Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 362483x gelesen 10162x "Hilfreich" 9120x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 11.11.2018 2018-11-11| Aktualisiert am
11.11.2018
Besucht am 06.08.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 65 EUR
Berlin, Sommer 2018. Die Stadt kocht. Gegen Abend werden die Temperaturen zumindest im Freien erträglicher. Der einsame Borgfelder streift die Torstraße entlang, ohne Ziel, vielleicht hat das Bandol sur Mer noch etwas frei. Auf der anderen Straßenseite wecken gut gefüllte Außenplätze die Aufmerksamkeit. Gärtnerei? Vermutlich vegetarisch. Der Aufsteller verheißt dementsprechend Erbse (So ziemlich das einzige Gemüse, das mir schon als Kind geschmeckt hat!), Karotte, Kimchi. Warum nicht mal etwas Leichtes?
Vom Autolärm urban umtost, zwängte ich mich in das einfache Metall-Klappmobiliar, blaue Flecken garantiert.
Berlin is nix für Weicheier... Ein Blick in die Karte verwirrte zunächst: Doch Fleisch und Fisch? Die Bedienung klärte auf. Das Lokal ist ein Ableger der „Fleischerei“ an der Schönhauser Allee. Dort stand zwar die vormalige Metzgerei, hier aber die nahe Gartenstraße Namenspatin. Die junge, schwer tätowierte Frau schätzte die direkte Berliner Ansprache, ohne zu rotzig zu sein. Ob mit einschlägiger Ausbildung, ist heute nicht immer gleich zu erkennen. Jedenfalls lernte sie eine weitere Anhängerin flächendeckender Körperkunst an. Als ich später doch mal darauf hinwies, dass Gastlichkeit auch eine Servicekomponente haben sollte, gab es das volle Programm einschließlich 2-Sekunden-Hand-auf-den-Arm und handgemaltem Smiley auf der Rechnung. Verwirrend, aber letztlich hat sie ihren Job doch gut gemacht.
Bei einem erfrischenden, hausgemachten Spritz (8€) schaute ich die angenehm fokussierte Karte im grünen Passepartout durch. Mal was anderes als das Klemmbrett. Ich blieb trotz Linumer Wiesenkalb oder Heilbutt bei meiner fleischlosen Wahl; das waren in gewohnter berlin-mitte-schreibweise:
Als Viergangmenü für 45€, was fünf Sterne für das PLV rechtfertigt, erst recht, wenn man dafür auch die Gänge mit Fleisch und Fisch hätte bekommen können.
Die recht kleine Weinkarte hat einen österreichischen Schwerpunkt, natürlich Inhaber, Multi-Gastronom und Weinhändler Bernhard Hötzl geschuldet. Die Empfehlung nach Rücksprache mit der Küche war eine Cuvée aus riesling, müller-thurgau und muskateller von soellner aus wagram. Zum Kimchi stieg ich auf einen riesling von türk aus dem kremstal um. Für das Achtel waren 5€ und 6,5€ fällig. Wenn jetzt selbst eigennamen (!) klein geschrieben werden, sollte ich dann vielleicht mal eine ganze kritik alles klein...? Die spinnen, die Berliner!
Als Apero kam ein knuspriges, kräftiges Landbrot mit schwerer Krume.
Darauf (ist selten!) Quark mit Joghurt, dem Zitro-Abrieb schöne Frische gab. Für mich gerne noch mehr von den frischen Kräutern, aber das war schon ein sehr guter Einstieg.
Das Menü startete mit einem der schönsten und auch besten vegetarischen Tellern des Jahres:
Die knackigen Erbsen waren nicht mehr süß, aber noch nicht mehlig, sondern auf der Höhe ihres Aromas. Es gab sie auch als fast ebenso intensives Püree und Sprossen. Dazu wurde ein flüssiges Joghurt mit einer ganz angenehmer Milchsäure am Tisch angegossen und mit einem Kräuteröl ergänzt. Die Minze schmeckte gut durch, zur Erbse natürlich der Klassiker. Salzzitrone und Himbeeren setzten immer wieder kleine Spitzen, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Ein perfektes sommerliches Aromenfeuerwerk, das jedem vegetarisch spezialisierten Spitzen-Restaurant Ehre gemacht hätte.
Auch der zweite Teller war optisch schon mal aus derselben Liga.
Dabei ganz anders, als der Napf zum Auftakt. Hier wurde rund um forzügliche feine Fifferlinge getupft und gespritzt, was Pinsel, Quetschflasche und Spritzbeutel hergaben. Da machte sich vermutlich eine solide Station in der Sterneküche bezahlt. Allerdings war die Vielfalt bei auch auf dem Teller versammelten drei oder vier auf den Punkt gebrachten Rübenarten schon an der Grenze der geschmacklichen Überforderung. Schön, dass sich die Geschmacksbilder gut ergänzten, sei es durch Stachelbeere, rote Frucht (Cornelkirsche?) oder die als Püree und Gel gar nicht mehr rustikale Saubohne. Sommertrüffel fand wie so oft nur auf der Karte statt. Dafür setzte frittierter Estragon geschmacklich und von der Textur noch ein Highlight.
Zwar nicht ganz auf der konzentrierten Höhe des ersten Tellers, hat aber trotzdem Spaß gemacht.
Wiederum eine optische Abwechslung dann mit dem koreanischen Nationalgemüse, denn der Chinakohl war in einem Stück vergoren worden, nicht wie sonst in Streifen oder Stücken.
Eine angenehme, runde Schärfe mit Ingwer, Knoblauch und Chili. Die Shitakepilze hatten etwas Probleme, geschmacklich durchzudringen, gefielen mir aber mit ihrem guten Biss. Dazu ordentlich Koriandergrün, das man - wie ich - nur lieben kann oder eben hasst. Die Variante im Kochu Karu im April gefiel mir zwar noch etwas besser, aber bekanntlich haben viele Mütter schöne Töchter...
Der gesondert gereichte Kokos“milch“reis
war natürlich ein genialer Ausgleich zur Schärfe des Kohls. Die Küche kann also auch Asien, prima.
Da ein recht kräftiger Wind aufgekommen war, zog ich an einen Tisch im Restaurant um, wenngleich an den weit geöffneten Fenstern. So konnte ich auch die zeitgeistig-gülden gestylte Innenausstattung bewundern
bei der mir sowohl die großen Bilder als auch kunstvoll gesteckte Zweige auffielen, die etwas verspätet die japanische Kirschblüte thematisierten.
Wie passend. Denn ausnahmsweise hatte ich statt einer Käseauswahl von Blomeyer ein Dessert gewählt, welches das Thema wieder aufnahm:
Wunderbare (entkernte) Amarenakirschen auf einer feinen Hibiskuscrème bildeten einen schönen Kontrast zum Ziegenkäse-Eis, dem durch die Kälte die Strenge weitgehend genommen war. Angebratene Matchaküchlein und Öl von Orangenblüten steuerten fruchtig-bittrige Nuancen bei. Ein mutig komponiertes Dessert mit japanischen Anklängen. Meine Käseabstinenz bereute ich an diesem Abend jedenfalls nicht.
Was auch für die vegetarische Auswahl insgesamt gilt, wie überhaupt für die Einkehr in der Gärtnerei. Die Küche kann was und sie traut sich was. Von mir eine Empfehlung und bei einem zweiten Besuch teste ich gern die Fleisch- und Fischabteilung.
Berlin, Sommer 2018. Die Stadt kocht. Gegen Abend werden die Temperaturen zumindest im Freien erträglicher. Der einsame Borgfelder streift die Torstraße entlang, ohne Ziel, vielleicht hat das Bandol sur Mer noch etwas frei. Auf der anderen Straßenseite wecken gut gefüllte Außenplätze die Aufmerksamkeit. Gärtnerei? Vermutlich vegetarisch. Der Aufsteller verheißt dementsprechend Erbse (So ziemlich das einzige Gemüse, das mir schon als Kind geschmeckt hat!), Karotte, Kimchi. Warum nicht mal etwas Leichtes?
Vom Autolärm urban umtost, zwängte ich mich in das einfache... mehr lesen
Gärtnerei Berlin - Restaurant & Bar
Gärtnerei Berlin - Restaurant & Bar€-€€€Restaurant, Bar03024631450Torstr. 179, 10115 Berlin
4.0 stars -
"Gelungener Ausflug ins „Grüne“" DerBorgfelderBerlin, Sommer 2018. Die Stadt kocht. Gegen Abend werden die Temperaturen zumindest im Freien erträglicher. Der einsame Borgfelder streift die Torstraße entlang, ohne Ziel, vielleicht hat das Bandol sur Mer noch etwas frei. Auf der anderen Straßenseite wecken gut gefüllte Außenplätze die Aufmerksamkeit. Gärtnerei? Vermutlich vegetarisch. Der Aufsteller verheißt dementsprechend Erbse (So ziemlich das einzige Gemüse, das mir schon als Kind geschmeckt hat!), Karotte, Kimchi. Warum nicht mal etwas Leichtes?
Vom Autolärm urban umtost, zwängte ich mich in das einfache
Geschrieben am 04.11.2018 2018-11-04| Aktualisiert am
04.11.2018
Besucht am 10.07.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 450 EUR
Der runde Geburtstag eines alten Kameraden verschaffte uns eine Einladung ins grenznahe Wasserliesch. In Scheid‘s Hotel (Eigen-Schreibweise) hatten wir nicht nur eine rauschende Ballnacht, sondern auch sehr gute, schon gehobene Küche auf regionaler Grundlage (inkl. schöner Saarweine). Es überrascht nicht, dass Familie Scheid seit einiger Zeit auch im Trierer Schloss Monaise mit französisch inspirierter Küche kulinarisch noch weiter nach oben zielt.
Ihr angestammtes Hotel unweit der Saarmündung und auf gleicher Höhe mit der seit über 1800 Jahren am anderen Ufer der Mosel stehenden Igeler Säule ist dagegen auf genügsame Gäste eingerichtet. Sehr kleine, einfache Zimmer, ungeheuer hellhörig und ohne Klimaanlage, was bei den sommerlichen Temperaturen für den erquicklichen Nachtschlaf eigentlich nicht förderlich war. Aber ich hatte ja schon die Weine erwähnt...
Deshalb für das Restaurant eine Empfehlung; das Hotel werden die rüstigen Wandervögel hier besser beurteilen können.
Wir ergriffen jedenfalls die Gelegenheit, mal wieder dem schönen Trier einen Besuch abzustatten. Zwischen Porta Nigra, Kaiseraula und neuester Karl-Marx-Statue chinesischer Herkunft hatten wir einen schönen Tag. Der sollte mit einem Menü im Becker‘schen Gourmetrestaurant im eingemeindeten Weinort Olewig (sprich Oleewich) gekrönt werden. Wohlweislich hatten wir gleich eine Übernachtung im neuen Hotelflügel gebucht, der wohl bewusst auf extra anreisende Kulinarik-Junkies zielt. Denen könnte nämlich der Wechsel zwischen dem stylishem, u.a. mit 2 Sternen und 18 Punkten hoch dekorierten Gourmettempel und dem traditionellen Gasthof für Wanderer sehr krass vorgekommen sein. Das Frühstück ist allerdings für alle Gäste gleich, was dann wieder für ein eher rustikales Angebot sorgt.
Der Neubau zeichnet sich durch klare Linien und die Verwendung von viel Grauschiefer und anderen regionalen Materialien aus. Durch kleine Wasserflächen ergibt sich eine japanisch anmutende, etwas kühle, für meinen Geschmack aber sehr elegante Atmosphäre. Die bezahlt sein will; die aufgerufenen Übernachtungspreise lagen eindeutig auf Großstadt-Niveau. Ein verglaster Bad-/Toilettenbereich ist derzeit in der Hotellerie schwer angesagt, aber sicher „Geschmackssache“. Die unangenehm zugige Klimaanlage etwas ärgerlich; das Frühstück hatte ich schon erwähnt.
Auch das Restaurant ist mit viel Naturstein angenehm klar gestaltet
ohne ungemütlich zu werden. Im Gegenteil ein modern-eleganter Raum, der aber durchaus wohnliches Flair hat. Etwas irritierend allein eine Installation im Eingangsbereich; halb Altar, halb Feuerstelle
Drei weitere Tische wurden nach und nach besetzt, gerade richtig. Aussicht gibt es nicht. Der Neubau grenzt direkt an das Grundstück des Nachbarn, der vom Balkon interessiert die Gästeschaft inspiziert. Der Blick auf den hauseigenen Lieferwagen ist durch einen Vorhang gnädig eingeschränkt.
Im Service agierten mehrere junge Damen unauffällig, bei Ansprache aber freundlich und durchaus kompetent. Im Wesentlichen kam jedoch Frau Christine Becker an unseren Tisch, die auch für die Weinbegleitung verantwortlich zeichnete.
Eingeschenkt wurden:
Weißburgunder 2015 vom familieneigenen Weingut,
Josephshöfer Riesling GG 2009 von Kesselstatt,
junger Rosado de Leorin aus Navarra,
Chardonnay aus dem Barrique von Wageck,
feinherber Riesling Kabinett vom Karthäuserhofberg,
aus Teneriffa einen autochthonen Listan negro (Spannend!),
galizischer Godello (Toll!),
Ürziger Würzgarten Spätlese von Molitor,
zum Abschluss Wintricher Ohligsberg Auslese 2002 von Weingut Haart.
Das waren für eine Begleitung tolle Weine, alle sehr passend und teilweise überraschen; beide Spanier kannte ich noch nicht. Mit 65 Euro zudem preiswert.
Auch im Übrigen gab es fachlich wenig auszusetzen, bis auf die völlig daneben gegangene Abstimmung mit der Küche bei einem Gang (Der Manzanilla kam, als der Teller schon abgeräumt war...).
Aber da war die Stimmung sowieso schon nahe Null.
Ausnahmsweise will ich es mit dem großen Disney-Philosophen Vater Klopfer halten: „Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, sollte man besser den Mund halten.“
Wir werden jedenfalls nicht mehr in Olewig einkehren.
Was nicht am Kulinarischen lag.
Überrascht hat uns allerdings, dass kein ernst zu nehmendes Angebot für Vegetarier offeriert wurde. Im ausschließlich zur Verfügung stehenden Menü kamen vegetarische Teller erst ab dem Pre-Dessert. Das ist natürlich Entscheidung des Restaurants, erscheint inzwischen aber nicht mehr zeitgemäß (wo selbst carniphile Bentheimer von fleischlosen Menüs schwärmen). Die Bemerkung von Frau Becker, dass Innereien doch kein Fleisch seien, empfanden wir als unpassend, selbst wenn sie spaßhaft gemeint war. Insgesamt aber ein Beispiel, dass die Interessen des Gastes hier leider nicht im Fokus stehen.
Nun gut, wir sind ja „flexitabel“ und außerdem nach der Anreise hungrig und durstig.
Als alkoholfreien Einstieg gab es Soda mit hausgefertigtem Extrakt auf Holunderblütenbasis (10€)
für meinen Geschmack etwas süß.
Gelungen dagegen die pikante Nussmischung nach Art des Hauses
und extrem dünne Grissini, die einem unaufmerksamen Betrachter fast wie Deko hätten erscheinen können
Um so bemerkenswerter, dass der Teig deutlich gewürzt war.
Die Grüße starteten mit einem kräftigen, angenehm kühlen Tatar im Brickteig-Cornet mit Salzkristallen
Gefolgt von drei Aperos.
Aus der runter geratterten Ansage meine ich Makrele mit Dillmousse vernommen zu haben, dazu Aubergine auf Chilicracker und - mein Favorit - gezupftes Krebsfleisch mit Yuzu-Gel. Alles austariert, gefällig, aber letztlich ein verhaltener Start. Dazu wurden frisches Baguette und Becker-Butter
gereicht. Im weiteren Verlauf offerierte die Küche eine abwechslungsreich aromatisierte Auswahl von Brötchen.
Alles erstklassig.
Als erstes angekündigtes Amuse schickte das Team um Wolfgang Becker eine gekühlte Gazpacho von Beeten und Beeren
deren Frische von viel Sauerrahm eingebunden wurde, während Meerrettich für pikante Spitzen sorgte. Vor allem meine Frau war begeistert.
Ich dagegen vom zweiten Gruß.
Blumenkohl, der derzeit ein Comeback in der Hochküche feiert, Pfifferlinge, weiches Wachtelei, Schnittlauchöl und Crumble von grünen Mandeln gaben eine ebenso kräftige wie süffige Mischung. Zum Reinlegen.
Das eigentliche Menü startete mit einer Rhapsodie in Braun.
Gebeizte Langoustine und zweierlei Gänselebercrème waren mit Champagnerlinsen in Gelee kombiniert. Obwohl die einzelnen Komponenten tadellos ausgeführt waren, überzeugte mich der Teller nicht vollends. Das kalt gegarte Krustentier blieb im Zusammenspiel blass und während sich die überwiegend weichen Komponenten im Mund schnell verflüchtigten, rückten die bissfesten kleinen Linsen mit dem Kauen etwas mehlig in den Vordergrund. Die Idee, sie in Gelee als Basis zu verwenden, war klasse, nur das Verhältnis war für mich nicht perfekt. Aber, wie Frau Becker uns beschied: „Der Koch hat sich etwas dabei gedacht.“
Auch im zweiten Gang setzte die Küche auf ein Surf‘n‘Turf:
Wunderbar zart confierter Oktopus wurde mit Chistorra kombiniert, der dünnen Chorizo-Variante aus Navarra. Texturen von der Artischocke verbanden beides herb und Piment betonte den kräftigen Charakter. Trotz einiger Schärfe blieb alles sehr harmonisch, die Rudi-Dutschke-Straße ist hier nicht nur geografisch weit entfernt. Beidseits des Tisches Zufriedenheit; das kulinarische Ansehen des Kraken steigt bei meiner Liebsten seit einiger Zeit deutlich.
Der erste Hauptgang in der Präsentation wieder sehr konzentriert, ohne in Purismus zu verfallen.
Eine hohes Seezungen-Filet „vom kleinen Boot“. Ich vermute, die Angabe bezieht sich auf die Fangmethode; fragen möchte ich schon länger nichts mehr. Schwelgen ging auch so. Feinste Qualität, auch durchgegart, dazu eine fantastisch Krustentierbéarnaise und ebenso intensive Steinpilze in Variationen. Da braucht es kein Chichi, wenn exzellente Zutaten so auf den Punkt zubereitet werden.
Es folgte der weitgehend vegetarische Teller.
Das Herzbries (gemeint war das Herzstück) geschmacklich und in der Konsistenz tadellos, war zwar optisch Hauptdarsteller, aber das „Allerlei von der Karotte“ hatte im Zusammenspiel gleichen Raum. Bevor es zu gemütlich wurde, brachte Schafsmilch einen würzigen Gegenpart und etwas Ingwer setzte fruchtig-scharfe Akzente.
Als Fleischgang gab es eine schöne Tranche von der Challans-Entenbrust,
trotz des Fotoeindrucks für mein Empfinden einen Tick zu weit. Aber da geht es um Sekunden und vor allem um persönliche Vorlieben, gerade bei Geflügel. Geschmacklich wieder sehr stark mit einem vollendete Barbecue-Lack. Musste sie auch sein, denn die reduzierte Jus kam unauffällig daher, glänzte jedoch mit Geschmackstiefe und getrockneten Jalapeños, die schon eine eindeutige Schärfe mitbrachten. Was selbst für mimimich kein Problem darstellte, denn durch die zweite mexikanische Hauptzutat, den Texturen vom Mais
wurde das Ganze wunderbar süß eingebunden.
Ein vermeintlich unspektakulären Teller, fast schon hausbacken angerichtet, aber am Gaumen ein Erlebnis.
Mit „cremigem Burrata“, unfassbar intensiver Petersilie-Reduktion, Kirschen in verschiedenen Zubereitungen und Haselnüssen hätte wir sehr spannend auf die Zielgerade gehen können.
Problem: Die Kräuterkomponente deckte die anderen Mitspieler weitgehend zu. Insbesondere der leckere Frischkäse ging völlig unter. Zudem fehlte es gerade an der besonders angekündigten Cremigkeit. Von der typischen Sahnefüllung war aber gar nichts zu bemerken. Schade, schade.
Absolut gelungen dagegen die folgende Erfrischung von Strauchtomaten, Basilikum-Eis und einem kräftigen Picual-Olivenöl.
Sehr schmackig, tolle Tomaten-Nuancen zwischen süß, sauer und würzig.
Vom Süßen Fan sehnsüchtig erwartet, präsentierte die Pâtisserie zum Abschluss des Menüs nun auch Gefälliges fürs Auge.
Inhaltlich dominierte feiner Vanilleschaum in dunkler Valrhona-Schokolade. Dazu sehr sparsam dosiert Pfirsich und Mascarpone. Lecker, klar. Nur 2 Sterne hab ich da nicht erkannt.
Gleiches dann auch bei den abschließenden Schokoladen.
Herzlich bedient (oder auch nicht) flüchteten wir aus einer kalten Atmosphäre in ein kühles Zimmer.
Fazit:
Die Küche von Wolfgang Becker kommt optisch und sensorisch erst auf leisen Sohlen daher. Showeffekte oder molekulare Spielereien sind ihr fremd. Umso stärker dann die gelungenen Kombinationen und die Geschmackstiefe. Auch nach mehreren Monaten sind mir überraschend viele Teller noch erstaunlich frisch im Gedächtnis. Das PLV mit 158€ für das Menü durchaus gastfreundlich.
Der runde Geburtstag eines alten Kameraden verschaffte uns eine Einladung ins grenznahe Wasserliesch. In Scheid‘s Hotel (Eigen-Schreibweise) hatten wir nicht nur eine rauschende Ballnacht, sondern auch sehr gute, schon gehobene Küche auf regionaler Grundlage (inkl. schöner Saarweine). Es überrascht nicht, dass Familie Scheid seit einiger Zeit auch im Trierer Schloss Monaise mit französisch inspirierter Küche kulinarisch noch weiter nach oben zielt.
Ihr angestammtes Hotel unweit der Saarmündung und auf gleicher Höhe mit der seit über 1800 Jahren am anderen Ufer... mehr lesen
3.5 stars -
"Harmonische Sterneküche" DerBorgfelderDer runde Geburtstag eines alten Kameraden verschaffte uns eine Einladung ins grenznahe Wasserliesch. In Scheid‘s Hotel (Eigen-Schreibweise) hatten wir nicht nur eine rauschende Ballnacht, sondern auch sehr gute, schon gehobene Küche auf regionaler Grundlage (inkl. schöner Saarweine). Es überrascht nicht, dass Familie Scheid seit einiger Zeit auch im Trierer Schloss Monaise mit französisch inspirierter Küche kulinarisch noch weiter nach oben zielt.
Ihr angestammtes Hotel unweit der Saarmündung und auf gleicher Höhe mit der seit über 1800 Jahren am anderen Ufer
Geschrieben am 21.10.2018 2018-10-21| Aktualisiert am
21.10.2018
Besucht am 11.10.2018Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 348 EUR
Endlich hatte ein Termin in der Pfalz auch für ein Treffen mit dem Daueresser und seiner besseren Hälfte gepasst, die netterweise auch den Fahrdienst übernahm. Bei der Anreise kam ich den Zweien noch entgegen, zu später Stunde wurde ich bis vor mein Hotel chauffiert. Dafür noch einmal ganz herzlichen Dank.
Beim Admiral angekommen, fanden wir den Garten hübsch herbstlich dekoriert vor, nach Einbruch der Dämmerung schuf die Beleuchtung eine verwunschene Stimmung. (Das Bild lädt nur zum Fotobereich hoch, nicht zur Bewertung, seltsam...). Obwohl der Außenbereich schon im „Winterschlaf“ schien (Zu früh - im Jahr, in dem der Sommer niemals endet!) eine tolle Visitenkarte. Und aus der Not eine Tugend gemacht. Denn das schön renovierte, alte Haus lässt gerade Platz für 30 Plätze, für die Toiletten geht es dann eben über den Hof. Aber keine Angst, nichts von Gartenlokal, alles neu, sauber und schick. Und für die Frotteetücher fand eine Weinkiste pfiffige Verwendung
(oder eine gute Idee der Innenarchitekten).
Der Altbau scheint auch keinen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Wir mussten jedenfalls einige Stufen überwinden, wurden hinter einem gläsernen Windfang aber sogleich von unserer Gastgeberin Frau Stehr begrüßt und an einen schönen Ecktisch begleitet. Mich über die Holzbank mit der homöopathischen Auflage zu beschweren, käme mir nicht in den Sinn. Ich litt, jedenfalls nach meiner Erinnerung ;-) schweigend und sah mich zufrieden in den alten Mauern um, die mit vielen modernen Elementen versehen sind. Nicht recht aus einem Guss
aber allemal gemütlicher, als die meisten durchgestylten Gastrotempel. Zum Wohlgefühl trug neben den freundlichen, hellen Farbtönen natürlich auch das indirekte und gedimmte Licht bei, wie manchem Foto ein wenig anzusehen.
Frau Stehr übernahm an diesem Abend auch den Service. An den anderen Tischen, die weitgehend mit Pärchen besetzt waren, half die Küche aus. Die Betreuung der aus dem Saarland stammenden Chefin war rundum aufmerksam, professionell und immer sehr sympathisch. Die Weinempfehlungen waren gut überlegt und durchaus klar, nachdem die Vorlieben der ganzen Gäste geklärt waren. Der ganzen Gäste? Nein, ein kleiner Norddeutscher leistete den süditalienischen Rotwein-Legionären unbeugsam Widerstand! Der wohlgereifte 2007 Pfalz-Riesling von Wageck hatte angenehm dezente Petrolnoten, war insgesamt aber erfreulich frisch. Und mit 45€ schon ein deutlicher Hinweis, dass Frau Stehr nicht sogleich ins oberste Regal greift. Beim folgenden, deutlich jüngeren Chardonnay gab es dann auch Vorschläge aus gleich drei Preislagen. Was kann die nette Frau dafür, dass ich Burgunderweinen nur schwer widerstehe? Wie von Frau Stehr vorhergesagt, präsentierte sich der Puligny-Montrachet mit nur zurückhaltenden Holztönen von Beginn an wenig verschlossen.
Ganz neu war für den Wein-Novizen aus der Stadt des herben Pils schließlich der abschließende Pacherenc du Vic-Bilh. Der als der „Süßwein mit dem unaussprechlichen Namen“ angekündigte Bordeaux erinnerte mich mit Anklängen von Hefe und Salz in der Tat an das Atlantikklima, ein wenig wie in einem Manzanilla.
Über den Rieslingsekt von Buhl wollen wir in der Tat besser schweigen. „Drüber“ ist etwas zu hart. „Traubenbetont mit milder Perlage“ trifft es besser. Wie ungewöhnlich für extra brut... Vermutlich wollte ich am Beginn des Abends keine Störungen der Vorfreude wahrhaben. Aber die 7,5€ pro Glas hätten auf meine Kappe gehen müssen!
Dreierlei zugekauftes, knuspriges Brot
war ein Genuss, besonders jenes mit Sonnenblumen, ebenso die kräftige, aufgeschlagene Nussbutter.
Die Grüße konnten mich durchaus überzeugen. In der Tat die Madeleine
bestachen eher durch den markanten Basilikumgeschmack, denn durch saftigen Teig, das glich aber die Tomatencreme aus und zusammen mit dem Parmesanchip ergab sich ein italienischer Einstieg, den man bei der französisch inspirierten Küche eher nicht erwartet hätte. Eine Verbindung mit den Menüs war daher nicht zu erkennen, wohl aber die Patissier-Ausbildung von Ehepaar Stehr. Beim zweiten Gruß ging es dann auch regionaler und (eigentlich) jahreszeitlicher zu. Und ja, ich war von der Ente-mit-Rotkohl-und-Klößen-im-Glas
rundweg begeistert. Das Confit voller Kraft und Saft, das marinierte Kraut mit schönem Biss und fruchtiger Säure, die vom süßen Maisschaum schön abgepuffert wurde. Gern hätte ich mich über das zweite Glas hergemacht, das der Gentleman zu meiner Linken aber natürlich der Dame überreichte.
Ich hatte mich (mit dem Weißwein liebäugelnd) durchweg für Fisch und leichteres Fleisch entschieden. Der seltene Drachenkopf machte den Anfang.
Auf der Haut gebraten, fest und saftig, dazu schwarzer Sesam und dreierlei Kichererbsen: natur, als gar nicht trockene Praline und als Crème, die mir mit einer leichten Schärfe ausnehmend gut gefiel. Vadouvan-Sud und Kräuteröl zeigten, dass die Küche von Holger Stehr nichts für Produktpuristen ist, sondern auf harmonische Geschmackskompositionen setzt. Ein nicht alltäglicher Auftakt, der mir ausnehmend gut gefiel.
Das Niveau wurde beim Zwischengang gehalten. Mir gefällt etwas Rauch (hier von Apfelholz) immer noch als zusätzlicher sensorischer Reiz. Allemal, wenn daraus knusprige Brust und saftige Keule von der Wachtel so voller Geschmack empor tauchen.
Sowohl Steckrübe - knackig geschmorte Julienne - als auch Mangold - in einem luftigen Raviolo versteckt - harmonierten gut in diesem schon herbstlichen Genuss-Türmchen.
Im Wechselspiel von Surf und Turf war wieder die Meeres-Fraktion an der Reihe.
Alle Günter-Grass-Fans müssen jetzt tapfer sein, aber kein Ostsee-Butt kann es mit bretonischer Ware aufnehmen, finde ich. Auch diese für meinen bescheidenen Appetit jedenfalls nicht zu kleine Tranche glänzte durch (natürlich nicht gerade magere) Saftigkeit und einen feinen, ins süß-nussige spielenden Geschmack. Als rustikale, quasi heimatliche Begleiterin diente hier das „Allerlei“ von der Bohne. Sehr gut wieder die von Nuss-Crumble assistierten aufgeschäumte Saucen, die raffiniert mit Aromen von Zitrone und Vanille spielten. Nur der vorbildlich knusprige Speck musste vorsichtig kombiniert werden. (Leider gab’s dazu keine näheren Angaben oder ich war zu abgelenkt durch spannende Informationen zum Collini-Center - dem Empire State Building Mannheims!)
Wie schon der Daueresser berichtet hat, waren wir schließlich von unserem Fleischgang alle gleichermaßen begeistert.
Das Iberico war fleischig im besten Sinne, fest, aber nicht hart oder trocken, eine zarte knusprige Haut und einen Duft, der im Gehirn ein Wort gleichsam explodieren ließ: SCHWEIN! Dazu Crumble von der Chorizo, denn wer wüsste es nicht? Fleisch geht am Besten mit Fleisch! Aber auch die kräftigen Beilagen haben mich völlig überzeugt, sei es der für mich bis dahin unbekannte wilde Blumenkohl (nicht Wild-Brokkoli), die verschiedenen Zwiebelzubereitungen von süß bis deftig, von knackig bis gaumenschmeichelnd. Und auch der Risotto-Praline kann man ja nicht vorwerfen, dass sie die einzige ihrer Art auf dem Teller war. Mir hat die Menge im Rahmen eines Menüs allemal gereicht, aber die Kapazitäten sind halt individuell.
An allen Gängen gefiel mir, dass gute Produkte kreativ und recht aufwändig mit eigentlich „einfachen“ Beilagen kombiniert wurden, die aber niemals zu grob daher kommen. Genau das richtige für eine anspruchsvolle Küche ohne Sterne-Anspruch.
Bei der abschließenden Käseauswahl
von Tourette fehlten die allzu milden Sorten, gut so. Gerade die kräftige Ziege hat mich am meisten überzeugt. Und natürlich ein Extra-Lob für die fein karamellisierten Walnüsse! Vom Dessertwein mit dem unaussprechlichen Namen habe ich ja schon oben berichtet.
Zu bester Letzt kam ich nicht nur in den Genuss der Petits fours von denen das Apfelmandelküchlein mit Kataififäden
neben dem roten Gelee (Holunderbeere?) und Eis (Hibiskus?) mit weißer Schokolade
besonders positiv in Erinnerung blieb. Aber auch der facettenreiche Daueresser hatte noch eine Überraschung parat, die dem Abend endgültig sein Prädikat verlieh: It was magic!
Danke an alle Beteiligten!
Endlich hatte ein Termin in der Pfalz auch für ein Treffen mit dem Daueresser und seiner besseren Hälfte gepasst, die netterweise auch den Fahrdienst übernahm. Bei der Anreise kam ich den Zweien noch entgegen, zu später Stunde wurde ich bis vor mein Hotel chauffiert. Dafür noch einmal ganz herzlichen Dank.
Beim Admiral angekommen, fanden wir den Garten hübsch herbstlich dekoriert vor, nach Einbruch der Dämmerung schuf die Beleuchtung eine verwunschene Stimmung. (Das Bild lädt nur zum Fotobereich hoch, nicht zur Bewertung,... mehr lesen
Admiral
Admiral€-€€€Sternerestaurant063534175Leistadter Str. 6, 67273 Weisenheim am Berg
4.5 stars -
"Auch ohne Stern ein Flaggschiff der gehobenen Gastlichkeit" DerBorgfelderEndlich hatte ein Termin in der Pfalz auch für ein Treffen mit dem Daueresser und seiner besseren Hälfte gepasst, die netterweise auch den Fahrdienst übernahm. Bei der Anreise kam ich den Zweien noch entgegen, zu später Stunde wurde ich bis vor mein Hotel chauffiert. Dafür noch einmal ganz herzlichen Dank.
Beim Admiral angekommen, fanden wir den Garten hübsch herbstlich dekoriert vor, nach Einbruch der Dämmerung schuf die Beleuchtung eine verwunschene Stimmung. (Das Bild lädt nur zum Fotobereich hoch, nicht zur Bewertung,
stars -
"Geschlossen wegen Brand" DerBorgfelderIn den nächsten Tagen ist die Filiale zur Beseitigung der Feuer- und Rauchschäden geschlossen.
Quelle: Unternehmen
Geschrieben am 08.10.2018 2018-10-08| Aktualisiert am
09.10.2018
Besucht am 30.07.2018Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 198 EUR
Seit marcO74 furioser Erstkritik war für mich klar:
Sobald ich bei schönem Wetter einen Abend in der Pfalz wäre, würde es auf die Terrasse des Moro gehen! Gesagt - getan: Schon 16 Monate später war es so weit;-)). Vom Hotel in Neustadt-City abgeholt, wurde ich vom nettesten Paar (mindestens) der Südpfalz direkt ins (eingemeindete) Weindorf Gimmeldingen an den Hängen der Haardt chauffiert. Durch die hübsche Hofeinfahrt
ging es bei schönster Abendsonne direkt auf die Terrasse, die wahrlich einen wunderbaren Blick über die Rheinebene bis Mannheim und bei klarer Sicht weiter bis an die Hänge des Odenwaldes erlaubt. Mit Mandelbäumen und Rebstöcken in der Nachbarschaft blieben wir durch die Höhen vor dem Wind geschützt lange (sehr lange, dazu später mehr) hier draußen sitzen. Derweil funkelten die Lichter der BASF aus der Ferne wie Edelsteine und ein roter Mond stieg vor uns am Himmel auf. Ein wunderbarer Ort, wie geschaffen zum Genießen. Zu später Stunde wurden „Grablichter“ entzündet, was die letzten Fotos auch nicht mehr wirklich retten konnte. Sehr gut gefiel mir die Gestaltung des Grundstücks unterhalb der Terrasse mit Rosengarten, Spielmöglichkeiten für Kinder und Loungemöbeln unter einem Pavillon. Wenn es nicht so spät geworden wäre, hätten wir dort unten gern noch einen Kaffee und vielleicht einen Absacker getrunken. Alles sehr gepflegt, bestimmt toll für einen Sektempfang etc. Auch den von marcO beschriebenen Innenbereich fand ich ansprechend; modern und klar, aber seine Herkunft als Weinstube nicht verleugnend.
Der Service konnte zumindest an diesem Abend leider nicht mit dem zauberhaften Ambiente mithalten. Eine junge Dame agierte sehr unpersönlich und absolut humorlos; das erste Lächeln sahen wir nach drei Stunden. Kommuniziert wurde nur sehr knapp und so schaukelte sich die beiderseitig fehlende Sympathie auch auf. Ganz das Gegenteil war der zuvor gelobte Serviceleiter Herr Kuld, dessen Freundlichkeit zumindest mir so aufgesetzt schien, dass ich mir mehr als einmal „verar...“ vorkam. Vielleicht lag es daran, dass der Service auf der weitgehend belegten Terrasse, darunter mehrere größere Gruppen, unterbesetzt war. Oder ich war einfach noch durch eine vorher im Hotel erfahrene, wirklich schlechte Behandlung so genervt, dass ich den Abend mit einem zu kritischen Spruch zur Aperitif-Frage noch vor dem Hinsetzen schlecht eröffnete.
Hoffentlich haben meine gutherzigen Begleitungen den Service positiver in Erinnerung; dann lasse ich mich gern berichtigen.
Gegen schlechte Laune hilft gutes Essen und Trinken!
Aus der angenehm übersichtlichen Karte entschied sich ein Vielfraß für das 6-Gang-Menü für 65€, während der heimische Genießer mit dem Sommer Special „Rundum sorglos“ für 59€ schlemmen wollte. Nur die Dritte im Bunde beschied sich für den Dreiklang aus Salat, Hauptgang und Kaffee für sage und schreibe nur 22€. Alles sehr günstig! Zudem leistete Madame klaglos Fahrdienst, so dass die beiden Herren fleißig die offenen Weine verkosten konnten. Die ausschließlich regionalen Gewächse waren zwischen 4,2€ und 5,6€ je 0,1l-Fingerhut für eine Weingegend doch überraschend stramm bepreist. Der halbe Liter Saftschorle schlug mit 4,2€ zu Buche, 0,75l Fachinger mit 6€.
Nach der Bestellung bekamen wir reichlich Zeit zum Quatschen und Aussicht bewundern. Irgendwann forschte ich im Inneren nach einem Menschen, um meinen Wunsch nach einem Gläschen Winzersekt kund zu tun. Neben einer genervten Antwort bekam ich einen mustergültig gekühlten Riesing serviert, der mit 6,5€ auf der Rechnung erschien.
Nach einer halben Stunde Wartezeit gab’s dann auch die erste feste Kost in Form von vier Scheiben labberigem (= lätschigem) Weißbrot. Als wir später am Abend um etwas Nachschub baten, wurden wir immerhin mit knusprig aufgebackener Ware
belohnt. Kurz nach dem Brot kamen dann auch Küchengrüße in Form eines pikanten Dips à la Frankfurter Sauce sowie eines dagegen recht flach geratenen Gurkensüppchens
Mein Menü startete nach 45 Minuten mit einer kaum pikanten Gazpacho, die vor allem süß war. Mir fehlten am Gaumen deutlich Tomatenfrucht und grüne Paprika. Dazu ein gewohnt bukettreicher Sauvignon Blanc von Oliver Zeter.
Weiter ging’s dann mit wunderbar saftigem, gezupftem Teryaki-Lachs auf Gurken-Ingwer-Salat
von dem ich mir etwas mehr Schärfe versprochen hatte. Dafür waren die geflämmten Apfelwürfel und die Punkte sehr salziger Sojasauce gute Mitspieler, die ich nach eigenem Gusto portionieren konnte. Eine gelungene Anleihe aus Fernost, die für die Küchen der Moro-Gruppe typisch ist. Nur schade, dass bei dem ansonsten seit März 2017 unverändert gebliebenen Teller das Segel aus Nori-Alge fehlte, wie der Gedächtniskünstler aus Steinweiler sogleich konstatierte.
Die Cuvée aus zwei Burgundertrauben und Scheurebe schmeckte mir dazu allerdings sehr gut, obwohl der Pälza Buu neben mir vom Weingut der drei Schwestern Weegmüller nicht so ganz überzeugt schien. Überhaupt hatte ich mit der wohl überlegten, bodenständigen Weinauswahl überhaupt keine Probleme.
Es folgte ein rustikales SurfˋnˋTurf
Eine wirklich wunderbar würzige, saftige, knusprig gebratene Scheibe Blutwurst auf einem dicken Apfelring. Dazu in einem kräftigen Muschelschaum kleine Kamm-Muscheln (die Bezeichnung Baby-Jakobsmuscheln scheint mir nach ausgiebiger Recherche im Netz sehr nah am, sorry, Beschiss zu liegen. Ponys sind auch keine Baby-Pferde...). Auch diese Kombination gab es schon Anfang 2017, wenn auch als Suppengang, und der Kollege war nicht recht überzeugt. Ging mir genauso. Die kräftige Wurst hätte zunächst mal einen ebensolchen Apfel verdient, der verwendete blieb dagegen schwach. Die reichlichen verwendeten Muscheln waren zwar schön angebraten, blieben aber geschmacklich um Längen hinter echten Jakobsmuscheln zurück. Zusätzlich waren sie durch die hohe Temperatur recht fest geworden, an (nicht: über) der Grenze zu einer gummi-artigen Konsistenz. Hier wurde wohl eine gute Idee dem Wareneinsatz geopfert, um den Teller preislich interessant anbieten zu können. Aber Abstriche bei den Produkten für niedrigere Preise haben mich noch nie überzeugen können.
Mit einem schönen Riesling von Alten Reben vom Weingut Ohler aus dem Gimmeldinger Mandelgarten wurde die Regionalität auch im Glas sehr hoch gehalten.
Gewarnt vom Suppenkaspar der Südpfalz hatte ich tunlichst vermieden, den signature-dish abzuwählen. Wie erwartet wurde das Onsen-Ei im Einmachglas in reichlich Buchenholzrauch
serviert und schmeckte wie stets süffig. Statt den aus Neustadt bekannten Haferflocken gab es in Gimmeldingen als Unterbau wohl mit Koriander gefärbte grüne Glasnudeln
die außer ihrer Farbe aber nur wenig beisteuern konnten.
Zudem etwas schwierig aus dem kleinen Weckglas zu löffeln. (Für den Daueresser und alle anderen 80er-Jahre-Filmjunkies: Wie sagte Julia Roberts so richtig - „Schlüpfrige kleine Schei...chen!“) Das ganze mit einem Orangenfond stark in die säuerliche Richtung verschoben. Pochiertes Ei und Säure sind für mich keine Traum-Kombi. Vielleicht hätten ja erdige Pfifferlinge hier eine Verbindung herstellen können. Taten sie leider nicht, die kleinen Exemplare waren geschmacksarm und sogar etwas wässrig. Ein enttäuschender Gang.
Auch hier konnte mich der Rosé von Philipp Kuhn trösten, eine fruchtige Mischung aus Merlot, Cabernet franc und Cabernet dorsa. Bei der letzten Traubensorte musste ich als Flachlandtiroler mehrmals nachfragen, war dem Rotwein-Aficionado natürlich peinlich vor seinen Pfälzer Kumpels!;-))
Dann war mal wieder Warten angesagt. Die Sonne verschwand, die Kerzen wurden entzündet, der Mond ging auf. Nach vielleicht weiteren 30 Minuten kam schließlich der Hauptgang. Der mich doch etwas versöhnte.
Die Perlhuhnbrust aus der Bresse war wunderbar saftig und aromatisch, zudem mit knuspriger Haut. „Er mag die Haut nur wenn sie kross ist, wenn sie zwischen den Zähnen kracht! Dann vergisst er, dass er voll ist. Ohohohoho!“ (Von Grönemeyer völlig zu Recht verworfener Text...)
Beilagen auch gelungen, rote Linsen und der an anderer Stelle unlängst arg gescholtene geschälte Weizen der Firma Egly - noch mit Biss. Der milde Curryschaum passte geschmacklich gut zum Geflügel und farblich zu ein paar Blättchen, vielleicht Spinat?
Das Fleisch war große Klasse und Graupen, Grieß, Haferflocken und sonstige Stärke abgebende Getreidespielarten mag ich eh ganz gerne.
Der begleitende Kalkmergel Spätburgunder von Pfaffmann wäre nicht meine erste Idee zum Perlhuhn gewesen, aber wenn es denn etwas Rotes sein soll, schon recht.
Den Abschluss bildeten für mich Camembert, Emmentaler und Blue dˋAuvergne mit verschiedenen Chutneys
Wie immer war der süße rote Sweetheart von Oliver Zeter (aus der Magnum ausgeschenkt!) ganz nach meiner Mütze.
Die Frage nach einem Kaffee verneinte das starke Geschlecht unisono; es war spät geworden. Dass wir damit offenbar auch gleich den fest zum Menü unserer Fahrerin gehörenden kleinen Schwarzen gecancelt hatten, fiel uns erst bei der Heimfahrt auf. Nach fast vier Stunden erinnert man sich halt nicht mehr so ganz an die Bestellung. Der Service wohl auch nicht. Passte irgendwie ins Bild.
Fazit:
Hatten wir einen schlechten Tag erwischt? Fakt ist, dass immer mal wieder das Können der Küche aufblitzte. Insgesamt aber waren es doch viel zu viele kleine Ungereimtheiten, die ich hier nicht erwartet hätte. Manchmal ist die Vorfreude eben doch die schönste Freude.
Nur gut, dass der phänomenale Ausblick und besonders die liebsten GG-Freunde alles Ungemach mehr als aufwogen.
Seit marcO74 furioser Erstkritik war für mich klar:
Sobald ich bei schönem Wetter einen Abend in der Pfalz wäre, würde es auf die Terrasse des Moro gehen! Gesagt - getan: Schon 16 Monate später war es so weit;-)). Vom Hotel in Neustadt-City abgeholt, wurde ich vom nettesten Paar (mindestens) der Südpfalz direkt ins (eingemeindete) Weindorf Gimmeldingen an den Hängen der Haardt chauffiert. Durch die hübsche Hofeinfahrt
ging es bei schönster Abendsonne direkt auf die Terrasse, die wahrlich einen wunderbaren Blick über... mehr lesen
moro
moro€-€€€Restaurant063211879140Meerspinnstraße 46, 67435 Neustadt an der Weinstraße
3.5 stars -
"Vorfreude ist doch die schönste Freude!" DerBorgfelderSeit marcO74 furioser Erstkritik war für mich klar:
Sobald ich bei schönem Wetter einen Abend in der Pfalz wäre, würde es auf die Terrasse des Moro gehen! Gesagt - getan: Schon 16 Monate später war es so weit;-)). Vom Hotel in Neustadt-City abgeholt, wurde ich vom nettesten Paar (mindestens) der Südpfalz direkt ins (eingemeindete) Weindorf Gimmeldingen an den Hängen der Haardt chauffiert. Durch die hübsche Hofeinfahrt
ging es bei schönster Abendsonne direkt auf die Terrasse, die wahrlich einen wunderbaren Blick über
Geschrieben am 28.09.2018 2018-09-28| Aktualisiert am
07.10.2018
Besucht am 19.07.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 44 EUR
Mein zweiter Besuch in diesem französischen Restaurant resultierte aus einem Missverständnis: Eigentlich war ich für ein Abendessen zu dritt im Weinhaus Uhle verabredet. Als ich allerdings nach vergeblichem Warten meine Bekannten telefonisch erreichte, betraten diese gerade eine Familienfeier - beim Griechen. Auf einen Wein komme man später noch gern ins Uhle, aber essen könne man dann beim besten Willen nichts mehr. Weil ich dem netten Paar nun nicht mehrere Gänge „voressen“ wollte, musste ich umdisponieren. Da kamen mir die auf’s Pflaster der Fußgängerzone in Schwerins Altstadt gestellten, soliden Bänke und Tische gerade recht.
Aber Pustekuchen, alles reserviert. Nur ein kleiner Bistrotisch wäre draußen noch frei und auch der nur für zwei Stunden. Perfekt, ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!
Mangels eines Badehandtuchs das Jackett über die Stuhllehne geworfen und einen kühlen, im Abgang herben Cidre für faire 4€ geordert.
Später ließ ich mir eine ausgewogene Cuvée aus Grenache, Mourvedre und Syrah (5,9€) munden.
Die Inspektion der Nassräume im ersten Stock des schönen Altbaus ergab nichts Nachteiliges.
Eine ganz in schwarz gekleidete Dame bediente mich insgesamt aufmerksam und freundlich. Zum Beispiel wurde nach dem Zeitpunkt gefragt, zu dem der Wein serviert werden solle. Nur die Tagesgerichte wurden nicht angesagt; das mag aber daran gelegen haben, dass ich direkt neben der Tafel mit den Angeboten saß. Ein rundum angenehmer Service.
Los ging’s mit eine Soupe au pistou für 7,5€. Soupe au pistou
Die südfranzösische Gemüse-Bohnensuppe war sehr tomatig und vor allem sehr süß. Die weißen Bohnen gefielen mir durch ihren Biss; gerne mehr davon. Der/die/das Pistou ähnelte von den Kräutern dem italienischen Namensvetter Pesto, blieb aber doch etwas blass. Dazu gab es noch recht frisches Baguette, dessen Kruste aber doch schon schwächelte. Ein knapp überdurchschnittlicher erster Gang.
Auch im Hauptgang (13,5€) keine Experimente: Merguez, Pommes frites, Salat, Sauce rouille
Drei wunderbare Merguez. Die pikanten Lammwürstchen aus sehr feinem, mageren Brät und heiß aus der Pfanne ein echter Genuss. Dazu wurde eine große Tüte schmale Pommes frites gereicht, die ruhig noch einen Tick länger im Fett hätten baden dürfen. Die „Sauce Rouille“ war aus meiner Sicht schlicht eine Majonäse mit ordentlich Knoblauch, Tomatenmark und Chilipulver. Etwas schade, das geht doch „authentischer“. Zu loben dagegen ein frischer Salat aus Schafskäse, Tomate, Paprika und Feldsalat, dem nicht zu viel Honig-Senf-Dressing und Granatapfelkerne einen kleinen Kick verliehen.
Zum abschließenden Käse (zu teure 12,5€) Käseplatte
wurde nochmals Weißbrot gereicht. Diesmal aber knusprig aufgebacken. Als Beilagen gab es ein recht fruchtig schmeckendes Olivenpesto, Pistaziencrumble, grüne Trauben und ein Salatbouquet wie bekannt angemacht.
Leider war die Ware insgesamt etwas zu jung und etwas zu kalt. Ein bißchen schade, dass ich nicht mehr Zeit hatte. Aber in der Präsentation lagen doch Welten z. B. zur puristischen Darreichung im Nürnberger Koch und Kellner.
Fazit:
Waren beim ersten Besuch noch deutliche Schwächen zu verzeichnen gewesen, zeigte sich das La Bouche heute von einer besseren Seite. Zwar gab es bei allen drei Gängen auch Schwächen, die man aber mit (viel) gutem Willen auch als laissez-faire ansehen kann. Insgesamt ergab sich ein positiverer Eindruck der Küchen- und erst recht der Serviceleistungen bei einem recht guten PLV.
Sollte das Uhle wider Erwarten nochmal ausscheiden (Erdbeben?), gelegentlich gerne wieder.
Mein zweiter Besuch in diesem französischen Restaurant resultierte aus einem Missverständnis: Eigentlich war ich für ein Abendessen zu dritt im Weinhaus Uhle verabredet. Als ich allerdings nach vergeblichem Warten meine Bekannten telefonisch erreichte, betraten diese gerade eine Familienfeier - beim Griechen. Auf einen Wein komme man später noch gern ins Uhle, aber essen könne man dann beim besten Willen nichts mehr. Weil ich dem netten Paar nun nicht mehrere Gänge „voressen“ wollte, musste ich umdisponieren. Da kamen mir die auf’s... mehr lesen
La Bouche et El Pato | Bistro & Bar
La Bouche et El Pato | Bistro & Bar€-€€€Restaurant, Bistro, Bar038539456092Buschstraße 9, 19053 Schwerin
4.0 stars -
"Zweite Chance überwiegend genutzt" DerBorgfelder
Mein zweiter Besuch in diesem französischen Restaurant resultierte aus einem Missverständnis: Eigentlich war ich für ein Abendessen zu dritt im Weinhaus Uhle verabredet. Als ich allerdings nach vergeblichem Warten meine Bekannten telefonisch erreichte, betraten diese gerade eine Familienfeier - beim Griechen. Auf einen Wein komme man später noch gern ins Uhle, aber essen könne man dann beim besten Willen nichts mehr. Weil ich dem netten Paar nun nicht mehrere Gänge „voressen“ wollte, musste ich umdisponieren. Da kamen mir die auf’s
Geschrieben am 20.09.2018 2018-09-20| Aktualisiert am
28.09.2018
Besucht am 10.07.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 215 EUR
Die Gastro-Führer sind sich weitgehend einig: In Deutschlands zehnt größter Gemeinde hat man den Anschluss an die kulinarischen Entwicklungen verloren. Seit vier Jahren kein Michelin-Stern mehr in der Stadt. Ein einziger Bib-Gourmand nur im noch strukturschwächeren Bremerhaven. Der Gault Millau wertet aktuell gleich 4 von 6 gelisteten Restaurants ab.
Die Reaktion darauf überraschend: „Die Tester haben halt einen schlechten Tag erwischt/Die stören sich doch nur an fehlenden Tischdecken und einfachem Besteck/Wir kochen für Gäste, nicht für Kritiker/Der Laden ist voll, also sind wir auf dem richtigen Weg.“
Selbstkritik sieht anders aus. Aber vielleicht liegt es ja tatsächlich nur an den abgehobenen Ansprüchen.
Schaun mer mal, wie die üblichen Verdächtigen sich so schlagen...
V. Der Tabellenführer
Unter den Bremer Restaurants hatte Grashoff‘s Bistro am längsten am Stück einen Michelinstern, nämlich 25 Jahre. Warum dieser 2003 verloren ging, weiß ich nicht. Vielleicht wegen eines tragisch erzwungenen Wechsels in der Küche, vielleicht aber auch, weil sich Patron Jürgen D. Schmidt weigerte, seine klassische französische Bistroküche mehr als nur unwesentlich einer zeitgeistigen Kreativität zu opfern? Jedenfalls hat es den vielen (mit dem Grashoff deutlich gereiften) Stammgästen weiterhin gefallen. An einen der treuesten, sicher aber den bekanntesten darunter, Victor von Bülow, erinnern nicht nur zahlreiche Fotos und etliche Originalzeichnungen aus der Hand des durchaus auch zotigen Meisters
Nach seinem Tod stiftete die Familie Schmidt eine Knollennasen-Skulptur in typischer Ausstattung und Pose, vor allem aber in Lebensgröße. Diese dient nun unter mächtigen Kastanien auf einer Parkbank vis-a-vis der aufgebockten, beschatteten Terrasse als höchst beliebtes Fotomotiv. Dem großen Komiker hätte es wohl ebenso gefallen, wie die Benennung des Platzes nach seinem Künstlernamen und der Bronze-Abguss des ikonischen Sofas vor der örtlichen Sendeanstalt.
Dem Gault&Millau waren die Leistungen viele Jahre 16 Punkte wert, erst in der aktuellen Ausgabe ist das Grashoffs um einen Zähler zurückgefallen, denn die Tester waren von etwas zu eingefahrener Routine enttäuscht.
Grund genug, als Strohwitwer einen Abend zum eigenen, ausgiebigen Test zu nutzen.
Soviel vorweg: Es wurde ein durch und durch vergnüglicher Besuch.
Um 18.00 Uhr am Dienstag nach den beiden regelmäßigen Schließtagen war ich der erste Abendgast und hatte die freie Tischwahl. Ein Vierer-Tisch verbot sich schon angesichts der nur 22 Sitzplätze (plus ein paar Hochtischen im hinteren Bereich am Durchgang zum Feinkostbereich). Also wählte ich auf der dreiseitig durchlaufenden, knallroten Lederbank einen Platz, der von einer Seite ohne fremde Hilfe einzunehmen ist. Insofern erwähnenswert, als die Tische so dicht an dicht stehen, dass sie von den ausschließlich weiblichen Servicekräften à la parisienne aus der Reihe gezogen werden müssen, um einen Zugang zu ermöglichen. Gehört alles zum Zauber des Grashoffs, denn klassischer wird man auch in unserem Nachbarland schwerlich mehr ein Bistro(t) finden
Dementsprechend sind die Damen in einheitlicher Bluse und langer Kellnerschürze wie aus dem Ei gepellt, flink, professionell (nicht alle ausgebildet, aber durch viel Erfahrung gestählt) und durchaus mit dem Selbstbewusstsein der französischen Garçons ausgestattet. Einziger Tadel bei diesem, wie bei weiteren Besuchen war der fehlende Gourmetlöffel zu den wunderbaren Saucen. Da musste Gang für Gang neu gefragt werden, obwohl der Silberbesteckkasten doch alles bereit hält, was der Genießer so von Schnecke bis Hummer benötigt. Vielleicht hat man aber ja auch das Glück, dass sich Mit-Inhaber Oliver D. Schmidt zu einem Schwatz über die Küche nebst etlichen Probeschlucken nieder lässt. Dabei wirkt der gelernte Koch gemütlich, ist aber hellwach. Der fast im Vorübergehen ergänzte Soßenlöffel war da noch das Geringste. Ein kleiner Hinweis zu einer Unklarheit in der Karte wurde jedenfalls im nächsten Monat umgesetzt. Patronne Elke Schmidt hilft zwar gelegentlich im Service, läuft aber als ausgebildete Sommelière (und Fleischermeisterin!) bei der Weinberatung ebenso zur Höchstform auf, wie bei der charmanten Bespaßung einzelner hungriger Herren.
Gegen den Durst gab es ein Gläschen Cidre (3,5€), gefolgt von einem weißen Port, der mit Eis und - wie erfreulich - Zitronenschale White Port, wie er sein soll
für 5,5€ serviert wurde. Dazu zauberte meine Gastgeberin Mandeln
auf den Tisch, denn mir stand der Sinn nach salzigen Kleinigkeiten. So fanden sich dann noch Jahrgangs-Sardinen und mit Wildfenchel eingelegte grüne Oliven wieder. Wie schön, wenn man aus dem Fundus des seit 1874 existierenden Feinkostgeschäft wählen kann. (In dem auch noch klassischer Einkaufsservice herrscht: Man wird von der nächsten freien Kraft empfangen, zu den verschiedenen Bereichen begleitet und zahlt schließlich bei Frau Schmidt an der großen alten Registrierkasse den nie allzu kleinen Betrag, während die kulinarischen Schätze verpackt und an der Tür überreicht werden. Das nenn ich Shopping-Begleitung!). Das gesamte Ensemble Ein paar Kleinigkeiten
wurde mit freundlichen 9,95€ berechnet, aufs Haus gab es eine intensive Tomaten-Frischkäse-Zubereitung, dazu ein für den Abend überraschend frisches fluffiges Ciabtta und knackiges Pan Carasau. Kein weiteres Amuse.
Ein Menü wird in der (zu) schnell gereichten Karte nicht angeboten, für den angepeilten Überblick wählte ich daher etwas umfassender:
Sommerlich marinierter Thunfisch 18,5€
Suppe von der Charantaiser Melone mit Parmaschinken 11,5€
Bretonische Artischocke mit Moutarde de Meaux-Sauce 15,5€
Mit Garnelenmousse gefüllter Artischockenboden 23,5€
Pochiertes Kalbsfilet mit Erbsen 32,5€
Gratinierter Picandou 11€
Aus der Weinkarte entschied ich mich wagemutig für einen 2013 Chardonnay aus dem schon vom Atlantik geprägten Navarra
(Wer mag: Einzellage Granja de Legardeta), der dekantiert nur eine eher mild ausgeprägte Holznote mitbrachte. Im Glas machten sich schnell die 13% Alkohol bemerkbar, aber ich arbeitete der zu langen Erwärmung wacker entgegen. Der Preis von 69,5€ gehört schon zu den höheren hier, sieht man einmal von den Raritäten ab. Beginnend bei 19,5€ wird erfreulich viel um die 30€ angeboten; gute Qualitäten, wohlgemerkt. Bei Grashoff scheint der Wein nicht zu niedrig angesetzte Speisenpreise ausgleichen zu müssen.
Der rohe Thunfisch stand im Mittelpunkt des ersten Tellers Sommerlich marinierter Thunfisch, Holunderblüte, Ingwer
Schön fest wurde das Fleisch von den weiteren Produkten nicht zugedeckt, die alle trotzdem nach und nach geschmacklich aufblitzten: Holunderblüte, nicht zu massiv eingesetzter Ingwer, Koriander, vielleicht etwas Buttermilch. Die asiatische Richtung passte gut und war nicht überbetont. Nur die Menge an knackigem Lauchgrün war für meinen Geschmack überzogen, aber das konnte man ja selbst steuern. Ein leichter, frischer Aufgalopp.
Sommerlich ging es mit der fruchtigen Suppe weiter, die kalt, aber nicht geeist war. Ein Kollege liebt es, auf Eiskristallen zu beißen; ich mag es gar nicht. Das Aroma der Charantais-Melone war vorzüglich eingefangen. Einen Kontrast setzten die reichlich vorhandenen, knusprigen Streifen von Parmaschinken Kalte Suppe von der Charentaiser Melone, Parmaschinken
Trotzdem war mir das Ganze einen Tick zu süß. Etwas Schärfe oder ein herberes Kräutlein hätten nicht geschadet. Aber das ist jetzt rein persönlicher Geschmack, die Suppe war schon sehr gut, geradlinig halt.
Dazu gab es passender Weise einen eisgekühlten Pineau des Charentes (4,5€) der sich erst traubig einfügte, aber im Abgang noch etwas bissig wurde. Ich liebe Gespritete!
Auch der folgende Gang ein Klassiker. Die gekochte bretonische Artischocke war 1a Bretonische Artischocke mit Moutarde-de-Meaux-Sauce
Blättchen für Blättchen konnte ich zusammen mit der vorzüglich gelungenen, zwischen Säure und Schärfe changierenden groben Senfsauce ablutschen (Ist doch so!), um mich schließlich über den köstlichen Boden herzumachen.
Einfach und doch genial. Die feine Distel steht in Deutschland viel zu selten auf der Karte.
Ganz bewusst hatte ich daher auch den nächsten Gang gewählt.
Ein beeindruckend großer und dicker Artischocken-Boden, perfekt gegart, war in einen Spiegel einer intensiven Sauce Armoricaine gesetzt, der frischer Majoran eine zusätzliche herbe Note verlieh. Das war mutig gewürzt, aber nicht einen Tick zu viel. Krone des Ganzen eine geschmacklich eindeutige Garnelenmousse, im Ofen locker gebacken und für eine leichte Röstnote überflämmt. Artischockenboden, Sauce armoricaine, Garnelemousse geflämmt, Majoran
Geschmack, Handwerk, Optik: Ein perfekter Teller!
Beim Hauptgang konnte das klassisch pochierte, unglaublich zarte und saftige Kalbsfilet dieses Niveau ebenso halten, wie die schaumige, wunderbar ausbalancierte Béarnaise, die reichlich und doch nur so gerade auskömmlich ;-) den Teller bedeckte Pochiertes Kalbsfilet, Sauce beàrnaise
Die gesondert gereichten Beilagen Junge Erbsen mit Schalotten, Erbs-Kartoffel-Pürree
fielen etwas ab. Kleine Erbsen (mit feinen Schalottenwürfeln) nicht mehr taufrisch, sondern schon etwas eingeschrumpelt (Dieses Manko war bei einem Folgebesuch nicht mehr vorhanden.) Auch das Erbs-Kartoffel-Püree war ein wenig schwer geraten. Gefallen hat mir dagegen das Kräuterbouquet mit Kerbel und Estragon, quasi ein „Muss“ zum Kalb. Erneut ein klassischer Teller mit fantastischem Fleisch und kleinen Schwächen.
Den Abschluss bildete - weil ich Käsezubereitungen ja eh nicht widerstehen kann - gratinierter Picandou auf knusprig geröstetem Landbrot Überbackener Picandou, Landbrot, Parmaschinken
Der Ziegenkäse konnte sorgfältig erwärmt gefallen, nur die Röstung war mir etwas schmalbrüstig ausgefallen. Auch beim Thymian hätte ich mir den Mut früherer Gänge gewünscht, zumal erneut knuspriger Parmaschinken überzeugte. Trotzdem ein angenehmer, nicht eben leichter Abschluss, der durch den begleitenden Wein nochmals verbessert wurde. Da ich den vorgesehenen Pineau schon genossen hatte, wurde ein überraschend vielschichtiger Ruster Ausbruch geöffnet. Der Turner von Heidi Schröck wird aus 100% Furmint-Trauben gewonnen, die etwas Botrytis hatten. Nett, dass auf dem Etikett gleich Empfehlungen für begleitende Speisen verzeichnet sind Rausschmeißer von Heidi Schröck
Bei angeregten Gastro-Gesprächen mit den Inhabern leerte sich das Fläschchen schnell; davon fand nur ein Glas den Weg auf meine Rechnung. Dafür herzlichen Dank!
Fazit:
Grashoff‘s Bistro liefert auch nach inzwischen 40 Jahren eine ambitionierte Bistro-Küche, die sich durch große Verlässlichkeit, aber auch durch eine mutige Handschrift bei Kräutern und Gewürzen auszeichnet. Zusammen mit dem köstlichen Ambiente und professionellem Service eine ganz sichere Bank. Wer kulinarische Neuentdeckungen machen möchte, ist hier falsch. Wer aber in ein ganz langes Mmmmmmmh! abtauchen möchte, dem seien der Hummer auf hausgemachten Nudeln ebenso empfohlen, wie die Chitarre-Spaghetti in Trüffelrahmsauce! Gourmetlöffel nicht vergessen...
Die Gastro-Führer sind sich weitgehend einig: In Deutschlands zehnt größter Gemeinde hat man den Anschluss an die kulinarischen Entwicklungen verloren. Seit vier Jahren kein Michelin-Stern mehr in der Stadt. Ein einziger Bib-Gourmand nur im noch strukturschwächeren Bremerhaven. Der Gault Millau wertet aktuell gleich 4 von 6 gelisteten Restaurants ab.
Die Reaktion darauf überraschend: „Die Tester haben halt einen schlechten Tag erwischt/Die stören sich doch nur an fehlenden Tischdecken und einfachem Besteck/Wir kochen für Gäste, nicht für Kritiker/Der Laden ist voll,... mehr lesen
Grashoff´s Bistro
Grashoff´s Bistro€-€€€Restaurant, Bistro, Bar, Sternerestaurant042114749Contrescarpe 80, 28195 Bremen
4.5 stars -
"5. Heimspiel: Mein Streifzug durch die Bremer Top-Gastronomie" DerBorgfelderDie Gastro-Führer sind sich weitgehend einig: In Deutschlands zehnt größter Gemeinde hat man den Anschluss an die kulinarischen Entwicklungen verloren. Seit vier Jahren kein Michelin-Stern mehr in der Stadt. Ein einziger Bib-Gourmand nur im noch strukturschwächeren Bremerhaven. Der Gault Millau wertet aktuell gleich 4 von 6 gelisteten Restaurants ab.
Die Reaktion darauf überraschend: „Die Tester haben halt einen schlechten Tag erwischt/Die stören sich doch nur an fehlenden Tischdecken und einfachem Besteck/Wir kochen für Gäste, nicht für Kritiker/Der Laden ist voll,
Geschrieben am 10.09.2018 2018-09-10| Aktualisiert am
10.09.2018
Claudio Urru, bisher Chef im Stuttgarter 1-Stern-Restaurant 5 übernimmt die Küche im Grünen Wald.
(Quelle: Restaurant-Ranglisten)
Claudio Urru, bisher Chef im Stuttgarter 1-Stern-Restaurant 5 übernimmt die Küche im Grünen Wald.
(Quelle: Restaurant-Ranglisten)
Restaurant Alte Baiz im Landgasthof Grüner Wald
Restaurant Alte Baiz im Landgasthof Grüner Wald€-€€€Restaurant, Weinkeller, Gourmet07234 80 69 520Hauptstr. 2, 75242 Neuhausen
stars -
"„Sternekoch“ kommt" DerBorgfelderClaudio Urru, bisher Chef im Stuttgarter 1-Stern-Restaurant 5 übernimmt die Küche im Grünen Wald.
(Quelle: Restaurant-Ranglisten)
Geschrieben am 06.09.2018 2018-09-06| Aktualisiert am
13.09.2018
Besucht am 28.06.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 125 EUR
Bei meiner verspäteten Ankunft in Nürnberg regnete es in Strömen und nach der Sterne-Küche bei den letzten beiden Besuchen sollte es etwas einfacher zugehen. Der Guide Michelin freut sich über moderne Küche in diesem „sympathischen“ Bistro, der Gault&Millaut lobt die unaufdringliche Art des Inhabers ohne die überraschenden Kombinationen zu vergessen. Na, dann mal los.
Mit dem Taxi nur wenige Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, findet sich das Koch und Kellner an einem kleinen Platz in einer unscheinbaren Wohngegend.
Genauso schlicht das Innere.
Vielleicht ehedem eine Schlachterei, fallen die hellgrünen und elfenbeinfarbigen Fliesen auf, die sich an der gesamten Wand hinter der nachträglich eingebauten Theke rechts des Eingangs entlang ziehen. Davor Hochstühle in Korb-Optik und davor ein schmalerer Bereich an der Fensterseite. Vom Windfang links öffnet sich ein größerer Raum, der durch Pfeiler unterbrochen ist. Dazwischen ein etwas vollgestellter Durchgang zu den einfachen Toiletten. Schlichtes Holzmobiliar vermutlich aus der Zeit der Eröffnung 1997. Stühle und Tische passen nicht zusammen. Auch das helle Laminat fremdelt für meinen Geschmack mit den alten Fliesen. Vielleicht hat bei der Einrichtung schlicht das Geld gefehlt. Ist ja nicht schlimm, aber richtig gemütlich eben auch nicht. Daran können auch Stoffservietten und weinrote breite Läufer auf den zweifach eingedeckten Tischen nicht wirklich etwas ändern. Vielleicht wär’s bei freundlicherem Wetter und mehr Besuch besser gewesen. Nachdem eine kleine Gruppe quasi mit meinem Eintreffen aufbrach, blieb ich neben einem jungen Genießerpaar der einzige Gast des WM-Abends.
Umso wichtiger für die Stimmung an solchen Abenden ist der Service. Inhaber Frank Mackert war zunächst in der Tat zurückhaltend, taute aber später mächtig auf. Zeit genug für ein Pläuschchen zwischen den Gängen hatten wir ja. Mackerts Leidenschaft ist die sehenswerte Weinkarte, die allerdings zunehmend ausgedünnt wird. Für ganz große Schätze wird selbst im fine-dining-Bereich die Kundschaft spärlicher, erst recht beim hiesigen, bewusst unkompliziert gehaltenem Konzept. Viel Franken, sicher, aber weniger als erwartet. Mackert berät wohl auch andere Gastronomen in Sachen Wein und betreibt zudem einen kleinen Internet-Handel. Seine Empfehlungen waren fundiert und wurden nachvollziehbar erläutert. Die Serviceaufgaben erledigte er mit über 30-jähriger Gastro-Routine. Ansonsten ein Wirt, dessen Ansichten ich zwar nicht immer zustimmen mochte. Aber man muss ja nicht einer Meinung sein, um ein gutes Gespräch zu führen. Als Einzelgast freute ich mich über die Aufmerksamkeit und war nicht unzufrieden, als ich zu später Stunde vor der Tür freundlich verabschiedet wurde.
Dabei war der kulinarische Auftakt etwas holperig, als die Suche nach dem erbetenen weißen Vermouth erst in der Küche erfolgreich endete. Ohne Eis und Zitronenschale war’s dann für 5€ arg süß, so dass ich flugs das Programm wechselte. Beim fruchtig-spritzigen Blanc de noir von Spätburgunder (9€) konnte ich zufrieden das kleine Menü auf der Wandtafel studieren, dazu wurden noch drei Tagesgerichte mündlich angeboten.
Auf der Rechnung standen dafür 104€ (eigentlich 107€, eine Portion war auf Wunsch reduziert). Das ist in dieser Klasse für 6 Gänge an der absolut oberen Preisgrenze, was durch drei zusätzliche Teller allerdings relativiert wurde. Andererseits wurden nun auch keine Luxusprodukte verarbeitet.
Schnell gab’s ein kräftig schmeckendes Graubrot, das leider schon etwas „lätschig“ war und dazu eine gut gekräuterte Butter.
Die Diskussion über den begleitenden Wein endete bei der eindeutig im Holzfass ausgebauten Burgundercuvée Chronos vom Weingut Naegele aus Hambach. Die ständigen Einflüsterungen aus der Pfalz scheinen zu wirken... Mit 45€ für den QbA gleichfalls stramm kalkuliert.
Das Amuse wurde in einem feinen Glasobjekt serviert, das mich immer an eine halbierte Drachenfrucht oder einen aufgeschnittenen Seeigel erinnert. Amuse 1
Es war offensichtlich, dass Chef Gerald Hoffmann nicht auf Purismus setzt. Das warme Filetstück vom Schwarzfederhuhn war wunderbar saftig und setzte sich mit der Zeit gegen die Jus durch, die durch eine fruchtige Säure von Hibiskus und Purple Curry (Das Kraut der Saison!) überraschte. Eine Brokkolicrème funktionierte gut als ausgleichender Verbinder, Sesam und Salatstreifen lieferten Textur. Ich meine, auch Koriander erkannt zu haben. Auf engem Raum viele Eindrücke für Gaumen und Auge. Schwarzfederhuhn Brokkolicreme Hibiskus
Auf diesen Gruß vom Land ließ die Küche noch einen zweiten aus dem Meer folgen: Tatar von Hamachi in Gesellschaft von sautiertem Rettich, süßlich eingelegten Radieschen, salzigem Passepierre-Fonds und Portweinschalotten. Das funktionierte wunderbar. Amuse 2: Tatar Hamachi Radieschen Passepierre
Alle Achtung!
Obwohl nicht ganz zum ungemütlichen Wetter passend, startete ich mit der sommerlichen Wassermelone, die von Avocado, Schafskäse als Crème und Krümel und grünen Tomaten (allzu) bekannt begleitet wurde. Da war das süß-saure Sorbet von Tomate und Melone zwar eine Wiederholung, aber eben durch Textur und Temperatur auch spannender. Melone Tomate Avocado Feta
Ein gefälliger Sommergang, der bei 30 Grad sicher noch besser gefallen hätte.
Leider folgte nun eine sehr lange, angesichts der überschaubaren Gäste“Schar“ unverständlichen Wartezeit. Irgendwann hatte Herr Mackert ein Erbarmen und ließ mir die aktuelle rolling pin zum Schmökern da.
Immerhin hatte der endlich eintreffende Teller schon mal optisch das Warten gelohnt. Eine Scheibe gepresstes Artischockentatar machte es sich in einem sehr ansprechenden Parmesansößchen bequem. Ruccola-Öl und eine Vielzahl von Kräutern und Blüten setzte angenehm bittrig-würzige Akzente. Etwas Biss kam mit dem Crumble von schwarzen Olive ins Spiel. Zusammen mit den Parmesancrackern geriet das Ensemble für meinen Geschmack etwas zu salzig. Artischocke Parmesan Olive
Umso besser schmeckte mir der Zwischengang vom Kalbskopf. In der knusprigen Panko-Panade versteckte sich Gezupftes von der Kalbsmaske. Würfel von der Zunge lagen in der leicht gebundenen Soße. Gelungen die knackigen, aber nicht zu harten „Spaghetti“ aus Kohlrabi - Gemüsepasta liegt ja voll im Trend. Zu beiden eher zurückhaltenden Geschmäckern fügte Estragon eine eindeutige, aber nicht erschlagende Note bei. Neben Geltupfen war der breite Pinselstrich auch farblich gelungen. Und natürlich ließ es sich die Küche nicht nehmen, den Teller mit Forellenkaviar, allerlei Kräutlein und erneut den Weinzwiebeln aufzuhübschen. Kalbskopf Kohlrabi Estragon
Beim Fischgang wurden zur Abwechslung die Nebendarsteller Miesmuschel, Passepierre, Dill in unterschiedlichen Ausführungen auf einem erfreulich krossen Croustillon von Vollkornroggenmehl präsentiert, dessen Getreidegeschmack das Ensemble „erdete“. Schön, dass das Türmchen auf dem Fisch und nicht im Spiegel der Schnittlauchsauce lag, die mit reichlich Crème fraiche süffig daher kam. Passte natürlich ausgezeichnet zum nur kurz sautierten Spinat mit Schalottenwürfelchen. Kabeljau Schnittlauchsauce Spinat Croustillon
Der noch leicht glasige Kabeljau war auf der Haut gebraten, was ich schätze und hier auch handwerklich gut geklappt hatte. Trotzdem muss ich einer sehr geschätzten Portal-Kollegin einräumen, dass ein ganz leichter Trangeschmack spürbar war, wie ich ihn eher mit Schollen verbinde. Das trübte den Genuss ein wenig.
Neugierig war ich auf mir unbekanntes Bündle. Dass es sich um Bauchspeck handelt, hätte ich vielleicht erraten können, störte mich aber überhaupt nicht. Im Gegenteil, das Schwäbisch-Hallische Ferkel lieferte einen saftigen, geschmackvollen Bauchspeck, das mich auch durch eine splitternde Schwarte erfreute. Auch das Meerrettich-Sorbet war nicht nur pacojet-cremig, sondern brachte ordentlich Schärfe mit, die gut zum rustikalen Schweinebauch passte. Warm-kalte Kontraste sind ja sowieso meist ein Gewinn. Fruchtiges Apfelkompott und Sellerie in Texturen fügten sich stimmig ein. Ein rundum gelungener Teller! Meine Bitte um eine kleinere Portion wurde erfüllt. Möglicherweise auch deswegen sah die schwarze viereckige Platte nicht so überfüllt aus, wie die früheren Gänge. Bündle Meerrettich-Sorbet Sellerie Apfel
„Traditionell“ wollte ich mit dem Käsegang enden. Vorher schickte die Küche mir aufs Haus jedoch eine süße, kühle Überraschung aus Pfirsich, Holunderblüte, süßen Beeren, Pistaziencrumble und Champagner. Pfirsich Holunderblüte Pistazie Champagner
Gut so, denn die abschließende Käseauswahl (u.a. Erft, der Ur-Limburger, Kuhmilch aus Doubs, Fourme d‘Ambert) litt in Teilen an fehlender Reife und damit am eigentlich erhofften vollmundigen Geschmack.
Das Gläschen Riesling Auslese des Bioland-Weinguts Stortz-Nicolaus aus Diedesfeld (Pfalz, klar) war aber recht angenehm (7€). Keineswegs Château Bahndamm, wie der live zugeschaltete Kollege noch unkte...
Fazit:
Lecker war’s, etwas kühl war’s, zu teuer war’s.
Ambiente und etwas auch der Service standen schon im Widerspruch zu den prächtigen Küchen-Kreationen, die zumindest manchmal mehr versprachen, als sie halten konnten.
Daher zwar eine grundsätzliche Empfehlung, aber meine persönliche erste Wahl in Nürnberg wird das Koch und Kellner nicht.
Und noch stand ja z. B. das Würzhaus auf der to-do-Liste...
Bei meiner verspäteten Ankunft in Nürnberg regnete es in Strömen und nach der Sterne-Küche bei den letzten beiden Besuchen sollte es etwas einfacher zugehen. Der Guide Michelin freut sich über moderne Küche in diesem „sympathischen“ Bistro, der Gault&Millaut lobt die unaufdringliche Art des Inhabers ohne die überraschenden Kombinationen zu vergessen. Na, dann mal los.
Mit dem Taxi nur wenige Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, findet sich das Koch und Kellner an einem kleinen Platz in einer unscheinbaren Wohngegend.
Genauso schlicht das Innere.
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Koch und Kellner
Koch und Kellner€-€€€Sternerestaurant0911266166Obere Seitenstr. 4, 90429 Nürnberg
3.5 stars -
"Prächtige Teller in einfachen Räumen" DerBorgfelderBei meiner verspäteten Ankunft in Nürnberg regnete es in Strömen und nach der Sterne-Küche bei den letzten beiden Besuchen sollte es etwas einfacher zugehen. Der Guide Michelin freut sich über moderne Küche in diesem „sympathischen“ Bistro, der Gault&Millaut lobt die unaufdringliche Art des Inhabers ohne die überraschenden Kombinationen zu vergessen. Na, dann mal los.
Mit dem Taxi nur wenige Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, findet sich das Koch und Kellner an einem kleinen Platz in einer unscheinbaren Wohngegend.
Genauso schlicht das Innere.
Vielleicht
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Vom Autolärm urban umtost, zwängte ich mich in das einfache Metall-Klappmobiliar, blaue Flecken garantiert.
Berlin is nix für Weicheier... Ein Blick in die Karte verwirrte zunächst: Doch Fleisch und Fisch? Die Bedienung klärte auf. Das Lokal ist ein Ableger der „Fleischerei“ an der Schönhauser Allee. Dort stand zwar die vormalige Metzgerei, hier aber die nahe Gartenstraße Namenspatin. Die junge, schwer tätowierte Frau schätzte die direkte Berliner Ansprache, ohne zu rotzig zu sein. Ob mit einschlägiger Ausbildung, ist heute nicht immer gleich zu erkennen. Jedenfalls lernte sie eine weitere Anhängerin flächendeckender Körperkunst an. Als ich später doch mal darauf hinwies, dass Gastlichkeit auch eine Servicekomponente haben sollte, gab es das volle Programm einschließlich 2-Sekunden-Hand-auf-den-Arm und handgemaltem Smiley auf der Rechnung. Verwirrend, aber letztlich hat sie ihren Job doch gut gemacht.
Bei einem erfrischenden, hausgemachten Spritz (8€) schaute ich die angenehm fokussierte Karte im grünen Passepartout durch. Mal was anderes als das Klemmbrett. Ich blieb trotz Linumer Wiesenkalb oder Heilbutt bei meiner fleischlosen Wahl; das waren in gewohnter berlin-mitte-schreibweise:
erbsen-kaltschale joghurt minze himbeere salz-zitrone
„der pilzgarten“ pfifferlinge sommertrüffel stachelbeere saubohnen rüben
hot summer kimchi shitake-pilze koriander kokosmilchreis (vegan)
sauerkirsche matchatee ziegenkäsesorbet orangenblüte
Als Viergangmenü für 45€, was fünf Sterne für das PLV rechtfertigt, erst recht, wenn man dafür auch die Gänge mit Fleisch und Fisch hätte bekommen können.
Die recht kleine Weinkarte hat einen österreichischen Schwerpunkt, natürlich Inhaber, Multi-Gastronom und Weinhändler Bernhard Hötzl geschuldet. Die Empfehlung nach Rücksprache mit der Küche war eine Cuvée aus riesling, müller-thurgau und muskateller von soellner aus wagram. Zum Kimchi stieg ich auf einen riesling von türk aus dem kremstal um. Für das Achtel waren 5€ und 6,5€ fällig. Wenn jetzt selbst eigennamen (!) klein geschrieben werden, sollte ich dann vielleicht mal eine ganze kritik alles klein...? Die spinnen, die Berliner!
Als Apero kam ein knuspriges, kräftiges Landbrot mit schwerer Krume.
Darauf (ist selten!) Quark mit Joghurt, dem Zitro-Abrieb schöne Frische gab. Für mich gerne noch mehr von den frischen Kräutern, aber das war schon ein sehr guter Einstieg.
Das Menü startete mit einem der schönsten und auch besten vegetarischen Tellern des Jahres:
Die knackigen Erbsen waren nicht mehr süß, aber noch nicht mehlig, sondern auf der Höhe ihres Aromas. Es gab sie auch als fast ebenso intensives Püree und Sprossen. Dazu wurde ein flüssiges Joghurt mit einer ganz angenehmer Milchsäure am Tisch angegossen und mit einem Kräuteröl ergänzt. Die Minze schmeckte gut durch, zur Erbse natürlich der Klassiker. Salzzitrone und Himbeeren setzten immer wieder kleine Spitzen, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Ein perfektes sommerliches Aromenfeuerwerk, das jedem vegetarisch spezialisierten Spitzen-Restaurant Ehre gemacht hätte.
Auch der zweite Teller war optisch schon mal aus derselben Liga.
Dabei ganz anders, als der Napf zum Auftakt. Hier wurde rund um forzügliche feine Fifferlinge getupft und gespritzt, was Pinsel, Quetschflasche und Spritzbeutel hergaben. Da machte sich vermutlich eine solide Station in der Sterneküche bezahlt. Allerdings war die Vielfalt bei auch auf dem Teller versammelten drei oder vier auf den Punkt gebrachten Rübenarten schon an der Grenze der geschmacklichen Überforderung. Schön, dass sich die Geschmacksbilder gut ergänzten, sei es durch Stachelbeere, rote Frucht (Cornelkirsche?) oder die als Püree und Gel gar nicht mehr rustikale Saubohne. Sommertrüffel fand wie so oft nur auf der Karte statt. Dafür setzte frittierter Estragon geschmacklich und von der Textur noch ein Highlight.
Zwar nicht ganz auf der konzentrierten Höhe des ersten Tellers, hat aber trotzdem Spaß gemacht.
Wiederum eine optische Abwechslung dann mit dem koreanischen Nationalgemüse, denn der Chinakohl war in einem Stück vergoren worden, nicht wie sonst in Streifen oder Stücken.
Eine angenehme, runde Schärfe mit Ingwer, Knoblauch und Chili. Die Shitakepilze hatten etwas Probleme, geschmacklich durchzudringen, gefielen mir aber mit ihrem guten Biss. Dazu ordentlich Koriandergrün, das man - wie ich - nur lieben kann oder eben hasst. Die Variante im Kochu Karu im April gefiel mir zwar noch etwas besser, aber bekanntlich haben viele Mütter schöne Töchter...
Der gesondert gereichte Kokos“milch“reis
war natürlich ein genialer Ausgleich zur Schärfe des Kohls. Die Küche kann also auch Asien, prima.
Da ein recht kräftiger Wind aufgekommen war, zog ich an einen Tisch im Restaurant um, wenngleich an den weit geöffneten Fenstern. So konnte ich auch die zeitgeistig-gülden gestylte Innenausstattung bewundern
bei der mir sowohl die großen Bilder als auch kunstvoll gesteckte Zweige auffielen, die etwas verspätet die japanische Kirschblüte thematisierten.
Wie passend. Denn ausnahmsweise hatte ich statt einer Käseauswahl von Blomeyer ein Dessert gewählt, welches das Thema wieder aufnahm:
Wunderbare (entkernte) Amarenakirschen auf einer feinen Hibiskuscrème bildeten einen schönen Kontrast zum Ziegenkäse-Eis, dem durch die Kälte die Strenge weitgehend genommen war. Angebratene Matchaküchlein und Öl von Orangenblüten steuerten fruchtig-bittrige Nuancen bei. Ein mutig komponiertes Dessert mit japanischen Anklängen. Meine Käseabstinenz bereute ich an diesem Abend jedenfalls nicht.
Was auch für die vegetarische Auswahl insgesamt gilt, wie überhaupt für die Einkehr in der Gärtnerei. Die Küche kann was und sie traut sich was. Von mir eine Empfehlung und bei einem zweiten Besuch teste ich gern die Fleisch- und Fischabteilung.