Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 362478x gelesen 10162x "Hilfreich" 9120x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 12.10.2019 2019-10-12| Aktualisiert am
12.10.2019
Besucht am 26.03.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 62 EUR
Bemerkenswerter Weise liegen alle Sterne-Restaurants Dresdens in der Neustadt, also rechts der Elbe. Wenn ich den Grund dafür raten müsste, würde ich wohl auf niedrigere Pachten hier etwas abseits der touristischen Hochburgen tippen. Obwohl an diesem Dienstagabend die Öffnungszeiten einen Besuch ermöglicht hätten, entschied ich mich gegen die Gourmettempel, denn der Verzicht auf eine Flasche aus den attraktiven Weinkarten wäre mir dort besonders schwer gefallen.
Ich suchte also bewusst eine Alternative in der historischen Altstadt, denn beim Fußmarsch über die Brücke wollte ich das atemberaubende Panorama genießen, das im noch sehr kalten, klaren Märzabend besonders eindrucksvoll war. Fündig wurde ich im Alte Meister, gelegen in und natürlich benannt nach der weltberühmten Gemäldegalerie. Durch einen noch verwaisten Garten betritt man über eine Treppe das Restaurant. Es mag einen ebenerdigen Zugang geben, vielleicht durch die Galerie, aufgefallen ist er mir leider nicht. An wärmeren Tagen lockt natürlich die Terrasse mit Blick auf die unmittelbar benachbarte, imposante Semper-Oper. Aber auch die hohen Rundbogen-Fenster lassen einen schönen Blick zu.
Ich suchte mir in dem lang gestreckten Raum einen Platz auf der ledergepolsterten Holzbank vor der Theke aus und ließ den Blick schweifen. Das hohe Tonnengewölbe trägt zusammen mit dem blanken Steinfußboden sicherlich zu der recht hohen Geräuschkulisse bei. Bedingt durch die Deckenform kann man Gespräche von der gegenüber liegenden Wand recht gut hören und das trotz vielleicht halber Belegung an den blanken, dunklen Holztischen. Für’s Auge gibt es viel Stuck, teilweise sind Deckenmalereien freigelegt. Angenehm sind das überwiegend indirekte Licht und die Lichtgloben an den Säulen; trotzdem blieb im (ordentlich geheizten) Raum ein etwas kühler Eindruck.
Was allerdings nicht an der Bedienung lag. Die erfahrene, wohl nicht ausgebildete Dame bemühte sich patent, aber freundlich, auf meine Wünsche einzugehen. Und das ist doch schon mal eine Menge wert. Unterstützt wurde sie von einem engagierten jungen Mann, der auch für die Getränke zuständig war. Ebenfalls zugewandt, servierte er mir allerdings den alkoholfreien fruchtigen Cocktail mit tatsächlich sechs Eiswürfeln. „Man kann die Gewinnmaximierung auch übertreiben!“, dachte ich bei mir, während ich brummelig Stück für Stück aus dem Glas fischte. Schließlich hatte ich gerade einen Fußmarsch im eisigen Ostwind bei gefühlten 2 Grad hinter mir. Der junge Mann entschuldigte sich dann und brachte mir Löffel und Tellerchen. Trotzdem erschien der Drink mit vollen 6,5€ auf der Rechnung. Später versuchte der Barkeeper auf meinen Wunsch, aus Maracuja und Verjus einen „frischen“ Cocktail (3,5€) zu zaubern. Aufgrund von wirklich viel Säure blieb es beim Probeschluck, aber Fastenzeit ist kein Ponyhof!
Übrigens: Nicht nur an der Bar, auch in der Küche schien schon Sommer befohlen zu sein: Wie anders wären im März die verwendeten Cocktail-Tomaten zu erklären? Und wie beim sauren Verjus-Cocktail scheute ich weder Tod noch Teufel noch Tomate und probierte. Was soll ich sagen - Eine Zumutung! Harte Schale, sauer, null Geschmack. GRAU-EN-HAFT!
Und das, obwohl die Küche es doch besser wissen müsste und vor allem besser kann. Viel besser!
Auf der großen Schiefertafel waren mir Zanderkrapfen mit Lachsstrudel (14€) aufgefallen. Danach Kokos-Limettensüppchen mit Garnele (8€!) und als Hauptgang eine ganze Bachforelle mit mallorquinischen Tumbet, Rosmarin-Zitronenbutter und Drillingen für 21€. Sogar eine Käsevariation mit fruchtigem Curd und interessanterweise Bautz’ner Senf stand auf der Karte und damit natürlich auch auf meinem Tisch. Die kleine Auswahl schlug mit 9€ zu Buche. Angesichts des später dafür in Menge und Güte Gebotenen ein sehr gutes PLV.
Zunächst wurde eine sehr großzügige Brotauswahl gereicht.
Einige Scheiben waren schon etwas trocken geworden, was bei der Menge nicht ins Gewicht fiel. Als Dip eine Auberginen-Gemüsecrème, die zur Abwechslung nicht rauchig oder pikant war, sondern deutlich „gemüsig“ ausfiel. Dazu noch kretisches Olivenöl.
Dann bekam ich eine wirklich schöne Vorspeise.
Das Fischfleisch sehr fein gewolft, pikant und mit Kräutern abgeschmeckt und als Krapfen ausgebacken und gut entfettet. Bei der Scheibe vom Lachsstrudel gefiel der knusprige Blätterteig. Die Farce hätte ich nicht sofort als Lachs erkannt, hier dominierte weiches Gemüse.
Ebenfalls mutig gewürzt, aber letztlich etwas „normaler“ als der Zander. Nicht angekündigt und in der Menge schon üppig zu nennen, gab es noch eine Lachstranche auf der noch etwas knusprigen Haut gebraten. Hier war mir dann auch mal zu viel Tran unter der Haut, den ich wegschnitt. Leichter Tadel, da der Edelfisch durchgebraten war, aber doch noch saftig.
Geschmacklich im Mittelfeld. Auch gegen die Zupfsalate mit Radieschen und leichtem Joghurt- oder vielleicht Buttermilchdressing war nichts einzuwenden, außer der blassroten Gefahr. Guter bis sehr guter Teller.
Bei der Suppe war der Kokosanteil präsent, die Zitrusnote blieb zurückhaltend.
Im Abgang gab es eine irritierende Bitternote, die ich von Limette nicht kenne. Durch Sahne war die ursprünglich wohl vorhandene Schärfe zu sehr gedämpft. Schade, etwas Wumms ist immer gut. Die Gamba war besser als der Lachs im ersten Gang: Fleischig, saftig, geschmacklich voll da. Im Ganzen aber doch knapp über dem Durchschnitt.
Der Hauptgang war wieder nichts für schwache Esser.
Ein durchaus kräftig gewachsenes Forellen-Exemplar machte sich da verführerisch auf meinem Teller mehr lang als breit. Knusprig leckeres Ding, aus welcher Pfanne bist du denn gehüpft? Die Drillinge in der Schale genau gegart und gewohnt wohlschmeckend. Das Tumbet scheint die Mallorca-Variante des mediterranen Gemüseragouts zu sein, die einzelnen Produkte versteckten sich am Gaumen nicht; Olivenöl und Knoblauch rundeten die Sache dezent ab. Tadellos abgeliefert.
Der abschließende Käse war ordentlich ausgewählt und sehr ansprechend präsentiert
sicherte mit seinen vielfältigen, kreativen Begleitungen - namentlich Himbeer-Curd und einer feinen Crème von grobem Senf, aber auch dem Pumpernickel - eine gute Bewertung des Essens, die nur ganz knapp unter 4,5 Sternen bleibt.
Unterhalb der städtischen Champions-League spielend, stellten sich die Alten Meister nicht etwa als überalterte Truppe, sondern als ein Team mit Titelambitionen heraus. Meiner Kollegin, die kurz danach in Begleitung privat nach Dresden kommen sollte, empfahl ich das Restaurant nicht nur wegen der klasse Lage sehr gern. Dem Vernehmen nach zeigte das Alte Meister auch bei jenem Besuch ein überzeugendes Spiel.
Bemerkenswerter Weise liegen alle Sterne-Restaurants Dresdens in der Neustadt, also rechts der Elbe. Wenn ich den Grund dafür raten müsste, würde ich wohl auf niedrigere Pachten hier etwas abseits der touristischen Hochburgen tippen. Obwohl an diesem Dienstagabend die Öffnungszeiten einen Besuch ermöglicht hätten, entschied ich mich gegen die Gourmettempel, denn der Verzicht auf eine Flasche aus den attraktiven Weinkarten wäre mir dort besonders schwer gefallen.
Ich suchte also bewusst eine Alternative in der historischen Altstadt, denn beim Fußmarsch über die Brücke... mehr lesen
Alte Meister
Alte Meister€-€€€Restaurant, Cafe03514810426Theaterplatz 1A, 01067 Dresden
4.0 stars -
"Schöne Alternative in der Altstadt" DerBorgfelderBemerkenswerter Weise liegen alle Sterne-Restaurants Dresdens in der Neustadt, also rechts der Elbe. Wenn ich den Grund dafür raten müsste, würde ich wohl auf niedrigere Pachten hier etwas abseits der touristischen Hochburgen tippen. Obwohl an diesem Dienstagabend die Öffnungszeiten einen Besuch ermöglicht hätten, entschied ich mich gegen die Gourmettempel, denn der Verzicht auf eine Flasche aus den attraktiven Weinkarten wäre mir dort besonders schwer gefallen.
Ich suchte also bewusst eine Alternative in der historischen Altstadt, denn beim Fußmarsch über die Brücke
Geschrieben am 08.10.2019 2019-10-08| Aktualisiert am
08.10.2019
Besucht am 13.03.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 67 EUR
...liegt Berlin. So ungefähr. Auf jeden Fall aber nach dem gastronomischen Konzept des israelischen Gastronomen und Kochs Meir Adoni, der mit dem Layla unweit des Anhalter Bahnhofs die moderne Nahost-Küche mit der Urbanität einer Bar im Big Apple kreuzt. In beiden angesagten Städten betreibt Adoni bereits Restaurants, wie auch der Meister höchstselbst bei einem späteren Folge-Besuch meiner Kollegin und mir gut gelaunt und redselig erklärte.
Die Mischung funktioniert anscheinend hervorragend, denn schon beim Gang durch die Lobby des eigenständigen Crown Plaza Hotels hört man das Summen der Gespräche, mit der die gemischte, internationale Gästeschar gegen die Barmusik anredet, die zudem ab 20.00 Uhr bewusst lauter wird. Für lauschige Rendezvous eher weniger geeignet, aber für den Abend in einer Gruppe umso mehr. Vorbei an der am frühen Abend noch dunklen, angeblich angesagten, aber für uns sehr enttäuschenden Bar (ab 23.00 Uhr hatte das Personal keine Lust mehr...) geht es in einen großzügigen Raum, der geradezu vibriert. Alles groß, laut, wild, lebendig und sehr stylisch. Mit Metall, Leder, Holz und Designer-Lampen atmet das Restaurant eine großstädtische Lebendigkeit, auf die man sich schon einlassen muss. Aber hier in Berlin klappt das eben. Rund um die große, hell erleuchtete Kücheninsel gruppieren sich Tische, Sitzecken sowie Hochstühle an der Theke, von der man besten Ausblick auf die Küchencrew hat, die konzentriert, aber gut gelaunt zu Werke geht.
Da geht bei vollbesetztem Haus aber der Punk ab! Lingua franca hinter dem Tresen ist (nehme ich an) Hebräisch, aber auch Englisch und Französisch habe ich gehört. Überhaupt schaden Englischkenntnisse nicht, obwohl alle (scheinbar ohne System wechselnden) Menschen im Service mehr oder minder gern und auf unterschiedlichem Niveau Deutsch sprechen. Viel Beratung gibt es eh nicht und die zweisprachigen Karten sind auch aussagekräftig genug. Bemüht und freundlich waren jedoch alle! Für etwas traditionelles Feeling sorgen orientalische Fliesen und die schwarzen Kaftane, die manche Ober tragen.
An meinem Premiere-Abend erschien ich ohne Reservierung am Counter und wurde von der jungen Dame im weitgehend ausreservierten Restaurant auf einem der Hochstühle platziert. Einerseits gut zum Beobachten, andererseits schon hart auf die Dauer. Immerhin kam ich schnell mit meinem holländischen Sitznachbarn ins Gespräch; das war nett. Weit weniger, dass eine Köchin eine Crème mit dem Löffel auf Tellern anrichtete, diesen gedankenverloren ableckte und damit wieder in die Speisen ging. Nennt mich empfindlich...
Nachdem die Fastenzeit begonnen hatte, beschied ich mich beim winterlichen Erstbesuch mit einem Ingwer-Zitronen-Tee, der für 3,5€ frisch aufgebrüht wurde.
Zu zweit schmeckten uns israelische Gewächse aus Galiläa und der Jerusalemer Gegend von der recht schmalen Weinkarte.
Die übersichtliche Speisenauswahl wird auf einem Klemmbrett präsentiert und enthält drei Brotangebote, die mit diversen Saucen schon eine kleine Mahlzeit darstellen. Ich entschied mich für Kubbana, die jemenitische Brioche-Variante zu atemberaubenden 11€.
Der Preis war allerdings vergessen, als ich diese heiß servierte Köstlichkeit riechen und schmecken konnte: Leicht knusprig außen, sehr luftig innen.
So buttrig, so intensiv nach schwarzem Sesam duftend. Ein Traum! Da hatte meine Kollegin keine Wahl, diese Kalorienbombe kam auch beim zweiten Besuch auf den Tisch. Sie war genauso begeistert. Auch die exotischen Dips überzeugten: Paprika-Aioli mit dezentem Knoblauch, leichter Schärfe und einer angenehmen Zitrusnote. Ein Tomatenchutney mit S-chug, einer jemenitischen, sehr scharfen Gewürzpaste auf Chilibasis mit zahlreichen Gewürzen. Eine Pestovariante, confierter milder Knoblauch und Olivenöl mit geröstetem Sesam und säuerlichem Geschmack.
Dieser sehr befriedigende Auftakt deutet bereits an, wohin die Reise geht: Mit Öl wird nicht gespart und es stehen kaum die einzelnen Produkte im Vordergrund, als vielmehr eine Aromenwelt aus Kräutern, Gewürzen und Gegrilltem.
Nicht so mein Fall ist das Alu-Tablett, das den Teller ersetzte. Wir sind ja eben doch nicht in der Strandbar in Tel Aviv. Immerhin wurde gnädig ein Papier mit nachgeahmter Zeitung untergelegt, den deutschen Hygienevorschriften sei Dank.
Die folgenden geräucherten Auberginen (17€)
kennt man aus vielen Küchen des Nahen und Mittleren Ostens. Das Raucharoma war sehr ausgeprägt bis hin zu einer leichten Bitterkeit, die durch die Süße von Dattelhonig aufgefangen wurde. Scharf durch getrocknete Chilis, schlotzig vom Tahini, aber durch Pistazienbruch mit etwas Textur. Feta-Schnee konnte ein wenig Frische beifügen und Rosenwasser war wieder nur eins der vielen weiteren Aromen. Natürlich habe ich alles restlos mit Brot ausgewischt, denn wer einmal vom Blechtablett aß, weiß, wie Besteck kreischen kann.
Beim „günstigsten“ Hauptgericht (35€) der Karte - Jaffa Sea Souflaki - klangen die Hauptbestandteile gebratener (und weitgehend zarter) Tintenfisch und nicht näher beschriebener (und auch nicht zu erschmeckender) Fisch natürlich gut.
Spannend war aber wieder das Potpourri der Beilagen: Hawayeg, Chili, Limabohnen, Tbeha, Aubergine, rohe Tahini, Joghurt, Amba, Tomatenvinaigrette. Die einzelnen Komponenten waren kaum einzeln zu erkennen. Das komplexe, überwiegend würzig-säuerliche Geschmacksbild stand im Vordergrund, das mir durch mehrere Crèmes aber doch recht mächtig vorkam.
Auf ein Dessert verzichtete ich somit. In Begleitung meiner Mitarbeiterin schmeckte „Malabi Rose“
(Kaddaif, candied pistachios, rhubarb comfiture, cherry sorbet, hibiscus powder) dann viel differenzierter und deutlich weniger süß als erwartet.
Das Layla by Meir Adoni hat mich beeindruckt, wobei das Essen nur Teil des Gesamtkunstwerks war. Sicher nichts für jeden Tag und möglichst nur in einer fröhlichen Runde. Die Preise sind inzwischen fast alle 2 Euro angezogen und sehr hoch für das Gebotene, wobei aber vermutlich der Arbeits- und damit Personalaufwand der „unzähligen“ Komponenten kaum zu überschätzen ist.
...liegt Berlin. So ungefähr. Auf jeden Fall aber nach dem gastronomischen Konzept des israelischen Gastronomen und Kochs Meir Adoni, der mit dem Layla unweit des Anhalter Bahnhofs die moderne Nahost-Küche mit der Urbanität einer Bar im Big Apple kreuzt. In beiden angesagten Städten betreibt Adoni bereits Restaurants, wie auch der Meister höchstselbst bei einem späteren Folge-Besuch meiner Kollegin und mir gut gelaunt und redselig erklärte.
Die Mischung funktioniert anscheinend hervorragend, denn schon beim Gang durch die Lobby des eigenständigen Crown... mehr lesen
Layla Restaurant by Meir Adoni
Layla Restaurant by Meir Adoni€-€€€Restaurant, Cocktailbar015122563654Hallesche Str. 10, 10963 Berlin
3.5 stars -
"Zwischen Tel Aviv und New York..." DerBorgfelder...liegt Berlin. So ungefähr. Auf jeden Fall aber nach dem gastronomischen Konzept des israelischen Gastronomen und Kochs Meir Adoni, der mit dem Layla unweit des Anhalter Bahnhofs die moderne Nahost-Küche mit der Urbanität einer Bar im Big Apple kreuzt. In beiden angesagten Städten betreibt Adoni bereits Restaurants, wie auch der Meister höchstselbst bei einem späteren Folge-Besuch meiner Kollegin und mir gut gelaunt und redselig erklärte.
Die Mischung funktioniert anscheinend hervorragend, denn schon beim Gang durch die Lobby des eigenständigen Crown
Geschrieben am 26.09.2019 2019-09-26| Aktualisiert am
26.09.2019
Besucht am 04.03.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 122 EUR
Nachdem mein Erstbesuch im Elements an einem Aschermittwoch stattfand, war es in diesem Jahr der Rosenmontag. Also konnte ich so gerade noch in der Weinkarte wildern. Da ich bei der Wein-Begleitung schon sehr auf meinem eigenen Geschmack bestand, wurden einzelne Gläser abgerechnet, die mit 4,9€ bis 8€ preislich fair kalkuliert waren. Nächstes Mal aber gern wieder eine Flasche aus den gut sortierten Abteilungen Sachsen und Saale/Unstrut.
Zum Start gleich einen leckeren alkoholfreien Secco von Jörg Geiger, diesmal leichte Holunderblüte. Man muss sich ja langsam entwöhnen. Dass das wie auch immer zum Lebenswasser veredelte Leitungswasser selbst bei reichlich sonstiger Getränkeorder mit 4,5 € berechnet wird, finde ich nach wie vor nicht angemessen. Aber es hält mich ja weder vom Besuch noch von der Bestellung ab. Und zur Wahrheit gehört auch, dass der Aperitif gar nicht und das 5-Gang-Menü mit 85€ gegenüber dem Erstbesuch mit 5€ preiswerter berechnet wurde. Ein sehr gutes PLV.
Inzwischen haben wir uns auch aneinander gewöhnt, der eigenwillige Service und der kritische Gast. Die Begrüßung am Telefon war sehr freundlich und bei der Auswahl der Tisches konnte ich problemlos einen eingedeckten Vierer wählen. Allerdings war der Gästezuspruch an diesem Abend auch überschaubar. Was verwundert, da das Elements unter den zwischenzeitlich vier Sterne-Restaurants im Elb-Florenz (bis zur Schließung des bean&beluga) als einziges montags die Pforten öffnet. Auf Wunsch gab es ein Kissen, denn noch immer sinkt man ein paar Zentimeter zu tief in die schönen Ledersessel. Aber ich bin ja auch nicht der Größte.
An diesem Abend gab es viel Jazz-Musik auf die Ohren; auf die Dauer etwas anstrengend - variatio delectat...
Nach wie vor angenehm das zur Begrüßung gereichte heiße Tuch.
Als Apero wurde Kristallbrot und lockeres Olivenbrot mit Öl, Rotweinbutter mit (zu) viel Säure und einer kräftigen, etwas schwer geratenen Artischockencrème gereicht.
Unabhängig von Geschmacksfragen sind das willkommene Abwechslungen von Butter oder gar Kräuterquark.
Mit dem Amuse hatte mich Stephan Mießner schon auf seiner Seite: Gebackener Schweinebauch mit knuspriger (!) Schwarte und frittierten Grünkohlspitzen sowie drei sehr unterschiedlichen Sößchen: Kräuterige Petersilie, rustikaler Rosenkohl-Speck und eine süffige Banane-Avocado.
Ins Menü startete ich mit einem niederösterreichischen Sauvignon und einem Jakobsmuschel-Ceviche. Auf dem Teller war nicht nur optisch einiges los: Ceviche von der Jakobsmuschel, Blutorange, Mandarine, Sellerie
Intelligent eingesetzte Blutorange, aber auch Mandarinenfilets, Petersilien-Öl nebst Sellerie in Form von Brunoises, eingelegten knackigen Scheiben und seinem Grün.
Passte alles recht gut, aber mir war das etwas zu viel Gemüse-Frucht-Salat, denn die Muschel als (nach meinem Verständnis) eigentliche Hauptdarstellerin, ging etwas unter. Trotzdem ein frischer, leckerer Auftakt.
Kräftig ging es weiter. Und wie! Das Hirschtatar wurde von einem wachsweichen Eigelb begleitet, dazu gedünstete Zwiebeln und knackiger Radicchio, einerseits fruchtig-säuerliche Holunderkapern, andererseits süßliche Knollen.
Vor dem würzigen Grundgeschmack tauchten immer wieder einzelne Aromaspitzen auf, die, gut eingebunden vom Ei, das an sich schon spannende Fleisch erst recht interessant machten. Hervorragender Teller!
Dazu ein sächsischen Grauburgunder.
Den nächsten Gang - Hummerbisque und -Cocktail - begleitete ein Wermut vom Urgestein Dolin. Scheinbar eine Überraschung - oder auch nicht, wenn man z.B. an Anisette in mediterranen Fischsuppen denkt.
Passte jedenfalls perfekt zur aufgeschäumten Suppe
deren Hummeraroma durch süße und herbe Noten schön hervorgehoben wurde.
Das zarte Scherenfleisch war mit einer zurückhaltend würzigen Soße verarbeitet; Passepierre-Öl und Basilikum sorgten für kräuterige Noten, ein luftiger Cracker für Crunch. Hummercocktail
Gute Produkte und 1a-Handwerk. Der Abend machte inzwischen richtig Spaß!
Gern hätte ich meine gute Stimmung mit einem Gläschen Champagner gefeiert oder eine 70er-Jahre-Erfrischung (aka Sorbet) geordert, aber der Service hatte sich leider rar gemacht. Vielleicht war im Bistro auf der anderen Seite der Küche Not am Personal? Schade.
Die Taube im Hauptgang kam dann aber doch nicht mehr ohne fremde Hilfe an den Tisch, dafür aber in perfekter Qualität, medium und vor allem ohne Haut.
Damit war diese Klippe schon mal umschifft. Es bleibt die Diskussion um die Entenleber, denn die Zubereitungsart war „Rossini“. Kräftig angebraten und mit einer dunklen, intensiven Soße versehen eine Wonne. Das Geflügel hatte mit Texturen vom Topinambur passende und teilweise elegante Begleiter, sei es durch die Beize von Champagner-Essig oder knusprige Zitronenbrösel.
Die mit Boudin noir gefüllten Wan-Tan gefielen für sich genommen zwar gut. Ich stellte mir aber die Frage, warum neben den beiden kräftigen Hauptdarstellern noch weiter Würzigkeit ins Gericht gebracht wurde. Zumal auch der Nudelteig nicht ganz durchgegart war; eine handwerkliche Nachlässigkeit, die mir leider häufiger auch in der Sterne-Gastro begegnet. Trotzdem im Ganzen ein famoser Fleischgang. Was natürlich auch für den Mosel-Riesling gilt. Aber das weiß man ja.
Ohne Käse ist ein Menü keines. Oder jedenfalls nicht meines. Just seit diesem Montag stand zwar wieder der „Stilton aus dem Laib“ auf der Karte, der mich bei meiner Premiere im Elements eher enttäuschte hatte. Ohne viel Hoffnung fragte ich nach dem geschmolzenen Vacherin Mont d’Or aus der Vorkarte. Und siehe da, an diesem Abend gelang fast alles. Der cremige Käse kam einem Fondue gleich
zum Dippen gab es ein sehr knusprigen Blätterteig-Croustillant, vielleicht etwas dunkel geraten. Separat noch getrüffelte Kartoffeln.
Mein Lieber, DAS war mollig! Wie gut, dass die respektable Süßweinkarte einen ordentlich gespriteten Rivesaltes bereit hielt.
Und auch die kleinen Rausschmeißer waren gut gemacht.
Neben Himbeergelee und Sesam-Schoko-Praline überzeugte der mit feinem peruanischem Basilikum aromatisierte Macaron.
Beim Abschied vermisste ich zwar den ätherischen Eukalyptuszweig. Sonst an diesem Abend aber nicht viel. Die Küche im Elements hat geliefert - auf ganzer Linie. In dieser Form eine ganz klare Empfehlung für Gourmets in Dresden!
Und weil das beim High-Kitchen in Magdeburg so positiv aufgenommen wurde, gibt es gleich noch ein paar Sommerbilder von meinem wunderbaren Terrassen-Besuch im heißen Juni! (Wieder ein Montag. Noch stärkere Leistung.) Sommer auf der Terrasse FAN-TAS-TI-SCHE! Anchovis-Kräuterbutter (Warm!)
Nachdem mein Erstbesuch im Elements an einem Aschermittwoch stattfand, war es in diesem Jahr der Rosenmontag. Also konnte ich so gerade noch in der Weinkarte wildern. Da ich bei der Wein-Begleitung schon sehr auf meinem eigenen Geschmack bestand, wurden einzelne Gläser abgerechnet, die mit 4,9€ bis 8€ preislich fair kalkuliert waren. Nächstes Mal aber gern wieder eine Flasche aus den gut sortierten Abteilungen Sachsen und Saale/Unstrut.
Zum Start gleich einen leckeren alkoholfreien Secco von Jörg Geiger, diesmal leichte Holunderblüte. Man muss... mehr lesen
Elements · Restaurant
Elements · Restaurant€-€€€Restaurant, Loungebar, Sternerestaurant03512721696Königsbrücker Straße 96, 01099 Dresden
4.5 stars -
"Überzeugend geliefert!" DerBorgfelderNachdem mein Erstbesuch im Elements an einem Aschermittwoch stattfand, war es in diesem Jahr der Rosenmontag. Also konnte ich so gerade noch in der Weinkarte wildern. Da ich bei der Wein-Begleitung schon sehr auf meinem eigenen Geschmack bestand, wurden einzelne Gläser abgerechnet, die mit 4,9€ bis 8€ preislich fair kalkuliert waren. Nächstes Mal aber gern wieder eine Flasche aus den gut sortierten Abteilungen Sachsen und Saale/Unstrut.
Zum Start gleich einen leckeren alkoholfreien Secco von Jörg Geiger, diesmal leichte Holunderblüte. Man muss
Nachdem der Brandschaden behoben war, sank der Traditionssegler nun in den Schlick des Hafenbeckens. Die Ursache ist unklar. Inzwischen konnte das 100 Jahre alte Schiff mit Pumpen und Luftkissen wieder zum Aufschwimmen gebracht werden, aber die Sanierung steht in den Sternen. Man munkelt von 35 Millionen - die Gorch Fock lässt grüßen...
Nachdem der Brandschaden behoben war, sank der Traditionssegler nun in den Schlick des Hafenbeckens. Die Ursache ist unklar. Inzwischen konnte das 100 Jahre alte Schiff mit Pumpen und Luftkissen wieder zum Aufschwimmen gebracht werden, aber die Sanierung steht in den Sternen. Man munkelt von 35 Millionen - die Gorch Fock lässt grüßen...
stars -
"Abgesoffen!" DerBorgfelderNachdem der Brandschaden behoben war, sank der Traditionssegler nun in den Schlick des Hafenbeckens. Die Ursache ist unklar. Inzwischen konnte das 100 Jahre alte Schiff mit Pumpen und Luftkissen wieder zum Aufschwimmen gebracht werden, aber die Sanierung steht in den Sternen. Man munkelt von 35 Millionen - die Gorch Fock lässt grüßen...
Geschrieben am 18.09.2019 2019-09-18| Aktualisiert am
24.09.2019
Besucht am 18.02.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 93 EUR
Wieder auf Streifzug durch Berlin, diesem Monster an Möglichkeiten. Auf der Torstaße wurde ich ohne Reservierung im Bandol sur mer ebenso freundlich abgewiesen wie auch im angesagten To the Bone.
Warum also nicht mal wieder ins noto? Inhaber Jost Reichert begrüßte mich gewohnt freundlich und entspannt und konnte mir noch einen schönen Tisch anbieten. Wir plauderten ein wenig, auch über die Kritik meines ersten Besuches. Dadurch geriet die Bestellung durcheinander, was ich erst wieder zuhause anhand der Rechnung merkte. Kein Beinbruch, gibt es beim nächsten Besuch halt eine „Wiedergutmachung“ aufs Haus. Wie angenehm unkompliziert. Später füllte sich der Laden weitgehend mit sehr verschiedenen Gästen. Berlin halt, aber hier mal gar nicht anstrengend.
Die kleine Speisekarte (11 Gerichte einschließlich Suppe und Käse), die vom einzigen (schwedischen?) Koch in akzeptabler Zeit bewältigt wird, enthält ein paar Überraschungen, auf die ich mich sogleich stürzte:
Kann man nicht wirklich meckern, Berlin ist (zumindest) preislich nicht Stuttgart.
Weil zwar einerseits am nächsten Morgen ein geschäftlicher Termin drohte, andererseits aber die schwere Zeit des Fastens bevor stand, orderte ich glasweise Sauvignon blanc (o.k.) Grüner Veltliner (ist und bleibt nicht mein Wein), ersatzweise Riesling (doppelt hält besser) und - Warum auch nicht? - eine Riesling Auslese statt Dessert.
Zum Auftakt gab es zwei gelungene, fluffige Brotsorten, eine aus Hefe- und eins aus Sauerteig.
Und dazu den phänomenalen zitronigen Dip, der mich wie beim Erstbesuch begeisterte. Schleck!
Dazu machte ein Rosé Wermut von Belsazar (8,5€) Appetit.
Mal vorab ein Fazit zu den Speisen: Bei allen Tellern hat mich sehr gefreut, dass die jeweiligen Hauptdarsteller geschmacklich ganz klar heraus gearbeitet waren. Alle Produkte waren präzise auszumachen und die Beilagen fügten sich gut ein. Trotzdem scheut man keine kräftigen Aromen, ohne dabei die Grenzen zumindest meines Geschmacks zu überschreiten. Das ist salzig, das ist bitter, das ist sauer. Aber eben nicht „zu“. Großes Kompliment. Im noto wird eine klare Linie gefahren - und das ist auch gut so.
Das Sauerkraut in der Suppe zum Auftakt noch etwas fetzig, aber keine langen, harten Streifen. Mir schien sie mit Kartoffel gebunden zu sein. Sahne konnte ich keine ausmachen, vielleicht war das „cremig“ im übertragenen Sinne gemeint. Es waren reichlich gebackene Pancettawürfel eingestreut und Kerbel und Estragon - etwas befremdlich - am Zweig aufgelegt. Naja, selbst ist der Mann: Werden eben mit den Fingern die Blättchen abgezupft und jene hernach abgeschleckt. Die Geschmäcker und Aromen entwickelten sich deutlich: Erst die Säure, dann die Kräuter, schließlich die Salzigkeit. Hat mir gut gefallen.
Für das mächtige Stück Terrine waren weich gekochte rote Bete und der überraschend cremige Ziegenfrischkäse fantasievoll geschichtet worden. Das sah schwerer aus als es schmeckte. Zudem überzeugte die fantastische Haselnusskruste mehr als erwartet - wie bestes Nougatkrokant. Sehr gut passend zur Erdigkeit der Knolle, nur der Käse schwächelte geschmacklich etwas. Fast perfekt.
Umso prägnanter der Feldsalat mit altem Balsamico. Hat man auch nicht immer.
Spannend das in dickere Scheiben geschnittene kalte Schweinefleisch, das durch Lauch-Asche leicht bittere Noten mitbrachte, die mit der kräftigen Minze konkurrierten. Später traten leicht scharfe Noten hervor. Auch hier „nur“ fast alles richtig, denn der knackige Granny Smith hatte nicht genügend Säure bei, um gegen halten zu können.
Bei den knusprigen, voll präsenten Filets von der Müritz-Forelle ist vor allem zu kritisieren, dass ich kein Foto mehr finden kann!
Ansonsten nicht viel bei diesem erstaunlich rustikalen Teller. Der Blutwurst-Kartoffel-Klops schien mir zwar eher kross gebratene Frikadelle, als ausgebackene Krokette, was aber nichts an der wunderbaren Würzigkeit der Masse änderte. Sehr „geil“ auch der glasierte Chicorée - Süße und Bitterkeit fochten völlig gleichberechtigt um die Aufmerksamkeit meiner Geschmacks-Papillen.
Nur die Béarnaise war etwas großzügig portioniert und deckte den Fisch eher zu. Aber das konnte man ja mit beherztem Messerschwung (Obacht am Nebentisch!) korrigieren. Der Forellenkaviar geschmacklich irrelevant, aber ein inhaltlich wie farblich passender Effekt. Wunderbarer Abschluss; zu meiner Entscheidung im Restaurant-Roulette konnte ich mich nur beglückwünschen,
Was bleibt? Natürlich das noto als sichere Bank - wenn es mal keine der beständig neuen kulinarischen Adressen in der Hauptstadt sein muss.
Wieder auf Streifzug durch Berlin, diesem Monster an Möglichkeiten. Auf der Torstaße wurde ich ohne Reservierung im Bandol sur mer ebenso freundlich abgewiesen wie auch im angesagten To the Bone.
Warum also nicht mal wieder ins noto? Inhaber Jost Reichert begrüßte mich gewohnt freundlich und entspannt und konnte mir noch einen schönen Tisch anbieten. Wir plauderten ein wenig, auch über die Kritik meines ersten Besuches. Dadurch geriet die Bestellung durcheinander, was ich erst wieder zuhause anhand der Rechnung merkte. Kein Beinbruch,... mehr lesen
Noto
Noto€-€€€Restaurant, Bar030.20095387Torstr. 173, 10115 Berlin
4.0 stars -
"Kreative moderne deutsche Küche auf hohem Niveau" DerBorgfelderWieder auf Streifzug durch Berlin, diesem Monster an Möglichkeiten. Auf der Torstaße wurde ich ohne Reservierung im Bandol sur mer ebenso freundlich abgewiesen wie auch im angesagten To the Bone.
Warum also nicht mal wieder ins noto? Inhaber Jost Reichert begrüßte mich gewohnt freundlich und entspannt und konnte mir noch einen schönen Tisch anbieten. Wir plauderten ein wenig, auch über die Kritik meines ersten Besuches. Dadurch geriet die Bestellung durcheinander, was ich erst wieder zuhause anhand der Rechnung merkte. Kein Beinbruch,
Geschrieben am 11.09.2019 2019-09-11| Aktualisiert am
14.09.2019
Besucht am 07.09.2019Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 729 EUR
„Von Zeit zu Zeit seh ich die Alten gern
und hüte mich, mit ihn‘ zu brechen.
Es ist gar hübsch von diesen hohen Herrn,
mir soviel Apanage zu blechen!“
Ging unserem Sohn das Goethe-Wort durch den Kopf, als er auf der Rückreise vom leider verregneten Norderney-Urlaub mitsamt Freundin Station bei „den Alten“ machte? Wir wissen es nicht. Haben uns aber über den Besuch sehr gefreut. Da das einzige Highlight des Insel-Trips der Besuch im besternten Seesteg gewesen war, ließen wir uns nicht lumpen und luden am zweiten Abend ins Kleine Lokal, mit 16 Punkten im Gault&Millau bekanntlich an der kulinarischen Spitze der Hansestadt.
Chef Stefan Ladenberger begrüßte und nahm uns gleich die Garderobe ab, als wir pünktlich um 19.00 Uhr als erste Gäste ins Souterrain hinab stiegen. Ein paar Stunden zuvor hatte sich ein junger Mann telefonisch gemeldet, um einen no-show möglichst auszuschließen. Das hatte offenbar bei allen Gästen geklappt, denn das gemütliche Restaurant - über dessen unverändertes Ambiente schon ausführlich berichtet wurde - war ausgebucht. Einschließlich einer größeren Gruppe, die angesichts der recht niedrigen Decke natürlich für eine sehr laute Geräuschkulisse sorgte. Nicht zu vermeiden. Mit steigendem Pegel hielten wir oder wohl genauer der Chronist ordentlich dagegen. Auch, weil Chef Ladenberger den Abend über im Service mithalf und sich so nicht nur über die neue Weinkarte längere Gespräche entwickelten. Irgendwann war’s meinen drei Begleitungen zu viel und der zarte Hinweis kam, dass man nicht jede Komponente jeden Tellers einzeln diskutieren müsse. Mea culpa, ich bin zerknirscht.
Wiederholt zu loben ist die gefühlt nochmals gesteigerte Auswahl halber Flaschen in rot und weiß, die auch für Pärchen oder Alleinesser mehrere Bouteillen am Abend ermöglicht.
Wir orderten bei der Gastgeberin Frau Ladenberger die Aperitife mit selbst gemachten Mus vom weißen Pfirsich, aufgefüllt mit prickelndem Blanc de Blanc für 13€, in der alkoholfreien Version schmale 5,5€. Auch der Martini Vermouth günstige 5€. Lecker, zurück lehnen, passt.
Es werden zwei unterschiedlich große Menüs angeboten, dabei geht es preislich bis 107€ für 7 Gänge. À la carte ist möglich. Bei den Weinen dürfte der Faktor 2,5 bis 3 angesetzt worden sein. Im Verhältnis zu Qualität, Küchenleistung und Menge sind mir das beim PLV 4,5 Sterne wert.
Schon bei der problemlosen Reservierung über die Homepage hatte meine Frau um einen fleischfreien Hauptgang gebeten. Das wurde - außerhalb der Karte - mit Seeteufel und einer wirklich riesigen Garnele perfekt erfüllt. Die spontane Bitte um einen vegetarischen Teller musste leider abgelehnt werden. Völlig nachvollziehbar für alle am Tisch, aber fragen kostet ja nichts.
Aus der Küche kamen zunächst zwei Aperos. Die Pfifferlingsterrine mit roter Zwiebel und Molkeschaum war ein netter herbstlicher Gruß. Die Pumpernickel-Scheibe nur mit Merrettichschaum kam mir allerdings arg rustikal vor. Fast argwöhnte ich, eine Fleisch- oder Fischkomponente sei der Frage nach vegetarischen Gängen geopfert worden; war aber nicht so. Hm.
Als zweiten Gruß gab es eine kleine Lauchquiche mit Texturen der Kichererbse, Kürbiskernöl und Kirschgel. Das funktionierte gut, auch wenn der Lauch unauffällig blieb.
Die inzwischen gereichten verschiedenen Brotscheiben hatte ich schon im letzten Bericht gelobt, besonders das Senfbrot stieß auf viel Zustimmung. Die Zitronen-Paprika-Butter war für 4 hungrige Genießer sehr sparsam portioniert. Etwas unaufmerksam, hier nicht gleich mehr als für die Zweiertische zu schicken. Nachschub war aber kein Problem.
Im großen Menü ging es mit Avocadotörtchen und gar nicht so wenig Räucheraal los. Der Fisch war als größeres Stück angenehm fest und nicht zu fettig und konnte deshalb auch die cremig gearbeitete Avocado vertragen. Auch als Gelee und Espuma durchaus erkennbar, auch wenn das für meinen Geschmack eher technische Spielereien waren.
Die Tomatencrème konnte sich dagegen gut behaupten und brachte mit dem Wildkräutersalat frischere Aromen ins Spiel.
Im folgenden Gang sorgte ein fleischiger, fester und saftiger Nordsee-Steinbutt für zufriedene Gesichter auf allen Plätzen. Auch die Pfifferlinge konnten restlos überzeugen. Beim Spinat dann geteilte Meinungen zwischen intensiv und schon etwas zu bitter. Letzteres betraf insbesondere das Gelee. Clou des Tellers war aber Kalbskopf, der ausgelöst und kleingeschnitten sanft angezogen worden war. Fett und Collagen umschmeichelten den Fisch. Ich sach nur: Lecker.
Mit dem nächsten Teller ging es in Richtung Mittelmeer: Schwarze Bandnudeln mit Garnelenbolognese und Pimientos. Letztere ganz klassisch gebraten und mit Meersalz versehen, wie man sie kennt. Vielleicht etwas zu kräftig gegen das Ragout, bei dem man sowohl die Gemüse, als auch die Krustentiere erstaunlicherweise gut herausschmeckte. Die Nudeln ohne Fehl und Tadel. Etwas unauffälliger als erwartet, aber ein solider Wohlfühlgang - Nudel geht immer. Einziger Nachteil: Die Pasta kam bei mir kaum mehr als lauwarm an den Tisch und kühlte dann recht schnell aus.
Der breite Pinselstrich dürfte Paprika gewesen sein; war eine Zeitlang schwer in Mode, denn das Auge isst ja bekanntlich mit...
Bis hierhin begleitete uns Chardonnay, zunächst aus Niederösterreich, danach klassisch aus dem Burgund.
Jetzt zum lustigsten Teil des Abends. Ich bat um eine Erfrischung vor dem Fleisch, denn ich hatte beim Dessert Eis entdeckt. Eigentlich meinte ich erst den Hauptgang, aber schon vor dem zweiten Zwischengericht - Lamm - servierte die Küche eine Kugel feinstes Heidelbeersorbet, aufgegossen mit Champagner. Es ist ausdrücklich festzuhalten, dass sich auch meine Kompagnons sehr wohlwollend zu diesem kleinen Gaumenweckruf äußerten. Denn als ich dies Herrn Ladenberger mitteilte, meinte er etwas gequält lächelnd: „Schön. Für mich ist das ein Relikt der 70er und 80er Jahre! Von allein würde ich das niemals anbieten.“ Autsch, Wirkungstreffer! Weiß ich doch, dass auch hier einige Modernisten über meine ältliche Sorbet-Leidenschaft nur müde lächeln. Ich musste jedenfalls sehr lachen! Und außerdem „...muss auch einstecken können!“, um die Überschrift zu vervollständigen. Mit meiner eigenen Meinung halte ich bekanntlich auch nur selten hinter dem Berg. 7€ pro Nase war das in mehrfacher Hinsicht erfrischende Zwischenspiel ohne Frage wert!
Und sehr nötig, denn neben dem schön knusprigen, innen weichen Bries wurde nun ein sehr würziges Lamm-Knipp gereicht, zur Seiten noch Schweinespeck-Schaum: Ein Cholesterin-Senker war dieser Teller schon mal nicht! Dazu Bohnen in mehreren Ausfertigungen, unerwartet leicht das Mus von schwarzen Exemplaren und sehr gut die grünen Exemplare mit sehr eindeutigem Geschmack, à point gegart. By the way: Anrichten in einer halbierten Birne - ist das nicht sehr 70er? Aber komm, der Dalai Lama tritt nicht nach... Geschmacklich gut und passend zum Lamm sicherlich, leider noch recht hart.
Inzwischen war ein reinrassiger südafrikanischer Shiraz vom Weingut Luddite im Glas. Ich hätte mich ja lieber zu einem Spätburgunder breitschlagen lassen, nachdem man meinen schüchternen Vorschlag Châteauneuf-du-Pape geradezu niedergeschrieen hatte!
Die Étouffée-Taube im Hauptgang überzeugte auf ganzer Linie. Saftiges, typisch schmeckendes Fleisch mit angenehmen Biss. Sûpreme und Keule dabei kräftig gebraten, schön geröstete Haut. (Leider bei mir erneut nicht heiß.) Ebenso der feine, mit Taubenfarce gefüllte Raviolo. Mit den Beilagen Wirsing, Salzzitrone(!) und Zwetschge (Warum denn nicht Châteauneuf? Menno!) bediente die Küche gekonnt die Geschmackserwartungen. Kein sonderlich kreativer Gang, aber erneut ein sehr gut gemachter.
Bevor es am Tisch um die übliche Frage Käse, Dessert oder gar beides ging (alles war schließlich vertreten), sicherten wir uns noch ein Fläschchen Sauternes vom Château Rieussec 2004, dessen Rest wir noch sicher in den Heimathafen entführten. Im Kleinen Lokal begleitete er vier Käse, nicht von bekannten Affineuren - die hält Herr Ladenberger für überbewertet - sondern von einem ansässigen Händler französischer Herkunft. Die Auswahl selten angebotener Sorten überzeugte jedenfalls ebenso, wie die unveränderten Beilagen einschließlich der Trester-Traube, die ich schon in meinem ersten Bericht loben konnte.
Für mich war hier Schluss; die Damen vernaschten noch ihre Desserts, die erst unspektakulär schienen, aber doch ein immer breiteres Lächeln hervorzauberten. „Hingucker“ zum und auch vom Teller war ein Schoko-Relief, das sich als Gesicht heraus stellte. An Fotos war schon länger nicht mehr zu denken. Immerhin gelang es uns, den Heimweg würdevoll zu gestalten. Etwa 5 Meter weit, bis wir unversehens zwei ehemaligen Mitschülern meines Sohnes in die Arme liefen - wortwörtlich. Es soll zu Verbrüderungs-Szenen gekommen sein, wie man mir noch peinlich berührt am nächsten Morgen vorhielt.
Überhaupt nicht peinlich war dagegen die Leistung der Crew im Kleinen Lokal an diesem Abend - die war die beste, die ich in der Besselstraße bis dato genießen durfte - Chapeau!
P.S.: Danke an die Co-Fotografin!
„Von Zeit zu Zeit seh ich die Alten gern
und hüte mich, mit ihn‘ zu brechen.
Es ist gar hübsch von diesen hohen Herrn,
mir soviel Apanage zu blechen!“
Ging unserem Sohn das Goethe-Wort durch den Kopf, als er auf der Rückreise vom leider verregneten Norderney-Urlaub mitsamt Freundin Station bei „den Alten“ machte? Wir wissen es nicht. Haben uns aber über den Besuch sehr gefreut. Da das einzige Highlight des Insel-Trips der Besuch im besternten Seesteg gewesen war, ließen wir uns nicht lumpen und... mehr lesen
Das Kleine Lokal
Das Kleine Lokal€-€€€Restaurant04217949084Besselstraße 40, 28203 Bremen
4.0 stars -
"Wer austeilt..." DerBorgfelder„Von Zeit zu Zeit seh ich die Alten gern
und hüte mich, mit ihn‘ zu brechen.
Es ist gar hübsch von diesen hohen Herrn,
mir soviel Apanage zu blechen!“
Ging unserem Sohn das Goethe-Wort durch den Kopf, als er auf der Rückreise vom leider verregneten Norderney-Urlaub mitsamt Freundin Station bei „den Alten“ machte? Wir wissen es nicht. Haben uns aber über den Besuch sehr gefreut. Da das einzige Highlight des Insel-Trips der Besuch im besternten Seesteg gewesen war, ließen wir uns nicht lumpen und
Geschrieben am 04.09.2019 2019-09-04| Aktualisiert am
08.09.2019
Besucht am 30.01.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 36 EUR
Das Tampopo schwimmt nicht nur auf der aktuellen Japannudel-Welle mit, sondern ist ganz klar ein Flaggschiff. Das Ambiente hat null Kitschfaktor, versucht aber auch nicht, mit Beton und Neonlicht streetfood-Authenzität vorzugaukeln. Einfach ein gehobeneres Rāmen-ya ohne Chi-Chi.
Einziger Minuspunkt: Nudeln schlürfen spritzt. Immer. Deshalb muss regelmäßig gewischt werden. Und zwar nicht nur die Tischplatte, sondern auch die Aufsteller, hier für einen japanischen Gin (als Longdrink 8€), der sich in ein klebriges Spritzergemälde verwandelt hatte. Immerhin war der Chef hinreichend bestürzt und sorgte sofort selbst für Sauberkeit. Einer der beiden Inhaber entstammt übrigens einem Handelshaus, das sich auf exotische Lebensmittel spezialisiert hat; wenn der nicht die Verbindungen zu Fachleuten (japanischer Küchenchef) und besten Produkten hat...
Und die Hauptsache?
Die Brühe (dann erst mit weitem Abstand die Nudeln) ist die Seele der Nudelsuppe. Hier gibt es verschiedene Fonds von vegan bis tonkotsu aus mind. 8 Stunden geköchelten Schweine- und Hühnerknochen. (Letztere sind eine Besonderheit des Tampopo.) Das Ergebnis ist ein unvergleichlich intensiv „fleischiger“ Geschmack, dessen cremige Fettigkeit nicht in unangenehm großen Placken auf der Suppe schwimmt, sondern sich in Mikrokügelchen so hauchzart verteilt, dass man sich ständig weiter über die Lippen lecken möchte. Großartig, himmlisch, wunderbar. Die Nudeln sehr ordentlich, mit etwas Geschmack im Teig und nicht zu weicher Konsistenz. Wachsweich gekochtes und mariniertes Bio-Ei, gekochter Schweinebauch, gerösteter Seetang (nussig!), Pilze, eingelegter Ingwer, Frühlingszwiebeln. Alles was Herz und Gaumen des fernöstlichen Suppenkaspers begehrt. Ich buchte ein halbiertes Ei für einen weiteren Euro dazu und dachte mir: Wen will der alte Winter schrecken, wenn solche Aufwärmer auf uns warten! Glück für 12€.
Ich hätte immer weiter schlürfen können, wollte aber für einen breiteren Eindruck noch aus der angenehm zurückgenommenen Vorspeisenauswahl probieren.
Der Schweinebauch wird in Soja, Reisessig, Sake und Zucker mariniert und war erst recht mit etwas Sojaöl ein saftiges, süß-fettes Wintergedicht. Sprossen und Frühlingszwiebeln sorgten immerhin für etwas Frische. (5€) Dazu ein Kirin für 3,5€.
Das zweifach ausgebackene Hähnchenkeulenfleisch (Kara-age) (7€) war in diesem Trio noch der „schwächste“, da das Keulenfleisch zwar vom regionalem Kikok-Erzeuger stammte, aber noch besser pariert und auch entfettet hätte sein dürfen. Dazu ein Dip auf Basis von Sojasauce und Reisessig - wie fast alles - vor Ort hergestellt und eine etwas zurückhaltende Wasabi-Mayonnaise. Aber trotzdem auf hohem Niveau und daher überhaupt nicht geeignet, meine Begeisterung für das Tampopo zu dämpfen. Mit der ich nicht alleine stehe: Im gut situierten Schwachhausen gelegen, sichert nur das rechtzeitige Erscheinen oder das Warten vor der Tür Plätze, wie mir eine ehemalige Kollegin, die in fußläufiger Nähe wohnt, glaubhaft berichtete (die Glückliche...).
Das Tampopo schwimmt nicht nur auf der aktuellen Japannudel-Welle mit, sondern ist ganz klar ein Flaggschiff. Das Ambiente hat null Kitschfaktor, versucht aber auch nicht, mit Beton und Neonlicht streetfood-Authenzität vorzugaukeln. Einfach ein gehobeneres Rāmen-ya ohne Chi-Chi.
Einziger Minuspunkt: Nudeln schlürfen spritzt. Immer. Deshalb muss regelmäßig gewischt werden. Und zwar nicht nur die Tischplatte, sondern auch die Aufsteller, hier für einen japanischen Gin (als Longdrink 8€), der sich in ein klebriges Spritzergemälde verwandelt hatte. Immerhin war der Chef hinreichend bestürzt... mehr lesen
4.0 stars -
"Vieles sehr richtig gemacht" DerBorgfelderDas Tampopo schwimmt nicht nur auf der aktuellen Japannudel-Welle mit, sondern ist ganz klar ein Flaggschiff. Das Ambiente hat null Kitschfaktor, versucht aber auch nicht, mit Beton und Neonlicht streetfood-Authenzität vorzugaukeln. Einfach ein gehobeneres Rāmen-ya ohne Chi-Chi.
Einziger Minuspunkt: Nudeln schlürfen spritzt. Immer. Deshalb muss regelmäßig gewischt werden. Und zwar nicht nur die Tischplatte, sondern auch die Aufsteller, hier für einen japanischen Gin (als Longdrink 8€), der sich in ein klebriges Spritzergemälde verwandelt hatte. Immerhin war der Chef hinreichend bestürzt
Geschrieben am 25.08.2019 2019-08-25| Aktualisiert am
25.08.2019
Besucht am 28.12.2018Besuchszeit: Mittagessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 201 EUR
kommt zu den Festtagen nicht nur der „Pelzer Bu“ MarcO74 mit seiner jetzt Ex-Verlobten in deren weihnachtlich-gülden illuminierte Heimatstadt, sondern auch den eigenen Nachwuchs treibt es zurück vom Neckar- an den Weserstrand.
Die Rückkehr des verlorenen Sohnes musste natürlich mit einem Restaurantbesuch verbunden werden, denn das Studentenbudget scheint manchem knapp und die Begeisterung für gutes Essen wurde beizeiten an die nächste Generation weiter gegeben.
Durch eine ausgedehnte, manche sagen legendäre Mittagspause hatte sich das Restaurant nach etlichen Jahren auch wieder für einen Abendbesuch qualifiziert. In Bremens ältestem und touristisch beliebtestem Stadtteil Schnoor gelegen, war Schröter senior vor über 20 Jahren einer der ersten, der die sonst fast durchgängig angebotene fett-rustikale norddeutsche Küche zwar adaptierte, aber eben auch leichter und mit einem Blick über den Tellerrand modernisierte. Früher war das oft mediterran, seitdem der Junior die Verantwortung an Tellern und Töpfen übernommen hat, durchaus auch mal asiatisch. Vielleicht auch ein Einfluss der Ehefrau und Mitinhaberin, die über die schmale Gasse hinweg eine kleine, durchaus zu empfehlende Sushi-Bar betreibt. Auch sie schon Schnoor-Gastronomin der zweiten Generation, denn die Eltern betreiben das einstmals hochgelobte Katzencafé. Werden dort inzwischen mehr Touristen eher lieblos abgefertigt (und ein paar übrig gebliebene „Adabeis“ hofiert), sind im Schröter‘s die Einheimischen deutlich in der Mehrzahl. Sehr beliebt ist die Küche bei der örtlichen Politikszene.
Der Eingang wie alles hier im Schnoor eng und mit einer Stufe. Die kleinen Toiletten am Fuße einer steilen Treppe im Keller sind wohl bei der kürzlich erfolgten Renovierung ausgespart worden.
Eine Etage höher hat der Facelift in das Bistro-Ambiente des Gastraumes deutlich mehr zeitgemäße Restaurant-Atmosphäre mit Spiegeln, Hölzern und Metall-Akzenten gebracht.
Am auffälligsten ist der Wegfall der durchgehenden hohen Bistrobank im vorderen Bereich, die den schmalen Grundriss des Hauses im ehemaligen Arme-Leute-Viertel ungünstig hervor gehoben hatte. Stattdessen nun einige Zweiertische. Im hinteren Bereich öffnet sich der Raum durchaus behaglich mit bequemen Cocktailsesseln und einer cognacfarbenen Sitzbank. Nur zwei Nachteile bleiben: Unter die Treppe zum Gesellschaftsraum in der ersten Etage ist der Wirtschaftlichkeit zuliebe ein Vierertisch gequetscht, den schon normal gewachsene Menschen als Zumutung empfinden müssen. Zum anderen hatte schon Kollege Hanseat von der offenen Küche mit Theke berichtet, aus der nicht nur Wärme und gelegentlich Gerüche in den Gastraum wabern, sondern leider auch Lärm sowie ein recht scharfer Ton, den ich meinerseits nicht mehr als zeitgemäß empfinde. Jedenfalls brauche ich für einen entspannten Abend nicht zu hören, wie der Chef seine Mannschaft anfaucht. Viel netter dagegen, dass das „Logo“ des Schröter‘s ebenfalls modernisiert wurde. Neben dem symbolisierten Konterfei des ehemaligen Chefs - erkennbar durch den imposanten Schnurrbart - leuchtet nun die markante Brille des Nachfolgers.
Bei unserem Besuch nicht geöffnet, aber ansonsten stets erste Platzwahl ist das Prunkstück des Hauses, das große verglaste Atrium.
Statt norddeutscher Schwere herrscht hier heiteres Toscana-Feeling mit viel Terrakotta, hellem Putz und nachgemachten Rattan-Hochlehnern. Allerdings sind die großzügiger gestellten Tische fein eingedeckt, während drinnen nur Platzsets auf den dunklen Holzplatten liegen. Ein weiterer kleiner Hof schließt sich an, intimer und sogar mit kleinem Springbrunnen.
Für das unterschiedliche Ambiente in der Gesamtschau knappe 4 Sterne.
Die verdiente auch die flotte Servicecrew, die an diesem Abend nicht vom langjährigen Oberkellner, sondern einer jungen Dame vom Fach geleitet wurde, die ihre Sache gut machte. Alles lief fix, freundlich und kompetent - wir hatten keine Beschwerden, nur bei der Weinberatung ist noch Luft. Aber Rom wurde ja bekanntlich auch nicht an einem Tag erbaut. Inzwischen hat sie weiter an Souveränität zugelegt, wie zwei Mittagsvisiten bewiesen.
Beim Aperitif stöberten wir durch die Heimatkarte mit Pfiff. Bei den Getränken wird preismäßig ordentlich hingelangt: Der italienische Martini kostete noch vernünftige 5,5€, als Longdrink aufgefüllt mit Tonic fielen hingegen 8,9€ an, ebenso für den fruchtigen, alkoholfreien Haus-Cocktail mit Maracuja. Die Flasche Magnus Wasser wurde mit 6,9€ bepreist. Später gab es eine Flasche Prachtstück rot vom Pfälzer Weingut Metzger. Für die ordentliche, beerige Cuvée waren die aufgerufenen 30€ schon arg teuer; im Netz liegt der Preis um die 7-8€.
Die Preise für das Essen sind daran gemessen durchaus fair. Vorspeisen 13€ bis 18€ (Beilagen mit 6,9€ ambitioniert, aber Bratkartoffelsalat oder Mac’n’Cheese auch sehr lecker), die Hauptgerichte von 14€ (für den Schröter-Klassiker Blutwurst auf Kartoffelmousseline, Apfelkompott und frisch gehobeltem Meerrettich) bis 29€. Nur das irische Rinderfilet (300g) mit 37€ und das Tagesangebot Kalbscarrée mit Steinpilzsauce für 32€ lagen darüber. Dafür gibt es ordentliche Portionen, daher im Mittel 3,5 Sterne von mir für das PLV.
Für den ersten Hunger kam zweierlei Brot; das dunkle, bessere vom Haus.
Dazu eine gut gewürzte Paprikaschmand-Crème, pikante Oliven und Fleur de sel.
Die Küche überraschte uns dann mit einer Sellerie-Pannacotta mit Apfelgelee, dessen Säure die herbe Süße des Sellerie gut abpufferte.
Ansprechender Gruß, der die „Rustikale Küche mit Pfiff“ gut ankündigte.
Ich hatte mich zum Auftakt für eine Kombi von Ente und Ziege entschieden.
Die Praline von Entenrilette (gezupft, aber auch feine Würfel) war paniert und knusprig ausgebacken. Ein wenig saftiger hätte sie mir gefallen, aber auch ohne die dunkle, intensive Entensauce geschmacklich tadellos. Was auch für den zur Crème aufgeschlagenen Ziegenfrischkäse galt. Deutlicher, aber nicht zu strenger Ziegenmilchgeschmack auf endlich mal nicht zu hartem Pumpernickel und mit einer abschließenden Schicht Ahorn(!)gelee als Törtchen serviert. Etwas mehr Säure wäre wünschenswert gewesen, aber da half das noch leicht bissfeste Apfelconfit. Ich war sehr zufrieden, 4,5 Sterne. Und doch wieder nicht, als ich das Thunfisch-Tataki mit Onsen-Ei und Urtomate auf einem flachen, gebratenen Kartoffelblini bei Frau und Kind sah!
Mein Hauptgang war eine winterliche Hommage an Dorsch mit Senfsauce und Blattgemüse.
Für den Skrei wohl noch zu früh, stand zwar durchgegarter, aber noch saftiger Küstenkabeljau auf dem Plan, der mit einer teilweise knusprigen Knipp-Haube überbacken war. Die Bremer Spielart der Grützwurst gab dem mageren Fisch nicht nur einen Kalorien-Kick, sondern eben auch viel Würze, ohne gänzlich zu dominieren. Sehr deftiges Surf’n’Turf, könnte man sagen. Dazu die Begleiter wohl überlegt, saisonal wie geschmacklich. Steckrüben-Julienne steuerten elegante, süßliche Akzente bei, während der Bratkartoffelstampf seine Röstnoten nicht versteckte. Der Fisch thronte auf einem Bett von Senf-Grünkohl. Das klassische norddeutsche Wintergemüse war hier nicht „schleimig totgekocht“ (vergleiche die Nicht-Kritik vom Bremer Ratskeller), sondern modern bissfest. Leider ging der Vitamin-C-Spender in der Senf-Schärfe völlig unter. Die Mischung aus Dijon- und Löwensenf fand ich deutlich zu scharf oder sie hätte wenigstens vorsichtiger eingesetzt werden müssen. Das war’s aber auch schon mit der Kritik bei diesem schönen Ausflug in moderne (nicht nur) Regionalküche, 4 bis 4,5 und in der Gesamtschau und vor dem, was das Schröter‘s sein will, runde ich verdient auf.
Auch gegenüber gab es für das Gelbe Thai-Curry
keine und für das Rückensteak vom Duroc-Schwein
nur leise („Durchgebraten...“) Kritik.
Die Portionen ließen nach dem Weihnachts-Schlemmen nicht einmal mehr beim Süßen Fan ein Dessert zu. Stattdessen noch ein Gläschen Riesling-Auslese von Dreissigacker (6,5€) und schon ist das kulinarische Jahr 2018 auch berichtsmäßig aufgearbeitet - und das sogar, bevor die Adventszeit beginnt!
kommt zu den Festtagen nicht nur der „Pelzer Bu“ MarcO74 mit seiner jetzt Ex-Verlobten in deren weihnachtlich-gülden illuminierte Heimatstadt, sondern auch den eigenen Nachwuchs treibt es zurück vom Neckar- an den Weserstrand.
Die Rückkehr des verlorenen Sohnes musste natürlich mit einem Restaurantbesuch verbunden werden, denn das Studentenbudget scheint manchem knapp und die Begeisterung für gutes Essen wurde beizeiten an die nächste Generation weiter gegeben.
Durch eine ausgedehnte, manche sagen legendäre Mittagspause hatte sich das Restaurant nach etlichen Jahren auch wieder für einen... mehr lesen
4.0 stars -
"Alle Jahre wieder" DerBorgfelderkommt zu den Festtagen nicht nur der „Pelzer Bu“ MarcO74 mit seiner jetzt Ex-Verlobten in deren weihnachtlich-gülden illuminierte Heimatstadt, sondern auch den eigenen Nachwuchs treibt es zurück vom Neckar- an den Weserstrand.
Die Rückkehr des verlorenen Sohnes musste natürlich mit einem Restaurantbesuch verbunden werden, denn das Studentenbudget scheint manchem knapp und die Begeisterung für gutes Essen wurde beizeiten an die nächste Generation weiter gegeben.
Durch eine ausgedehnte, manche sagen legendäre Mittagspause hatte sich das Restaurant nach etlichen Jahren auch wieder für einen
Soft opening ist bekannt. Im bean&beluga gibt es ein soft closing: Bestehende Reservierungen werden bis Jahresende abgearbeitet, aber neue Gäste nicht mehr angenommen. Grund ist der auslaufende Pachtvertrag und natürlich zu geringe Gästezahlen im Dresdner Nobelviertel Weißer Hirsch. Im Zweitrestaurant Hirsch32 geht der Betrieb zumindest bis Jahresende uneingeschränkt weiter. Evtl. will man umziehen.
Soft opening ist bekannt. Im bean&beluga gibt es ein soft closing: Bestehende Reservierungen werden bis Jahresende abgearbeitet, aber neue Gäste nicht mehr angenommen. Grund ist der auslaufende Pachtvertrag und natürlich zu geringe Gästezahlen im Dresdner Nobelviertel Weißer Hirsch. Im Zweitrestaurant Hirsch32 geht der Betrieb zumindest bis Jahresende uneingeschränkt weiter. Evtl. will man umziehen.
stars -
"Keine neuen Reservierungen mehr!" DerBorgfelderSoft opening ist bekannt. Im bean&beluga gibt es ein soft closing: Bestehende Reservierungen werden bis Jahresende abgearbeitet, aber neue Gäste nicht mehr angenommen. Grund ist der auslaufende Pachtvertrag und natürlich zu geringe Gästezahlen im Dresdner Nobelviertel Weißer Hirsch. Im Zweitrestaurant Hirsch32 geht der Betrieb zumindest bis Jahresende uneingeschränkt weiter. Evtl. will man umziehen.
Geschrieben am 10.08.2019 2019-08-10| Aktualisiert am
18.08.2019
Besucht am 09.08.20191 Personen
Rechnungsbetrag: 8 EUR
...was im Internet steht!
Und auch nicht auf einen tollen Instagram-Account reinfallen, der nahegelegt hatte, dass hier ein moderner stylischer Japaner eröffnet hat, der locker mit Südpfälzer Asia-Tempeln mithalten kann. Der erste Eindruck war ernüchternd. Das Ambiente sehr funktional. Am Freitagabend blieb ich allein mit zwei Köchen und zwei Servicekräften, deren Wurzeln sicher näher am Mekongdelta denn am Fuße des Fuji liegen. Beides sagt aber ja nichts über die Güte des Angebots aus. Das zu beurteilen erwies sich aber als durchaus schwierig. Die Speisekarte besteht aus einem bunten Vorblatt, vermutlich aus einem anderen Lokal mit den allerüblichsten Sushi-Mischungen. Und weiteren, hektografierten Zetteln mit warmen Speisen, aus denen ich - schon etwas desillusioniert - frittierten Agedashi Tofu wählte. Hier machte sich die Sprachbarriere bemerkbar, denn geliefert wurde Ahi Poke Bowl. Auch nach mehrmaliger Wiederholung erntete ich nur Unverständnis, erst ein energisches Zeigen auf die Karte schaffte Klarheit. Beim Getränk erneut eine Überraschung: Aus Coca-Cola Zero wurde Mezzo Mix, die phonetische Ähnlichkeit ist ja auch verblüffend. Hier half mir die Google Bilder Anzeige...
Inzwischen kam mein Sojaprotein-Snack. Guter Seidentofu in Tempurateig frisch ausgebacken. Leider danach mit der Sojasauce übergossen, so dass die Panade schnell weich und zäh wurde. Frisch geraspelter Ingwer sorgte für einen kleinen Kick.
Ich rang kurz mit mir, ob ich noch Sushi probieren sollte, gewann aber, denn das Ergebnis war so vorhersehbar. Also die Rechnung, bitte.
Auf dem eh schon vollgekritzelten Brauereizettel wurden die beiden Positionen addiert und das Ergebnis mit Acht-Sieben! verkündet. Fürs Getränk fielen dabei 3,5€ an, lt. Karte für 0,5 Liter. Serviert wurden zum gleichen Preis 0,4l. Man zeigte sich überrascht... Ich mich auch und suchte das Weite.
...was im Internet steht!
Und auch nicht auf einen tollen Instagram-Account reinfallen, der nahegelegt hatte, dass hier ein moderner stylischer Japaner eröffnet hat, der locker mit Südpfälzer Asia-Tempeln mithalten kann. Der erste Eindruck war ernüchternd. Das Ambiente sehr funktional. Am Freitagabend blieb ich allein mit zwei Köchen und zwei Servicekräften, deren Wurzeln sicher näher am Mekongdelta denn am Fuße des Fuji liegen. Beides sagt aber ja nichts über die Güte des Angebots aus. Das zu beurteilen erwies sich aber als... mehr lesen
2.5 stars -
"Man sollte nicht alles glauben..." DerBorgfelder...was im Internet steht!
Und auch nicht auf einen tollen Instagram-Account reinfallen, der nahegelegt hatte, dass hier ein moderner stylischer Japaner eröffnet hat, der locker mit Südpfälzer Asia-Tempeln mithalten kann. Der erste Eindruck war ernüchternd. Das Ambiente sehr funktional. Am Freitagabend blieb ich allein mit zwei Köchen und zwei Servicekräften, deren Wurzeln sicher näher am Mekongdelta denn am Fuße des Fuji liegen. Beides sagt aber ja nichts über die Güte des Angebots aus. Das zu beurteilen erwies sich aber als
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Ich suchte also bewusst eine Alternative in der historischen Altstadt, denn beim Fußmarsch über die Brücke wollte ich das atemberaubende Panorama genießen, das im noch sehr kalten, klaren Märzabend besonders eindrucksvoll war. Fündig wurde ich im Alte Meister, gelegen in und natürlich benannt nach der weltberühmten Gemäldegalerie. Durch einen noch verwaisten Garten betritt man über eine Treppe das Restaurant. Es mag einen ebenerdigen Zugang geben, vielleicht durch die Galerie, aufgefallen ist er mir leider nicht. An wärmeren Tagen lockt natürlich die Terrasse mit Blick auf die unmittelbar benachbarte, imposante Semper-Oper. Aber auch die hohen Rundbogen-Fenster lassen einen schönen Blick zu.
Ich suchte mir in dem lang gestreckten Raum einen Platz auf der ledergepolsterten Holzbank vor der Theke aus und ließ den Blick schweifen. Das hohe Tonnengewölbe trägt zusammen mit dem blanken Steinfußboden sicherlich zu der recht hohen Geräuschkulisse bei. Bedingt durch die Deckenform kann man Gespräche von der gegenüber liegenden Wand recht gut hören und das trotz vielleicht halber Belegung an den blanken, dunklen Holztischen. Für’s Auge gibt es viel Stuck, teilweise sind Deckenmalereien freigelegt. Angenehm sind das überwiegend indirekte Licht und die Lichtgloben an den Säulen; trotzdem blieb im (ordentlich geheizten) Raum ein etwas kühler Eindruck.
Was allerdings nicht an der Bedienung lag. Die erfahrene, wohl nicht ausgebildete Dame bemühte sich patent, aber freundlich, auf meine Wünsche einzugehen. Und das ist doch schon mal eine Menge wert. Unterstützt wurde sie von einem engagierten jungen Mann, der auch für die Getränke zuständig war. Ebenfalls zugewandt, servierte er mir allerdings den alkoholfreien fruchtigen Cocktail mit tatsächlich sechs Eiswürfeln. „Man kann die Gewinnmaximierung auch übertreiben!“, dachte ich bei mir, während ich brummelig Stück für Stück aus dem Glas fischte. Schließlich hatte ich gerade einen Fußmarsch im eisigen Ostwind bei gefühlten 2 Grad hinter mir. Der junge Mann entschuldigte sich dann und brachte mir Löffel und Tellerchen. Trotzdem erschien der Drink mit vollen 6,5€ auf der Rechnung. Später versuchte der Barkeeper auf meinen Wunsch, aus Maracuja und Verjus einen „frischen“ Cocktail (3,5€) zu zaubern. Aufgrund von wirklich viel Säure blieb es beim Probeschluck, aber Fastenzeit ist kein Ponyhof!
Übrigens: Nicht nur an der Bar, auch in der Küche schien schon Sommer befohlen zu sein: Wie anders wären im März die verwendeten Cocktail-Tomaten zu erklären? Und wie beim sauren Verjus-Cocktail scheute ich weder Tod noch Teufel noch Tomate und probierte. Was soll ich sagen - Eine Zumutung! Harte Schale, sauer, null Geschmack. GRAU-EN-HAFT!
Und das, obwohl die Küche es doch besser wissen müsste und vor allem besser kann. Viel besser!
Auf der großen Schiefertafel waren mir Zanderkrapfen mit Lachsstrudel (14€) aufgefallen. Danach Kokos-Limettensüppchen mit Garnele (8€!) und als Hauptgang eine ganze Bachforelle mit mallorquinischen Tumbet, Rosmarin-Zitronenbutter und Drillingen für 21€. Sogar eine Käsevariation mit fruchtigem Curd und interessanterweise Bautz’ner Senf stand auf der Karte und damit natürlich auch auf meinem Tisch. Die kleine Auswahl schlug mit 9€ zu Buche. Angesichts des später dafür in Menge und Güte Gebotenen ein sehr gutes PLV.
Zunächst wurde eine sehr großzügige Brotauswahl gereicht.
Einige Scheiben waren schon etwas trocken geworden, was bei der Menge nicht ins Gewicht fiel. Als Dip eine Auberginen-Gemüsecrème, die zur Abwechslung nicht rauchig oder pikant war, sondern deutlich „gemüsig“ ausfiel. Dazu noch kretisches Olivenöl.
Dann bekam ich eine wirklich schöne Vorspeise.
Das Fischfleisch sehr fein gewolft, pikant und mit Kräutern abgeschmeckt und als Krapfen ausgebacken und gut entfettet. Bei der Scheibe vom Lachsstrudel gefiel der knusprige Blätterteig. Die Farce hätte ich nicht sofort als Lachs erkannt, hier dominierte weiches Gemüse.
Ebenfalls mutig gewürzt, aber letztlich etwas „normaler“ als der Zander. Nicht angekündigt und in der Menge schon üppig zu nennen, gab es noch eine Lachstranche auf der noch etwas knusprigen Haut gebraten. Hier war mir dann auch mal zu viel Tran unter der Haut, den ich wegschnitt. Leichter Tadel, da der Edelfisch durchgebraten war, aber doch noch saftig.
Geschmacklich im Mittelfeld. Auch gegen die Zupfsalate mit Radieschen und leichtem Joghurt- oder vielleicht Buttermilchdressing war nichts einzuwenden, außer der blassroten Gefahr. Guter bis sehr guter Teller.
Bei der Suppe war der Kokosanteil präsent, die Zitrusnote blieb zurückhaltend.
Im Abgang gab es eine irritierende Bitternote, die ich von Limette nicht kenne. Durch Sahne war die ursprünglich wohl vorhandene Schärfe zu sehr gedämpft. Schade, etwas Wumms ist immer gut. Die Gamba war besser als der Lachs im ersten Gang: Fleischig, saftig, geschmacklich voll da. Im Ganzen aber doch knapp über dem Durchschnitt.
Der Hauptgang war wieder nichts für schwache Esser.
Ein durchaus kräftig gewachsenes Forellen-Exemplar machte sich da verführerisch auf meinem Teller mehr lang als breit. Knusprig leckeres Ding, aus welcher Pfanne bist du denn gehüpft? Die Drillinge in der Schale genau gegart und gewohnt wohlschmeckend. Das Tumbet scheint die Mallorca-Variante des mediterranen Gemüseragouts zu sein, die einzelnen Produkte versteckten sich am Gaumen nicht; Olivenöl und Knoblauch rundeten die Sache dezent ab. Tadellos abgeliefert.
Der abschließende Käse war ordentlich ausgewählt und sehr ansprechend präsentiert
sicherte mit seinen vielfältigen, kreativen Begleitungen - namentlich Himbeer-Curd und einer feinen Crème von grobem Senf, aber auch dem Pumpernickel - eine gute Bewertung des Essens, die nur ganz knapp unter 4,5 Sternen bleibt.
Unterhalb der städtischen Champions-League spielend, stellten sich die Alten Meister nicht etwa als überalterte Truppe, sondern als ein Team mit Titelambitionen heraus. Meiner Kollegin, die kurz danach in Begleitung privat nach Dresden kommen sollte, empfahl ich das Restaurant nicht nur wegen der klasse Lage sehr gern. Dem Vernehmen nach zeigte das Alte Meister auch bei jenem Besuch ein überzeugendes Spiel.