Zugegebenermaßen, ich bin verfressen. Ich bin übers Essen zum Kochen gekommen und liebe beides gleichermaßen, deshalb gibt es auch für mich keine größere Enttäuschung, als wenn mir das Essen nicht schmeckt. Dabei spielt durchaus meine Erwartungshaltung eine Rolle, in einer Beiz erwarte ich anderes als beim Sternewirt, aber wenn es halt jeweils nicht paßt, ist mein Geschrei groß.
Die meiste Erfahrung habe ich reisebedingt mit der italienischen Küche, die auch mein Favorit ist. Würde ich im Lotto gewinnen, ich würde den ehemaligen napoletanischen Pizzaiolo aus dem La Sacrestia in Spoleto abwerben (wenn ich doch nur wüßte, wo er steckt!) und eine original napoletanische Pizzeria in Stuttgart eröffnen. Ligurische Vorspeisenmenüs im Magiargé in Bordighera gehören zu meinen liebsten Urlaubserinnerungen, genauso wie Gelage im Gigetto in Miane im Veneto, unweit von Valdobbiadene. Und ahhh, das legendäre Seafood-Dinner bei Da Nino in Letojanni auf Sizilien! Meine größte Enttäuschung bisher war, als Matteo Pisciotta mein damaliges Lieblingsrestaurant Osteria dell Sass' in Besozzo verließ, um das Luce in Varese aufzumachen. Seitdem sind beide Restaurants nicht schlecht, aber definitiv nicht genial.
Aber es gibt ja genug Trost. Mein Mann erzählt sehr gerne, wie ich ihn im Laufschritt einmal quer durch Genua scheuchte, um noch rechtzeitig einen Tisch im Sa Pesta zu bekommen. Und zur Ruhe setzen würde ich mich am liebsten in Chiavari, um dann konzentrische Kreise um Luchin zu ziehen, mich im Da Felice verwöhnen zu lassen, im Boccondivino zu schwelgen oder im ehemaligen Portico den Fischwagen zu studieren, wenn ich nicht doch bei Vino e Cucina 1999 lande oder nach einem Besuch auf dem weltbesten Wochenmarkt anschließend bei Pastificio Prato entweder die Nudeltheke oder die mit den Gemüsekuchen ausräume und selber koche...
Wenn ich italienisches Territorium verlasse, und das tu ich gerne und ohne Berührungsängste, dann mag ich alles, was intelligent gewürzt und gut zubereitet ist - mit sogenannter gutbürgerlicher Küche hab ich am ehesten meine Schwierigkeiten (liebe aber überraschende Ausnahmen wie den Bauerntanz in Augsburg), ethnische Küche jeder Couleur probiere ich gerne aus.
Was ich nicht mag, ist ein Ambiente, das den Gast vor allem beeindrucken will, genauso wie ein Publikum, das sich wichtig macht. Business-Kasper sind mir ein Greul, obwohl ich durchaus auch selber Örtlichkeiten für Geschäftsessen suche.
Aktiv bin ich vor allem in Stuttgart, mit Schwerpunkt im Westen. Und ich freu mich über jeden guten Tip, der mir kulinarische Genüsse eröffnet.
Zugegebenermaßen, ich bin verfressen. Ich bin übers Essen zum Kochen gekommen und liebe beides gleichermaßen, deshalb gibt es auch für mich keine größere Enttäuschung, als wenn mir das Essen nicht schmeckt. Dabei spielt durchaus meine Erwartungshaltung eine Rolle, in einer Beiz erwarte ich anderes als beim Sternewirt, aber wenn es...
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Das Dekor ist schlicht und angenehm – Cremefarben, dunkelbraune Tische ohne Decke und große Bilder dominieren, ansonsten unterhält die Aussicht aus dem Tiefparterre. Die Räume sind vergleichsweise niedrig, deshalb eher stickig, und bieten Platz für maximal 22 Personen, wenn man schiebt und drängelt vielleicht ein paar mehr. Pluspunkt für die stimmungsvolle Beleuchtung. Und die Karte angenehm überschaubar, endlich mal nicht ein Bolognese-Lasagne-Schießmichtot-Angebot, sondern wenige interessante Gerichte. Und die – obacht! – auch noch superfrisch. Neben der kleinen Karte mit Klassikern à la Vitello Tonnato gibt es einen Tagesanschrieb an der Tafel mit Empfehlungen, und verbal noch die eine oder andere Ergänzung. Die Nudelgerichte klangen alle durch die Bank weg sehr interessant und ich widerstand nur mit Mühe den Linguine mit Spargel und Garnelen.
Freundliche Begrüßung durch beide Patrone, schnelle Aufnahme der Getränkewünsche. An der Weinkarte könnte man noch arbeiten, wir bekommen einen Lugana (mittelprächtig) und einen Rosé aus den Abruzzen (etwas wäßrig, beide jeweils € 5,90 für 0,2l), aber die Vorspeisen überzeugen: Sehr gutes feingeschnittenes Kalb mit Thunfisch (€ 9,50), ebenfalls feiner Meeresfrüchtesalat mit eleganten Sechzehntel-Tomaten, knackfrischem Sellerie und Rucola (€ 14,50). Die Portionen sind so, daß keiner hungrig aufsteht. Brot ist ebenfalls süditalienisch-ordentlich
Als Secondo hatten wir beide Calamari vom Grill geordert (€ 16,50), auch qualitativ gut, definitiv kein Gummitier, serviert mit einem gemischten Salat mit gut dosiertem Balsamico-Olivenöl-Dressing.
Danach noch der Digestif aufs Haus – ein Limoncello und eine Grappa, beides wirklich gut – der Limoncello etwas zu warm, die Grappa aus der Kategorie „morbida“, also alles andere als ein Rachenputzer.
Unter normalen Umständen würde ich diese Adresse für mich behalten, aber da wir dieser Tage nicht oft genug in Stuttgart essen gehen, um Restaurants wie dieses zu unterstützen, an dieser Stelle meine Empfehlung: Hingehen!