Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 362465x gelesen 10162x "Hilfreich" 9120x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 06.03.2017 2017-03-06| Aktualisiert am
06.03.2017
Besucht am 01.03.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Von einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben wir das an diesem Mittwoch auch.
Mein erster Eindruck war trotz des komplett in Braun- und wenigen Grüntönen gehaltenen Restaurants ein kühler. Was einerseits an den großen "nackten" Bodenfliesen lag und andererseits daran, dass in einem Teil des Raumes die Zwischendecke entfernt wurde und sich darüber nun durchgehende Dachfenster befinden. Am Tag oder im Sommer sorgt das sicher für wunderbar sonnige Plätze. Jetzt am Winterabend wird der Eindruck einer hohen, kühlen Diele verstärkt, sicher auch durch den gläsernen Windfang und den metallenen Raumteiler. Die beim teilweisen Durchbruch der Decke abgeflexten Träger und darunter eine große, unregelmäßig Fläche mit abgeschlagenem Putz bilden als künstlerisch bearbeitetes "Wandbild" einen sicher polarisierenden Hingucker.
Wir wählen lieber einen Tisch im hinteren, niedrigeren Teil des Raumes nahe der Bar.
Kein Problem für unseren heutigen Gastgeber Nico Spalding, der uns gemeinsam mit einer noch jüngeren Kollegin professionell versorgt. Bei einem jungen Team ist es nachvollziehbar, dass es an einer gewissen Lockerheit fehlt. Die Ansagen werden zu schnell abgespult, der leere Brotkorb erst auf Bitte aufgefüllt, manchmal ist man bei den Produkten nicht ganz sicher. Alles kein Beinbruch, man merkt, dass ein gut geschultes Team mit Freude an der Arbeit ist. Der Schritt zur Souveränität ist eine Frage der Zeit. Zudem wir uns am Tisch untereinander und auch gegenüber dem Service sehr offen über Licht und Schatten bei der Küchenleistung äußerten. Das kann dann schon mal etwas Druck aufbauen.
Lediglich ein petit four hätte ich mir auch ohne Kaffeebestellung bei zwei 6-Gang-Menüs und einer Weinbegleitung schon als "Rausschmeißerle" gewünscht. Aber das mag ja der Chef entschieden haben. Leider hat er sich bei unserem Besuch nicht zu den Tischen bemüht, so dass wir ihn nicht fragen konnten. Schade.
Nach der Platzwahl nahm ich mir die Zeit, den Raum genauer in Augenschein zu nehmen und erst jetzt fielen mir die vielen Äste und Baumwurzeln ins Auge, die als Deko-Element konsequent (z.B. auch in den tadellosen Waschräumen) eingesetzt werden und zusammen mit Geweihen der Diele plötzlich einen ganz anderen, "wärmeren" Charakter geben. Dazu passen die Vollholztische mit robusten Platzsets, ebenfalls im Holzdesign und die etwas zu schwach gepolsterten Holzstühle mit Ledersitzflächen. Viele kleine Strahler geben ein im Raum gedämpftes, auf den recht kleinen Tischen aber ausreichendes Licht. Hinzu kommen etliche kleine Kerzen. Auf dem Tisch ist zurückhaltend klassisch eingedeckt, die Serviettenringe aus geflochtenen Leder und die hölzernen Brotteller passen wieder in die rustikale Eleganz.
Während wir die Karten studierten (mit Leihbrille des Restaurants für die im Auto vergessene eigene), wurden uns auf Probierlöffeln je eine in Reis(?)-Perlen gewälzte Ziegenfrischkäse-Praline gereicht
Das war leider recht eindimensional. Der Frischkäse mit einem schweren Mundgefühl und der Crunch blieb nicht nur farblich blass.
Für den als Aperitif gewählten Riesling-Sekt von der Nahe galt das ganz und gar nicht. Er sollte später einen weiteren Einsatz haben.
Aus dem angenehm übersichtlichen Angebot wählten wir identisch (ohne, dass dies erbeten oder gar verlangt wurde):
- Schottischer Lachs, Tatar und geflämmt.
- Krustentier-Misosuppe mit Roter Wildgarnele.
- Verschiedenes vom - unvermeidlichen - Lofoten-Skrei (diese norwegischen Marketingteufel).
Eine Erfrischung war in der Karte angekündigt. Der Service wies ausdrücklich darauf hin, dass dieser "Gang" auf's Haus gehe. Davon waren wir zwar ausgegangen, aber nicht jeder ist mit diesen Sitten vertraut, daher ein Pluspunkt.
- Zweierlei vom Greater Omaha Beef.
- Als Dessert Zitrusfrüchte.
Nach dem Hauptgang orderten wir kurz entschlossen noch Fourme d'Ambert, worauf die Küche vorschlug, diesen erst nach dem Dessert zu nehmen. Sehr aufmerksam angesichts des kräftigen Blauschimmels, hinter dem es der Nachtisch doch sonst schwer gehabt hätte.
Auf die Weinbegleitung musste zumindest mein Gastgeber als Autofahrer verzichten, er beteiligte sich aber zurückhaltend bei einzelnen Tropfen. Da bei allem Genuss auch Geschäftliches auf dem Programm stand, wollte ich mir keine Notizen machen, was insbesondere zulasten der Weindetails gegangen ist. Seid nachsichtig...
Zunächst wurde zweierlei gutes Brot von Gaues serviert, aromatisiert mit Oliven und Tomaten
Begleitet von leicht gesalzener Butter, einer Currycreme und Gewürzsalz
Mit dem eigentliche Amuse wetzte die Küche zudem die Scharte vom Frischkäse mehr als aus.
Wunderbar zartes, aromatisches Wagyubeef aus Chile auf Udonnudeln mit Gemüsen und in einer asiatisch gewürzten beurre blanc aus der besonders Zitronengras kräftig heraus schmeckte. Sehr, sehr gut! Das Ganze in einer aparten Keramikschale, dem offenbar bevorzugten Geschirr des Hauses. Wir fanden diese häufig gewählte Präsentation schade, denn manches Mal kam "aus der der Tiefe des Raumes" optisch wenig. Was für Netzer ewigen Ruhm bedeutet, zwingt hier zu geschichteten Kreationen, wo man sich etwas Übersichtlichkeit für Auge und auch Gaumen gewünscht hätte.
Konsequent die schönen roten Stäbchen anstatt europäischen Bestecks - nur zu diesem Appetithappen, allerdings.
Als Begleitung wurde (nach meiner Erinnerung) ein Pfalz-Riesling eingeschenkt, ich meine von Winning, der sehr gut mithalten konnte.
Der folgende badische Wein, wohl auch ein Riesling, war solo erst etwas enttäuschend, gewann aber mit dem Lachs des ersten Menügangs.
Auf dem Deckel der Keramikschale war eine hübsche orange-grüne Kombination versammelt:
Das geschmacklich nicht überragende, aber gefallende und vor allem nicht zu kalte geschnittene Fleisch. Daneben Rogen auf einer Mousse von Queller-Algen. Die Passe-Pierre auch als Deko, zusammen mit einer schön knusprig gebackenen, intensiven Scheibe Fenchel. Dazu ein paar Tupfer Dillöl, die ich getrost ignorierte. Machte alles Lust auf mehr.
Und siehe, unter dem Deckel eine große Freude.
Das kleine Filet noch etwas glasig, kräftig geflämmt, schon pur ein Genuss. Es ist ein wahrer Segen, dass wieder so gute Lachsqualitäten verfügbar sind. Hier ein schottischer von Loch Duart, begleitet von Austernschaum und weiteren Salicornes. Ein feiner, durch den geflämmten Fisch ebenfalls ganz leicht in den fernen Osten weisender Auftakt des Menüs.
Auf die Suppe wollte ich ursprünglich verzichten, aber mein Begleiter war auf die Rote Wildgarnele gespannt. Gut, dass er mich überzeugen konnte!
Das Exemplar, mal der Länge nach auf einen Holzspieß gefädelt, war vorzüglich. Argentinische Ware von kräftiger Farbe, festem Fleisch und leicht nussigem Geschmack. Die Suppe konnte etwas weniger gefallen. Wieder war auf asiatische Kräuter gesetzt worden, Zitronengras und Lotuswurzel, vielleicht auch Koriander. Das war schon sehr parfümiert, für mein Gegenüber deutlich zu viel. Zudem auch recht salzig, zumindest für mich. Die als Einlage verwendeten Buchenpilze gingen dadurch leider etwas unter.
Beim Wein muss ich leider passen.
Auch der dritte Teller bescherte uns mit dem Lofoten-Kabeljau einen sehr guten Fisch.
Eine nicht zu kleines Rückenstück, vermutlich auch geflämmt, dazu gedämpfte Bäckchen und sogar frittierte Zunge. Bis auf die nichtssagenden Panade bei letzterer alles sehr gut zubereitet und ein Hochgenuss. Allein etwas kürzer hätte die Garzeit für mich sein dürfen, wirklich glasig war der Fisch nicht mehr. Das kann bei Gadus morhua ins Auge gehen. Ging es hier aber nicht. Auch das gebackene Stück Haut war recht knusprig. Eine sehr gelungene beurre blanc umschmeichelte den Fisch und ließ, anders noch als beim vorherigen Gang, auch dem wilden Brokkoli als Beilage Raum zur Entfaltung.
Zu diesem gelungenen Teller mit dem Viognier von Oliver Zeter auch ein starker Wein.
Vor dem Wechsel zum Fleisch kam die versprochene Erfrischung und konnte uns ebenfalls überzeugen, wenn auch nicht optisch.
Eine ungewöhnlich große Portion eines vorzüglichen, selten kredenzten Bergamottegranités, darunter Charentaismelone (die etwas unterging) auf einem Kokosschaum (der zunächst wie eine schwere Sahne aussah) und schließlich völlig zugedeckt Mandarineneis. Leider machte es der schichtweise Aufbau auch hier schwer, den verschiedenen Geschmacksnuancen nachzuspüren. Aber auch im Zusammenklang ansprechend und eine Erfrischung, die ihren Namen verdiente.
Zum Fleischgang wurde ein apulischer Primitivo eingeschenkt. Durchaus zu meiner Freude, da ich ja tanninarmen Roten mehr abgewinnen kann. Etwas Verwunderung kam aber doch auf. Die sich schnell legte, da das U.S. Beef in zwei Gängen serviert wurde, deren erster ein Ragout nach Art eines Sauerbratens war.
Also viel Frucht und (sehr) viel Säure, so dass der Süditaliener recht gut harmonierte.
Das kleine Gericht war mit Rosinen, roh mariniertem Rotkohl und einem kleinen, weichen, nur leicht elastischen Knödel grundsätzlich sehr stimmig kombiniert. Leider aber nicht ausgewogen. Die wenigen kleinen Fleischwürfel waren zwar schön zart geschmort, aber neben den kräftigen Begleitern kaum bemerkbar. Das gute Rindfleisch wurde hier vom Haupt- zum Nebendarsteller abgewertet. Besonders schade beim Fleischgang und angesichts der geschmacklichen Qualitäten des Fleischs, die im zweiten Teller (!) umso deutlicher zur Geltung kam.
Das saftige Filet (Welchen Marmorierungsgrad erkennen die Fachleute hier?) war auf der Tellerseite etwas weit gegart, überwiegend aber medium.
Abgefragt wurde der Gargrad nicht. Das zurückhaltend gebräunte Fleisch hatte einen leicht würzigen Eigengeschmack. Die Prärie ruft...
Begleiter waren wohl nochmals Buchenpilze, Crème vom schwarzen Knoblauch und Topinambur in Variationen, von denen mir die hauchdünn gehobelten, sauer eingelegten Scheiben mit ihrer Knackigkeit am besten gefielen. Eine Überraschung enthielt die gebackene Praline. Statt einer weiteren "Sättigungsbeilage" war hier ein überzeugendes Confit enthalten, das mir in seinem intensiven Fleischgeschmack mindestens ebenso behagte, wie das edlere Rückenteil.
Das folgende Zitrusfrüchtedessert war in einer ungewöhnlichen schweren, weißen Schale angerichtet, die bis auf die Farbe am ehesten an eine halbierte Bergamotte erinnerte.
Yuzu, Bergamotte als Chip und Buddhas Hand in Scheiben setzen eigenständige Akzente, durch Limonen und Zitronen als Sorbet und Puder kamen kräftige Säuren ins Spiel, die von Perlen weißer Schokolade schön eingebunden wurden.
An sich ein gelungenes Dessert, dem gleichwohl durch die ebenfalls Zitrusfrüchte enthaltende gerade genossene Erfrischung etwas Wirkung genommen wurde. Bei aller Effizienz wäre vor dem Fleisch vielleicht ein Eis aus roten Früchten die bessere Wahl gewesen. Dass ich gern den einzelnen Nuancen der vielen fruchtigen Säuren solo nachgeschmeckt hätte, dürfte wenig überraschend sein.
Dazu erhielten wir einen wunderbaren Cocktail auf der Grundlage von Yuzu-Sake, der mit Zesten der Früchte angesetzt war. Dazu Sauvignon Blanc Sweetheart von Oliver Zeter und schließlich aufgefüllt mit dem Rieslingsekt von der Nahe. Ein perfekter Begleiter!
Und als Abschluss der Fourme d'Ambert, der uns sehr positiv überraschte, optisch wie sensorisch.
In einer übergroßen Petrischale auf einem Bett von Moos und Rinden diesmal eine hölzerne Schale in Form einer halben Walnuss. Der Käse grob zerpflückt, mit einem Tannenhonig-Schaum übergossen und mit Walnusspulver bestreut. Die fruchtige Komponente steuerte hier Quitte als Chips und teilweise leider etwas holzigen Würfeln bei. Dazu Scheiben von schwarzen Walnüssen und als Clou große, eingelegte Fichtensprossen. Sehr aromatisch, der herb-ätherische Geschmack exakt so, wie man den Geruch im Wald wahrnimmt.
Obwohl der Käse etwas in den Hintergrund trat, ein perfekter Teller. Hier war das Ganze mehr, als die Summe seiner Teile!
Bei der Begleitung waren wir mit einer Trockenbeerenauslese von Kracher auf der sicheren Seite.
Fazit:
Zu Recht Tabellenführer in der Braunschweiger Genießer-Liga. Gefällt mir persönlich auch das Gesamtpaket im unkomplizierten Zucker besser, bietet das Alte Haus dem Genießer doch die besten Produkte, verbunden mit erstklassigem Handwerk und kreativen Ideen.
Zudem eine klare, jedenfalls an diesem Abend ganz deutlich asiatische/japanische Fokussierung und eine eigene Handschrift von Enrico Dunkel. Im Gegensatz zu den asiatischen Produkten und Aromen wird kein Teller-Ikebana aufgeführt, sondern stringent auf den harmonischen Zusammenklang gesetzt. Für mich war es nicht immer der perfekte Weg, was aber einem in jeder Beziehung höchst unterhaltsamen Abend nicht entgegen stand.
Von einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben... mehr lesen
Das Alte Haus
Das Alte Haus€-€€€Restaurant, Bar531.61 80 10 0Alte Knochenhauerstr. 11, 38100 Braunschweig
4.0 stars -
"Kreative Genüsse - eigenwillige Präsentation" DerBorgfelderVon einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben
Geschrieben am 07.02.2017 2017-02-07| Aktualisiert am
07.02.2017
Das muss das Paradies für Craftbeer-Freunde sein (bin selber keiner): Vom Fass aus 40! Zapfhähnen, wechselnd und daher die Karten nicht nur aus Papier, sondern auch als LED-Display über der längsten Biertheke Bremens. Dazu ca. 100 Flaschenbiere, "handmade" aus aller Welt, NL/B/GB/SCO/US/RSA usw. aber auch von den hiesigen Mikro- bis Kleinbrauereien wie Union, Grebhans, Hopfenfänger u.a. Dazu alle Braustile von Pils und Witbier, einfachem Ale/IPA/APA, Porter/Stout/Imperial (bis 12%, mit etwas Durst drei Gläser gestürzt und schon hat man quasi eine Flasche Weißburgunder o.ä. in 15 Minuten geleert) über Triple und Quadruple bis zu Lambic/Frucht und Gose, letzteres mir völlig unbekannt und wohl mit Salz. Und das sind nur die, deren ich mich entsinne. Von ca. 3,5€ für 0,1l bis zu 8€ für 0,25, aber es wird auch einiges zum probieren ausgeschenkt.
Nachdem die Lokalmatadore den Boden mit ihren bescheidenen, auch insoweit handgemachten Läden bereitet haben, dreht die Hannoveraner gig-Gruppe nach ihren "niedlichen" 24-Hähnern in Linden und am Braunschweiger Steinweg nun in Sichtweite des Borgfelder Innenstadtrefugiums ein richtig großes Rad. Auch, was den Laden im rauen Design von Holz, Stein und Stahl angeht. An der Theke, an niedrigen Tischen vorne im offenen Bereich oder etwas versteckt in den hinteren Gefilden, an Hochtischen zum Dransitzen oder -stehen und schließlich an der großen Fensterfront in mehreren Terrassen übereinander auf gemütlich aussehenden Sitzkissen vor einem schon coolen manga-inspirierten Wandbild (Oktopus in rot und weiß). Platz ist reichlich.
Zu essen gibt es wohl bislang nur Chips (crisps, sorry). Bestellt wird ausschließlich an der Theke, gezahlt sofort und nur in bar.
Der Laden wird gerade vom Erfolg überrannt. Banker nach Feierabend neben Szenefrau mit F... this!-Aufsticker an der Mütze. Am Sonnabend war der Laden rappelvoll, Dreierreihe vor der Theke. Und natürlich viel zuwenig Personal.
Mal schauen, wir werden sicher ab und an ein Gläschen probieren. Heute gabs für die Liebste als Mitbringsel immerhin schon ein kleines belgisches Kirschgebräu (Soll gemundet haben, schüttel. ..)
Das muss das Paradies für Craftbeer-Freunde sein (bin selber keiner): Vom Fass aus 40! Zapfhähnen, wechselnd und daher die Karten nicht nur aus Papier, sondern auch als LED-Display über der längsten Biertheke Bremens. Dazu ca. 100 Flaschenbiere, "handmade" aus aller Welt, NL/B/GB/SCO/US/RSA usw. aber auch von den hiesigen Mikro- bis Kleinbrauereien wie Union, Grebhans, Hopfenfänger u.a. Dazu alle Braustile von Pils und Witbier, einfachem Ale/IPA/APA, Porter/Stout/Imperial (bis 12%, mit etwas Durst drei Gläser gestürzt und schon hat man quasi... mehr lesen
4.0 stars -
"Sehr groß, sehr viel, sehr teuer." DerBorgfelderDas muss das Paradies für Craftbeer-Freunde sein (bin selber keiner): Vom Fass aus 40! Zapfhähnen, wechselnd und daher die Karten nicht nur aus Papier, sondern auch als LED-Display über der längsten Biertheke Bremens. Dazu ca. 100 Flaschenbiere, "handmade" aus aller Welt, NL/B/GB/SCO/US/RSA usw. aber auch von den hiesigen Mikro- bis Kleinbrauereien wie Union, Grebhans, Hopfenfänger u.a. Dazu alle Braustile von Pils und Witbier, einfachem Ale/IPA/APA, Porter/Stout/Imperial (bis 12%, mit etwas Durst drei Gläser gestürzt und schon hat man quasi
Geschrieben am 05.02.2017 2017-02-05| Aktualisiert am
05.02.2017
Besucht am 04.02.20172 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Von mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte der junge Parmesan ganz gut dazu. Den einfachen Plastikmühlen Pfeffer und insbesondere Salz zu entlocken, war allerdings mühsam, die Mahlwerke hatten sich weitgehend verabschiedet.
Der Hauptgang hatte Licht und Schatten. Toll das große Stück vom Winterkabeljau, sehr saftig, an der Gabel zerfallend, typischer Dorschgeschmack.
Leider nicht auf der Haut gebraten, die sehr labberig am Fisch hing und entfernt werden musste. Sonst bin ich für knusprige Haut sehr zu haben, sofern keine zu große Transchicht zu erwarten ist. Hier ja ausgeschlossen.
Der als Winterkohl angekündigte Grünkohl war klassisch norddeutsch zubereitet, kräftig gewürzt, recht fett, mit Hafergrütze und wohl auch durchgemengter Kartoffel. Ich hätte mir da zum Fisch eine modernere Version gewünscht, z.B. gedämpft und angebraten. Aber geschmacklich sehr gut.
Die Bratkartoffeln eine Frechheit.
Sehr dünn, eigentlich schön gebräunt. Aber so weich, das sie um die Gabel gewickelt oder in Falten gelegt werden konnten. Also alles, was man bei angebratenen Kartoffeln nicht möchte.
Konsequenterweise wurde auch nicht gefragt, warum die Schüssel voll zurück ging.
Das Kartoffeldesaster und die weiche Haut könnten sich dadurch erklären (aber keinesfalls entschuldigen!), dass man 45 Minuten vor Küchenschluss nicht mehr mit Gästen rechnete und die Platte schon kalt und gereinigt war. Aber eine Pfanne hätts doch auch getan! Bei den Garnelen meiner Frau ging's ja auch.
Ein Wort zum Ambiente. Im Gegensatz zu meinem verstorbenen Erzeuger konnte ich der Untergeschoß-Gastronomie in den Karstadthäusern nie viel abgewinnen. Aber da gehen ja auch hier die Meinungen auseinander.
Das Grätenfish bemüht sich, aus der Lage das Beste zu machen. Es gibt einen kleinen Bistrobereich mit Hochstühlen und Bank mit schönem Blick darauf, wer so Einkaufen kommt. Ein bißchen Laufstegatmosphäre, besonders nach dem zweiten Glas Wein, wobei die Auswahl da sehr eingeschränkt ist, auch qualitativ. Die Farbgestaltung ist freundlich und eine Vitrine zeigt gelegentlich ein paar selbstgemachte kalte Vorspeisen oder Austern. Die Plätze an der Theke um die offene Küche und die wenigen Tische sind eigentlich auch ganz angenehm gestaltet. Schöne große Fotografien einer mediterranen Landschaft, vielleicht Toskana. Das passt zu den Decken in rot und grün, die als Kissenersatz auf den schwarzen Holzstühlen dienen. Problem: Der Abschluss des Restaurants wird von der Rückseite der Gemüsekühlung gebildet. Also ein permanentes Brummen und richtig warm wird es an den Plätzen auch nicht. Zudem laufen regelmäßig Karstadtkunden durch den Laden, vermutlich zu den hinter der häßlichen weißen Stahltür befindlichen Toiletten. Kann der Wirt nicht ändern, aber mögen muss ich es ja deswegen trotzdem nicht.
Zum Essen würde ich es schon nochmal in Betracht ziehen. Aber nur mit einer anderen Person im Service.
Von mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte... mehr lesen
Der Grätenfish
Der Grätenfish€-€€€Restaurant042164919393Obernstraße 5 im Hause Karstadt, 28195 Bremen
3.0 stars -
"Schon mal besser" DerBorgfelderVon mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte
Geschrieben am 04.02.2017 2017-02-04| Aktualisiert am
06.02.2017
Besucht am 25.01.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 112 EUR
Warnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan nach einem Tisch gefragt und problemlos erhalten. Nicht selbstverständlich in einiger Bahnhofsnähe, auf die ich wg. des drohenden 14.00-Uhr-Termins beschränkt war. Hat doch z. B. die nahe Zirbelstube im Januar ihr Mittagsangebot eingestellt. Das Délice öffnet sowieso nur abends. Und im 5 scheint man dem Netz nach mittags doch einige Abstriche machen zu müssen. Allerdings ist das schon nachvollziehbar, denn den "wunderbaren" Blick auf die bundesweit bekannte Baustelle
wollte auch hier bis kurz vor 14:00 Uhr außer mir nur noch eine einzige andere Genießerin auf sich nehmen.
Das Olivo hält die Werbung für das Abendangebot dagegen aufrecht und reagiert nicht mit einer einfacheren Küche, sondern mit einem sehr beschränkten Auszug aus der Karte: Aus je zwei Vor- und Hauptspeisen, Käse und einem Dessert kann ein Menue von 3 Gängen zu 82€ oder vieren zu 94€ kombiniert werden. Ob die Weinbegleitung auch mittags gilt, konnte ich wegen der nachfolgenden beruflichen Aufgaben nicht testen; es scheint mir wahrscheinlich.
Die Beschränkung auf das Menue-Angebot ist in sich konsequent und ermöglicht, auch mittags das "volle Programm" der Sterneküche zu fahren. Das ist perfekt gelungen. Bei gleichzeitiger Bespielung des à-la-carte-Restaurants hat es die Küche geschafft, mich nach exakt 105 Minuten glücklich und satt, doch nicht übervoll und schon ein bißchen beeindruckt zur Arbeit zu entlassen.
Ich wählte die "große Version" und entschied mich für angebratene Jakobsmuschel, confierte Wachtelbrust, Atlantik-Seeteufel und zum Abschluss Rohmilchkäse von Affineur Waltmannus Erlangen.
Der junge Maître, der nach seiner letzten Station im Sylter Hotel Fährhaus seit einem Jahr in Stuttgart empfängt, erleichterte mir die Antwort auf die Aperitiffrage zumindest mit einigen Vorschlägen aus unterschiedlichen Kategorien. Ich entschied mich für einen weißen Port von Ramos Pinto, der für 9€ angenehm kühl serviert wurde. Über den Wasserpreis genannten Subventionsbeitrag schweige ich, "immerhin" noch nicht zweistellig...
Nach Bestellung des Aperitifs gestaltete die Küche schon das Studium der Speisenkarte mit einigen Petitessen genussvoll. Auf der Höhe des Zeitgeists wurden halbkreisförmig vor mir bereit gestellt:
Büsumer Krabbensalat mit Rauchchip (auf Mini-Holzpaddel)
Gazpacho (aus dem Reagenzglas)
Olivenöl-Gelpraline (auf seinem Holz-Löffel und Blättern)
Thunfischtatar (auf - hoffentlich falscher - Koralle)
Wildschweinschinken mit Variationen von Rot- und Rosenkohl (auf Geweih)
Es wurde, wie auch bei den folgenden Gängen, genau angesagt.
Alles durchdacht und perfekt ausgeführt.
Gefallen haben mir u. a.: Bei den Nordseegarnelen der Rauchgeschmack. Die geeiste Suppe hatte am Ende den pikanten Kick. Für das Öl hätte ich mir zwei oder drei Salzflocken gewünscht, der Geschmack war aber sehr intensiv. Das knusprige Teigröllchen war an einer Spitze in schwarzen und weißen Sesam gestippt, so dass der optische Eindruck der "Zigarette" verstärkt wurden. Solche Spielereien finde ich nett, wenn sie denn mit erstklassiger Qualität des Produkts einher gehen. So wie hier.
Am spannendsten war der Rosenkohl, der mit seiner leichten Bitternote Wildschwein und Rotkohl zu einem Wintergeschmack en miniature veredelte. Allein die Gewichtung ging etwas zu Lasten des Schwarzkittels aus.
Keinerlei Kritik, die den Bereich der persönlichen Vorlieben verlassen hätte. Im Gegenteil der klare Hinweis, dass hier die Küche genau weiß, was sie tut.
Das bestätigte sich in der nächsten Runde
Viererlei selbst gebackenes Weißbrot (Natur, Tomate, Röstzwiebel, Kümmel), Grissini und als erstes wirkliches Highlight Gougere au fromage
ein frisch gebackener Windbeutel mit geschmolzenem, kräftigem Bergkäse, von außen knusprig, von innen fluffig und noch leicht warm
In Windeseile beim Ober das Menü abbestellt und dafür noch drei von diesen luftig-duftigen Verführern geordert. Er musste auch lachen...
Als Begleiter eine aufgeschlagene Crème fraîche, Échiré-Butter und ein festes Olivenöl mit schwarzem Olivensand
Ich kam kaum dazu, in die Tageszeitung zu schauen, die mir von einer charmanten Dame von der Rezeption herauf gebracht worden war, nachdem ich beim Gastgeber "geklagt" hatte, dass ich ja keinen Gesprächspartner habe. (Eigentlich ging es darum, dass ich keine Pause brauchte.) Auch mein Mantel, den ich in der Lobby vergessen hatte, wurde mir nachgetragen. Das Alter... Immerhin lehnte ich am Ende meines Besuches sportlich die selbstverständlich angebotene Hilfestellung bei der Garderobe ab.
Nun konnte es also los gehen - und wie es ging!
Als Amuses wurde faktisch ein Surf'n'Turf in zwei Akten gereicht.
Als Gruß aus dem Meer Variationen von der argentinischen Wildgarnele
Im türkisen Teller schwamm gleichsam der wunderbar zarte Schwanz auf einer Woge von Petersilienwurzelschaum daher. Chips der Knolle blähten sich gleich Segeln auf Gischttropfen und eine Julienne von grünem Spargel diente als Ruder. Welcher Kurs lag an? Immer in Richtung Fixstern, der über dem muschelgeschmückten Strand strahlte Frittierte Garnelenpraline (in der Fotogalerie auch Vollständig...)
Ein intensivstes Tartar von der Garnele in Tempurateigfäden crunchy ausgebacken
Ein weiterer früher Höhepunkt!
Das zweite Amuse, quasi (Achtung Wortspiel!) der Land-Gang, war sehr fein komponiert, konnte mich aber nicht gleichermaßen begeistern. Angekündigt als Das Goldne vom Ei
verbargen sich unter dem von Kaviar gekrönten Brotchip im passend goldfarben lackierte Ei drei Schichten. Zuoberst knusprige Krümel vom Eigelb, vielleicht gefriergetrocknet. Dann als Verbindung ein Trüffelschaum und schließlich cremige schwarze Linsen zum recht rustikalen Abschluss
Angenehmes Mundgefühl, aber etwas zu wenig akzentuiert.
Aber es ging ja mit der angebratenen Jakobsmuschel weiter, die in zwei Tranchen angerichtet war, angenehme Röstnoten hatte und ansonsten mit typisch süß-nussigem Aroma punktete
Der Gargrad perfekt plus-minus ein paar Sekunden je nach persönlichen Vorlieben. So weit, so gut, so erwartbar. Überraschend und überzeugend die Variationen von Butternut-Kürbis und Schafsjogurt, die von Passepierre-Algen und rotem Ingwer ergänzt wurden
Letzterer hatte ein Aroma von frischem Gras, ungewöhnlich. Das brachte unterschiedliche Geschmacksrichtungen ebenso wunderbar zusammen, wie die verschiedenen Konsistenzen u.a. von Gel über Schwamm bis zu knusprigen Kürbiskernen. Kann man da meckern, dass die Muschel nur in einzigen Ausführung angeboten wurde? Nö. Und zwar schon deshalb nicht, weil gesondert in einem Cannellono ein rohes Tatar
gereicht wurde, das ebenfalls von zwei Kürbiszubereitungen begleitet war. Da heißt es, den Hut gezogen und einmal ganz tief verbeugt! Für den Gaumen und ebenso für's Auge ein Fest!
Beruhigend anzuschauen dann der nächste Teller, dessen Farbtöne sich von Crème zu dunklem Braun harmonisch entwickelten
Aber hier wurde auch die Nase "begeistert", denn der ungemein aromatische Duft des gehobelten Perigord-Trüffels kündigte den Teller formidabel an und hielt mit seiner Frische auch im Mund, was er versprochen hatte. Meilen entfernt von der aufdringlichen Modrigkeit der Trüffel, die bei so manchem Edel-Italiener serviert werden. Die Gemüsefraktion wurde hier vom häufig unterschätzen Blumenkohl gestellt. Mir gefielen besonders die knusprig gebackenen Scheiben. Die noch ganz leicht wahrnehmbare Bitterkeit wurde von der am Tisch angegossenen Trüffelvinaigrette toll eingebunden und für die Schlotzigkeit des Ganzen sorgte das auf Karfiolpüree servierte Eigelb. Tupfer von Brunnenkresse sorgten für etwas Frische. In jeder Hinsicht die Krönung waren jedoch die Tranchen der confierten Wachtelbrust
Ich habe leider viel zu lange viel zu schlechtes Geflügelfleisch gegessen. Umso mehr schätze ich nun die Zartheit und absolute Saftigkeit, wie ich sie bei diesen Stücken genießen durfte. Einfach nur köstlich.
Vor dem Hauptgang folgte eine kleine Pause, die ich für einen Abstecher in die Waschräume nutzte. Diese liegen außerhalb der Restaurants und stehen sicher auch für den Bankett- und Tagungsbereich zur Verfügung. Daher gibt es leichte Abnutzungserscheinungen. Indes sind Sauberkeit und Frische absolut gegeben.
Gerade nach Rückkehr an den Tisch fiel der Unterschied seit dem letzten Relaunch eben auf. Im Restaurant erinnert eben nur noch das (sehr schöne) Stäbchenparkett an etwas verspieltere, holzlastige Zeiten. Ansonsten ein klares, edles Ambiente in weiß und braun. Gerbera bilden den einen farblichen Stopper, der das Auge erfreut. Nicht überladen, auch nicht auf den Tischen, aber eben keine Spur von nordischer Kühle
Die lange Fensterfront lässt viel Licht herein. An den Säulen etwas Literatur zum Nachdenken. Im hinteren Bereich einige Nahaufnahmen von Oliven, naja. Der Lehnstuhl bequem, zumindest bei meinem in zeitlicher Hinsicht Power-Lunch.
Ich fand eine frische Serviette vor und mir wurde ganz klassisch erneut der Stuhl heran geschoben. Eingesetzt wurde mit weißen Handschuhen. Ich denke, man erkennt es schon an den eingestreuten Hinweisen: Dieser Service des durchweg jungen Teams war zum einen fachlich perfekt. Aber dabei eben auch von natürlicher Freundlichkeit und echter Aufmerksamkeit. Ich hatte deutlich das Gefühl: Es geht darum, dass ich mich als Gast rundherum wohl fühle. Und sie wissen auch genau, wie man das anstellt. Bravo!
Und auch kulinarisch wurde das Niveau gehalten.
Der Seeteufel fleischig-fest (wie ich es liebe), mit etwas Piment d'Espelette gepimpt
Die Variationen von Fenchel, einem Gemüse, das ich erst nach und nach zu schätzen lerne, haben mich sehr positiv überrascht. Der krachende Krautsalat, ein knusprig gebackener Schnitt von kaum mehr als mikroskopischer "Dicke" und die mit schönen Röstaromen versehene saftige Scheibe passten auch wunderbar zum ebenfalls am Tisch angegossenen Bouillabaisse-Sud. Die Zubereitungen der Tomate brachten erfreulicherweise eher fruchtig-süße Aromen, als starke säuerliche Nuancen ein. Hier war die getrocknete dünne Schnitte der Kirschtomate mein Favorit. Zwar wurde der Kiemenatmer aus dem Atlantik gezogen, doch die leicht mediterrane Zubereitung hat ihn sehr schön ergänzt, nicht überdeckt.
Abschluss statt Dessert mal wieder Käse von Waldmann aus Erlangen (ich spekulierte allerdings schon auf ein paar petits fours und schäme mich ein wenig). Die Auswahl im Käsewagen war beeindruckend und endlich einmal sehr ansprechend präsentiert
Ich wählte gegen meine sonstige Gewohnheit kräftige bis sehr kräftige Sorten
Zu allem konnte Herr van Berkel inhaltliche Auskunft geben, sowohl zu Geschmack wie auch der Zubereitung. Mir schmeckte diesmal der korsische Brin d'Amour aus Schafsmilch mit seinen kräftigen Kräutern besonders gut. Dazu wurde hauseigenes Früchte-Nuss-Brot in angenehm dünnen Scheiben
sowie erneut Baguette gereicht. Fruchtzubereitungen aller Art wurden von mir nicht vermisst.
Die Zeit drängte zwar nicht zu sehr, aber auf einen Kaffee verzichtete ich. Meine unverschämten Hoffnungen nicht enttäuschend, wurden mir trotzdem noch einige süße Leckereien angeboten
Zumindest den fruchtigen Verführern - Brombeermacaron, gezuckertes Holundergelee, Himbeer-Marshmallow - konnte ich auf Anhieb nicht widerstehen. Zum Verschwinden von Karamell- und Kakaopraliné kann ich keine sachdienlichen Hinweise mehr machen. Aber Brownie und Mandeltarte blieben unberührt. Bestimmt. Glaube ich...
Fazit:
Hier wird traditionell gekocht.
Wieviel Kritik kann in diesem einfachen Satz stecken oder - in diesem Fall - wieviel Bewunderung.
Zweierlei gilt es klar zu stellen.
Es ist nicht das Überkommene der Regionalküche, die derzeit eine ungeahnte Renaissance, mancherorts einen Hype erlebt. Sondern die Tradition der grande cuisine. Exzellente Produkte: Garnele, Jakobsmuschel, Wachtel, Seeteufel. Ein festes Rahmenprogramm: Amuses, Brot (dem Aschenputtel der Gastronomie, in dem eine Prinzessin steckt), Käse, petits fours. Dazu eine beeindruckende Weinkarte. Und ein Service, der den Gast in jeder Hinsicht umsorgt, unauffällig, aber jederzeit zur Stelle und die Bedürfnisse voraus ahnend, bevor der Gast sie äußert.
Dieses über wohl 150 Jahre entwickelte Wissen, welche Produkte von Natur aus gut sind und durch welches Handwerk sie noch besser werden, ist ein überaus solides Fundament.
Eine Basis, dies als zweite Bemerkung, auf der die große Küche ihre weitere Tradition aufbaut, nämlich seit jeher kreativ zu sein. Das Vorgefundene (der regionalen bäuerlichen oder gutbürgerlichen Küche), das sich dort eben nicht ändert, aufzunehmen, zu verfeinern und weiter zu entwickeln. Auf eben jenem festen Stand kann Neues wie roter Ingwer hinzu treten und Spannung erzeugen. Oder es kann zurückhaltend mit verschiedenen Aggregatzuständen gearbeitet werden, ohne dass es disharmonisch oder gar effekthaschend wirkt.
Das gleiche gilt für den Service. Wer es schafft, die Mittagsöffnung für einen einzigen Gast völlig selbstverständlich wirken zu lassen, hat auch das Standing, über no-shows, ihre Wirkung in dieser Preisklasse und mögliche Reaktionen darauf in völlig angemessener Weise zu diskutieren.
Weniger als zwei Stunden, die mir verdeutlichten, warum ich bestimmte Restaurants überhaupt aufsuche und warum Geld für gutes Essen (fremd oder selbst zubereitet) auszugeben, eine der sinnvollsten Investitionen des Tages ist.
Warnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan... mehr lesen
OLIVO im Steigenberger Graf Zeppelin
OLIVO im Steigenberger Graf Zeppelin€-€€€Restaurant, Sternerestaurant07112048277Arnulf-Klett-Platz 7, 70173 Stuttgart
5.0 stars -
"Perfekter Lunch!" DerBorgfelderWarnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan
Geschrieben am 25.01.2017 2017-01-25| Aktualisiert am
25.01.2017
Besucht am 04.11.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 77 EUR
Im traurigen Monat November war's, ... da reist ich nach Kölle hinüber. Und zwar wie jedes Jahr für zwei Nächte. Hatte ich am ersten Abend im Taku (wunderbar umsorgt von der ganzen Crew im Allgemeinen und einer außergewöhnlich reizenden Dame im Besonderen!) asiatisch beeinflusste Sterneküche genossen, stand mir nun der Sinn nach "einfacherer" Küche. Ich ließ also das Ox & Klee links (eigentlich ja rechts) liegen und schlenderte vom Schokoladenmuseum kommend im schon recht kalten Wind den Rhein aufwärts. Die Kranhäuser an der hippen Vorzeigepromenade durchschritt ich noch im Hellen, doch nach und nach gingen die Lichter an und ließen mich einen Blick in die vielerorts offenen Küchen werfen, in denen die letzten Vorbereitungen für das Abendgeschäft liefen. Nach langem Abwägen vor den erfreulicherweise überall auch außen angebrachten Speisekarten (und ständig größer werdendem Appetit) entschied ich mich, kulinarisch mal wieder nach Hellas zu reisen. Besonders die kreativ klingenden Meze hatten hier den Ausschlag gegeben.
Um einen hier mitunter verwendeten Begriff zu bemühen: Nein, das Limani ist sicher kein Blau-Weiß-Grieche.
Im Gegenteil. Im langgezogenen Gastraum geben die bodentiefen Fenster den Weg zur Terrasse und die Sicht auf den Schicksalsstrom frei. Der Raum scheint auf den ersten Blick in Brauntönen zu ertrinken
Aber mit dem zweiten sieht man das stimmige Konzept besser. Auf dem warmen Parkett stehen am Fenster dunkles Holzstühle. Auf der Raumseite Eames-Sessel, die mit ungewöhnlichem, hochwertigem Stoff bezogen sind. Zudem nicht nur stilvoll, sondern auch bequem. Über der langen Lederbank mit einzelnen Kissen eine große Wand aus Naturstein-Riemchen, die an mehreren Stellen im Raum zitiert wird. Weiter oben ein Flaschenregal mit indirekter Beleuchtung und kleinen LED. Kleinere Lichtkuben schaffen ein warmes, loungiges Licht. Dazu genau die passende Musik. Die gegenüber liegende Wand nur hell getüncht. Die Stirnseite komplett mit einem bronzenen Prägedruck bedeckt - für mich der Hingucker. Einzelne Fotografien, natürlich in Sepiabraun. Hier wird nicht gekleckert, sondern ein optisches Statement abgegeben. Auf der Höhe des Jahrzehnts, ohne die gelegentliche Kühle moderner Konzepte.
Auf den Holztischen keine Decken, aber hübsch drapierte weiße Stoffservietten. Ein Wein- und ein hohes Wasserglas. Nur einmal Besteck, Teelicht im dicken Glas"Aschenbecher" eine niedrige Topfrose, Brotteller, Pfeffermühle und ein griechisches P.D.O.-Olivenöl
Ganz schön was los auf den nicht sonderlich großen Möbeln, die an der Wand sehr eng stehen. Im Raum ist es nur etwas besser, aber die hier sicherlich augentränend hohe Pacht will verdient sein.
Ich darf mir als einer der ersten Gäste des Abends einen der wenigen nicht reservierten Tische aussuchen und wähle bewusst einen Platz in der Nähe der Küche. Zum einen, weil man dort immer Zugriff auf das vorbei eilende Personal hat. Und zum anderen, weil es meist das eine oder andere zu hören oder zu sehen gibt. Die wohl situierten Pärchen oder Freundinnengruppen schienen mir da weniger unterhaltsam.
Die beiden vollbärtigen Herrn im Service waren viel freundlicher, professioneller und bemühter, meine Wünsche zu erfüllen, als ihr etwas hipstereskes Äußeres nach meinem Vorurteil hätte erwarten lassen. Mehrere griechische Weine wurden mir sowohl passend empfohlen, als auch zum Probieren angeboten, überzeugt hat mich aber schließlich keiner. Aufmerksam serviert und zur rechten Zeit nach der Zufriedenheit gefragt. Meine Fragen wurden offenbar als anspornend, nicht als nervig empfunden. Es wurde bedauert, dass der Chef nicht anwesend sei (um mich hinaus zu werfen?), um besser Auskunft zu geben. Notfalls auch das Internet bemüht. Und zum unbekannten Käse wurde der Koch an den Tisch gebeten, der mir ebenfalls bereitwillig antwortete.
Ein junger, engagierter, fachlich nicht zu beanstandender Service, dessen Lockerheit hier gut passt und niemals kumpelhaft wurde. Sehr angenehm.
Für den ersten Hunger wurde knuspriges Weißbrot gereicht, das mit dem Olivenöl und einigen Salzflocken krachend mundete. Dazu nicht der aus Hannover stets empfohlene Rote, sondern ein Port rosé (4,9€) aus der Quinta do Tedo, der einen Tick kühler hätte sein dürfen. Die Flasche Selters schlug mit 6,5€ zu Buche.
Aus der abwechslungsreichen Meze-Karte wählte ich Wintergemüse mit gerösteten Pinienkernen (6,8€) sowie Stifado mit Kaninchen für einen Euro mehr. Den gefüllten, frittierten Schafskäse von der Tageskarte verschmähte ich als zu mächtig.
Nicht vorübergehen lassen konnte ich dagegen das Angebot Filet vom Txogitxu mit Kartoffelgratin (32€).
Bis auf das Wasser erwiesen sich Preise als angemessen bis günstig.
Beide Vorspeisen überzeugten.
Stielkohl und Rübchen waren bissfest und angenehm saftig, kräftig mit Zitrone und (grenzwertig) viel Olivenöl abgeschmeckt Wintergemüse
und mit einer vernehmlichen, aber nicht unangenehmen Knoblauchnote versehen. Das kontrastierte gut zu den leichten Bittertönen des Gemüses. An den angerösteten Pinienkerne war nicht gespart worden. Guter vegetarischer Auftakt.
Das Kaninchenfleisch der zweiten Vorspeise konnte voll mithalten, zart, weich, saftig, kein bißchen trocken
Die typischen Perlzwiebeln hatten noch Biss. Endlich mal nicht zu ängstlich verwendete Gewürze - Pfeffer, Lorbeer, Zimt - sorgten für eine gleichzeitig pikante wie süße Geschmackswelt, die Fleisch und Zwiebel noch genug Platz ließ. Auch wenn ich nicht häufig beim Griechen einkehre, meine ich doch: Ein hervorragendes kleines Stifado-Gericht!
Auch das Hauptgericht war fast perfekt. Das schon mit Pfeffer und Salzflocken servierte Fleisch war sehr dunkel, mürbe und schmeckte typisch nach Fett
Der gewünschte Gargrad war genau eingehalten. Ein Genuss für Fleischliebhaber, wobei der Streit um das "beste" Fleisch müßig ist. Entscheidend ist doch, ob das gerade vor einem stehende Gericht glücklich macht!
Das Gratin war angenehm weich und schön gebräunt. Mir war es etwas zu "kartoffelig", will heißen, etwas Sahne oder gar Béchamel-Sauce hätten es nicht schlechter gemacht. Gegen die Bohnen war nichts zu sagen und über die Kräuterschnipsel schaute ich milde gestimmt hinweg.
Eigentlich wäre jetzt Schluss gewesen. Aber etwas Käse mit (dem unvermeidlichen) Feigensenf zum Abschluss geht ja immer (10,5€). Zumal mich das frittierte Angebot schließlich doch reizte. Ich bekam eine zusätzliche Probierportion für gastfreundliche 2€.
Die Präsentation war etwas phantasievoller als der übliche Geometriegrundkurs
auch die Nüsse machten zerstoßen machten gleich mehr her. (Vermutlich gehöre ich zu den von Vincent Klink Geschmähten, die mit den Augen essen...) Der mir bislang unbekannt gewesene Graviera war eine mit Rauke gefüllte und dann eingerollte flache Platte ohne besonders viel Eigengeschmack zumindest für Schafsmilch
Vermutlich in der Pfanne ausgebacken und dadurch außen leicht knusprig, innen weich. Durch das Grünzeug und mit Honig nicht schlecht. Kann man mal machen. Allerdings nichts zum Abnehmen...
Dazu einen Vin Santo (6,5€), der schon stark oxydiert war, da fehlte Frische. Trotzdem, wenn schon mal die Gelegenheit besteht, ein "Original" zu trinken... (Aus der Abteilung Besserwisser: Die Bezeichnung dürfte ursprünglich eher auf die Herkunft von der Insel Santorin verweisen, als auf etwas Heiliges.)
Ich wurde herzlich verabschiedet und schritt frohen Sinnes wieder Richtung Heumarkt. Die Lichter an Vater Rheins Gestaden leuchteten mir den Weg und ich dachte zufrieden:
Das war ein angenehmer Abend, bei dem alles stimmte. Gerne wieder!
Im traurigen Monat November war's, ... da reist ich nach Kölle hinüber. Und zwar wie jedes Jahr für zwei Nächte. Hatte ich am ersten Abend im Taku (wunderbar umsorgt von der ganzen Crew im Allgemeinen und einer außergewöhnlich reizenden Dame im Besonderen!) asiatisch beeinflusste Sterneküche genossen, stand mir nun der Sinn nach "einfacherer" Küche. Ich ließ also das Ox & Klee links (eigentlich ja rechts) liegen und schlenderte vom Schokoladenmuseum kommend im schon recht kalten Wind den Rhein aufwärts. Die... mehr lesen
4.0 stars -
"Gehobene (nicht nur) griechische Küche in stimmigem Ambiente. Klare Empfehlung!" DerBorgfelderIm traurigen Monat November war's, ... da reist ich nach Kölle hinüber. Und zwar wie jedes Jahr für zwei Nächte. Hatte ich am ersten Abend im Taku (wunderbar umsorgt von der ganzen Crew im Allgemeinen und einer außergewöhnlich reizenden Dame im Besonderen!) asiatisch beeinflusste Sterneküche genossen, stand mir nun der Sinn nach "einfacherer" Küche. Ich ließ also das Ox & Klee links (eigentlich ja rechts) liegen und schlenderte vom Schokoladenmuseum kommend im schon recht kalten Wind den Rhein aufwärts. Die
Geschrieben am 21.01.2017 2017-01-21| Aktualisiert am
21.01.2017
Besucht am 10.01.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 43 EUR
Schwachhausen war gefühlte Ewigkeiten der Bremer Stadtteil mit den höchsten Immobilienpreisen. Altes Geld, halt. Umso erstaunlicher, dass ein hochklassiger Italiener hier fehlte. Das in denselben Räumen vor einigen Jahren verblichene Amarcord von Urgestein Gianni Buccini war eher der cucina povera (bevorzugt des Lazio) verpflichtet und mehrere Lokalitäten an der Heerstraße wie in der Wachmannstraße scheinen mir eher (gehobene) Pizza/Pastaläden zu sein, bei denen etwas zu viel Schein regiert. Italiener stehen zudem nur selten an den Töpfen und Pfannen.
Nun ist - solange zwischen Alster und Elbe keine Zitronen blühen - auch Stefan Schröder keiner. Aber der äußerst meinungsstarke Koch und Gastronom ist nicht an einen Stil gebunden. Mit dem Allegria hat er vor Ort schon ein sehr gehobenes Steakhaus etablieren können und seitdem er für den Kleinen Ratskeller im Zentrum verantwortlich zeichnet, wird dort wieder bremisch-norddeutsche Regionalküche von bemerkenswertem Niveau angeboten (Empfehlung!). Und das soll wohl nicht das Ende seiner Ambitionen sein, wenn man den örtlichen Gerüchten glaubt, die ihn als möglichen Betreiber einer weiteren, sehr exponierten Innenstadtgastronomie nennen.
Durchaus gespannt machte ich mich daher für einen kleinen Check mit der Straßenbahn die ca. 15 Minuten vom Zentrum auf den Weg. Die Haltestelle liegt genau vor der Tür. Parkplätze an der Haupt- wie in den Nebenstraßen sind auch möglich, aber Glückssache. Wer nicht in den großen Convenience-Mexikaner (Schüttel!) auf der anderen Straßenseite verschwindet, geht an der noch im Winterschlaf befindlichen hübschen, oberhalb des Straßenniveaus liegenden Terrasse vorbei zum seitlich gelegenen Eingang hinauf. Heizpilze und Strandkörbe sollen laut Mr. Selbstbewusstsein hier demnächst fast ganzjähriges open-air-Genießen ermöglichen. Die derzeitigen Temperaturen verlangen, dass nach der Eingangstür zunächst noch ein schwerer runder Vorhang zu durchschreiten ist, denn danach steht man auch schon mitten im Gastraum.
Die Renovierung hat dem Lokal gut getan. Cremetöne, Wandleuchter im klassischen Kerzenhalter-Design und eine große abgehängte Lichtinsel mit LEDs und indirekter Beleuchtung schaffen eine elegante Atmosphäre. Dazu passen einige, auf zweimal weißer Wäsche mit Wein- und Wasserglas, Butterteller und aufwändig gefalteter gestärkter Stoffserviette eingedeckte Tische (Reservierungen?). Bei anderen sieht man dagegen die derzeit sehr beliebten dicken Holz(?)Platten im Design alter Weinkisten ohne Tischdecken, im Übrigen aber identisch bestückt. Der vorgetäuschte Branddruck wirbt - in einem "Italiener" etwas überraschend - für katalanische Weingüter und französische Châteaus. Das ist eben vom Gasto-Inneneinrichter. Immerhin zeigt das sogleich entzündete nette Grablicht durchscheinend die Skyline von Venedig. Die bequemen Stühle und Bänke sind mit wertigem, braunem shabby Wildleder bezogen, was mir sehr gut gefallen hat. Nur noch die roten Bodenfliesen mit einigen mittelbraunen Holzbalken erinnern an rustikalere Zeiten im von außen recht schmucken Altbau. Insgesamt eine stimmig gehobene, aber nicht steife Atmosphäre.
Beim Eintreten wurde ich von einem jungen Mann mit wohl österreichischem Akzent bemerkt und begrüßt, der mich aufmerksam und freundlich auch im folgenden bediente.
Ich hatte allerdings gleich den Chef gesehen, wurde begrüßt und wir wechselten ein paar Freundlichkeiten. Dabei erfuhr ich, dass seit Dezember erst soft-opening gefahren wird, um dem Team die Einarbeitung ohne den Rummel nach einer kräftig beworbenen Eröffnung zu ermöglichen. Die soll dann im nächsten Monat erfolgen. Mag vielleicht im Dezember auch noch Personal gefehlt haben, so oder so eine schlaue Entscheidung.
Mir wurde ein Zweier-Tisch am Fenster angeboten, leider hinter dem offenbar nicht zu entfernenden, tragenden Pfeiler, der den Gastraum etwas ungünstig teilt. Die Tische sind recht eng gestellt, die Gänge aber ausreichend. Vertrauliche Gespräche sind allerdings unmöglich, was aber ja scheinbar niemanden mehr stört... Am Abend war von der Lebenserfahrung und der Zusammensetzung her ein gemischtes Publikum anwesend, das aber ganz sicherlich aus dem Stadtteil stammte. Der letzte Urlaub in Kambodscha und die Affäre der Nachbarin mit ihrem personal trainer sind nicht in allen Gegenden übliches Thema am Restauranttisch. Ich flüchtete, als der Twist eines mir noch unbekannten Kinothrillers zu besprechen werden drohte, in den Keller. Dort, am Fuß der neuen, wenngleich weiterhin steilen Treppe erhielten auch die Toiletten eine Renovierung. Modern, freundlich, Stoffhandtücher und Papierspender, flüssige Seife vom Drogeriemarkt. Keine Mängel, wie erwartungsgemäß überhaupt bei der Sauberkeit.
Aus der geöffnet gereichten, zu meiner Überraschung mit laminierten Seiten versehenen Speisekarte hätte ich gern vieles bestellt. Allerdings machte sich mein bisheriger kulinarischer Tagesablauf bemerkbar. Nach zwei Gängen am Mittag im Alto hatte ein aus beruflichen Gründen überraschend einzulegendes Pre-Diner in der Weinbar Spitz selbst meine Kapazität eingeschränkt.
Ich orderte also nur
Bruschette miste und
Antipasti terra
für je 11,5€ und
eine Minestrone di Verdura für 7,9€.
Von der auch noch ins Visier genommenen Pasta riet der Chef ab, da die Suppe "dick" und daher sättigend sei. Er plädierte für die Nudeln, ich blieb trotzdem bei der Minestrone.
Dazu eine Flasche Vilsa still für erträgliche 5,5€, in der Weinbar hatten wir nicht nur gegessen... Aber ein Aperitif sollte es dann doch schon sein. Auf der Karte wird tatsächlich glasweise Moet weiß (13,9€) und rosé (+2) angeboten. Mein Wunsch nach letzterem ließ den Kellner doch beim Chef nachfragen. Welcher Gastwirt öffnet schon gerne eine Flasche Champagner um 21.00 Uhr unter der Woche für einen einzelnen Trinker? Herr Schröder löste das auf typische Art: Vom Schampus ist keine Rede mehr, als er mit einem Glas Prickelnden "aus meinen Privatbeständen!" an den Tisch kam. Ein Franciacorte Rosé, fruchtiges Bukett, sehr vollmundig, genau mein Schaumwein-Geschmack. Er soll vermutlich mit 8,5€ auf die Karte, bei meiner Rechnung findet er sich nicht, danke. Leider vergaß ich, für die Aficinados hier nach der Kellerei zu fragen.
Die Küche schickte zunächst leicht knusprige Pizzateigbrötchen, etwas lasch. Salz und Pfeffermühlen auf Wunsch. Dazu große, weiche, milde grüne Oliven. Und ein sehr intensives selbst gemachtes Pesto-Öl auf der Basis der eigenen Ernte aus Apulien. Basilikum, Petersilie, nur leicht Knoblauch, damit wurde das Brot schon ein Genuss Pizzabrötchen mit Kräuteröl
Was erst recht für die folgende Bruschette galt, je eines mit Tomaten, mit Auberginen und mit Steinpilzen Bruschetta
Meilenweit von der Standardware entfernt, jedes für sich eine Aromabombe. Mich hat schon das wohl pfannengeröstete Weißbrot sehr beeindruckt. Knusprig, ohne hart zu sein, schöne Röstnote und innen weich. Wie ein perfekter Toast. Darauf wunderbar aromatische, von Parmigianosplittern gekrönte Datterinos, die ich zu dieser Jahreszeit für unmöglich hielt. Als ich hinterher davon schwärmte, durfte ich gleich noch einige der verwildert wachsenden sizilianischen Exemplare mit dem Olivenöl und etwas feuchtem Meersalz probieren Datterinos
Der Kerl weiß, wie er mich kriegt! Dazu immer eine Story, die ganz sicher wahr ist. Und wenn nicht, verteufelt gut ausgedacht! Die in Öl eingelegten Steinpilze brachten das volle Herbstaroma zurück, die schlotzigen Auberginen waren mit Peperoni aufgemotzt. Dazu Oliven und reichlich Kräuter und Gewürze, ein barocker Teller südlicher Lebensfreude!
Elegant kamen dagegen die ländlichen Antipasti Antipasti terra
daher (im Angebot neben terra auch mare und vegetale). Gar nicht hoch genug zu loben ist das Carpaccio, das direkt aus Harry's Bar zu stammen schien. Handgeschnittene und daher etwas dickere Scheiben vom Rinderfilet, die nach Fleisch schmeckten, nach Rindfleisch, nach rohem Rindfleisch! Und wo wird in den italienischen Lokalitäten landauf, landab dazu die Sauce von Signor Cipriani gereicht? Auch der Kalbsbraten schmeckte, wie es sich gehörte und wurde nicht von Thunfischsauce ersäuft. Dazu frittierte Kapern, für mich immer noch up-to-date, da ich den Crunch so mag. Übrigens war die Missbilligung der diversen Kräuterschnipsel am Tellerrand etwas verfehlt, da auch hier Knusprigkeit ins Spiel kam. Einige Tropfen Olivenöl, wieder Parmesan und diesmal geschmorte Datteltomate. Ein nicht überragender, aber anständiger luftgetrockneter Schinken und getrüffelte Salami rundeten das sehr harmonische Bild ab. Bravo!
Das (bewusst gewählte) Kontrastprogramm dann die rustikale Gemüsesuppe mit dicken Bohnen Minestrone
Auf angerösteten Gemüsen gekocht, kräftig in Farbe und Konsistenz. Zwiebeln, Tomaten, Knoblauch, Pinienkerne waren noch zu entdecken, ein Zweig Rosmarin zum Durchziehen. Pikant gewürzt, sicher waren auch hier Peperoncini im Spiel. Für die Freunde der gehaltvollen Minestrone wahrlich ein Genuss.
Das PLV angesichts der Kreativität und der Qualität deutlich überdurchschnittlich.
Eigentlich war ich pappsatt und glücklich, als ich aus der Küche das unverkennbare Geräusch des Schneebesens hörte: Zabaglione! Der erste Versuch kam Minuten später in einem großen bauchigen Glas, war sehr heiß und sehr spritig und vielleicht aufgrund von zu viel Alkohol leider missglückt. Kaum Schaum, mehr Eierpunsch. Der musste leider zurück. Ich rechnete gar nicht mit Ersatz, der aber in Windeseile vor mir stand. Jetzt auch ein festerer Schaum, da gab es nichts zu meckern, aber der Alkohol stand hier weiterhin im Vordergrund, vermutlich nicht nur Marsala, sondern auch Stärkeres. Nicht so meins.
Ändert an der Klasse-Küchenleistung aber kaum etwas. Der Umgang mit dem Malheur war sowieso sehr professionell. Der Preis von 7€ o.k.
Eine sehr guter erster Aufschlag - das wird auch nach der offiziellen Eröffnung was!
Schwachhausen war gefühlte Ewigkeiten der Bremer Stadtteil mit den höchsten Immobilienpreisen. Altes Geld, halt. Umso erstaunlicher, dass ein hochklassiger Italiener hier fehlte. Das in denselben Räumen vor einigen Jahren verblichene Amarcord von Urgestein Gianni Buccini war eher der cucina povera (bevorzugt des Lazio) verpflichtet und mehrere Lokalitäten an der Heerstraße wie in der Wachmannstraße scheinen mir eher (gehobene) Pizza/Pastaläden zu sein, bei denen etwas zu viel Schein regiert. Italiener stehen zudem nur selten an den Töpfen und Pfannen.
Nun ist... mehr lesen
4.5 stars -
"Starke Worte - Starke Leistung!" DerBorgfelderSchwachhausen war gefühlte Ewigkeiten der Bremer Stadtteil mit den höchsten Immobilienpreisen. Altes Geld, halt. Umso erstaunlicher, dass ein hochklassiger Italiener hier fehlte. Das in denselben Räumen vor einigen Jahren verblichene Amarcord von Urgestein Gianni Buccini war eher der cucina povera (bevorzugt des Lazio) verpflichtet und mehrere Lokalitäten an der Heerstraße wie in der Wachmannstraße scheinen mir eher (gehobene) Pizza/Pastaläden zu sein, bei denen etwas zu viel Schein regiert. Italiener stehen zudem nur selten an den Töpfen und Pfannen.
Nun ist
Geschrieben am 02.01.2017 2017-01-02| Aktualisiert am
05.01.2017
Besucht am 30.10.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 198 EUR
Zwischen dem "Kontrollbesuch" in der Heidelberger Studentenbude meines Sohnes und dem beruflichen Termin am Montagmorgen in Karlsruhe blieb dort noch Zeit für ein ausgedehntes Abendessen. Nun verwöhnt auch die badische Fächerstadt an einem Sonntag den Feinschmecker nicht mit vielen geöffneten Restaurants der gehobenen Klasse, auch das kürzlich wieder besternte Le Salon im Kesselhaus war geschlossen.
Also trat ich die überraschend lange Taxifahrt in das erst kurz vor dem Krieg eingemeindete, einstige Residenzstädtchen Durlach an. Beim nächsten Mal wäre wohl die Anreise mit dem Zug vom Karlsruher Hauptbahnhof die schnellere und preisgünstigere Alternative. Oder man probiert gleich die im Internet geschmackvoll aussehenden Gästezimmer des Ochsen aus, um sich nach dem Genuss der französischen Küche und der Gewächse aus dem profunden Weinkeller vor Ort wieder zu regenerieren.
Nach gleichtägiger, unproblematischer Reservierung per Telefon, umfing mich sofort beim Ankommen die warme, wohltuende Atmosphäre eines dichten lindgrünen Teppichbodens und honigfarbener Hölzer an drei Wänden hoch bis zur Decke. Der Spiegel darunter gibt dem hinteren Raum im Souterrain etwas Höhe. Neben Grünpflanzen und Porzellan in Eckschränkchen zeigen moderne Acrylgemälde Verfremdungen bekannter italienischer Szenenerien. Etwas gegen den Strich und auch nicht mein Geschmack, aber ebenfalls farbenfroh
Die Tische mit weißer Decke, drei Gläsern, schnörkellosen Stoffservietten, einer exotischen Topfpflanze und überraschend viel Silber. In den Hochlehnern mit Korbgeflecht saß es sich zunächst sehr bequem. Mit der Zeit machte sich jedoch bemerkbar, dass die Polster schon deutlich durchgesessen waren.
Wer moderne Kühle liebt, wird sich vielleicht etwas erdrückt fühlen.
Seit 1981 betreibt Ehepaar Jollit den Ochsen und so manches an der Einrichtung scheint noch aus dieser Zeit zu stammen, ohne unzeitgemäß zu sein. Wie auch die ruhige Höflichkeit, mit der mich der Inhaber und ebenso der langjährige Sommelier Serge Schwentzel versorgten. Ein dritter Herr im Bunde kam mit dem hier herrschenden, zurückgenommenen Ton nicht ganz zurecht. Die Begrüßung des einzelnen Borgfelders als "die Herrschaften" verbuchte ich noch als Versprecher. Der versuchten Entführung meines Brotes schon nach dem Amuse widersprach ich dagegen entschieden. Im Übrigen kann ich es nicht leiden, wenn phrasenhaft nach der Zufriedenheit gefragt wird, ich die Antwort aber schon in den Rücken des davoneilenden Kellners rufen muss. Ganz anders dagegen der elsässische Bonvivant Schwentzel. Meinungsstark ("Es gibt eh nur zwei gute Banyuls."), aber auf Nachfrage gesprächig, sehr sympathisch und auf einen offenen Dialog mit dem Gast setzend. Der Patron war etwas reservierter, drängte auch etwas zu den Alba-Trüffeln, aber insgesamt nicht unangenehm. Ich habe mich gut umsorgt gefühlt. Anfangs erhielt ich allerdings den Tisch im oberen, dem Eingang anschließenden Raum und gleich neben der Servicestation. Nachdem ich genug von dem Geklapper hatte, bat ich um einen Tisch im unteren Bereich, der mir auch anstandslos eingedeckt wurde. Warum, warum nur nicht gleich so? Am Andrang kann es nicht gelegen haben. Außer mir besuchten noch zwei Paare und eine vierköpfige Familie am Sonntag den Ochsen. Befürchten die Wirte bei meiner Figur tatsächlich, dass ich nur das ikonische Radieschen des misanthropischen Kritikers Duchemin bestelle? Vermutlich entwickle ich eine leichte Psychose, aber mag das unproblematische Tisch-Upgrade mit meiner inzwischen getätigten, gewohnt unkargen Bestellung zusammenhängen?
Fern der Heimat wählte ich aus der übergroßen, dunkelroten Menuekarte gar nicht brutal-regional zunächst Salat mit kanadischem Hummer, danach Rotbarbe, gefolgt von Seehecht. Zum Abschluss dann aber doch Rohmilchkäse aus einer Auswahl von mindestens 12 Sorten. Diese vier Gänge wurden mit 88€ als Menue saisonal abgerechnet, was ich angesichts von Qualität der Zutaten, dem Handwerk und auch der Mengen als angemessen ansehe. Als eine kleine, ebenso einheimische wie saisonal-herbstliche Ergänzung orderte ich vor dem Käse überbackene Steinpilze für 19€. Auf hohem Niveau der "schwächste" Gang, wie sich heraus stellen sollte.
Meine Entscheidung für drei Fischgänge war unter anderem dem angebotenen Wein des Monats geschuldet. Die ligurisch-piemontesische Cuvée Sambruno aus Roero Arneis und Viognier sowie Sauvignon Blanc und Timorasso vom Weingut Il Vagabondo traf meinen Geschmack nach bukettreichen, ausgewogenen Weißweinen perfekt. Der Restaurant-Preis von 48€ war noch fair.
Zusammen mit einem weißen Port als Aperitif, zwei P.X. Sherry und einem wunderbaren Sauternes (kein Wunder: Château Rieussec 2002, also ein Premier Grand Cru) blieb die Gesamtrechnung ganz knapp unter 200€.
Zunächst wurde ein ganz klassisches, erfreulich knuspriges Baguette
gereicht, dazu streichfähige Butter aus einem Silberschälchen
Fleur de sel und grob gestoßener Pfeffer wurden ebenfalls stilvoll offeriert
Als erstes Amuse eine wunderbar duftende, krachend-fleischige Garnele auf etwas belanglosen schwarzen Linsen. Dazu eine angegrillte halbe Kirschtomate mit etwas puristischer Balsamicokunst
Gefolgt von einem nicht zu dicken Kürbiscappucino mit aufgeschlagenem Milchschaum
Das war hübsch anzuschauen, aber leider nicht sonderlich ausdrucksstark, hier ist beim Verlängern etwas verloren gegangen. Zudem war die Suppe so brutal heiß, dass ich den ersten Schluck nicht im Mund behalten, geschweige denn schlucken konnte. Kann man ja so servieren, dann aber bitte mit einem deutlichen Hinweis an den Gast! Die Reaktion, dass sonst die Gäste eher zu kalte Suppe bemängeln, war wenig hilfreich.
Der erste Gang war eine Augenweide
Drei große Stücke Hummerfleisch von Schere und Schwanz von schönem Rot. Dazu die leuchtenden Orangenfilets. Und die leicht bitteren Salatarten in grün und gelb waren ebenfalls mit einer fruchtigen Orangenbutter angemacht und mit frischem Kerbel verfeinert. Einer der schönsten Teller 2016!
Einziges Manko: Das Hummerfleisch hielt am Gaumen nicht ganz, was es auf dem Teller versprochen hatte. Geschmacklich ok, aber leider von etwas gummiartiger Beschaffenheit. Nicht wie bei tiefgefrorener Ware, aber eben auch nicht 1a-Qualität.
Als zweiter Gang eine Rhapsody in red
Ein exzellentes Rotbarbenfilet, mal nicht aus dem Mittelmeer, sondern vor der Bretagne gefangen. Knusprig auf der Haut gebraten und angesichts der gar nicht so großen Dicke überraschend saftig und ganz fein im Geschmack. Das Bett von Artischockenwürfel hat mich zwar weder optisch noch geschmacklich besonders begeistert, ganz im Gegenteil jedoch das würzig-fruchtige Tomatenconfit, dem die Zugabe von Safran Würze und ein tolles Orangerot verlieh.
Der Hauptgang versetzte mich erneut in Entzücken
Schon die Farbenpracht des Wintergemüses, aber auch die kreative Präsentation des Colin mit Scheiben vom schwarzen Rettich als neuem Schuppenkleid - wow!
Eigentlich gehört der Seehecht nicht zu meinen Favoriten, aber das Rückenstück dieses, in der Biskaya (oder für stolze Franzosen: Golfe de Gascogne) geangelten und dann wohl pochierten Exemplars war ausnehmend saftig und aromatisch, wirklich erstklassig! Dazu hat mich der leicht scharfe typische Radi-Geschmack im positiven Sinne überrascht.
Mehr als nur Beilage waren die á point gegarten Scheiben und Würfel von Pastinake und Petersilienwurzel, von Chioggia-Beete und Artischocke, von Kürbis und Schalotten, deren Aromen durch Kräuter, u.a. erneut mit Kerbel verfeinert wurden. Alle Geschmäcker intensiv und zusammen ein wahres Geschmacksfestival. Kohlenhydrate wurden schließlich durch einen Klecks Kürbispüree und einen mit Sepiatinte gefärbten Reis-Chip beigesteuert.
Das zum Gang eingedeckte Laguiole-Messer beruhte wohl auf einen Irrtum der Servicecrew.
Dagegen ließ der für die Steinpilze vorgesehene Gourmetlöffel auf einen würzigen Sud hoffen.
Die leckeren Schwammerl kamen als übersichtliche Portion mit Spalten von Abatebirne und Pinienkerne und waren mit Parmesan gratiniert. Das sah sehr lecker aus
und der Geschmack war auch o.k. Aber die Erwartungen an erdig-würzig-süßen Genuss konnten nicht ganz erfüllt werden.
Eigentlich stand mir der Sinn nach Maury oder Banyuls, aber natürlich konnte ich dem stattdessen angebotenen Sauternes zum Käse nicht widerstehen. Bei der Käseauswahl
verließ ich mich dann weitgehend auf die fachkundige Beratung von Herrn Schwentzel, nur Vacharin sollte dabei sein. Sehr gefallen hat mir, dass die Auswahl gut begründet wurde. Notizen habe ich mir dazu nicht gemacht, nur Roquefort ist mir namentlich im Gedächtnis geblieben - und, dass mir die Auswahl von mild zu etwas kräftiger phantastisch gemundet hat!
Noch war der genussvolle Abend aber nicht beendet. Wie so häufig, bestellte ich mir einen P.X. Sherry und bat dazu um etwas Schokolade. Mit peruanischer Ware (65% und 80% Kakaoanteil) von Valrhona wurde mein Wunsch erfüllt. Aber der Chef hatte noch eine ganz andere Preziose am Start: Lakritz-Schokolade von Balaguer, einem der weltbesten Chocolatiers aus Barcelona
Das Zusammenspiel des edlen Gran Orden von Garvey, der Süße und leichten Bitterkeit der Schokolade und schließlich der deutlichen Lakritznote war himmlisch! Der flüssige Süße aus Jerez ging auf meine Rechnung, die festen Glücklich- und Dickmacher sämtlichst aufs Haus. Und auch ohne Kaffee wurde die Wartezeit aufs Taxi schließlich mit einigen petits fours
versüßt.
Was für ein Feuerwerk! Was für ein Genuss! Was für ein Abend!
Zwischen dem "Kontrollbesuch" in der Heidelberger Studentenbude meines Sohnes und dem beruflichen Termin am Montagmorgen in Karlsruhe blieb dort noch Zeit für ein ausgedehntes Abendessen. Nun verwöhnt auch die badische Fächerstadt an einem Sonntag den Feinschmecker nicht mit vielen geöffneten Restaurants der gehobenen Klasse, auch das kürzlich wieder besternte Le Salon im Kesselhaus war geschlossen.
Also trat ich die überraschend lange Taxifahrt in das erst kurz vor dem Krieg eingemeindete, einstige Residenzstädtchen Durlach an. Beim nächsten Mal wäre wohl die Anreise... mehr lesen
Restaurant Zum Ochsen
Restaurant Zum Ochsen€-€€€Restaurant, Sternerestaurant0721943860An der Stadtmauer 29, 76227 Karlsruhe
4.5 stars -
"Farbenfrohes französisches Festival - Famos!" DerBorgfelderZwischen dem "Kontrollbesuch" in der Heidelberger Studentenbude meines Sohnes und dem beruflichen Termin am Montagmorgen in Karlsruhe blieb dort noch Zeit für ein ausgedehntes Abendessen. Nun verwöhnt auch die badische Fächerstadt an einem Sonntag den Feinschmecker nicht mit vielen geöffneten Restaurants der gehobenen Klasse, auch das kürzlich wieder besternte Le Salon im Kesselhaus war geschlossen.
Also trat ich die überraschend lange Taxifahrt in das erst kurz vor dem Krieg eingemeindete, einstige Residenzstädtchen Durlach an. Beim nächsten Mal wäre wohl die Anreise
Geschrieben am 25.12.2016 2016-12-25| Aktualisiert am
27.12.2016
Besucht am 03.09.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 150 EUR
Die Verbindung von Dienstreise und romantischem Kurzurlaub scheitert meist daran, dass die Dauer meiner beruflichen Termine weitgehend unbestimmbar ist. Das führt dann schon mal zu Frust. Umso erfreulicher, dass ein zeitlich eingrenzbares Gespräch in einer der ältesten und schönsten Städte Deutschlands auf den Freitagvormittag gelegt werden konnte. (Lange) Anreise am Vortag, etwas Arbeit, drei Abendessen, etwas Shopping und viel Sightseeing zwischen Walhalla und "der Fürstin" im Elektrowägelchen.
Ein kurzes Wort zum Hotel Elements: Am Alten Kornmarkt in unmittelbarer Nähe zum Dom gelegen, wird es wohl eine der kleinsten Herbergen der Stadt sein. Auf fünf Etagen vier Zimmer (eine Maisonette) mit steuerbarem, buntem Lichtkonzept und themenbezogen eingerichteten Zimmern. Bei uns das Element Erde, also in vielen Brauntönen. Der Vorraum mit zusätzlicher Schlafmöglichkeit im Kolonialstil, der eigentliche, ausreichend dimensionierte Wohn- und Schlafraum als Westernranch. Dusche und Bad auf diesem Stockwerk sehr klein, wohl dem Vorratsraum im Treppenhaus geschuldet, aus dem der kostenfreie Wassernachschub erfolgt. Sonstige Versorgung ist nicht möglich, auch kein "eigenes" Frühstück, aber das italienische (albanische?) Café des Hauseigentümers im Erdgeschoss war fast so gut, wie dessen Lobpreisung durch unseren Gastgeber per Telefon und E-Mail. Dort werden auch alle Formalitäten (Schlüssel, Rechnung) erledigt. Preislich für die Lage sehr günstig. Eine individuelle Unterbringung, genau das Richtige für den Pärchen-Städtetrip.
Der erste Abend war zwar kein echter Reinfall, doch die Kneitinger Gaststätte Goldener Ochse serviert leider nicht die erhofften oberpfälzer, nieder- oder sonstig bayerischen Spezialitäten, sondern ist ein von Küche wie Einrichtung in den 80er Jahren verbliebener Jugoslawe. Das Prinzip "Nur viel Fleisch ist gutes Fleisch!" gefiel der überschaubaren einheimischen Gästeschar besser als uns. Allein der Djuvec-Reis war gut. Wir trösteten uns am nächsten Mittag im Auerbräu an der Regenbrücke, eine sichere Bank in touristenfreier (WIR sind ja "Freunde des Landes"!), authentisch einheimischer Küche.
Am letzten Abend stießen wir dagegen mehr zufällig auf die empfehlenswerte Osteria Luna Rossa. Italienische Küche mit Tagesangeboten jenseits des Mainstreams und einer Chefin am Herd, die durch kreative Leistungen ebenso auffällt, wie durch eine recht rustikale Ansprache. Viva la Donna!
Den mittleren Abend konnten wir schon mangels freier Plätze nicht im gerade erneut besternten Storstad verbringen. Was zu verschmerzen war, da zum einem meine Göttergattin mit Nordic cuisine sowieso eher fremdelt und zum anderen der Abend in der Silbernen Gans sehr angenehm verging. Die Empfehlung des Guide Michelin (ohne Auszeichnung) war nachvollziehbar.
Auf der Flussinsel Wöhrd am Fuß der Eisernen Brücke im Erdgeschoss eines (Ur)Altbaus situiert, umfing uns schon beim Eintreten einerseits "Gemütlichkeit" durch niedrige Decken mit mächtigen naturbelassenen Holzbalken und großen cremefarbenen Bodenfliesen. Andererseits eine festliche Atmosphäre mit schön eingedeckten Tischen, bequemen, grau bezogenen Stühlen, vielen Silberaccessoires und großen Lilienarrangements. Ein zweiter Raum etwas rustikaler mit Holzdielen und einfacherem (harten?) Gestühl.
Auch die Sanitärräume stylisch, sehr gepflegt und mit frischen Blumen.
Den Eindruck des Besonderen komplettiert die ausschließlich männliche Crew, die in schwarzen Hosen und weißen Oberhemden mit schwarzer Fliege gekleidet ist und am Tisch weiße Handschuhe trägt. Die (etwas distanzierte) Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Fachwissen sorgen für eine tadellose Leistung.
Eine Weinberatung konnten wir leider nicht in Anspruch nehmen, da mich anfangs noch recht heftige Kopfschmerzen quälten. Erst zum Abschluss konnte ich einen Niepoort Vintage 2005 vom Haus nicht abschlagen. Meine liebe Frau solidarisierte sich und nippte nur eine Weißwein-Cuvée White Moon vom Pfälzer Weingut Stachel. Der 0,1-Fingerhut für 5€, was wahrscheinlich mehr ist, als der Einkaufspreis für die ganze Flasche... Das San Pellegrino kostete vermutlich 8€, der Bon bleibt bei mehreren Positionen im Ungefähren. Trotzdem ergab sich aufgrund des hohen Menüpreises hier mal ein MWI von über 2.
Die Küche grüßte reichhaltig.
Viererlei Brot, alles zugekauft und einen Tick trocken, darunter auch das leicht pappige Pan carasau
nach sardischer Art. Dem frisch gebackenen bei meinem ersten Besuch in der saarländischen Villa Almarin werde ich vermutlich auf ewig nachtrauern...
Dazu Minzquark und karamellisierte Kirschtomaten
deren süß-saure Note ich genossen habe. Nur waren mir die Stücke zu hartschalig. Auf den Tischen stand toskanisches Olivenöl und Meersalz aus Eivissa.
Schließlich ein heißes Kokosmangosüppchen
mit schwarzer Sesamsaat. Angenehm zur Fruchtigkeit der pikante Abgang. In einem kleinen Glas serviert, war der Löffel dazu sinnlos; es sei denn, man sollte die Suppe auf denselben gießen.
Wir starteten mit dem Croustillon von Gambas auf alten Beten (18€), meine Frau hatte danach Appetit auf die ungewöhnliche Suppe von Feldsalat mit Schwarzbrot und Kümmel (9€). Da letzterer zu meinen geschmacklichen No-gos gehört, sollte es auf meiner Tischseite mit Rehpflanzerl auf Essiglinsen und Steinpilzen weitergehen. Leider mussten ersatzweise Shitake verwendet werden. Als Hauptgericht wählten wir beide die ausgelöste Kaninchenkeule begleitet von weißem Zwiebelmus sowie Karotten und Ingwer (28€). Den Abschluss bildete wortwörtlich ein wenig Käse (vermutlich 6,5€).
Die genannten Beträge sind á-la-carte-Preise. Im Rahmen des 4-Gang-Menüs wurden 69€ berechnet, dabei führte der Wechsel vom vorgesehenen Rinderfilet zum preiswertesten Hauptgang Kaninchen nicht zu einer Reduzierung. Die Weinbegleitung hätte mit 30€ ("pro Gang 1 Glas Wein" - keine Mengenangabe, ich vermute je 0,1l) zu Buche geschlagen.
Das Menü begann mit Gambacroustillon auf alten Beten
Die Garnelenstücke waren in etwas eingebacken, das ich erst für Kartoffelstroh gehalten habe. Es soll allerdings Tempurateig gewesen sein. Entscheidend war aber ja, dass das Krustentier kräftig schmeckte und sehr knusprig war. Schönes Mundgefühl. Auch die Begleiter haben überzeugt. Die rote Bete gewürfelt brachte erdige, die noch warme, gehobelte gelbe säuerliche Nuancen ein, was zum Croustillon unerwartet, aber nicht störend war. Etwas Blattsalate mit einem mildem Honig-Senf-Dressing.
Meiner Frau schmeckte die sahnige Suppe sehr. Suppe von Feldsalat mit Kümmel und Schwarzbrot
Insbesondere der kräftige Kümmelgeschmack gefiel, brrr. Das Schwarzbrot war als Croutons in die Suppe gebrockt.
Ich war ebenfalls zufrieden. Schon optisch eine schöne Kombi von orangenen Linsen, die die fruchtige Säure des Essig mitbrachten und den sehr dunkel gebratenen, aromatischen Pilzen. Die kleine Frikadelle hatte den typischen Rehgeschmack und war recht fest, aber für das magere Fleisch noch hinreichend saftig. Auch hier deutliche Röstnoten.Rehpflanzerl auf Essiglinsen mit Shitake
Auf Wunsch erhielt ich ein Sorbet von der Sauerkirsche
(vermutlich 6,5€). Etwas angetaut durch die Spritztüte angerichtet und mit Minze garniert nicht nur geschmacklich eine hübsche Unterbrechung.
Beim Hauptgericht war meine Frau etwas begeisterter als ich. Das ausgelöste Keulenfleisch entpuppte sich als ausgesprochen zart in einer geschmacklich gefälligen Reduktion des abgelöschten Bratensatzes. Hier wäre allerdings Luft nach oben für eine veritable Sauce gewesen. Das Zwiebel(kartoffel)püree war angenehm cremig und die leichte Süße harmonierte gut mit dem Fleisch. Die Wurzeln erwiesen sich als noch recht bissfest und eine säuerliche Note fand ich hier als störend. Vom Ingwer konnte ich leider gar nichts wahrnehmen, er sollte wohl in der zweiten Sauce stecken.
Die Präsentation war verbesserungswürdig. Ausgelöste Kaninchenkeule, Püree von weißer Zwiebel, Möhre und Ingwer
Die beiden reichlichen Flüssigkeiten vermengten sich unschön. Das Fleisch war wenig sorgsam angerichtet und bildete mit dem Püree einen unansehnlichen Haufen. Auch die etwas ungeschickt drapierten Batonnets könnten auf die Arbeit des Azubis hindeuten.
Die abschließende Käseauswahl bestach dagegen durch ihren Purismus.
Noch eine hohe Säule zeugt von der Deko Pracht - in diesem Fall ein einsames Zweiglein Rosmarin. Auf der Porzellanplatte versammelten sich überschaubare Portiönchen von Cheddar, Camembert, Alpenkäse und - man mühte beiderseits die rudimentären Französischkenntnisse, bis die Küche aufklärte - ein exzellent schmeckender Pont l'Eveque, ein Weichkäse von Kuhmilch aus der Normandie. Mit erneutem Stangenbrot wurden Butter, schwarze Oliven und ein geschmacklich sehr überzeugend komponiertes
Auf Kaffee haben wir verzichtet. Trotzdem durften wir reichlich von den vermutlich im Haus hergestellten schwarzen, braunen und weißen Schokocrossies
naschen.
Fazit: Gehobene, moderne Küche mit deutschen Wurzeln und französischen Anleihen. Die Silberne Gans ist weit entfernt von Sterneküche und will es wohl auch nicht werden. Tolles Ambiente - im Sommer auf der Terrasse mit Blick auf die Altstadt, nur durch einen schmalen Fahrweg vom Fluss getrennt. Professionelles Team.
Ein kritisches Wort indes zum PLV. Auf einem anderen Portal wird von Abzocke geschrieben. Das möchte ich dann doch nicht bestätigen. Indes: Der Menüpreis ist überhöht, erst recht nach dem Austausch von Rinderfilet durch Kaninchen und Steinpilzen durch Shitake. Die (von mir am Abend nicht monierte) Rechnung ist unübersichtlich. Es scheint, als ob die Einzelgerichte deutlich günstiger waren, selbst unter Berücksichtigung der Suppe anstelle des Rehpflanzerl. Dafür war mein Hauptgericht auch deutlich weniger, was beim Menü sehr sinnvoll ist. Sich aber eben auch im Preis niederschlagen sollte. Bei einem weiteren Besuch, den ich durchaus ins Auge fasse, würde ich die Rechnung sorgfältiger prüfen.
Die Verbindung von Dienstreise und romantischem Kurzurlaub scheitert meist daran, dass die Dauer meiner beruflichen Termine weitgehend unbestimmbar ist. Das führt dann schon mal zu Frust. Umso erfreulicher, dass ein zeitlich eingrenzbares Gespräch in einer der ältesten und schönsten Städte Deutschlands auf den Freitagvormittag gelegt werden konnte. (Lange) Anreise am Vortag, etwas Arbeit, drei Abendessen, etwas Shopping und viel Sightseeing zwischen Walhalla und "der Fürstin" im Elektrowägelchen.
Ein kurzes Wort zum Hotel Elements: Am Alten Kornmarkt in unmittelbarer Nähe zum Dom... mehr lesen
4.0 stars -
"Schönes Ambiente und kreative Heimatküche, aber teuer." DerBorgfelderDie Verbindung von Dienstreise und romantischem Kurzurlaub scheitert meist daran, dass die Dauer meiner beruflichen Termine weitgehend unbestimmbar ist. Das führt dann schon mal zu Frust. Umso erfreulicher, dass ein zeitlich eingrenzbares Gespräch in einer der ältesten und schönsten Städte Deutschlands auf den Freitagvormittag gelegt werden konnte. (Lange) Anreise am Vortag, etwas Arbeit, drei Abendessen, etwas Shopping und viel Sightseeing zwischen Walhalla und "der Fürstin" im Elektrowägelchen.
Ein kurzes Wort zum Hotel Elements: Am Alten Kornmarkt in unmittelbarer Nähe zum Dom
Geschrieben am 15.12.2016 2016-12-15| Aktualisiert am
25.12.2016
Besucht am 02.12.2016Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 66 EUR
Mein mittäglicher Termin in Essen zog sich etwas länger hin, so dass der mir empfohlene Wiedergutmachungsbesuch im Il Grappino, dem "Familienrestaurant" des La Grappa an der dortigen Schließzeit scheiterte. Etwas missmutig, da hungrig trottete ich um die diversen Weihnachtsbuden auf der Kettwiger Straße und war schon fast im Pfefferkorn auf ein Steak gelandet, als mir das Il Mulino in einer Seitengasse in den Blick und wieder in den Sinn kam. Durchgehende Küche hatte ich mir gemerkt, aber auch das Risiko eines 3P-Ladens, also Pizza, Pasta, Putenbrust, das kulinarische Dreigestirn der deutschen Fußgängerzonen.
Nachdem ich die recht steilen Stufen zum im Souterrain gelegenen, aber immerhin mit bodentiefer Verglasung zumindest im vorderen Bereich noch recht hellen Restaurant ebenso würde-, wie unfallfrei hinter mich gebracht hatte, trat ich ein. Augenblicklich war es still, nur drei Männer am Tisch, die spielten Skat... Ach nein, aber so war es wohl mal, denn die großen dunkelroten Bodenfliesen und das viele rustikale, naturfarbene Eichenholz - einschließlich der groben Deckenbalken und -Bohlen lassen doch vermuten, dass die Räumlichkeit früher eher der rheinisch/westfälischen (bin mir da in Essen immer unsicher), denn der mediterranen Gastlichkeit gewidmet war.
Sauber war im Gastraum alles, die Sanitäranlagen wurden nicht besucht.
Auf den blanken Holztischen fielen immerhin Stoffservietten, Salzmühlen und Olivenöl-Flaschen mit Ausgießer auf. Auch etwas abstrakte Kunst an den geweißten Wänden und die große Tafel mit einigen Angeboten fiel aus der Reihe. Mein Vorurteil, hier so nah an der Einkaufsmeile eher einfache Kost zu erhalten, wurde jedoch durch ein Publikum genährt, das aus einigen Paaren nach dem Einkaufs-, aber mehr noch aus Gruppen junger Menschen vor dem Weihnachtsmarkt(sauf)bummel bestand.
Der Service wurde, wie sich später herausstellte, von den beiden Inhabern und einem weiteren Herrn verrichtet. Eindeutig "echte" Italiener, wie die Unterhaltung verriet, aber eigentlich schon die distanzierte Höflichkeit, fernab von der lärmenden Fröhlichkeit italisierten Bedienungspersonals aus den unendlichen Weiten zwischen Tanger und Täbriz. Knapp wurde mein Gruß erwidert, mein Wunsch nach warmer Speisung positiv beschieden und mir mit lässiger Geste ein so, aber wirklich so schlechter Tisch zwischen Raumteiler und einer wohl zwölfköpfigen lauten Gruppe angeboten, dass mit - obschon hartgesotten - ein "DEN ganz bestimmt nicht!" entfuhr. Glücklicherweise wurde gerade ein schöner Ecktisch frei, den ich dann auch nehmen "durfte". In der Tat durfte, denn später musste in diesem Bereich ein große Tafel zusammen gestellt und eingedeckt werden. Aber bitte, wenn man um 15:00 Uhr zu "Mittag" isst, muss man mit Vorbereitungen für das Abendgeschäft rechnen. Zumal die Räumerei nicht nur erklärt wurde, sondern man sich dafür auch höflich entschuldigte. Genauso, wie für einen etwas anders als angekündigt servierten Gang, den ich zwar monierte, der mir aber sehr gut schmeckte. Hierfür war ein Espresso aufs Haus keine Frage.
Lag es an an der rosigen Umsatzaussicht oder an meinem ehrlichen Interesse an Speisen und Wein? Jedenfalls wurden die Herren auch im Übrigen zugänglicher und erfüllten ihre Pflichten angesichts der vielen Aufgaben professionell und gut. Zufriedenheit und weitere Wünsche wurden passend erfragt, nichts vergessen, Extras erfüllt, zu den Weinen konnte Auskunft gegeben werden. Ich war zufrieden und beim Gehen wurde noch etwas geplaudert, mit einem kleinen Seitenhieb auf Rino Fratessi...
Aber der Reihe nach.
Um in Ruhe in der Karte stöbern zu können, wählte ich zunächst aus den mit "spizzico" überschriebenen Kleinigkeiten - noch vor den Antipasti - etwas Salami
zu 3,9€. Ein gut getrocknetes Exemplar, das eine gewisse Härte mitbrachte, wie ich es mag. Auch etwas Pfeffer, fein, fein. Dazu hatte ich um Parmiggiano
gebeten, der leicht knirschig kam, vielleicht 24 Monate gereift. Begleitet von etwas gut austariertem Balsamico, grünen Oliven, eingelegter Tomate und Peperoni ein größeres Coperto (6€). Sehr schön. Einziges Manko war die dem anfangs noch gut besuchten Lokal geschuldete Wartezeit. Wie gut, dass schon vorher ein überraschend knuspriges Ciabatta gereicht wurde. Das Olivenöl stach durch eine angenehme Bitternote und einen pikanten Abgang hervor. Und endlich mal kein Kräuterquark genanntes Mörtelsurrogat, sondern ein Joghurt mit Radieschen
frisch, würzig, säuerlich. Kompliment, hätte ich nicht erwartet.
Nach einiger Zeit kam auch der sehr ausgewogene, nicht zu fruchtige sardische Cannonau von Argiolas, einer der wenigen Roten, die ich mag. 7,9€ für 0,2l ist indes indiskutabel, aber: Hey, is Wochenende und, um nochmals Juliane Werding zu bemühen, "ich war zufrieden mit mir."
Nachdem ich die laminierte Mittagskarte zu Seite gelegt hatte, arbeitete ich mich ausführlichst durch die für meinen Geschmack etwas zu umfangreiche Karte. Schließlich entschied ich mich von der Tafel als Primo für Fusilloni mit Salsiccia und Bohnen, 12,5€. Darauf folgend aus der Karte ganz klassisch ein Saltimbocca für 20€, aber bitte ohne die begleitende Weißweinsauce, Fleischsaft reicht völlig. Zudem bat ich um Gemüse vom Grill.
Dazu habe ich aus Neugier sogar 8,6€ für ein Glas sizilianische Cuvée von Grillo und Inzolia ("Pietra di Luna") investiert und wurde von einem klaren, mineralischen Wein überrascht, der mit jedem Schluck neue Nuancen zeigte.
Die Nudeln wurden serviert, als ich gerade noch am letzten Käse mümmelte. Allerdings hatte ich mir wirklich viel Zeit gelassen, also kein Vorwurf an die Küche. Der Service hätte da vielleicht einen Tick aufmerksamer sein können.
Die Pasta war rundum gelungen. Fusilloni
Wie der Name auf -oni schon sagt, handelte es sich um eine große Ausführung von Fusilli, der beliebten Spiralnudel. Durch ihre Größe oder die Kunst des Kochs waren die Exemplare al dente, noch fast von cuore, auch nicht immer ein Selbstläufer bei dieser Nudelart. Die Spirale ist natürlich perfekt, um möglichst viel der fruchtigen, intensiven, pikant gewürzten Tomatensoße aufzunehmen, die mit dem nicht weiter heraus stechende Salsicciabrät, angeschwitzten Zwiebeln und Knoblauchscheiben, Kräutern und schwarzen Olivenstücken schön aufgepeppt war. Rundum lecker und super mit dem Cannonau. Allerdings hatte ich ein gänzlich anderes, klassisches Gericht erwartet, pasta e fagioli, also eher "trocken". Konsequent waren die auf der Tafel noch aufgeführten Bohnen im Gericht dann Fehlanzeige. Eine Nachfrage führte nur zu einem verdrucksten, wenig glaubwürdigen "Hat der Koch die vergessen?", aber dann auch zu Entschuldigungen und eben einem Kaffee aufs Haus. Das war gut, geht aber besser.
Das Hauptgericht hat mir ebenfalls geschmeckt. Saltimbocca
Flaches, saftiges Kalbfleisch, kräftiger, nicht zu salziger Schinken und ausreichend Salbei (die Menge ist ja Geschmackssache). Dazu wunschgemäß farbenfrohes Gemüse, mit Biss, aber nicht hart, sowie schön gebräunte, weiche Kartoffelhälften in der Schale. Tadellos.
Zum Abschluss erneut eine positive Überraschung. Aber der gewünschte Vin Santo war vorhanden und sogar gut gekühlt. Er hatte noch einen Rest Frische, wurde vorsichtig, um kein Depot ins Glas zu bringen, eingeschenkt und mit reichlich Cantuccini zum Stippen serviert. 7,5€ sind sicherlich kein Schnäppchen, was hier aber ganz grundsätzlich gilt.
Insgesamt eine ansprechende Leistung, so dass ich das Il Mulino nicht nur wegen der durchgehenden Küche und der zentralen Lage empfehle.
Mein mittäglicher Termin in Essen zog sich etwas länger hin, so dass der mir empfohlene Wiedergutmachungsbesuch im Il Grappino, dem "Familienrestaurant" des La Grappa an der dortigen Schließzeit scheiterte. Etwas missmutig, da hungrig trottete ich um die diversen Weihnachtsbuden auf der Kettwiger Straße und war schon fast im Pfefferkorn auf ein Steak gelandet, als mir das Il Mulino in einer Seitengasse in den Blick und wieder in den Sinn kam. Durchgehende Küche hatte ich mir gemerkt, aber auch das Risiko... mehr lesen
Il Mulino
Il Mulino€-€€€Restaurant, Pizzeria0201237472Rathenaustr. 2, 45127 Essen
4.0 stars -
"Besser als erwartet. Ordentliche Alternative, aber kräftige Preise." DerBorgfelderMein mittäglicher Termin in Essen zog sich etwas länger hin, so dass der mir empfohlene Wiedergutmachungsbesuch im Il Grappino, dem "Familienrestaurant" des La Grappa an der dortigen Schließzeit scheiterte. Etwas missmutig, da hungrig trottete ich um die diversen Weihnachtsbuden auf der Kettwiger Straße und war schon fast im Pfefferkorn auf ein Steak gelandet, als mir das Il Mulino in einer Seitengasse in den Blick und wieder in den Sinn kam. Durchgehende Küche hatte ich mir gemerkt, aber auch das Risiko
Geschrieben am 24.11.2016 2016-11-24| Aktualisiert am
25.12.2016
Besucht am 13.09.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 90 EUR
Wieder mal eine späte Anreise nach Berlin. Die Promiläden wollte ich aus hier berichteten Gründen erst einmal meiden. Borchardt, Rutz, Pauly Saal und die anderen, selbst Grill Royal, obschon gegenüber meinem Hotel gelegen, schieden also aus. Aber auf billige Touriabzocke hatte ich auch keine Lust. Missmutig stapfte ich in Richtung Friedrichstraße, als ich an einer Weinwirtschaft in einem der S-Bahn-Bögen vorbeikam, in der viele Menschen lautstark Musik und Tanz brauchten und einen, der sie liebt. Später stellte sich die Gesellschaft als eine Station der Charité heraus. Um die Ecke dann das dazu gehörige Restaurant, in einem modernisierten hohen Altbausaal, u. a. die Decke (!) großzügig verspiegelt, die Tische ohne Wäsche aus dunklem Holz, wie auch der Fußoden in Bohlenoptik, cremefarbenes Leder, glänzendes Metall, stylisch, aber nicht ungemütlich und trotz der vorgerückten Zeit noch proppenvoll und daher ebenfalls recht laut. Ein Glück, dass der ein wenig geschniegelte jüngere Herr vom Service, der sich später als Sommelier (hier Mundschenk geheißen - Kopfschüttel) vorstellte, mir einen Tisch in einem eher loungig gestalteten Zwischenbereich anbieten konnte. Aufgrund der späteren Stunde durfte ich an einem schönen Ecktisch Platz nehmen und daher etwas abseits der anderen Gästen an den recht eng stehenden Zweiern. Gleichwohl nichts für vertrauliche Gespräche, aber das stört ja die wenigsten, wie wir wissen... Gleich zu Beginn fiel mir die ungewöhnliche Musikauswahl auf, relativ aktuelles, ausschließlich deutsches Material von Mainstream bis Indie, stilistisch vielleicht von Rosenstolz über Liga bis Schnipo Schranke. Mir gefiel es, ebenso wie die behaglichen hellen Braun- und Cremetöne, nur die großen Acrylformate an den Wänden - leicht surreale Riesenvögel in markanten Berliner Szenerien - waren nach meinem Gusto nicht. Zu gewollt, "Gebrauchskunst" fürs zahlungskräftige Publikum, schon in Kitsch abgleitend. Aber Geschmäcker sind verschieden, wie mir der Abend wieder zeigen sollte.
Auf dem Weg zu den im Untergeschoß (auch Weinkeller!) gelegenen, sehr geschmackvollen, gut ausgestatteten und sauberen Toiletten zogen die Mediziner und -zinerinnen vorbei, doch mein Tisch lag weit genug zurück gesetzt, so dass es mir fast wie ein Laufsteg vorkam.
Zufrieden, doch noch apart versorgt zu werden, war ich auf die Karte gespannt, denn ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Bei der Reise ins Ungewisse sollte mich wenigstens ein guter Kamerad begleiten: Garçon, Champagner! Habe man nicht, aber Flaschengärung von Schloß Vaux, der schmecke wie Champagner! Wie Champagner schmeckt nur Champagner... vor mich hinbrummelnd, ließ ich mich aber doch erweichen und von einem Rheingau Riesling Brut dieses ursprünglich in Berlin gegründeten Maison in heitere Stimmung bringen. Auch der Preis von 6€ nicht unangemessen. Zur Sicherung der guten Laune noch ein anderes Berliner Erzeugnis, den Belsazar Dry Vermouth ebenfalls für 6€, schön würzig und leicht bitter, ein eleganter Aperitif.
Zum Essen bestellte ich später eine Flasche 2013er Rheingauriesling Spätlese aus Erbach von Lamm Jung, QbA, aber von alten Reben, durchaus zufrieden stellend. Erst recht, nachdem ich später am Nebentisch einen anderen Riesling probieren durfte. Aber ich greife vor...
Für Ehepaar Beermann hält der Keller übrigens zwei weiße und eine ganze Reihe roter Tropfen aus der Türkei bereit!
Die Betreuung durch die Servicekräfte war gut und aufmerksam einschließlich einer fachkundigen Weinberatung. Auch die nicht für mich zuständigen jungen Menschen in Barber-Outfit erkundigten sich gelegentlich nach meinem Wohlergehen und erkannten leere Teller und mit etwas Ermutigung auch solche Gläser. Es wurde eine gute Atmosphäre vermittelt, ohne die professionelle Dienstleistung zu vernachlässigen. Angesagt wurde allerdings nicht. Eine abgebrannte Kerze wurde bemerkt und ausgetauscht. Unter Einbeziehung der großen Gesellschaft und der übrigen Auslastung gut gemeinte 4 Sterne.
Die Küche bietet deutsche und Berliner Küche in moderner Ausführung. Tagesempfehlungen gab es nicht, Spezialität des Hauses ist die Weißweinkrem Berliner Luft, die ich nicht probierte.
Stattdessen wurde wie folgt geordert:
Spinatrahmsuppe mit gebackenem Ei (5,5€)
Rinderhäckerle mit Apfel-Rote Bete-Salat und Röstbrot 11,5€)
Kalbsleber mit grünem Kartoffelbrei und Zwiebelmarmelade (19€). Zusätzlich bat ich um Pfifferlinge aus einem anderen Gericht, die ohne Berechnung blieben. Der Gargrad wurde erfragt, bei Leber nach meiner Erfahrung nicht selbstverständlich. Ich mag es noch rosa.
Statt Dessert wählte ich 5erlei Käse für stolze 14,5€.
Das PLV sehe ich in der Gesamtschau bei leicht überdurchschnittlichen 3,5 Sternen, wobei die Präsentation durchaus ansprechend war.
Zum schweren, wenig überzeugendem Kräuterquark wurde helles und dunkles Stangenbrot gereicht und auf Nachfrage auch nachgelegt.
Bereits der erste Gang traf meinen Geschmack. Spinatrahmsuppe mit gebackenem Ei
Die Suppe in einem frischen Grün, der Spinat nicht gänzlich püriert, sondern etwas "fetzig", der richtige Schuss Sahne für eine elegante Textur und genug Würze für eine kräftige Struktur. Reichlich violette Kresse für einen leicht pikanten Kick. Dazu das in Semmelbrösel gewendete, schön knusprig ausgebackene Ei, das nur etwas weicher hätte sein dürfen
Fast perfekte 4,5 Sterne.
Auch der Zwischengang sehr gut. Handgeschnittenes (-gehacktes?) einheimisches Rindfleisch Rinderhäckerle mit Apfel-Beete-Salat
zart, aber mit genügend Bissfestigkeit. Schon angemacht mit deutlicher Senf- und Estragon(!)note. Von der Mischung auch einige Kleckse auf der Schieferplatte. Äpfel- und Beetebrunoises in einem guten Mischungsverhältnis steuerten fruchtig-frische wie erdige Nuancen bei. Das Tatar auf einer runden, angerösteten Scheibe Vollkornbrot. Eine herzhafte Wucht mit 5 Sternen.
Der Hauptgang konnte dieses Niveau leider nicht halten. Berliner Kalbsleber auf grünem Kartoffelbrei
Die zwei leicht mehlierten, kräftig angebratenen Lebertranchen entgegen der Bestellung nicht mehr rosa, allerdings noch saftig genug. Angerichtet auf dem gekräuterten, recht festen und salzigen Kartoffelstampf. Auf die Zwiebelmarmelade war ich gespannt. Stattdessen gab es ordinäre frittierte Zwiebeln, die schon weitgehend kalt und damit überwiegend hart geworden waren. Mitgeteilt wurde die Änderung nicht. Ich finde das unhöflich. Eine Zutat kann ja mal ausgehen, aber mit einem Hinweis (möglichst vor der Zubereitung) und vielleicht einer kleinen Entschuldigung weiß der Gast, woran er ist und kann entscheiden. Schön die frischen Birnenspalten, die nicht zu weich und nicht zu süß waren. Überzeugend die mittelgroßen, mit Biss und Geschmack versehenen Pfifferlinge Pfifferlinge á la Crême
die gesondert in einem Schälchen, sehr heiß und in einer leichten hellen Sauce serviert wurden.
Zieht man die leichte Verärgerung ab, in der Summe eine 3,5 - 3,75.
sein. Leider schien die Küche schon im Feierabendmodus gewesen zu sein, denn die Warterei zog sich zu lange hin. Gerade als Einzelgast und am Ende des Mahls lässt die Geduld ja nach. Der Service fragte zweimal nach und konnte schließlich auf der hier noch nicht im Rückzug befindlichen Schieferplatte Ziegenkäse mit und ohne Blauschimmel, jungen und zweijährigen Schafskäse sowie 10%igen Kuhmilchkäse kredenzen. Bis auf den letzteren alle recht lecker und ein breites Geschmacksspektrum abdeckend. Dazu wurde die wohl wieder aufgefundene Zwiebelmarmelade serviert, die ich als (gelungene) Rot- und/oder Portweinzwiebeln bezeichnen möchte. Dafür fehlte dann der angekündigte Feigensenf. Die Küche gibt, die Küche nimmt...
Mein Gastgeber bedauerte die Holprigkeiten in der Küche und bot mir einen Kaffee an. Mir war der Sinn indes nach einem Likör, um die "Sorgen" im Busch'sen Sinne aufzuarbeiten. Die umfangreiche Wein- und Spirituosenkarte setzt auch hier u. a. auf Nostalgie aus Berlin (Futschi!). Ich schwankte noch zwischen Mampe halb und halb oder Persico, als mein Blick auf Omas Eierlikör fiel. Mann, war der gut! Zufrieden leckte ich mir die Lippen und beglich gerne die Rechnung.
Ja, und damit hätte der recht gelungene Abend eigentlich enden können. Doch vom Nebentisch der beiden jungen Berliner Geschäftsleute (die zuvor intensiv über ihr Internet-Startup diskutierten und somit - da es sich nicht um eine Gastroseite handelte - völlig meine Aufmerksamkeit verloren hatten) kam ob des sichtlich schmeckenden Eierlikörs Ironisches : Den gab's früher bei meiner Oma, da hab ich die Gläser ausgeleckt, höhö! Stimmt, entgegnete ich nachsichtig, und so lecker schmeckt er für kleine Jungs immer noch! Großes Gelächter und die Einladung, sich doch herüber zu setzen. Oh nein, wie das ausgeht, wissen wir doch seit Essen! Ging es aber nicht. Vielmehr entwickelte sich ein zunehmend lustiger Abend, bei dem mein restlicher Riesling, ihr restlicher Riesling, eine Psychologin von der Charité und dann weitere Flasche Riesling, weitere Käseplatte, weitere Runde Likör vom Haus, weitere Psychologin, hoch ernsthafte Diskussionen um die Funktion von Perspektive in der bildenden Kunst und des wingman im nächtlichen Berlin Thema waren. Und als die Gin Tonics schon bestellt waren, gelang es mir gerade noch, durch den Hinterausgang zu entschlüpfen. Beseelt von (Wein-)Geist und unerwarteter Berliner Freundlichkeit ließ ich mich durch die nächtliche Friedrichstraße treiben.
Und mit dem Sommer endeten (bis jetzt...) auch die denk- oder merkwürdigen Restauranterlebnisse, im Herbst standen wieder allein die mehr oder weniger großen kulinarischen Genüsse im Mittelpunkt.
Wieder mal eine späte Anreise nach Berlin. Die Promiläden wollte ich aus hier berichteten Gründen erst einmal meiden. Borchardt, Rutz, Pauly Saal und die anderen, selbst Grill Royal, obschon gegenüber meinem Hotel gelegen, schieden also aus. Aber auf billige Touriabzocke hatte ich auch keine Lust. Missmutig stapfte ich in Richtung Friedrichstraße, als ich an einer Weinwirtschaft in einem der S-Bahn-Bögen vorbeikam, in der viele Menschen lautstark Musik und Tanz brauchten und einen, der sie liebt. Später stellte sich die Gesellschaft... mehr lesen
HABEL am Reichstag - Restaurant & Weinkultur
HABEL am Reichstag - Restaurant & Weinkultur€-€€€Restaurant, Weinkeller030 28098484Luisenstraße 19, 10117 Berlin
4.5 stars -
"Interessante deutsche Küche. Empfehlung!" DerBorgfelderWieder mal eine späte Anreise nach Berlin. Die Promiläden wollte ich aus hier berichteten Gründen erst einmal meiden. Borchardt, Rutz, Pauly Saal und die anderen, selbst Grill Royal, obschon gegenüber meinem Hotel gelegen, schieden also aus. Aber auf billige Touriabzocke hatte ich auch keine Lust. Missmutig stapfte ich in Richtung Friedrichstraße, als ich an einer Weinwirtschaft in einem der S-Bahn-Bögen vorbeikam, in der viele Menschen lautstark Musik und Tanz brauchten und einen, der sie liebt. Später stellte sich die Gesellschaft
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Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben wir das an diesem Mittwoch auch.
Mein erster Eindruck war trotz des komplett in Braun- und wenigen Grüntönen gehaltenen Restaurants ein kühler. Was einerseits an den großen "nackten" Bodenfliesen lag und andererseits daran, dass in einem Teil des Raumes die Zwischendecke entfernt wurde und sich darüber nun durchgehende Dachfenster befinden. Am Tag oder im Sommer sorgt das sicher für wunderbar sonnige Plätze. Jetzt am Winterabend wird der Eindruck einer hohen, kühlen Diele verstärkt, sicher auch durch den gläsernen Windfang und den metallenen Raumteiler. Die beim teilweisen Durchbruch der Decke abgeflexten Träger und darunter eine große, unregelmäßig Fläche mit abgeschlagenem Putz bilden als künstlerisch bearbeitetes "Wandbild" einen sicher polarisierenden Hingucker.
Wir wählen lieber einen Tisch im hinteren, niedrigeren Teil des Raumes nahe der Bar.
Kein Problem für unseren heutigen Gastgeber Nico Spalding, der uns gemeinsam mit einer noch jüngeren Kollegin professionell versorgt. Bei einem jungen Team ist es nachvollziehbar, dass es an einer gewissen Lockerheit fehlt. Die Ansagen werden zu schnell abgespult, der leere Brotkorb erst auf Bitte aufgefüllt, manchmal ist man bei den Produkten nicht ganz sicher. Alles kein Beinbruch, man merkt, dass ein gut geschultes Team mit Freude an der Arbeit ist. Der Schritt zur Souveränität ist eine Frage der Zeit. Zudem wir uns am Tisch untereinander und auch gegenüber dem Service sehr offen über Licht und Schatten bei der Küchenleistung äußerten. Das kann dann schon mal etwas Druck aufbauen.
Lediglich ein petit four hätte ich mir auch ohne Kaffeebestellung bei zwei 6-Gang-Menüs und einer Weinbegleitung schon als "Rausschmeißerle" gewünscht. Aber das mag ja der Chef entschieden haben. Leider hat er sich bei unserem Besuch nicht zu den Tischen bemüht, so dass wir ihn nicht fragen konnten. Schade.
Nach der Platzwahl nahm ich mir die Zeit, den Raum genauer in Augenschein zu nehmen und erst jetzt fielen mir die vielen Äste und Baumwurzeln ins Auge, die als Deko-Element konsequent (z.B. auch in den tadellosen Waschräumen) eingesetzt werden und zusammen mit Geweihen der Diele plötzlich einen ganz anderen, "wärmeren" Charakter geben. Dazu passen die Vollholztische mit robusten Platzsets, ebenfalls im Holzdesign und die etwas zu schwach gepolsterten Holzstühle mit Ledersitzflächen. Viele kleine Strahler geben ein im Raum gedämpftes, auf den recht kleinen Tischen aber ausreichendes Licht. Hinzu kommen etliche kleine Kerzen. Auf dem Tisch ist zurückhaltend klassisch eingedeckt, die Serviettenringe aus geflochtenen Leder und die hölzernen Brotteller passen wieder in die rustikale Eleganz.
Während wir die Karten studierten (mit Leihbrille des Restaurants für die im Auto vergessene eigene), wurden uns auf Probierlöffeln je eine in Reis(?)-Perlen gewälzte Ziegenfrischkäse-Praline gereicht
Das war leider recht eindimensional. Der Frischkäse mit einem schweren Mundgefühl und der Crunch blieb nicht nur farblich blass.
Für den als Aperitif gewählten Riesling-Sekt von der Nahe galt das ganz und gar nicht. Er sollte später einen weiteren Einsatz haben.
Aus dem angenehm übersichtlichen Angebot wählten wir identisch (ohne, dass dies erbeten oder gar verlangt wurde):
- Schottischer Lachs, Tatar und geflämmt.
- Krustentier-Misosuppe mit Roter Wildgarnele.
- Verschiedenes vom - unvermeidlichen - Lofoten-Skrei (diese norwegischen Marketingteufel).
Eine Erfrischung war in der Karte angekündigt. Der Service wies ausdrücklich darauf hin, dass dieser "Gang" auf's Haus gehe. Davon waren wir zwar ausgegangen, aber nicht jeder ist mit diesen Sitten vertraut, daher ein Pluspunkt.
- Zweierlei vom Greater Omaha Beef.
- Als Dessert Zitrusfrüchte.
Nach dem Hauptgang orderten wir kurz entschlossen noch Fourme d'Ambert, worauf die Küche vorschlug, diesen erst nach dem Dessert zu nehmen. Sehr aufmerksam angesichts des kräftigen Blauschimmels, hinter dem es der Nachtisch doch sonst schwer gehabt hätte.
Auf die Weinbegleitung musste zumindest mein Gastgeber als Autofahrer verzichten, er beteiligte sich aber zurückhaltend bei einzelnen Tropfen. Da bei allem Genuss auch Geschäftliches auf dem Programm stand, wollte ich mir keine Notizen machen, was insbesondere zulasten der Weindetails gegangen ist. Seid nachsichtig...
Zunächst wurde zweierlei gutes Brot von Gaues serviert, aromatisiert mit Oliven und Tomaten
Begleitet von leicht gesalzener Butter, einer Currycreme und Gewürzsalz
Mit dem eigentliche Amuse wetzte die Küche zudem die Scharte vom Frischkäse mehr als aus.
Wunderbar zartes, aromatisches Wagyubeef aus Chile auf Udonnudeln mit Gemüsen und in einer asiatisch gewürzten beurre blanc aus der besonders Zitronengras kräftig heraus schmeckte. Sehr, sehr gut! Das Ganze in einer aparten Keramikschale, dem offenbar bevorzugten Geschirr des Hauses. Wir fanden diese häufig gewählte Präsentation schade, denn manches Mal kam "aus der der Tiefe des Raumes" optisch wenig. Was für Netzer ewigen Ruhm bedeutet, zwingt hier zu geschichteten Kreationen, wo man sich etwas Übersichtlichkeit für Auge und auch Gaumen gewünscht hätte.
Konsequent die schönen roten Stäbchen anstatt europäischen Bestecks - nur zu diesem Appetithappen, allerdings.
Als Begleitung wurde (nach meiner Erinnerung) ein Pfalz-Riesling eingeschenkt, ich meine von Winning, der sehr gut mithalten konnte.
Der folgende badische Wein, wohl auch ein Riesling, war solo erst etwas enttäuschend, gewann aber mit dem Lachs des ersten Menügangs.
Auf dem Deckel der Keramikschale war eine hübsche orange-grüne Kombination versammelt:
Das geschmacklich nicht überragende, aber gefallende und vor allem nicht zu kalte geschnittene Fleisch. Daneben Rogen auf einer Mousse von Queller-Algen. Die Passe-Pierre auch als Deko, zusammen mit einer schön knusprig gebackenen, intensiven Scheibe Fenchel. Dazu ein paar Tupfer Dillöl, die ich getrost ignorierte. Machte alles Lust auf mehr.
Und siehe, unter dem Deckel eine große Freude.
Das kleine Filet noch etwas glasig, kräftig geflämmt, schon pur ein Genuss. Es ist ein wahrer Segen, dass wieder so gute Lachsqualitäten verfügbar sind. Hier ein schottischer von Loch Duart, begleitet von Austernschaum und weiteren Salicornes. Ein feiner, durch den geflämmten Fisch ebenfalls ganz leicht in den fernen Osten weisender Auftakt des Menüs.
Auf die Suppe wollte ich ursprünglich verzichten, aber mein Begleiter war auf die Rote Wildgarnele gespannt. Gut, dass er mich überzeugen konnte!
Das Exemplar, mal der Länge nach auf einen Holzspieß gefädelt, war vorzüglich. Argentinische Ware von kräftiger Farbe, festem Fleisch und leicht nussigem Geschmack. Die Suppe konnte etwas weniger gefallen. Wieder war auf asiatische Kräuter gesetzt worden, Zitronengras und Lotuswurzel, vielleicht auch Koriander. Das war schon sehr parfümiert, für mein Gegenüber deutlich zu viel. Zudem auch recht salzig, zumindest für mich. Die als Einlage verwendeten Buchenpilze gingen dadurch leider etwas unter.
Beim Wein muss ich leider passen.
Auch der dritte Teller bescherte uns mit dem Lofoten-Kabeljau einen sehr guten Fisch.
Eine nicht zu kleines Rückenstück, vermutlich auch geflämmt, dazu gedämpfte Bäckchen und sogar frittierte Zunge. Bis auf die nichtssagenden Panade bei letzterer alles sehr gut zubereitet und ein Hochgenuss. Allein etwas kürzer hätte die Garzeit für mich sein dürfen, wirklich glasig war der Fisch nicht mehr. Das kann bei Gadus morhua ins Auge gehen. Ging es hier aber nicht. Auch das gebackene Stück Haut war recht knusprig. Eine sehr gelungene beurre blanc umschmeichelte den Fisch und ließ, anders noch als beim vorherigen Gang, auch dem wilden Brokkoli als Beilage Raum zur Entfaltung.
Zu diesem gelungenen Teller mit dem Viognier von Oliver Zeter auch ein starker Wein.
Vor dem Wechsel zum Fleisch kam die versprochene Erfrischung und konnte uns ebenfalls überzeugen, wenn auch nicht optisch.
Eine ungewöhnlich große Portion eines vorzüglichen, selten kredenzten Bergamottegranités, darunter Charentaismelone (die etwas unterging) auf einem Kokosschaum (der zunächst wie eine schwere Sahne aussah) und schließlich völlig zugedeckt Mandarineneis. Leider machte es der schichtweise Aufbau auch hier schwer, den verschiedenen Geschmacksnuancen nachzuspüren. Aber auch im Zusammenklang ansprechend und eine Erfrischung, die ihren Namen verdiente.
Zum Fleischgang wurde ein apulischer Primitivo eingeschenkt. Durchaus zu meiner Freude, da ich ja tanninarmen Roten mehr abgewinnen kann. Etwas Verwunderung kam aber doch auf. Die sich schnell legte, da das U.S. Beef in zwei Gängen serviert wurde, deren erster ein Ragout nach Art eines Sauerbratens war.
Also viel Frucht und (sehr) viel Säure, so dass der Süditaliener recht gut harmonierte.
Das kleine Gericht war mit Rosinen, roh mariniertem Rotkohl und einem kleinen, weichen, nur leicht elastischen Knödel grundsätzlich sehr stimmig kombiniert. Leider aber nicht ausgewogen. Die wenigen kleinen Fleischwürfel waren zwar schön zart geschmort, aber neben den kräftigen Begleitern kaum bemerkbar. Das gute Rindfleisch wurde hier vom Haupt- zum Nebendarsteller abgewertet. Besonders schade beim Fleischgang und angesichts der geschmacklichen Qualitäten des Fleischs, die im zweiten Teller (!) umso deutlicher zur Geltung kam.
Das saftige Filet (Welchen Marmorierungsgrad erkennen die Fachleute hier?) war auf der Tellerseite etwas weit gegart, überwiegend aber medium.
Abgefragt wurde der Gargrad nicht. Das zurückhaltend gebräunte Fleisch hatte einen leicht würzigen Eigengeschmack. Die Prärie ruft...
Begleiter waren wohl nochmals Buchenpilze, Crème vom schwarzen Knoblauch und Topinambur in Variationen, von denen mir die hauchdünn gehobelten, sauer eingelegten Scheiben mit ihrer Knackigkeit am besten gefielen. Eine Überraschung enthielt die gebackene Praline. Statt einer weiteren "Sättigungsbeilage" war hier ein überzeugendes Confit enthalten, das mir in seinem intensiven Fleischgeschmack mindestens ebenso behagte, wie das edlere Rückenteil.
Das folgende Zitrusfrüchtedessert war in einer ungewöhnlichen schweren, weißen Schale angerichtet, die bis auf die Farbe am ehesten an eine halbierte Bergamotte erinnerte.
Yuzu, Bergamotte als Chip und Buddhas Hand in Scheiben setzen eigenständige Akzente, durch Limonen und Zitronen als Sorbet und Puder kamen kräftige Säuren ins Spiel, die von Perlen weißer Schokolade schön eingebunden wurden.
An sich ein gelungenes Dessert, dem gleichwohl durch die ebenfalls Zitrusfrüchte enthaltende gerade genossene Erfrischung etwas Wirkung genommen wurde. Bei aller Effizienz wäre vor dem Fleisch vielleicht ein Eis aus roten Früchten die bessere Wahl gewesen. Dass ich gern den einzelnen Nuancen der vielen fruchtigen Säuren solo nachgeschmeckt hätte, dürfte wenig überraschend sein.
Dazu erhielten wir einen wunderbaren Cocktail auf der Grundlage von Yuzu-Sake, der mit Zesten der Früchte angesetzt war. Dazu Sauvignon Blanc Sweetheart von Oliver Zeter und schließlich aufgefüllt mit dem Rieslingsekt von der Nahe. Ein perfekter Begleiter!
Und als Abschluss der Fourme d'Ambert, der uns sehr positiv überraschte, optisch wie sensorisch.
In einer übergroßen Petrischale auf einem Bett von Moos und Rinden diesmal eine hölzerne Schale in Form einer halben Walnuss. Der Käse grob zerpflückt, mit einem Tannenhonig-Schaum übergossen und mit Walnusspulver bestreut. Die fruchtige Komponente steuerte hier Quitte als Chips und teilweise leider etwas holzigen Würfeln bei. Dazu Scheiben von schwarzen Walnüssen und als Clou große, eingelegte Fichtensprossen. Sehr aromatisch, der herb-ätherische Geschmack exakt so, wie man den Geruch im Wald wahrnimmt.
Obwohl der Käse etwas in den Hintergrund trat, ein perfekter Teller. Hier war das Ganze mehr, als die Summe seiner Teile!
Bei der Begleitung waren wir mit einer Trockenbeerenauslese von Kracher auf der sicheren Seite.
Fazit:
Zu Recht Tabellenführer in der Braunschweiger Genießer-Liga. Gefällt mir persönlich auch das Gesamtpaket im unkomplizierten Zucker besser, bietet das Alte Haus dem Genießer doch die besten Produkte, verbunden mit erstklassigem Handwerk und kreativen Ideen.
Zudem eine klare, jedenfalls an diesem Abend ganz deutlich asiatische/japanische Fokussierung und eine eigene Handschrift von Enrico Dunkel. Im Gegensatz zu den asiatischen Produkten und Aromen wird kein Teller-Ikebana aufgeführt, sondern stringent auf den harmonischen Zusammenklang gesetzt. Für mich war es nicht immer der perfekte Weg, was aber einem in jeder Beziehung höchst unterhaltsamen Abend nicht entgegen stand.