Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 362429x gelesen 10162x "Hilfreich" 9120x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 22.10.2023 2023-10-22| Aktualisiert am
17.01.2024
Besucht am 13.10.2023Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 202 EUR
Das diesjährige "Reservisten-Treffen" führte wieder an Saar und Mosel. Nach einem Tag im schönen Metz (Geheimtipp!) und einem Abstecher nach Schengen - die einzige Kleinstadt, die durch ihren "Raum" bekannt ist - ging es zum Abendessen nach Downtown-Konz, wo seit 2021 im renovierten Bahnhof deutsche Küche mit Anspruch serviert wird. Medial konnte man bereits überzeugen.
Das 1860 im Stil des italienischen Renaissence-Baumeisters Antonio Palladio errichtete Gebäude ist schon von außen ein Schmuckstück.
Nach einer freundlichen Begrüßung und Prüfung der Reservierung wurden wir im linken Flügel an einen Fenstertisch geführt. Die Dunkelheit verhüllte gnädig den Blick auf den Parkplatz. Durch das Fenster hinter uns beobachteten wir die vorbeifahrenden Züge - ein durchaus stimmiges Bild. Der Zugverkehr war keinesfalls störend, zudem herrschte im fast vollen Gastraum ein angenehmes Stimmengewirr. Wohltuend die hohen Decken und die eleganten Rundbogenfenster, letztere im Rahmen der Renovierung extra neu angefertigt. Die Tische mit ihren schweren Naturholzplatten stehen im angenehmen Abstand. Man sitzt auf dick gepolsterten Bänken oder mit Samtvelour bezogenen, bequemen Stühlen. Große Abzüge historischer Schwarz-Weiß-Fotos rund um das Thema Eisenbahn und Bahnhof passen genial
und auch mit Corporate Identity ist kein Fremdwort.
Die Beleuchtung gerade richtig, nicht zu hell und nicht zu dunkel. Stylische Leuchter imitieren Blattwerk und spenden passend zu ihrer Farbe goldenes Licht. Indirekte weiße Beleuchtung sorgt für die ausreichende Helligkeit. Im Hintergrund läuft Bar-Jazz für die richtige "laid-back-Stimmung".
Die junge, gleichwohl erfahrene Bedienung agierte zurückhaltend, aber stets auf der Höhe. Sie drängelte uns nicht, war aber immer ansprechbar, ruhig und versiert. Über einen Wechsel der Beilage holte sie erst Auskunft in der Küche ein. Kein Problem. Die gesamte, vermutlich osteuropäische Crew war einheitlich schwarz gekleidet und hatte die fast ausreservierten Räume gut im Griff.
Ein Amuse wird nicht spendiert. Dafür sind die Portionen nicht kleinlich.
Als Vorspeise für mich Erbsencremesuppe, die mit wenig Sahne, dafür einem deutlichen Geschmack punktete.
Gemixt, aber nicht passiert, Schalenfragmente waren zu fühlen. Einziges Manko: Sehr salzig, erst recht zusammen mit den kleinen Streifen gekochten Schinkens. Etwas Frische, z.B. durch Zitrone wäre schön gewesen.
Das Stangenweißbrot war leider arg belanglos;
das geht besser.
Gegenüber freute sich der diesjährige Gastgeber über sein Vitello Tonnato und lobte auf Nachfrage den Kalbsbraten ausdrücklich.
Unsere Hauptspeisen kamen zeitlich versetzt, aber auch nicht so weit, dass es den Dalai Kulilama aus der Ruhe gebracht hätte. Mein Cordon bleu aus der Pfanne hatte eine tolle krosse Panierhülle.
Der Schweinerücken erwartbar schier und damit halt recht trocken. Leider konnte der Emmentaler im Inneren nicht recht überzeugen und auch der Schinken blieb am Gaumen unauffällig. Preiselbeeren und Zitrone gabs dazu.
Vom ersten Cordon bleu seit Jahrzehnten hatte ich mir etwas mehr versprochen, aber ich bleibe am Ball.
Dafür geriet die (ohne Aufpreis getauschte) Beilagen-Premiere überzeugend: "Kappes Teerdisch" scheint eine (vermutlich nicht nur) regionale Spezialität zu sein und ist Kartoffelbrei (hier sehr flüssig, aber mit Stücken), in den Sauerkraut gemischt ist. Weich und angenehm säuerlich.
Lecker.
Der frische Beilagensalat war ohne Ausschläge nach oben oder unten.
Beide Kameraden sangen ein Loblied auf ihre Gerichte, seien es die Kartoffelgnocchi mit perfekt geschmorten Hokkaido-Kürbis und dezenter Salbeinote auf dem einen oder die Fettucine mit Pfifferlingen und Rinderfiletstreifen (wunderbar medium gebraten!) auf dem anderen Teller.
Das soll in die Bewertung einfließen; ich hätte einen halben Punkt abgezogen.
Nach Limoncello Sprizz zum Auftakt schwenkte einer der Reservisten stilecht auf heimisches Bier um, zwei teilten sich einen Saar Riesling von Alten Reben.
Mit 48 Euro für hiesige(!) Verhältnisse schon hochpreisig; in Norddeutschland wäre man über den Preis sehr froh. Außerdem muss die Investition ins Gebäude zumindest ein wenig amortisiert werden. Es dürfte aber wohl auch Liebhaberei bzw. Mäzenatentum dabei sein. Immerhin scheint der im Immobiliengeschäft tätige Eigentümer nicht zu den ärmsten Schluckern zu gehören. Man munkelt am Ort von 2 Mio. Umbaukosten, um aus dem von der DB völlig verlotterten Kleinstadtbahnhof wieder ein echtes Juwel zu machen.
Gegenüber labte man sich an Kaffee und Crèmes aus kleinen Einmachgläsern (Limette: "Wenn man genau hinschmeckt..." Mousse au chocolat: "Die hier ist fluffiger; meine eigene ist mastiger.“ WTF?)
Ich setzte auf einen Digestif an der Bar.
War aber wohl nicht vorgesehen, denn wir ernteten zunächst erstaunte Gesichter. Erst recht, als wir anfingen, die Hochstühle vor die Theke zu ziehen. Letztlich nahm man auch diese Schrulligkeit der älteren Gäste hin und verköstigte uns gern mit Kräuterlikör und Portwein. Wir bedankten uns mit 15% Trinkgeld und waren froh, nicht in den USA zu sein, wo wohl inzwischen alles unter 20% ein no-go sein soll.
Fazit:
Der Historische Bahnhof ist zweifelsohne ein großer Gewinn für Konz und Umgebung. Handwerklich überzeugende deutsche Küche (ergänzt durch ein paar italienische Lieblinge) in einem ansprechenden historischen, aber eben auch zeitgemäßen Ambiente.
Das diesjährige "Reservisten-Treffen" führte wieder an Saar und Mosel. Nach einem Tag im schönen Metz (Geheimtipp!) und einem Abstecher nach Schengen - die einzige Kleinstadt, die durch ihren "Raum" bekannt ist - ging es zum Abendessen nach Downtown-Konz, wo seit 2021 im renovierten Bahnhof deutsche Küche mit Anspruch serviert wird. Medial konnte man bereits überzeugen.
Das 1860 im Stil des italienischen Renaissence-Baumeisters Antonio Palladio errichtete Gebäude ist schon von außen ein Schmuckstück.
Nach einer freundlichen Begrüßung und Prüfung der Reservierung wurden wir... mehr lesen
4.0 stars -
"Restauriertes Schmuckstück mit empfehlenswerter Küche" DerBorgfelderDas diesjährige "Reservisten-Treffen" führte wieder an Saar und Mosel. Nach einem Tag im schönen Metz (Geheimtipp!) und einem Abstecher nach Schengen - die einzige Kleinstadt, die durch ihren "Raum" bekannt ist - ging es zum Abendessen nach Downtown-Konz, wo seit 2021 im renovierten Bahnhof deutsche Küche mit Anspruch serviert wird. Medial konnte man bereits überzeugen.
Das 1860 im Stil des italienischen Renaissence-Baumeisters Antonio Palladio errichtete Gebäude ist schon von außen ein Schmuckstück.
Nach einer freundlichen Begrüßung und Prüfung der Reservierung wurden wir
Geschrieben am 16.10.2023 2023-10-16| Aktualisiert am
16.10.2023
Besucht am 26.01.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 140 EUR
Nach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum recht klein. Und das ehemalige Restaurant hatte durch seinen Fliesenboden und die leicht barocke Wandgestaltung auf manche Gäste vielleicht eine etwas zu einschüchternde Atmosphäre.
Jetzt geht es im Hadrys rustikaler zu, hell und freundlich. Der dunkelgraue Fußboden kontrastiert gut mit dem weiß gestrichenen Stahlträger. An den Wänden ebenfalls Holzpaneele mit Lampen, die ein warmes Licht geben.
Nur die Setzteller machen mit ihrem hübschen Muster weiterhin gute Laune.
Statt (gefühlt) steifem fine-dining jetzt Wohlfühlatmosphäre.
Dazu passt die manchmal erfrischende Ansprache von Frau Ebeling (Man kennt sich jetzt schon einige Jahre;-), die von einer ebenso selbstbewussten, aber nie ruppigen Kollegin im Service unterstützt wurde.
Ich starte mit einem für die Jahreszeit ungewöhnlich fruchtig-leichten Aperitif „Testarossa“:
Sekt mit Himbeere und Zitrone und treffe dann eine ungewöhnliche Entscheidung: Weinbegleitung!
Aber die Flaschenweine, die mir gefallen, habe ich hier schon mehrfach getrunken. Also Zeit für neue Erfahrungen! Nicht neu sind die fairen Preise: Das komplette 6-Gang-Menü kostet 65 Euro, die Begleitung im Glas 45 Euro; es wird großzügig eingeschenkt. Aufgesprudeltes Leitungswasser (Pardon: Landhauswasser!) wird immer noch mit 3,8€ berechnet.
Als Appetithappen schickt die Küche zweierlei Landhaus-Brot (frisches Baguette und das dünne Knäckebrot mit Körnern, das ich seit meinem ersten Besuch feiere) dazu Gänseschmalz, in dem Apfel und Röstzwiebeln verarbeitet sind. Köstlich!
Der erste Gang ist gleich ein Paukenschlag: Winter-Caprese!
Sahnige Burrata verbindet Sebastian Hadrys mit in Zimt eingelegter Tomate. Tolles gewürzig-fruchtiges Aroma in den Paradeisern und einem davon gezogenen Schaum. Als grüne Komponente Rucola: Aber nicht nur als Bett für weiß und rot, sondern auch als Sorbet(!) mit Ginger-Ale!
Mutig, kreativ, funktioniert gut! Auch, weil die Ingwer-Limo die sonnenreife Süße der Tomaten übernimmt. Kein Wunder, dass der Gang schneller verspeist als abgelichtet war…
Der Weißburgunder hielt ordentlich mit.
Danach kommt „Unser Linseneintopf": Optisch eher Soljanka, da tomatisiert. Die Linsen haben noch ganz wenig Biss. Aber mutig gewürzt, so dass der geflämmte Atlantik-Lachs trotz minimaler Röstnoten untergeht. Zudem wurde der Tran nicht sauber entfernt; das mag ich nicht.
Der Kerner im Glas dazu recht fett, aber Säure gleicht das aus. Die Restsüße passt jedenfalls.
Nach der Suppe Krustentier: Zwei Garnele gefallen geschmacklich durchaus, haben aber durch eine zu lange Flämmung außen ein ledrige Schicht bekommen. Das ist schade. Der am Tisch angegossene Sud führt durch Ingwer, Chili und Zitronengras in die asiatische Aromenwelt und ist schön scharf. Zwei als Nocke eingelegte Beilagen sind vegetarisch und saisonal-regional:
Rote Bete in zwei Texturen ist überraschend süß und hat eine angenehme, nicht muffige Erdigkeit. Die in Schnittlauch gewälzte Ziegenkäse-Crème brachte eine gewissen Kühle, die wohl die Schärfe des Suds dämpfen sollte. Für mich wäre das gar nicht notwendig gewesen, denn so verlor der Teller Spannung. Geschmeckt hat’s trotzdem.
Nach interessierter Abfrage meiner Rotwein-Vorlieben (Nein.) reichte Frau Ebeling dazu einen sehr fruchtigen neuseeländischen Spätburgunder. War gar nicht schlimm.
Noch war aber nicht Schluss mit Fisch: Der auf der Haut gebratene Winterkabeljau (Was auch sonst…) wurde recht bodenständig auf einer Basis von Kartoffelstampf und einer Schicht Bohnen-Potpourri aufgetürmt. Aber es sind - neben der untadeligen Produktqualität - die „kleinen“ Dinge, die gefallen: Die Fischhaut knusprig (Letztens im Canova das schlabberige Gegenteil!) und zu den Bohnen gesellten sich etwas Speck und Pilze und schon war auch Umami im Spiel. Ein Hummerschaum verband die Komponenten passabel und tat auch dem recht lange gegarten Fisch ganz gut.
Wie häufig nicht ganz das Niveau der Vorspeisen, aber schon ein geradliniges, sehr gutes Winter-Gericht.
Ich hatte mir nochmals Weißburgunder gewünscht und diesmal kam etwas Gereifteres, das mich wieder in meine kleine Weißwein-Blase (That’s for you, folks!) zurück lullte.
Genau mit dem letzten Gang erschien eine langjährige Freundin (Kennengelernt im Türkei-Urlaub - EM 1988 - Rijkaard, das Lama!), die auf meinem Anruf mal eben von der anderen Elbseite gesprintet war. Nach zwei Jahren Corona-Pause gab es viel zu erzählen, so dass der perfekt rosa gebratene Rehrücken mit Pflaume und Sellerie-Texturen etwas in den Hintergrund trat. Ich weiß nur noch, dass das Fleisch wunderbar und eine angebratene Scheibe der Knolle (wie häufig) noch sehr „al dente“ war…
Und, dass der Spätburgunder von der Ahr (Us de Lameng 2019) natürlich prima matchte.
Und dann nur noch etwas Süßes
zum Abschluss dieses rundum erfreulichen Abends im neuen Landhaus! Die Fahrt aus der Innenstadt lohnt.
Nach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum... mehr lesen
Restaurant Landhaus Hadrys
Restaurant Landhaus Hadrys€-€€€Restaurant, Gasthaus03916626680An der Halberstädter Chaussee 1, 39116 Magdeburg
4.0 stars -
"Das neue Landhaus überzeugt" DerBorgfelderNach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum
Geschrieben am 09.10.2023 2023-10-09| Aktualisiert am
11.10.2023
Besucht am 20.01.2023Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 74 EUR
Nach längerer Zeit hatte ich mal wieder einen geschäftlichen Termin in der real existierenden Metropole Ost-Westfalens, der vielleicht nicht nur zufälligerweise gegen Mittag endete. Ich hatte jedenfalls schon die einschlägigen Führer (und Peter3s etwas älteren Bericht) zurate gezogen und mich für das "lebhafte Bistro mit internationaler Küche" in der Innenstadt entschieden.
Ein Platz war auch als walk-in möglich, denn das Gui war an diesem Freitagmittag gut besucht, aber im hinteren Bereich fand sich ein kleiner, für eine Person aber allemal ausreichender Tisch. Ich machte es mir in einem Ledersessel gemütlich und "kam erstmal an". Das Gestühl in weinrot und schwarz stand auf einem recht filigran scheinenden Metallgitter; zu einem gewichtigen Malheur kam es aber nicht. Das Ambiente gefiel mir gut: Einerseits dunkelgrau gestrichener Betonfußboden, andererseits vor den Fenstern zur Fußgängerzone halbhohe weiße Gardinen im Brasserie-Stil wie weiland im Bremer Grashoff. Auf den eng stehenden Tischen schwarze Sets, die schon eingedeckt waren. Anklicken
Es herrscht ein noch angenehmes Stimmengewirr. Für vertrauliche Treffen weniger geeignet, aber man kommt schnell ins Gespräch mit den Nachbarn. Kann ja auch nett sein. Im Eingangsbereich stehen einige Hochtische, vielleicht zum Warten oder für "nur" Weintrinker. Hingucker im hinteren Bereich sicherlich die indirekt beleuchtete, mit "in echt" ausgetrunkenen Flaschen bedeckte Rückwand.
Das sieht gut aus und macht Durst, also erstmal einen leichten Sauvignon-Winzersekt von Oliver Zeter. Stilistisch wie stets viel Frucht in der Nase, wenig am Gaumen. Zum leichten Menü wechselte ich auf einen griechischen Sauvignon, der mir mit seiner Mineralik besser gefiel. Beim Einschenken fällt ein kleiner Sprung im Glas auf, das sofort getauscht wird.
Kein Wunder, denn die deutsch-italienische Bedienung (Chefin?) begleitet mich nicht nur zum Tisch, sondern auch freundlich und aufmerksam durch den Lunch. Absolut professionell, eine Wohltat. Die Dame meint, mich zu kennen, denn zur Begrüßung höre ich, dass mein letzter Besuch schon etwas zurückliege. Ich war schon mal im Gui? Vielleicht doch nicht alles in Ordnung mit dem linearen Raum-Zeit-Kontinuum in Bielefeld...
Während ich über eine Anrichte mit etlichen Flaschen Hochprozentigem interessiert die Küchencrew beobachtete
und dabei den mordsmäßig teuren Molteni-Herd bewunderte, wurde eine Schnittlauchbutter mit deutlichem Aromat gereicht, dazu aufgebackenes Brot vom Bäcker oder jedenfalls in handwerklicher Qualität.
Passt.
Auf der Karte hatte eine Vorspeise meine Neugier geweckt.
Das Sellerie-Törtchen entpuppte sich als eine zurückhaltende Mousse auf einem Mürbeteig, in dem mir die Zugabe von Makadamianuss besonders gut schmeckte.
Der schon etwas eingetrocknete Lachskaviar ergänzte leicht salzige Noten. Für Süffigkeit sorgte Liebstöckel-Hollandaise. Ich hatte auf frisches Aufschlagen gehofft, aber die Sauce kam aus dem Syphon. Somit erklärte sich auch, dass das Gericht insgesamt kalt serviert wurde.
Insgesamt ein trotz Hollandaise frisch schmeckender Auftakt, bei dem Sellerie und Liebstöckel leider zu vorsichtig eingesetzt wurden. Ganz oder gar nicht, ist da meine Meinung. Aber das kann man auch ganz anders sehen. 16€ fand ich für das originelle Gericht nicht zu teuer.
Zum Hauptgang (24,0€) "schwamm" confierter Winter-Kabeljau mit einer Knusper-Haube aus Pankocrumble an meinen Tisch. Natürlich durch, aber trotzdem saftig und voll Geschmack. Würde ich jedem Rotbarsch vorziehen;-)
Die Begleitungen überzeugten: Ein nicht zu feucht gearbeiteter Perlgraupensalat. Halbe Pastinaken-Parisienne hatten wahrnehmbaren Biss und durch das Anbraten leichtes Karamell.
Auch der glasierter Fenchel war tadellos und auch am Strunk weich genug.
Die Krustentierglace blieb leider zurückhaltend. Insgesamt ein gelungener Teller.
Tatsächlich begeistert hat mich der Abschluss meines kleinen Menüs. So einfach, so klasse! Ich habs ja nicht so mit schweren Desserts, lieber frisch und leicht.
Da trafen die sauber gearbeiteten Filets von Zitrusfrüchten (tolle Blutorange) für 12,0€ aber genau meinen Geschmack! Die sauren Früchtchen versteckten sich zusammen mit einem süßen
Mandarinensorbet unter einer sündhaft guten
Zabaglione, die noch lauwarm war! Der Massala kam gut durch und steuerte zu Süße und Säure alkoholische Bitternoten bei.
Dazu noch eine knusprige Hippe in kunstvoller Form.
Wunderbar austariertes Dessert!
Der Besuch im Gui war sehr angenehm und in allen Belangen gelungen. Empfehlung für gute Bistroküche.
Nach längerer Zeit hatte ich mal wieder einen geschäftlichen Termin in der real existierenden Metropole Ost-Westfalens, der vielleicht nicht nur zufälligerweise gegen Mittag endete. Ich hatte jedenfalls schon die einschlägigen Führer (und Peter3s etwas älteren Bericht) zurate gezogen und mich für das "lebhafte Bistro mit internationaler Küche" in der Innenstadt entschieden.
Ein Platz war auch als walk-in möglich, denn das Gui war an diesem Freitagmittag gut besucht, aber im hinteren Bereich fand sich ein kleiner, für eine Person aber allemal ausreichender... mehr lesen
4.0 stars -
"Schade um dieses Bistro, wenn es Bielefeld nicht gäbe" DerBorgfelderNach längerer Zeit hatte ich mal wieder einen geschäftlichen Termin in der real existierenden Metropole Ost-Westfalens, der vielleicht nicht nur zufälligerweise gegen Mittag endete. Ich hatte jedenfalls schon die einschlägigen Führer (und Peter3s etwas älteren Bericht) zurate gezogen und mich für das "lebhafte Bistro mit internationaler Küche" in der Innenstadt entschieden.
Ein Platz war auch als walk-in möglich, denn das Gui war an diesem Freitagmittag gut besucht, aber im hinteren Bereich fand sich ein kleiner, für eine Person aber allemal ausreichender
Geschrieben am 03.10.2023 2023-10-03| Aktualisiert am
03.10.2023
Besucht am 14.07.2023Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 986 EUR
Und, nur kurz nach Carstens kleinem Appetizer, hier nun mein Bericht, soweit noch erinnerlich:
Die Kochkünste von Laurin Kux hatte Carsten1972 schon häufiger hoch gelobt, und da wir bei dem sehr sympathischen Chefkoch vermutlich noch nie gegessen hatten („Vermutlich“, weil wir vor Ewigkeiten mal im Hamburger Jellyfish waren, aber das eben vermutlich vor Kux‘ Zeit dort.), kam der Vorschlag eines gemeinsamen Abendessens im Brust oder Keule sehr gelegen. Nach einem Spaziergang von 25 Minuten waren wir angesichts des doch sehr warmen und schwülen Wetters froh, dass sich die Crew entschieden hatte, nicht das durchaus sehenswerte Souterrain zu bespielen,
sondern den Abendservice komplett auf den beiden Terrassen stattfinden zu lassen. Hinter einer großen Hecke, die das Eckhaus von der sowieso recht ruhigen Wohnstraße abschirmte, wehte zudem immer ein leichtes Lüftchen. Sehr angenehm, ebenso wie die verschiedenen Aperitife, die uns die überaus freundliche, junge Sommelière Kiana Lücken anbot, die gemeinsam mit dem Chef vom ländlich gelegenen Ferment ins gehobene Münsteraner Kreuzviertel gewechselt hatte. Mein Ruinart Rosé war perfekt gekühlt und - seltsam, das lobend erwähnen zu müssen - prickelte vorbildlich.
Apropos vorbildlich, der junge Service verdiente dasselbe Prädikat: Toll anzusehen, wie engagiert hier eine junge, bestens ausgebildete Crew mit Herzblut und guter Laune agierte. Sehr erfreulich, dass auch Azubis aus der Küche mit dem Chef gemeinsam auftragen und, während er sich freundlich, aber aufmerksam zurücknimmt, die Speisen ansagen. Den einzigen kleinen Hänger gab es, als erst bei der Bestellung mitgeteilt wurde, dass heute kein Käse verfügbar sei. Angesichts des vernünftig zurückhaltenden Angebots von zwei Sechs-Gang-Menüs hätte man das auch schon beim Überreichen der Karte erwähnen können, um den Käsefreund (aka Borgfelder) nicht so brutal aus seiner Vorfreude zu reißen;-). Mein Hinweis wischte Frau Lücken für eine Zehntelsekunde das freundliche Lächeln aus dem Gesicht. Das war mir dann doch unangenehm, und ich gab mir im Folgenden Mühe, ein vorbildlicher Gast zu sein. Also, wie immer. Natürlich. So oder so, die Höchstnote in Sachen Gastfreundschaft ist absolut verdient.
Zu viert ließen wir uns zwei fruchtig-herbe Hausaperitife, ein Glas tadellose Pfälzer Flaschengärung und ein frisches westfälisches Pils schmecken und schauten noch einmal in die im Netz schon Vorfreude schürende Karte.
Im BoK werden zwei Menüs angeboten, eines davon vegetarisch. Rein vegan ist nicht im Angebot. Die Preise haben - wie vielerorts - stark angezogen: Der Einstieg sind 4 Gänge für 120€; bis zu 3 weitere zu jeweils 17€ sind möglich. Damit liegt das volle Menü bei 171€ und das ist für einen 1*er schon eine Ansage. Richtig heftig aber das Wasser, 7,5€ für die Halb(!)-Literflasche macht 10,75€ für die üblichen 0,75l. Das ist der höchste Betrag, den ich nach meiner Erinnerung jemals gezahlt habe. Bei allem Verständnis für Quersubventionierung: Wenn die Speisen schon gut kalkuliert sind und jeder Gast am Tisch (mindestens) eine Flasche Wein trinkt, ist irgendwann mal gut.
Die Weinauswahl selbst gestalteten wir individualisiert: Während meine Frau mit ihrem leichtfüßigen Sauvignon Blanc von Phillip Kuhn nicht nur der Temperaturen wegen glücklich war, hatten es die Grafschafter Gourmets auf einen kräftigen Aligoté aus der Familie der Burgunder-Trauben abgesehen. Ich hielt ausnahmsweise nicht mit und kostete einen speziellen Saarburger Rausch der Familie Geltz, der durch Diabas genannten Feuerstein-Boden ein spezielles Aroma erhält. Spannend! Beim Chardonnay des burgenländischen Weinguts Schloss Halbturn war ich wieder dabei.
Dann ging es auch schon zügig los:
Die Küche grüßte mit drei Kleinigkeiten auf der Tellerfahne: Der Croustillant mit der farbenfrohen Liebstöckel-Sphäre polarisierte erwartungsgemäß, eine Zwiebel-Tarte schmeckte allen und mein Favorit war die Aalsülze.
Auch die Brotauswahl machte Freude: Sowohl das kräftige Sauerteigbrot mit Fenchelsamen und Kümmel als auch das eher selten gereichte Laugenbrioche entpuppten sich eigenständige, sehr leckere Backwaren.
Eine Shiso-Räucherforellen-Mousse mit frischer Zitronenmajonäse und scheinbar einfachen, aber perfekt passenden, rustikalen Bohnenaromen beendete den Reigen der Amuses. (Foto gibt‘s bei Carsten;-)
„Wirklich“ los ging es dann mit einem handgeschnittenen Rindertatar auf präsentem Blumenkohlstampf, darauf eine Lage fein geschnittener fermentierter Karfiol, der nach meinem Eindruck den Siegeszug des Sellerie in der Hochküche etwas gestoppt hat. Gekrönt wurde das leckere Türmchen mit einer Nocke Kaviar, pikanter Senfpannacotta und Senf-Chips, die auch texturell ein Gewinn waren. Am Tisch kam noch ein Sud von fermentiertem Kohlrabi hinzu, dem Brokkoli die satte Farbe verlieh. Es freute mich, dass die weiteren Komponenten statt der beim Tatar häufigen Säuerlichkeit eher eine leicht bittere Note mitbrachten.
Ein bildschöner Teller! Auch das dry-aged-Fleisch hatte einen deutlichen Eigengeschmack. Indes: Der großzügig portionierte (und damit erst kulinarisch sinnvolle) Kaviar hatte brutal viel Salz; das war schon sehr dominant und musste vorsichtig auf die Happen verteilt werden.
Auch beim folgenden Krustentier freute sich als erstes das Auge. Der nicht zu brachial und vor allem nicht zu lang geflämmte Carabinero konnte sein feines Aroma noch deutlich in Szene setzen, das die Küche mit einem frisch-aromatischen Dreiklang aus Fenchel, Dill und Gurke kombinierte. Das gelang überraschend gut, besonders gefiel mir der Temperaturkontrast zum Dill-Sorbet. Aber auch der Schaum von fermentierten Gurken hätte vielleicht den einen oder anderen Verächter des grünen Kürbisgewächses positiv überrascht.
Interessante, gelungene Kombi aus nordischen und südlichen Aromen.
Es ging weiter mit einem vegetarischen Teller, der auf den ersten Blick Pasta verhieß. Tatsächlich waren die Ravioli aus dünnen Kohlrabischnitten geformt, mit einem Kräuterpesto gefüllt und dann sanft pochiert worden. Das war handwerklich toll gearbeitet und am Gaumen überzeugend. Weniger gefielen mir nur die gröberen Scheiben des eingelegten Gemüses. Umso besser jedoch die Begleitung mit Texturen grüner und schwarzer Olive, die eine sehr angenehme Salzigkeit beisteuerten, herben Mandeln und einer Sauce mit Rapsöl, die auch eine süße Nuance hatte.
Wieder sehr fein abgestimmte Geschmacksrichtungen und daher ein rundherum überzeugender fleischfreier Gang.
Der zweite Fischgang fiel etwas aus der bisherigen Reihe der vielstimmigen Kompositionen heraus. „Chef im Ring“ war hier eine durchgegarte Tranche leinen-geangelten Rotbarsches, die kross auf der Haut gebraten wurde. (Zumindest im 2. Versuch - bei lappig gewordener Fischhaut versteht der Bremer wenig Spaß. Lobenswert ist, dass es keine Diskussion gab.)
Im Nachgespräch „verteidigte“ Laurin Kux engagiert und trotzdem sehr sympathisch seine Wahl. An der es qualitativ auch nichts auszusetzen gab! Ich finde halt Rotbarsch kulinarisch wenig spannend und die Zubereitung im BoK überzeugte mich nicht vom Gegenteil. Überraschend übrigens Mitte Juli die Begleitung mit Variationen von weißem(!) Spargel, bei der Küche wieder ablieferte. Auch die leicht gebundene Nage machte Freude. Wirklich begeistern konnte mich das gesondert gereichte Tartelette mit einer Spargel-Pannacotta und phantastischen Nordseekrabben, deren separater Panzer getrocknet einen wunderbaren Knusper erzeugte.
Mit der folgenden Ballontine vom westfälischen (Kikok-)Huhn bewies die Küche, dass sie neben dem Fermentieren (und vielem anderen) auch klassische französische Zubereitungen beherrscht. Auch hier erhielt das nicht nur durch die Füllung wunderbar saftige Fleisch durch Abflämmen Röstaromen. Statt erwartbarer Frucht- oder Currymitspieler setzte man neben dem Geflügel-Fonds auf ein eigenständiges Mangold-Kokos-Chutney und eine umami-pralle Champignon-Crème.
Erneut bestens gelungen.
Der Herr mir gegenüber orderte dazu einen St. Laurent; ich schwächelte und bin ja auch kein so großer Rotweinverehrer. Wie gut, dass es den seltenen Burgunder auch in der halben Flasche gab. Applaus, Applaus!
Während sich die Süße Fan einem üppigen Gedicht aus Karamell, Original Beans Schokolade und Erdbeeren hingab,
weinte ich dem fehlenden Käse nach. So etwa eine Sekunde lang, bis das zweite, „modernere“ Dessert Augen und Gaumen erfreute.
Ein leichter Grießpudding kombiniert mit karamellisierter Melone, Kokosmousse und Piña Colada in verschiedenen Texturen und Temperaturen schaffte ein erfreuliches Süße-Säure-Spiel, das - ganz nach meinem Geschmack - durch ein Estragonöl zusätzlich kickte. Wenn schon Dessert… Nein, Scherz: Toller Abschluss des Menüs und überhaupt eines durchweg hochklassigen Abends auf der Terrasse im Kreuzviertel. Bei den von Carsten schön ins Bild gesetzten klassischen süßen Kleinigkeiten, die nach den leisen Aahs! und Mmmhs! neben mir hervorragend gewesen sein müssen, blieb ich schließlich abstinent. Wer platzt schon gerne?
Die Küche von Laurin Kux überzeugte durch optisch wunderschöne, vielfältige Kompositionen, die durchaus überraschen können, aber niemals überfordern.
Nach einer herzlichen Verabschiedung durch das Team und dem schon erwähnten Plausch mit dem Chef trennten sich gut gelaunt die Wege der beiden Schlemmerpaare. Wobei wir natürlich nicht wissen, ob auch in Richtung Rheine eine schnuckelige kleine Weinbar lag, die uns noch etwas aufhielt…
Und, nur kurz nach Carstens kleinem Appetizer, hier nun mein Bericht, soweit noch erinnerlich:
Die Kochkünste von Laurin Kux hatte Carsten1972 schon häufiger hoch gelobt, und da wir bei dem sehr sympathischen Chefkoch vermutlich noch nie gegessen hatten („Vermutlich“, weil wir vor Ewigkeiten mal im Hamburger Jellyfish waren, aber das eben vermutlich vor Kux‘ Zeit dort.), kam der Vorschlag eines gemeinsamen Abendessens im Brust oder Keule sehr gelegen. Nach einem Spaziergang von 25 Minuten waren wir angesichts des doch sehr warmen... mehr lesen
BOK | Brust oder Keule
BOK | Brust oder Keule€-€€€Restaurant, Sternerestaurant02519179656Melchersstraße 32, 48149 Münster
4.5 stars -
"Sterneküche in Münster - Großartig und hochpreisig" DerBorgfelderUnd, nur kurz nach Carstens kleinem Appetizer, hier nun mein Bericht, soweit noch erinnerlich:
Die Kochkünste von Laurin Kux hatte Carsten1972 schon häufiger hoch gelobt, und da wir bei dem sehr sympathischen Chefkoch vermutlich noch nie gegessen hatten („Vermutlich“, weil wir vor Ewigkeiten mal im Hamburger Jellyfish waren, aber das eben vermutlich vor Kux‘ Zeit dort.), kam der Vorschlag eines gemeinsamen Abendessens im Brust oder Keule sehr gelegen. Nach einem Spaziergang von 25 Minuten waren wir angesichts des doch sehr warmen
Geschrieben am 19.07.2023 2023-07-19| Aktualisiert am
17.01.2024
Besucht am 25.06.2023Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 160 EUR
Bei unserem spontanen Kurz-Trip nach Cuxhaven hatte ich eine Idee für das Mittagessen im Hinterkopf. War doch dem Sterneck (damals noch mit 2 Sternen ausgezeichnet) einst meine erste Restaurant-Kritik beim ehemaligen Gastro-Portal gleichen Namens gewidmet. Wie fein, dass letztmalig vor der Sommerpause im Fine-Dining-Bereich noch ein Sonntags-Lunch angeboten wurde. Dachte ich. Aber ach, die nur drei bespielten Tische waren schon lange ausgebucht und auch meine Hoffnung auf eine kurzfristige Absage wurde nicht erfüllt.
Dann also in das Zweitrestaurant Schaarhörn, in dem gehobene norddeutsche Küche Programm ist. Für den Ausblick über das Watt auf die Welt-Schifffahrtsroute Außenelbe macht das eigentlich keinen Unterschied, sind die beiden Räume doch benachbart an der Wasserseite des Badhotels Sternhagen gelegen. „Eigentlich“, weil sich nur vor dem Schaarhörn noch eine Terrasse anschließt, auf der ein eifriges Kommen und Gehen von Gästen herrschte. Die Hölle, das sind die anderen? Nein, so schlimm war es dann doch nicht. Wir waren ja nicht nur zum Meer gucken gekommen (War eh gerade weg…), sondern auch zum Genießen. Das kann man in einer sehr „gediegenen“ Atmosphäre im Sternhagen. Geht es nebenan im Sternerestaurant biedermeierlich zu, dürften sich im gutbürgerlichen Bereich Fans der frühen 90er wohl fühlen: Viel kirschfarbenes Holz, blaue Teppiche, Spiegel und poliertes Messing. Im Foyer des Hotels vervollständigt mit Marmor. Indes: Alles hervorragend in Schuss und somit perfekt zum Stil des Hauses passen, das sein sicherlich zahlungskräftiges, sicherlich nicht jugendliches Stammpublikum nach wie vor mit einer sehr höflichen Gastfreundschaft empfängt, beginnend mit den auch schon etliche Jahre zählenden Hausdienern, die das Gepäck vom und zum Auto tragen.
Im Restaurant dagegen eine junge, nichtsdestoweniger freundliche, engagierte und fachlich versierte Service-Crew, an deren Leistung es überhaupt nichts zu bemängeln gab.
Während wir uns den rotfruchtigen alkoholfreien Aperitif des Monats (9,5€) schmecken ließen, machte die Küche schon mal mit zwei kleine Grüßen auf sich aufmerksam. Ein kleines, nicht zu trockenes Stück Petersfisch auf einem Fenchel-Mango-Salat und einem Klecks Remoulade, die zumindest teilweise selbstgemacht schien, war ein knackiger Einstieg und eine kühle Gemüse-Velouté punktete mit feiner Muskatnote.
Zweierlei knuspriges Baguette mit Butter und einer leichten Basilikum-Crème war auch nicht verkehrt; die Variante mit grünen Oliven hatte die Nase vorn.
Beim ersten Gang waren wir uns noch einig: Garnelen-Croustillant und gebratene Jakobsmuschel klangen ebenso verheißungsvoll wie ein asiatisch anmutender Mango-Papaya-Spargel-Salat (22€).
Die beiden mittelgroßen Shrimps waren mit reichlich Engelshaar umwickelt und kurz gebacken worden. Das knusperte hübsch. Geschmacklich okay und noch hinreichend saftig. Die recht kleine Jakobsmuschel mit Beurre Blanc hatte eine schöne Röstung. Sie war wohl etwas zu lange der Hitze ausgesetzt gewesen, denn selbst meine beste Ehefrau von allen meinte, sie habe schon bessere gehabt. Auch der Salat blieb leicht hinter den Erwartungen zurück, denn die asiatischen Aromen konnten sich nicht wirklich bemerkbar machen. Indes, er war frisch und die Zutaten - namentlich die Mango - reif, also durchaus schmackhaft.
Trotz der vielleicht doch etwas überholten Tupfen-Optik (Mango-Gel) ein hübsch anzusehender Teller und ein guter Gang, nicht mehr und absolut nicht weniger.
When you‘re in Rome, do like the Romans - also musste an der Nordseeküste zum Hauptgang Scholle her - nach Büsumer Art mit viel Krabbenfleisch, Speck und Zwiebeln (33€). Auf die enthusiastische Empfehlung des Obers entschieden wir uns zudem für Bratkartoffeln; in solchen Häusern für mich sowieso ein must-have. Meine Frau ließ sich den Matjestopf für 24€ schmecken und war jedenfalls voll Lobes. Dazu tranken wir alkoholfreies Bier: Das Paulaner meiner Begleitung schlug mit 5,9€ zu Buche; für mein Jever Fun waren 4,5€ zu berappen. Allerweltsbiere zu Touristenpreisen.
Auch beim Hauptgang war die Optik eine helle Freude, schon der sehr gute Beilagensalat mit gehäuteten Tomaten - bunt, knackig, voller Geschmack mit einer leichten, sahnigen Sauce, der das frische Gemüse nicht zuklatschte, sondern wunderbar ergänzte.
Ein perfekter Salat - selten, dass ich das sage!
Optisch stand die Scholle dem gesunden Begleiter in überhaupt Nichts nach: In der Pfanne goldbraun gebraten, dickfleischig, gerade durch, typischer Geschmack des Plattfisches.
Wirklich 1a, kannste gar nichts anderes sagen!
Auf dem Fisch tummelte sich eine großzügige Menge Nordseekrabben, die allerdings geschmacklich einen Umweg über Marokko (zum Pulen) nahelegte. Da war der nicht zu fette Speck und vor allem die ohne Farbe anzunehmen auf perfekten Garpunkt und Süße geschmorten Zwiebelwürfel noch deutlich besser. Etwas Frühlingszwiebeln für den Biss - bis hierhin ein perfekter Fischteller. Und sehen die angepriesenen gebratenen Erdäpfel nicht perfekt aus?
Waren sie auch! Sicher gewesen, nur leider nicht mehr, als sie stilvoll in der Silberschale an unseren Tisch kamen… Irgendwo mussten sie eine zu lange Standzeit gehabt haben. Teilweise nur noch lauwarm und die wunderschön gebräunten Stellen überwiegend schon wieder schon hart statt knusprig. Wie überaus traurig, man merkte, was das für ein Kaliber gewesen war. Immerhin noch mit tollem Röst- wie Kartoffelgeschmack gesegnet, gemischt mit wenig Speck und Zwiebeln, die etwas mehr Hitze gesehen hatten und vor allem sauber entfettet. Allein, um der Küche eine zweite Chance auf den Platz im Bratkartoffel-Olymp zu geben, reizt der Weg nach Cuxhaven!
Und besonders seitdem ich weiß, dass im Schaarhörn der Dessert-Verächter mit einer kleinen Käseauswahl verabschiedet wird, deren Plating erneut Applaus verdiente.
Nachdem sich die noch sehr junge Service-Fee überzeugen ließ, dass in der Mitte sicherlich kein Roquefort, sondern vermutlich Parmesan auf den Genießer wartete (was ihr die Küche bestätigte), freute ich mich, dass auch der Brillat Savarin und ein Delice de Pommard rechtzeitig aus der Kühlung gekommen waren. Neues Brot wurde ebenfalls angeboten. Ein rundum gelungener Abschluss, zu dem statt des vorgesehenen Rotweins auf meine Bitte hin ein Süßwein serviert wurde (als Kombi 18€). Über die Vanillecréme (12€) hörte ich von der anderen Tischseite keine Klagen.
Alles in allem hat das Schaarhörn überzeugt. Bis auf leichte Schwächen sehr gute regionale Küche, deutlich oberhalb eines vergleichbaren Angebots im Landgasthof. Aber das will das Badhotel Sternhagen nun wirklich nicht sein. Ob das Gesamtpaket einschließlich Ausblick die schon kräftigen Preise wert ist, muss jeder Gast für sich entscheiden. Uns hat’s gefallen, aber das Sterneck bleibt weiterhin Ziel.
Bei unserem spontanen Kurz-Trip nach Cuxhaven hatte ich eine Idee für das Mittagessen im Hinterkopf. War doch dem Sterneck (damals noch mit 2 Sternen ausgezeichnet) einst meine erste Restaurant-Kritik beim ehemaligen Gastro-Portal gleichen Namens gewidmet. Wie fein, dass letztmalig vor der Sommerpause im Fine-Dining-Bereich noch ein Sonntags-Lunch angeboten wurde. Dachte ich. Aber ach, die nur drei bespielten Tische waren schon lange ausgebucht und auch meine Hoffnung auf eine kurzfristige Absage wurde nicht erfüllt.
Dann also in das Zweitrestaurant Schaarhörn, in dem... mehr lesen
Restaurant Schaarhörn im Badhotel Sternhagen
Restaurant Schaarhörn im Badhotel Sternhagen€-€€€Restaurant047214340Cuxhavener Str. 86, 27476 Cuxhaven
4.0 stars -
"Schöne Scholle mit ausgezeichneter Aussicht" DerBorgfelderBei unserem spontanen Kurz-Trip nach Cuxhaven hatte ich eine Idee für das Mittagessen im Hinterkopf. War doch dem Sterneck (damals noch mit 2 Sternen ausgezeichnet) einst meine erste Restaurant-Kritik beim ehemaligen Gastro-Portal gleichen Namens gewidmet. Wie fein, dass letztmalig vor der Sommerpause im Fine-Dining-Bereich noch ein Sonntags-Lunch angeboten wurde. Dachte ich. Aber ach, die nur drei bespielten Tische waren schon lange ausgebucht und auch meine Hoffnung auf eine kurzfristige Absage wurde nicht erfüllt.
Dann also in das Zweitrestaurant Schaarhörn, in dem
Geschrieben am 29.06.2023 2023-06-29| Aktualisiert am
30.06.2023
Besucht am 21.02.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 136 EUR
Die Cantina ist die kleine Tapas-Schwester des „Estima“ und hatte behördenseitig eine ziemlich schwere Geburt. Auch heute sind die Komplikationen noch keineswegs ausgestanden, was den wie stets kommunikationsfreudigen Inhaber Jan-Hendrick Feldner zu der Bemerkung veranlasste, für Gastronomen sei das Studium des Verwaltungsrechtes eine höchst nützliche Weiterbildung.
Die Anlaufschwierigkeiten sowie recht eingeschränkte Öffnungszeiten hatten meinen Besuch in dem äußerst pittoresken Häuschen Ecke Allerheiligenstraße/Waagegasse bislang verhindert. Tatsächlich wird der Betrieb beider Lokalitäten zumindest im Service derzeit von derselben „Crew“ gestemmt, d.h. dem Betreiber und seiner wie stets zurückhaltend agierenden vietnamesische Angestellten. Keine Beschwerden meinerseits, auch selten.
Obwohl aus den kleinen Fenstern heimeliges Licht auf die Straße fiel, war der Eingang gar nicht leicht zu finden, denn auf dem verschlossenen wirkenden Tor gab es keinen Hinweis auf den in der Durchfahrt zum Hof befindlichen Einlass. Wenn man es weiß, wirkt es aber angenehm altertümlich, wie so vieles in der schönen Waidfärber-Stadt.
Einmal in der Cantina angekommen, betritt man einen kleinen Zwischenraum, der Servicestation, Garderobe und Weinregal enthält.
Links ein schöner Raum mit rustikalen Hochtischen, der mit Blick in die Küche geradezu für ein zwangloses Tapas-Vergnügen gedacht scheint. War er auch, aber die Behörde sieht ein Abluftproblem, das den Einbau einer größeren Abzugshaube verlange. Was der Wirt unter Verweis auf Sonderregelungen für kleine Lokale vehement bestreitet. Fortsetzung folgt…
Konsequenz ist, dass nur im Vorderraum serviert werden kann, der einen gänzlich anderen Charakter hat: Kahl, nämlich. Drei weiß getünchte Wände ohne jeden Schmuck. Eine Seite immerhin moosgrün gestrichen, vor dem der weiße Flachheizkörper irritierend fehlplatziert wirkt. Immerhin gefällt mir die aus dem Estima bekannte Lampe in Form einer goldfarbenen Rundscheibe, die indirekt beleuchtet ist. Trotzdem eine äußerst kühle Atmosphäre, so dass mir beim Eintritt spontan ein „Recht ruhig hier!“ entfuhr. Ein einzelner junger Gast verzog keine Miene; er war zum Vorstellungsgespräch für den Service erschienen. Ein Paar lächelte gequält und unterhielt sich weiter im Flüsterton. Keine Musik lenkte von der kontemplativen Atmosphäre ab. Ich erwog, auf dem Absatz kehrtzumachen. Hatte allerdings beim Gang durch die Stadt zwei angedachte Alternativen geschlossen oder völlig überfüllt vorgefunden. Was für ein Gegensatz. Ich setze mich zögerlich direkt an den Eingang, falls mich der Fluchtreflex überwältigen sollte. Nun setzte auch akustische Untermalung ein. Wenige Töne der einzelnen, vermutlich maurisch klagenden Klarinette genügten, um den Eindruck einer protestantischen Trauerfeier übermächtig werden zu lassen. Ich verbündete mich mit dem Paar und forderte einen Wechsel der deprimierenden Musik. Die folgende melancholische Gitarrenmusik erinnerte zwar mehr an Portugal als Katalonien, war aber der erste kleine Lichtblick.
Die Weinkarte ähnelt dem Estima und setzt eher auf einfachere Gewächse, was ich hier völlig okay finde. Ich wählte vom oberen Ende der weißen Fraktion einen Godello von Palacios, der durch Treixadura Körper bekam und mich später wacker durch den Abend begleitete. Bei 46€ unterstelle ich eine Kalkulation mit Faktor 3. Den unbenannt gebliebenen Cava würde ich für 8,8€ nicht erneut bestellen. Die Karaffe Leitungswasser steht mit 4,5€ in der Karte; dazu wurde auch hier schon alles Wesentliche gesagt. Muss man ja nicht bestellen.
Inzwischen war ich mit Gastgeber Feldner allein, der mir erklärte, dass das inzwischen entschwundene Paar das Konzept der Cantina nicht verstanden habe: Man sei gerade keine Tapas-Bar, in der man Oliven, Pimientos oder Dátiles zu Bier, Wein oder Sherry knabbere. Sondern ein richtiges Tapas-Restaurant, wie sie in Katalonien und dem Baskenland seit einiger Zeit schwer angesagt seien. Ich nickte verständig, knabberte an meinen Oliven, nippte am Wein und dachte an Küchenphilosoph Andrià „Ferran“ Möller: „Bilbao oder Barcelona, Hauptsache Thüringen!“
Aber ich schweife ab.
Auf der Karte in der Tat Klassiker der spanischen Kleinigkeiten, aber eben modern interpretiert, verfremdet oder weiter entwickelt. Die Oliven der Sorten Arbequina, Manzanilla und Lucques waren allerdings noch „original“ und ausgezeichnet! (Zu „Oliven“ anderer Art siehe hier: https://www.gastroguide.de/restaurant/263465/estima-by-catalana/erfurt/bewertung/41179/ ).
Mit 6,9€ alles andere als billig, aber von einem kleinen Laib wunderbar knusprigen Weißbrotes begleitet. Und wenn man bedenkt, was da sonst so für harte, teils gefärbte Geschmacklosigkeiten ins Schälchen kommen…
Auf die „2-erlei Aioli - unser beliebter ‚Catalana‘ Top-Klassiker“ verzichtete ich im Interesse meiner Gesprächspartner am nächsten Morgen.
Und bestellte von der einschließlich Snacks und Desserts erfreulicherweise nur 15 Positionen enthaltenden Speisekarte stattdessen:
Espinacas Catalan - katalanischer Spinat
Tàrtar de Tonyina - vom Balfego Thunfisch - ohne Reue genießen
Carpaccio Llagostí - Carpaccio vom Kaisergranat
Ous „sobrassada“ mallorquise
Tortilla - dekonstruierte Tortilla
Conill amb Trinxat - typisch katalanisch (Gruß geht raus an Señora Guzman!)
An dieser Stelle ein Hinweis:
Der festangestellte Koch hatte Urlaub und die Zweitbesetzung war kurzfristig erkrankt. Es kochte daher ein neuer Mitarbeiter, der zuvor ganze zwei Tage hospitiert hatte. Klar, dass da einiges holpert. Einen Teller musste ich zurückgehen lassen; er wurde anstandslos neu und besser ersetzt. Kurz kam mir der Gedanke, die Küchenleistung ausnahmsweise gar nicht zu bewerten, aber ich hab ja auch voll bezahlt. Daher aber diese Erläuterung.
Der katalanische Spinat zu Beginn war toll: Warm serviert und mit Rosinen und Pinienkernen, süß, nussig und mit einer feinen Bitternote. Speck-Krusteln steuerten Textur und etwas Salzigkeit bei. Das ausgelassene Fett verlieh den Blättern, die in der Pfanne nur kurz angezogen hatten, eine unerhörte Süffigkeit. (Gut angelegte 8,9€)
Auch gut das Thunfisch-Tatar von Balfegó(!), das von einer Tomatenmarmelade und Pinienkernen - jedoch auch in Form einer hübschen Crème - ebenfalls ansprechend begleitet wurde. Die Wiederholung von nussig und fruchtig-süß ist nicht etwa der Einfallslosigkeit der Küche, sondern meiner Auswahl geschuldet. Die Zutaten waren alle in der Karte aufgeführt. (Durch das Produkt noch einigermaßen erträgliche 17,9€)
Weiter ging es mit dem Carpaccio vom Kaisergranat. Herr Feldner musste einräumen, dass dieses an sich tolle Produkt nach dem Plattieren eingefroren wurde, weil es sonst zu schnell verderbe. Das merkte man leider an einer Wässrigkeit, die den ohnehin feinen Geschmack endgültig killte. Neben Zitronensaft und Olivenöl sollte Pancetta - ausgebraten und wiederum als Crème - die Idee eines „Mar y Montaña“ umsetzen. (¡Stolze 17,9€!)
Für das Auge etwas gewöhnungsbedürftig die Erfurter Variante der mallorquinischen Sobrassada:
Ein typisch kräftig gewürztes Wurstbrät, aber vegan auf der Basis von Sonnenblumenkernen wurde mit Süßkartoffelbrei und einem krümeligen tomatisierten Ei (lt. Karte gebacken, an diesem Abend eher aus der Pfanne?) kombiniert. Am Gaumen funktionierte das aber sehr ordentlich. (Lecker, aber mit 13,9€ teuer und mit einem Euro mehr als angekündigt bezahlt.)
Die erst dekonstruierte und dann neu zusammengesetzte Tortilla überraschte im zweiten Versuch als eine luftige Omelette-Tasche, die zumindest nicht „unübliche Verdächtige“ präsentierte, indes im kreativen, neuen Gewand: Weiche, süße Röstzwiebeln versteckten sich in einem mächtig fetten, aber geschmacklich deutlichen Kartoffel-Espuma. Statt des leider zähen statt knusprigen Kartoffelstrohs hätte ich mir eine Gemüsekomponente gewünscht. Eine spannend konstruierte, aber mir zu schwere Variante für angemessene 10,9€; mit - von mir verschmähten - Gamberones 3 Euro mehr.
Nach diesem Toda-España-Klassiker ging es wieder zurück in den Nordosten. Die Kombination von Fleisch und Schokolade ist eine Herzensangelegenheit der katalanischen Küche und für das zarte, saftige Kaninchenragout hätten selbst kritische Saartaucher die Strapse abgelegt! Herrlich rustikal und kräftig genug dazu eine Spitzkohlpraline (à part gereicht und prompt beim Fotografieren vergessen) und leicht angebratener Kartoffelstampf. (Sehr gern gezahlte 14,9€.)
Angesichts der an Raciones heranreichenden Portionen war ich gut gesättigt. Aber Herr Feldner wollte unbedingt, dass ich eine weitere Schoko-Spezialität aus Barcelona koste: Pa amb Xocolata ist eigentlich eine geröstete Weißbrotscheibe, die man während des Bürgerkrieges mangels Wurst oder Käse mit Schokolade belegte. Hier wieder dekonstruiert als krosse Krümel und cremige Mousse, aber deutlich auf der Dessert-Seite, trotz Olivenöl und Salz. (Ohne Einladung wären 7,9€ fällig gewesen.)
Bleibt ein schwieriges Fazit: Der Cantina waren die Anlaufschwierigkeiten gleich in mehrfacher Hinsicht anzumerken. Was mir nicht nur für die Gäste leid tut, sondern auch für einen Gastgeber, der sich erneut getraut hat, ein ungewohntes Konzept nach Erfurt zu bringen. Als Einzelgast würde ich hier nur wieder einkehren, wenn der hintere Raum ein ungezwungeneres Tapas-Vergnügen ermöglicht. Ansonsten nur in einer Gruppe, die selbst für Stimmung sorgt.
Die Cantina ist die kleine Tapas-Schwester des „Estima“ und hatte behördenseitig eine ziemlich schwere Geburt. Auch heute sind die Komplikationen noch keineswegs ausgestanden, was den wie stets kommunikationsfreudigen Inhaber Jan-Hendrick Feldner zu der Bemerkung veranlasste, für Gastronomen sei das Studium des Verwaltungsrechtes eine höchst nützliche Weiterbildung.
Die Anlaufschwierigkeiten sowie recht eingeschränkte Öffnungszeiten hatten meinen Besuch in dem äußerst pittoresken Häuschen Ecke Allerheiligenstraße/Waagegasse bislang verhindert. Tatsächlich wird der Betrieb beider Lokalitäten zumindest im Service derzeit von derselben „Crew“ gestemmt, d.h. dem Betreiber... mehr lesen
La Cantina by Catalana
La Cantina by Catalana€-€€€Restaurant0361 5506335Allerheiligenstraße 19, 99084 Erfurt
3.0 stars -
"Ein Tapas-Restaurant ist keine Bar, klagt die Klarinette!" DerBorgfelderDie Cantina ist die kleine Tapas-Schwester des „Estima“ und hatte behördenseitig eine ziemlich schwere Geburt. Auch heute sind die Komplikationen noch keineswegs ausgestanden, was den wie stets kommunikationsfreudigen Inhaber Jan-Hendrick Feldner zu der Bemerkung veranlasste, für Gastronomen sei das Studium des Verwaltungsrechtes eine höchst nützliche Weiterbildung.
Die Anlaufschwierigkeiten sowie recht eingeschränkte Öffnungszeiten hatten meinen Besuch in dem äußerst pittoresken Häuschen Ecke Allerheiligenstraße/Waagegasse bislang verhindert. Tatsächlich wird der Betrieb beider Lokalitäten zumindest im Service derzeit von derselben „Crew“ gestemmt, d.h. dem Betreiber
Geschrieben am 03.06.2023 2023-06-03| Aktualisiert am
04.06.2023
Besucht am 03.06.2023Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Wenn ein Koch und Gastronom dir ein anderes Restaurant empfiehlt, lässt das aufhorchen. Also „mussten“ wir auf Empfehlung von Lars-Arne Küster, dem Betreiber das Nachbarschaftslokals Greta‘s mal unseren Stammitalienern untreu werden, um die Pizza im Il Blu am Ulrichsplatz im Ausgehviertel Ostertor zu probieren.
Bei strahlendem Sonnenschein waren wir um 11.30 Uhr die ersten Gäste, eine halbe Stunde später waren alle Außenplätze von einem gemischten Publikum belegt.
Um uns herum pulsierte ein urbanes, bunt-gemischtes Leben, zu dieser Stunde noch heiter und wochenend-entspannt.
Wie geschaffen für einen Spritz, der mit 6,7€ zu Buche schlug. Die zuckerhaltigen Erfrischungsgetränke kamen auf 3,7€ für 0,33l. Mein Wunsch nach nur wenig Eiswürfeln war sogar erfüllt worden, schon mal der erste Pluspunkt. Der nächste die flotte Service-Dame, die aufmerksam alles im Griff hatte, dabei ruhig und freundlich blieb. Auch ihre Frage, ob wir den gesondert bestellten kleinen Salat begleitend zur Pizza oder vorneweg haben wollten, ist nach meiner Erfahrung gar nicht so üblich beim Standard-Italiener.
Schon eher die Pizzabrötchen auf‘s Haus. Oder doch nicht, denn frisch und noch warm aus dem Ofen, waren die gut gesalzenen kleinen Teiglinge schon solo ein Genuss, erst recht mit der hausgemachten Oliven-Tapenade. Bare necessities, ich sag’s ja…
Der kleine Vitaminschub konnte ebenfalls überzeugen: Gemischte Blattsalate, Cherry-Tomaten, fein geschnittene gelbe Paprika, rote Zwiebeln und endlich mal genügend Honig-Senf-Dressing sorgten bei 5,5€ zwar für einen stolzen Deckungsbeitrag, wurden von uns aber gern bezahlt, allein schon, um den Verzicht auf Eisbergsalat und natürlich die Frische zu belohnen.
Die beiden gar nicht obskuren Objekte unserer Hefeteig-Begierde waren nach neapolitanischer Machart gefertigt und gute Vertreter ihrer Art. Mir hätte der Teig noch fluffiger ausfallen und noch 60 Sekunden mehr Hitze vertragen können, meiner Liebsten gefiel es so. Der Belag reichlich und qualitativ überzeugend, was sich besonders bei der „alla casa“ mit Büffelmozzarella, Tomate, Spinat und Petersilienpesto bemerkbar machte. Gegen meine Sardellen und Kapern gab es aber auch nichts zu sagen. Käse, Sugo und Auflage in gelungener Kombination. Mit 14,9€ bzw. 11,5€ keine Schnäppchen, aber in diesen auch preislich besonderen Zeiten durchaus noch passend.
Fazit: Gutes Pizzaiola-Handwerk mit dem gewissen Extra. Die Abendkarte geht über Pasta hinaus und verspricht ebenfalls leicht überdurchschnittlichen Anspruch.
Das Gesamtpaket ist an sonnigen Tagen unschlagbar, daher von uns eine Empfehlung für das Il Blu.
Wenn ein Koch und Gastronom dir ein anderes Restaurant empfiehlt, lässt das aufhorchen. Also „mussten“ wir auf Empfehlung von Lars-Arne Küster, dem Betreiber das Nachbarschaftslokals Greta‘s mal unseren Stammitalienern untreu werden, um die Pizza im Il Blu am Ulrichsplatz im Ausgehviertel Ostertor zu probieren.
Bei strahlendem Sonnenschein waren wir um 11.30 Uhr die ersten Gäste, eine halbe Stunde später waren alle Außenplätze von einem gemischten Publikum belegt.
Um uns herum pulsierte ein urbanes, bunt-gemischtes Leben, zu dieser Stunde noch heiter und wochenend-entspannt.
Wie... mehr lesen
Ristorante Il blu
Ristorante Il blu€-€€€Restaurant042142788277Ostertorsteinweg 27, 28203 Bremen
4.0 stars -
"Pizzeria mit Anspruch im quirligen Ostertor" DerBorgfelderWenn ein Koch und Gastronom dir ein anderes Restaurant empfiehlt, lässt das aufhorchen. Also „mussten“ wir auf Empfehlung von Lars-Arne Küster, dem Betreiber das Nachbarschaftslokals Greta‘s mal unseren Stammitalienern untreu werden, um die Pizza im Il Blu am Ulrichsplatz im Ausgehviertel Ostertor zu probieren.
Bei strahlendem Sonnenschein waren wir um 11.30 Uhr die ersten Gäste, eine halbe Stunde später waren alle Außenplätze von einem gemischten Publikum belegt.
Um uns herum pulsierte ein urbanes, bunt-gemischtes Leben, zu dieser Stunde noch heiter und wochenend-entspannt.
Wie
Geschrieben am 28.05.2023 2023-05-28| Aktualisiert am
28.05.2023
Ja, ich weiß: Völlig überflüssiger Luxus! Aber wenn dir das Leben einen Feinkost-Tempel mit Bistro gibt, bestell ausnahmsweise mal kein Knäckebrot!
An zwei Nachmittagen also Haus-Schampus (So lala, das erste Glas etwas müde, aber auch nicht wirklich mangelhaft) und Laurent-Perrier Blanc de Blancs - um Längen besser.
Oscietra von Caviar House und fleischige irische Fines de Premier - solche Produkte stehen für sich. Was die Küche kann, zeigt sich in den Kleinigkeiten: Die Himbeer-Vinaigrette kam nicht stechend sauer, sondern entfaltete eine fruchtige Frische, die erst den salzigen Noten der Flüssigkeit und schließlich der Süße des Austernfleisches Platz machte. Perfekt.
Und bei den Stör-Eiern: Die besten Blinis, die ich je essen durfte: In Butter vorsichtig angezogen, warm und mit ganz leicht splitternder Kruste, bestrichen mit zimmerwarmer (!) Crème Double und für mich nur noch etwas Schnittlauch-Chiffonade darüber - fertig ist das sündigste Gaumenvergnügen, bei dem der Kaviar immer der König bleibt.
Ansonsten Feinkost Böhm halt:
An der Theke ist am Nachmittag immer Platz, an den Hochtischen davor das übliche Bussi-Bussi-Getue und im Restaurant und auf der Terrasse überwiegend ältere Semester.
Die Service-Crew ist jung, unterschiedlich gut ausgebildet und für alle Geschlechter hübsch anzuschauen. Unter dem wachen Blick des Restaurantleiters wird fix agiert und es herrscht eine professionelle Freundlichkeit. Man hat anspruchsvolle Kundschaft und weiß damit umzugehen. Ein kumpelhaftes „Du“ oder „Ihr“ habe ich nicht gehört. Sehr angenehm.
Ja, ich weiß: Völlig überflüssiger Luxus! Aber wenn dir das Leben einen Feinkost-Tempel mit Bistro gibt, bestell ausnahmsweise mal kein Knäckebrot!
An zwei Nachmittagen also Haus-Schampus (So lala, das erste Glas etwas müde, aber auch nicht wirklich mangelhaft) und Laurent-Perrier Blanc de Blancs - um Längen besser.
Oscietra von Caviar House und fleischige irische Fines de Premier - solche Produkte stehen für sich. Was die Küche kann, zeigt sich in den Kleinigkeiten: Die Himbeer-Vinaigrette kam nicht stechend sauer, sondern entfaltete eine fruchtige Frische,... mehr lesen
4.5 stars -
"Es darf auch manchmal Kaviar sein…" DerBorgfelderJa, ich weiß: Völlig überflüssiger Luxus! Aber wenn dir das Leben einen Feinkost-Tempel mit Bistro gibt, bestell ausnahmsweise mal kein Knäckebrot!
An zwei Nachmittagen also Haus-Schampus (So lala, das erste Glas etwas müde, aber auch nicht wirklich mangelhaft) und Laurent-Perrier Blanc de Blancs - um Längen besser.
Oscietra von Caviar House und fleischige irische Fines de Premier - solche Produkte stehen für sich. Was die Küche kann, zeigt sich in den Kleinigkeiten: Die Himbeer-Vinaigrette kam nicht stechend sauer, sondern entfaltete eine fruchtige Frische,
Geschrieben am 28.05.2023 2023-05-28| Aktualisiert am
28.05.2023
Besucht am 23.03.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 44 EUR
Ich war noch nie in Japan, deshalb sollte ich mich mit Urteilen über die Authentizität japanischer Lokale zurückhalten. Allerdings dürfte Düsseldorf mit der - lt. Sender Keeken;-) - größten japanischen Kolonie dafür schon ein recht gutes Pflaster sein. Erst recht Klein-Tokyo rund um Immermann-, Ost- und Klosterstraße und an deren westlichem Ende ebbt auch der Zulauf der meist jungen Einheimischen ab. Um sich im Hakata schließlich auf einen Borgfelder zu reduzieren. Ansonsten waren die Holznischen mit ihren typischen Vorhängen schnell mit Gruppen ausschließlich asiatischer Gäste gefüllt, vermutlich Kollegen, die ihren Feierabend doch zunehmend lautstark genossen.
Authentisch, gell? Dass der Service durch zwei sehr junge Männer versehen wurde, eher nicht. Oder doch? Denn deutsch konnten beide nicht, nur einer etwas englisch, so dass die Konversation überwiegend mittels Übersetzungsprogramm auf dem Smartphone stattfand, was überraschend gut klappte. So wurde mir gleich nach dem Eintritt bedeutet zu warten und nach Rückfrage in der Küche via Display mitgeteilt, dass das Essen wohl 30 Minuten dauern würde. Aber ich hatte ja keine Termine mehr und so verzog ich mich an den zugewiesenen Platz an der Stirnseite der (ehemaligen) Sushi-Theke, an der ich den Abend über einsam blieb.
Aber gut, so hatte ich genügend Zeit die Gerichte aus der Karte zu googeln und gewann so die Erkenntnis, dass ich weder in einer Sushi-Bar gelandet war, noch in einem Spezialitäten- oder gar Kaiseki-Restaurant. Tatsächlich will das Hakata (Benannt natürlich nach dem alten Hafenviertel von Fukuoka, aber das ist hier ja Allgemeinwissen…;-) ein Izakaya sein. Ich hatte mir diese Kneipen mit kleinen Speisen weniger „gesetzt“ vorgestellt, aber Portionsgrößen und Preise passten genau. Erfreulich die guten Abbildungen in der Karte, denn die deutschen und englischen Übersetzungen der Gerichte beschränkten sich teilweise darauf, den japanischen Namen zu transkribieren. Nützlich auch die Angabe, ob es sich um kalte, warme oder heiße Gerichte handelt. Ich war jedenfalls gespannt.
Zur Überbrückung der Wartezeit bestellte ich in der Fastenzeit grünen Tee (freundliche 2,5€ je Kännchen), lauschte einer Mischung von J-Pop und westlichen Klassikern und knabberte den angenehm bissfesten, scharf-würzig-säuerlich eingelegten Chili-Senfkohl (takana), der als kaltes Gericht doch recht fix an den Tresen kam (5,5€).
Nach der als gar nicht so lang empfundenen Wartezeit ging es mit nicht mehr warmem Aburi Mentai los, überflämmter Fischrogen, als Fisch war dazu cod angegeben, also Kabeljau. Vielleicht ist der in Europa leichter zu bekommen. In der Textur etwas weicher als z. B. geräucherter Bottarga. Die beigelegte Limette sorgte für zitrische Frische im ansonsten recht salzigen Geschmacksbild, und eine deutliche Schärfe im Abgang gefiel mir gut (8,5€).
Ebenso wie die Takoyaki, frittierte Weizenteig-Bällchen, die mich etwas an spanische Croquetas erinnerten, was natürlich auch an der béchamelartigen Sauce im Inneren lag, die mittelzartes Oktopusfleisch umhüllte. Dazu zum Stippen Bonitoflocken, Frühlingszwiebeln und eine süße Sauce, die etwas nach Cola schmeckte. (8,5€). Das Frittiergut kam höllisch heiß aus dem Fett, wie mein gemarterter Gaumen empört meldete.
Nach dem Fingerfood hatte ich mir noch eine halbe Atja-Makrele (hokke) für 8€ bestellt. Der kleine Fisch war an der Karkasse über Holzkohle gegrillt worden und hatte einschließlich der Gräte eine perfekte Röstung. Das fette, aber feste Fleisch war ein Hochgenuss. Mit Zitrone und geriebenem Rettich konnten je nach Geschmack frische Akzente gesetzt werden.
Sehr passend dazu ume-chiri, Reis mit getrocknetem, geriebenem Fisch und äußerst fein geschnittener Essig-Pflaume und anderem Gemüse.
Anders als eine japanische Familie, die unter vielen Verbeugungen verabschiedet wurde, durfte ich nach dem Bezahlen mit einem knappen Kopfnicken in den späten Abend gehen. Immerhin war mir Einlass in eine recht verschlossene Gesellschaft gewährt worden…
Und eines kann ich als absoluter Experte als völlig authentisch versichern: Nämlich meine tiefe Zufriedenheit mit den Speisen im Hakata! Sehr gerne wieder, wenn es „Einfach. Einfach lecker.“ sein soll.
Ich war noch nie in Japan, deshalb sollte ich mich mit Urteilen über die Authentizität japanischer Lokale zurückhalten. Allerdings dürfte Düsseldorf mit der - lt. Sender Keeken;-) - größten japanischen Kolonie dafür schon ein recht gutes Pflaster sein. Erst recht Klein-Tokyo rund um Immermann-, Ost- und Klosterstraße und an deren westlichem Ende ebbt auch der Zulauf der meist jungen Einheimischen ab. Um sich im Hakata schließlich auf einen Borgfelder zu reduzieren. Ansonsten waren die Holznischen mit ihren typischen Vorhängen schnell... mehr lesen
4.0 stars -
"Authentisch? Überzeugend!" DerBorgfelderIch war noch nie in Japan, deshalb sollte ich mich mit Urteilen über die Authentizität japanischer Lokale zurückhalten. Allerdings dürfte Düsseldorf mit der - lt. Sender Keeken;-) - größten japanischen Kolonie dafür schon ein recht gutes Pflaster sein. Erst recht Klein-Tokyo rund um Immermann-, Ost- und Klosterstraße und an deren westlichem Ende ebbt auch der Zulauf der meist jungen Einheimischen ab. Um sich im Hakata schließlich auf einen Borgfelder zu reduzieren. Ansonsten waren die Holznischen mit ihren typischen Vorhängen schnell
Geschrieben am 20.05.2023 2023-05-20| Aktualisiert am
30.04.2024
Besucht am 29.03.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 134 EUR
In der fleischlosen (Fasten-)Zeit stehen für mich viel Fisch und Schalentiere auf dem Speiseplan bei Restaurantbesuchen. Aber auch mal ein vegetarisches Menü. Nicht, weil es mir zu anderer Zeit nicht auch schmecken würde. Aber die tierischen Alternativen reizen mich zumeist einfach mehr.
Also suchte ich bei meinem letzten Berlinaufenthalt bewusst nach einem entsprechenden Angebot, gern auch gehoben, weil dort sehr oft kreativ ohne tierische Produkte gekocht wird.
Der Guide Michelin ist bislang immer ein guter Ratgeber gewesen und auch ohne einen Stern klang die Empfehlung des Bonvivants als unkompliziert, relaxed und originell ebenso einladend wie die Selbstbeschreibung als „Cocktail Bistro“ interessant. Eine Reservierung schien mir an einem Dienstagabend nicht zwingend.
Die Entfernung von meinem Hotel in der Nähe des Jüdischen Museums hatte ich etwas unterschätzt und war daher nach dem 50-minütigen Fußmarsch recht froh, endlich die großzügigen Altbau-Räume in Schöneberg erreicht zu haben. Der Empfang war nicht unfreundlich, aber ein wenig reserviert, später entpuppte sich der durchweg junge Service als engagiert, fachlich professionell und freundlich, meine kleinen Extrawünsche wurden gern erfüllt. An einer Rückmeldung war man ehrlich interessiert und die Gerichte und Getränke wurden sowieso gern erklärt. Gern hockend vor der Tischplatte, um Augenhöhe zum Gast herzustellen - ich hatte gehofft, diese Attitüde wäre endgültig vorbei. Abgesehen davon agierte der Service unprätentiös, sieht man von den zwar individuellen, aber uniform klein-geblümten Hemden bzw. Blusen ab, die hier als „Arbeitskleidung“ über der Hose getragen werden. (Berlin, da machste nix…)
Der ebenerdige, überraschend große Gastraum mit gewöhnungsbedürftigem, grau gestrichenem Estrichboden wird durch die Bar geteilt: Vorne tatsächlich eine Lounge mit Polstermöbeln, dann schließen sich einige Hochtische und -Stühle für kleinere Gruppen an. Im hinteren Bereich befindet sich der eigentliche Restaurantbereich. Tatsächlich war weder an den großen Fenstern mit ihren samtenen Stores noch an den moosgrün gestrichenen Wänden mit stilsicheren Deko-Elementen etwas für mich frei.
Die Holz-Metallrohr-Stühle sind auf Dauer etwas hart. Mit dem Zweiertisch in der Mitte war ich trotzdem zufrieden, denn genau über mir war ein Lichtauslass in der abgehängten Decke, die erfreulicherweise noch einen Blick auf die umlaufende Stuckleiste frei ließ. Dass allerdings ab 20.00 Uhr das Licht foto-unfreundlich gedimmt wurde, läuft für mich unter „Konzept vor Kunde“.
Aber bitte, vielleicht ist manchen Gästen die Bar-Atmosphäre wichtiger als ein erhellender Blick auf das Menü (4 bis 6 Gänge von 69 bis 81€), welches zweisprachig schon am Platz auslag, sehr schön. Und auch die Getränkebegleitung war schon angedruckt, die hier eine echte Besonderheit darstellt: Statt einer Begleitung aus der übersichtlichen Weinkarte werden passende Cocktails (44 bis 53€) serviert! Der vor meinem Tisch hockende Bar-Keeper (Inhaber?) erklärte mir, dass man einfach mehr Aromenvielfalt als bei Wein sehe, gegen den aber „nichts zu sagen sei“. Ganz schön schnöselig, dachte ich zuerst bei mir. Aber es ist schon was dran: Kräftig zitrische Säure ist bei Wein eher schwierig, Würzigkeit wird man selten finden, bittere Noten erst recht. Und Schärfe schon mal gar nicht. All diese Aromen konnte ich an diesem Abend beim - selbstverständlich auch alkoholfrei angebotenen - Pairing erleben, mal verblüffend gut, mal weniger passend. Aber das geht mir mit den meisten Weinbegleitungen auch so. Eine sehr gute neue Erfahrung, danke an das Bonvivant!
Bei angenehmer, mal chilliger, mal funky Hintergrundmusik ließ ich mir den Aperitif schmecken, der dem eher sauren als kräuterigen Wacholder-Verbene-Mix gleich mal mit Weizengraspuder am Glasrand ungewöhnlich „getreidige“ Nuancen spendierte!
Der vegetarische Abend begann mit drei Aperos, die wunderbar in die Küche einführten:
Eine Steinpilzpraline, die geschmacklich keinen Zweifel an ihrer Herkunft aus dem Wald aufkommen ließ, wurde von säuerlich eingelegten Buchenpilzen und kräftigem, fast schon scharfen Bärlauch begleitet. Süffiger Gegenpart ein kleiner, nicht zu matschiger Kartoffelsalat auf einem Chip, gekrönt von einer „Blüte“ der Belper Knolle (nach der Art des Tête de Moine) mit Gemüseasche. Schließlich eine Tartelette mit einer feinen Crême von Karotte und Petersilie, die durch eine Blütenessenz gut eingefasste bittere Noten erhielt. Süß, bitter, „blütig“. Stark. Spätestens jetzt war klar, dass hier keine grobe Gemüseküche zu erwarten war, sondern künstlerische Verfeinerung.
Dementsprechend startete das eigentliche Menü mit Kohlrabi, der mit Holunderblüten, Tannennadeln und schwarzem (nämlich gegrilltem) Apfel kombiniert war. Von roh über gepickelt und cremig bis hin zu Öl, wurden hier zunächst klare Aromen sich gut ergänzend nebeneinander gestellt. Während das „versteckte“ Tatar auf den Punkt gegart kam, war mir die rohe Scheibe zu dick. Da musste man sich beim Schneiden schon bemühen, was dazu führte, dass schnell ein unansehnlicher „Einheitsbrei“ entstand. Heimlicher Star war die gesondert gereichte, aufgeschäumte Suppe aus den Blättern, aus der deutlich saure Apfelzesten aromatisch hervorstachen.
Als Begleitung Wacholdergrün-Essenz von LaOri mit Apfel-Verjus, Oolong und Ingwer.
Der nächste Teller war ein Hingucker und präsentierte Texturen des vegetarischen Alleskönners Sellerie in einer Beurre blanc von über Holzkohle geräucherter Butter. Weizengras und Wildkräuter sorgten dafür, dass es nicht zu sehr ins Süßliche abdriftete. Die optisch an Trüffel erinnernde gehobelte Belper Knolle blieb überraschend blass. Schon gefällig, war aber von Anfang an überraschend breiig und damit auch schnell in einen indifferenten Einheitsgeschmack einmündend, der wenig Nuancen bereit hielt. Der Lieblingsgang der sehr netten Frau im Service, für mich der „schwächste“ auf diesem hohen Niveau.
Herausfordernd ein Zero-Cider von Jörg Geiger der mit einer Mezcal-ähnlichen Räucheressenz das Thema der Beurre blanc sehr herausfordernd aufnahm.
Sehr gut die folgende Brotauswahl mit kreativen Begleitern: Das Sauerteigbrot, litt noch an seiner etwas zu harten Kruste, dafür war der Langos ebenso spitzenmäßig wie der hauchdünne Leinsamen-Cracker. Dazu machte die Cashew-Crème mit Ziegenkäse-Kulturen viel mehr Spaß, als es die Beschreibung vermuten ließ, und die fermentierte Miso-Butter war pures umami-Fett.
Als passenden Drink hätte man für zusätzliche 7,5€ ein alkoholfreies Knärzje-Bier aus Brotabschnitten erwerben können. Ich versuchte stattdessen den Laori Juniper No. 1, dessen kräftiger Wacholdergeschmack zunächst nicht von einem Dry Gin zu unterscheiden war. Nur im Abgang fehlte mir dann doch die Schärfe.
Beim nächsten Gang drehte es sich um Topinambur, dem kleinen Bruder der Sonnenblume. Confiert, fast roh und glasiert, als Püree und Chip, gerieten die Kombinationen mit Zwiebeln, Majoran und diesmal wirklich Trüffel zwar kräftig, aber nie unpassend. Kein Teller für Beckenrandschwimmer.
Dementsprechend war die flüssige Kombination von Gerstenmalzbier und schwarzem Trüffel einerseits rau, aber auch schon fast wieder traubig. Hat gut gepasst.
Erneut wählte die Küche eine kreisförmige Anrichte: Unterschiedlich gegarte Flowersprouts und Kräuter umrahmten geräucherte Belugalinsen in einer Beurre blanc, die ihre Säure aus einem koreanischen Sauerkrautansatz bezog. Das Eigelb hatte einen perfekten Schmelz und leuchtete verlockend aus dem geheimnisvollen Dunkel. Das sah nicht nur gut aus, das konnte in seiner Aromatik und Konsistenz mit jedem Fleischgang mithalten. Crunch brachten frittierte Zwiebelringe, die etwas Süße beisteuerten, was wohltuend die Schärfe des Kimchi dämpfte. Mein Favorit.
Die Schärfe griff ein Muskatauszug auf, der mit Hibiskus und Wildkirsche gezähmt wurde. Am Tisch gab es noch eine Haube aus Bierschaum aus dem Syphon. Sehr gut.
Die Rolle eines Pre-Dessert erfüllte ganz frühlingshaft Kirschblatt-Granité und eingelegte Blüte einerseits und Rhabarber andererseits. Ganz ausdrucksstark dazu eine Mousse von Johannisbeerholz. Schließlich Sauerampfer und nix mehr mit Blütenträumen - da wurde der Gaumen ordentlich erfrischt. Super knusprig und eindeutig der Mohn-Chip.
Im Glas eine harmonische Komposition von Rooibos und geklärtem Erdbeersaft mit Zimt und Ingwer gegen zu plakative Fruchtigkeit.
Das eigentliche Dessert überzeugte mich wie oft (etwas) weniger. Die gedünstete Pastinake mit ihrer Glasur von weißer Schokoladen-Ganache geriet doch recht pappig-süß. Eingelegte Kiefernzapfensamen und Fichtennadel-Eis hielten schön würzig dagegen, die Mousse aus Robinienblüten blieb etwas blass. Natürlich war alles selbst gesammelt, wie mir auch ungefragt versichert wurde. Ach, Berlin…
Trotzdem hätte auch dieser Gang ein Foto verdient gehabt.
Die Orangenessenz mit Kardamom und Fenchelsamen konnte mit ihrer ätherischen Aromenwelt gut an die Nadelbaumsamen anschließen.
Das sehr lecker ausschauende Praliné musste ich fastenbedingt ablehnen. Die zuvorkommende Crew spendierte mir daraufhin einen entkoffeinierten Espresso (eigentlich schmale 2,5€), den ich mir zum Abschluss eines überaus ansprechenden fleischfreien Abends bestellt hatte.
Ich war insgesamt sehr zufrieden mit meinem Besuch in diesem kulinarisch gleich in mehrfacher Hinsicht interessanten und überraschenden vegetarischen Restaurant. Und die Tester des Guide Michelin offenbar auch. Eine Woche nach meinem Besuch gehörte das Bonvivant zu den neu besternten Restaurants. Verdient.
In der fleischlosen (Fasten-)Zeit stehen für mich viel Fisch und Schalentiere auf dem Speiseplan bei Restaurantbesuchen. Aber auch mal ein vegetarisches Menü. Nicht, weil es mir zu anderer Zeit nicht auch schmecken würde. Aber die tierischen Alternativen reizen mich zumeist einfach mehr.
Also suchte ich bei meinem letzten Berlinaufenthalt bewusst nach einem entsprechenden Angebot, gern auch gehoben, weil dort sehr oft kreativ ohne tierische Produkte gekocht wird.
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4.5 stars -
"Aus gegebenem Anlass!" DerBorgfelderIn der fleischlosen (Fasten-)Zeit stehen für mich viel Fisch und Schalentiere auf dem Speiseplan bei Restaurantbesuchen. Aber auch mal ein vegetarisches Menü. Nicht, weil es mir zu anderer Zeit nicht auch schmecken würde. Aber die tierischen Alternativen reizen mich zumeist einfach mehr.
Also suchte ich bei meinem letzten Berlinaufenthalt bewusst nach einem entsprechenden Angebot, gern auch gehoben, weil dort sehr oft kreativ ohne tierische Produkte gekocht wird.
Der Guide Michelin ist bislang immer ein guter Ratgeber gewesen und auch ohne einen Stern
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Das 1860 im Stil des italienischen Renaissence-Baumeisters Antonio Palladio errichtete Gebäude ist schon von außen ein Schmuckstück.
Nach einer freundlichen Begrüßung und Prüfung der Reservierung wurden wir im linken Flügel an einen Fenstertisch geführt. Die Dunkelheit verhüllte gnädig den Blick auf den Parkplatz. Durch das Fenster hinter uns beobachteten wir die vorbeifahrenden Züge - ein durchaus stimmiges Bild. Der Zugverkehr war keinesfalls störend, zudem herrschte im fast vollen Gastraum ein angenehmes Stimmengewirr. Wohltuend die hohen Decken und die eleganten Rundbogenfenster, letztere im Rahmen der Renovierung extra neu angefertigt. Die Tische mit ihren schweren Naturholzplatten stehen im angenehmen Abstand. Man sitzt auf dick gepolsterten Bänken oder mit Samtvelour bezogenen, bequemen Stühlen. Große Abzüge historischer Schwarz-Weiß-Fotos rund um das Thema Eisenbahn und Bahnhof passen genial
und auch mit Corporate Identity ist kein Fremdwort.
Die Beleuchtung gerade richtig, nicht zu hell und nicht zu dunkel. Stylische Leuchter imitieren Blattwerk und spenden passend zu ihrer Farbe goldenes Licht. Indirekte weiße Beleuchtung sorgt für die ausreichende Helligkeit. Im Hintergrund läuft Bar-Jazz für die richtige "laid-back-Stimmung".
Die junge, gleichwohl erfahrene Bedienung agierte zurückhaltend, aber stets auf der Höhe. Sie drängelte uns nicht, war aber immer ansprechbar, ruhig und versiert. Über einen Wechsel der Beilage holte sie erst Auskunft in der Küche ein. Kein Problem. Die gesamte, vermutlich osteuropäische Crew war einheitlich schwarz gekleidet und hatte die fast ausreservierten Räume gut im Griff.
Ein Amuse wird nicht spendiert. Dafür sind die Portionen nicht kleinlich.
Als Vorspeise für mich Erbsencremesuppe, die mit wenig Sahne, dafür einem deutlichen Geschmack punktete.
Gemixt, aber nicht passiert, Schalenfragmente waren zu fühlen. Einziges Manko: Sehr salzig, erst recht zusammen mit den kleinen Streifen gekochten Schinkens. Etwas Frische, z.B. durch Zitrone wäre schön gewesen.
Das Stangenweißbrot war leider arg belanglos;
das geht besser.
Gegenüber freute sich der diesjährige Gastgeber über sein Vitello Tonnato und lobte auf Nachfrage den Kalbsbraten ausdrücklich.
Unsere Hauptspeisen kamen zeitlich versetzt, aber auch nicht so weit, dass es den Dalai Kulilama aus der Ruhe gebracht hätte. Mein Cordon bleu aus der Pfanne hatte eine tolle krosse Panierhülle.
Der Schweinerücken erwartbar schier und damit halt recht trocken. Leider konnte der Emmentaler im Inneren nicht recht überzeugen und auch der Schinken blieb am Gaumen unauffällig. Preiselbeeren und Zitrone gabs dazu.
Vom ersten Cordon bleu seit Jahrzehnten hatte ich mir etwas mehr versprochen, aber ich bleibe am Ball.
Dafür geriet die (ohne Aufpreis getauschte) Beilagen-Premiere überzeugend: "Kappes Teerdisch" scheint eine (vermutlich nicht nur) regionale Spezialität zu sein und ist Kartoffelbrei (hier sehr flüssig, aber mit Stücken), in den Sauerkraut gemischt ist. Weich und angenehm säuerlich.
Lecker.
Der frische Beilagensalat war ohne Ausschläge nach oben oder unten.
Beide Kameraden sangen ein Loblied auf ihre Gerichte, seien es die Kartoffelgnocchi mit perfekt geschmorten Hokkaido-Kürbis und dezenter Salbeinote auf dem einen oder die Fettucine mit Pfifferlingen und Rinderfiletstreifen (wunderbar medium gebraten!) auf dem anderen Teller.
Das soll in die Bewertung einfließen; ich hätte einen halben Punkt abgezogen.
Nach Limoncello Sprizz zum Auftakt schwenkte einer der Reservisten stilecht auf heimisches Bier um, zwei teilten sich einen Saar Riesling von Alten Reben.
Mit 48 Euro für hiesige(!) Verhältnisse schon hochpreisig; in Norddeutschland wäre man über den Preis sehr froh. Außerdem muss die Investition ins Gebäude zumindest ein wenig amortisiert werden. Es dürfte aber wohl auch Liebhaberei bzw. Mäzenatentum dabei sein. Immerhin scheint der im Immobiliengeschäft tätige Eigentümer nicht zu den ärmsten Schluckern zu gehören. Man munkelt am Ort von 2 Mio. Umbaukosten, um aus dem von der DB völlig verlotterten Kleinstadtbahnhof wieder ein echtes Juwel zu machen.
Gegenüber labte man sich an Kaffee und Crèmes aus kleinen Einmachgläsern (Limette: "Wenn man genau hinschmeckt..." Mousse au chocolat: "Die hier ist fluffiger; meine eigene ist mastiger.“ WTF?)
Ich setzte auf einen Digestif an der Bar.
War aber wohl nicht vorgesehen, denn wir ernteten zunächst erstaunte Gesichter. Erst recht, als wir anfingen, die Hochstühle vor die Theke zu ziehen. Letztlich nahm man auch diese Schrulligkeit der älteren Gäste hin und verköstigte uns gern mit Kräuterlikör und Portwein. Wir bedankten uns mit 15% Trinkgeld und waren froh, nicht in den USA zu sein, wo wohl inzwischen alles unter 20% ein no-go sein soll.
Fazit:
Der Historische Bahnhof ist zweifelsohne ein großer Gewinn für Konz und Umgebung. Handwerklich überzeugende deutsche Küche (ergänzt durch ein paar italienische Lieblinge) in einem ansprechenden historischen, aber eben auch zeitgemäßen Ambiente.