Polizeihauses verzögerten sich. Trotzdem eröffnet. Die Gästezahl war wohl überschaubar. Also wieder Schließung und Hinweis auf die Wiedereröffnung, sobald die Arbeiten abgeschlossen sind.
Und jetzt das Schild: "Dieses tolle Pizza/Pasta-Restaurant könnten Ihres sein!"
Ein ganz neues Konzept:
Pizza "römische Art", viereckige Stücke, aus der Hand gegessen. Und vor allem nach Gewicht bezahlt.
Aber es sollte nicht sein. Die Bauarbeiten im neuen Foodcourt des ehemaligen Polizeihauses verzögerten sich. Trotzdem eröffnet. Die Gästezahl war wohl überschaubar. Also wieder Schließung und Hinweis auf die Wiedereröffnung, sobald die Arbeiten abgeschlossen sind.
Und jetzt das Schild: "Dieses tolle Pizza/Pasta-Restaurant könnten Ihres sein!"
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"Schon wieder zu" DerBorgfelderEin ganz neues Konzept:
Pizza "römische Art", viereckige Stücke, aus der Hand gegessen. Und vor allem nach Gewicht bezahlt.
Aber es sollte nicht sein. Die Bauarbeiten im neuen Foodcourt des ehemaligen Polizeihauses verzögerten sich. Trotzdem eröffnet. Die Gästezahl war wohl überschaubar. Also wieder Schließung und Hinweis auf die Wiedereröffnung, sobald die Arbeiten abgeschlossen sind.
Und jetzt das Schild: "Dieses tolle Pizza/Pasta-Restaurant könnten Ihres sein!"
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Die Fahrstuhltür öffnet sich bei der (namensgebenden) -1 und vor mir liegt ein enger, etwas abschüssiger Gang. Weitgehend dunkel, nur "Leuchtstreifen auf dem Boden zeigen Ihnen den Weg". Immerhin winkt eine junge Dame schon einladend. Im Kellergewölbe bestechen optisch die nachträglich eingebauten Blech-Lüftungsschächte durch ihren ehrlichen Purismus. Dazu säuseln aus Lautsprechern Synthesizer-Sphärenklänge, gefolgt von - und ich schwöre! - gregorianischem Gesang.
Hier wird nicht profan genossen, hier wird ein Konzept gelebt! Um nichts Geringes kann es gehen, oh nein: "Wenn sich neu und klassisch begegnen, entsteht Unerwartetes: der einzigartig volle Geschmack des wahren Lebens."
Und bestimmt nicht nur schnöde Begeisterung für gutes Essen: "Wir wollen damit eine Waage zwischen der virtuellen Welt und der Wirklichkeit schaffen." Ja, die virtuelle Welt im Restaurant, wer kennt sie nicht? Vermutlich dieser unwirkliche Moment, wenn man sich fragt, ob das alles wahr sein kann...
Auch im einsunternull, das seit Oktober von ehemaligen reinstoff-Leuten um Ivo Ebert auf zwei Etagen (mittags oben, abends unten) in der Hannoverschen Straße betrieben wird, steht radikale Regionalität auf dem Programm. Nun, das steht ja schnellen höheren Weihen nicht entgegen, wie das Nobelhart&Schmutzig beweisen konnte. Auch hier also z. B. kein Pfeffer, keine Schokolade und für eines der sehr speziellen Getränke aus der Nicht-Wein-Begleitung entschuldigte sich der vollbärtige, autodidaktische Sommelier Benjamin Becker ausdrücklich, da es mangels näher gelegener Qualitätsanbieter aus Österreich bezogen werde.
Also musste eine Entscheidung getroffen werden: Schnell zwei, drei Gänge und dann ab zum Chicago Williams BBQ nebenan zum Sattwerden? Oder lasse ich mich auf die Herausforderung ein? Letztlich siegte die Neugier und ich machte mich für das wahre Leben bereit, zumindest für intensive Geschmackserlebnisse.
Intensiv war übrigens schon im Vorfeld die Betreuung durch das Team nach der problemlosen Reservierung über Open Table gewesen. Nicht nur die Erinnerungsmail erhielt ich, sondern auch die gleichtägige persönliche telefonische Bestätigung, dass alles für mich gerichtet sei. Die No-Shows müssen offenbar ein zunehmendes Problem sein... Eine Sorge, die letztlich auch nachvollziehbar war. Bis die achtköpfige Familien(?)-Gruppe erschien, herrschte ein 1:1-Verhältnis zwischen dem Service und vier Gästen. Bei ca. 35 Plätzen wäre das wohl schon als ungemütlich zu bezeichnen.
Was man vom Ambiente nicht unbedingt sagen kann. Man kann es allerdings auch nicht unbedingt nicht sagen.
Der abschüssige Gang vom Fahrstuhl (bzw. von der Treppe, die ich erst auf dem Rückweg entdeckte und die zugegeben den etwas dramatischen Effekt gemindert hätte) ist nötig geworden, da der Boden des Kellergewölbes ausgekoffert wurde oder was auch immer eine "Fundamentunterfahrung" sonst bedeutet. Jedenfalls gibt es keine bedrückend niedrige Decke, was auch daran liegt, dass diese in leichte Tonnen gelegt und mit kleinen Originalfliesen verkleidet ist, die ich zeitlich auf Mitte des vorletzten Jahrhunderts schätze. Zwei Wände sind ebenfalls damit verkleidet, wobei die Gebrauchspuren der Jahrzehnte für ein etwas herunter gekommenes, aber authentisches Aussehen sorgen. Ein Durchgang zum jetzt als Damentoilette dienenden Nebenraum ist aus nachvollziehbaren Gründen verschlossen worden. Dann jedoch mit Zementputz versehen, ein Gegensatz zu den Fliesen, den man spannend, hässlich oder, wie ich, irritierend empfinden kann. Auch die weitere Wände sind nackt, aber mit Spiegeln versehen oder von großen Glasflächen durchbrochen, die den Blick auf einen kleinen Innenhof mit großen Pflanztrögen in Kieselsteinen freigeben. Das schafft in der Tat Licht und etwas Raum für den Blick. Der Zementputz und die schon erwähnte Lüftung in ihrem Raw-Design werden wiederum durch die Farbgebung gemildert, die auf ein ganz pastellnes Oliv setzt. Wände, Stuhlbezüge, Blümchen(!) in grün oder braun farblich abgestimmt. Unter den Tischen schaffen große Teppiche Abwechslung zum hellen Parkett. Darüber unterschiedliche Designerlampen mit gedämpften Licht. Kleine Strahler ermöglichen gleichwohl, die Speisen gut zu erkennen und für die Community leidlich im Bild festzuhalten. Die bequemen Stühle klassische Moderne, für den breithüftigen Herrn wie geschaffen. Insgesamt eher skandinavisch, ist hier das Konzept von neu und klassisch konsequent umgesetzt. Ob die Liaison immer glückt, ist wohl Geschmacksache. Unwohl habe ich mich nicht gefühlt.
Alles ganz neu, alles pieksauber. Die Toiletten reduziert, Betonwände, Waschtisch Eisen, aber eben auch Frotteehandtücher und Bonbons für den frische Atem. Eben gebrochen, wie alles hier.
Der Service wurde von drei dunkel, aber nicht uniform gekleideten Damen hochprofessionell und freundlich-distanziert versehen. Das begann mit der freundlichen Begrüßung und dem Garderobenservice, nachdem ich an der Vollholztür geklingelt hatte. Und endete damit, dass der Sommelier die Treppe hoch stürzte, um mir noch einen Gruß hinterher zu rufen. Dazwischen merkte man dem Team die ausgezeichnete Schulung an. Bei der sehr intellektuellen Küche musste viel erklärt werden, da wirkte jetzt am Anfang noch vieles auswendig hergesagt.
Erwähnenswert: Nach dem Ausheben des Brotes erfolgte ein (sehr notwendiger...) "Krümelservice" mit dieser faszinierenden Schiene.
Und auch, wenn man es als manieriert ansehen kann: Ich hätte halt gerne eine neue Serviette, wenn ich zu den Toiletten gehe und das Tuch dort liegen lasse, wo sonst der Hosenboden sitzt...
Von eigener Art und Güte der vollbärtige (hip, hip...) Herr Becker, der die exotischen Getränke ungemein ausführlich beschreibt, dies allerdings stets in der Hocke an die Tischkante gelehnt. Ist das jetzt reale Augenhöhe mit den Gästen oder auch konsequent einsunternull? Zweimal war es wohl selbst den Kollegen zu viel und die Gänge wurden in die Erläuterungen hinein serviert.
Die Menükarte wurde mir mit zwei Hinweisen überreicht:
Die Portionen seien so bemessen, dass man auch alle 10 Gänge schaffen würde. Und es gebe keine klassischen Vor- und Hauptgerichte, jeder Gang stünde für sich. Die Einzelteller ("Gerichte" wäre im Nachhinein teilweise zu weitgehend) liegen zwischen 10 und 19 Euro, ab 6 Gängen als Menü für 77€, danach geht es in 10€-Schritten aufwärts.
Wie stets ließ ich Herrn Schmalhans nicht mal in die Nähe der Küche und wählte nur Champignonköpfe mit Haselnuss und Karotte, Anis mit Walnuss ab. Es erwarteten mich daher "nur" noch:
Gesäuerter Kohlrabi, Birne und Hanfemulsion
Spannrippe vom Rind und Knollensellerie
Buchweizen und Kürbis
Schmorzwiebel, Brühe und Fichte
Saibling, Asche und Rapsöl
Kräuterseitling, grüner Speck und Sonnenblumenkerne
Schwarzwurzel, Joghurt und Waldmeister
Milch, Molke, Mohn und Löwenzahnblüten vom letzten Jahr
Für den Abschluss war zudem "Gesüßtes" angekündigt, zum Auftakt "Gebackenes" sowie "Gemüse, still und fließend".
Die Weinkarte in schönes Leder gebunden, mit allerlei weisen Sprüchlein verziert und natürlich auch nicht schnöden Regionen folgend, sondern drei "Themen": Spaß, Region und Rares. Also leichte, einfache Gewächse, Terroirweine und eben Großartiges. Ich prüfte und fand mich nicht bereit. So wich ich neugierig auf die als "speziell" angekündigte nichtalkoholische Begleitung aus. Dieses Avis wurde erfüllt. Sehr zu loben ist allerdings die große Auswahl an Schaumweinen wie auch an Bieren!
Zunächst galt es jedoch, jenem Individualisten in mir nachzugeben, an den sich das einsunternull laut Homepage besonders wendet: Angesichts des versprochenen Geschmack des Lebens durfte kein frivoler Champagner den Abend eröffnen oder gar ein die Sinne vernebelnder Hochprozentiger. Hier musste tief geschürft werden: Als solid ground to stand on bot sich allein ein Imperial Stout der Traunsteiner Brauerei Schönramer an, schwarz wie die Nacht und süffig wie ein Malzbonbon. Es soll Damen geben, die damit allein ihr Nachtmahl hätten bestreiten können. Ich immerhin war mir für sehr faire 5€ sicher, dass mich das Straßenniveau nun nicht allzu hungrig wiedersehen würde, komme, was da wolle oder auch nicht.
Die Amuses wurden nach sehr angenehmer Wartezeit serviert, wie später auch die Gänge. Und wie bei den Gängen war von begeisternd über interessant bis enttäuschend alles dabei.
Schon die Präsentation machte neugierig. In dem einen Töpfchen wurden verschieden Gemüse serviert, in einem anderem eine Karottenessenz. Auf einem zerknülltem Metallgewebe lag etwas, das wie ein Zweigabschnitt aussah. Und zuletzt brachte die junge Dame eine Serviette, deren hochgenommenen Ecken mit einer Klammer befestigt waren, so dass sich ein Beutel ergab. Auf dem Tisch wurde die Klammer gelöst. Das Tuch entfaltete sich und wie eine Blüte fiel ein kleines Brot in sechs perfekte Abschnitte auseinander. Zugegeben nur ein kleiner Showeffekt, aber ich mag es halt. Und es war schlicht das beste (Misch)Brot, das ich in einem Restaurant je gegessen habe. Hier machte es Sinn, sich mit allen Sinnen einzulassen. Das warme Backwerk verströmte einen betörenden Duft, es war locker, doch nicht mit zu großen Lufteinschlüssen. Leicht schmeckte der Sauerteig noch durch. Aber die Kruste! Knusprig ist viel zu wenig gesagt, nicht in großen Stücken löste sie sich, sondern knisternd in unendlich viele kleine Knusperstücke. Fasziniert nahm ich das Brot immer wieder an das Ohr und brach Stück um Stück ab. Der Service nahm meine Begeisterung zufrieden zur Kenntnis, zwei Wochen habe man daran getüftelt. Mit dem kleinen, komplett aus einem Holzstück gefertigten Messer etwas Butter mit Steinsalz dazu - ein Genuss.
Völlig anders der Extrakt von der Mohrrübe. Schon der Geruch unangenehm konzentriert, war der Geschmack von penetranter Süße. Mit jedem Schlückchen mehr wie intensivster Babybrei ohne jede Nuance, so dass bei mir tatsächlich ein Würgereiz (Entschuldigung!) aufkam. Musste ich stehen lassen.
Die Gemüse waren von interessantem Biss und jeweils geschmacklich eindeutig. Am präsentesten die confierte Rote Beete, süß und erdig. Aber nach dem Karotteninferno war alles relativ flach. Die Bedienung hatte noch darum gebeten, Suppe und Gemüse getrennt zu probieren. Ein Hinweis auf die Reihenfolge wäre zwingend notwendig gewesen.
Blieb das "Holzstück", das ich etwas unschlüssig drehte. Tatsächlich Topinambur, das Innere ausgehöhlt, püriert und wieder in die Schale gefüllt, mit Butterschaum gekrönt und dann gebacken. Ergebnis: Ganz großes Kino. Eindeutiger Wurzelgeschmack, süßlich und leicht seifig, mit ganz kräftigen Röstnoten bis hin zu einer leichten Bitterkeit, die hervorragend mit den Erdtönen harmonierte. Die Schale wunderbar knusprig, das Innere saftig. Ein Meisterwerk. So könnte es weitergehen.
Ging es aber nicht.
Erster Gang: Jeweils drei fein gehobelte Blätter von Kohlrabi gesäuert (in Apfelessig?) und Birne überzogen mit einer Hanfemulsion. Letztere blieb ebenso wie die Bärlauchblüten weitgehend geschmacklos. Egal, das ganze Gericht war nur salzig, total unausgewogen, die Birne stand auf verlorenem Posten. Erst, als ich beim letzten Schnitt Frucht und Gemüse im Verhältnis 3:1 kostete, stellte sich ein einigermaßen angenehmes Mundgefühl ein. Der Rest des Kohlrabis ging zurück.
Leider passte sich die Getränkebegleitung "perfekt" ein. Es gab eine kleine Flasche Brottrunk, recht nett auf Eiswürfeln platziert und mit der Empfehlung, es in zwei Schlucken vor und nach dem Essen herunter zu kippen. Ein guter Rat. Die angekündigten geschmacklichen Nuancen des auf Hefe vergorenen Sauerteigs waren zwar in der Tat vorhanden, aber hier dominierte neben Salz die viel zu starke Säure. Grässlich. Schick allein das zum Eisbehälter degradierte Glas, so dünn, leicht und von geriffelter Struktur, dass ich erst verwundert einen Plastikbecher befürchtete.
Aber die Achterbahnfahrt ging weiter mit einem perfekt geschmorten Stück Rindfleisch aus der Spannrippe. So saftig, so schmackig, so zart! Umami! Rauch! Salz! Mit auf dem sehr heißen Teller eine stark reduzierte Jus vom Fleisch - dachte ich. Doch was da so unglaublich intensive malzig-erdige Süße auf die Zunge zauberte, war nichts als eine Sellerie und Wasser! Und 2-3 Tage, in der sie im Ofen vor sich hin reduzierte. Reinste Melasse, aber eben doch nicht nur aus einer Zuckerrübe gewonnen. Dazu im Extraschälchen Scheiben von Knollensellerie, den ich nur widerwillig probierte. Und ebenfalls auf schönste überrascht wurde. Erst geräuchert, dann in Waldhimbeerenessig mariniert eine erfrischend fruchtige Säure getragen von den eigentlich nicht geschätzten Sellerienoten. Perfekt eingepasst zwischen das fette Fleisch und den süßen Extrakt.
Bravo! Mit wenigsten Zutaten grandiose Geschmackserlebnisse geschaffen, hier wird das Versprechen eingelöst.
Auch die Saftbegleitung war hier passend. 85% Äpfel wild gesammelt von Streuobstwiesen wurden mit 15% Roter Beete unfiltriert verschnitten und konnten so süß-saure wie erdige Nuancen beisteuern.
Warum dieses Meisterwerk in der Reihenfolge der "gleichberechtigten" Gänge als zweites serviert wird, bleibt das Geheimnis der Küche. Aber Irritation ist hier Programm, also weiter.
Es wurde ein flacher runder Pudding von Buchweizen gereicht, darauf in seinem Tee eingelegte Streifen von Butternutkürbis, gekrönt von Buchweizenkrokant. Rhapsody in brown und Textur vor Geschmack, aber alles in allem schmackig.
Gelungen dazu die Cuvée aus 75% Apfelsaft vom Sämling und Topinambur, der Kohlensäure zugesetzt wird: Voilà, ein alkoholfreier Prisecco.
Etwas enttäuschend der nächste Gang. Von den Schmorzwiebeln in Brühe mit Fichte hatte ich mir mehr Süße versprochen. Sie waren noch recht fest und eher fad. Auch die wohl ausgekochten Fichtennadeln hatten an den leicht bitteren, etwas öligen Fonds keinen für mich bemerkbaren typischen Geschmack abgegeben.
Spannender da die hausgemachte Limonade auf Sanddorn und Zucker, der Kefir beigegeben war. Dadurch eine laktische Trübung und leicht moussierend. Schmeckte besser, als es aussah.
Wie das Fleisch zuvor, hat mich der dann folgende Fischteller überzeugt. Ein puristischer Streifen Saibling (sicherlich in der eigenen Badewanne gezüchtet, höchstens aus dem nächstem regionalen Gewässer gezogen), vermutlich sous vide, mit Asche (vom Lauch - ich frage nach so etwas, was sagt das bloß über mich?), Moos und einigen Salzflocken. Dazu das deutlich schmeckbare Rapsöl mit etwas Karotte. Hier harmonierte der recht fette Lachsfisch mit der Bitterkeit der Asche, der beim Amuse noch so abgelehnten Süße der Karotte (die Dosis macht das Gift...) und dem typischen Ölgeschmack.
Fehlte noch Säure. Interessanterweise durch Verjus als Getränk präsentiert, dem Saft unreifer Trauben, der laut Wiki im Altertum als gesundheitsfördernder Begleiter fetter Speisen galt. Passt ja. Eine deutliche, aber feine Säure, nicht so fruchtig wie Zitrone, nicht so beißend wie Essig. In der Nase eher an einen grünen Apfel erinnernd, als an Weintrauben.
Gebratene Kräuterseitlinge schlossen die warmen Gerichte ab. Von feinem Geschmack dazu die dünnen im Mund schmelzenden Streifen des italienischen Lardo. Drittes Element waren Sonnenblumenkerne, als weiche nussige Crème und crunchig geröstet. Lecker, aber kein großes Kino.
Als Begleiter Kombucha auf Zitronenmelisse, dessen Hefigkeit ganz gut passte, die säuerlichen und sogar leicht pikanten Noten für mich weniger.
Das erste Dessert hat mich dann wieder begeistert, ich wähle ja gar nicht so oft süße Nachspeisen. Im einsunternull alternativlos, da man nach Aussage des Service keine von der Temperatur passende Lagermöglichkeit für Käse habe. Hm.
Aus dem ausgeschabten Fruchtfleisch der Schwarzwurzel wurde ein Eis hergestellt. Eis aus Gemüse finde ich wegen des geschmackliche Aha-Effektes meist toll. Dazu (zu)wenig Waldmeisterreduktion und die entleerte Wurzelschale knusprig ausgebacken. Die Joghurtkomponente als Chip und als Staub, da lacht das verkümmerte Molekularherz. Der Fingerabdruck im Staub stammt nicht vom Service, sondern sollte der besseren Erkennbarkeit dienen. Einzige Kritik die Wahl von weißem Porzellan; die auf dem Rückzug aus der gehobenen Gastronomie befindliche Schieferplatte wäre hier optisch sehr wirkungsvoll gewesen.
Im Gegenteil traf Herr Becker mit einem erneuten Kombucha auf Berberitze voll ins Schwarze bzw. Pinke. Die Hefenote harmonierte schön mit der Schwarzwurzel, die Frucht ergänzte erstklassig den Joghurt. Yummie!
Der Vorwurf der etwas verschenkten Präsentation trifft auch für den Schlussakkord zu: Weiß auf weiß mit weiß. Nunja, Milch und Molke halt. Hauptakteur erneut Gefrorenes, diesmal Mohneis, bedeckt von einem schönem Milchschaumchip. Ich wurde aufgefordert diesen mutig zu durchstoßen (To boldly go where no man has gone before!) und tat, wie mir geheißen. Das Eis war mit Mohnsamen gefüllt. Geschmacklich durchaus gelungen, der durch das Eis abgemildert bittere Mohn trat in eine sehr erfreuliche Beziehung mit dem milchsüßen Cracker. Nur die Löwenzahnblüten(blätter!) vom letzten Jahr wären wohl besser im schon damals verspeist worden. Ich konnte keinen Beitrag auf der Zunge erkennen. Trotzdem ein gelungener Abschluss.
Den der Individualist in mir wie am Beginn doch mit etwas Alkoholischem krönen wollte. Da kam der mir bis dato unbekannte, intensive Likörwein aus gespritetem Tannat d'Aydie, der am Nebentisch ausgeschenkt wurde, wie gerufen. Nun, keine echte Konkurrenz zu einem Banyuls, aber doch eine erfreuliche Erfahrung gerade zum Mohn.
Trotz dieses Upgrades schlug die Getränkebegleitung nur mit 44€ zu Buche, was ich angesichts der in der Tat speziellen Gebräue als fast lächerlich billig empfinde.
Den angebotenen Kaffee lehnte ich kurz nach 23:00 Uhr ab. Trotzdem wurde ich mit einer kleinen Überraschung verabschiedet, zwei Buttercreme-Nocken, die nur scheinbar in Kakao gewälzt waren. Aber das hätte nicht dem selbst gewählten Regionalitätsprinzip entsprochen. Tatsächlich war es geröstetetes Weizenmehl. Der Geschmack war erstaunlich ähnlich, auch leicht süßlich, nur ohne die kakaotypische Bitternote.
So endete der Abend wie vieles zuvor mit einer - wohlschmeckenden - Irritation.
Der Vorhang zu und alle (zumindest viele) Fragen offen. Zum Beispiel diese:
Frage: Würden Sie das einsunternull empfehlen?
Radio Borgiwan antwortet: Ja, aber..
... nicht für Connaisseure und Genießerinnen, die in romantischer Zweisamkeit tafeln wollen, nicht für die gesellige große Runde, nicht für Geschäftsmenschen zum Arbeitsessen. Alle diese würden sich fragen "War's das schon?" oder gar "Was war das denn?".
Wer indes bereit für sehr reduzierte, intensive Geschmackserlebnisse ist, sein Essen verstehen, erleben, entdecken will, für den bietet sich an der Hannoverschen Straße eine eigene Welt. Nicht puristisch, nicht dekonstruiert, sondern authentisch und teilweise schon schmerzhaft intensiv. Muss man nicht mögen. Aber so ist das volle Leben halt.
Fin.
Für meinen Sohn Christian, der heute 24 Jahre alt geworden wäre. Danke.