Besucht am 15.02.2019Besuchszeit: Mittagessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 38 EUR
Das Problem dürfte bekannt sein: wer nach einem ausgiebigen, vielleicht auch etwas spätem Frühstück zu einer Unternehmung startet, wird exakt zur Unzeit von heftigem Hunger geplagt. Meist gegen 14 Uhr, wenn fast alle Speiselokale ihren Mittagstisch beenden und die Ruhepause am Nachmittag einläuten. Wer jetzt nicht unbedingt zur Kaffee-und-Kuchen-Front gehört und auch keinen Bock auf Frittenbude hat, wird demoralisiert und entkräftet umherirren oder auf sein möglicherweise eingepacktes Vesper zurückgreifen (müssen). Manchmal ist auch ein Tipp von Eingeborenen die letzte Rettung.
Seit Rottweil mit dem Thyssenkrupp Testturm glänzen kann, kann sich die älteste Stadt Baden-Württembergs vor Touristenströmen nicht mehr retten. Bedauerlicherweise gibt es noch keinen rechten Masterplan, wie die im Industriegebiet liegende Attraktion mit der Innenstadt und deren gastronomischen und kulturellen Angeboten verquickt werden könnte. Und der Testturm selbst bietet lediglich einen schnöden Getränkeautomaten. So machen sich die meisten Besucher etwas desorientiert auf den Weg in die Altstadt und auf die Suche nach kulinarischer Stärkung. Auch wir schwirren an einem Februarfreitag kurz vor 14 Uhr etwas mutlos durch die Gassen, bis wir schon jenseits des Schwarzen Tors ein offenbar noch offenes Lokal erahnen. Zugegebenermaßen vermute ich hinter dem schon etwas angegrauten historischen Gebäude eher eine einfache Beiz als eine kulinarische Verlockung. Tatsächlich ist das Ambiente eher schlicht und etwas uninspiriert. So sahen die Dorfschenken meiner Jugend aus. Und später erfahren wir: hier war Herzog Carl Eugen schon 1789 zu Gast. Oh weh.
Doch schon beim Eintreten kann man die beeindruckenden Speiseplatten und Terrinen erspähen, die hier serviert werden. Die Speisekarte versetzt uns sofort in Entspanntheit: Flädle- und Klößlesuppe, Maultaschen, diverse Schnitzelvariationen, Wurstsalat mit Bratkartoffeln – hier muss man nicht vor Hunger darben. Eine jugendliche Servicekraft (vielleicht der Sohn der Wirtin?) schmeisst locker ganz allein das Lokal (das immerhin 60 Plätze aufweist), kommt nicht ins Schwitzen und lässt sich nicht beirren. Nach 20 Minuten steht das Essen auf dem Tisch. Und wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Die Flädlesuppe (3,80 Euro) würde allein schon komplett satt machen: in einer überaus kräftigen, dunklen Fleischbrühe schwimmen gefühlt mehrere zu Streifen geschnittene, herzhafte Pfannkuchen, wie sie meine Mutter nicht besser ausgebacken hätte. Doch danach kommen noch: deftige Wildschwein-Bratwürste mit Kartoffelsalat (8,50 Euro), Kässpätzle mit grossem Beilagensalat (9,50 Euro) und Maultaschen mit Kartoffelsalat (7,50 Euro). Die Portionen sind beeindruckend riesig und fast etwas überwürzt. Mit reichlich blond angeschmälzten Zwiebeln (vermutlich Gemüsezwiebeln) und Petersiliendekoration wird absolut nicht gegeizt. Der Kartoffelsalat ist herrlich schlonzig und geschmacklich vermutlich mit Senf unterlegt. Die in der Pfanne leicht angebräunten Maultaschen haben eine perfekte Brät-Spinat-Füllung, hätten durch etwas Bratensauce jedoch noch an Geschmack gewonnen. Grandios hingegen die in einer ovalen Auflaufform servierten Käsespätzle mit gehörig viel Lindenberger Käse und sehr eierlastigen, goldgelben hausgemachten Spätzle. Der dazu servierte Beilagensalat würde allein schon satt machen: obenauf sind zwar erst mal nur grüne Blattsalate, fein gehobelte Gurkenscheiben und vollkommen überflüssige Maiskörner zu sehen, doch darunter verbergen sich prima Kartoffelsalat, herzhafter Krautsalat, feine Karotten- und Rettischstreifen. Leider ist das Dressing nach unserem Geschmack etwas zu sauer geraten.
Die Portionen sind so riesig, dass wir uns einen Teil davon einpacken lassen müssen. Kein Problem, wird sofort abgenickt – und wird hier vermutlich dauernd praktiziert. Zwischendrin kommt die überaus freundliche Rössle-Wirtin Frieda Zsuzsandor selbst an unseren Tisch, gibt gerne und offenherzig Auskunft zu Zutaten und Zubereitung, freut sich sichtlich über unseren Appetit und unser Lob. Wir kommen gerne wieder: das Rössle hat von Donnerstag bis Montag durchgehend von 10:30 - 23:30 Uhr geöffnet, also auch dann, wenn man andernorts schon vor verschlossener Tür steht. Am Nebentisch entdecken wir übrigens eine Familie, mit der wir uns auf der Aussichtsplattform des Testturms kurz unterhalten haben.
Das Problem dürfte bekannt sein: wer nach einem ausgiebigen, vielleicht auch etwas spätem Frühstück zu einer Unternehmung startet, wird exakt zur Unzeit von heftigem Hunger geplagt. Meist gegen 14 Uhr, wenn fast alle Speiselokale ihren Mittagstisch beenden und die Ruhepause am Nachmittag einläuten. Wer jetzt nicht unbedingt zur Kaffee-und-Kuchen-Front gehört und auch keinen Bock auf Frittenbude hat, wird demoralisiert und entkräftet umherirren oder auf sein möglicherweise eingepacktes Vesper zurückgreifen (müssen). Manchmal ist auch ein Tipp von Eingeborenen die letzte Rettung.
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4.0 stars -
"Mächtige Portionen zu erstaunlich günstigen Preisen" MinitarDas Problem dürfte bekannt sein: wer nach einem ausgiebigen, vielleicht auch etwas spätem Frühstück zu einer Unternehmung startet, wird exakt zur Unzeit von heftigem Hunger geplagt. Meist gegen 14 Uhr, wenn fast alle Speiselokale ihren Mittagstisch beenden und die Ruhepause am Nachmittag einläuten. Wer jetzt nicht unbedingt zur Kaffee-und-Kuchen-Front gehört und auch keinen Bock auf Frittenbude hat, wird demoralisiert und entkräftet umherirren oder auf sein möglicherweise eingepacktes Vesper zurückgreifen (müssen). Manchmal ist auch ein Tipp von Eingeborenen die letzte Rettung.
Besucht am 13.02.20193 Personen
Rechnungsbetrag: 23 EUR
Das Stuttgarter Daimler-Benz-Museum dürfte die höchsten Besucherzahlen der Museumsregion haben – und auch die internationalste Klientel. Für einen Besuch des spektakulären Gebäudes mit sieben ineinander verschlungenen Ebenen sollte man mindestens einen ganzen Tag veranschlagen. Das macht durstig, hungrig und müde. Ein Abstecher in die hauseigene Gastronomie lässt sich also kaum verhindern, sollte geradezu fest eingeplant werden.
Nachdem der bisherige Gastronomiebetreiber Michael Braun einmal quer über die Strasse zum VfB-Clubrestaurant gewechselt ist, das er nun nach einem kompletten Relaunch seit 19. Januar 2019 sehr erfolgreich betreibt, zeichnet sich jetzt das V&K Tailor Made Catering verantwortlich, ein Zusammenschluss von Feinkost Käfer und dem holländischen Vermaat (offenbar der Branchenführer der holländischen Museumgastronomie). Mangels anderer Alternativen sind wir nur allzu gewillt, eine notwendige Stärkungspause vor Ort einzunehmen.
Das Bistro liegt in der Eingangsebene des Museums. Leider müssen die Museumsbesucher für eine kulinarische Rast einmal komplett auschecken und auch ihren Audioguide abgeben. Macht nix – man kann sich jederzeit mit einem Eintrittsticket wieder in den Ausstellungsbereich beamen. Das Ambiente wirkt auf den ersten Blick recht futuristisch und abgehoben, inmitten silberner Boliden und einigen Skulpturen von Max Bill. Hat man jedoch erst mal Platz genommen, fühlt man sich auf der halbrunden, mit hellbraunem Leder bezogenen Sitzlandschaft so sicher wie im 200er Mercedes aus Familienzeiten. Es lassen sich sogar bequeme Armlehnen herunterklappen. Über allem schweben riesige Leuchten wie Heiligenscheine.
Bestellt wird an der properen, sehr übersichtlichen Theke. Kleinigkeiten nimmt man sofort mit an den Tisch, den Rest bringt auch gern der Service, der übrigens ganz selbstverständlich abräumt. Das Personal zeichnet sich durch grosse Entspanntheit und Freundlichkeit aus, keiner wirkt gestresst oder unkonzentriert. Das gastronomische Angebot ist den Bedürfnissen und Wünschen der internationalen Klientel angepasst, von Pastrami Sandwich bis Pastel de Nata, von schwäbischen Wibele bis Pulled Pork Panini, von diversen Salatvariationen bis zu Tiramisu. Falls es zu Verständigungsschwierigkeiten kommt, hilft man sich schon mal untereinander, aber auch das Servicepersonal parliert mehrsprachig.
Wohl aufgrund der trockenen Luft trinkt man hier sehr gerne ein Rothaus Pils (2,90 Euro) oder ein Hefeweizen (3,90 Euro) oder einen Milchkaffee (3,50 Euro). Unsere Wahl fällt sehr profan auf einheimische Brezeln (1,80 Euro für das Stück), einem mit Käse und Grünzeug belegten Albweckle (4,80 Euro) und einem süssen Aprikosen Croissant. Dazu Cappuccino (3,50 Euro) und Cola light (3,50 Euro für die Halbliterflasche). Die sehr trockenen Brezeln mit den extrem dünnen Ärmchen wirken arg verhungert, dafür ist das Albweckle allergikergeeignet aus Dinkelmehl gebacken und grosszügig belegt. Leider gibt es im Publikumsbereich weder Pfeffer- noch Salzstreuer. Der überaus freundliche Servicemann organisiert uns aber extra eine Pfeffermühle aus der Küche. Zum Kaffee kann man sich nach Belieben Milch- und Zuckerportiönchen ausfassen.
Sowohl die Theke als auch die Sitzbereiche sind extrem sauber und tipptopp gepflegt. Der Service trägt regelmässig benutztes Geschirr und Gläser zusammen, räumt auf, sorgt für Ordnung – aber sehr relaxed und unaufgeregt. Die nächsten Toiletten liegen ebenerdig nur wenige Meter entfernt, auch sie in allerbestem Zustand. Weitere Toiletten sind auf demselben Stockwerk bei den Garderoben zu finden. Für Kinder steht ein Kinderstuhl bereit. Wer Interesse an regionalen News hat, kann in den ausliegenden Ausgaben der Stuttgarter Zeitung oder den Stuttgarter Nachrichten blättern. Das Bistro hat dienstags bis sonntags von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Es kann auch jederzeit von Externen besucht werden, was ich am Nachbartisch beobachtet habe, wo offenbar ein geschäftliches Treffen stattfand.
Fazit: interessantes Ambiente mit bodenständigem Snack-Angebot und überaus freundlichem Service.
Das Stuttgarter Daimler-Benz-Museum dürfte die höchsten Besucherzahlen der Museumsregion haben – und auch die internationalste Klientel. Für einen Besuch des spektakulären Gebäudes mit sieben ineinander verschlungenen Ebenen sollte man mindestens einen ganzen Tag veranschlagen. Das macht durstig, hungrig und müde. Ein Abstecher in die hauseigene Gastronomie lässt sich also kaum verhindern, sollte geradezu fest eingeplant werden.
Nachdem der bisherige Gastronomiebetreiber Michael Braun einmal quer über die Strasse zum VfB-Clubrestaurant gewechselt ist, das er nun nach einem kompletten Relaunch seit 19.... mehr lesen
Restaurant im Mercedes-Benz Museum
Restaurant im Mercedes-Benz Museum€-€€€Restaurant0711-1783063Mercedesstrasse 100, 70372 Stuttgart
4.0 stars -
"Auf Ledersitzen wie im 200er Mercedes" MinitarDas Stuttgarter Daimler-Benz-Museum dürfte die höchsten Besucherzahlen der Museumsregion haben – und auch die internationalste Klientel. Für einen Besuch des spektakulären Gebäudes mit sieben ineinander verschlungenen Ebenen sollte man mindestens einen ganzen Tag veranschlagen. Das macht durstig, hungrig und müde. Ein Abstecher in die hauseigene Gastronomie lässt sich also kaum verhindern, sollte geradezu fest eingeplant werden.
Nachdem der bisherige Gastronomiebetreiber Michael Braun einmal quer über die Strasse zum VfB-Clubrestaurant gewechselt ist, das er nun nach einem kompletten Relaunch seit 19.
Besucht am 10.02.20192 Personen
Rechnungsbetrag: 14 EUR
Und weil es kürzlich so schön war in Herrenberg, kommen wir gleich wieder – obwohl der Wetterbericht warnt: „An diesem stürmischen Sonntag bleibt man am besten zuhause.“ Das ist dann auch der Nachteil der malerischen Fussgängerzone dieser Altstadt, die seit 1983 als Gesamtanlage unter Denkmalschutz steht: man kann nicht vorfahren und muss sich bei Wind und Wetter zu Fuss durch die Gassen kämpfen. Die Tübinger Strasse glänzt als Vorzeigeensemble mit tipptopp restaurierten Häusern und inhabergeführten Geschäften und Lokalen im Erdgeschoss. Das Gebäude Nr. 14 beeindruckt mit schmuckem Fachwerk auf einem Sandsteinsockel, mit roten Fensterläden und freundlichen Sprossenfenstern. Bis vor einigen Jahren residierte hier das „Café Aurélie“. Doch offenbar war Durchhaltekraft nicht der zweite Vorname von Aurélie. Eher noch der Hang zu einem künstlerischen Ambiente, das die jetzigen Betreiber konsequent fortführen.
Seit Ende 2014 hat die griechische Familie Samara die einzigartige Kreuzung zwischen Kunstgalerie, plüschigem Oma-Café und solidem Speiselokal unter dem neuen Namen „Café Atelier“ übernommen. Vielleicht sogar durch eigene Kreationen angereichert? An den bunten Muranoglasvasen hängen Preisschilder, Portionspackungen von Milch und Zucker werden in kleinen Weisswurst-Terrinen dargeboten. Der grösste künstlerische Schatz liegt jedoch in der Kuchentheke verborgen, doch davon weiter unten mehr.
An einem Sonntagnachmittag gegen 16 Uhr ist das Lokal ganz gut besetzt: hinter uns legen zwei ältliche Damen ausführlich ihre Verwandtengeschichten dar, im Nebenraum belegt ein familiärer Freundeskreis mit staunenden Grundschulkindern gleich mehrere Tische, dazwischen ein etwas abgehalfterter lonesome Cowboy, zwei beste Freundinnen und eben wir. Für den zwischen 12 und 14 Uhr kredenzten Mittagstisch sind wir leider schon zu spät dran. Schade! Die Speisekarte bietet ein interessantes Crossover zwischen mediterraner und regionaler Küche: griechischer Bauernsalat und geröstete Maultaschen, Gyrosteller und Bauernomelett, Croissants und Calamari, Kässpätzle und Moussaka. Am späten Nachmittag lockt nur noch das Kuchenbüffet. Ein Blick genügt: weitab von gefälliger Convenience-Bäckerei ist hier noch wahres Handwerk zu sehen. Die (Küchen-)Chefin Despoina Samara zaubert täglich eine Vielzahl köstlicher Torten und Kuchen, die herrlich anzusehen und mächtig gehaltvoll sind, z.B. eine Eierlikörtorte, ein hoher gedeckter Apfelkuchen mit Walnüssen, ein Feuerwehrkuchen (huch?) mit Sauerkirschen, ein saftiger, sehr dunkler Schokoladenblechkuchen. Auch wer dem Süssen nicht zugetan ist, kann sich allein schon an deren Anblick erfreuen. Wir wählen 1x Apfelstrudel mit Vanillesauce und 2x Pita mit Schafskäse und Spinat. Der Filoteig des Strudels ist gefühlt dutzendfach ausgerollt und haarfein umgeschlagen worden, die Apfel- und Rosinenfüllung dürfte gehörig mit Alkohol getränkt worden sein. Kurz erwärmt, entfaltet die Leckerei ihr feines Aroma. Zur ebenfalls erwärmten Pitaschnitte mundet ein Viertele griechischer Rotwein ganz hervorragend (leider verpassen wir vor lauter Schwärmen, die kräftige, vollmundige Rebsorte zu erfragen).
Apropos Schwärmen: die anfänglich noch bescheiden zurückhaltende Patronin öffnet nach und nach ihr Herz und erzählt von ihrem Anliegen und den Bemühungen, die Back- und Kochkünste den hiesigen Geschmäckern und Vorlieben anzupassen. Pita zum Beispiel gibt´s immer und läuft immer, mal mit Lauch, mal mit Hackfleisch, doch am besten mit Spinat und Feta. Bei den Kuchen und Torten versucht Samara, erstklassige Zutaten, handwerkliches Geschick, Dekor und Geschmack unter einen Hut zu bringen. Nicht umsonst wurde das Lokal in „Café Atelier“ umbenannt. Schliesslich sind viele der Kuchenkreationen ganz eigene Kunstwerke. Dass manche Gäste beim Preis – 3 Euro pro Stück – zusammenzucken, ist schlicht unverständlich.
Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. So hat das „Café Atelier“ an 7 Tagen in der Woche bis 21 Uhr geöffnet, einen Ruhetag gibt es schlichtweg nicht. Die Zutaten werden montags vor Lokalöffnung um 12 Uhr eingekauft. Selbstausbeutung würden das manche nennen, doch die Atelier-Betreiber schreiben bescheiden auf Facebook: „Unsere Gäste sind unser Antrieb. Bisher bestehen wir seit schon 4 Jahren in Herrenberg und unsere Stammkunden werden jedes Jahr ein paar mehr.“ Dieses Jahr dürfen wir uns sicherlich zu den Neuzugängen zählen.
Und weil es kürzlich so schön war in Herrenberg, kommen wir gleich wieder – obwohl der Wetterbericht warnt: „An diesem stürmischen Sonntag bleibt man am besten zuhause.“ Das ist dann auch der Nachteil der malerischen Fussgängerzone dieser Altstadt, die seit 1983 als Gesamtanlage unter Denkmalschutz steht: man kann nicht vorfahren und muss sich bei Wind und Wetter zu Fuss durch die Gassen kämpfen. Die Tübinger Strasse glänzt als Vorzeigeensemble mit tipptopp restaurierten Häusern und inhabergeführten Geschäften und Lokalen im Erdgeschoss.... mehr lesen
Café Atelier
Café Atelier€-€€€Restaurant, Cafe070329130810Tübinger Str. 14, 71083 Herrenberg
4.5 stars -
"Zwischen Maultaschen und Moussaka" MinitarUnd weil es kürzlich so schön war in Herrenberg, kommen wir gleich wieder – obwohl der Wetterbericht warnt: „An diesem stürmischen Sonntag bleibt man am besten zuhause.“ Das ist dann auch der Nachteil der malerischen Fussgängerzone dieser Altstadt, die seit 1983 als Gesamtanlage unter Denkmalschutz steht: man kann nicht vorfahren und muss sich bei Wind und Wetter zu Fuss durch die Gassen kämpfen. Die Tübinger Strasse glänzt als Vorzeigeensemble mit tipptopp restaurierten Häusern und inhabergeführten Geschäften und Lokalen im Erdgeschoss.
Besucht am 06.02.2019Besuchszeit: Mittagessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 47 EUR
Aufgrund seiner reizvollen Lage bezeichnet man Herrenberg gerne auch als „Perle im Gäu“. Wann immer Besuch aus dem Ausland eintrifft – derzeit aus dem Ruhrpott – präsentieren wir stolz die putzige Innenstadt an der Deutschen Fachwerkstraße und die herzhafte schwäbische Küche.
Als Vorzeigegasthaus macht die Traube immer mächtig Eindruck. Das historische Gebäude aus dem 14./15. Jahrhundert liegt sehr zentral direkt an der Tübinger Straße und nahe der Fussgängerzone. Gleich ums Eck kann man mit Parkscheibe für 2 Stunden kostenlos parken (reicht für ein genüssliches Mittagessen); vom Bahnhof ist man Fuss in knapp einer Viertelstunde vor Ort; als Wanderer steigt man beschwingt vom Schlossberg oder dem weit oben liegenden Schönbuchturm herab. Im Sommer ist die Häuserfront herrlich mit Wein und Efeu berankt und man sitzt auf Holzstühlen vor der Tür. Im Winter wärmt drinnen gleichermassen der grosse Kachelofen mit önologischen Motiven wie die oft drangvolle Enge an den Tischen.
Auch an einem Mittwochmittag gegen 12Uhr haben wir es unserem Charme und grossem Glück zuzuschreiben, noch einen freien Tisch ohne Reservierung zu ergattern. Das Lokal ist fast bis zum letzten Stühlchen besetzt (offenbar gibt es 75 Sitzplätze). Die beiden flinken, aufmerksamen Servicedamen sind rasch zur Stelle, nehmen bei Bedarf umgehend die Bestellung auf, kommen aber auch gerne in einigen Minuten wieder, wenn man noch Bedenkzeit braucht. Die Traube ist bekannt für ihre urschwäbische Küche (zertifiziert als „Schmeck den Süden“-Gastronomie), für seine Schnitzel vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein, seine Käsespätzle mit Bergkäse von der örtlichen Fromagerie Holzapfel und dem legendären Zwiebelrostbraten. Die Eigentümerfamilie Katz führt die Traube nun schon in vierter Generation – das spricht für Tradition und Beständigkeit, die die hauptsächlich einheimische Klientel besonders schätzt.
Trotz etlichen Kniefällen meinerseits sieht man sich ausserstande, während der mittäglichen Rush Hour ein Gericht von der Hauptkarte zu servieren. So beschränken wir uns auf die ausliegende Mittagskarte, die jede Woche leicht variiert, aber auch immer einige Traube-Klassiker aufweist. In dieser Woche sind im Angebot: Saure Nierchen mit Bratkartoffeln (10,90 Euro) / ein Flank-Steak vom Schwäbisch-Hällischen Weiderind (18,90 Euro) / Schnitzel wahlweise Schwäbischer oder Wiener Art (13,50 Euro) / Paniertes Seelachsfilet (10,50) , sowie eher unattraktive Schninkennudeln oder Spaghetti Pomodori. Über den allgemeinen Publikumshit, den Smokey-Mountain Burger, schreibe ich noch getrennt.
Wir wählen ganz profan Schnitzel und Seelachsfilet. Bei vollem Haus steht nach 20minütiger kurzweiliger Wartezeit das Essen auf dem Tisch. Das beeindruckende Schnitzel wird auf einem grossen Teller mit hochgezogenem Rand serviert, so dass auch nichts von der wertvollen Sauce überschwappt. Unter der würzig-knusprigen Panade liegt sehr zartes Fleisch, auch der grüne Blattsalat macht durchweg Freude, weil man darunter endlich mal wieder Endiviensalat findet und das feine Dressing nur leicht darübergesprenkelt wurde. Nur der Kartoffelsalat überzeugt geschmacklich nicht hundertprozentig: ich vermisse Zweibelwürfelchen und etwas mehr Aroma. Das Seelachsfilet trägt leider ein Convenience-Outfit, wird durch eine selbstgemachte Remoulade aber kräftig aufgepimpt. Auch hier sind die Blattsalate knackig-frisch. Um uns herum sorgen diverse Portionen der aktuellen Burger-Kreation für laute Aufschreie. Offiziell wird das Prachtstück auf der Karte folgendermaßen deklariert: Smokey Mountain -Burger vom Schwäbisch-Hällischen Weiderind mit geräuchertem und gebackenem Käse, Tomate, Bacon, Ahornsirup, Apfel-Ketchup, Senfmayo, Ackersalat, Spiegelei, dazu Pommes (14,90 Euro). Beim Anblick des beachtlichen Turmes kreischt neben uns eine ältere Dame: „Um Himmelswillen, wie soll ich das bloss essen?“. Tatsächlich können wir staunend bestimmte Zerlegungs- und Vertilgungstechniken beobachten. Sehr eigenwillig sind auch die riesigen Klötze von selbstgemachten Pommes.
Das helle Gutmann-Hefeweizen aus dem bayrischen Titting treibt gehörig, so dass wir gleich mehrfach unseren Lieblingsort aufsuchen. Dazu muss man sich wendig einmal quer durchs Gasthaus auf die etwas engen, aber sehr gepflegten Toiletten schlengeln. Hier sehr angenehm: keine schnöden Papierhandtücher, kein fieser Dyson Air-Blade, sondern für jeden Gast ein eigenes Frottee-Gästehandtuch.
Als wir gegen 13Uhr30 zum Zahlen ansetzen, ist das Lokal plötzlich wie leergefegt. Die Noch-Berufstätigen sind zum Schaffen zurückgekehrt, die Rentner zum Mittagsschlaf. Hier ist einfach noch die Welt in Ordnung.
Aufgrund seiner reizvollen Lage bezeichnet man Herrenberg gerne auch als „Perle im Gäu“. Wann immer Besuch aus dem Ausland eintrifft – derzeit aus dem Ruhrpott – präsentieren wir stolz die putzige Innenstadt an der Deutschen Fachwerkstraße und die herzhafte schwäbische Küche.
Als Vorzeigegasthaus macht die Traube immer mächtig Eindruck. Das historische Gebäude aus dem 14./15. Jahrhundert liegt sehr zentral direkt an der Tübinger Straße und nahe der Fussgängerzone. Gleich ums Eck kann man mit Parkscheibe für 2 Stunden kostenlos... mehr lesen
Zur Traube
Zur Traube€-€€€Restaurant07032 24136Tübinger Straße 35, 71083 Herrenberg
4.5 stars -
"Schnitzel geht immer" MinitarAufgrund seiner reizvollen Lage bezeichnet man Herrenberg gerne auch als „Perle im Gäu“. Wann immer Besuch aus dem Ausland eintrifft – derzeit aus dem Ruhrpott – präsentieren wir stolz die putzige Innenstadt an der Deutschen Fachwerkstraße und die herzhafte schwäbische Küche.
Als Vorzeigegasthaus macht die Traube immer mächtig Eindruck. Das historische Gebäude aus dem 14./15. Jahrhundert liegt sehr zentral direkt an der Tübinger Straße und nahe der Fussgängerzone. Gleich ums Eck kann man mit Parkscheibe für 2 Stunden kostenlos
Besucht am 26.01.20192 Personen
Rechnungsbetrag: 15 EUR
Auf dem Weg zur großen Mykene-Ausstellung in Karlsruhe macht unsere über 40köpfige Studiengruppe erst einmal Rast im Café Brenner. Eine gute Wahl der Organisatoren, denn die Location hat fast schon Kultcharakter und eine über 100jährige Tradition. Doch erst seit 1987 residiert das inhabergeführte Haus in der Karlstraße. Die Homepage verspricht: „Hier schuf die Familie Brenner im ehemaligen Ring-Café ein Interieur von gediegener Eleganz und einer einzigartigen Kaffeehausatmosphäre.“ Diese vollmundige Ankündigung zeigt sich vor Ort in einem plüschigen Ambiente, das einen geradewegs in die Belle Epoque zurückkatapultiert: glitzernde Kristalllüster, rote gepolsterte Sessel, etwas angejahrte Perserteppiche, reichlich Grünpflanzen, schön gestärkte Damasttischdecken mit Häkelüberwurf, sowie Rüschgardinen mit Volants. An der Wand kann man hölzerne Modelformen für die Springerlesproduktion bestaunen, in dichter Petersburger Hängung wie alte Kunstwerke.
Wer in diesem Kaffeehaus lediglich an gedeckten Apfelkuchen, Russische Schokolade und weichgekochte Frühstückseier denkt, liegt ziemlich falsch. Die Speisekarte weist etliche skurrile Gerichte auf, die man andernorts nicht (mehr) findet oder schon für ausgestorben hält: so zum Beispiel Schupfnudeln mit Apfelmus (in meiner bloßen Vorstellung ein absolutes No-Go) für 6,70 Euro, gefüllte Pastetchen mit Hühner-Frikassee für 9,20 Euro oder Toast Hawaii für 7,80 Euro. Die beiden letzten Speisen sicherlich ein Hit in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, aber hier immer noch gerne gewählt. Immerhin haben schon die Mädchengetränke Hugo und Aperol Sprizz ihren Weg zwischen halbtrockenen Müller Thurgau und pfälzischen Dornfelder gefunden.
Wir treffen an einem Samstag gegen 10 Uhr 30 ein – eine perfekte Zeit für ein zweites Gabelfrühstück oder eine stärkende brunchartige Zwischenmahlzeit. 40 hungrige Personen auf einen Schub sind von den Raumkapazitäten her gar kein Problem, für den Service aber natürlich eine gewaltige Herausforderung. Die Damen zeigen ein robustes Nervenkostüm und reichlich trockenen Humor. Hetzen lässt sich keine. Wir warten geduldig, ertragen auch so manche Fehllieferung und die Tatsache, dass an unserem Sechsertisch die Speisen zu höchst unterschiedlichen Zeiten eintreffen. Zeit scheint hier eh ein vernachlässigbarer Faktor zu sein. In diesem herrlichen Ambiente kann man sich vorstellen, ganze Tage zu vertrödeln.
Da ich glücklicherweise gut gefrühstückt habe, reicht ein einfaches Käsebrötchen (4,00 Euro), das wirklich höchst unspektakulär daherkommt (übrigens auch so schmeckt) und auch keine langen Zubereitungszeiten benötigt. Der Toast Hawaii dagegen wird gut eine halbe Stunde später serviert, wird auf einem siedendheissen Teller gereicht (Grill? Salamander?) und trägt stolz zwei aufragende Salzletten als Deko. Macht auf jeden Fall wunderbar satt. Ebenso der üppige Stramme Max für 7,90 Euro. Weniger begeistert sind wir vom Cappuccino (3,10 Euro), der ganz ohne Schaumhäubchen daherkommt oder dasselbige vielleicht auf dem langen Weg von der Küche schon eingebüßt hat? Sehr solide und hocharomatisch dafür der Filterkaffee für 2,60 Euro die Tasse und 5,00 Euro das Kännchen. Bevor die Speisen aufgetragen werden, legt der Service übrigens noch eine Lage Papiersets aus, offenbar um Tischdecken und Häkelüberwurf zu schonen. Man fühlt sich fast wie bei der Verwandtschaft zu Besuch…
Für Schleckermäuler, die nicht so gerne pikant essen wie wir, ist das Brenner ein wahres Eldorado. Vorne in der Auslage kann man einzigartige Torten und Kuchen bestaunen und bestellen, wahre Kunstwerke aus Bisquit, Sahne, Schokoglasur und Früchten – auch handgefertigte Pralinen, Torteletts, Petits Fours und Kleingebäck. Alles vor Ort hausgemacht und dekoriert. Auch spezielles Faschingsgebäck ist jetzt zu haben, hochkalorisch, vermutlich in Fett ausgebacken und vom Teig her an fränkische Schneeballen erinnernd. Auch skurril: ein süsses Teilchen in der Art einer Linzertorte mit einer ausgestanzten €-Form. Vermutlich ein beliebtes Geschenk für Banker.
Fazit: ein herrlicher Ort für Zeitreisende, Süssigkeitenliebhaber und ältere Damen mit Pelzmützen. Alle anderen können zumindest gehörig staunen!
Auf dem Weg zur großen Mykene-Ausstellung in Karlsruhe macht unsere über 40köpfige Studiengruppe erst einmal Rast im Café Brenner. Eine gute Wahl der Organisatoren, denn die Location hat fast schon Kultcharakter und eine über 100jährige Tradition. Doch erst seit 1987 residiert das inhabergeführte Haus in der Karlstraße. Die Homepage verspricht: „Hier schuf die Familie Brenner im ehemaligen Ring-Café ein Interieur von gediegener Eleganz und einer einzigartigen Kaffeehausatmosphäre.“ Diese vollmundige Ankündigung zeigt sich vor Ort in einem plüschigen Ambiente, das einen... mehr lesen
4.0 stars -
"Zeitreise mit Kultcharakter" MinitarAuf dem Weg zur großen Mykene-Ausstellung in Karlsruhe macht unsere über 40köpfige Studiengruppe erst einmal Rast im Café Brenner. Eine gute Wahl der Organisatoren, denn die Location hat fast schon Kultcharakter und eine über 100jährige Tradition. Doch erst seit 1987 residiert das inhabergeführte Haus in der Karlstraße. Die Homepage verspricht: „Hier schuf die Familie Brenner im ehemaligen Ring-Café ein Interieur von gediegener Eleganz und einer einzigartigen Kaffeehausatmosphäre.“ Diese vollmundige Ankündigung zeigt sich vor Ort in einem plüschigen Ambiente, das einen
Geschrieben am 21.01.2019 2019-01-21| Aktualisiert am
26.01.2019
Besucht am 21.01.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 35 EUR
Lange Jahre galt das „Culinarium“ der Gastronomin Margit Schuldis als lukullische Instanz auf der Schönbuchlichtung. Als Frau Schuldis aus „gesundheitlichen und personellen“ Gründen das Lokal schließen musste, waren viele Stammgäste untröstlich (darunter auch ein maßgeblicher Teil meiner Verwandtschaft). Im vergangenen Jahr hat das runderneuerte und innenarchitektonisch umgestylte Restaurant unter der Ägide von Joachim Pollak in den Altdorfer Räumen die „Leibspeiserei“ eröffnet.
Das offensichtliche Gedränge in den ersten Monaten (Altdorf ist mit gastronomischen Angeboten nicht gerade reich gesegnet) habe ich mit Abstand aus der Ferne beobachtet. Prinzipiell bin ich immer etwas vorsichtig, wenn irgendwo auf der Karte schwäbische Tapas oder badische Sushi angeboten werden. Dass die „Leibspeiserei“ Tappas mit zwei P schreibt, vermag den Argwohn eher noch zu schüren. Doch der Rest des Angebots klingt durchaus nach solider schwäbischer Küche mit etwas gehobenem Anspruch (hier versucht man den Spagat zwischen sauren Kutteln, geschmorten Schweinebäckle und Zwiebelrostbraten einerseits, sowie Carpaccio vom Hirsch, lauwarmem Ziegenkäse und Trüffelravioli andererseits). Sympathisch auch die Tatsache, dass das Restaurant montags geöffnet hat.
Bei unserem Testessen an einem eisigen Montagmittag im Januar treffen wir auf ein fast vollkommen leeres Lokal. Prinzipiell keine schlechte Voraussetzung. Keine Ahnung, wann die riesigen Hallen einmal komplett bespielt werden sollen. Wir werden sofort von einer Servicekraft empfangen und an einen freien Tisch geleitet. Erster Eindruck: klare, helle Räume mit überraschenden stylishen Hinguckern. Insgesamt ein gewagtes Crossover mehrerer Stilrichtungen. Im Hauptraum hängt an der Decke eine Holzleiter aus bäuerlichem Altbestand, daran baumeln Glühbirnen unterschiedlicher Größe, darüber schwebt ein Kunstwerk aus Neonröhren und Metallverstrebungen. Dazu an der Wand blau-weiße Teller, die an den letzten Griechenlandurlaub erinnern.
Doch viel Zeit zum Staunen bleibt nicht. Sehr rasch möchte der Service die Bestellung aufnehmen, was uns etwas unter Druck setzt. Die Wahl fiele bestimmt leichter, wenn die komplette Karte samt Tages- und Wochengericht aufläge und nicht nur ein einseitiger Auszug daraus. So muss das aktuelle Angebot mühsam erfragt werden. Die Servicekraft verlässt dazu den Raum und schaut erst mal selbst nach. Auch die angebotenen Getränke muss man eher erraten. Schade, denn die „Leibspeiserei“ kann mit einer ansehnlichen Auswahl an veritablen Bierspezialitäten von der Schönbuch Braumanufaktur, sowie tollen regionalen Weinen (z.B. einen Lemberger von Graf Neipperg oder einen Riesling von Jürgen Ellwanger) glänzen. Das entdecken wir jedoch erst, als wir explizit nach der Getränkekarte fragen (müssen). Die sicherlich bemühte und stets präsente Servicekraft ist offenbar getränketechnisch auch nicht ganz auf der Höhe, denn statt des bestellten Pale Ale wird ein Amber Ale (3,40 Euro) serviert. Macht nichts, denn das bernsteinfarbene Bier überrascht mit Honignoten und mundet ganz hervorragend zu unserem Hauptgericht, der Leibspeis der Woche: Hirschgulasch mit Serviettenknödel (17,80 Euro). Selbstverständlich ist die Leibspeis der Woche nicht auf der aufliegenden Karte erwähnt, sondern muss auch erst erfragt werden. Das Gericht überzeugt dann durch Üppigkeit und Vollmundigkeit; das Hirschgulasch sehr zart und fein mariniert, die Scheiben von Serviettenknödel kräftig und sättigend, leider auch etwas trocken, so dass die sämige Sauce durchaus ihre Berechtigung hat. Die begleitenden Preiselbeeren sind eher Deko, schmecken jedoch erstklassig. Wer möchte, kann dazu einen günstigen, aber vielseitigen Beilagensalat (2,00 Euro) ordern. Hier ist im Ansatz alles vorhanden: schlonziger Kartoffelsalat, klein geraspelte Rettich- und Möhrenstifte, knackiger Blattsalat, frische Kresse, sowie ein Alibi-Tomatenachtel. Leider hat das Balsamicodressing die unteren Lagen das Salats fast vollständig ertränkt.
Man sitzt an hellen Holztischen mit amorph geformten hellgrauen Sets aus Lederimitat, dazu passend die organisch anmutenden Teller und Schalen. Selbst die Tischdeko aus weißen Alpenveilchen macht keinen anbiedernd braven Eindruck. Das Ambiente wirkt akribisch sauber und rein, bis hin zu den Toiletten im Untergeschoss. Der Service zeigt außerordentliche Präsenz. Doch aus irgendeinem Grund vermisse ich Behaglichkeit und Gemütlichkeit, so dass die Leibspeiserei wohl nicht zu meinem Lieblingslokal werden wird.
Lange Jahre galt das „Culinarium“ der Gastronomin Margit Schuldis als lukullische Instanz auf der Schönbuchlichtung. Als Frau Schuldis aus „gesundheitlichen und personellen“ Gründen das Lokal schließen musste, waren viele Stammgäste untröstlich (darunter auch ein maßgeblicher Teil meiner Verwandtschaft). Im vergangenen Jahr hat das runderneuerte und innenarchitektonisch umgestylte Restaurant unter der Ägide von Joachim Pollak in den Altdorfer Räumen die „Leibspeiserei“ eröffnet.
Das offensichtliche Gedränge in den ersten Monaten (Altdorf ist mit gastronomischen Angeboten nicht gerade reich gesegnet) habe ich mit... mehr lesen
3.5 stars -
"Gewagtes Ambiente, stets präsenter Service" MinitarLange Jahre galt das „Culinarium“ der Gastronomin Margit Schuldis als lukullische Instanz auf der Schönbuchlichtung. Als Frau Schuldis aus „gesundheitlichen und personellen“ Gründen das Lokal schließen musste, waren viele Stammgäste untröstlich (darunter auch ein maßgeblicher Teil meiner Verwandtschaft). Im vergangenen Jahr hat das runderneuerte und innenarchitektonisch umgestylte Restaurant unter der Ägide von Joachim Pollak in den Altdorfer Räumen die „Leibspeiserei“ eröffnet.
Das offensichtliche Gedränge in den ersten Monaten (Altdorf ist mit gastronomischen Angeboten nicht gerade reich gesegnet) habe ich mit
Schon erstaunlich: bereits dutzendfach durch Konstanz gelaufen, gefühlt die Hälfte der Gastronomie durchprobiert und noch nie in No. Elf gelandet? Dazu muss offenbar erst mal Silvester werden. Auf der Suche nach einem kräftigen Kaffee, der uns trotz Übermüdung bis zur mitternächterlichen Knallerei wachhalten wird, erinnert sich ein ortskundiger Freund an dieses Kleinod, das wir sofort ansteuern. Nur wenige Schritte vom trubeligen Münsterplatz entfernt, fristet die schmale Gerichtsgasse ein sehr ruhiges, verträumtes Dasein. Das holprige, grobe Kopfsteinpflaster der Gasse scheint noch aus Römerzeiten zu stammen (d.h. nicht geeignet für Rollstuhlfahrer und Rollatoren und Damen in Stöckels). Haus No. Elf wirkt wie hingeträumt: ein sehr schmalbrüstiges, kleines Gebäude, dem offenbar links und rechts die restliche Häuserzeile weggebröckelt ist. Vermutlich abgerissen…
Beim Eintreten durch die Vordertür, die - ironisch unterlegt - das Läuten einer alpenländischen Kuhglocke auslöst, die freudige Überraschung: hier hat ein begabter Innenarchitekt gekonnt das Beste aus dem kleinen Raum herausgeholt: schlichte, dunkelgraue Bodenfliesen, fachmännische Holzeinbauten, rund umlaufende schmale Sitzbänke mit bunten Filzsitzkissen, davor kleine Tischlein und Hocker, ein Tresen mit viel professionellem Gerät, genügend Licht durch die Frontverglasung und kleine Seitenfenster. Das hiesige Getränke- und Essensangebot lässt sich auf mehreren Schiefertafeln ablesen: eine sehr elaborierte Kaffeeauswahl, 4-5 verschiedene Weinsorten, ein paar Softdrinks, Craft Beer und wenige, meist süsse Snacks und Kuchen, wie z.B. Stefans selbst gebackener Apfelkuchen oder ein veganer Bananenkuchen. Bestellt und bezahlt wird an der Theke, die Getränke empfängt man dann am Tisch.
Wer Konzept und Ausrichtung des Lokals nicht kennt, wird sich jetzt erst einmal orientieren müssen. Hinter der Theke stehen zwei Herren (offenbar die Chefs), die mahlen, aufbrühen, einschenken, servieren, abtragen, beraten, bedienen, erläutern und bekehren. Alles sehr professionell und gekonnt und geübt. Wer hier nur schnell mal eine Tasse Wachmacherkaffee haben möchte, erntet eventuell missbilligende Blicke und ist besser im Bahnhofscafé oder bei McDonalds bedient. Hier haben ganz klar zwei Genussgüter den Vorrang: Kaffee und Wein. Und um beides wird ziemlich viel Bohei betrieben. Dem Aushang kann man die gerade sich im Ausschank befindenden Kaffeesorten (manche aus der Hausrösterei, manche von sogenannten Gaströstern), samt Herkunftsland, Charakteristik und Zubereitungsmöglichkeiten, sowie Darreichungsform entnehmen. Die gedachte Matrix ergibt x verschiedene Möglichkeiten. Pikanterweise ist jedoch nicht jede Kaffeesorte für jede Zubereitungsmöglichkeit geeignet, manches ist gar vergriffen oder wird von den Barista-Herren nicht unterstützt. Wer aus zahlreichen Weindegustationen über viele Jahre hinweg glaubt, sich ein kleines Geschmackssensorium erarbeitet zu haben, kann hier jedoch kläglich scheitern und sollte sich lieber bescheiden zurückhalten. Mein ursprünglich anvisierter Kaffee aus El Salvator, der offenbar Nuss- und Nougataromen gehabt hätte, scheint vergriffen zu sein. Eine Alternativsorte, die mit einem Geschmack nach Tomate (??) beworben wird, erscheint mir nicht passend. So ergeben sich mühsame Diskussionen mit den Herren hinter der Theke, denen ich tatsächlich nicht ganz folgen kann. Unter gewissen Mühe setze ich mich für eine Sorte aus Äthiopien durch, die ich mir im traditionellen Filterverfahren aufgebrüht wünsche. Schmeckt dann auch wunderbar und kann sogar ohne Milch genossen werden. Die Aromen nach Passionsfrüchten und Limette kann mein offenbar tauber, abgestumpfter Gaumen allerdings nicht mal in Ansätzen wahrnehmen. Neben normaler Kuhmilch wird hier übrigens, gegen Aufpreis, auch Soja- und Hafermilch angeboten. Allerdings wird um das Thema Kaffee für meinen Geschmack zu viel Klimbim inszeniert.
Einfacher wird es beim Wein. Wir wählen 0,1 Liter Riesling aus Konz – prickelnd, fruchtig und kaum säurehaltig. Dass diese Edition den Titel „es zappelt“ trägt, kann gut nachvollzogen werden. Sehr angenehme, nette Geste: zu jedem Glas ausgeschenkten Wein wird die Flasche mit auf den Tisch gestellt, so dass man noch mal das Etikett und alle Zusatzinformationen studieren kann. Einige Reiseführer als Ansichtsexemplare liegen ebenso aus wie Flyer zum Kurs- und Barista-Angebot des Hauses. Bezahlt wird, wie gesagt, direkt am Tresen. Da ich nirgendwo eine altmodische Kasse oder einen Drucker gesehen habe, hat sich mein Wunsch nach einem Beleg erübrigt. 4,20 Euro hat mein filtergebrühter Kaffee gekostet, der Wein nicht viel weniger.
Das kleine Lokal ist extrem gut besucht: sowohl von Grossfamilien samt Kindern und Hund, wie auch von Paaren, Freunden und Singles. In den Sommermonaten kann man auch draussen sitzen. Ein exquisites Eisangebot der Konstanzer Manufaktur Anelu kommt dann besonders gut an. Das Lokal ist bis hin zur winzigen Toilette ebenerdig und barrierefrei zugänglich, sehr gepflegt und tiptop sauber.
Schon erstaunlich: bereits dutzendfach durch Konstanz gelaufen, gefühlt die Hälfte der Gastronomie durchprobiert und noch nie in No. Elf gelandet? Dazu muss offenbar erst mal Silvester werden. Auf der Suche nach einem kräftigen Kaffee, der uns trotz Übermüdung bis zur mitternächterlichen Knallerei wachhalten wird, erinnert sich ein ortskundiger Freund an dieses Kleinod, das wir sofort ansteuern. Nur wenige Schritte vom trubeligen Münsterplatz entfernt, fristet die schmale Gerichtsgasse ein sehr ruhiges, verträumtes Dasein. Das holprige, grobe Kopfsteinpflaster der Gasse scheint noch... mehr lesen
No elf
No elf€-€€€Cafebar075319174637Gerichtsgasse 11, 78462 Konstanz
4.5 stars -
"Viel Bohei um die Bohne" MinitarSchon erstaunlich: bereits dutzendfach durch Konstanz gelaufen, gefühlt die Hälfte der Gastronomie durchprobiert und noch nie in No. Elf gelandet? Dazu muss offenbar erst mal Silvester werden. Auf der Suche nach einem kräftigen Kaffee, der uns trotz Übermüdung bis zur mitternächterlichen Knallerei wachhalten wird, erinnert sich ein ortskundiger Freund an dieses Kleinod, das wir sofort ansteuern. Nur wenige Schritte vom trubeligen Münsterplatz entfernt, fristet die schmale Gerichtsgasse ein sehr ruhiges, verträumtes Dasein. Das holprige, grobe Kopfsteinpflaster der Gasse scheint noch
Besucht am 16.12.20183 Personen
Rechnungsbetrag: 9 EUR
Glücklicherweise verfügt der Stadtbahnhof in Freudenstadt über genügend gastronomische Angebote, so dass man nicht – wie in meiner Heimatstadt – die Wartezeit auf den nächsten Zug oder Bus in spelunkigen, zwielichtigen Bahnhofskneipen zubringen muss. Das Areal um den Bahnhof herum ist zwar auch nicht mehr ganz taufrisch (hier sind die 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zumindest architektonisch noch sehr präsent), aber recht luftig und großzügig gestaltet. Und in der Outdoor-Saison kann man fast überall ganz ansprechend und kommod draussen sitzen.
Unsere letzte Tour fand allerdings bei knirschender Kälte statt. Bei Minustemperaturen mag man wirklich nicht im Bahnhofswarteraum oder gar am Gleis bibbern, zumal wir noch eine Dreiviertelstunde zu überbrücken hatten. Ein gehöriger Kaffeedurst kam noch dazu. Sehr beruhigend, dass sich links vom Bahnhofseingang ein weitläufiges Bauwerk mit ebensolchem Lokalnamen auftut. Der Innenraum lässt eine frühere Nutzung noch unterschwellig erahnen, kommt heutzutage jedoch megaspacig und ultracool daher. Man kann sich vorstellen, dass diese Location als derzeit angesagte Bar und Diskothek weit über den Ort hinaus gehandelt wird. Zwar meine ich mich zu erinnern, dass das Lokal bei meinem letzten Besuch noch einen anderen Namen trug, aber ich kann mich auch täuschen… Das topaktuelle Interieur spräche jedoch für eine Neugestaltung und einen Umbau. Der Innenarchitekt hat gute Leistung vollbracht, wenngleich das leicht gruftige Resultat nicht jedermanns Geschmack entspricht. Wer in dunklen Räumen zu Depressionen neigt, sollte besser eine andere Location aufsuchen.
Die Innenräume sind in verschiedenen Grau-, Anthrazit- und Schwarzschattierungen gehalten, recht elegant und ein kleines bisschen unterkühlt. Dazu dunkle Loungemöbel und helle Holztische mit jahreszeitlichen Akzenten. Im Nebenraum laden fette, dick gepolsterte Ledersofas zum Abhängen ein. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, glitzern goldene Christbaumkugeln unter bauchigen, umgedrehten Gläsern. In diesem Ambiente wirken selbst die kreisrunden Deckenleuchten wie Heiligenscheine. Wir nehmen im Hauptgastraum in bequemen, gut gepolsterten Sesseln an einem Vierertisch Platz. Sofort kommt Lucky, der blondgelockte Hauspudel mit lustigen Minipli-Locken angedackelt und ist zu Spielchen aufgelegt. Am Ende hat er uns übrigens so um den Finger gewickelt, dass wir fast unseren Zug verpassen…
Die freundliche, nette (natürlich komplett schwarz gewandete) Servicedame ist rasch zur Stelle, agiert locker und unaufgeregt, aber vollkommen zuverlässig. Wir wählen Cappuccino (3,10 Euro) und Weissweinschorle (3,00 Euro). Überraschung: die Cappuccino-Tasse hat ein solch beträchtliches Fassungsvermögen, dass unser temporärer Hänger nachhaltig behoben wird. Der Milchschaum glänzt mit einer feinen Textur und wird von Zimtzucker gekrönt. Das Weinschorle wird nicht zu kalt serviert und prickelt noch anregend.
Die umfangreiche Getränkekarte weist ein riesiges Angebot an Drinks, Spirituosen, Cocktails auf. Hinter der Theke stehen die Weinflaschen aufgereiht wie für ein Foto-Shooting. Sonderankündigungen werben für Gin-Tastings und für spezielle Steak-Abende (240 Gramm argentinisches Hüftsteak mit Beilagen für 16,90 Euro), für 80er/90er-Parties und Afterwork-Parties. In diesem Falle kann die absolut verkehrsgünstige Lage des Lokals punkten: wer käme hier schon auf die Idee, mit dem Auto anzureisen, wenn die gut getakteten Züge ein paar Schritte vor der Türe halten? Unser abschliessender Besuch auf der Toilette verweist auf frühere Jahrzehnte noch ganz anderer Nutzung. Auf dem Weg dorthin sieht man noch die Drehschranke mit Münzeinwurf, die entweder nicht abgebaut werden konnte oder aus nostalgischen Gründen Bleiberecht hat.
Als wir gehen müssen, ist Lucky ganz ausser Rand und Band und galoppiert aufgeregt durch die Innenräume. Wir haben eine angenehme Dreiviertelstunde im Warmen bei guten Getränken verbracht. Alle sind zufrieden.
Glücklicherweise verfügt der Stadtbahnhof in Freudenstadt über genügend gastronomische Angebote, so dass man nicht – wie in meiner Heimatstadt – die Wartezeit auf den nächsten Zug oder Bus in spelunkigen, zwielichtigen Bahnhofskneipen zubringen muss. Das Areal um den Bahnhof herum ist zwar auch nicht mehr ganz taufrisch (hier sind die 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zumindest architektonisch noch sehr präsent), aber recht luftig und großzügig gestaltet. Und in der Outdoor-Saison kann man fast überall ganz ansprechend und kommod... mehr lesen
Café Bauwerk am Stadtbahnhof
Café Bauwerk am Stadtbahnhof€-€€€Cafe, Loungebar01703256571Stadtbahnhof 1, 72250 Freudenstadt
3.5 stars -
"Verkehrsgünstiger geht´s nicht" MinitarGlücklicherweise verfügt der Stadtbahnhof in Freudenstadt über genügend gastronomische Angebote, so dass man nicht – wie in meiner Heimatstadt – die Wartezeit auf den nächsten Zug oder Bus in spelunkigen, zwielichtigen Bahnhofskneipen zubringen muss. Das Areal um den Bahnhof herum ist zwar auch nicht mehr ganz taufrisch (hier sind die 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zumindest architektonisch noch sehr präsent), aber recht luftig und großzügig gestaltet. Und in der Outdoor-Saison kann man fast überall ganz ansprechend und kommod
Geschrieben am 18.12.2018 2018-12-18| Aktualisiert am
18.12.2018
Besucht am 16.12.2018Besuchszeit: Mittagessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 60 EUR
Einmal im Jahr muss ein Weihnachtsmarktbesuch absolviert werden, auch wenn ich kein besonderer Fan davon bin. Gottseidank lebt der Mensch nicht von Glühwein, Bockwurst und gebrannten Mandeln allein. Und ein weiterer glücklicher Umstand hat mich in diesem Jahr zum Ausrichter der Weihnachtsmarkttour bestimmt, so dass ich mich – nicht ohne Hintergedanken – für Freudenstadt als Ziel entschieden habe.
Die malerische Schwarzwaldstadt ist von Stuttgart aus sehr bequem und nervenschonend in einer einstündigen Zugfahrt zu erreichen. Vom Stadtbahnhof liegt der Marktplatz nur ca. 500 Meter entfernt, eine moderate Distanz, die sich auch glühweinselig und kirschtortenbeschwert noch bewältigen lässt. Seit Monaten steht der Kuckuck auf meiner gastronomischen Wunschliste, nachdem mir Bekannte sehr begeistert davon vorgeschwärmt haben. Bei Öffnungszeiten zwischen 9:00 und 18:00 fällt ein abendliches Mahl schon mal flach und die puppenstubenhafte Grösse des Lokals bietet nur ein geringes Fassungsvermögen. Eine Vorreservierung ist also angebracht. Dabei können ruhig schon mal Essenswünsche, Vorlieben und Intoleranzen durchgegeben werden. Denn Flexibilität und Kreativität sind die zweiten Vornamen des Kuckucks.
Wer unter den Arkadengängen am Marktplatz vorbeispaziert, kann den Kuckuck schon mal fälschlicherweise für den originellen Showroom eines örtlichen Schreinerbetriebes oder für das Aushängeschild der regionalen Waldwirtschaft halten. Wahlweise auch für ein gehobenes Andenkengeschäft oder einen attraktiv ausstaffierten Hofladen. Doch wieso sitzen kaffeetrinkende Menschen im Schaufenster? Wohin führt der Durchgang neben der Theke? Welche Funktion hat das alte Saba-Radio? „Laden & Café“ hat sich das Kuckuck als Untertitel hinter den Lokalnamen geklemmt. Doch es ist viel mehr: ein ganz eigener, höchst origineller, vor Kuriositäten überbordender Mikrokosmos, eine besondere Interpretation von Heimat, Bodenständigkeit, Authentizität.
Das Kuckuck verfügt über ganze vier Tische. Darauf liegen die Leinentischdecken unserer Mütter- und Großmüttergeneration. Die gelb getünchte Wand ist mit einem Fries aus Hagebutten- und Blütendekor verziert. Die Vorhangstangen waren mal knorrige Äste. Regionale Skurrilitäten und seltene Schätze zieren die Nischen. Man kann nicht anders, als sich spontan wohl fühlen. Die Speisekarte gibt nur eine kleine Auswahl des Möglichen wieder: Frühstücksvarianten, Kaffeespezialitäten, kleine herzhafte Gerichte, Buchweizenpfannkuchen mit verschiedenen Belägen, Salat, selbstgemachten Kuchen. Regelmässig werden sonntägliche Frühstücksbüffets unter unterschiedlichen Motti angeboten. Unverträglichkeiten und Sonderwünsche sind hier kein Problem. Wem der Sinn nach einem besonderen Gericht steht, der sollte es nur hinreichend beschreiben können. Hier ist man extrem bemüht, allen Vorstellungen zu folgen – sofern es in der kleinen Küche mit den vorhandenen Mitteln realisierbar ist.
Wir entscheiden uns aufgrund der eisigen Aussentemperaturen für mehrere heisse Zitronen in riesigen Gläsern (3,20 Euro), danach für Kässpätzle mit und ohne Speck (9,00 Euro) und Rostbratengeschnetzeltes auf Buchweizenpfannkuchen (9,50 Euro). Eine Terrine mit Gaisburger Marsch können wir am Nebentisch bewundern. Unsere Portionen sind riiieeesig und werden mit reichlich Salat serviert, topfrisch, knackig, eben erst frisch geraspelt. Die Rostbratensauce schmeckt so delikat, dass wir uns deren Zubereitung merken und demnächst zuhause für ein Currywurst-Experiment nachbauen wollen. Das Geheimnis der sehr geschmeidigen Buchweizen-Plinsen (die wir eher etwas spröde kennen) liegt in reichlich Butter. Die Kässpätzle ziehen fette Emmentaler-Bergkäse-Fäden, ganz wie es sich gehört. Ein Mitesser bestellt einen Espresso mit einer fein aufgeschäumten Mandelmilchmütze. Sehr lecker! Einziges Manko: kein Alkoholausschank, offenbar aufgrund der hiesigen Toilettensituation (was wir noch nicht ganz begriffen haben).
Nichts wirkt im Kuckuck langweilig, beliebig, 0815-mässig. Sowohl Interieur als auch Spiesen tragen die individuelle Handschrift der Kuckucksmacher, mit denen es sich übrigens herrlich und ausgiebig plaudern lässt. Wir sind alle rundum begeistert und kommen spätestens im Sommer wieder, wenn man vorm Lokal, mit Blick auf den Marktplatz, auch draussen sitzen kann.
Einmal im Jahr muss ein Weihnachtsmarktbesuch absolviert werden, auch wenn ich kein besonderer Fan davon bin. Gottseidank lebt der Mensch nicht von Glühwein, Bockwurst und gebrannten Mandeln allein. Und ein weiterer glücklicher Umstand hat mich in diesem Jahr zum Ausrichter der Weihnachtsmarkttour bestimmt, so dass ich mich – nicht ohne Hintergedanken – für Freudenstadt als Ziel entschieden habe.
Die malerische Schwarzwaldstadt ist von Stuttgart aus sehr bequem und nervenschonend in einer einstündigen Zugfahrt zu erreichen. Vom Stadtbahnhof liegt der Marktplatz... mehr lesen
5.0 stars -
"Kreative Atmosphäre, grundehrliche Küche" MinitarEinmal im Jahr muss ein Weihnachtsmarktbesuch absolviert werden, auch wenn ich kein besonderer Fan davon bin. Gottseidank lebt der Mensch nicht von Glühwein, Bockwurst und gebrannten Mandeln allein. Und ein weiterer glücklicher Umstand hat mich in diesem Jahr zum Ausrichter der Weihnachtsmarkttour bestimmt, so dass ich mich – nicht ohne Hintergedanken – für Freudenstadt als Ziel entschieden habe.
Die malerische Schwarzwaldstadt ist von Stuttgart aus sehr bequem und nervenschonend in einer einstündigen Zugfahrt zu erreichen. Vom Stadtbahnhof liegt der Marktplatz
Besucht am 13.12.2018Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 39 EUR
Griechische Osterfeierlichkeiten sind schon recht bemerkenswert, doch auch die Vorweihnachtszeit kann beeindruckend sein. Zum Beispiel auf „Mykonos“ - vor allem, wenn es im Schwarzwaldstädtchen Nagold liegt. Dort stranden wir an einem Wochentag kurz vor 13 Uhr, um zwischen all den Besorgungen und Einkäufen des Tages eine Mittagspause einzulegen. Und lernen ganz nebenbei, dass Nagold auch nach Schließung der etwas zu hochgejubelten „Alten Post“ immer noch eine Vielzahl an guten Gastronomen zu bieten hat.
Die Taverne „Mykonos“ liegt sehr zentral (und trotzdem ruhig) in der Innenstadt, unweit der Fussgängerzone und der Einkaufsmeile. Die Haltestelle „Stadtmitte“ der Kulturbahn liegt nur 300 Meter entfernt, Autofahrer sollten eines der Parkhäuser wählen. Zur Strasse hin wirkt das helle Gebäude recht unspektakulär, doch die Innenräume des Lokals entpuppen sich als kleines, überraschendes Labyrinth auf verschiedenen Ebenen, nebst leider etwas halsbrecherischer Treppe, die in den unterirdischen (Toiletten-)Hades führt. Dort ist Trittsicherheit gefragt, denn kleine Bau- und Reparaturarbeiten fordern grad ihren Tribut. Dafür sorgen zusätzliche Heizlüfter für Wärme und Trockenheit. Und es herrscht 1a-Sauberkeit.
Aber wir wollen unseren Besuch nicht ganz von unten aufrollen. Anderthalb Etagen höher werden wir nämlich sofort nach Betreten des Lokals sehr warmherzig und wohlwollend von der Patronin empfangen, die uns ohne Umstände sofort zu einem freien Zweiertisch geleitet. Dieser Gastraum (einer von insgesamt dreien, die ich entdeckt habe) entpuppt sich als großzügiger Wintergarten, mit raumhoher Verglasung und Ausblicken auf einen wunderbar dekorierten Balkon mit einem gewagten Arrangement aus Orangenbäumchen, einem Weihnachtsbaum und dorischen Säulen. In der Sommerzeit kann man hier sicherlich sehr nett draussen sitzen. Der geflieste Gastraum ist mit dunkeltürkis lasiertem Holzmobiliar bestückt, die Tische sind mit Stofftischdecken und verhaltenem Blumenschmuck eingedeckt. Sonst glücklicherweise keine überzogene Folklore oder kunstgewerblicher, staubfängerischer Tand.
Das Lokal wird seit 20 Jahren von der Familie Tsakiridis geführt, die sich bei unserem Besuch als überaus freundlich, umgänglich und zuvorkommend erweist. Patronin und Sohn sind flott im Service, wirken aber kein bisschen gestresst oder hektisch. Kaum haben wir Platz genommen, landet die Speisekarte auf unserem Tisch, keine drei Minuten später dürfen wir auch schon die Bestellung aufgeben. Das erfordert rasche Entscheidungen, so dass ich mich leider nicht auf die Erzählungen der Chefin konzentrieren kann, die grad am Nebentisch die Familien- und Firmenhistorie darlegt. Wir wählen gebratene Kalamaria (15,50 Euro) und Paidakia (16,50 Euro).
Die frisch zubereiteten und ansprechend arrangierten Speisen werden schon nach gut einer Viertelstunde serviert. Die fünf Tintenfischtuben sind ohne viel Fett butterzart gebraten, meilenweit von der zähen, gummiartigen, kaputtfrittierten TK-Ware entfernt und ergeben zusammen mit reichlich Kartoffeln und einem Beilagensalat eine wirklich riesige Portion, die kaum zu bewältigen ist. Das dazu servierte Tsatsiki tendiert allerdings eher zu Mayonnaise und lässt Knoblauch vermissen. Schade, aber vermutlich dem allgemeinen Kundenwunsch geschuldet. Da sich auch die Röstkartoffeln eher im geschmacklichen Mittelfeld bewegen, kann man diese Sättigungsbeilage getrost vergessen und sich auf Tintenfisch uns Salat konzentrieren. Die Lammkoteletts sind kurz und scharf angebraten und überzeugen durch würziges Aroma. Dazu ein Klacks Tomatenreis und dünne, krosse Fritten. Leider dürfen wir uns als Autofahrer von der Weinkarte nicht beeindrucken lassen und wählen ein alkoholfreies Alpirsbacher (2,60 Euro), sowie eine Cola (2,50 Euro). Auch die überdimensionierte Metaxa-Magnumflasche auf der Anrichte fungiert eher als Hingucker (dank ihres kleinen Zapfhahns am Flaschenbauch).
Nach einem starken griechischen Mokka (2,00 Euro) und unproblematischer Visakartenbezahlung entschwinden wir mit vielen guten Abschiedswünschen nach etwas mehr als einer Stunde aus der muckeligen Mykonos-Wärme. Den Mittagspausen-Check hat dieses Lokal somit absolut bestanden!
Griechische Osterfeierlichkeiten sind schon recht bemerkenswert, doch auch die Vorweihnachtszeit kann beeindruckend sein. Zum Beispiel auf „Mykonos“ - vor allem, wenn es im Schwarzwaldstädtchen Nagold liegt. Dort stranden wir an einem Wochentag kurz vor 13 Uhr, um zwischen all den Besorgungen und Einkäufen des Tages eine Mittagspause einzulegen. Und lernen ganz nebenbei, dass Nagold auch nach Schließung der etwas zu hochgejubelten „Alten Post“ immer noch eine Vielzahl an guten Gastronomen zu bieten hat.
Die Taverne „Mykonos“ liegt sehr zentral... mehr lesen
Taverne Mykonos
Taverne Mykonos€-€€€Restaurant07452 1520Neue Str. 4, 72202 Nagold
4.0 stars -
"Zwischen Orangen- und Weihnachtsbäumen" MinitarGriechische Osterfeierlichkeiten sind schon recht bemerkenswert, doch auch die Vorweihnachtszeit kann beeindruckend sein. Zum Beispiel auf „Mykonos“ - vor allem, wenn es im Schwarzwaldstädtchen Nagold liegt. Dort stranden wir an einem Wochentag kurz vor 13 Uhr, um zwischen all den Besorgungen und Einkäufen des Tages eine Mittagspause einzulegen. Und lernen ganz nebenbei, dass Nagold auch nach Schließung der etwas zu hochgejubelten „Alten Post“ immer noch eine Vielzahl an guten Gastronomen zu bieten hat.
Die Taverne „Mykonos“ liegt sehr zentral
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Seit Rottweil mit dem Thyssenkrupp Testturm glänzen kann, kann sich die älteste Stadt Baden-Württembergs vor Touristenströmen nicht mehr retten. Bedauerlicherweise gibt es noch keinen rechten Masterplan, wie die im Industriegebiet liegende Attraktion mit der Innenstadt und deren gastronomischen und kulturellen Angeboten verquickt werden könnte. Und der Testturm selbst bietet lediglich einen schnöden Getränkeautomaten. So machen sich die meisten Besucher etwas desorientiert auf den Weg in die Altstadt und auf die Suche nach kulinarischer Stärkung. Auch wir schwirren an einem Februarfreitag kurz vor 14 Uhr etwas mutlos durch die Gassen, bis wir schon jenseits des Schwarzen Tors ein offenbar noch offenes Lokal erahnen. Zugegebenermaßen vermute ich hinter dem schon etwas angegrauten historischen Gebäude eher eine einfache Beiz als eine kulinarische Verlockung. Tatsächlich ist das Ambiente eher schlicht und etwas uninspiriert. So sahen die Dorfschenken meiner Jugend aus. Und später erfahren wir: hier war Herzog Carl Eugen schon 1789 zu Gast. Oh weh.
Doch schon beim Eintreten kann man die beeindruckenden Speiseplatten und Terrinen erspähen, die hier serviert werden. Die Speisekarte versetzt uns sofort in Entspanntheit: Flädle- und Klößlesuppe, Maultaschen, diverse Schnitzelvariationen, Wurstsalat mit Bratkartoffeln – hier muss man nicht vor Hunger darben. Eine jugendliche Servicekraft (vielleicht der Sohn der Wirtin?) schmeisst locker ganz allein das Lokal (das immerhin 60 Plätze aufweist), kommt nicht ins Schwitzen und lässt sich nicht beirren. Nach 20 Minuten steht das Essen auf dem Tisch. Und wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Die Flädlesuppe (3,80 Euro) würde allein schon komplett satt machen: in einer überaus kräftigen, dunklen Fleischbrühe schwimmen gefühlt mehrere zu Streifen geschnittene, herzhafte Pfannkuchen, wie sie meine Mutter nicht besser ausgebacken hätte. Doch danach kommen noch: deftige Wildschwein-Bratwürste mit Kartoffelsalat (8,50 Euro), Kässpätzle mit grossem Beilagensalat (9,50 Euro) und Maultaschen mit Kartoffelsalat (7,50 Euro). Die Portionen sind beeindruckend riesig und fast etwas überwürzt. Mit reichlich blond angeschmälzten Zwiebeln (vermutlich Gemüsezwiebeln) und Petersiliendekoration wird absolut nicht gegeizt. Der Kartoffelsalat ist herrlich schlonzig und geschmacklich vermutlich mit Senf unterlegt. Die in der Pfanne leicht angebräunten Maultaschen haben eine perfekte Brät-Spinat-Füllung, hätten durch etwas Bratensauce jedoch noch an Geschmack gewonnen. Grandios hingegen die in einer ovalen Auflaufform servierten Käsespätzle mit gehörig viel Lindenberger Käse und sehr eierlastigen, goldgelben hausgemachten Spätzle. Der dazu servierte Beilagensalat würde allein schon satt machen: obenauf sind zwar erst mal nur grüne Blattsalate, fein gehobelte Gurkenscheiben und vollkommen überflüssige Maiskörner zu sehen, doch darunter verbergen sich prima Kartoffelsalat, herzhafter Krautsalat, feine Karotten- und Rettischstreifen. Leider ist das Dressing nach unserem Geschmack etwas zu sauer geraten.
Die Portionen sind so riesig, dass wir uns einen Teil davon einpacken lassen müssen. Kein Problem, wird sofort abgenickt – und wird hier vermutlich dauernd praktiziert. Zwischendrin kommt die überaus freundliche Rössle-Wirtin Frieda Zsuzsandor selbst an unseren Tisch, gibt gerne und offenherzig Auskunft zu Zutaten und Zubereitung, freut sich sichtlich über unseren Appetit und unser Lob. Wir kommen gerne wieder: das Rössle hat von Donnerstag bis Montag durchgehend von 10:30 - 23:30 Uhr geöffnet, also auch dann, wenn man andernorts schon vor verschlossener Tür steht. Am Nebentisch entdecken wir übrigens eine Familie, mit der wir uns auf der Aussichtsplattform des Testturms kurz unterhalten haben.