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Das Lokal vom freundlichen „Onkel Memed“ fiel mir bereits mehrfach beim Vorbeifahren ins Auge, aber erst ein Hungerast nach dem Training in besagtem Club ließ mich die Räumlichkeiten des ehemaligen Gefängnisses, das früher die Cocktailbar „La Prison“ beherbergte, betreten.
Auch ein "Geöffnet" kann schon glücklich machen
Ach ja, zu Studentenzeiten war ich hier öfter mal zugegen. An die vergitterten Fenster, die große Cocktailauswahl zu günstigen Preisen und die Qualmwolken von einst – mit dem Nichtraucherschutz wurde es hier keineswegs übertrieben – kann ich mich noch gut erinnern. Die teilweise erhaltenen Gitterstäbe verliehen der damals recht angesagten Cocktailbar ihre ganz besondere Atmosphäre.
Um es mit den Worten eines berühmten Stadionalkoholikers früherer Tag auf den Punkt zu bringen: „Caught up in cocktail-prison, could not escape!“. Warum auch? War es doch schaurig-schön dort und die Drinks nicht nur korrekt, sondern auch erschwinglich.
Da war die Renovierung des Anwesens gar nicht so einfach, wie mir der heutige Inhaber Mehmet Kömür bei einem kleinen Plausch verriet. Allein der Aus- bzw. Rückbau einiger Gitterfenster war eine Heidenarbeit. Jeder, der schon einmal aus einer JVA ausgebrochen ist, wird ihm da sicherlich beipflichten.
Dem früheren Refugium für Cocktail-Knackis ist ein mit Rundbogenfensterns ausgestatteter Anbau vorgelagert, dessen Funktion sich mir bis heute nicht erschließen will.
Durch den Anbau im Parterre muss man durch...
Diesen hat man jedoch schnell passiert, um über ein paar Treppenstufen nach oben zum Ort des Geschehens zu gelangen.
Wer dem Grilldunst folgt, gelangt in den spartanisch eingerichteten, L-förmigen Gastraum, dessen schmuckloses Interieur wohl an die frühere Knastkantine erinnern soll.
Gastraumimpression
Aber das schwarzlackierte Bistromobiliar mit seinen von Kunstleder überzogenen Polsterstühlen wertet das Ambiente um eine Gitterstabdicke auf.
Etwas lebendiger dürfte die Einrichtung schon sein...
Bestellt und bezahlt wird an einer etwas improvisiert wirkenden Theke, die einen Durchgang zu der im hinteren Abteil beheimateten Küche freigibt. Da ging es trotz der geringen Auslastung des Lokals an jenem späten Donnerstagabend Mitte Januar noch recht munter zu.
Später erfuhr ich von Herrn Kömür, dass sich der Laden hauptsächlich über den gut gehenden Lieferservice trägt und auch die Abholkundschaft immer mehr geworden ist. Corona scheint besonders bei dieser Art der Gastronomie (Pizza, Döner & Co.) eine bleibende Liefer- und ToGo-Mentalität bei ihren Abnehmern unterstützt zu haben.
Ich schnappte mir einen der herumliegenden Flyer mit dem gelisteten Speisenbestand, den mir der Chef des Hauses kurzerhand gegen eine veritable Speisenkarte eintauschte. Seinem freundlichen Hinweis, ich möge doch bitte an einem der vielen freien Tische Platz nehmen, kam ich beflissentlich nach. Das erinnerte dann doch eher an ein Restaurant als an einen Schnellimbiss, was mir an diesem Abend auch sehr recht war.
Bei meinem Erstbesuch, den ich als Einzelesser absolvierte, war der Bierdurst nach dem Sport entsprechend groß. Aufgrund der fehlenden Schanklizenz für alkoholische Getränke wurde es dann schließlich ein gut gekühltes alkoholfreies Bellheimer Pils (0,33l-Flasche für 3 Euro), dessen isotonische Eigenschaften auch meiner ausgeprägten Unterhopfung entgegenwirkten. Herr Kömür brachte mir dazu ganz stilecht eine schmale Bellheimer Flöte, um mein Kaltgetränk aus dem Glas genießen zu können.
Ein alkoholfreies Bellheimer für den Durst
Bereits das reiche Angebot an Vorspeisen machte mir klar, dass ich es hier nicht mit einem gewöhnlichen Pizza-Pide-Dönerladen zu tun hatte. Hier wurde nicht (nur) auf „Dürüm komm raus“ vom Drehspieß gesäbelt, denn allein sechs verschiedene Arten von Pizzabrötchen, zehn Salatvarianten und ein gutes halbes Dutzend verlockend klingender Grillgerichte aus der Heimat des Patrons standen neben dem knapp 30 Pizzen umfassenden Teigfladenprogramm zur Auswahl.
Bei über Holzkohle gegrilltem Adana Kebap werde ich auch außerhalb von Berlin-Kreuzberg gerne schwach. Für 16 Euro bekam ich diesen von Herrn Kömür mit einem kleinen Beilagensalat, einer stattlichen Portion Pommes frites – auch Bulgur oder Reis wären als begleitende Maßnahmen möglich gewesen – sowie einer milden Knoblauchsauce und einer säuerlich-scharfen, vornehmlich nach Sumach und Minze schmeckenden Würzpaste namens „Ezme“ auf einem großen Tablett serviert.
Einmal Adana Kebap mit allem!
Der wohl aus der Tüte stammende, gemischte Salat war mit grundsolidem Joghurtdressing angemacht.
Der Beilagensalat
Auf die kleinen Gurkenstücke darin hätte ich locker verzichten können. Da war ich dann halt ein wenig am Sortieren. Von den Tomaten erwartete ich im Januar kein Aromenfeuerwerk und wurde in meiner Annahme bestätigt. Die frisch geraspelte Karottenrohkost wertete das in Joghurttunke badende Blattgrün etwas auf. Seinen nicht vom Tablett zu weisenden Kantinenstatus konnte er dennoch nicht vollends ablegen.
Aber das war mir auch herzlich egal, denn die außen krosse und innen wunderbar saftig ausfallende, aus angemessen gewürztem Lammhack bestehende türkische Grillspezialität war der Star des Ensembles.
Ein wahrer Spießgeselle aus saftigem Lammhack
Klar hätte das unter dem Fleisch befindliche, kurz aufgebackene Fladenbrot nicht ganz so trocken ausfallen müssen. Dafür gingen die knusprig frittierten und zudem leicht gewürzten Pommes handelsüblicher Sortierung absolut in Ordnung.
Knusprige Pommes mit Würze!
Abwechselnd in die Knoblauchsauce und in die Scharfpaste getunkt, war das eine gute Ergänzung zu meinen frisch gegrillten Hackspießen.
Nochmal die komplette Adana Kebap Portion
Ich war so angetan von „Onkel Memeds“ Adana Kebap, dass ich rund zwei Monate später mit ein paar Kletterkollegen – wir hatten gerade zusammen am Trifels die Freiluftsaison erfolgreich eröffnet – wieder hier vorbeischaute. Die Felskameraden, allesamt keine Fleischverächter, kannten diese türkische Grill-Lokalität noch nicht. Aber das ließ sich umgehend ändern.
Vorneweg orderten wir die mit Käse und scharfer Rindersalami gefüllten Pizzabrötchen „Chili“ (7,50 Euro). Sechs deftige „Versucherle“ für den ersten Hunger, die wir in Cocktailsauce dippten und so den ersten Hunger bis zum Eintreffen der Fleischspeisen überbrückten.
Pizzabrötchen "Chili" (6 Stück)
Die Kombi aus fluffigem Hefeteig, geschmolzenem Käse und deftiger Wurst ging auf. Von diesen saftigen kleinen „Dingern“ hätte ich noch ein paar mehr verdrücken können.
Tat ich aber nicht, denn ich wusste ja, was mich noch erwarten würde. Während sich das ignorante Jungvolk an „Dönereien aus der Box“ (7,50 Euro) delektierte und das vom Drehspieß geschnittene Kalbfleisch zusammen mit reichlich Frittengrundlage aus einer Pappschachtel – die heutige Jugend, was soll nur aus ihr werden! – futterte, ließ ich mir die Izgara Köfte mit Pommes frites, dünnem Yufkabrot und einem Beilagensalat (16 Euro) schmecken.
Vom Prinzip her das gleiche Gericht wie ein paar Monate zuvor, nur dass diesmal der Adana Spieß von vier (!) saftig gegrillten, mit etwas Glattpetersilie bestreuten Frikadellen aus Lammhack ersetzt wurde. Von der Textur her waren sie noch etwas mürber als ihr fleischverwandter Spießgeselle aus Adana.
Hier regierte König Köfte!
Genau wie bei diesen war die Hackmasse lediglich mit Pfeffer und Salz gewürzt worden – und das mit dem richtigen Maß.
Die Prachtbuletten im Detail
Eine kurz angegrillte grüne Peperoni und zwei Dipsaucen (wieder Knobi und Ezme) komplettierten meine üppig portionierte Bulettenplatte, an der es wenig auszusetzen gab.
Saftig gegrillte Buletten können dir den Tag retten...
Ok, die Gurke im Salat vielleicht, aber die verweigere ich ja generell.
Mein Kollege hatte unterdessen keinen wirklichen Grund „to surrender“, denn sein Motto des Abends hieß schlicht und ergreifend: „Return to Iskender!“. Bei dem nach seinem Erfinder Iskender Efendi benannten Tellergericht wurde das dünn abgesäbelte Kalbfleisch vom Drehspieß ordentlich unter Knoblauch- und Tomatensauce gesetzt.
A good plate to iskender!
Auch ein paar in Butter geschwenkte Brotwürfel tummelten sich in der mit frischen Tomatenscheiben und Paprikastücken garnierten Fleischlandschaft. Die 13,50 Euro hätte er sicher deutlich schlechter anlegen können.
Wer auf türkische Grillküche steht und auch mal gerne abseits von Yufka, Pide und Lahmacun wandelt, ist in Onkel Memed’s Pizza Grill gut aufgehoben. König Köfte und seine Spießgesellen aus Adana überzeugen mit ihrer saftigen Textur und ihrem betörenden Duft nach Holzkohle, über der sie gegrillt werden. Auch die gefüllten Pizzaknoten würde ich wieder bestellen.
Beim Fladenbrot sehe ich noch deutliches Entwicklungspotenzial nach oben, was den positiven Gesamteindruck bei den Speisen aber nicht wirklich schmälerte. Klar, gibt es in Landau viele Restaurants mit wesentlich schönerem Ambiente, aber für ein sättigendes Grillfleischerlebnis – gerne auch nach sportlicher Betätigung – kann selbst die karge Einrichtung eines ehemaligen Gefängnisses dienen.