Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 362476x gelesen 10162x "Hilfreich" 9120x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 09.02.2018 2018-02-09| Aktualisiert am
10.02.2018
Derzeit wegen Umbau-Arbeiten geschlossen. Sah auch so aus, also hoffen wir das Beste.
Extrem symphatisch die Entschuldigung an der der Tür, dass man nicht alle Gäste mit Reservierungen erreicht habe.
Derzeit wegen Umbau-Arbeiten geschlossen. Sah auch so aus, also hoffen wir das Beste.
Extrem symphatisch die Entschuldigung an der der Tür, dass man nicht alle Gäste mit Reservierungen erreicht habe.
Antons simply delicious
Antons simply delicious€-€€€Restaurant0421 17865000Knochenhauer Straße 4, 28195 Bremen
stars -
"Umbauarbeiten" DerBorgfelderDerzeit wegen Umbau-Arbeiten geschlossen. Sah auch so aus, also hoffen wir das Beste.
Extrem symphatisch die Entschuldigung an der der Tür, dass man nicht alle Gäste mit Reservierungen erreicht habe.
Geschrieben am 09.01.2018 2018-01-09| Aktualisiert am
10.01.2018
Besucht am 10.10.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 225 EUR
Tohru Nakamura hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Nach Entdeckung und Aufsteiger des Jahres nun zum zweiten Mal (Feinschmecker, Rolling Pin) Koch des Jahres. Dementsprechend konnte der Werneckhof, das Aushängeschild der Münchner Hotelier- und Gastwirtfamilie Geisel seine 2 Michelin-Sterne und 18 G&M-Punkte verteidigen.
Mein letzter Besuch in der ruhigen Schwabinger Seitenstraße datiert noch aus der Zeit ohne diese Weihen, 2013 muss es gewesen sein. Trotzdem kann ich mich an einiges aus der japanisch-europäischen Aromenküche erinnern. Und an die umlaufende Kirschbaum-Bank in der Stuben, nur mit einem dünnen Alibi-Kissen belegt. Brutale Härte, die mich damals nach drei Stunden zu ein paar Yoga-Übungen auf der kleinen Toilette zwang. Die Stühle sind zwar besser gepolstert, aber wer möchte schon alleine den ganzen Abend die recht leere, weiße Wand anschauen?
An dieser rustikalen Sitzgelegenheit hat sich nichts getan und auch im Übrigen sind Gastraum wie Séparée unverändert. Wie angenehm, denn die schöne, über 100 Jahre alte Einrichtung mit vielen Jugendstil-Elementen vermittelt schon beim Eintreten eine gastliche Atmosphäre, auch wenn man mangels Windfang oder Flur recht unvermittelt ins Restaurant platzt. Nur ein hohes Blumenarrangement in der Raummitte schafft einen Kontrapunkt und verweist in seiner Eleganz auf die asiatischen Note der Küche.
Gut in Erinnerung ist mir auch der vormalige Gastgeber und Sommelier Ireneo Tucci, der mich u.a. mit einem formidabel gereiften Passito verwöhnte. 2015 ging die Restaurantleitung auf die herzliche Julia Pleintinger über, die heuer im Service von mehreren jungen Herren unterstützt wurde. Deren Ansagen gerieten vollständig, jedoch arg schablonenhaft, was aufgrund des sehr gut gefüllten Restaurants und der eng gestellten Tische nicht zu überhören war. Aber Souveränität braucht ihre Zeit, mit der auch das bei Nachfragen noch überschaubare Produktwissen wachsen wird. Ansonsten meist auf der Höhe. Nur das hierzulande wohl eher als Erfrischung, denn zur Säuberung gereichte oshibori kam ausgekühlt an den Tisch. Schade, das geht besser. Dafür gab’s eine frische Serviette nach Rückkehr aus dem unauffälligen Sanitärbereich.
Für die Weinbegleitung zeichnete ein leicht distanzierter Mitarbeiter verantwortlich, der meinen Wunsch nach charakterstarken französischen Weißweinen - soweit passend - erfüllen konnte.
Bei Aperitif und Digestif hatten wir ein dagegen ein paar Schwierigkeiten; vergeblich hatte ich gehofft, dass auf den Keller der zur selben Gruppe gehörenden Geisels Vinothek zurück gegriffen werden könne.
Weißen Portwein als Auftakt gab es daher zu meiner Überraschung schon mal nicht. Der ersatzweise Vermouth kam dann zunächst zweimal mit schwarzen Schwebteilchen im Kristallglas an den Tisch. Was vor dem Untergrund der blütenweiße Tischdecke und mit einem Strahler von oben allerdings auch leichter auffiel, als bei der schummrigen Beleuchtung hinter der Theke. Schwamm drüber. Schade lediglich, dass die beim ersten Versuch noch vorhandene Zitronenschale auf der Strecke geblieben war.
Erfreulicherweise stand zum Abschluss ein P.X. im Angebot. Leider war der Albalá 2011 sehr spritig, so dass ich um einen Port bat. Auch der servierte LBV von 2009 noch eher zu frisch. Alles Geschmacksache.
Die Karte listet ein 5- und ein 7-Gang-Menü (150€/180€) auf. Aber auch die Wahl à la carte ist möglich und wurde von den meisten (Freundes-, Geschäfts- und anderen) Paaren, die den überwiegenden Teil der Gäste ausmachten, auch bevorzugt. Mit Blick auf den Termin am nächsten Morgen entschied ich mich für die kleine Auswahl:
Dazu die Weinbegleitung (für die - sorry - „Freaks“ ausnahmsweise en detail):
Eingeschenkt wurden
ein junger Sauternes Lions de Suduiraut (Sauvignon gris, Sauvignon blanc, Semillon) 2011,
Chenin Blanc von der Loire Trie speciale Baumard 2010,
ein weißer Bordeaux (Sauvignon Blanc/Semillon Bordeaux) Virginie de Valandraud Thunevien/Andraud 2010,
von der Rhone ein Viognier Les Conturs de Deponcins Francois Villard 2015
und als krönender Abschluss mein geliebter Saar-Riesling Scharzhofberger GG von Kesselstatt 2013.
Bis auf den etwas beliebigen Sauternes war ich sehr zufrieden, wenn auch nicht völlig hin und weg.
75€ für 5 großzügig gefüllte, teils nachgeschenkte Gläser.
Sowohl der (im dritten Versuch) einwandfreie Vermouth als auch die beiden Dessertweine, die ja nun überhaupt nichts verbrochen hatten, gingen aufs Haus - sehr großzügig!
Die Amuses stimmten dann pointiert auf die Küche ein und werden in ihrer Vielfalt auf einer extra gereichten Karte angekündigt.
Aus der kalten Auswahl beeindruckten das pikante Rindertartar mit knusprigem Chip
und die perfekte Balance bei Süßwasser-Garnele und Königskrabbe
Dagegen fiel die Gelbschwanzmakrele ab, die von den Mitspielern mit einem zudem unbestimmbaren Geschmacksbild zu sehr überlagert wurde
In der warmen Abteilung überzeugte der schmackige Eierstich mit Beurre blanc
Und natürlich das reinste umami im puren Dashi.
Die wundervoll fluffige Teigtasche
ließ zwar Pflaume erkennen, nicht aber Shitake und Perigord-Trüffel.
Weiter ging’s mit einem Hefeteigbrot, das durch lockere Krume
und eine feinberstende Kruste begeisterte. Auch die Begleiter
Butter, Tofu-Topfenquark und besonders ein geschmacklich wie optisch intensives Schnittlauch-Traubenkernöl schienen formidabel. Prüfen konnte ich das zunächst nur kurz, denn kaum hatte ich das Prachtbrot in einer Kombi probiert, stand Frau Pleintinger mit dem ersten Gang am Tisch. Nun gebe ich ja zu, dass ich ein recht sinnliches Verhältnis zu frischem Brot habe (Sehen, Fühlen, Riechen, tatsächlich sogar Hören und dann erst Schmecken), aber das ging doch zu schnell. Was ich auch mitteilte. Etwas beleidigt - wie mir schien - zog meine Gastgeberin mit dem Teller wieder von dannen. Ein paar erklärende Worte, betreffend meine Wertschätzung für die Leistung der Küche (oder des externen Bäckers) auch bei diesem Teil des Menüs hellten die Stimmung beiderseits wieder auf.
Im zweiten Anlauf durfte ich dann die fleischigen Austern mit viel Eigengeschmack aus dem Étang de Thau genießen, die sich unter einem wie hingetupften Kräuter- und Blütengemälde versteckten
Mit eingelegten Selleriestreifen, geraspelten Maroni, Quinoa und einer fruchtig-ätherischen Bergamotte-Emulsion ergab sich ein überraschend „molliges“ (tn) Mundgefühl. Sehr, sehr guter Auftakt.
Der zweite Gang hielt das Niveau locker: Der zarteste Kaisergranat, seit es Krustentiere gibt
konkurrierte nussig-süß mit einem kunstvoll gedrehten Turm aus Auberginenstreifen und -Mus, der mit pikantem
Aprikosencoulis
gefüllt und einem Segel gekrönt war. Umschmeichelt wurde beides von einem zum Niederknien süffigen Auszug von Kaffirblättern mit Kurkuma. Wow.
Jedoch: Der nächste Gang, den ich gegen die vorgesehene Taube aus Anjou getauscht hatte, brachte den Höhepunkt des Menüs und sicher einen der, wenn nicht DEN besten Teller 2017!
Und wie herausfordernd war diese vermeintliche Kleinigkeit, denn zwei schnelle Bissen und er wäre an einem vorbei gegangen als „gutes Fleisch mit saftigem Mantel“.
Tatsächlich war das Stück super-saftiges Schweinefleisch (confiert?) kurz gegrillt worden, was für einen rauchigen Kick sorgte. Um hernach eine Auflage von Reis und feinst gerupften Taschenkrebs zu erhalten
Diese himmlische Praline
badete in einer zunächst à part gereichten Beurre blanc mit Uni
wobei ich den Seeigel erst nicht schmeckte, bevor sich im Abgang der prägnante, jodig-nussige, ganz leicht bittrige Ton durchsetzte. Gel von Satsumas steuerte feine Frucht bei. Wasabiöl setzte ebenso pikante Akzente, wie die dünnen Schnitte von verschiedenen Radis Frische und etwas Struktur mitbrachten. Ein Meisterwerk der modernen Hochküche.
Durch den Tausch des Hauptgangs ließ die Küche die Entenleber
nach hinten vor das Dessert rutschen. Vielleicht fiel deshalb auch eine Erfrischung aus, die ich bei der Leichtigkeit der Gerichte nicht vermisste.
Bei der leicht angebratenen, rosa Leber
gefiel auch der Sud, hier abwechslungsreich durch orientalische Ankläge mit Rosenwasser und Orangenblüte. Auch Richtung Orient zeigten die Beilagen Cous-Cous, getrocknete Mandeln, Blumenkohl und verschiedene Texturen der Olive; den asiatischen Touch stellte allein Yuzu-Gel her. Die ganz leicht gewürzte Leber war super, ansonsten überzeugte mich der kulinarische Ausflug in andere Weltregionen nicht so sehr, wie die vorigen Gänge. Auf diesem Niveau etwas unterkomplex, auch optisch. Darauf angesprochen, murmelte Frau Pleintinger, man wolle halt nicht immer nur Einflüsse aus Fernost... Aber warum denn nicht, wenn es so phantastisch funktioniert?
Irritiert war ich gewesen, als der Service ein Laguiole-Messer eindeckte. So fest ist Entenleber eigentlich nicht... Des Rätsels Lösung: Das schöne alte Silbermesser habe doch einige Scharten, die die Leber häßlich zerreißen würden.
Schon allein mangels eines Käseangebotes, wählte ich abschließend das Dessert.
Aber Birne an sich und erst recht diese Sorte ist ein selten gesehener Gast in deutschen Restaurants. Da war ich neugierig.
Und ich wurde nicht enttäuscht...
Das Ragout konnte mit deutlicher Säure punkten und kontrastierte gut mit dem ätherischen Anflug von Lorbeer und Verbene-Sorbet. Eiskörner und Sud von Holunder gaben rote Frucht dazu, sehr gut gemachter Mohncrisp und Hefe-Crumble und -Stroh sorgten für den Punch durch Crunch. Ebenfalls eine Pracht fürs Auge.
Auch ohne Kaffee kam ich noch zu einem mannigfaltigen „Süßen Ende“:
Heidelbeertarte mit japanischem Honig
ein eisgekühltes, witzig serviertes (eventuell etwas zu süß geratenes) Ananas-Calpis
und - mit grandiosem Understatement - schlicht als Limette
wurden die kleinen Preziosen angekündigt. Perfekt. Und dann war da noch der natürlich im Hause gebackene „Keks“
dessen Glücksbotschaft mich mit einem zufriedenen Lächeln in die Schwabinger Nacht entließ.
Fazit:
Die Küche hat geliefert, was die vielfältigen und weiter anhaltenden Lobeshymnen (kürzlich Julien Walther, troisetoiles) verheißen. Grandiose Aroma-Küche (Von den Kräutern und erst recht den Gewürzen habe ich vermutlich nur einen Bruchteil überhaupt bewusst wahrgenommen, geschweige denn identifiziert.) bei durchweg tollen Produkt-Qualitäten. Keine Schwächen, nur „Toll! Toll! Toll!“ mit mehr oder minder starken Ausreißern zu „Phänomenal!“
Dass es trotzdem insgesamt kein perfekter Besuch war, lag eher am Drumherum. Der Service hatte nicht seinen stärksten Abend, es hakte doch mehr als einmal. Und auch von den Weinen hätte ich noch mehr erwartet.
Trotzdem: Der Werneckhof ist weiterhin eine tolle Bereicherung!
(Und natürlich auch eine Entreicherung! Um gewissen Herren gleich mal den ersten Kalauer von der Tastatur zu nehmen...)
Tohru Nakamura hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Nach Entdeckung und Aufsteiger des Jahres nun zum zweiten Mal (Feinschmecker, Rolling Pin) Koch des Jahres. Dementsprechend konnte der Werneckhof, das Aushängeschild der Münchner Hotelier- und Gastwirtfamilie Geisel seine 2 Michelin-Sterne und 18 G&M-Punkte verteidigen.
Mein letzter Besuch in der ruhigen Schwabinger Seitenstraße datiert noch aus der Zeit ohne diese Weihen, 2013 muss es gewesen sein. Trotzdem kann ich mich an einiges aus der japanisch-europäischen Aromenküche erinnern. Und an die... mehr lesen
Geisels Werneckhof
Geisels Werneckhof€-€€€Sternerestaurant089 38879568Werneckstr. 11, 80802 München
4.5 stars -
"Grandiose Aroma-Küche" DerBorgfelderTohru Nakamura hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Nach Entdeckung und Aufsteiger des Jahres nun zum zweiten Mal (Feinschmecker, Rolling Pin) Koch des Jahres. Dementsprechend konnte der Werneckhof, das Aushängeschild der Münchner Hotelier- und Gastwirtfamilie Geisel seine 2 Michelin-Sterne und 18 G&M-Punkte verteidigen.
Mein letzter Besuch in der ruhigen Schwabinger Seitenstraße datiert noch aus der Zeit ohne diese Weihen, 2013 muss es gewesen sein. Trotzdem kann ich mich an einiges aus der japanisch-europäischen Aromenküche erinnern. Und an die
Geschrieben am 21.12.2017 2017-12-21| Aktualisiert am
16.04.2018
Besucht am 12.11.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 72 EUR
Sonntagabend in der mecklenburgischen Provinz.
Einsam die Gassen vom Bahnhof zum Schlosse. Vom Glockenturm her schlägt die Stunde, nebelverhangen der triste Kanal. Auch das Hotel de Weimar im Dunkeln.
Schlüssel? Den spuckt ein Tresor gegen Code aus - Glastüre öffnet sich folgsam dem Gaste. Einzelner Handschuh liegt mir im Wege. (Was macht gerade Nicholsons Jack wohl?) Verwaisten Eingang im Zwielicht durchmessen, hallenden Schrittes durchs leere Foyer, schließlich das schützende Zimmer erreicht.
November-Blues.
Was nun? Ich brauch Musik und Wein und einen, der gut kocht. Finde ich aber Sonntags im hauseigenen Restaurant Ambiente nicht, in dem ich letztes Jahr gut, aber sehr teuer gegessen hatte.
Als sehr solide empfohlen wurde mir die Prinzenstube im Hotel zum Erbprinz auf halber Strecke zurück zum Bahnhof. Schon beim Eintreten endlich Leben: Aus der Bar grüßt lautstark eine Firmenveranstaltung, mehrere junge Damen wuseln geschäftig umher und im Weißen Salon sitzen zwei ältere Paare und eine kleine Familiengesellschaft inklusive übermüdetem und/oder verzogenem Kleinkind. Die aufkommende Gereiztheit atme ich gewohnt tibetisch weg (Wer jetzt keinen Tisch hat, findet keinen mehr!), helfe mir aufgrund der anderweitig beschäftigten Bedienungen selbst mit der Garderobe, bewundere das mechanische Klavier
dem seit einigen Jahren die passende klingende(!) Münze fehlt
und lasse mich - endlich - auf den Polsterstuhl im barocken Stil sinken. Puh, hoffentlich wird das jetzt hier ein netter Abend! Es wurde.
Mobiliar und helle Tapete nehmen das Barockthema auf. Die klassisch eingedeckten Tische
stehen auf einem hellen Teppichboden, wodurch bei mir immer die Assoziation eines Wohnzimmers entsteht. Allerdings streckt sich der Raum und neben den roten Sitzpolstern schafft viel Weiß eine heiter-festliche Atmosphäre
Viel hängt in einem solchen Familienfeier-Ambiente vom Service ab. Steif oder persönlich? Frau Rehländer im dunklen Hosenanzug ist vom Fach und ein Glücksfall. Mit einer weiteren jungen Dame agierte sie nicht nur professionell, sondern auch freundlich und sehr interessiert an den Wünschen des Gastes und der Rückmeldung. Prima.
Der durchmischte Campari Orange
mit 5,2€ freundlich kalkuliert. Zusätzliches Leitungswasser war unproblematisch und wurde hier nicht berechnet (Eine Unsitte, jedenfalls, wenn auch andere Getränke bestellt werden.) Vielmehr bot Frau R. Zitrone dazu an.
Die welligen Klarsichthüllen in der Karte passen gar nicht zum Stil des Hauses. Das Weinangebot ist (zu) übersichtlich; ich wählte zunächst einen kräftigen (13%) Grauburgunder von Lukas Kesselring aus der Pfalz, muss also gut sein... 5,2€ für 0,2l.
Ein Menü wurde nicht angeboten, auch Tagesempfehlungen gab es keine. Im Angebot auf der ständigen Karte 3 Vorspeisen, je zweimal Fisch und Vegetarisches, dagegen fünf Fleischgerichte, schließlich zwei Desserts und immerhin eine Käseauswahl.
Ich war neugierig auf
- Zweierlei von der Petersilienwurzel mit einem confierte Forellenfilet im Kräutermantel
- Tagliatelle in Sesamöl-Citrussud mit geschmolzenem Gorgonzola, confierte Tomaten
- Gebratenes Saiblingsfilet auf Gewürzspinat, Weißweinsauce, Kartoffel-Baumkuchen
- Hirschrücken im Pumpernickel-Mantel, Preiselbeerkraut, Jus, Serviettenknödel
- Käseauswahl der Region mit Nüssen, Weintrauben sowie Feigensenf.
Ich bat um etwas kleinere Portionen, wo möglich. Das hat die Küche mustergültig umgesetzt. Der daraus folgende "Menü-Preis" für 44,5€ gewohnt günstig hier in Nord-Ost .
Zur Überbrückung der Wartezeit wurde mit kräftigem, noch leicht knusprigem Mischbrot eine schön schmackige Kräutercreme gereicht, die beste seit langem
Die eigentliche Speisenfolge startete mit einer sehr heißen Cremesuppe, die den eigentümlichen, leicht parfümierten Geschmack der Petersilienwurzel nicht verleugnete. Zweite Komponente der Knolle waren dünne krosse Chips. Auch gut, wenn ihnen auch ein Hauch von Frittiertem anzuhängen schien.
Das Forellenfilet war offenbar zunächst geräuchert, dann confiert worden. Zusammen mit der Kräuterauflage nach Art einer Salsa verde war das eine wunderbare Liaison mit der Suppe.
Überraschender, geglückter Auftakt.
Bei den Nudeln als Zwischengang hatte ich mich aus dem vegetarischen Angebot bedient.
Die nach meinem Gusto etwas weichen Tagliatelle kamen schon mit dem verführerischen Duft geröstetem Sesams an den Tisch.
Der italienische Blauschimmel-Käse umhüllte die Teigwaren mollig, aber nicht schwer. Auch geschmacklich wurden durch die Zitrusfrüchte schöne Akzente gesetzt. Besonders zu loben ist die Verwendung von gezupften Orangen- und roten Grapefruit-Filets. Keine spitze Säure, sondern wunderbar fruchtig-frische Noten. Dagegen wieder einmal Kirschtomaten als einfallsloser Farbtupfer in der Salatbeilage. Eine unnötige, weil eben auch eher säuerliche Komponente. Immerhin, die Hälften sind ja groß genug, sie liegen zu lassen. Ansonsten fein gemacht, nur ein Hauch Schärfe wäre noch eine Verbesserung gewesen.
Der folgende Fischgang konnte dieses Niveau nicht ganz halten.
Das auf der Haut gebratene Filet vom regionalen Gehlsbach-Saibling sah köstlich aus
und war geschmacklich fein. Leider für meinen Geschmack etwas zu lange gegart, ohne jetzt komplett trocken gewesen zu sein. Ganz pfiffig der Kartoffelbaumkuchen
Dünne Schichten von Pürree wurden gegrillt (scheinbar im Waffeleisen o.ä.), dann kam die nächste Lage drauf usw. Das sah in der Tat wie die bekannte Konditoren-Spezialität aus. Leider schmeckte die Masse nur noch wenig nach Kartoffel, war aber umso salziger.
Enttäuschend waren auch die Gemüse. Beim Würzspinat war der Namensgeber nicht erkennbar, es dominierten zu viele salzige Kapern. Auch die Karotten hatten keinen Eigengeschmack, waren aber von penetranter Süße. Fehlende Produktqualität durch Aromen auszugleichen, geht meist schief. Auch die übliche Verdächtige war natürlich anwesend...
Zum Wildgang hoffte ich wieder auf Steigerung und wechselte auf die bekannte Black-Print-Cuvée von Markus Schneider (7,5€/0,2l).
Zuvor gab es auf gesonderte Bestellung hin noch ein mild-cremiges Pflaumensorbet (4,5€), das durch durch Passionsfrucht-Kerne erfrischend aufgepeppt wurde
Gut gemacht.
Die als Deko fungierende, zu dieser Jahreszeit harte und geschmacklose Überseepflaume war mehr als flüssig.
Bis hierhin überwogen die positiven Eindrücke. Aber ein paar Schwächen gab’s ja auch.
Der Fleischgang sollte wohl die Entscheidung zwischen Zufriedenheit oder Enttäuschung bringen.
Das Hirschmedaillon wurde etwas soldatisch präsentiert. Gestiefelt mit einem runden Bett aus Blaukraut mittig der Befehlshaber des Tellers, drüber ein ordentliches Barrett aus Brotcrumble. Als Adjutanten standen an den Seiten in Hab-Acht-Stellung angebratene Knödelscheiben, an denen die Johannisbeeren wie Epauletten herunterhingen. Präsentiert die Brotchips!
Da hatte sich jemand viel Mühe gegeben (und die jungen Wilden aus Berlin-Mitte und deren Publikum sind gaaaaanz weit weg). Und das ist ohne Wenn und Aber anzuerkennen!
Aber entscheidend ist auf´m Teller...
Mit dem Anschnitt war die Schlacht entschieden: Sieg auf der ganzen Linie!
Das aromatische Fleisch aus lokaler Jagd mürbe, aber überaus saftig
Auf den leisesten Druck der Gabel quoll der Fleischsaft aus den Poren. Yes!
Der Rotkohl nicht verkocht, nicht zu hart. Deutliche Zimtnoten und Preiselbeeren auch eingearbeitet. Toll ebenfalls der lockere Knödel mit gutem Röstton und kräftigem Kümmel, kannte ich so nicht.
Pumpernickel geschmacklich zu Wild eine Bank, aber mit den klebrigen, festen Körnern in den Backenzähnen werde ich mich in diesem Leben nicht mehr anfreunden.
Rundum gelungener Hauptgang mit überragender Produktqualität, handwerklich sehr sauber und mit guten Ideen. Bravo!
Dementsprechend geizte ich nicht mit Lob, als der junge Chef Daniel Wendt den abschließenden Käse servierte und aufmerksam die Anregungen aufnahm. Aber auch seine Ideen sachlich verteidigte. So soll es sein. Und in der Tat kann der Spagat zwischen den Erwartungen einer konservativ-bürgerlichen Gästeschaft und den eigenen kreativen Ideen nur vorsichtig gewagt werden. Daran gemessen, hat Herr Wendt hier schon viel richtig gemacht.
Was auch für den letzten Gang galt, bei dem entgegen der Karte nicht Regionales serviert wurde (Oder gar das Käse-Einerlei des morgendlichen Hotel-Buffets - auch schon erlebt, so eine Unverfrorenheit!), sondern österreichischer Weinkäse aus Heumilch. Dazu Feigensenf und verschiedene Nusskerne, die geröstet und noch warm aus der Pfanne kamen
Fein. Beim nächsten Mal noch mit Puderzucker karamellisieren und eine weitere Stufe wäre erreicht.
Aber auch so habe ich mich in der Prinzenstube sehr wohl gefühlt und spreche gern eine Empfehlung aus.
Schnell durch den Nebel zurück in meinen Little inn of horrors, zu dessen - sehr gutem - Frühstück sich am nächsten Tag auch nur drei Gäste mehr oder weniger lebendig einfanden.
Sonntagabend in der mecklenburgischen Provinz.
Einsam die Gassen vom Bahnhof zum Schlosse. Vom Glockenturm her schlägt die Stunde, nebelverhangen der triste Kanal. Auch das Hotel de Weimar im Dunkeln.
Schlüssel? Den spuckt ein Tresor gegen Code aus - Glastüre öffnet sich folgsam dem Gaste. Einzelner Handschuh liegt mir im Wege. (Was macht gerade Nicholsons Jack wohl?) Verwaisten Eingang im Zwielicht durchmessen, hallenden Schrittes durchs leere Foyer, schließlich das schützende Zimmer erreicht.
November-Blues.
Was nun? Ich brauch Musik und Wein und einen, der... mehr lesen
Hotel Erbprinz · Die Prinzenstube
Hotel Erbprinz · Die Prinzenstube€-€€€Restaurant03874 25040Schweriner Str. 38, 19288 Ludwigslust
4.0 stars -
"Überraschend gute Hotel-Küche mit Pfiff!" DerBorgfelderSonntagabend in der mecklenburgischen Provinz.
Einsam die Gassen vom Bahnhof zum Schlosse. Vom Glockenturm her schlägt die Stunde, nebelverhangen der triste Kanal. Auch das Hotel de Weimar im Dunkeln.
Schlüssel? Den spuckt ein Tresor gegen Code aus - Glastüre öffnet sich folgsam dem Gaste. Einzelner Handschuh liegt mir im Wege. (Was macht gerade Nicholsons Jack wohl?) Verwaisten Eingang im Zwielicht durchmessen, hallenden Schrittes durchs leere Foyer, schließlich das schützende Zimmer erreicht.
November-Blues.
Was nun? Ich brauch Musik und Wein und einen, der
Geschrieben am 11.12.2017 2017-12-11| Aktualisiert am
12.12.2017
Besucht am 22.08.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 138 EUR
denn der Name des Restaurants im Hotel Herrenkrug zwingt ja zu Wortspielereien.
Mein erster Besuch im top-gepflegten Hotel-Ensemble mit angeschlossener Gastronomie im weitläufigen, wunderbaren Park. „Schön, wirklich schön!“ war mein erster Gedanke. Das Innere der teilweise unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude kann ebenfalls begeistern, so der historische Eiskeller und die Festsäle. Die Hotelzimmer fallen dagegen ein wenig ab, für das Niveau des Hauses etwas in die Jahre gekommen, eine Renovierung demnächst würde nicht schaden. Auch, dass die Zimmer zur Südseite keine Klimatisierung haben, versprach an diesem warmen August-Tag keine erquickliche Nachtruhe. Immerhin stand über den Flur die Tür zu einem großzügigen Raum auf der schattigen Rückseite offen. Eine kurze Inspektion ergab eine wesentlich erträglichere Temperatur, so dass ich kurzerhand telefonisch bei der Rezeption die Zustimmung zu meiner Zimmer-Eroberung einholte. Morgens wurde ich von Vogelzwitschern geweckt. Schön, eben.
Der hohe Speiseraum zeigt sein schönes Holzgebälk
war aber nicht eingedeckt. Ebensowenig die Süd-Veranda. Stattdessen ging es in den Wintergarten, der mit einer schnöden Metallkonstruktion an die seitliche Außenseite des Gebäudes angebaut worden ist. Die Kombi aus rötlichen Verblender-Außenmauern, polierten Steinfußboden, Rattanstühlen mit dicken Sitzpolstern und den klassisch eingedeckten Tischen fand ich etwas unharmonisch
Unentschieden zwischen Fine-Dining und Außengastronomie. Aber das ist ganz Geschmackssache, gepflegte Atmosphäre auf jeden Fall mit ausreichenden Sitzabständen. Nur sehr laut und hallend. Im Übrigen entschädigt wieder der Blick, hier u.a. auf eine hohe Pergola und weitere, sattgrüne Rasenflächen
Dass hier gleich zweimal in einer Dekade ein „Jahrhundert-Hochwasser“ einen halben Meter hoch stand, ist nur durch die Verankerungen für die neue Schutzwand zu erahnen. Als später noch eine gute Freundin aus dem nahen Biederitz erschien, knabberten wir die Käseplatte auf der sich anschließenden Außenterrasse.
Der Service hatte sich gegen Gartenlokal und für „Erstes Haus am Platze“ entschieden. Mehrere erfahrene und professionell servierende Herren agierten steif und unpersönlich. Herzlichkeit Fehlanzeige. Angetan mit Oberhemd, Langbinder, Weste und Schürze. Alles in allem so, wie das früher (vielleicht!) erwartet wurde, wenn zum runden Geburtstag die Patriarchin den Familien-Clan „ausführte“. Heute will das doch niemand mehr; ich jedenfalls nicht. Die Restaurant-Leiterin war denn auch zugewandter.
Bei leicht sphärischen Klängen stöberte ich durch die Karte. Menüs wurden nur tischweise und ab 2 Personen angeboten. Ging aber trotzdem auch für einzelne Herren, trotz ordentlicher Belegung des vom Guide Michelin empfohlenen Restaurants.
Der übliche weiße Port von Rozes (6,4€) war leider nicht gekühlt, erster kleiner Minuspunkt.
Meine Wahl:
- Carpaccio vom geräucherten Thun, Basilikum-Olivenöl und geröstete Pinienkerne
- Essenz von der Tomate mit Orecchiette
- Medaillons vom Seeteufel mit Safransauce, Ratatouille und Tagliatelle
- Onglet mit Dornfelder-Sauce, mediterranes Gemüse und Thymian-Kartoffelgratin
- Französische und italienische Rohmilchkäse
Immerhin keine Speisekarten-Rätsel, man hat eine Vorstellung, was einen erwartet. Es wurden 82€ berechnet.
Die Weinkarte ist eher übersichtlich, enthielt aber auch einige halbe Flaschen, wie fein. Weniger, dass der angebotene Sauvignon nicht mehr verfügbar war. Statt von Gerard Millet wurde ein sehr geradliniger Sancerre von Bernard Reverdy eingeschenkt. Mit 39€ für 0,375l kein Schnäppchen.
Der kulinarische Abend begann mit heißem, knusprigem Kartoffel-Mais-Brot
mal eine schöne Abwechslung und nicht zu trocken. Dazu gab es einen sehr Dill-lastigen Kräuterquark und gesalzene Butter, leider sehr hart. Beide unter Mini-Cloches serviert.
Die Küche grüßte dann farbenfreudig:
Räucherlachs-Frischkäse-Tatar, Apfelchutney und Rote-Bete-Hummus, schließlich noch einen Kartoffelchip.
Letzterer stand zu lange in den feuchten Bestandteilen und war fast durchgängig pappig. Das passiert nicht nur in Der Saison, ändert aber nichts. Ansonsten war die Kreation gut überlegt und auch gut gemacht. Milchprodukt milderte die Salzigkeit des Räucherfischs, der Apfel gibt Süße, Säure und etwas Biss und im sehr cremigen Hummus war die Erdigkeit der Rübe noch klar auszumachen. Ein sanfter, harmonischer Einstieg; vielleicht war der fehlenden Crunch der Kartoffelscheibe ja gewollt...
Der aufgeschnittene geräucherte Thunfisch
war erstaunlich saftig und verfügte über ein angenehmes Raucharoma. Von angekündigten Basilikum war im Öl eher wenig zu bemerken, allerdings gab es auch nur eine sparsame Menge. Der Wildkräutersalat mit Pinienkernen war ok, wenngleich ich Rauke nicht für sonderlich wild halte.
Weiter ging es mit der Suppe.
Die klare Essenz kam sehr heiß an den Tisch und hatte erst im Abgang eine Ahnung von Tomate. Ansonsten eine (sehr) salzige Brühe. Die selbst gemachten „Öhrchen“-Nudeln hatten eine leichten Teig, waren aber geschmacklich wie farblich brutal langweilig. Aromatisierung, z.B. mit getrockneter Tomate oder noch besser Basilikum hätte da sicher eine Verbesserung bedeutet. Kein Grund den Teller „schön leer zu essen“, außer man hat Hunger oder friert. Nun, es sollten ja noch ein paar Gänge folgen und sonderlich kalt war mir im August auch nicht. Ich bestellte daher noch eine geeiste Gurkensuppe mit Balsamico-Perlen, was gleich vernünftig gewesen wäre, mein Fehler. Die Konsistenz war recht dicklich
doch viele Kräuter ergaben mit der Gurke erfreuliche Geschmacksnuancen. Den Essig suchte ich zunächst vergebens. Die Zugabe war in der Küche vergessen worden und auch dem Service war das nicht aufgefallen. Schade. Die erst auf Nachfrage nachgelieferten Perlen
setzten dann mit ihrer zurückhaltenden Säure schöne Akzente.
Der Fischgang wartete mit einer Überraschung auf, denn die zwei recht kleinen Seeteufel-Medaillons waren auf Zitronengras-Stängel gespießt worden.
Sie hatten Röstaromen und waren nicht tot gebraten, sondern noch recht saftig. Auch in Ordnung.
Die Gemüse der Ratatouille waren sehr klein geschnitten und hatten kaum bemerkbaren Eigengeschmack, es dominierten Zwiebeln und zu viel salzige schwarze Olive.
Die Tagliatelle schließlich kamen ordentlich gegart und hatten ein sattes Gelb vom Safran. Mehr davon aber auch nicht.
Vor dem Fleischgang eine cremige Erfrischung in Form von zwei Kugeln Sorbet mit frischer Minze
Während der Sanddorn unerwartet mild blieb, gefiel mir bei der anderen eine leichte fruchtige Bitterkeit. Könnte roter Genever gewesen sein.
Das aufgeschnitten präsentierte Onglet war sehr gut
Zart und strukturiert, kräftige Röstnote. Die reduzierte Jus litt - nicht als erstes Produkt des Abends - unter ihrer kräftigen Salzigkeit.
Und auch bei diesem Gang fielen die Beilagen ab.
Das Gratin war zwar exakt gegart
aber seinerseits zu wenig gewürzt. Insbesondere gegen die Sauce war dann von der leichten Thymian-Note nichts mehr zu schmecken. Das mediterrane Gemüse unterschied sich zwar in der Zusammensetzung leicht von der Ratatouille zuvor. Geschmacklich nichts sagend blieb es. Schade, das Fleisch hätte ausdrucksstärkerer Mitspieler verdient gehabt.
Mit dem Tawny Port auch von Rozes (10,8€) kam zum Abschluss ein Käsegang, der solide und ohne Ausfälle war
Hübsch angerichtet. Nussbrot hat geschmeckt. Nicht falsch, aber arg konventionell die Begleitung durch Weintrauben, Walnüsse, Grissini und fürs Auge Erdbeeren.
Das kann auch das Fazit sein.
Die Saison liefert ein ordentliches Programm ohne Höhepunkte, vermutlich für ein Publikum, das Überraschungen eher weniger schätzt. Gute Produkte stehen neben vernachlässigten Beilagen, auch das ein Evergreen der gehobenen Hotel-Gastronomie. (Weshalb die Ausnahmen umso lobenswerter sind!) Die Leistung rechtfertigt die Preise nicht.
Wer hier einkehrt, macht zwar nichts falsch. Die Alternativen Hadrys und Selma&Rudolph sind aber kulinarisch eine Klasse besser und erst recht preislich angemessener.
denn der Name des Restaurants im Hotel Herrenkrug zwingt ja zu Wortspielereien.
Mein erster Besuch im top-gepflegten Hotel-Ensemble mit angeschlossener Gastronomie im weitläufigen, wunderbaren Park. „Schön, wirklich schön!“ war mein erster Gedanke. Das Innere der teilweise unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude kann ebenfalls begeistern, so der historische Eiskeller und die Festsäle. Die Hotelzimmer fallen dagegen ein wenig ab, für das Niveau des Hauses etwas in die Jahre gekommen, eine Renovierung demnächst würde nicht schaden. Auch, dass die Zimmer zur Südseite keine Klimatisierung... mehr lesen
Restaurant Die Saison im Dorint Hotel Herrenkrug ·
Restaurant Die Saison im Dorint Hotel Herrenkrug ·€-€€€Restaurant, Hotel, Biergarten039185080Herrenkrug 3, 39114 Magdeburg
3.5 stars -
"Gute Hauptsaison - schwächere Vor und Nebensaison," DerBorgfelderdenn der Name des Restaurants im Hotel Herrenkrug zwingt ja zu Wortspielereien.
Mein erster Besuch im top-gepflegten Hotel-Ensemble mit angeschlossener Gastronomie im weitläufigen, wunderbaren Park. „Schön, wirklich schön!“ war mein erster Gedanke. Das Innere der teilweise unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude kann ebenfalls begeistern, so der historische Eiskeller und die Festsäle. Die Hotelzimmer fallen dagegen ein wenig ab, für das Niveau des Hauses etwas in die Jahre gekommen, eine Renovierung demnächst würde nicht schaden. Auch, dass die Zimmer zur Südseite keine Klimatisierung
Geschrieben am 30.11.2017 2017-11-30| Aktualisiert am
30.11.2017
Besucht am 17.09.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 108 EUR
Da es mir trotz der gut gemeinten Ratschläge aus der Community nicht gelungen war, meinen nächsten Rostock-Termin auf einen Öffnungstag des Albert&Emile oder wenigstens ;-)) des Butt zu legen, mussten Alternativen her.
Der Guide Michelin hält das Fischrestaurant Borwin - nicht nach dem Inhaber, sondern dem Ahnherr des hier einstmals regierenden Hauses benannt - direkt am Yachthafen für zumindest erwähnenswert. Die Adresse Am Strande bezeichnet zum einen die Warnow-Promenade, an der Lokal an Lokal auf Gäste wartet. Zum anderen allerdings auch die hinter den Gebäuden gelegene Ausfallstraße, die vierspurig die Altstadt mit tödlicher Sicherheit vom Hafen trennt. Wobei das fast wörtlich wurde, denn in der hereinbrechenden Dunkelheit hatte ich übersehen, dass auf der Hafenseite eine kleine Mauer die Straße abtrennt. Hei, da konnte der Borgfelder springen, als sich die schmale Lücke im fast steten Strom des Feierabendverkehrs bedrohlich schnell schloss. Im Ernst: Man suche sich einen sicheren Übergang, auch wenn das vom Neuen Markt her kommend einen kleinen Umweg verlangt.
Ich ließ bei ein paar Schritten im Abendlicht
den Adrenalinspiegel wieder sinken und trat dann über den barrierefreien Zugang durch einen heimelig beleuchteten hölzernen Wintergarten ein.
Die Hütte brannte!
Trotzdem wurde ich schnell bemerkt und von einer gestandenen weiblichen Bedienung freundlich-resolut begrüßt. So war Frau Köhler, die mich den ganzen Abend über betreute, schon bei der telefonischen Begrüßung gewesen. Da ich (deutlich) zu früh erschien, war der für mich vorgesehene Tisch mit Aussicht auf den Hafen noch besetzt. Später wurde mir noch ein Wechsel angeboten, sehr löblich. Aber inzwischen hatte ich es mir in der „guten Stube“ mit Omas Sofa, rosa Tapete, Stichen aus alten Zeiten und dem mächtigen Heizkörper schon bequem gemacht
Das Mobiliar ist auch hier hinten allerdings eher einfach. Überwiegend dunkles Holz, keine Decke verbirgt die mächtig abgeschabte Tischplatte und nur ein dünnes Kissen mildert die Härte der einfachen Stühle auf den hellen Dielen. Erst bekam ich ein Kissen, später zog ich auf´s Sofa um. Auf dem Tisch neben dem soliden Besteck eine Stumpenkerze und ein kleines Blumengesteck, Pfeffer- und Salzmühlen, aber auch Bio-Olivenöl und Balsamessig. Beides italienischer Provenienz, wie übrigens auch der Inhaber des Borwin!
Insgesamt ist das Ambiente für mich mit „gediegener Gasthof“ ganz gut beschrieben
Aber auch das "etwas plüschig" von Kollege Stekis würde ich unterschreiben. Der auch von ihm beschriebene Lärm aus dem vorderen Teil des Gebäudes war hier hinten nur noch gedämpft zu vernehmen, später leerte es sich sowieso schnell.
In meinem selbst gesuchten Refugium saß ich allein, aber keineswegs einsam. Im Gegenteil wurde ich von Frau Köhler herzlich und mit Freude und Enthusiasmus betreut. Immer stand mein angenehmer Aufenthalt im Vordergrund. Egal, ob es um die Platzierung des Kissens ging oder um den Wechsel der Beilagen. Mit Lebenserfahrung ausgestattet und nicht auf den Mund gefallen, sorgte sie für einen kurzweiligen Abend. Dabei auch fachlich versiert, vor der Wende noch als Küchenmeisterin ausgebildet, schlossen sich nach Erlangung der Reisefreiheit über den Balaton hinaus Stationen in Irland und Italien an. Eine wahre Perle - Bravo!
Beschwingt von soviel Freude an der eigenen Aufgabe genehmigte ich mir etwas Prickelndes und war positiv überrascht, dass Moët angeboten wurde. Zwar als Piccolo (26€), aber beim unterstellt eher geringen Umsatz an Champagner ist da für mich das Glas halb voll gewesen (wenn auch nicht sehr lange...); zudem war es mustergültig eisgekühlt.
Die leider mit welligen Plastiktaschen versehene Karte hielt kein Menü, aber neben den üblichen Verdächtigen einige Nettigkeiten bereit, so dass ich mit drei gratinierten Austern (9€) starten konnte.
Die Weichtiere waren geschmacklich zurückhaltend, dafür hatte es die Küche mit Spinat, würzigem Käse und einer überraschend leichten Hollandaise zu gut gemeint
Indes war dieser solide Auftakt deutlicher Beweis, dass die Empfehlung des Michelin durchaus berechtigt war.
Zuvor gab es reichlich Bagutte in drei Ausführungen. Leidlich ok, wenn auch schon etwas trocken. Dafür gefiel mir das mutig gewürzte Kräuterpesto gut
Der tolle Südtiroler Sauvignon Winkl von Terlan kam in den Kühler und begleitete mich fruchtig durch den weiteren Abend. Günstige 36,8€.
Der zweite Gang gefiel mir sehr gut. Die dicken Tranchen Lachsfilet hatten einen deutlichen Eigengeschmack und zusätzlich durch eine eigene Gin-Beize Würzigkeit, ohne weichlich im Biss zu sein
Der Bauchlappen war nicht abgeschnitten worden; wie erfreulich für Freunde der gesunden Omega-3 und -6-Fettsäuren. Kräftige frische Kräuter, Meerettichsahne und Brotchips rundeten diesen skandinavischen Teller (10,8€) erfreulich ab. Alles lt. Karte im Borwin selbst gemacht, woran ich keinen Zweifel habe.
Die folgende Fischsuppe
hatte zwar mit ihrer Granat-Einlage einen gewissen nordischen Touch, aber durch die Tomatisierung des kräftigen Fonds und eine schönen Anisette-Note war Südfrankreich nicht weit. Tadellos die reichlichen Fischstücke à point. Nur Rouille fehlte mir, aber es war ja auch „Die Borwin Bouillabaisse“ angekündigt, nicht eine à la Marseille oder Sète.
Als nächsten Gang hatte ich nach längerer Zeit mal wieder in einem Restaurant Labskaus gewählt
Das Ergebnis sagte mir ebenfalls zu. Einerseits sehr klassisch mit gepökelter Rinderbrust hergestellt und somit kräftig fleischig. Andererseits wurde Bärlauch mit verarbeitet, was ich bisher nicht kannte. Es passte aber vorzüglich zu der reichlich verwandten Roten Bete, die für einen erdig-süßen Ausgleich und eine starke Färbung sorgte. Angerichtet wurde im Ring, für mich hätte es etwas fester sein können. Das Setzei war ok. Den üblichen Begleiter Bismarckhering hatte ich gleich abgewählt. Aber die wunderbare Frau Köhler bot solange Alternativen an, bis ich bei
Spickaal meinen Widerstand aufgab. Nicht unbedingt die gewohnte Beilage, aber ein (sehr) fettes Vergnügen.
Einziger kleiner „Mangel“: Der Koch wollte etwas für‘s Auge bieten und garnierte dieses durch und durch norddeutsche Gericht mit Basilikum. Es war gut gemeint.
Das gebratene Dorschfilet als Hauptgang zerfiel wunderbar zart und saftig, hatte eine überwiegend knusprige Haut und wurde mit einem gut gemachten, nicht zu salzigen Schinkensegel serviert
Als Beilage bekam ich auf Wunsch kleine, feine Pfifferlinge mit Tomate und Lauch aus einem anderem Gericht. Der Wechsel war kein Problem. Zu meinem Bedauern war die Portionsgröße nicht meinem 5-Gang-Menü angepasst, so dass trotz der verweigerten Sättigungsbeilage mehr als die Hälfte zurück gehen musste. Was nicht nur wegen der Verschwendung eine Schande ist, sondern auch ob der besten (Dijon-)Senfsauce seit „Menschengedenken“. Natürlich selbstgemacht, wie so vieles in diesem durch und durch überzeugenden Fischrestaurant an der Warnow.
Da es mir trotz der gut gemeinten Ratschläge aus der Community nicht gelungen war, meinen nächsten Rostock-Termin auf einen Öffnungstag des Albert&Emile oder wenigstens ;-)) des Butt zu legen, mussten Alternativen her.
Der Guide Michelin hält das Fischrestaurant Borwin - nicht nach dem Inhaber, sondern dem Ahnherr des hier einstmals regierenden Hauses benannt - direkt am Yachthafen für zumindest erwähnenswert. Die Adresse Am Strande bezeichnet zum einen die Warnow-Promenade, an der Lokal an Lokal auf Gäste wartet. Zum anderen allerdings auch... mehr lesen
Borwin Hafenrestaurant
Borwin Hafenrestaurant€-€€€Restaurant, Partyservice03814907525Am Strande 2 a, 18055 Rostock
4.0 stars -
"Unerwartet ambitionierte Fischgerichte. Empfehlenswert!" DerBorgfelderDa es mir trotz der gut gemeinten Ratschläge aus der Community nicht gelungen war, meinen nächsten Rostock-Termin auf einen Öffnungstag des Albert&Emile oder wenigstens ;-)) des Butt zu legen, mussten Alternativen her.
Der Guide Michelin hält das Fischrestaurant Borwin - nicht nach dem Inhaber, sondern dem Ahnherr des hier einstmals regierenden Hauses benannt - direkt am Yachthafen für zumindest erwähnenswert. Die Adresse Am Strande bezeichnet zum einen die Warnow-Promenade, an der Lokal an Lokal auf Gäste wartet. Zum anderen allerdings auch
Geschrieben am 20.11.2017 2017-11-20| Aktualisiert am
20.11.2017
Besucht am 05.10.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 106 EUR
Nachdem zwei „Kontrollbesuche“ beim Landhaus Hadrys ergeben hatten, dass noch alles im grünen Bereich ist (Sogar die Musikauswahl wurde verbessert!) und Die Saison im Parkhotel Herrenkrug doch deutlich abfiel, war ich neugierig auf ein weiteres, von den Gastroführern zumindest gelegentlich empfohlenes Restaurant in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.
Eine gleichtägige telefonische Reservierung (wie sich später heraus stellte beim Patissier) war problemlos. Kein Wunder, am Donnerstagabend verirrten sich nach und nach sieben Gäste ins Selma&Rudolph. (Vom Nebentisch hörte ich denn auch ein ironisches: „Voll wie immer...“) Natürlich wird auch hier das Geld mit Veranstaltungen und Caterings verdient, wie Chefkoch Dirk Warras bei der freundlichen Verabschiedung erzählte. Zusätzliche Hürde war sicher auch Sturmtief Xaver gewesen, das kaum zwei Stunden früher über Nord- und Mitteldeutschland gefegt war. Auf dem gut halbstündigen Fußmarsch vom Bahnhof konnte ich mich von der elementaren Gewalt überzeugen und noch am nächsten Tag auf einer Taxifahrt von Magdeburg nach Bremen über die Anfälligkeit der modernen Logistik sinnieren...
Selma Rudolph war der Name der weiland reichsten Magdeburger Unternehmerin, in deren bombastischer Gründerzeitvilla nach umfangreicher Renovierung (wieder) das Haus des Handwerks residiert. Schon zu DDR-Zeiten gab es hier ein bekanntes Hotel und im Souterrain eine Restauration. Davon berichten alte Rechnungen und andere Erinnerungsstücke, die in Schaukästen im schönen Foyer und auf dem Weg zu den untadeligen Toiletten etwas über die Geschichte des Hauses erzählen.
Für große Empfänge ist die beeindruckende Rotunde vorgesehen, für Gesellschaften ein Kabinett. Zum à-la-carte-Restaurant führen ein paar Stufen vom Straßenniveau hinunter durch eine schmiedeeiserne Pforte und den Garten. Man speist also im Souterrain. Hinter dem früher wohl den Dienstboten und Lieferanten zugewiesenen Nebeneingang öffnet sich kleines Foyer mit Empfang. Ich wurde höflich willkommen geheißen, mein Mantel verschwand im Wandschrank und ich durfte mir einen Tisch aussuchen. Da der Platz im Erker bereits besetzt war, wurde es ein Ecktisch mit gutem Blick durch den sechseckigen Raum und in Nähe zu den Weinkühlern. Die erst einige Jahre zurück liegende Sanierung im Wert von angeblich 10 Millionen Euro ist deutlich zu spüren. Der Raum ist deckenhoch in warmem Kirschholz verkleidet. Aus demselben Holz die mit lindgrünem Stoff bezogenen Stühle und Bänke. Dazu ganz klassisch eingedeckte Tische, die recht eng stehen, was bei der überschaubaren Gästezahl aber kein Problem ist. Trotz der nur wenigen Fenster im Erker und der recht niedrigen Decke fühlt man nicht erdrückt. Dazu tragen ein paar Spiegel und nur sparsam eingesetzte Fotografien aus alten Zeiten bei. Aber genauso die Decken- und die vielen Wandlampen im art-decó-Stil und das indirekte Licht im umlaufenden, abgehängten Deckenkranz. Und sicherlich der helle, moderne Fußboden, von dem ich mir nur sicher war, dass es kein Marmor oder anderer Naturstein ist. Und auch kein Kunststoff, dazu ist er zu kühl, wie in schnelles Abtauchen mit sensorischer Prüfung ergab (Ja, gebt es mir...). Aber elfenbeinfarben und rosa, hochglanzpoliert und völlig ohne erkennbare Struktur außer offenbar gewollten „künstlerischen“ Schlieren. Erst dieses Internetz klärte mich später über die vielfältigen Möglichkeiten zementgebundener Böden, Spachtelmassen mit Schmuckkörnern („Zuschlagstoffe“) und Hochpoliertechniken auf. Mich hat das optische Ergebnis durchaus überzeugt. Ein Blick in das Kabinett bestätigt den Eindruck. Der dort verlegte Velours-Teppichboden greift den grünen Stoff der Sitzmöbel auf und ist damit too much: Puppenstube im 80er-Design.
Trotzdem: Hier ist mit zeitgenössischen Materialien und Techniken ein konservatives, bürgerliches Ambiente entstanden, quasi die gegenreformatorische Antwort auf protestantisch-kühle Designer-Tempel.
Kann man mögen, muss man nicht.
Umso wichtiger, dass Gäste nicht in altmodischer, steifer Manier, sondern freundlich und offen empfangen werden.
Im Großen und Ganzen gelang das dem Service auch. Herr Warras ist ein Koch mit Leib und Seele, der gerne Auskunft über Speisen und deren Zubereitung gab.
Unterstützung bekam der Chef von einer jüngeren Dame vom Fach, die ihre Aufgaben hoch konzentriert, zügig und fehlerlos (Garderobe, Fehlanzeigen der Karte, rechtzeitige Nachfragen) versah. Allerdings auch, ohne ein Wort oder einen Blick zu viel zu verlieren. Schnell dahin - schnell davon! schien das Motto am Tisch zu sein. Irgend wann sprach ich sie darauf an und erfuhr, dass sie nach 12 Jahren in Salzburg erst seit zwei Tagen wieder in der Heimat sei. Dass da der Fokus zunächst auf den Abläufen lag, ist verständlich. Auch wenn das souveräne Geplauder mit den Gästen wohl nie ihr Steckenpferd wird. Passt aber zu meinen allgemeinen Erfahrungen mit dem Dienstleistungssektor in Magdeburg, der gelegentlich den MITROPA-Ton nicht ganz unterdrücken kann. Daran gemessen war es hier angenehm, zumal sich auf meine Bitte noch Sous-Chef und Patissier Tim Böttcher trotz Feierabend an meinen Tisch setzte und ein paar Fragen zum Dessert beantwortete.
Die Weinberatung von Herrn Warras war an meinen Vorlieben, nicht am Deckungsbeitrag orientiert. Statt hochpreisigem Weißen aus dem Burgund kam ein 2011er Chardonnay aus dem Columbia Valley ins Glas, der mir mit Barrique-Note, aber einem nicht zu vollem Körper gut gefiel. Ebenso die dafür in Rechnung gestellten 32,5€.
Die angenehme Preisgestaltung setzte sich mit 3,9€ für einen Martini bianco als Aperitif und 4€ für einen Moscatel mit schönem Rosenbukett als Dessertbegleiter fort.
Begonnen hatte der Abend mit hausgemachtem angenehm lockerem Mischbrot mit Anis und Kümmelnoten. Der begleitende Kräuterquark
schmeckte stark nach Dill und gehörte zu der von mir wenig geschätzten sehr festen Fraktion. Er wurde schnell gegen Butter und Maldonsalz
ausgetauscht.
Aus der teilweise überraschend rustikalen Karte („Selma‘s Handwerkeressen“) stellte ich mir eine kleine Speisebegleitung zum Wein zusammen:
Anti Pasti mit Speck
Rinderconsommé mit Leberknödel
Vegetarische Frühlingsrolle mit Mango und Linsencurry
Variationen vom Bachsaibling
Schweinerücken „Strindberg Art“
Gebrannte Vanillecreme mit Weinbergpfirsich und Lavendelblüteneis
Ich bat darum, die Portionen - wo möglich - auf Menü-Größe anzupassen, was der Küche gelang. Das ist leider nicht immer der Fall und verdiente schon mal ein Lob.
Als weiteren Appetithappen bekam ich eine lockere Wildschwein-Terrine, die von Rosenkohl, schwarzer Walnuss, Cranberry und Holunder geschmacklich und thematisch sehr passend begleitet wurde.
Angerichtet auf einem Strich Pumpernickel-Honig-Masse sah das Ganze auch ausnehmend gut aus. Ein toller Beginn, den ich nicht erwartet hätte! Dafür lebe ich dann gern mal meine persönliche Hassliebe zu klebrig-harten Schwarzbrot-Krümeln in den Backenzähnen aus.
Auch die Vorspeise zum Menü-Einstieg war eine Schweinerei, aber eine ganz andere.
Fetter Bauch vom regionalen Borstenvieh war mit Salz und einem Kräuter-Rub versehen und für 4 Monate bei 0,5 Grad in den Eiskeller der Villa gehängt worden. Das Ergebnis war ein famoser Speck nach Lardo-Art. Salzig, ohne zu beißen und die Kräuter schmeckten immer wieder deutlich durch. Mit den Brot-Chips einfach fingerlickin‘ good! Confierte Tomate, leicht warme Paprika, Zucchino mit schönem Röstaroma, Aubergine, Pesto und schließlich Erde von schwarzen Kalamata-Oliven sorgten für eine ebenso vielseitige wie harmonische, mediterrane Schmackigkeit
Aus-ge-zeich-net!
Auch die Suppe hat mir sehr gut gefallen.
Eine dunkle Consommé, aber eine von bestem Handwerk. Lt. Herrn Warras auf drei Kilo Fleisch gekocht und nochmal mit der gleichen Menge geklärt. Das war am Gaumen ebenso zu schmecken wie auf den Lippen zu spüren. Intensiv hoch zwei! Was ebenso für die Leberknödel galt: 70% vom namensgebenden Produkt, dazu Rindfleisch, zur Bindung altbackenes Brot, die gewolfte Masse u. a. mit Thymian und Majoran gewürzt und einen Tag durchziehen lassen.
Das Ergebnis bestach durch Lebergeschmack, Lockerheit und angenehm pikante Würzigkeit.
Große Klasse!
Aus der kleinen Auswahl vegetarischer Gerichte wählte ich die Frühlingsrolle. Als Menü-Größe wurde nur eine schräg geschnittene Hälfte serviert.
Der Teig war überaus knusprig, das ist für mich immer ein Pluspunkt. Auch positiv, dass kein Eigengeschmack des Öls irritierte. Die Füllung mit Licht und Schatten. Konnten die nicht zu schlabberigen Glasnudeln und die Zuckerschoten noch überzeugen, störte eine spitze, undefinierbare Säure die Harmonik. Mango konnte ich beim besten Willen nicht erkennen. Dass das besser geht, bewies die Küche mit dem fruchtigen Kalamansi-Schaum, der das Curry von festen Linsen und deutlichem Kreuzkümmel schön ergänzte. Den süßlichen Mitspieler Pastinakencreme hätte es für mich nicht gebraucht, war aber auch kein Ausfall. Der lag vielmehr mit nicht ausgereiften, absolut geschmacklosen Aprikosen auf dem Tisch. Was soll denn das? Wenn es eine bestimmte Ware jahreszeitlich oder wetterbedingt nicht in vernünftiger Qualität gibt, dann ersetzt sie oder lasst sie weg! Optisch war der Teller doch auch so gelungen, u.a. durch die Kleeblüten. Licht und Schatten wie häufig bei vegetarischen Gerichten, die nicht im Fokus der Küche stehen.
Der Fischgang kam in Form von drei leicht erwärmten Filets vom Bachsaibling.
Abwechslung erfreut. Hier kam der Süßwasserbewohner zum einen mariniert auf warmen Fenchel mit Wachtel-Spiegelei. Vielleicht einen Tick zu salzig, jedenfalls für meinen Geschmack.
Zum zweiten knusprig auf der Haut gebraten mit den Blättern vom bunten Mangold und sehr präsentem Knoblauch. Diese Spinatabwandlung war mir einen Tick zu kurz geschwenkt worden und dadurch noch recht hart. Aber das Risiko, dass die Blätter durch zu lange Garzeit matschig werden, ist natürlich groß.
Am besten gefiel mir die gebeizte Variante auf den roten Stängeln des Mangolds mit ihrer süßen, an Wacholder erinnernden Würzigkeit. Eingelegte Senfsaat bot bei allen drei Kombinationen eine interessante Ergänzungsmöglichkeit.
Vor dem Fleisch wurde im eisgekühlten Glas Brombeersorbet angeboten, begleitet von Minze nebst Heidel- und Johannisbeeren, die mit Russian Standard parfümiert waren.
Die leichte Bitterkeit und Schärfe ist für mich immer eine tolle Ergänzung zur säuerlichen Frucht.
Gut erfrischt erwartete ich die zweite Schweinerei des Abends: Ein Rückenstück unter Schalotten-Senf-Kruste.
Im Selma&Rudolph wird Fleisch von bäuerlichen Erzeugern aus der Region verwendet, genannt „Börde-Schwein“. Eine spezielle Rasse steckt wohl nicht dahinter. Das Fleisch sehr fest, ohne trocken zu sein. An sich natürlich ein Qualitätsmerkmal, war es mir fast zu hart. Zudem hätte ich intensiveren Geschmack erwartet. So stand die süße Schärfe der Auflage im Vordergrund, zu Recht ein Klassiker. Auch die glasierten gelben und roten Beten gefielen, der Lauch kam leicht angeröstet und als Mousseline solide daher. Das mit Spinat gefärbte Korallensegel war ein handwerklich gut gemachter Hingucker. Ein zwar nicht begeisternder, aber sehr guter rustikaler Teller.
Blieb noch das abschließende Dessert.
Die Crême brulée war geschmacklich und handwerklich gelungen und passte gut zum cremigen Lavendeleis. Da sie laut Herrn Böttcher frisch überflämmt worden war, stand sie wohl leider zu lange am Pass und somit kalt geworden. Auch hier eine ansprechende Präsentation und mit KLZZ (Kakaoläuterzuckerzungen) als weiteres Gimmick.
Für das Ragout aus Weinbergpfirsichen galt erneut: Alles zu seiner Zeit!
Auch, wenn sich auf manchem Teller die eine oder andere (undramatische) Schwäche offenbarte: Am äußerst positiven Eindruck, den ich vom kleinen Team des Selma&Rudolph gewinnen konnte, ändert das nichts.
Klare Empfehlung!
Nachdem zwei „Kontrollbesuche“ beim Landhaus Hadrys ergeben hatten, dass noch alles im grünen Bereich ist (Sogar die Musikauswahl wurde verbessert!) und Die Saison im Parkhotel Herrenkrug doch deutlich abfiel, war ich neugierig auf ein weiteres, von den Gastroführern zumindest gelegentlich empfohlenes Restaurant in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.
Eine gleichtägige telefonische Reservierung (wie sich später heraus stellte beim Patissier) war problemlos. Kein Wunder, am Donnerstagabend verirrten sich nach und nach sieben Gäste ins Selma&Rudolph. (Vom Nebentisch hörte ich denn auch ein ironisches: „Voll... mehr lesen
4.5 stars -
"Klasse Klassik in Magdeburg!" DerBorgfelderNachdem zwei „Kontrollbesuche“ beim Landhaus Hadrys ergeben hatten, dass noch alles im grünen Bereich ist (Sogar die Musikauswahl wurde verbessert!) und Die Saison im Parkhotel Herrenkrug doch deutlich abfiel, war ich neugierig auf ein weiteres, von den Gastroführern zumindest gelegentlich empfohlenes Restaurant in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.
Eine gleichtägige telefonische Reservierung (wie sich später heraus stellte beim Patissier) war problemlos. Kein Wunder, am Donnerstagabend verirrten sich nach und nach sieben Gäste ins Selma&Rudolph. (Vom Nebentisch hörte ich denn auch ein ironisches: „Voll
Geschrieben am 05.11.2017 2017-11-05| Aktualisiert am
05.11.2017
Besucht am 06.09.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 45 EUR
Am Abend vor einer anstrengenden mehrtägigen Veranstaltung stand mir der Sinn ausnahmsweise nicht nach einem großen Menü. Aber Weinstube und Restaurant Habel am Roseneck hatte mich schon im letzten Jahr interessiert, da die Karte deutsche Küche mit Niveau versprach. Und auch das gleichnamige Weinhaus Habel am Reichstag konnte ja Lavandula und mich durchaus überzeugen. Beim späteren Gespräch mit dem Inhaber stellte sich heraus, dass es keine geschäftlichen Verbindung gibt. Sondern nur eine Freundschaft mit dem Inhaber der Namensrechte, der damals auch noch selbst die Innenstadtgastronomie betrieben habe.
Auf der langen Anfahrt vom Hauptbahnhof nun also kurz entschlossen telefonisch aus dem Taxi reserviert. Was auch notwendig war, denn zumindest das kleine Restaurant füllte sich im Verlauf des Abends bis auf den letzten Platz. Zugang entweder vom Hohenzollerndamm durch die Weinstube, in der dunkles Eichenholz und wohlsituierte Liebhaber von Wein und Bier dominieren. Oder durch den Garten und eine verglaste Terrasse. In diesem recht niedrigen hinteren Teil oder Anbau geht es auf dem Eichenparkett zwar auch rustikal zu, aber mit Stil. Weiße Stores vor den Fenstern, Solide Holzstühle und Bänke mit kunstledernen cremefarbenen Sitzpolstern. An den leicht abgetönten Wänden viele Fotografien, aber auch ein großer Spiegel, der dem Raum gut tut. Zwei weiße Tischdecken liegen auf, dazu vernünftiges Besteck und zunächst nur feste Papierservietten. Auf Wunsch erhalte ich vom Chef welche aus Stoff, mit der ein Nachbartisch schon eingedeckt ist. Salzstreuer und Pfeffermühle, ein paar frische Blumen und eine Kerze im Ständer vervollständigen das Gedeck. Kein high-end, aber mit Sinn für Ästhetik ausgewählt. Insgesamt ein Raum, in dem man sich wohlfühlen kann. Dazu darf man nur keine Berührungsängste haben, denn die Tische stehen so eng, dass man zwingend an den Gespräche der Nachbarn teilhaben muss. Stört hier aber keinen, die meisten Besucher sind offenbar Stammgäste und viele kennen sich auch untereinander. Keiner ist unter 50, im Gegenteil hier ist hohe und höchste Lebenserfahrung versammelt, Paare, Freunde, Mutti und Sohn. Man ist in Schmargendorf, wär aber gern in Grunewald...
Ich lehnte mich zurück, süffelte entspannt meinen Crêmant aus dem Burgund (9,5€/0,2l) und gab mich der angenehmen Atmosphäre und dem Stimmengewirr hin.
Wenig später wache ich im Jahr 1988 auf. Mitte und Prenzlauer Berg sind jetzt in etwa so weit weg wie Timbuktu. Ausnahmslos alle berlinern, was das Zeug hält. Und wirklich ALLES ist sch..., und wirklich JEDER hat absolut keine Ahnung von nüscht, außer vielleicht er sitzt am eigenen Tisch. Ich hätte nicht geglaubt, dass ein solches Biotop des alten West-Berlin überlebt hat... Tief fasziniert lausche ich - fast den ganzen Abend über der einzige Fremde - den Gesprächen hier im Kiez tief im Westen. Skurril die minutenlangen Überlegungen, wie denn früher im Osten „dit Ragu feng jeheißen“ hat. Irgendwann wird der Zwang übermächtig und es bricht lauter als beabsichtigt aus mir heraus: WÜRZFLEISCH!
Gut, dass gerade die Dame im mittleren Alter, die heute den Chef im Restaurant-Service unterstützt, nach meinen weiteren Wünschen fragte. Sie arbeitete erst seit einigen Tagen im Habel und war daher wohl stressbedingt ein wenig zerstreut. Aber flott, patent und höflich. Wie das Lokal, mit Stil eben. Nach der Zufriedenheit wird ebenso rechtzeitig gefragt, wie nach weiteren Wünschen.
Die Karte ist übersichtlich, von außen hochwertig, aber die Plastikhüllen innen fallen doch deutlich ab. Immerhin hätte es keinen Grund zum Einsatz des mir immer noch fehlenden Desinfektions-Pens gegeben, wie überhaupt keine Mängel in der Sauberkeit vorlagen.
Als Vorspeise das Rindertatar (12,5€/kleine Portion), das war schnell klar. Tagesangebot waren nicht ganz so ur-deutsche Spareribs frisch aus dem Ofen. Ich schwankte lange, ob ich nicht doch die Rinderroulade nehmen sollte. Aber manchmal müssen es eben Rippchen aus der Hand sein! Wohl die richtige Entscheidung, denn später beschwerte sich der Filmschaffende vom Nebentisch über das etwas zu zähe Rouladen-Fleisch. Aber der wird ja auch von seiner Frau gedemütigt und deshalb demnächst eine Dummheit begehen. Es sei denn, sein Agent, dem das ganze Unglück ausführlich berichtet wird, kann es noch verhindern.
Der Riesling Gutswein von Karl Pfaffmann (6€/0,2l) rettete zumindest mich.
Die angemessene Wartezeit wurde mit etwas Brot überbrückt, die Mischvariante gefiel. Dazu ein nicht allzu fester Kräuterquark; ein besserer Vertreter seiner häufig anzutreffenden Zunft
Die Vorspeise konnte überzeugen
Auf frischem, kräftigem Schwarzbrot ein (leider) gewolftes, kräftig gewürztes Tatar, bei dem schon ein Eigelb durchgezogen war. Die so entstandene cremige Konsistenz war angenehm. Wozu auch eingearbeitete rote Zwiebelwürfel bei trugen, die für Biss sorgten, sowie die reichlichen Kapern. Dazu noch ein Gurkenfächer. Das kleine Salatbukett u. a. mit Paprikawürfeln und einem hellen Dressing auch nicht schlecht.
Auch die Rippchen waren sehr gut
Das Fleisch löste sich leicht vom Knochen, hatte aber noch Struktur. Die Barbecue-Sauce sicher selbst gemacht, nur leicht süß, im Vordergrund Rauch und dazu Würzigkeit wie vielleicht bei einer Currywurst. Zur heißen weichen Ofenkartoffel, der ein Raucharoma gut getan hätte, gab es eine gegenüber dem Quark weiter verbesserte, lockere sour cream mit frischen Kräutern.
Fazit:
Gehobene „Hausmannskost“ in ansprechender Umgebung. Das Publikum ist sowieso der Knaller. Gern wieder, wenn es mit Anspruch, aber nicht der ganz große Sport sein soll. Dann ist die Roulade aber fällig!
Am Abend vor einer anstrengenden mehrtägigen Veranstaltung stand mir der Sinn ausnahmsweise nicht nach einem großen Menü. Aber Weinstube und Restaurant Habel am Roseneck hatte mich schon im letzten Jahr interessiert, da die Karte deutsche Küche mit Niveau versprach. Und auch das gleichnamige Weinhaus Habel am Reichstag konnte ja Lavandula und mich durchaus überzeugen. Beim späteren Gespräch mit dem Inhaber stellte sich heraus, dass es keine geschäftlichen Verbindung gibt. Sondern nur eine Freundschaft mit dem Inhaber der Namensrechte, der damals... mehr lesen
Habel am Roseneck
Habel am Roseneck€-€€€Restaurant, Cafe0308261260Hohenzollerndamm 93, 14199 Berlin
4.0 stars -
"Go West! Zurück in die Zukunft..." DerBorgfelderAm Abend vor einer anstrengenden mehrtägigen Veranstaltung stand mir der Sinn ausnahmsweise nicht nach einem großen Menü. Aber Weinstube und Restaurant Habel am Roseneck hatte mich schon im letzten Jahr interessiert, da die Karte deutsche Küche mit Niveau versprach. Und auch das gleichnamige Weinhaus Habel am Reichstag konnte ja Lavandula und mich durchaus überzeugen. Beim späteren Gespräch mit dem Inhaber stellte sich heraus, dass es keine geschäftlichen Verbindung gibt. Sondern nur eine Freundschaft mit dem Inhaber der Namensrechte, der damals
Geschrieben am 29.10.2017 2017-10-29| Aktualisiert am
29.10.2017
Besucht am 18.05.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt vom wenigen Straßenverkehr auf dem Kopfsteinpflaster. Dass eine Lieferantin vor den Außenplätzen hielt, statt sich einen Parkplatz zu suchen, war nicht nett, aber noch nachvollziehbar; der minutenlang laufende Motor ganz sicher nicht.
Die Ausstattung entspricht dem hohen Anspruch des Bülowpalais.
Die u. a. durch große Blumenkästen im Rostlook abgegrenzte Fläche mit Kunststoffboden ist aufgebockt. Das vermittelt „Überblick“. Eine Rampe für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen habe ich nicht wahrgenommen; sie mag angelegt werden können. Das Mobiliar aus Metallguss und groben Kunststoffflechtwerk vermittelt einen soliden Eindruck. Im positiven Sinne überraschend bei einer Außengastronomie sind die komplett eingedeckten Tische.
Sauberkeit trotz Außenplätzen mustergültig.
Der Service wird weitgehend von drei jungen Menschen in oder gerade nach der Ausbildung gewuppt. Alle fielen durch Engagement und Freundlichkeit, gepaart mit einem schon guten Wissensstand auf. Kleinere Vergesslichkeiten werden hoffentlich mit zunehmender Routine überwunden. Bezeichnend, dass der einzige Misston von einer Fachkraft oder gar Restaurantleitung (Bistro) kam, die auf eine (allerdings ungerechtfertigte) Kritik zickig antwortete.
Als Durstlöscher war mir der angebotene, gut gekühlte Traubensecco (4€) gerade recht. Zum erbetenen Leitungswasser wurden Eiswürfel offeriert.
Die Gerichte aus dem Spargelmenü und aus der regulären Abendkarte konnten ohne weiteres kombiniert werden. Lob für diese Flexibilität der Küche.
Ich entschied mich für
- Salat von konfierter Kaninchenkeule und Spargel mit Macadamianuss (10,5€)
- Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit Avocado und Limette (12,5€)
- Spargel mit Sc. Hollandaise, Butterkartoffeln und zweierlei Schinken (26€)
- Rhabarber, Quark und Sauerampfer (9€)
Dreierlei Brote wurden aufgetischt, waren frisch und geschmacklich unterscheidbar. Dazu eine vorbildlich streichfähige Butter und eine angenehm gekühlte Olivencreme mit starkem Aroma. Gut!
Ich bin kein großer Freund von Salaten, allzuoft ergänzen sich die Komponenten nicht, sondern gleiten in ein undefiniertes Einerlei ab. Nicht so hier! Das zarte und durch das Konfieren saftige Fleisch des possierlichen Hopplers verband sich ideal mit dem knackigen Spargel und den gehobelten Edelnüssen in einem leicht süßen Grundgeschmack.
Gleichzeitig waren die Zutaten gut erkennbar. Etwas Zwiebelgrün und Radieschen sorgten zudem für Frische und Biss. Ein perfekter Frühlingssalat. Irritierend nur die Kirschtomaten. Meine provokante Vermutung, dass hier etwas Farbe ins helle Einerlei kommen sollte, wies Chef Biedlingmaier, der sich wieder die Zeit für ein Gespräch nahm, gewohnt sympathisch zurück. Um die fruchtige Säure sei es gegangen. Okaaaay... Dann waren die Tomaten aber zu grob geschnitten. Das deckte die milden Aromen völlig zu und es ist ja nicht Aufgabe des Gastes, erst ein ausgewogenes Verhältnis der Zutaten herzustellen - allemal in einem Salat. Und böten sich Mitte Mai nicht schon elegante Scheiben einer Erdbeere an? Egal, ich ließ die roten Halbkugeln einfach auf dem Teller zurück und freute mich auf den nächsten Gang.
Der peruanische Klassiker Ceviche vom Hamachi war diese Saison schwer angesagt und auch für mich zur Erfrischung häufiger auf dem Teller.
In Dresden kam ein Referenzprodukt auf den Tisch!
Das Makrelenfleisch in dünne Streifen geschnitten und daher durch die Beize recht weich; das ist bei rohem Fisch Geschmackssache. Jedenfalls war das Säurespiel perfekt. Immer wenn ich dachte, jetzt beißt es zu, setzte sich die Frucht der Limone durch. Mit Chili und roten Zwiebeln kam etwas Schärfe ins Spiel, die von der süffigen, glatten Avocadocreme gut eingebunden wurde. Für Crunch sorgte das frittierte Stroh von der Süßkartoffel. Was ich sehr intelligent fand, denn so verwies selbst das Topping in die Heimat des Gerichts nach Südamerika! Und für das Auge gab es kräftige Farben. Bravo, Herr Biedlingmaier!
Eigentlicher Grund für den Verzicht auf Sterneküche war jedoch mein unbezähmbarer Appetit auf frischen deutschen Spargel! Nach drei Wochen Ami-Küche verständlich, aber eigentlich geht mir das jedes Jahr so...
Umso ärgerlicher, dass sich die Wartezeit im Bistro immer länger hinzog. Keine Ahnung warum, wurde auch nicht erklärt. Schien aber nicht nur Schuld der Küche gewesen zu sein, denn als endlich serviert wurde, war die Ware aus dem Spreewald nur lauwarm. Nee, wenn schon, denn schon! Der Teller ging zurück und nach erneuter, für sich genommen nachvollziehbarer Wartezeit kamen auf heißem Porzellan exakt gegarte Stangen mit frisch aufgeschlagener Hollandaise und Butterkartoffeln
Einfach. Köstlich. Einfach köstlich. Dazu zweierlei Schinken
Der geräucherte nussig-mild. Die gekochte Variante irritierte mit, wie sollte es hier anders sein, säuerlicher Note. Auf Nachfrage wurde auf den speziellen Thymian-Rub des Metzgers verwiesen.
Zur Garnitur von mir übrigens kein weiteres Wort!
Mangels Silvaner im Angebot stimmte ich mal wieder einem empfohlenen Grünen Veltliner (6,5€) zu. Schmeckte mir immer noch nicht. Muss mehr auf HB aus H hören...
Die Spargel-Portion war klein (und dafür zu teuer; vielleicht versehentlich der à-la-carte-Preis?), passte aber im Menü ganz gut, denn ausnahmsweise hatte ein Dessert mein Interesse geweckt. Der Schwabe am Herd blieb seiner Linie mit einem mit Quark geschichtetem Rhabarber-Granité treu
Dessen Säure aber sowohl vom süßen Crumble aufgefangen, als auch von einem Wildkräuterpesto herb-würzig-scharf ergänzt wurde. Eine spannende Komposition, die einen erfrischenden Abschluss des in mancherlei Hinsicht sonnigen Abends bildete.
Auch für Bülows Bistro gilt: Benjamin Biedlingmaier ist ein Chef mit spannenden Einfällen, die trotzdem ganz weit weg von verkopften Ideen bleiben. Hier macht sauer in der Tat lustig.
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt... mehr lesen
4.5 stars -
"Klare Handschrift - gute Leistung" DerBorgfelderDer traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Datenschutz-Einstellungen
Hier können Sie festlegen, wie wir Ihre Daten verwenden dürfen. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionen zur Verfügung stehen.
Unbedingt erforderliche Technologien
Um Sicherheit gewährleisten, Missbrauch verhindern und Inhalte und Anzeigen technisch sowie unsere Services wie von Ihnen gewünscht bereitstellen zu können, sind folgende Technologien erforderlich.
Produkte oder Inhalte technisch bereitstellen
z.B. Session für Warenkorb, Favoriten, letzte Bestellungen ...
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie im internen Bereich an erforderlichen Stellen.
Google Anzeigen
z.B. die kostenlose Nutzung unserer Website ist nur mit Google Adsense Werbeanzeigen möglich.
Performance Cookies
Mithilfe dieser Cookies können wir Besuche und Traffic-Quellen zählen, damit wir die Leistung unserer Website messen und verbessern können. Sie geben uns Aufschluss darüber, welche Seiten beliebt und weniger beliebt sind und wie sich Besucher auf der Website bewegen.
Google Analytics
z.B. Erfassung der Seitenaufrufe, Verweildauer usw.
Google Tag Manager
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Facebook Pixel
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Multimediale Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, die Funktionalität und individuelle Gestaltung zu verbessern, beispielsweise von integrierten Videos und virtuellen 360° Rundgängen. Ohne diese Cookies können einige oder alle dieser Funktionen nicht ordnungsgemäß funktionieren.
Youtube Videos
z.B. Integration von Youtube Videos über iFrame Technologie.
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie.
Google Maps 360° Rundgänge
z.B. Integration von Google Maps 360° Rundgängen per Javascript
Marketing Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, auf die Benutzerinteressen abgestimmte Werbung einzublenden.