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Jetzt, da ich wieder allein im Hotelzimmer sitze und mir der Text dieser Rezension aus den Fingern in die Tastatur tröpfelt, bemerke ich erst, welch sadistisch masochistische Züge unser Treiben hier eigentlich hat: Wir schreiben einen appetitanregenden Text über Genüsse oder auch das glatte Gegenteil davon über Essen und Service, während wir genau wissen, dass der Leser vermutlich entweder wie HBmann nach seiner 16 Stunden Halbtagstätigkeit sich dies erst kurz nach Mitternacht antun wird oder andere dies sich früh morgens vor dem Aufwachen geben, einige gerade etwas gegessen haben, was dem Beschriebenen genau genommen nicht nur widerspricht, andere evtl. schon übersatt überfuttert oder im Delirium des Diätwahns sich dann den Text reinziehen wie andere eine Linie oder wie mal ein Kommentar feststellte, allein durch das Lesen wieder 2kg zugenommen haben. Aber auch uns selbst quälen wir: nicht nur, dass nun beim Schreiben kurz nach dem Restaurantbesuch die Papillen noch im Abklingen des Erschmeckten nachbeben, oder falls wir den Besuch nicht sofort beschreiben, der Genuss schon längst vergangen ist während das Gehirn über die Vorstellungen des zu Beschreibenden über die Spiegelneuronen andere Körperzellen zur Wiederholung zwingt – nein, eigentlich hatten wir nur vor, eine gewöhnliche Bockwurst mit Kartoffelsalat am Kiosk um die Ecke so kurz nebenbei einzuwerfen. Nein, wir zwingen uns dazu und gehen zum Edel-Italiener, bestellen Luxus pur, oder suchen schäbbige serviceferne Kaschemmen auf, nur um hier eine Information darüber textlich verfassen zu können, zwingen nicht nur uns,sondern dazu noch Familienangehörige, Freunde, Bekannte oder gar ahnungslose Dritte dazu das Treiben mit zu machen, allein um hier berichten zu können. Wie hart kann das Leben denn sein!
Die junge, nette, italienischstämmige, weibliche Bedienung mit dem freundlichen, lokalen Akzent bringt mir kurz nachdem ich im Gartenbereich Platz genommen habe die Karte und erklärt mir sofort, heute, am Dienstag, sei im Paganini’s Ambiente (leider apostrophiert) Pasta-Tag. Das heißt Nudelgerichte aus der Karte, die zumeist zwischen 6,90 bis 8,90 ausgezeichnet sind, kosten heute mit Ausnahme der gekennzeichneten Top-Preis-Kreationen (meist 10,90) alle 6,90€. Offensichtlich ein hinreichender Anreiz, denn das Restaurant und der kleine Biergartenbereich sind an diesem frühen Abend gut besetzt - trotz und vor der Fußballübertragung sind viele Pastateller auf den Tischen, wenn auch das Restaurant nicht so voll ist, wie ich das Restaurant der Familie Paganini kurz nach dem Umbau und Wiederöffnung im Oktober 2007 erlebt hatte. Damals war es für wenige Monate eines meiner zwei Lieblingsrestaurants der Gegend. Aber damals gab es auch noch nicht den Außenbereich, wäre im Oktober eh zu kalt gewesen dafür. Doch heute war der eine heiße Tag im April.
Neben der Standardkarte gibt es auch eine Karte für den Mittagstisch – diese Woche meist Pasta zu 7,40€ doch eigentlich hatte ich eine leckere Pizza im Sinn oder das leckere Pizzabrötchen mit großem Italienischen Salat – eine Kombi die ich damals sehr gerne genossen hatte.
So aber hat mich nun die junge Dame mit der Pasta-Attacke komplett aus meiner imaginären Bestellung gerissen und ich werde also erst mal noch in die Karte schauen - frage beiläufig nach anderen Angeboten des Tages - unter anderem auch totem Fisch – aber ein Wasser, das möchte ich bereits bestellen.
Kurz darauf kommt die Bedienung wieder und berichtet von zwei Empfehlungen – man habe frische Venusmuscheln – also z.B. für Pasta Vongole und dann hätte man noch eine frische Dorade - mit Gemüse –„Hmm“ – sage ich, „was soll die denn kosten“ denn ich fürchte schon, dass man den Pastatag heute recht ernst nimmt – und schon ist die Bedienung wieder weg- „da muss ich fragen“.
Ich habe mich inzwischen bei den Flüssigkeiten in der Karte kundig gemacht und weiß, dass ich mir heut in jedem Fall einen Primitivo de Salente (0,2 zu 4,90€) gönnen werde – unabhängig was denn da kommen möge und rechne so im Stillen für mich mit einer Ansage in Richtung 18 - 19€ für die Dorade. Weiter komme ich in meinen Gedanken nicht – schon höre ich 12,90€ - und schlagfertig darauf meine eigene Bestellung samt Primitivo – aber die höre ich nur noch so nebenbei. Vor lauter Eile hab ich nicht mal an Antipasti gedacht – aber jetzt ist zu spät.
Schon wird mir mit freundlichem Lächeln „Unser Designerwasser“ kredenzt – als ich ein „oh was für ein blau“ mir beim Hinstellen nicht verkneifen kann. Morelli, 0,5l zu 4,20€ , da kann man nicht viel sagen. Das Wasser schmeckt ganz anständig. Klar hätte es auch eins aus der Gegend getan, aber für die italienischen Momente des Lebens kommt eben nur SP oder …..
Der Primitivo wird gebracht, das normale Besteck und eine große Salzmühle Meersalz mit Zitrone - und irgendwas fehlt mir da noch – gegenüber früher ist Paganini’s Ambiente auch in der Schnelligkeit wohl mehr in Richtung Pizzeria denn Edelitaliener gekommen? Gut, also bestelle ich mir Paninis – die kleinen Pizzabrötchen – 5 Stck 1€, damit ich nicht trunken aus den Pantoffeln kippe bevor die Dorade kommt. Die Panini sind lecker wie früher, als es die für uns als Amuse Geule gab. Aber heute ist natürlich auch recht viel los, die Bedienung wird zeitweilig von der Mutter des jungen Padrone mit unterstützt, der selbst anpackt und Bestellungen mit ausnimmt.
Der Primitivo war einmal, als auf einem großen Teller eine Alu-Tasche in Begleitung von Zitrone an den Tisch gebracht wird und ein kleinerer Teller mit Kartoffeln und ein wenig grünes Grillgemüse – Bohnen, Paprika und Zucchini. Überraschungspaket! - Ich packe aus – und finde eine wunderbar aromatisch duftende Dorade mit Zitronenscheibchen auf dem Bauch in einer sehr angenehmen Größe - allein der Duft berauscht. Der Fisch wird schwimmen wollen und so muss natürlich noch ein Achtel Pinot Grigio Friuli zu 2,50€. Der Fisch ist frisch, lässt sich gut zerlegen – ich kann leicht die Filets von der Gräte ziehen, die Backen aus dem Kopf und im Bauch ist ein Pesto mit leichtem Knobiduft. Allein beim Gedanken daran herrscht schon wieder Hochwasseralarm in der Kehle.
Der Fisch ist auf den Punkt – die Dorade hat wirklich nicht vergeblich Ihr Leben für mich gelassen, sondern zu meiner großen Freude! Dazu passend die leichten gebratenen Kartoffelstücken und das Grillgemüse- sehr lecker und nicht so wenig wie es aussieht. Ich schlemme und bin sehr froh. Auf die Antipasti verzichtet zu haben.
Der Friuli der zwischendrin gebracht wird ist ein Genuss dazu – und ich wusste gar nicht, dass ein Achtel Wein nur knapp unter dem 0,2er Strich ist. Göttlich!
Dieser Fisch verlangt nach einer Nachspeise – wozu mir auch prompt eine Flute Gelato al Limoncello (4,90€) empfohlen wird oder eine Panna Cotta oder Espresso. Wozu ein oder, wenn es auch ein und gibt – hör ich mich sagen und so kommt eine Sektflöte mit Zitroneneis und Zitronenlikör-Sahnetopping – toll gemacht und lecker schmeckend. Die ebenso in der Sektflöte präsentiert die Panna Cotta (4,00€), von der es logischer Weise deshalb keine halbe Portion gibt, auch die ist hausgemacht – leider wohl zuviel Versteifungsmittel machen sie sehr unkaputtbar und erinnert mich an die aktuelle spaßig italienische Amore-Werbung für einen italienischen SUV mit amerikanischem Zwillingsbruder. Der Dopio (2,80€) und dessen Beigabe ist auch lecker - ein Tag wir gemacht für Zwillinge! Ich ordere nach einem zeitlichen Ausklang die Rechnung bei der hilfreichen Mutter des Wirts und werde gefragt, ob ich noch einen Grappa oder Espresso oder …. Danke, heute hatte ich doch schon all das!
Am Folgetag war ich dann übrigens noch mal da – diesmal gab es als Amuse Geule Paninis vorab – der große Italienische Salat ist zwar gut gemeint von den Zutaten, zu denen ein italienisches Olivenöl und Balsamico sowie Salz und Pfeffer auf den Tisch kommen - doch kann mich die optisch sicher imposante Anrichtung als Scheiterhaufen nicht so begeistern – Selfservice für den Salat passt nicht in ein Bedienkonzept. Das Olivenöl ist im übrigen das erste italienische Olivenöl, das mir geschmeckt hat – ich bin Fan von griechischem Oliven-Öl. genauer gesagt kretischem, das deutlich würziger ist- aber dieses (Mantovani 100% Italien) ist wirklich lecker. Der Balsamico flachte dagegen allerdings sehr ab. Insgesamt auch sehr lecker – ich habe den Salat mal versucht etwas fürs Bild zu sezieren – musste dafür allerdings auch einiges platzbedingt mengenreduzieren – denn es ist viel auf dem Teller. Nur gegen eine, nein, „die“ Dorade vom Abend davor, dagegen kann der beste Salat einfach nichts wettmachen. Der Espresso beim Zahlen ging aufs Haus –und der war wie am Vortag sehr lecker!
Fazit laut Küchenreise 4 - 5 gerne wieder und unbedingt wieder, wenn ich da wieder hin komme!