Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 362483x gelesen 10162x "Hilfreich" 9120x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 14.05.2018 2018-05-14| Aktualisiert am
20.05.2018
Besucht am 08.04.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 91 EUR
Eine mehrtägige Schulung führte mich an den Friedrichshain und was lag nach der anstrengenden geistigen Arbeit näher, als etwas Ausgleichssport? Also die Wanderstiefel geschnürt und nüschte wie über’n Prenzlauer Berg, dem - wie manche Ex-Insulaner bekanntlich bedauern - östlichsten Ausläufer der Schwäbischen Alb.
Ziel meiner ersten Tour war das vom Michelin empfohlene koreanisch-spanische Fusion-Restaurant an der Eberswalder Straße, das seine ungewöhnliche Kombination den Herkunftsländern des Betreiber-Ehepaares verdankt.
Das Ambiente entspricht meiner Erwartungshaltung an eine koreanische Kneipe oder ein einfaches Lokal. Blanke Holztische, Zeichnungen an den Wänden, einfaches Gestühl mit einem schlechten Witz von Filzmatte.
Die Strahler über den Tischen sorgten für insgesamt eher schummriges Licht. Auch ohne Reservierung konnte ich am Sonntagabend einen Hochtisch ergattern, den Abend über war ein geschäftiges Kommen und Gehen, ohne dass alle Plätze besetzt waren. Leider lag mein Tisch direkt am Durchgang zur Küche und die Küchendünste waren deutlich bemerkbar. Neben der Inhaberin wuselten mehrere, ausschließlich weibliche Servicekräfte mit koreanischen Gesichtszügen eifrig umher. Alle Damen waren aufmerksam und freundlich, sagten sowohl die allgemeinen Tagesempfehlungen, als auch den Fisch des Tages an. Das zweite Gedeck wurde ausgehoben. Die Wirtin war stets präsent und gab auf Nachfrage durchaus sympathisch Auskünfte und Beratung.
Zur Erfrischung orderte ich erst einmal ein Gläschen Riesling Sekt von Schloß Vaux für 7€. Der dreiviertel Liter Völslauer Mineralwasser erhöhte die Rechnung um 6€. Aus der übersichtlichen Weinkarte hätte eine Flasche Molitor Riesling feinherb perfekt zu den fernöstlichen Genüssen gepasst, verbot sich aber im Hinblick auf die bevorstehenden beruflichen Aufgaben. So blieb es bei zwei 0,1l-Pfützchen Blanc de Noir vom Schwarzriesling (Dr. Becker, Rheinhessen, je 6€). Und natürlich einem Sherry Cream der Bodega Florido für (zu teure) 9€ zum Abschluss.
Die Karte auf dem unvermeidlichen, aber eben auch wechselfreundlichen Klemmbrett hielt einiges Unbekanntes bereit. Für einen möglichst breiten Eindruck schlug ich bei den Tapas bzw. der fernöstlichen Beilagen-Variante Banchan zu:
- Die Tagesempfehlung Havelländer Apfelschwein, Kimchi-Gnocchi, Kräuterseitlinge, Chimichuri-Pesto und Sauce Choron (12€)
- Adobo-Makrele, Gerste, eingelegte Aprikose (10€)
- Chori-Bang (What?) zu 10€, gegrillte Chistorrita, Bulgogi, Minz-Chimichurri, Kimchi-Bun, dazu (natürlich hausgemachtes) extra Kimchi (6€)
- Hänsel & Gretel (Pilz-Variationen vegan) (10€)
- kleine Auswahl spanischer Käse (9€)
Das Preisniveau war angesichts der Portionsgrößen, die eher zur Vorspeise tendierten, noch ok.
Ohne Gruß auch der Küche ging´s mit dem Fleisch los:
Die unter einem Wildkräutersalat „versteckten“ dünnen, aber saftigen Scheiben des Brandenburger Borstenviehs waren ein angenehmer Start und zeigten bereits die Handschrift der Küche: Es wird kräftig gewürzt. Dementsprechend wurden die federnden Gnocchi von ein wenig Kimchi begleitet, was mit der nur leicht tomatigen Sauce Choron eine elegante Schärfe brachte. Das südamerikanische Chimichurri brachte viele Kräuter ins Spiel, während die Pilze etwas untergingen. Schmackig!
Weiter ging es mit dem veganen Märchenteller.
Die rohen Enoki neckisch aufgestellt sorgten für den Crunch, gegrillte Seitlinge für Umami. Interessant und gelungen der Crumble nussiger, getrockneter Pilze mit Kakao dazu etwas Sommertrüffel, der noch wahrnehmbar war. Die Krümel standen wohl Pate für den märchenhaften Namen des Tellers. Nicht zufrieden war ich mit der Shitake-Marmelade, die das Gericht zu sehr in die süße Richtung kippen ließ. Etwas schade, aber sicher noch Geschmacksache.
Was meines Erachtens nicht mehr für den Fischteller galt.
Die gebeizte und danach kurz gegrillte Makrele hatte wenig Röstnoten bekommen und schmeckte vor allem salzig. Von der Adobo-Marinade war wenig zu spüren, erst der breite Pinselstrich an der Schale brachte mich hier geschmacklich auf die Spur. Eine das Salz einbindende Süße war völlige Fehlanzeige. Im Gegenteil: Vorherrschend war viel Säure. Zum einen von eingelegten Aprikosen, zum anderen von einem sehr intensiven Sud und einer großen Schaumhaube, beide von Ponzu. Beide Früchte vom Ansatz vernünftig, war doch jede Fruchtigkeit durch die an der Grenze zum Adstringieren aggressive Säure vertrieben. Die wohl ausgleichend gedachten Gersten-Graupen hatten überhaupt keine geschmackliche Bedeutung. Salzig und sauer mag das zwar ein „typisch“ koreanischer Teller gewesen sein, geschmeckt hat er (mir) nicht.
Da ich bewusst nicht gefragt oder im Netz gesucht hatte, war ich auf Chori-Bang gespannt, das sich schließlich als zwei Mini-Burger heraus stellte.
Der Teig der Buns war mit Kimchi-Beize versetzt, mit Chimichurri-Pesto bestrichen und daher und ebenso pikant wie wunderbar saftig.
Das mussten sie auch, denn die aufgeschnittene spanische Wurstspezialität Chistorrita brachte nach dem Grillen mächtig Wumms mit! Das Bulgogi-Rindfleisch und die schon bekannte Würzmischung hatte da einen schweren Stand. Salatstreifen und eine sahnige Sauce sorgten für etwas Beruhigung am Gaumen. Dazu passte natürlich perfekt der Kimchi nach Großmutter Rezept.
Belebend, aber nicht so höllenscharf, angenehme Säure, wenig Salz (Einmal das Rezept nach Nürnberg ins Sushi Glas, bitte!). Das gab ein Extralob für Oma! Freute die Wirtin, die mir zum übrig gebliebenen Weißkohl noch etwas Reis reichte, denn „Kimchi wird nicht allein gegessen!“ Wieder was gelernt.
Die abschließenden spanischen Käse bewiesen, dass es mehr als Manchego gibt und überzeugten mit einer herrlich angeröstetem Oliven-Brioche, Tapenade und Kaki-Chipotle-Chutney.
Das war noch einmal sehr überzeugend.
Fazit:
Kein schlechter Tipp. Spannende Kombinationen, einiges Neues. Nicht alles hat geklappt, nicht alles geschmacklich nach meiner Mütze, aber: No Risk - no fun!
Nur zum gemütlichen Verweilen lädt das Ambiente nicht wirklich ein - aber das wäre im Herzen der hippen Republik auch etwas zu viel verlangt.
Eine mehrtägige Schulung führte mich an den Friedrichshain und was lag nach der anstrengenden geistigen Arbeit näher, als etwas Ausgleichssport? Also die Wanderstiefel geschnürt und nüschte wie über’n Prenzlauer Berg, dem - wie manche Ex-Insulaner bekanntlich bedauern - östlichsten Ausläufer der Schwäbischen Alb.
Ziel meiner ersten Tour war das vom Michelin empfohlene koreanisch-spanische Fusion-Restaurant an der Eberswalder Straße, das seine ungewöhnliche Kombination den Herkunftsländern des Betreiber-Ehepaares verdankt.
Das Ambiente entspricht meiner Erwartungshaltung an eine koreanische Kneipe oder ein einfaches Lokal. Blanke... mehr lesen
Restaurant Kochu Karu
Restaurant Kochu Karu€-€€€Restaurant, Lieferdienst, Take Away03080938191Eberswalder Str. 35, 10437 Berlin
4.0 stars -
"Berliner Bergwandern: Ungewöhnliche Fusion spanisch-koreanisch" DerBorgfelderEine mehrtägige Schulung führte mich an den Friedrichshain und was lag nach der anstrengenden geistigen Arbeit näher, als etwas Ausgleichssport? Also die Wanderstiefel geschnürt und nüschte wie über’n Prenzlauer Berg, dem - wie manche Ex-Insulaner bekanntlich bedauern - östlichsten Ausläufer der Schwäbischen Alb.
Ziel meiner ersten Tour war das vom Michelin empfohlene koreanisch-spanische Fusion-Restaurant an der Eberswalder Straße, das seine ungewöhnliche Kombination den Herkunftsländern des Betreiber-Ehepaares verdankt.
Das Ambiente entspricht meiner Erwartungshaltung an eine koreanische Kneipe oder ein einfaches Lokal. Blanke
Geschrieben am 21.04.2018 2018-04-21| Aktualisiert am
21.04.2018
Besucht am 07.03.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 160 EUR
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Meine Reisewoche neigte sich überraschend schnell ihrem Ende zu: Da der Termin in Ludwigslust abgesagt wurde (und damit auch das Abendessen im Hotel de Weimar) entpuppte sich mein Besuch im Sternerestaurant über Regensburgs Dächern als Abschiedsvorstellung.
Die hätte ich im historischen Goliathhaus auch im noch höher beheimateten Theater geben können, aber ich stieg doch schon im 5. Stock aus dem kleinen Fahrstuhl. Sogleich wurde ich - heute wieder als lonesome cowboy unterwegs - von einer jungen Dame sympathisch empfangen. Auch der Kontakt am Telefon war schon sehr freundlich gewesen, als ich mich der Reservierungszeit versicherte. Man kann ja mal durcheinander kommen.
Auch zum Tisch wurde ich begleitet, der - und das ist für Einzelgäste höchst selten - der üblichen Phrase „besonders schön“ tatsächlich entsprach. Am Fenster mittig mit bombastischem Blick auf die beleuchteten Türme des hochgotischen Doms.
Noch toller wäre nur ein Tisch auf dem schmalen Balkon gewesen - und auch das nur bei 15 Grad wärmeren Temperaturen. So war ich schon sehr zufrieden.
Erst recht, als ich zum ersten Mal in der diesjährigen Abstinenz-Periode mit einem Prisecco von Jörg Geiger starten konnte.
Die auf Champagner-Temperatur gereichte Cuvée Nr. 11 hat durch einen hohen Apfelanteil und Eichenblätter wenig Süße und eignet sich als herb-frischer Aperitif. 5,5€ standen dafür auf der Rechnung. Die Flasche Wasser zum Essen kostete 6,8€.
Die jungen Menschen im Service - bis auf eine Ausnahme Damen - waren auf natürliche Art freundlich, engagiert und gleichzeitig gelassen und auf der Höhe in puncto Produktwissen und Manieren von Garderobe bis Krümelschiene. Auch Extrawünsche wurden gern aufgenommen (und von der Küche erfüllt). Die Zuordnung der Tische schien nicht in Stein gemeißelt, mindestens drei verschiedene Gesichter lächelten mich an, einmal wohl auch jemand aus der Küche (Vorsorglich, um mal zu schauen, wer da so viele Fragen stellt?). Im Verlauf des Abends blieb auch Zeit für ein Schwätzchen. Dass ich standhaft einer Weinbegleitung entsagte, enttäuschte die nette Dame sehr. Das Bedauern war beidseitig.
Der quadratische Raum atmet strenges skandinavisches Ambiente
Ausschließlich helle Naturtöne in grau, braun und weiß. Die blass-rosa Tulpe auf dem Tisch war schon der kräftigste Farbtupfer. Auch die Tischdecken aus ungebleichtem Leinenstoff, immerhin durch pfiffige Aussparungen der Tischplatte geführt.
Einzige „Extravaganz“ die etwas erhöht liegenden, schön beleuchteten Vierernischen an zwei Seiten des Raums. Insgesamt war es recht schummrig, die Fotos sind nachbearbeitet. Um für die Speisen überhaupt eine hinreichende Beleuchtung zu erhalten, vergriff ich mich beherzt am stylischen Lichtkubus, der eigentlich nur eine geheimnisvolle leuchtende Spalte freigeben sollte. Ansonsten nur noch ein Wasserglas, eine eher kleine Serviette und ein Gäbelchen für das Amuse auf dem Tisch. Die grob bezogenen Sitzschalen der Stühle waren ausreichend bequem. Die Musik auch, zugänglicher Blues, Swing und Smooth Jazz.
Wohl aufgrund des schwedischen Namens des Restaurants, der „Großstadt“ verheißt, Anton Schmaus’ Station in Stockholm und schließlich der Gestaltung der Räumlichkeiten hatte ich mich auf beste einheimische, aber bewusst „einfache“ Produkte ohne raffinierte Kombinationen eingestellt - nordic cuisine eben. Nicht unbedingt meine bevorzugte Küchenrichtung.
Ein Blick ins Menü beruhigte mich schon: Seeteufel, Mangalitza Schwein und Mandarinen dürfte man auf den Karten „brutal-regionaler“ Restaurants kaum finden.
Heimatlich geriet der Auftakt aber schon, als die Küche Variationen von Bete schickte.
Angerichtet auf einer hübschen, aber etwas plumpen halben Ringelbete gab es u.a. einen gekochten roten Quader, eine leicht scharfe Crême und einen Halbmond (natürlich gelb;-)) mit Ponzu und Dukka. Hier war erstmals Schmaus‘ Anspruch zu erkennen, nordische Produkte mit asiatischen Aromen zu kombinieren. Hat auch gut funktioniert. Weiter auf dem Teller ein Muffin mit Merrettich, der mit der Zeit sehr süß wurde. Aus dem Gemüserahmen fiel ein Kalbstartar auf schönem Rote Bete Cracker mit einer ebenfalls pikanten Crême.
Alles gut gemacht.
Ich wählte aus dem Menü
Lachs von Carpier
Königskrabbe
Meeresfrüchte
Seeteufel
Blumenkohl
Mangalitza-Schwein
Diese 6-Gang-Variante schlug mit 125€ zzgl. 7€ Aufpreis zu Buche, Wagyu und Dessert ließ ich aus, leider kein Käse auf der Karte. Auf dem Weg zu den Toiletten kommt man durch die Weinbar, die das Großstadt-Thema in ganz anderer Weise aufnimmt
Beim Gespräch mit dem jungen Barmann blätterte ich sehnsüchtig durch die Weinkarte - und siehe da, hier waren Rohmilchkäse von Affineur Waltmann aus Erlangen begleitend im Angebot. Auch dieser Wunsch wurde erfüllt und mit 16€ berechnet. Insgesamt ein faires PLV.
Ohne weiteres Amuse ging es mit dem ersten Gang los.
Und wie so oft setzte die Küche ein Ausrufezeichen an den Beginn. Klare nordische Optik und Bestandteile.
Der Lachs aus der katalanischen Edel-Räucherei qualitativ vorzüglich, auch wenn ich fettere Schnitte bevorzuge. Mit reichlich Imperialkaviar, cremigem frischem Sauerrahm-Eis und gelungenen Haselnuss-Streuseln ein pures Vergnügen. Heimlicher Star des Tellers jedoch die Lauchterrine.
Perfekt weich, aber ohne den leichtesten Hauch von Matschigkeit, unaufdringlich, aber eindeutig. Ein unterschätztes, oft tot gekochtes Kraut, das hier meisterhaft als Paradebeispiel für „grün“ präsentiert wurde.
Zweiter Teller Königskrabbe in der Begleitung von Zitrusfrüchten in verschiedenen Texturen.
Blutorange, Limette, Orange, Pomelo und bittere Kumquat waren zu erkennen. Zum Einbinden der Säure Buttermilch, für mich überraschend gut. Das Schalentier war in Nussbutter confiert und hatte dadurch eine sehr luftige Konsistenz, wie aufgeblasen. Fremdartig, meinen Geschmack traf das nicht.
Erst jetzt wurde ein warmes, sehr dunkel gebackenes Brot mit leckeren Kräutern der Provence im Teig angeboten. Begleitet wurde es von Pesto, Zwiebel-Feigen-Kompott (Yummie!) und gesalzener Butter.
Mir war allerdings die Kruste beim Backen zu dick geraten, das war dann schon fast Zwieback-Gefühl.
Der folgende Gang kam unscheinbar in einer Schüssel im storstad-Stil daher.
Man könnte ihn wie folgt beschreiben: Unter einem weißen Schaum verschiedene Muscheln in einer Brühe.
Und würde damit um Lichtjahre daneben treffen, dieses grandiose Gericht und sein Geschmackserlebnis wieder zu geben! Die Bekrönung war einerseits ein wahrhaft luftiges Gebilde, gleich einem Badeschaum, fast ein Nichts. Andererseits eine Aromabombe. Auf der Basis derselben Ingredenzien wie auch immer gezaubert (Lang lebe die Molekularküche!), schmeckte das Gebilde wie eingeatmete XO Sauce, mit intensiver Jakobsmuschel, trotzdem fleischig und gut scharf. Dieses kleine Wunderwerk traf auf Miesmuscheln, Herzmuscheln und angeröstete Jakobsmuscheln von wirklich beeindruckender Qualität. Eingebunden wurde beides von Miso voll umami, akzentuiert von reichlich Estragon. Abschnitte von Tagliatelle waren nicht etwa Füllmaterial, sondern gleichberechtigte, zungenschmeichelnde Mitspieler wie auch die punktgenau gegarten Gemüsewürfel. Von nichts war zu wenig, von nichts war zu viel. Ein beeindruckend genau komponiertes Zusammenspiel ungemein nordischer Zutaten mit asiatischen Aromen. Dafür will Anton Schmaus stehen und hier ist es ihm perfekt gelungen. Bravo!
Da ich nach der Chilischärfe etwas Sorge hatte, den folgenden Gängen geschmacklich hinreichend folgen zu können, erbat und erhielt ich einen Papillenberuhiger.
Auch im Folgenden eine in der Anlage ähnliche Komposition, aber völlig anders im Geschmacksgefühl.
Ein - wiederum qualitativ fantastisches - Seeteufel-Medaillon war mit Kokosschaum, Zitronengras und Ingwer noch deutlicher asiatisch begleitet. Thaibasilikum als Öl auf den Schaum getropft.
Durch den kräftigen Einsatz des Ingwers eine wunderbar frische Schärfe auch hier. Ebenfalls pikant angemachter roher Rotkrautsalat und verschiedene Kräuter sorgten für kräftigen Biss. Deutlich zupackender, ebenso komplex, kaum schlechter. Beides 5-Sterne-Gänge, die mich tatsächlich glücklich und ein wenig aufgewühlt zurück ließen. Klingt pathetisch, war aber so.
Der folgende Teller sorgte für Beruhigung, ein Hinübergleiten in heitere Zufriedenheit. Eine mit Blumenkohl aromatisierte Eiweißwolke auf Karfiol-Maronen-Crême wurde mit geraspeltem Perigord-Trüffel serviert, der auch später nichts von seiner intensiven, aber nie penetranten Erdigkeit verlor.
Der Dritte im Bunde erschien nach dem Durchstoßen des luftigen Baisers: Pochiertes Eigelb, das sich malerisch ergoss.
Ein leichter Blumenkohlsud umplätscherte diesen perfekten Babybrei für Feinschmecker.
Wie zuletzt häufiger konnte der ohne Zweifel sehr gute Fleischgang
das bis dato fast perfekte Niveau nicht (völlig) halten.
Das Filet des fetten Schweins erwartungsgemäß zart, saftig und aromatisch, es hätte aber mehr Röstung vertragen können. Die kleine Nocke war aus Gezupftem von den Rippen mit Senf und Apfel zusammen gebaut, aber leider etwas trocken geworden. Für meinen Geschmack hätte mehr Schärfe auch nicht geschadet. Sehr elegant dagegen die tiefe Pflaumen-Calvadossauce als eigentlich erwartbarer, nichts desto trotz genialer Begleiter des entborsteten Viehs. Die Rosenkohl-Varianten fielen ab. Das Mus sehr glatt, auch im Geschmack eindimensional. Die Blätter mit Speck und Zwiebeln passten zwar in ihrer Rustikalität gut zu der darunter versteckten Scheibe krossen Bauchspecks, waren aber zu salzig. Die wenigen Zesten Meerrettich kamen nicht dagegen an. Ein winziger Schönheitsfleck auf der ansonsten weithin makellosen Leistung.
Schließlich die „ergaunerten“ Käse aus der Weinbar.
Fourme d‘Ambert, alter Mimolette, Ziegenfrischkäse mit eingelegten Cranberries und ein halbfester Kuhmilchkäse mit Bergkräutern, von kräftig bis mild, alle perfekt gereift. Dazu saftiges Früchtebrot und ein Quittenchutney mit Aprikose.
Richtig runder Abschluss!
Nach gut drei Stunden brach ich höchst zufrieden auf. Zuvor wurden petits fours angeboten, u.a. ein Schokoküchlein mit Zitronenkern und Haselnuss. Nach diesem fulminanten Menü fiel mir der Verzicht leicht.
Fazit: Sterneküche mit eigenem Profil ganz ohne Gel-Kleckse. Auf keinen Fall verpassen!
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Meine Reisewoche neigte sich überraschend schnell ihrem Ende zu: Da der Termin in Ludwigslust abgesagt wurde (und damit auch das Abendessen im Hotel de Weimar) entpuppte sich mein Besuch im Sternerestaurant über Regensburgs Dächern als Abschiedsvorstellung.
Die hätte ich im historischen Goliathhaus auch im noch höher beheimateten Theater geben können, aber ich stieg doch schon im 5. Stock aus dem kleinen Fahrstuhl. Sogleich wurde ich - heute wieder als lonesome... mehr lesen
4.5 stars -
"Nicht nur nordish by nature!" DerBorgfelderAuf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Meine Reisewoche neigte sich überraschend schnell ihrem Ende zu: Da der Termin in Ludwigslust abgesagt wurde (und damit auch das Abendessen im Hotel de Weimar) entpuppte sich mein Besuch im Sternerestaurant über Regensburgs Dächern als Abschiedsvorstellung.
Die hätte ich im historischen Goliathhaus auch im noch höher beheimateten Theater geben können, aber ich stieg doch schon im 5. Stock aus dem kleinen Fahrstuhl. Sogleich wurde ich - heute wieder als lonesome
Geschrieben am 13.04.2018 2018-04-13| Aktualisiert am
14.04.2018
Besucht am 06.03.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 207 EUR
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Der dritte Tag in Nürnberg brachte eine Premiere: Zum ersten Mal mit Kollegin Nr. 2 kulinarisch unterwegs. Sie hatte die Wahl, aber von meinen drei Vorschlägen war das Gusto Natural an diesem Abend geschlossen und die Entenstuben hat eine viel zu gute Weinkarte für einen Besuch in der Fastenzeit (Wie recht sie hat, die Gute!). So fiel die Wahl endlich einmal wieder auf den von mir sehr geschätzten Oliver Esch.
Zu meiner großen Freude war der Chef anwesend und versorgte uns den Abend über persönlich mit bestem Fisch und Gastro-Geschichten aus Nürnberg und Umgebung (Von „Kollegen“, die aus dem Lokal geworfen werden, weil sie gar zu dreist abkupfern. Oder vom „verrückten Waldläufer“ Felix Schneider, der schon mal selbst gesammelte Steinpilze gegen Thunfisch tauscht. Notiere: Beim nächsten Nürnberg-Besuch unbedingt ins Sosein!)
Aber auch die Damen im Service verrichteten ihren Job freundlich und ohne Fehler.
Die Tische im quadratischen, klar gestylten Raum füllten sich auch früh in der Woche fast vollständig. Wir hatten die Wahl und verzogen uns in eine Ecke mit ebenso rückenschonender wie blickschützender Sitzbank. Ansonsten im komplett verglasten Restaurant nur Vierecke aus hellem Holz als Tische und Hocker. Der schöne purpurfarbene Kimono ist von der Wand verschwunden, die Farbe blich zu sehr aus. Dafür haben die künstlerischen Kreidezeichnungen mit dem Speiseangebot auf dem Sichtbeton der Wände überlebt.
Vorweg der Grund für die herbe Abwertung in puncto Sauberkeit: In einem der Gerichte fand sich (leider erst beim Essen) ein fremdes langes Haar. Das darf nicht passieren und kann empfindlicheren Naturen den ganzen Abend verderben. Selbstverständlich wurde sich entschuldigt und ein frischer Teller zubereitet.
Wie immer durften wir uns zu Beginn mit einem heißen Oshibori vom (symbolischen) Staub des Weges reinigen.
Für mich gab‘s einen frisch gepressten Saft von Blutorange und Grapefruit mit einem Schuss Calpis, dem japanischen Molkegetränk (6,5€) und etwas Minze
Angenehm säuerlich frisch. Die Kollegin solidarisierte sich mit meiner Alkoholabstinenz. Später gingen wir zu Sodenthaler Mineralwasser (5,5€/0,75) über.
Als Appetizer wurden traditionell ein paar Bambussprösslinge angeboten, verfeinert mit schwarzem Sesam und leichter Chili-Würze
Das Festmahl startete mit vier Variationen vom Thunfisch:
Makelloser magerer Maguro und kleine Würfel vom fetten Otoro (I would die for!), wohl Restbestände, die teilweise nicht ganz sauber pariert waren. Ganz kurz gebraten (tataki) mit schwarzem Sesam und sehr gelungen aburi, also geflämmt. Die essbaren Shiso-Blüten waren nicht nur Deko, sondern steuerten eine tolle ätherische Würzigkeit bei. Der frisch geriebene Wasabi mit der zurückhaltenden Schärfe, die den Fertigprodukten abgeht. Frisch geraspelte Streifen Rettich, Rotkraut und Möhre rundeten ab. Einen besseren Start kann man sich nicht wünschen.
Nächster Gang ein Ceviche von der Gelbschwanzmakrele Hamachi, angerichtet in einem Gurkenstreifen
Die Würfel hatten in der angenehm leichten Säure (Yuzu vermutlich) nur wenig angezogen, so dass die ursprüngliche Konsistenz weitgehend erhalten war. Passarelle und gehobelte Ingwerblüten brachten eine schöne „grüne“ Knackigkeit.
Jetzt wartete der tätowierte Franke mit einer Neuentdeckung auf: Jahrgangssardellen. Wie die bekannteren Sardinen besonders fettreiche Exemplare, locker geschichtet und damit mehr vom Öl umflossen, im dem sie für mehrere Jahre ziehen. Dabei wird die Dose halbjährlich gewendet. Kostenpunkt für 10 Sardellen zwischen 12 und 24 Euro. Den Jahrgang erfuhren wir in Nürnberg nicht, aber das Ergebnis war verblüffend: Nur noch ein sehr milder Salzton, dafür wieder mit einem intensiven Eigengeschmack versehen. Weich, aber nicht konturlos. Mit entrindetem, stark geröstetem Weißbrot, etwas Fleur de Sel und ein paar Tropfen nativem Olivenöl eine ebenso „einfache“, wie geschmacksstarke Überraschung. Ich war so eingenommen, dass ich glatt das Foto vergessen hatte. Wat willste machen: Musste halt noch ein Portiönchen bestellen...
Nach diesem eher puristischen Vergnügen ging es etwas komplexer, aber ebenso produktorientiert mit gleich zwei Tellern weiter:
Auf der einen Seite dünne Scheiben von roher, eher zurückhaltender Jakobsmuschel, japanisch Hotate-gai, mit milden Kapern und kleinen intensiven Oliven, ganz profan aus dem Bio-Markt auf der anderen Seite des Kornmarkts. Muss man sich auch erst mal trauen zu sagen, aber die Qualität hat ja gestimmt. Hinzu kamen wohl blanchierte weiße Zwiebeln für eine leichte süßliche Schärfe und grüne Stängel, die ich erst für Schnittlauch hielt. War aber Mönchsbart, der entsprechend seiner Herkunft von den Uferwiesen eine Salzigkeit mitbrachte.
Die Komposition war sehr gelungen, denn alle Aromen waren sparsam eingesetzt und deckten so die Muscheln nicht völlig zu.
Daneben ein farbenfroher Teller
der mit nur drei Zutaten aufwartete: Guter Lachs, vollreife Mango (Flugware?) und unspezifisch als Seaweed vorgestellte Algen, deren kleine Blätter beim Kauen wie Bläschen zerplatzten und einen Meeresgeschmack beifügten. Auch eine Art vegetarischer Kaviar. Ein einfacher Teller zum Wohlfühlen, für den meine Kollegin vermutlich dankbar war, denn sie dürfte bodenständigeres Sushi erwartet haben.
Oliver Esch servierte nun als Gaumenkitzler selbst fermentierten Kimchi
Wir waren uns am Tisch einig: Da ist noch viel Luft nach oben. Aggressive Salzigkeit und für meinen Geschmack zu wenig Schärfe (und ich bin da eher die Lusche).
Wir sollten ja auch nur mal probieren.
Dafür war das anschließende Thunfischtatar auf einem Nori-Blatt ein süffiger Traum aus Fisch, Avocado, Yuzusaft und dem an Koriander erinnernden Europakraut
Meine Kollegin schwenkte inzwischen erkennbar die weiße Fahne. Sowohl was Menge anging, als auch Eiweiß, denn wir hatten bis dahin ja noch kein Körnchen Reis gesehen. Schuldbewusst bat ich den Chef, nun in die Zielgerade einzubiegen, vielleicht auch mit den „üblichen Verdächtigen“. Leider deutlich zu spät, an den nächsten Gängen wurde gegenüber nur noch geknabbert, um dann den Teller in meine Richtung zu schieben. Wer mit dem Borgfelder zum Japaner geht, sollte STOP! sagen können... Vermutlich hatte ich die ersten Hilferufe überhört, da zu sehr auf die Kreationen des Hauses fokussiert (aka ignorant, aka verfressen). Wie schade, durchhalten!
Denn jetzt gab es rundweg fantastischen Unagi, den mehrfach gegrillten, marinierten Aal
Eine Qualität, die auch in Düsseldorf nicht besser zu finden ist. Würzig, rauchig, süß, weich, warm. Und darunter einen ebenso beeindruckenden Reis, dem man Qualität und vor allem ausreichende Waschung genauso anmerkte, wie den milden Ponzu. Mit Noristreifen und Würfelchen des eingelegten Rettichs Daikon immer wieder ein Gericht, das mir in dieser Güte ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Den Abschluss bildeten dann die Klassiker Inari und Tamago
Die frittierten Teigtaschen waren wunderbar saftig und süß; sie standen aufgekrempelt, so dass man die Fuchs-Öhrchen, denen sie ihren Namen verdanken, nicht sehen konnte. Die großen Scheiben Omelett fluffig und mit eher wenig Süße. Dadurch trat der Ei-Geschmack deutlicher hervor. Den Reis habe ich schon gelobt.
Hier musste auch ich kapitulieren und nahm den überwiegenden Teil mit ins Hotel. Im Sushi-Restaurant gibt es ja genügend to-go-Boxen. Ergab am nächsten Morgen ein ganz passables Frühstück.
Herr Esch verabschiedete uns mit zwei großen Kannen frisch aufgesetztem Minze-Ingwer-Tee (5€), zum Süßen ein sehr dunkler Honig.
Auch sehr gut, wie (fast) alles heute.
In der japanischen Küche steht oder fällt alles mit der Produktqualität, die bei jedem meiner Besuche im Sushi Glas erstklassig gewesen ist. Zusätzlich ist der kreative Franke Esch stets auf der Suche nach neuen Zutaten und Kombinationen, die einen Abend am Kornmarkt spannend und unbedingt empfehlenswert machen!
Übrigens: Ganz „normale“ Maki und Nigiri (mit oder ohne modernen Touch) gibt es im Sushi Glas natürlich auch. Beim nächsten Mal, werte Frau Kollegin!
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Der dritte Tag in Nürnberg brachte eine Premiere: Zum ersten Mal mit Kollegin Nr. 2 kulinarisch unterwegs. Sie hatte die Wahl, aber von meinen drei Vorschlägen war das Gusto Natural an diesem Abend geschlossen und die Entenstuben hat eine viel zu gute Weinkarte für einen Besuch in der Fastenzeit (Wie recht sie hat, die Gute!). So fiel die Wahl endlich einmal wieder auf den von mir sehr geschätzten Oliver Esch.
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Restaurant Sushi Glas
Restaurant Sushi Glas€-€€€Restaurant, Take Away09112059901Kornmarkt 5, 90402 Nürnberg
4.5 stars -
"Für Sashimi-Enthusiasten" DerBorgfelderAuf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Der dritte Tag in Nürnberg brachte eine Premiere: Zum ersten Mal mit Kollegin Nr. 2 kulinarisch unterwegs. Sie hatte die Wahl, aber von meinen drei Vorschlägen war das Gusto Natural an diesem Abend geschlossen und die Entenstuben hat eine viel zu gute Weinkarte für einen Besuch in der Fastenzeit (Wie recht sie hat, die Gute!). So fiel die Wahl endlich einmal wieder auf den von mir sehr geschätzten Oliver Esch.
Zu
Geschrieben am 06.04.2018 2018-04-06| Aktualisiert am
07.04.2018
Besucht am 05.03.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 76 EUR
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Am zweiten Abend wollte ich eigentlich eine Pause vom Schlemmen einlegen, aber gegen 19.30 Uhr meldete sich doch der kleine Hunger. Die Schwanthaler Höhe war nicht weit und eine Kleinigkeit beim Franzosen wäre doch nice. Fast schon auf dem Weg zum Marais Soir erinnerte ich mich, dass mir letztens ein französisches Bistro ganz in der Nähe aufgefallen war. Auf meinen Telefonanruf bestätigte ein dem Akzent nach ganz offenbarer Gallier sympathisch, dass ein freier Tisch kein Problem wäre und 15 Minuten später betrat ich als one-man-team über eine kleine Stufe das freundlich erleuchtete Lokal.
Der Raum wird durch die mittige, offene Küche dominiert und geteilt. Die derzeit beliebten großen „nackten Glühlampen“ zeigen, dass die Eröffnung erst ein gutes Jahr zurück liegt. Linker Hand ein größerer Teil mit schwarzem Holzmobiliar vor den Fenstern und der Wand, an der eine grünen Urwaldtapete prangt. Alles ein wenig dunkel, aber gemütlich. Hier geht’s zu den modernen und sauberen Toiletten, an deren Details
erkennbar ist, dass ein Franzose das Zepter schwingt.
Rechts der Theke dagegen bewusst einfaches Ambiente. Unverputzte Wände, einfaches Bistrogestühl. Nur am Tresen Hochstühle mit lila Samtbezug. Hier geht es zum Hinterhof, den mir der Chef später am Abend zeigte. Mit der anrührend altmodischen Lichterkette und der zumindest derzeit noch offenen Ziegelwand des Nachbarhauses bei gutem Wetter ein wunderbarer Ort für lange Sommerabende mit viel Pariser Charme!
Eine junge Dame begrüßte mich und ließ mir die Wahl unter den freien Tischen. Dass ich um den Platz an der Theke bat, quittierte sie zögernd, aber doch zustimmend. Schon klar, hier ist der Rückzugsort für ein kleines Päuschen, wie Zigaretten und allerlei Krimskrams zeigten. Aber der Blick in die Küche war einfach zu verlockend
Die Gute war nicht lange verstimmt und erledigte ihre Aufgaben freundlich und ohne Fehler. Hier ist Bistro angesagt, es geht halt lockerer zu. Später machte ich ihr sowieso kaum noch Arbeit, nachdem sich der Chef zu mir an den Tresen gesetzt hatte. Ab da wurde es ein toller Abend mit Gesprächen über Küchenphilosophien, die bürokratischen Schwierigkeiten der Gastronomie und das Leben im Allgemeinen. Ansonsten schauten wir Ansgar dem Koch bei der Arbeit zu, der sich von Zeit zu Zeit auch am Gespräch beteiligte. Nur ein, zwei Flaschen Rotwein haben gefehlt. Aber so kann ich mich wenigstens ohne Notizen noch ans Essen erinnern. Hat eben alles sein Gutes. Denke ich mal.
Aus der Speisekarte, die ganz shabby als zerknüllte Papierkugel an den Platz kam, suchte ich mir - teils auf Empfehlung des wunderbar in zwei Sprachen plus Mimik und Gestik parlierenden Pariser Chefs - nach und nach ein paar Kleinigkeiten aus:
Etwas laissez-faire weist die Rechnung ein Menü mit Fleisch und drei Einzelpositionen „Küche“ aus, in Summe 72€. Transparent geht anders, aber in der Summe passt das.
Schon die Komponenten der gewählten Gerichte zeigen, dass hier auf klassischer Basis eine verfeinerte, moderne Bistroküche angeboten wird.
Für die Wartezeit gab es ein knuspriges Bäckerbrötchen. Aus einer Schublade wurde eine Rolle französische Butter hervor gezaubert, eine dicke Scheibe abgeschnitten und mit etwas Meersalz bestreut
Schlicht, aber nicht schlecht.
Mangels Wein ließ ich es beim Wasser richtig krachen. Aber lest selbst und seid angemessen beeindruck
Hat ganz gut geschmeckt, irgendwie...klar! (4,5€/0,5l).
Die Austern waren aufwändiger
Natürlich frisch geöffnet und das Wasser abgegossen wurden sie mit etwas Sojasauce bestrichen und im Ofen leicht erwärmt. Dann Granatapfelkerne dazu, um die Salzigkeit einzubinden. Zum Schluss noch etwas Koriandergrün. Statt Extrateller drapiert auf zerknülltem Pergamentpapier. Eine kreative, durchdachte Kombination, die etwas an den Umständen litt. Mir blieb es zu salzig und von Kaffirlimette war nichts zu schmecken. Ganz anders, als ich aus dem angesetzten Glas ein Löffelchen probieren durfte. Viel dickflüssiger und ein klares Aroma. Das Rätsels Lösung: Die Austern hatten beim Erwärmen nochmals Flüssigkeit abgesondert, so dass die Sauce verwässerte. Für mich schade und der Koch ärgerte sich, das nicht bedacht zu haben.
Weiter ging es mit dem aufgeschnittenen Saibling, der so intensiv orange war, dass ich eher auf Lachsforelle getippt hätte
Soll aber an der Menge des carotinhaltigen Winterfutters in der Zucht liegen. In der selben Lieferung sei auch ein deutlich blasseres Exemplar gewesen. Hier war es die tatsächliche Süße des mir völlig unbekannten Melonenrettichs, die gut mit dem leicht salzigen Fisch harmonierte. Gurken-Wasabi-Crême brachte „grüne“ Frische und leichte Schärfe. Ein gelungener, leichter Gang.
Die selbst gemachte Gänseleberpastete war da schon ein anderes Kaliber. Nicht nur von der Portionsgröße
Einerseits cremig, aber auch noch mit Fasern der Leber. Angenehme Fettnote. Auf die frisch geröstete warme Brioche (dieser Duft!) und dazu etwas Rotweinzwiebel. Hmmmm...
Da ich ja eigentlich nur für ein paar Kleinigkeiten kam, bat ich als Hauptgang um eine kleine Portion der Nieren.
Der Teller war der schwächste. Die Röschen wurden frisch von der Niere geschnitten und exakt gebraten. Sehr zart. Leider aber nicht gewässert oder eingelegt. So hatte eines (leicht!) den penetranten Dung-Geschmack von Innereien. Die anderen davon frei. Zudem kam die begleitende kräftige Calvadossauce mit viel Salbei recht kühl auf den Tisch, warum auch immer. Nur das Ratatouille u.a. mit kleinen Oliven hatte Biss und eine volle Ladung von Mittelmeerkräutern. Licht und Schatten.
So sollte der Abend kulinarisch nicht enden!
Also noch ein wenig Käse
Gute Entscheidung. Aus der Kühlung, aber den Teller angewärmt und nach dem Anrichten noch ganz kurz unter die Wärmelampe. Eine Aprikosenmarmelade ein paar Blüten und Senf mit roten Feigen. Ich war versöhnt!
Aber dem ungemein quirligen, temperamentvollen und sympathischen Chef Loic Cantegrel
kann man sowieso einiges nachsehen. Ich hatte einen genussvollen Abend, an dem ich viel über Gastronomie und Kulinarik erfahren habe. Und für mich ist auch klar, wo die nächste Betriebsveranstaltung in München enden wird. Meine Kolleginnen sind jedenfalls schon très intéressé!
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Am zweiten Abend wollte ich eigentlich eine Pause vom Schlemmen einlegen, aber gegen 19.30 Uhr meldete sich doch der kleine Hunger. Die Schwanthaler Höhe war nicht weit und eine Kleinigkeit beim Franzosen wäre doch nice. Fast schon auf dem Weg zum Marais Soir erinnerte ich mich, dass mir letztens ein französisches Bistro ganz in der Nähe aufgefallen war. Auf meinen Telefonanruf bestätigte ein dem Akzent nach ganz offenbarer Gallier sympathisch,... mehr lesen
L' Adresse 37 · Bistro Néo Français
L' Adresse 37 · Bistro Néo Français€-€€€Restaurant, Bistro, Catering08962232119Tulbeckstr. 9, 80339 München
4.0 stars -
"Beim Küchen-Philosophen zu Gast" DerBorgfelderAuf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Am zweiten Abend wollte ich eigentlich eine Pause vom Schlemmen einlegen, aber gegen 19.30 Uhr meldete sich doch der kleine Hunger. Die Schwanthaler Höhe war nicht weit und eine Kleinigkeit beim Franzosen wäre doch nice. Fast schon auf dem Weg zum Marais Soir erinnerte ich mich, dass mir letztens ein französisches Bistro ganz in der Nähe aufgefallen war. Auf meinen Telefonanruf bestätigte ein dem Akzent nach ganz offenbarer Gallier sympathisch,
Geschrieben am 30.03.2018 2018-03-30| Aktualisiert am
04.04.2018
Besucht am 04.03.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Zu Beginn hieß es am Sonntagabend erst einmal:
Never change a winning team!
Nach nur zwei Wochen durfte ich erneut mit meiner gastro-affinen Kollegin Nr. 1 in Berlin tafeln.
Diesmal ging es nach Kreuzberg und es wurde deutlich klassischer, denn die Wahl fiel auf das Orania im gleichnamigen, erst vor wenigen Monaten eröffneten Hotel. Schon vor über 100 Jahren ein Ort der gehobenen Kultur und Gastlichkeit, später lange Jahre ein Bekleidungshaus der Firma Charme&Anmut. Die Homepage vermittelt den Stil des Hauses bemerkenswert gut, doch wie so oft halten sich visuelle Gestaltung und Nutzbarkeit nicht die Waage. Unter der angegebenen Telefonnummer erhielt meine Begleiterin den nützlichen Rat, es bei der Auskunft zu versuchen. Und die Öffnungszeiten sind gleich gar nicht angegeben. Der spätere Hinweis der Restaurantleitung, man gehöre ja zum Hotel und habe daher sowieso an allen Tagen geöffnet, erregt in seiner Unbedarftheit ein wenig Mitleid.
Um 20.00 Uhr waren zwei kleine Gruppen und mehrere Paare anwesend. Die Plätze wohl zu einem knappen Drittel gefüllt. Es gingen und kamen Gäste, die letzten noch um 22.00 Uhr.
Als wir durch die schweren Türen den hohen Raum betraten, nahm uns sogleich eine gastliche Atmosphäre gefangen. Gedämpftes, aber nicht schummriges Licht illuminierte zur Rechten eine lange Bar, davor Loungesessel. Am Ende des Raumes auf einem Podest ein veritabler Konzertflügel.
Links im Hintergrund eine offene, große Küche, in der vier Köche ruhig werkelten.
Davor ein ungemein einladender Raum mit Ausblick auf den Oranienplatz. Hölzer in der Farbe alten Cognacs, Wildleder zum Teil auch an den Wänden, freundlich bezogene Bänke und Cocktailsessel, in denen man auch längere Zeit bequem und gestützt sitzen kann. An der Stirnseite ein Kamin,
in dem nicht Gasflammen, erst recht nichts Elektronisches loderten, sondern echte Holzscheite, vom Personal regelmäßig umgeschichtet und nachgelegt. Die goldene Elefantenprägung auf den Sesseln verstärkte meinen Eindruck einer luxuriösen Lodge.
Der Feuerstelle gegenüber fallen von den hohen Decken Volants in verschiedenen warmen Farben und schützten vor den Blicken aus dem Eingangsbereich und der Bar
Ein wunderbarer Raum zum Verweilen und Entspannen.
Nach dem Eintreffen von den jungen, ausschließlich weiblichen Kräften kurzzeitig ignoriert (Die Servietten wollten sorgsam aufgefüllt sein, da mag selbst ein kurzes „Bin gleich bei Ihnen!“ der Konzentration schaden.), wurden uns mehrere Tischen angeboten und wir zu dem Gewählten am Fenster begleitet. Die Mäntel hingen dabei schon über dem Arm der Servicefee, mustergültig. Auch später wurde fehlerlos, freundlich und insbesondere mit dem erkennbaren Willen agiert, die Wünsche der Gäste zu erfüllen - auch ohne einschlägige Ausbildung. Ein rundum nettes Team, am Ende des Abends diskutierten wir die jeweiligen Fastengebote/-versuche. Über die dandyhaften Schürzen, deren breite Lederriemen sich wie Hosenträger über dem Rücken kreuzten, schauten wir da gerne hinweg.
Die Tische am Fenster stehen sehr eng, wir konnten ohne Weiteres ein freundliches Gespräch mit dem älteren Paar über einen unbesetzten hinweg führen. Doch die Atmosphäre hat eben etwas Kommunikatives, Wohnzimmerhaftes und entspannt plaudert es sich auch mit Fremden leicht.
Direkt auf der schön furnierten Holzplatte ein schnörkelloses Robbe&Berking Besteck und ein sehr schöner Teller, dessen Motiv eines stilisierten Baumes mir japanisch inspiriert vorkam.
Ein Trauben-Secco war nicht im Angebot, also bat ich neben dem Wasser um einen frischen Grapefruitsaft. Obwohl nicht auf der Karte, legte Frau Skoda ein gutes Wort in der Küche für mich ein, übrigens genauso wie beim abschließenden Käse außer der Reihe, der ebenfalls aus den Vorräten des Frühstück organisiert schien. Später gab es noch einen Cocktail auf der Basis von Rhabarbersaft, der mit Ingwer eine fruchtig-scharfe Note hatte.
Brot kam schnell, zwar in der Papiertüte, aber „von der Markthalle 9!“, wie verschwörerisch geflüstert wurde. In diesem Kreuzberger (inzwischen wieder) Schmuckstück werden in der Tat an vielen, überwiegend festen Ständen regionale und exotische Produkte von guter Qualität und handwerklicher Herstellung angeboten, teilweise von Köchen, die genug von Sterneküche hatten. Ein Geheimtipp ist die einstige Avantgardestätte aber nun nicht gerade mehr.
Das gute, helle Hefeteigbrot hatte über den Tag etwas Knusprigkeit verloren
Dazu Salz und Butter, die direkt auf einen sauberen Papierstreifen gestrichen war
Ist nicht jedermanns Sache, spart aber immerhin Abwasch. Wir verbuchten unter Nachhaltigkeit.
Könnte aber auch Ausdruck des Sharing-Prinzips gewesen sein, das hier ein besonderes Angebot darstellt. Wie in vielen Küchen der Welt üblich, werden mehrere (vorgegebene) Gerichte zum Teilen gleichzeitig serviert.
Wir entschieden uns aber, getrennt von der angenehm übersichtlichen Karte zu bestellen, die der im Internet 1:1: entsprach. Auch hier regiert das Konzept. In diesem Fall die Konzentration auf maximal drei (Haupt-)Komponenten pro Teller, die dann dekliniert werden.
Ich fand sehr reizvoll, dass am Ende des Winters noch mehrere bittere Gemüse auf der Karte standen und entschied mich für
Büffeltartar, Chicorée und Brioche
Parmesan, Tortelloni, Blattsalat
Maispoularde, Schwarzwurzel, Trevisano.
Das Tatar zu Beginn wurde im Ring angerichtet, gekrönt von einem Wachtelei mit noch flüssigem Gelb
Das Fleisch war sehr fein gewiegt und vor allem sehr kräftig mit einem tomatisierten, pikanten Dressing gewürzt worden. Schon stimmig, aber ich hatte mich auf den besonderen Geschmack von Büffel gefreut. So konnte ich keinen Unterschied zum gemeinen Rindvieh feststellen. Die Brioche war nur leicht gegrillt, aber mit einer fein berstenden Kruste versehen. Der in den Teig eingearbeitete Senf sehr zurückhaltend. Als geschmacklicher Gegenpart setzte geschmorter weißer und eingelegter roter Chicorée
nicht nur bittrige, sondern auch säuerliche Akzente. Überraschend fanden sich im Gemüse sehr schöne kleine Grieben und ein wenig Gedörrtes vom Büffelfleisch. Passender die Crême von schwarzem Knoblauch und eine Version von Cocktailsauce.
Insgesamt noch nicht perfekt, aber sehr angenehm.
Mir gegenüber machte sich dagegen ein wenig Unzufriedenheit breit. Ein paar Birnenspalten als „Winterfrüchte“ rissen den Feldsalat nicht wirklich raus
Immerhin wurden die frittierten Käsewürfel Sciatt gelobt.
Mein Pasta-Zwischengang hatte zwei extreme Seiten.
Der Teig der Pasta war perfekt und die flüssige Parmesanfüllung ein Traum. Dazu gab es einen aufgeschlagenen Sud von grünem Salat, der durch Intensität überzeugte. Dazu Parmesanflocken und knusprige (Semmel?)Brösel. Himmlisch.
Aber aus diesen Sphären holte mich der nicht angekündigte marinierte Fenchel ganz schnell wieder herunter, bei dessen Säure sich nicht nur sprichwörtlich „alles zusammen zog“. Zumal man sich durch die groben Stücke auch nicht vorsichtig herantasten konnte. Weniger wäre hier mehr gewesen, zu schlechter Letzt auch optisch. Aber, ganz ehrlich: Ich weiß gar nicht, was die Säure in diesem Gericht überhaupt verloren hatte.
Beim Hauptgang war meine berufliche Begleitung wieder dabei. Ihr „halbes“ Entrecôte war hoch geschnitten und sah verführerisch aus
und auf dem Teller war auch ansonsten ordentlich was los.
Mit meinem Teller drängte sich allerdings eine weitere Assoziation zu Japan auf: In der U-Bahn von Tokio während der rushhour kann es auch nicht viel voller sein.
Drei dicke Tranchen Geflügelbrust auf reichlich Schwarzwurzelstangen und geschmortem Trevisiano wurden von einer ganzen Armada großer Crêmetupfer bedrängt
Zu allem Überfluss (!) schwamm das Arrangement in einem Saucentümpel. Der Service nahm mein Gebrumme ungerührt zur Kenntnis. Au weia, wer richtet solche Teller an? Auch bei genauerem Inaugenschein wenig Erfreuliches. Die schön gebräunte Poulardenhaut sah arg verschrumpelt , also erkaltet und daher weich aus. War sie im Anschnitt dann auch. In einem Schälchen wurde separat eine gebackene Praline mit Keulenfleisch
gereicht. Der etwas dick geratene Teig war feucht und weich geworden, kein Genuss. Oje, oje. Derweil schien meine Kollegin leise Topfschlagen zu spielen: „Kalt, kalt, lauwarm, kalt.“
Irgend etwas muss mit den Tellern in der Küche schief gelaufen sein. Vielleicht war mein Zwischengang vergessen worden, auf den wir lange warten mussten. Und stattdessen schon die Hauptgänge fertig gemacht? Es wurde nicht aufgeklärt, muss ja auch nicht.
Wir reklamierten umgehend und es zeigte sich, dass wir in einem Haus mit Stil waren. Kein Gemurre, uns wurde (von der Küche) angeboten, die Teller neu zu machen, was 15 Minuten dauern sollte. Nach genau dieser Viertelstunde kam der zweite Versuch und das Warten hatte sich gelohnt. Auch optisch, denn bei mir wurde etwas entschlackt, was Beilagen anging. Die Poularde durchgebraten, aber sehr saftig; die Haut knusprig.
Der Radicchio angeröstet und dann geschmort, schönes Wintergemüse. Und auch die Schwarzwurzeln tadellos, die Stangen nicht mit zu viel Biss, die Crême samtig. Auch das gebackene Bällchen war nun knusprig, der Inhalt würzig
Jetzt war das Gericht rundum gelungen, ohne herausragend zu sein.
Auf der anderen Tischseite war mit dem Fleisch nun Zufriedenheit angesagt. Die Beilage Mac‘n‘Cheese, also mit Käse überbackene Makkeroni
waren vielleicht etwas zu schlicht.
Blieb noch der Käse.
Schweizer Schnitt- und französische Weichkäse von einem sehr guten Buffet, aber ob die Ware durch die Hand eines Affineurs gegangen ist? Dazu ein schön lockeres Früchtebrot, sehr gut. Trotz der abweichenden Meinung meiner Kollegin lasse ich diesen Gang außer Bewertung. Denn an das, was auf Wunsch netterweise möglich gemacht wurde, kann nicht derselbe Maßstab wie an die Angebote der Karte angelegt werden.
Wir hatten einen schönen Abend im Orania, was besonders Service und Ambiente zu verdanken war. Die Küche hat Potenzial, war aber in ihrer Leistung unaufmerksam. Diese summierten sich, sodass die Sterneuhr diesmal bei 3,74 stehen blieb. Kein Grund, hier nicht wieder einzukehren und dem Knistern der Scheite zu lauschen!
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Zu Beginn hieß es am Sonntagabend erst einmal:
Never change a winning team!
Nach nur zwei Wochen durfte ich erneut mit meiner gastro-affinen Kollegin Nr. 1 in Berlin tafeln.
Diesmal ging es nach Kreuzberg und es wurde deutlich klassischer, denn die Wahl fiel auf das Orania im gleichnamigen, erst vor wenigen Monaten eröffneten Hotel. Schon vor über 100 Jahren ein Ort der gehobenen Kultur und Gastlichkeit, später lange Jahre ein Bekleidungshaus der Firma... mehr lesen
Restaurant Orania Berlin
Restaurant Orania Berlin€-€€€Restaurant, Bar, Hotel03069539680Oranienstr. 40, 10999 Berlin
4.0 stars -
"Wohlfühl-Oase am Oranienplatz" DerBorgfelderAuf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams
Zu Beginn hieß es am Sonntagabend erst einmal:
Never change a winning team!
Nach nur zwei Wochen durfte ich erneut mit meiner gastro-affinen Kollegin Nr. 1 in Berlin tafeln.
Diesmal ging es nach Kreuzberg und es wurde deutlich klassischer, denn die Wahl fiel auf das Orania im gleichnamigen, erst vor wenigen Monaten eröffneten Hotel. Schon vor über 100 Jahren ein Ort der gehobenen Kultur und Gastlichkeit, später lange Jahre ein Bekleidungshaus der Firma
Geschrieben am 19.03.2018 2018-03-19| Aktualisiert am
30.03.2018
Besucht am 25.01.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Man muss ja nicht alles verstehen, was einem gefällt.
Dachte ich bei mir, als ich rundum zufrieden das Restaurant in der ruhigen Wohnstraße am Rande der Nürnberger Innenstadt verließ. Vom Hauptbahnhof in vielleicht 15 bis 20 Minuten zu Fuß durch einen Park zu erreichen, der mich mit einem Biber-Reservat überraschte. Mit der Straßenbahtgn mögen es drei Stationen sein.
Von einem freundlichen jungen Herrn schon an der Tür in Empfang genommen und um meine Garderobe erleichtert, nahm ich sehr positiv die renovierte Raumgestaltung zur Kenntnis. Bei meinem letzten Besuch noch zu Zeiten des im Nürnberger Raum bekannten Manfred Burr tafelte man in einer Versace-Ausstellung - von den Lampen bis zu den Tellern barocke Formen und Goldrausch. Nun ein angenehm klarer Stil in warmen Brauntönen. Eine der Wände mit einem warmen Holzfurnier, die anderen mit einem glitzernden Stoff bespannt. Was sehr gut zu dem „Sternenhimmel“ aus kleinen LED-Leuchten passte, den Inhaber und Chef Fabian Denninger wohl gern entfernt hätte, aber am Veto des Verpächters scheiterte. Mir gefielen die funkelnden Punkte unter der Decke. Zusammen mit braun bezogenen Eames-Chairs, einem zurückhaltenden Teppichboden und überwiegend indirektem Licht eine Wohlfühlatmosphäre ohne jede Puppigkeit
Im ansonsten ähnlich gestalteten Nebenraum leistet man sich die Retro-Verspieltheit von Yucca-Palme, Ficus, Kaktus und Araukarie
Eher seltene Gäste in der aktuellen Sterne-Gastro-Innengestaltung. Auch die dunkle Eichenholz-Vitrine mit Edel-Bränden war überraschend, aber nicht unpassend.
Musikalisch wurde Jazz serviert, definitiv keine Fahrstuhlmusik. Als der Feierabend nahte, wurde die Lautstärke allerdings recht deutlich hoch gedreht. Bei an Profitmaximierung interessierten Gastronomen ein beliebtes Mittel, um Tische schnell zu drehen, fand ich es hier etwas befremdlich.
Die Tische gleichfalls elegant-schlicht mit zwei Decken, darauf ein kleines Grablicht und eine kleine Vase mit Tulpen. Ach, der Frühling war noch weit... Aufgerollt die übergroße Serviette, nicht gefaltet. Das Silberbesteck klassisch auf Bänkchen. Als Setzteller diente eine Glasplatte, unter der das Menü lag
Pfiffig! Weniger Hantieren am Tisch mit großen Karten nebst Scherbenrisiko und trotzdem immer den kommenden Gang buchstäblich vor Augen. Sympathisch auch, dass unter den Willkommensgrüßen in der Weinkarte das gesamte Team unterschrieben hat.
Die Tische stehen nicht zu eng, aber eine passive Teilnahme am Leben der Anderen ist nicht völlig zu vermeiden. Einerseits kam ich so in den zweifelhaften Genuss mehrerer Gratulationstelefonate der Geburtstagsgesellschaft in der Ecke. Aber auch der Schlagfertigkeit einer hochbetagten Dame am Nebentisch, die schon die Aufzählung der Aperitife mit der trockenen Bemerkung unterbrach, dass sie nichts gegen Champagner einzuwenden habe. Als später etwas manieriert ein Zweitwein als „Kleiner Bruder von...“ angepriesen wurde, legte sie kokett nach: „Gegen kleine Brüder hab ich eigentlich auch nichts.“ Lady, you made my day!
Auffällig ein einzelner Herr, der ebenfalls Fotos machte. Ha! Etwa ein Kollege von Gastroguide? Beim Verlassen des Lokals stürzte ihm der Chef hinterher und erschien auch nach erst 10 Minuten wieder. Meine Nachfrage bestätigte der Service, allerdings vermutete man hier keinen GG-, sondern vielmehr den Michelin-Kritiker auf Wiederholungsbesuch. Aber die machen ja auch einen ganz guten Job...
Die Toiletten nach der Renovierung sehr ansprechend gestaltet, ein Stapel Gästehandtücher in verschiedenen kräftigen Farben machte (mir) gute Laune.
Zum angenehmen Aufenthalt trug der Service durch Sommelier Herrn Vietzhum bei, der von einem jungen, gut ausgebildeten Kollegen unterstützt wurde. Beide agierten souverän und freundlich, dabei klassisch von der Hilfe mit dem Stuhl, über das Tischchen für die Handtasche bis zur persönlichen Verabschiedung an der Haustür. Auch ein Taxi wurde angeboten.
Schon gab die Küche auf drei Probierlöffeln eine erste Probe ihres Könnens
Ein kleines Stück Waller mit schöner Röstnote und frischer Begleitung von Apfel und Beete war mein Favorit. Auch die Buchweizencrême mit Enoki auf einem sehr knusprigen selbst gebackenen Knäckebrot hat überzeugt. Beim Stück von der Königskrabbe irritierte etwas Wässrigkeit, zudem kam die Süße der Karotte nicht gegen einen unerkannten, sauren Mitspieler an.
Vielfalt schien hier Programm zu sein.
Der zweite Gruß war noch besser
Die saftige Wachtelroulade mit ausgelassenen Lardo-Streifen und Röstzwiebelpüree war zum „Reinsetzen“ umami.
Die Weinberatung nahm meine Wünsche gut auf. In der überlegt sortierten Karte mit einem Schwerpunkt fränkischer Gewächse findet sich nur die alte Welt, was mit der rhetorischen Frage erläutert wurde: „Welchen Sinn macht es, zum regionalen Rehrücken argentinischen Malbec zu servieren?“ Das kann man unter Nachhaltigkeitsaspekten so sehen.
Wir einigten uns als Headliner auf einen Chassagne-Montrachet Les Macherelles 2014 von Thomas Morey, der trotz seiner Jugend (also der Wein - Herrn Morey kenne ich ja gar nicht) schon kraftvoll und komplex war. Dekantiert trat das Holz zurück und der Wein gewann von Minute zu Minute. Sehr fein, dass die Flasche nur kurz im Eis war, der Dekanter dann AUF den Sektkühler kam. Der beste junge Chardonnay der letzten Monate. Um die vielen Euros tat es mir nicht einen Augenblick Leid.
Sidekicks waren ein Campari-Orange zum Auftakt und ein Martini Gran Lusso zum Käse. Und dann zum Abschluss noch eine süße rote Vendage tardive von den Côtes du Rhône - einfach so, weil ich Lust drauf hatte.
Ich ließ an diesem Tag überhaupt meinem Geschmack freien Lauf und achtete nicht auf Wiederholungen oder Abfolgen. Hat mir auch nicht geschadet, der famose Franzose im Glas trug mich souverän durch den Abend:
Zur Begleitung wurden 5(!) eigene Brotsorten angeboten, alle gut
Die knusprigen Hefeteigstangen mit Tomaten schmeckten mir besonders gut. Dazu gesalzene Butter und eine schmackhafte, vollfette Kräutercrême.
Mit dem ersten Menü-Gang kamen vom derzeit bemitleidenswerten Schwarzkittel mehrere Scheiben confierter Speck
Es ging also mollig, vor allem aber intensiv weiter. Mit den zahlreichen weiteren Bestandteilen konnte ich weniger anfangen. Recht naturbelassene, schmackhafte Salzkartoffeln, lauwarm und exakt gegart. Majonäse mit ein paar Kümmelkörnern, ein deutlich zu groß geratener Klecks Meerettichsahne, Kartoffelchips für den Crunch, ein paar Kräutlein. Sah aus wie ein etwas dekonstruiertes, mir aber unbekanntes fränkisches Gericht. Alles lecker, die Kombi hab ich nicht verstanden. Franggen, klären Sie mich auf!i
Der Pulpo des nächsten Tellers war wohl vor dem Anbraten sous vide gegart worden, superzart bis hin zu einer etwas irritierenden Weichheit. Geschmacklich aber 1a, lauwarm mit schönen Röstnoten. Dazu Kopfsalat und Schwarzwurzel en texture
Beides am Gaumen deutlich identifizierbar. Schmeckte alles für sich vergnüglich. Aber irgendeinen Zusammenhang mit dem Oktopus konnte ich beim besten Willen nicht herstellen. Hätte ich eher beim Wildschwein erwartet.
Rundum zufrieden war ich mit dem ersten Fischgang
Anstelle Saibling war ich auf den Huchen gespannt. Ein Lachsartiger, wie auch im Anschnitt zu erkennen
Leicht glasig, wunderbar saftig und mit perfekt knuspriger Haut. Statt Zitrusfrüchten setzte Chef Denninger mit Schaum und Kernen des Granatapfels fruchtige Akzente. Die Graupen-Nocke hätte ich nicht gebraucht. Sehr gelungen auch die begleitenden Variationen vom Grünkohl: Püree, klassisch (aber fettfrei) gedünstet, roh süß-sauer-pikant eingelegt und schließlich auch noch frittiert. Das war spannend, auch wenn weniger nicht geschadet hätte. Das überfordert mich und dann wird nur noch abgearbeitet.
Im Menü folgte Adlerfisch ebenfalls auf der Haut gebraten
Ich unterstelle, dass der etatmäßige Saibling anders zubereitet gewesen wäre.
Der weiße Fleisch etwas weiter gegart, aber tadellos, ebenfalls die Haut. Fruchtsäure kam dieses Mal von Pomelostückchen, die etwas sparsam portioniert wirkten. Was auch an den überbordenden Varianten von Sellerie und Weizen gelegen haben mochte. Etwas viel l‘art pour l‘art, auch wenn mir die frittierte Knolle und das gepuffte Getreide schon gut gefallen haben.
Vor dem Hauptgang ein Gin-Granité mit Bitterzitronen-Gel zur Erfrischung
An sich bin ich für Sorbets und Granités mit Alkohol wegen der leichten Bitterkeit durchaus zu haben. Hier verstärkten sich die Komponenten in dieser Hinsicht aber doch zu stark.
Die Abteilung Fleisch war durch eine dann wieder famose Entenbrust in zwei dicken Scheiben vertreten
Und auch hier die Haut mit schönen Röstnoten und einem feinem Knusper. Mit dem Salamander kann die Küche bestens umgehen.
Das intensive Geflügel nur knapp rosa, nicht bei allen geliebt, aber ich mag es durchaus.
Die Beilagen - Steckrüben und Spinat - passten gut und paradierten wieder in diversen Zubereitungen. Alles schmackhaft, aber keine bleibende Erinnerung. Die Currysauce mit schöner Kardamomnote und nicht zu scharf brachte eine schöne Exotik ins Spiel.
Der abschließende regionale Heukäse zeigte, dass weniger eben mehr sein kann
Mandarine als Gel und Filets mit feiner Schärfe einerseits. Und andererseits Fenchel mariniert, als Crême und nur wenige Samenkörner. Beide Zutaten zauberten viele spannende Kombinationen. Da musste ich aufpassen, dass die beiden Käsestücke nicht zu schnell verschwanden. Manchmal ist weniger leider auch weniger!
Die bittrig-würzige Martini gab weitere interessante Geschmacksnuancen dazu, eine durchaus schlaue Wahl des Hauses.
Die abschließende Spätlese von der Rhône war ok. Aber wenn schon rot und süß, dann lieber einen kalifornischen Zinfandel.
Die Entenstuben verabschiedeten mich satt und zufrieden mit vier Kleinigkeiten in die Nacht
Ein Marzipan mit Quittengel, ein Brownie mit Topping von weißer Schokolade, ein Zimt-Marshmallow und - mein Favorit - ein Whisky-Zitrus-Gelee.
Fazit:
Der immer noch junge Fabian Denninger probiert weiter aus. Geschmacklich schon auf einem sehr guten Weg, verirrt er sich derzeit bei zu vielen Spielereien. Bei größerer Konzentration auf die Produkte ist hier noch erhebliches Potenzial. Leckere Wohlfühlküche war es aber auch jetzt schon.
Man muss ja nicht alles verstehen, was einem gefällt.
Dachte ich bei mir, als ich rundum zufrieden das Restaurant in der ruhigen Wohnstraße am Rande der Nürnberger Innenstadt verließ. Vom Hauptbahnhof in vielleicht 15 bis 20 Minuten zu Fuß durch einen Park zu erreichen, der mich mit einem Biber-Reservat überraschte. Mit der Straßenbahtgn mögen es drei Stationen sein.
Von einem freundlichen jungen Herrn schon an der Tür in Empfang genommen und um meine Garderobe erleichtert, nahm ich sehr positiv die renovierte... mehr lesen
4.0 stars -
"Ein angenehmer Abend mit Überraschungen" DerBorgfelderMan muss ja nicht alles verstehen, was einem gefällt.
Dachte ich bei mir, als ich rundum zufrieden das Restaurant in der ruhigen Wohnstraße am Rande der Nürnberger Innenstadt verließ. Vom Hauptbahnhof in vielleicht 15 bis 20 Minuten zu Fuß durch einen Park zu erreichen, der mich mit einem Biber-Reservat überraschte. Mit der Straßenbahtgn mögen es drei Stationen sein.
Von einem freundlichen jungen Herrn schon an der Tür in Empfang genommen und um meine Garderobe erleichtert, nahm ich sehr positiv die renovierte
Die „Umbauarbeiten“waren mal wieder Chronik eines angekündigten Todes: Das kleine Lokal mit pfiffiger deutscher Küche und extra-ordinären Stullen ist Geschichte. Stattdessen Allerwelts-„Italiener“. Sehr bedauerlich, aber so wird sicher mehr Geld gemacht.
Aufruf: Wo ist Shakira, die fröhlichste Bedienung seit es Kellnerschürzen gibt?
Die „Umbauarbeiten“waren mal wieder Chronik eines angekündigten Todes: Das kleine Lokal mit pfiffiger deutscher Küche und extra-ordinären Stullen ist Geschichte. Stattdessen Allerwelts-„Italiener“. Sehr bedauerlich, aber so wird sicher mehr Geld gemacht.
Aufruf: Wo ist Shakira, die fröhlichste Bedienung seit es Kellnerschürzen gibt?
Antons simply delicious
Antons simply delicious€-€€€Restaurant0421 17865000Knochenhauer Straße 4, 28195 Bremen
0.5 stars -
"Und Schluss!" DerBorgfelderDie „Umbauarbeiten“waren mal wieder Chronik eines angekündigten Todes: Das kleine Lokal mit pfiffiger deutscher Küche und extra-ordinären Stullen ist Geschichte. Stattdessen Allerwelts-„Italiener“. Sehr bedauerlich, aber so wird sicher mehr Geld gemacht.
Aufruf: Wo ist Shakira, die fröhlichste Bedienung seit es Kellnerschürzen gibt?
Geschrieben am 25.02.2018 2018-02-25| Aktualisiert am
29.03.2018
Besucht am 18.02.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 102 EUR
Ein früher Termin am Montag führte mich wieder in die Hauptstadt. Glücklicherweise mit einer Kollegin, die für gutes Essen schwärmt. Und so machten wir uns am Eröffnungstag der diesjährigen Berlinale nach Westen auf. Nämlich ins Herz des kulinarischen Imperiums von The Duc Ngo rund um die Kantstraße. Der umtriebige Innovator insbesondere der asiatischen Küche in Berlin, die er mit einem coolen Hauptstadt-Twist versieht, ist einem noch größeren Publikum durch die Ausstrahlung seiner Battle mit Tim Mälzer bei Kitchen Impossible vor einigen Wochen bekannt geworden.
Wunsch-Ziel wäre das derzeit sehr angesagte 893Ryotei gewesen, in dessen dunkler Gangster-Atmosphäre japanische und Nikkei-Küche zelebriert wird. Wie so häufig fiel der Besuch wegen Schließzeit am Sonntag aus. Also zogen wir (telefonisch reservierend - ohne hagelt es Wartezeit in der Welt von Kuchi und Co.) ein Lokal weiter ins Eckhaus Kant- und Schlüterstraße, in dem lt. Homepage „frischeste Meeresfrüchte“ auf uns warteten.
Zwischen beiden Restaurants, in einem recht kleinen Raum werden die Fische übrigens verarbeitet. Besonderheit: Auch dort ein Schaufenster zur Kantstraße, so dass tout Berlin beim Filetieren zuschauen kann.
Als wir das Lokal fast 30 Minuten vor der gebuchten Zeit betraten, schlug uns Hauptstadt-Atmosphäre entgegen. Ein lebendiges Stimmengewirr, umher eilende junge hippe Bedienungen, stylisches Lichtkonzept. Wir wurden schnell in Empfang genommen. Da unser Tisch am Fenster noch besetzt war, hätten wir an der Bar warten können. Allerdings wurde fürsorglich darauf hingewiesen, dass die Sitzgelegenheiten wie alle an den Schaufensterfronten keine Rückenlehnen aufweisen. Im Angebot waren alternativ zwei Plätze am Ende einer langen Tafel im zweiten, unmittelbar anschließenden Raum, die wir dankbar annahmen. Zwar auf harten einfachen Holzstühlen, aber immerhin. Wir waren später sehr zufrieden. Hier saßen wir zwar in der Ecke, aber das ermöglichte trotz der Geräuschkulisse ein Gespräch in halbwegs normaler Lautstärke. Vor der Wand mit den vielen funky Fischen, die als Corporate Design fungieren, hatten wir auch hier genug zu sehen. Es herrschte Geschäftigkeit, die Plätze werden sicher zwei bis dreimal am Abend gedreht. Selbst um 22.00 Uhr kamen noch neue Gäste. Das Publikum ist gemischt, junge Leute, Paare, gleich mehrere mit kleinen und kleinsten Kindern, die durch das Restaurant geschaukelt werden. Vater und Sohn, Einheimische und Gäste. Sicher auch etliche (Film-)Kunstschaffende, wie die Gespräche verrieten, die in unserer Nähe auf Deutsch, Englisch und Italienisch geführt werden. Es setzt ein heiteres Promi-Raten ein, vielleicht waren es auch nur Look-a-likes. Egal, gehört für mich in Berlin dazu.
Alternativ wurde unsere Aufmerksamkeit von der Innengestaltung gefesselt, die wieder von Hyun-jung Kim entworfen wurde. Die koreanische Künstlerin ist an einigen Läden Ngos beteiligt. Neben der großen bunten Wand ist die Decke ein Hingucker. Unter den offen gelegten Betonkassetten verschiedenfarbige Neon-Installationen
Auch die Wände im Raw-Design, was gut zum rustikalen Mobiliar aus hellem Holz und dunklem Metall, teilweise als Hochgestühl passt. Kontrapunkt ist der warme rot-braune Parkettfußboden. Durch diesen Gegensatz wirkt die Ausstattung, obwohl in sich stimmig, charmant vorläufig. Das hat etwas von Pop-up, von Nimm-den-Trend-mit, morgen könnte er vorbei sein. Carpe diem in der pulsierenden Gastro-Szene von Berlin. Ich habe mich sehr wohl gefühlt.
Was mit daran lag, dass das Personal keineswegs von oben herab agierte. Junge, bis auf die Restaurantleiterin sicher nicht ausgebildete Menschen jeden Geschlechts, die aufmerksam und fix waren. Viel Warenkenntnis schien nicht vorhanden, jedenfalls wurde die auf Knoblauch zielende Frage nach dem Inhalt des Paté Patata Bacalhau mit „Das is so mit Fisch drin.“ eher unbefriedigend beantwortet. Ich will allerdings nicht ausschließen, dass wir uns an eine der Bedienungen gewandt hatten, die wohl nur fürs Auftragen der Getränke zuständig sind. Diese durchaus effektive Arbeitsteilung birgt immer die Gefahr von Übermittlungsfehlern, so auch bei unserem Besuch. Aber falsches Mineralwasser und fehlendes Eis waren schnell und ohne Aufhebens korrigiert, für eine verspätete Beilage vermute ich eher die Schuld bei der Küche. Von Zeit zu Zeit verschwand der Service durch zwei leichte Schiebetüren, die an traditionelle japanische (und koreanische?) Wohnungen erinnern, hier aber in schwarz und blinkendem Silber künstlerisch aufgeladen waren. Erst auf dem Weg zur U-Bahn sahen wir den Grund. Nur durch die Türen getrennt, schließt sich das neueste Produkt der ungebrochenen Innovationsfreude Ngos an, das Taki White Rabbit. Erst vor drei Wochen eröffnet, wird hier von 9 to 8 täglich außer Sonntags Clean Eating serviert. Ein Trend, der mir wie alle extremen Ernährungs-Philosophien etwas suspekt ist.
Auf der Karte des Funky Fisch dagegen ein Mix derzeit angesagter Küchen. Frittiertes (auch Gemüse) im japanisches Tempura-Teig und Carpaccios von Fisch und Oktopus. Statt der schon im Mainstream angekommenen Anden-Ceviches gibt es Nikkei-Küche in Form des hawaiianischen Poke. Eine Besonderheit überrascht doch. Wohl aufgrund der Herkunft des Chefkochs stehen einige portugiesische Spezialitäten auf der Karte, so Escabeche, das schon erwähnte Kartoffelpüree mit Stockfisch, Gambas oder auch Reis à portuguesa.
Etliche Empfehlungen spielen mit den Erwartungen an ein Fischrestaurant, vom Fischbrötchen bis zur Seezunge Savoy.
Aber natürlich reizt uns auch der im Eingangsbereich in einer großen Theke auf Eis angebotene Fisch, der nach Gewicht bezahlt, gegrillt oder gedämpft und mit einigen Kleinigkeiten serviert wird.
Meine Kollegin entschied sich erstmals für Mahi-Mahi (130€/kg), bei mir sollte es ein Filetstück vom Steinbutt (110€/kg) sein, so dass die 200g-Stücke ergo mit 27,2€ und 22€ berechnet wurden. Das entspricht nach meiner Wahrnehmung etwa dem Zweifachen des Ladenverkaufspreises; den Preis fand ich fair, man zahlt zudem genau die Menge, die man möchte. Wie stets beim Baukastensystem treiben die Beilagen den Preis hoch. Die Filets wurden direkt aus dem Fisch geschnitten, der Butt ein wahrer Prachtbursche, der für 200€ im Ganzen über die Theke gegangen wäre. Während ich noch den Kaventsmann bewunderte, kam Duc der Innovator persönlich um die Ecke und wir plauderten über die Auslage. Seine Empfehlung war der Adlerfisch, ich blieb beim Steinbutt, dazu Reis auf portugiesische Art (5€).
Zum Einstieg hatten wir das gemischte Tempura (14€) gewählt. Da für Carpaccio nur noch Tintenfisch zur Verfügung stand, wechselte ich kurz entschlossen zum Lachs-Poke (als Zwischengericht 8€, Hauptspeise das Doppelte). Meine Begleitung passte, da sie die hawaiianische Küche für zu scharf hielt.
Zunächst ließ ich mir (notgedrungen) frischen Grapefruitsaft mit Soda und Eis 5€, uh!) schmecken. Wasser kostete 2,5€/6,5€.
Dazu wurden angewärmtes Baguette und wohl selbst eingelegte Oliven mit Kräutern gereicht
Das Tempura war in einem sehr leichten Teig typisch knusprig ausgebacken und vernünftig entfettet. Welten entfernt vom traditionellen deutschen Backfisch mit seiner dicken und im schlechtesten Fall fettigen Panade. Was die Inhalte anging, wusste schon die Mutter von Herrn Gump: Fritta mista ist wie eine Pralinenschachtel - Man weiß nie, was man bekommt. In diesem Fall waren Gemüse und Süßkartoffel o.k. Die Garnele knackfrisch und der Kabeljau wunderbar saftig. Nur die dicken Streifen Tintenfisch hätten zarter sein können. Da meine Kollegin erst jetzt von ihrer heimlichen Liebe zu Fish‘n‘Chips erzählte, orderten wir flugs noch eine weitere Portion nur mit Kabeljau. Dabei erfuhren wir en passant, dass hier nicht die Küche das Tempo vorgibt, sondern die Gänge vom Service abgerufen werden. Hat mich positiv überrascht.
Das reine Fisch-Tempura war vorzüglich. Was ebenso für die leichte, zitronige Majonäse galt
Für mein Poke war erfreulich fetter Lachs in kleine Stücke geschnitten und mit Würfeln von Gurke und Tomate, Lauchzwiebeln, einem neutralen Öl, einem Hauch Sojasauce und Sesamsaat vermengt worden
Schärfe war nur ganz leicht im Abgang zu ahnen, Säure war gar nicht im Spiel, das ist wohl der große Unterschied zum Ceviche, so dass
der Fisch nicht anzieht. Die Kombination ließ dem Lachs viel Raum, schmeckte frisch. Nichts Weltbewegendes, aber zufriedenstellend.
Unsere vielleicht etwas zu akribische Inspektion des Schüsselinhalts sorgte für Heiterkeit bei den Gästen am oberen Ende der Tafel.
Wir hatten uns beide beim Hauptgang für die gegrillte Variante (wohl eher Platte denn Rost) entschieden. Das hatte die Küche mustergültig hinbekommen. Mein Butt war wunderbar goldgelb
und mit etwas Olivenöl umträufelt
Das Fleisch war durchgegart
was überhaupt nicht störte, denn das Exemplar war für den Plattfisch ausgesprochen fett. Was sich nun wiederum beim Geschmack positiv bemerkbar machte, den ich zwischen Seezunge und Scholle ansiedeln möchte. Auch meine Mitschlemmerin war mit ihrer Goldmakrele sehr einverstanden.
Die Beilagen überzeugten weniger. Etwas selbst gemachte Remoulade, in der Konsistenz fein, die Einlage eher grob. Der Tomaten-Chipotle-Salsa
fehlte Würze wie Schärfe. Das eingelegte Gemüse entpuppte sich als kleines Röschen Blumenkohl, arg sauer. Dann noch etwas geschnittene rohe Zwiebel mit Petersilie und ein Zitronenachtel. Zum Steinbutt passte nichts. Die Präsentation uninspiriert. Passend dazu wurde nicht auf einem Teller angerichtet, sondern auf einem Blechtablett mit Pergamentpapier-Auflage
Das war mir (als einziges) doch zu viel Mitte statt Charlottenburg.
Ganz schwach der portugiesische Reis
der zudem wohl in der Küche vergessen wurde und erst mehrere Minuten später an den Tisch kam. Völlig zerkocht (das Bild schmeichelt), mit nicht enthäuteten Tomatenbrunoises und geschmacklosen Zwiebeln, zudem von aufdringlicher Säure. Salz, Frische, Kräuter - alles Fehlanzeige. Hanseat1957 als Kenner der lusitanischen Küche wird uns sicher eine Einordnung geben.
Trotzdem verließen wir nach einem anregenden Besuch gut gestimmt ein Lokal mit funktionierendem Konzept.
Fazit:
Das Gesamtpaket stimmt. Die deutsche Schreibweise Fisch macht deutlich, dass das Produkt ernst genommen wird und nicht hinter dem vorhandenen Funk verschwindet. Kulinarische Aha-Erlebnisse dürfen jedoch nicht erwartet werden.
Alles in allem: Wenn es sich wieder ergibt.
Ein früher Termin am Montag führte mich wieder in die Hauptstadt. Glücklicherweise mit einer Kollegin, die für gutes Essen schwärmt. Und so machten wir uns am Eröffnungstag der diesjährigen Berlinale nach Westen auf. Nämlich ins Herz des kulinarischen Imperiums von The Duc Ngo rund um die Kantstraße. Der umtriebige Innovator insbesondere der asiatischen Küche in Berlin, die er mit einem coolen Hauptstadt-Twist versieht, ist einem noch größeren Publikum durch die Ausstrahlung seiner Battle mit Tim Mälzer bei Kitchen Impossible vor... mehr lesen
Funky Fisch
Funky Fisch€-€€€Restaurant03023531686Kantstr. 135-136, 10625 Berlin
3.5 stars -
"Im Reich des Duc" DerBorgfelderEin früher Termin am Montag führte mich wieder in die Hauptstadt. Glücklicherweise mit einer Kollegin, die für gutes Essen schwärmt. Und so machten wir uns am Eröffnungstag der diesjährigen Berlinale nach Westen auf. Nämlich ins Herz des kulinarischen Imperiums von The Duc Ngo rund um die Kantstraße. Der umtriebige Innovator insbesondere der asiatischen Küche in Berlin, die er mit einem coolen Hauptstadt-Twist versieht, ist einem noch größeren Publikum durch die Ausstrahlung seiner Battle mit Tim Mälzer bei Kitchen Impossible vor
Geschrieben am 22.02.2018 2018-02-22| Aktualisiert am
23.02.2018
Besucht am 18.02.2018Besuchszeit: Mittagessen
Eine geschäftliche Einladung am Sonntagmittag brachte mich in diese alteingesessene Speisewirtschaft im gehobenen Stadtteil Uhlenhorst nahe der Alster.
Hier wird gutbürgerlich gekocht mit norddeutschem Schwerpunkt.
Roulade, Sauerbraten, Pannfisch, Labskaus usw. Die Kartoffel in allen Variationen dominiert die Beilagen. Wer Nudeln bestellt, ist Individualist, wer Reis möchte, gilt als Exot.
Dazu passt die Einrichtung. Hier ist - ganz sicher bewusst und gewollt - die Zeit stehen geblieben. Ist der schwere, den Wind abhaltende Vorhang durchschritten, erwartet den Gast im tadellos sauberen Souterrain des Reihenhauses ein etwas puppenstubiges Wohnzimmer, mit einigen maritimen Accessoires
Dazu Bilder, Zeichnungen, Strohblumen, nachgemachte Spirituosen-Fässchen, auf alt gestimmte Hängelampen und dies und das
Was sich halt so in Jahrzehnten ansammelt und von den Inhabern als dekorativ angesehen wird. Die Holzstühle und -Bänke immerhin etwas gepolstert, auf den dunkel gebeizten und lackierten Tischen Spitzendeckchen und Läufer, eine Kerze im üblichen Henkelleuchter. Meins ist der Stil eher nicht. Tat aber auch nicht weh.
Dem Publikum gefällt es anscheinend. Schon um 12.00 Uhr waren einige Tische besetzt. Um 13.00 Uhr herrschte reges Kommen und Gehen. Was nicht nur für die einzige Bedienung (vor dem Tresen) galt, sondern auch für die Gäste. Gemütliches „Abhängen“ steht hier nicht auf dem Programm. Drei Gänge in 45 Minuten dagegen sind überhaupt kein Problem.
Vorteil ist die angenehm niedrige Geräuschkulisse. Hier wird sich auf die Nahrungsaufnahme konzentriert und etwaige Gespräche in gedämpfter Tonlage geführt. Hat ja auch sein Gutes.
Die Gäste sind überwiegend ältere Semester. Von (einigen) Fünfziger zu (vielen) Achtzigern dürfte dem Augenschein nach die Spanne gelegen haben, vermutlich auch darüber.
Die weibliche Servicekraft - auch mit einiger Lebenserfahrung gesegnet - war flott unterwegs. Aufnahme, Bedienung, Nachfrage, Abräumen, das ging alles ratz-fatz. Vergessen wurde nichts, eine Falschlieferung war unserer unklaren Ansage geschuldet, die Zufriedenheit wurde ebenso erfragt wie weitere Wünsche. Gefühlt allerdings im 2-Minuten-Takt. Bei soviel Zackigkeit blieb für ein Schwätzchen am Tisch keine Zeit. Machte auch nicht den Eindruck, dass sie da was vermisst hätte, die Gute. Nicht unfreundlich, eher trocken und konzentriert.
Bei soviel Effektivität gilt wie stets: Entscheidend is aufm Teller! (Schrieb ich das nicht schon ein- oder zweimal zuvor?)
Und deshalb sei ein großes Lob vorangestellt:
Die Bratkartoffeln waren die besten seit langer Zeit. Goldbraun, knusprig außen, heiß und weich innen, (nach meinem Geschmack) mit nicht zu salzigem Speck und sanft zu Weichheit und Süße geschmorten Zwiebeln
Wenn es nur danach ginge, gäb’s 5 Sterne für die Küche.
Wobei Weichheit und Süße eigentlich Programm war. Dazu muss man wissen, dass sich die Küche des Hamburger Großraums durch eine große Vorliebe für Zucker an herzhaften Speisen auszeichnet. Ob Kartoffeln, Kohl, Salaten, Suppen, alles wird gern mit deutlicher Süße serviert. Keine Kritik daran, ist ja Geschmacksache.
Los ging’s allerdings mit einer Kraftbrühe mit Einlage, d.h. hier neben Suppengemüse vor allem Eierstich und Mettbällchen
Ersterer war von blassem Gelb, das ins Schmutzige tendierte, doch immerhin als Ei erkennbar. Letztere blieben auch blass, was den Geschmack anging. Die Brühe war o.k., doch von Kraft im Sinne von intensivem Fleischgeschmack war wenig zu entdecken. So lala, dachte ich, die Küche spart an Würze.
Zum Hauptgericht gab es neben den formidablen Erdäpfeln aus der Pfanne einen extra bestellten Gurkensalat
der dem oben beschriebenen Hamburger Weg alle Ehre machte. Dünne geschälte Scheiben in Sahne und zuckersüß. Da war keine Frische, keine Säure, kein Salz. Immerhin ging es mal ohne Flecken auf dem schwarzen Hemd ab, was bei den schlabberigen Scheibchen gar nicht so einfach war.
Als reguläre Begleitung gab es Rotkohl, der wie alle Beilagen gesondert serviert wurde
Das ist vorbildlich.
Keinerlei Biss, ebenfalls sehr süß und irritierend nach Kirsche schmeckend.
Blieb die mittägliche Hauptdarstellerin des Mahls, eine Rindsroulade mit Füllung.
Optisch ein Prachtstück
auch wenn das Sonnenlicht mehr Röstung vorgaukelte, als tatsächlich da war.
Das Fleisch so mürbe, dass es mit der Zunge am Gaumen zu zerdrücken war. Das galt allerdings auch für das klassische Innenleben von saurer Gurke und gestreiftem Speck
Wenn beide Komponenten letztendlich nur noch Mus sind, wurde vielleicht doch etwas lange geschmort. Und, wie jetzt schon erwartet, kaum gewürzt. Salz, Pfeffer oder gar Senf waren, wenn überhaupt, nur in homöopathischer Dosis vorhanden. Auch der schön glänzenden Sauce
die reichlich auf dem Teller und in einer Sauciere gereicht wurde, fehlte das Gerüst. Sie war kaum angedickt, hatte viele Fleischfetzen, was bei der fast zerfallenden Rolle nicht verwunderte, blieb aber lasch. Zwar hab ich nachgewürzt, aber ohne ausreichenden Bratensatz eben keine Röststoffe und kein kräftiger Eigengeschmack.
Alles in allem hat das Opitz etwas enttäuscht, dabei hätte es Zeug zu einem Knaller. Die Optik auf den Tellern war klasse, das Ambiente zumindest stimmig. Aber bitte nicht alles so gnadenlos übergaren und im Gewürzregal nicht nur in die ganz große Zuckerdose greifen.
Die grandiosen Bratkartoffeln retten den dritten Stern.
Keine Preise, meine Gastgeber zahlten. Bei der Nachschau einzelner Positionen im Internet komme ich zu einem leicht überdurchschnittlichen PLV.
Eine geschäftliche Einladung am Sonntagmittag brachte mich in diese alteingesessene Speisewirtschaft im gehobenen Stadtteil Uhlenhorst nahe der Alster.
Hier wird gutbürgerlich gekocht mit norddeutschem Schwerpunkt.
Roulade, Sauerbraten, Pannfisch, Labskaus usw. Die Kartoffel in allen Variationen dominiert die Beilagen. Wer Nudeln bestellt, ist Individualist, wer Reis möchte, gilt als Exot.
Dazu passt die Einrichtung. Hier ist - ganz sicher bewusst und gewollt - die Zeit stehen geblieben. Ist der schwere, den Wind abhaltende Vorhang durchschritten, erwartet den Gast im tadellos sauberen Souterrain des... mehr lesen
3.0 stars -
"Hier ist die Zeit stehen geblieben" DerBorgfelderEine geschäftliche Einladung am Sonntagmittag brachte mich in diese alteingesessene Speisewirtschaft im gehobenen Stadtteil Uhlenhorst nahe der Alster.
Hier wird gutbürgerlich gekocht mit norddeutschem Schwerpunkt.
Roulade, Sauerbraten, Pannfisch, Labskaus usw. Die Kartoffel in allen Variationen dominiert die Beilagen. Wer Nudeln bestellt, ist Individualist, wer Reis möchte, gilt als Exot.
Dazu passt die Einrichtung. Hier ist - ganz sicher bewusst und gewollt - die Zeit stehen geblieben. Ist der schwere, den Wind abhaltende Vorhang durchschritten, erwartet den Gast im tadellos sauberen Souterrain des
Geschrieben am 18.02.2018 2018-02-18| Aktualisiert am
26.03.2018
Besucht am 28.12.2017Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 308 EUR
Die Gastro-Führer sind sich weitgehend einig: In Deutschlands zehntgrößter Gemeinde hat man den Anschluss an die kulinarischen Entwicklungen verloren. Seit vier Jahren kein Michelin-Stern mehr in der Stadt. Ein einziger Bib-Gourmand nur im noch strukturschwächeren Bremerhaven. Der Gault Millau wertet aktuell gleich 4 von 6 gelisteten Restaurants ab. Die Reaktion darauf überraschend: „Die Tester haben halt einen schlechten Tag erwischt/Die stören sich doch nur an fehlenden Tischdecken und einfachem Besteck/Wir kochen für Gäste, nicht für Kritiker/Der Laden ist voll, also sind wir auf dem richtigen Weg“
Selbstkritik sieht anders aus. Aber vielleicht liegt es ja tatsächlich nur an den abgehobenen Ansprüchen.
Schaun mer mal, wie die üblichen Verdächtigen sich so schlagen...
III. Der Patron
Auch 2017 machte sich PfalzPfreund MarcO74 mit seiner Herzdame wieder zum weihnachtlichen Besuch gen Norden auf. Und so konnte die (vor immerhin schon zwei Jahren begründete) Tradition gemeinschaftlicher Restaurantbesuche „zwischen den Jahren“ endgültig zur Legende werden. Wobei die üblichen Terminschwierigkeiten diesmal nur den Vorabend der Heimreise übrig ließen, was die Zecherei verantwortungsbewusst einschränkte. Gut so. Völlig in meinem Sinne. Absolut.
Dem würdigen Anlass angemessen konnte endlich auch der großzügige Gutschein (mit) verwertet werden, der mir zu meinem leider nun schon etwas zurück liegenden persönlichen Bergfest zugeeignet worden war.
Ebenfalls völlig passend zum hohen Besuch aus südlichen Gefilden ging es also zum Edel-Italiener der Stadt, empfohlen durch langjährige Michelin- und Varta-Erwähnungen. Im elegant-goldenen, aber angenehm klaren Ambiente
hält sich ein Bussi-Gehabe à la „Rossini“ im zurückhaltend hanseatischen Rahmen. Wobei altes Geld und regionale Prominenz nicht nur an diesem Abend umfänglich vertreten war und natürlich auch angemessen begrüßt und umsorgt wurde. Was aber nicht heißt, dass wir womöglich nicht mit dem sprichwörtlichen Körperteil angeschaut worden wären. Im Gegenteil erfolgte eine aufmerksame, höfliche und auch professionelle Versorgung. U.a. beeindruckte die endlich mal gut verständliche Ansage einer langen Liste von Tagesempfehlungen, die neben die erfreulich kurze ständige Karte traten. Klar, dass dann auch unsere üblichen kreuz-und-quer-Bestellungen ohne ein Wimpernzucken oder gar eine Nachfrage zu 100% korrekt an den Tisch kamen. Auch der Getränkenachschub klappte vorzüglich, manchmal wie aus dem Nichts heraus. Alte Schule, halt.
Was auch für Inhaber Gianni Ferulli gilt, der als Vertreter der zunehmend aussterbenden Gattung des italienischen Patrone auf einer erhöhten Bank mit Blick auf den Eingang residiert
dann auch mal gravitätisch durch den Raum schreitet, Stammgäste begrüßt und ab und an mit einem schalen Witzchen einen recht ordentlichen Wein als wahren Göttertrunk anpreist. Solang es mit einer guten Leistung einher geht, stört es ja nicht, in lockerer Atmosphäre kann es sogar angenehm sein. Auch die Familie war generationsübergreifend nach den Weihnachtstagen anwesend und so wurde es nach und nach gelöster, ohne den Stil eines gehobenen Restaurant zu verlieren.
Wir starteten mit einfachen Wassern für jeweils stolze 7€ und gleich auch mit einem Sauvignon 2016 von Jermann, der geschmeidig, aber nicht zu leichtgewichtig durch die Kehle floss. 39€ für die Flasche fand ich für hiesige Verhältnisse fair. Wir blieben dann auch bei der zweiten Flasche unserer Wahl treu.
Mit einer Brotauswahl
verkürzte die Küche die zur Belegung passende akzeptable Wartezeit. Bei den selbst gemachten Grissini fehlte mir Salz, die an sich sehr leckeren Krapfen waren leider nur noch wenig kross. Die zwei weiteren Brotsorten o.k. und am Besten geeignet, die glatte Thunfischcrême und das kräftige Kräuteröl als leckere Begleiter
aufzunehmen. Seit Jahren unverändert, solide, aber auch nicht mehr.
Mein Blick fiel sogleich auf den prächtigen Schinken in der Berkel-Maschine. Zusammen mit einigen Brocken Parmesan aus dem Laib
mein liebstes Hors d´œuvre beim Italiener. Die anderen am Tisch griffen dementsprechend bescheiden zu oder waren schlicht zu langsam;-)
Bei der Vorspeise schwelgten die Damen opulent bei Rinderfiletstreifen mit Artischocken und Parmesan bzw. Crêmesuppe von und mit Garnelen. Die Herren beschieden sich mit einem weiteren italienischen Klassiker, Fritto misto (12€)
Die Mischung aus knusprig ausgebackenen Zucchini und Meeresfrüchten konnte voll überzeugen. Insbesondere die Baby-Oktopusse
waren zart und voller Geschmack. Aber auch die Anchovis und Calamari
standen dem nicht nach.
Ein besonders hungriger Esser konnte dem Pasta-Gang natürlich nicht widerstehen. Aber die hausgemachten Tagliatelle in Safransauce mit Hummer hörten sich zu verlockend an und sahen auch so aus
Am Gaumen keine Enttäuschung: Die Pasta nicht verkocht, elegante, nicht zu schwere Sauce, mit Lauch kam etwas Biss und das reichlich vorhandene Hummerfleisch war fest, aber nicht zäh und geschmacklich eindeutig. Da hatte ich schon deutlich schlechteres Krustentier in deutlich teureren Restaurants. Ein festlicher Teller, der bei zwei Schlemmer*innen zu Recht die Vorfreude auf ihren Hauptgang weckte (14/18€)
Drittes Hauptgericht am Tisch ebenfalls Nudeln mit Beilage aus dem Meer, nämlich Spaghetti Vongole dazu Cime di Rapa. Wenn ich den Gesichtsausdruch richtig deutete, nicht mehr als Durchschnitt.
Ich ließ es nach den gewohnt kargen Weihnachtsmenüs krachen und orderte die Seezunge für selbstbewusste 38€. Ein durchaus respektables Exemplar wurde wunderbar braun gebraten am Tisch präsentiert und dann perfekt filetiert
Alte Schule, wie gesagt.
Sehr gutes, festes Fleisch, aber im Geschmack noch zurückhaltender als üblich. Da hatte ich mir etwas mehr versprochen. Die tausendmal gesehenen Beilagen rissen nicht vom Hocker
Wobei einzuräumen ist, dass die à point gegarten Karotten und Brokkoli intensiv erkennbar waren. Nur halt etwas einfallslos. Dagegen die Rosmarinkartoffeln sowohl sehr weich, als auch kaum gebräunt. Die einzige echte Schwäche bei meinen Gerichten des Abends.
Bei den Desserts geht das Al Pappagallo einen interessanten Sonderweg. Neben den „üblichen Verdächtigen“ kommt mehrmals die Woche der bekannte Pâtissier Peter Hauptmeyer ins Haus. Dessen farben- und aromenfreudigen Kreationen konnten wir nicht widerstehen.
Ich entschied mich für das Avocado-Törtchen mit Chili in Ganache, Passionsfrucht, Himbeeren und weißer Schokolade als schmelzende Eiskugel
Mit 12€ sogar um 2€ geringer berechnet als in der Karte ausgezeichnet. Das aktuelle „Superfood“ schmeckte wie stets, wenn es - hier in den Biskuitteig - verarbeitet wird: Höchst dezent. Auch die Chili hätte der phantastischen Schoko-Glasur mutiger Paroli bieten können. Die Macarons waren geschmacklich toll, die Knusprigkeit noch ok. Indes: Mit den fruchtigen Aromen bot sich insgesamt ein stimmiger Abschluss des Menüs; das Blattgold passte zur Einrichtung. Darauf einen Passito von Pantelleria für stramme 10€.
Fazit:
Auch wenn andere von mittelmäßiger Leistung zu überzogenen Preisen raunten: Das Al Pappagallo hat mich überzeugt. In eleganter Atmosphäre werden gute Produkte mit überzeugendem Handwerk verarbeitet. Nicht mehr, nicht weniger. Damit wird die Leistung zwar der Selbsteinschätzung des Restaurants nicht gerecht, aber das ist ja nun kein Einzelfall. Der Glamour findet überwiegend neben den Tellern statt. Ob das Gesamtpaket die Preise rechtfertigt, mag jeder Gast für sich entscheiden.
Vielen Dank an die fleißigen Fotografen!
Die Gastro-Führer sind sich weitgehend einig: In Deutschlands zehntgrößter Gemeinde hat man den Anschluss an die kulinarischen Entwicklungen verloren. Seit vier Jahren kein Michelin-Stern mehr in der Stadt. Ein einziger Bib-Gourmand nur im noch strukturschwächeren Bremerhaven. Der Gault Millau wertet aktuell gleich 4 von 6 gelisteten Restaurants ab. Die Reaktion darauf überraschend: „Die Tester haben halt einen schlechten Tag erwischt/Die stören sich doch nur an fehlenden Tischdecken und einfachem Besteck/Wir kochen für Gäste, nicht für Kritiker/Der Laden ist voll,... mehr lesen
Al Pappagallo
Al Pappagallo€-€€€Restaurant0421327963Außer der Schleifmühle 73, 28203 Bremen
4.0 stars -
"3. Heimspiel - Mein Streifzug durch die Bremer Top-Gastronomie" DerBorgfelderDie Gastro-Führer sind sich weitgehend einig: In Deutschlands zehntgrößter Gemeinde hat man den Anschluss an die kulinarischen Entwicklungen verloren. Seit vier Jahren kein Michelin-Stern mehr in der Stadt. Ein einziger Bib-Gourmand nur im noch strukturschwächeren Bremerhaven. Der Gault Millau wertet aktuell gleich 4 von 6 gelisteten Restaurants ab. Die Reaktion darauf überraschend: „Die Tester haben halt einen schlechten Tag erwischt/Die stören sich doch nur an fehlenden Tischdecken und einfachem Besteck/Wir kochen für Gäste, nicht für Kritiker/Der Laden ist voll,
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Ziel meiner ersten Tour war das vom Michelin empfohlene koreanisch-spanische Fusion-Restaurant an der Eberswalder Straße, das seine ungewöhnliche Kombination den Herkunftsländern des Betreiber-Ehepaares verdankt.
Das Ambiente entspricht meiner Erwartungshaltung an eine koreanische Kneipe oder ein einfaches Lokal. Blanke Holztische, Zeichnungen an den Wänden, einfaches Gestühl mit einem schlechten Witz von Filzmatte.
Die Strahler über den Tischen sorgten für insgesamt eher schummriges Licht. Auch ohne Reservierung konnte ich am Sonntagabend einen Hochtisch ergattern, den Abend über war ein geschäftiges Kommen und Gehen, ohne dass alle Plätze besetzt waren. Leider lag mein Tisch direkt am Durchgang zur Küche und die Küchendünste waren deutlich bemerkbar. Neben der Inhaberin wuselten mehrere, ausschließlich weibliche Servicekräfte mit koreanischen Gesichtszügen eifrig umher. Alle Damen waren aufmerksam und freundlich, sagten sowohl die allgemeinen Tagesempfehlungen, als auch den Fisch des Tages an. Das zweite Gedeck wurde ausgehoben. Die Wirtin war stets präsent und gab auf Nachfrage durchaus sympathisch Auskünfte und Beratung.
Zur Erfrischung orderte ich erst einmal ein Gläschen Riesling Sekt von Schloß Vaux für 7€. Der dreiviertel Liter Völslauer Mineralwasser erhöhte die Rechnung um 6€. Aus der übersichtlichen Weinkarte hätte eine Flasche Molitor Riesling feinherb perfekt zu den fernöstlichen Genüssen gepasst, verbot sich aber im Hinblick auf die bevorstehenden beruflichen Aufgaben. So blieb es bei zwei 0,1l-Pfützchen Blanc de Noir vom Schwarzriesling (Dr. Becker, Rheinhessen, je 6€). Und natürlich einem Sherry Cream der Bodega Florido für (zu teure) 9€ zum Abschluss.
Die Karte auf dem unvermeidlichen, aber eben auch wechselfreundlichen Klemmbrett hielt einiges Unbekanntes bereit. Für einen möglichst breiten Eindruck schlug ich bei den Tapas bzw. der fernöstlichen Beilagen-Variante Banchan zu:
- Die Tagesempfehlung Havelländer Apfelschwein, Kimchi-Gnocchi, Kräuterseitlinge, Chimichuri-Pesto und Sauce Choron (12€)
- Adobo-Makrele, Gerste, eingelegte Aprikose (10€)
- Chori-Bang (What?) zu 10€, gegrillte Chistorrita, Bulgogi, Minz-Chimichurri, Kimchi-Bun, dazu (natürlich hausgemachtes) extra Kimchi (6€)
- Hänsel & Gretel (Pilz-Variationen vegan) (10€)
- kleine Auswahl spanischer Käse (9€)
Das Preisniveau war angesichts der Portionsgrößen, die eher zur Vorspeise tendierten, noch ok.
Ohne Gruß auch der Küche ging´s mit dem Fleisch los:
Die unter einem Wildkräutersalat „versteckten“ dünnen, aber saftigen Scheiben des Brandenburger Borstenviehs waren ein angenehmer Start und zeigten bereits die Handschrift der Küche: Es wird kräftig gewürzt. Dementsprechend wurden die federnden Gnocchi von ein wenig Kimchi begleitet, was mit der nur leicht tomatigen Sauce Choron eine elegante Schärfe brachte. Das südamerikanische Chimichurri brachte viele Kräuter ins Spiel, während die Pilze etwas untergingen. Schmackig!
Weiter ging es mit dem veganen Märchenteller.
Die rohen Enoki neckisch aufgestellt sorgten für den Crunch, gegrillte Seitlinge für Umami. Interessant und gelungen der Crumble nussiger, getrockneter Pilze mit Kakao dazu etwas Sommertrüffel, der noch wahrnehmbar war. Die Krümel standen wohl Pate für den märchenhaften Namen des Tellers. Nicht zufrieden war ich mit der Shitake-Marmelade, die das Gericht zu sehr in die süße Richtung kippen ließ. Etwas schade, aber sicher noch Geschmacksache.
Was meines Erachtens nicht mehr für den Fischteller galt.
Die gebeizte und danach kurz gegrillte Makrele hatte wenig Röstnoten bekommen und schmeckte vor allem salzig. Von der Adobo-Marinade war wenig zu spüren, erst der breite Pinselstrich an der Schale brachte mich hier geschmacklich auf die Spur. Eine das Salz einbindende Süße war völlige Fehlanzeige. Im Gegenteil: Vorherrschend war viel Säure. Zum einen von eingelegten Aprikosen, zum anderen von einem sehr intensiven Sud und einer großen Schaumhaube, beide von Ponzu. Beide Früchte vom Ansatz vernünftig, war doch jede Fruchtigkeit durch die an der Grenze zum Adstringieren aggressive Säure vertrieben. Die wohl ausgleichend gedachten Gersten-Graupen hatten überhaupt keine geschmackliche Bedeutung. Salzig und sauer mag das zwar ein „typisch“ koreanischer Teller gewesen sein, geschmeckt hat er (mir) nicht.
Da ich bewusst nicht gefragt oder im Netz gesucht hatte, war ich auf Chori-Bang gespannt, das sich schließlich als zwei Mini-Burger heraus stellte.
Der Teig der Buns war mit Kimchi-Beize versetzt, mit Chimichurri-Pesto bestrichen und daher und ebenso pikant wie wunderbar saftig.
Das mussten sie auch, denn die aufgeschnittene spanische Wurstspezialität Chistorrita brachte nach dem Grillen mächtig Wumms mit! Das Bulgogi-Rindfleisch und die schon bekannte Würzmischung hatte da einen schweren Stand. Salatstreifen und eine sahnige Sauce sorgten für etwas Beruhigung am Gaumen. Dazu passte natürlich perfekt der Kimchi nach Großmutter Rezept.
Belebend, aber nicht so höllenscharf, angenehme Säure, wenig Salz (Einmal das Rezept nach Nürnberg ins Sushi Glas, bitte!). Das gab ein Extralob für Oma! Freute die Wirtin, die mir zum übrig gebliebenen Weißkohl noch etwas Reis reichte, denn „Kimchi wird nicht allein gegessen!“ Wieder was gelernt.
Die abschließenden spanischen Käse bewiesen, dass es mehr als Manchego gibt und überzeugten mit einer herrlich angeröstetem Oliven-Brioche, Tapenade und Kaki-Chipotle-Chutney.
Das war noch einmal sehr überzeugend.
Fazit:
Kein schlechter Tipp. Spannende Kombinationen, einiges Neues. Nicht alles hat geklappt, nicht alles geschmacklich nach meiner Mütze, aber: No Risk - no fun!
Nur zum gemütlichen Verweilen lädt das Ambiente nicht wirklich ein - aber das wäre im Herzen der hippen Republik auch etwas zu viel verlangt.