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Da ich viele Lindauer Lokale bereits kenne, ist nun ein Besuch im „Ottimo“ angesagt. Fast über die ganze Längsseite des Gebäudes zieht sich eine einladende Terrasse hin, von der aus man besagten wundervollen See- und Hafenblick geniessen kann. Kurz nach 18 Uhr an einem südländisch warmen Maiabend sind die Reihen schon gut besetzt, doch nach kurzer, freundlicher Begrüssung durch einen Kellner gewährt man mir noch freie Platzwahl. Ich nehme einen Vierertisch in vorderer Reihe, ziemlich weit weg vom Lokaleingang – was sich später noch böse rächen wird. Eine Speisekarte wird mir schnell gebracht, doch dann erscheint erst mal lange niemand mehr. Der Durst ist gross, so dass ich - nach bangem Ausharren - durch Winken und Rufen einen Kellner herzubitten versuche. Indes ist die ganze Crew ziemlich beschäftigt, wirbelt durch die Gegend und duckt sich geflissentlich weg. Als endlich wieder ein Ober bei mir erscheint, bin ich schon fast geneigt, etwas dehydriert und resigniert die Location zu verlassen. Dann wird doch noch generös meine Bestellung aufgenommen. Da die digitalen Endgeräte heute offenbar versagen, muss wieder schriftlich auf einen Block gekritzelt werden. Der geht aber möglicherweise zwischendrin verloren. Irgendwann wird zwar mein Essen serviert, das Getränk bleibt jedoch aus. Mein Rufen wird lauter, meine Stimme etwas ungehaltener. Letztendlich dauert es gut eine Dreiviertelstunde, bis alles komplett auf dem Tisch steht. In der Zeit dazwischen hat das Paar am Nachbartisch stoisch gut drei Mal die falsch gelieferten Getränke reklamiert. Als auch das Essen nicht so recht passt, meint der Ehemann zum Kellner: „Sagen Sie Ihrem Chef, er soll die ganze Bande am besten wieder nach Italien schicken.“
Nun aber zu meinem Essen. Eigentlich erhält man am See vorzügliche Zander, Egli und Felchen. Im Ottimo ist allerdings eher Pizza und Pasta angesagt, wonach mir allerdings gerade der Sinn gar nicht steht. So ist der Insalata Nizzarda (15,90 Euro) auch eher eine Verlegenheitslösung. Und sieht auch so aus. Lässt sich mit viel Pfeffer und Salz geschmacklich etwas aufpeppen. Ob es nötig gewesen wäre, dafür ein Fischbesteck zu reichen? Ich bin etwas ratlos. Zum Trost ist das später ausgelieferte Weissweinschorle (4,90 Euro) von unbekannter Provenienz immerhin sehr frisch und grosszügig eingegossen.
Trotz eigener Verzagtheit tut mir der unter einer heftigen Pollenallergie leidende Kellner besonders leid. Lautstark niesend und schniefend quält er sich an den Tischen vorbei und gehört eigentlich aus dem Publikumsverkehr gezogen. Fast bin ich versucht, ihm ein Antihistamin anzubieten – unterlasse es jedoch aus Angst, danach vor lauter Sedierung gar nichts mehr ausgeliefert zu bekommen. Am Ende entschuldigt sich der armen Mann mit mehreren virtuellen Kniefällen umständlich für die lange Wartezeit und alle Unannehmlichkeiten. Aber auch bei seinen Kollegen scheint nichts wirklich rund zu laufen.
Beim abschliessenden Gang auf die Toiletten entdecke ich die herausgeputzten schicken Innenräume und staune nicht schlecht. Das Ottimo hat sicherlich noch viel vor. Aber was derzeit hier inszeniert wird, ist eher suboptimal. Ich verlasse das Lokal mit einem schalen Nachgeschmack und einem leeren Gefühl im Magen. Gottseidank hat im alten Inselbahnhof noch ein Kiosk geöffnet, bei dem ich eine Packung Nüsse kaufen kann. Und das Antihistamin brauch ich später selber.