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Für den Transit von Oberbayern in die Südpfalz galt es natürlich das Thema Verpflegung zu durchdenken, denn eigentlich sah unsere jährliche Urlaubsdoktrin für den Abreisetag etwas anderes vor, als sich in einem Restaurant zu vergnügen.
Nein, es war uns immer eine Freude, uns in der Garmischer Traditionsmetzgerei Fink mit Proviant aus der heißen Theke einzudecken, sowie mit Schmankerln für eine zünftige abendliche Brotzeit zurück in Solingen, gepaart mit einem guten Brot aus der „Hofpfisterei“, einer bemerkenswerten, kleinen regionalen Bio-Bäckereikette.
Da uns unsere Route allerdings mitten durch Schwaben führen würde, schwebte mir alsbald der Plan vor, die Gelegenheit zu nutzen, Käsespätzle, Maultaschen und Co. im Mutterland zu verkosten, etwas, dass ich seit Kindertagen nicht mehr getan hatte, als es uns im Urlaub dorthin verschlug.
Nun plane ich unsere Urlaube nie vorab im Detail: es gibt einige feste Rituale, doch meist lassen wir uns spontan treiben und ich liebe es, sich den Gelüsten und Stimmungen des Momentes hinzugeben, anstatt generalstabsmäßig jeden Restaurant-Besuch und sonstige Unternehmungen Wochen im Voraus durchzutakten und Reservierungen vorzunehmen, sofern es sich nicht um mit Vorfreude beäugte Highlights handeln sollte.
Und so verbrachte ich nicht geraume Zeit damit zu recherchieren, ob sich entlang unserer Route vielleicht etwas besonders lohnenswertes befinden würde sondern entschloss, wenn sich der spätmittägliche Hunger melden würde, spontan von der Autobahn abzufahren wenn mir ein Ortsname besonders sympathisch sein würde.
Nachdem wir uns eine dreiviertel Stunde durch einen extrem nervigen, baustellenbedingten längeren Stau gequält hatten, war die Zeit mehr als reif für etwas Erholung und körperliche wie geistige Stärkung, als wir uns der Ausfahrt „Oberelchingen / Unterelchingen“ näherten.
Das klang doch ausreichend anheimelnd hinterwäldlerisch wie ich fand, Madame fügte sich ihrem Schicksal, ich setzte den Blinker und war dann doch etwas überrascht, wie ländlich es hier zugeht.
Man muss sich das vorstellen, man fährt von einer gutfrequentierten Bundesautobahn ab und hat dann die Option, rechts auf einen Feldweg (!) zu fahren, oder linker Hand ca. 100 Meter bis zu einer recht einsamen Landstraße, die rechts und links von riesigen vertrockneten Maisfeldern gesäumt wurde – die Szene hatte etwas von Stephen Kings „Die Kinder des Zorns“.
Ich fragte Tante TripAdvisor um Rat und siehe da, die erhoffte schwäbische Landhausküche zeigte sich gleich mit mehreren Optionen, von denen sich die „Klosterbräustuben“ oberflächlich betrachtet am sympathischsten las, einerseits was die Meinung der Gäste als auch was die Website des Lokals anging.
Wenige Minuten später standen wir auf dem Parkplatz hinter der ehemaligen Brauerei des Klosters Oberelchingen, ruhig war es hier, ein leichter warmer Wind ging und aus dem Biergarten des Restaurants wehte die typische Geräuschkulisse aus Gesprächen und klapperndem Geschirr herüber, das gesamte Ensemble machte einen gepflegten und einladenden Eindruck.
Die Tische waren in etwa zu 60% belegt und wir konnten mühelos einen Platz unter den großzügigen Sonnenschirmen nahe der Klostermauer ergattern, das sah schon jetzt nach einer gelungenen Rast aus.
Der junge Mann im Service musste diesen alleine stemmen, er wirkte zunächst herrlich skurril deplatziert, eigentlich würde man in so einem Haus ja eher eine gesetzt-spießige optische Repräsentation im Service erwarten.
Aber der sympathische Mittzwanziger mit längerer Haarpracht, schwarzer Kleidung und Band-T-Shirt hätte so auch in Wacken problemlos ins Bild gepasst, betont ruhig und konzentriert zog er seine Bahnen, die alte Gastro-Weisheit „speed is not magic“ schien ihn so schnell nicht aus seiner Ruhe bringen zu können.
So dauerte es auch eine ganze Weile, bis wir von ihm freundlich und leicht phlegmatisch begrüßt wurden, wir unsere Getränkewünsche äußern konnten und jene schließlich den Tisch erreichten, es gab für mich ein alkoholfreies Weizen zu günstigen 3,70 €, meine ständige Begleitung erfrischte sich mit einer großen Johannisbeerschorle, für die man 4,60 € aufrief.
Das gab uns ausreichend Zeit zum Studieren der zweiseitigen, laminierten Karte, die wohl jeden Freund schwäbisch geprägter Brauhausküche ins Schwärmen bringen dürfte: Maultaschen, deftige Fleischgerichte, Spätzle, Vespergerichte und Co. zu zivilen Preisen - wir bestellten beim Servieren der Getränke.
Wenig später wurde in kontemplativer Konzentration meine Vorsuppe serviert, die optisch und in Sachen Duft einen guten Eindruck machte:
| Vorsuppe |
Flädlesuppe – 4,80 €
In der Portion gab man sich hier etwas knauserig im Vergleich mit der durchschnittlichen oberbayerischen Suppenterrine, aber als Vorsuppe war das schon ok, als solitäres kleines Mittagsgericht würde sie jedoch nur einem Kind genügen.
Flädlesuppe
Ich empfand den Eindruck als durchaus appetitlich, zu den Flädle gesellten sich noch einige Backerbsen, etwas Schnittlauch sorgte für das obligatorische bisschen Grün, gutbürgerliches Suppenhandwerk ohne große Auffälligkeiten.
Die wohltemperierte Fleischbrühe sollte entsprechend gut schmecken, auch wenn ihr die Urgewalt dessen, was mich im Idealfall in Oberbayern bei meiner geliebten Pfannkuchensuppn erwartet, etwas abging.
Aber hier von einer dünnen Angelegenheit zu sprechen wäre auch nicht fair, sie war eben etwas leichter als meine „Referenzklassen“ im tiefen alpinen Süden und die Backerbsen gefielen mir auch gut, zufrieden schlürfte ich die letzte Pfütze aus der kleinen Terrine und freute mich auf die Hauptgänge, mit denen wir tief ins schwäbische Kulinarik-Klischee abtauchen würden.
| Hauptgerichte |
Allgäuer Rahmschnitzel (kleine Portion) – 16,90 €
Geschmälzte Maultaschen – 10,80 €
Mein Rahmschnitzel war jetzt wie erwartet keine Sternstunde der feingeistigen Anrichtung und die Röstzwiebeln machten teilweise einen etwas zu gut gebräunten Eindruck, der sich jedoch geschmacklich gottlob in keiner Weise übersetzen sollte.
Allgäuer Rahmschnitzel
Herrlich kräftig dufteten die Käsespätzle und ja, es waren Spätzle und keine Knöpfle, eine kleine Garnitur aus Petersilie und Kirschtomate sorgte für etwas Farbe am Rande.
Eine erste Gabel zog appetitliche Fäden und auch der Gaumen freute sich über den intensiven, aber nicht völlig übertriebenen Käsegeschmack, ich tippe auf eine Mischung aus Emmentaler und Romadur. Ich finde es immer schade, wenn sie zu mild und flach daher kommen, aber das ist sicher wie mit Schärfe im Essen, eigentlich kann man es nie allen recht machen.
Das Schnitzel wurde natur gebraten und nicht geklopft, es besaß einen guten Eigengeschmack und war überraschend saftig, die Soße gefiel auch und überzeugte auf handwerklich solidem gutbürgerlichen Niveau, ohne dass man vor lauter Kulinarik-Ekstase der Ohnmacht nahe gewesen wäre.
Dazu gab es einen sehr gelungenen Beilagensalat aus schwäbischem Kartoffelsalat – mit Brühe, liebe ich, die norddeutsche Mayovariante hingegen gar nicht – sowie weißem und rotem Krautsalat nebst bemerkenswert frischem Kopfsalat.
Beilagensalat
Köstlich, so viel Genuss kann in kleinem Beilagensalat stecken wenn die Zutaten stimmen und die Küche das Spiel von Süße und Säure versteht, das war alles sehr fein abgeschmeckt.
Das Gericht war für lediglich zwei Euro mehr auch als große Portion erhältlich, aber auch in der kleinen Variante war es als Pausen-Verpflegung für mich als Fahrer schon eigentlich viel zu unvernünftig aber ich konnte nicht widerstehen und habe es nicht bereut: einfach gutes und ehrliches Essen.
Gar im siebten Himmel befand man sich indes auf der anderen Seite des Tisches, Madame liebt Maultaschen über alles.
Geschmälzte Maultaschen
Geschmälzt und in Brühe serviert, begleitet von Kartoffelsalat und goldbraunen hausgemachten Röstzwiebeln, ein Teller mit dem auch der örtliche Tourismusverband optisch zufrieden sein dürfte.
Ich habe nicht probiert, aber die Menge der „Mhmms“ und „Superleckers!“ sprach eine deutliche Sprache, die klassische Variante mit feiner Kalbfleisch-Füllung hat ihr ausgezeichnet geschmeckt.
„Na, da hat sich die Spontanität doch gelohnt!“ waren wir uns einig. An einen Nachtisch war nicht mehr zu denken und ich bat den tiefenentspannten jungen Metal-Freund um die Rechnung, suchte aber noch kurz die Toiletten auf und schaute mir die sonstigen Räumlichkeiten an.
Der Gastraum zur Linken mit seinem historischen Kachelofen machte einen urgemütlichen, properen und blitzsauberen Eindruck, was man im Übrigen auch von den Toiletten sagen kann, wo ich mir kurz die Hände wusch.
Zur Bezahlung mit dem Handy oder der Karte muss der Gast zur Theke, bei der Gelegenheit traf ich auf die freundliche Wirtin, der ich kurz den Zufallsbesuch erklärte und unsere Zufriedenheit ausdrückte, was sie sichtlich freute: „Eine gute Fahrt und hoffentlich bis zum nächsten Mal!“ gab sie uns auf den Weg.
Nach dem Essen wollten wir uns noch ein wenig die Beine vertreten und erkundigten ein wenig das Kloster mit seinem gepflegten Garten und entdeckten unverhofft neben dem Friedhof einen Platz mit einer fantastischen Aussicht, wo wir noch etwas verweilten und jene gepaart mit der Ruhe dieses Ortes genossen.
unverhoffe Fernsicht
Frisch gestärkt ging es dann auf die letzte Etappe in Richtung Kapellen-Drusweiler, wo uns am Abend dann der Besuch in der Weinstube Brand erwartete, den ich hier bereits verewigt habe.
Fazit
Ehrliche regionale Brauhausküche ohne Schnickschnack, die auch bei lokalen (Stamm-)Gästen gut ankommt, wenn ich mir die Reaktionen an den Nebentischen anschaute. Ich würde hier jederzeit wieder einkehren und sehe die Küche bei guten, mehr als soliden vier Sternen.
Der junge Mann im Service war zwar grundsätzlich nett, allerdings waren die Wartezeiten teilweise doch etwas unglücklich. Gäste mussten teilweise eine Viertelstunde auf die Rechnung warten und wäre es plötzlich richtig voll geworden, wäre er sang- und klanglos untergegangen. Leicht salomonische drei Sterne für den Service, der ja grundsätzlich, wenn auch im Schneckentempo, ohne Pannen funktioniert hat.
Das Ambiente, auch mit dem Umfeld des Klosters, gefiel uns sehr gut, fasst perfekte 4,5 Sterne für eine gelungene Rast in erholsamer Umgebung.
Das PLV sehe ich, auch mit Blick auf den hohen Grad hausgemachter Komponenten und gute regionale Produkte bei 4,5 Sternen, man erhält eine gute Gegenleistung für seine Inflations-geschädigten Euros.
Schön war es hier, sollte es im nächsten Jahr – und das hoffe ich sehr – wieder zum Doppelpack Garmisch-Pfalz kommen, kann ich mir gut vorstellen, abermals hier Rast zu machen und komme auch in der Gesamtnote auf sehr solide vier Sterne.