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Diesmal waren wir schlauer und setzten nicht auf overhypte Umami-Schenken, sondern versuchten die kulinarischen Banalitäten des ersten Abends mit einem Tipp vom schwedischen Foodblogger Per Meurling wieder wettzumachen. Gleich vorweg: dies gelang außerordentlich gut, weshalb wir Pers Ausgehempfehlungen auch an den folgenden Tagen beherzigten.
Wir hatten so richtig Lust auf Deftiges vom Grill. Dass da nur ein türkisches Grillrestaurant in Frage kam, verstand sich von selbst. Schließlich wohnten wir ja in Kreuzberg, wo die Nächte fast so lang sind wie die sagenumwobenen Adana-Spieße.
Mein schwedisches Ocakbasi-Orakel spuckte einige reizvolle Köfte- und Kebapklitschen aus, die allesamt einen Besuch wert gewesen wären. Darunter auch das Doyum Restaurant, das seit gut 15 Jahren in der Nähe des „Kottis“ (=Kottbusser Tores) die Holzkohlen glühen lässt. In Pers Foodblog wird die türkische Spießbude noch als „Doyum Grillhaus“ bezeichnet. Vielleicht nannte man dieses Reich, wo König Kebap das Sagen hat, ja auch früher so.
Nun gut, schließlich saßen wir in der U1 und fuhren die paar Stationen in Richtung Warschauer Straße, um der in die Jahre gekommenen Beton-Tristesse des „Kotti“ unsere Aufwartung zu machen. Hier befand sich unweit der U-Bahn-Station das Doyum Restaurant, das von außen – ganz seiner Umgebung entsprechend – wenig Attraktivität versprühte. Hätten wir vorher nicht die Grillgenussgarantie von Foodpapst Per dem Ersten erhalten, wären wir hier definitiv dran vorbeigelaufen. Aber wie sagt der Engländer: „Don’t judge a book by its cover“
Die Wahl des Freisitzes betreffend, sprach uns der benachbarte Biergarten des gut besuchten „Südblocks“ deutlich mehr an. Aber die Aussicht auf einen der besten Adana-Kebaps der Stadt ließ uns dann doch im Doyum landen. Trotz des kühlen Windes, der die Tageshitze schnell vergessen machte, nahmen wir draußen auf der teilweise überdachten Terrasse Platz.
Dort saßen wir nach freundlicher Begrüßung auf leidlich bequemem Gartengestühl der sperrigen Art und bekamen flugs die mit vielen Farbfotos aufgemachten Speisenkarten gereicht. Drinnen wurden eifrig Spieße gesteckt und auf einem riesigen Holzkohlegrill zubereitet.
König Kebap (links hinten) und ein Spießgeselle am Holzkohlegrill
Der mit ordentlich Kalbfleisch behangene Döner-Spieß drehte gemächlich neben der Verkaufstheke – bekennende Straßenfutterer wählen hier gerne die Take-Away-Option – seine Runden.
Im hinteren Teil des mit orientalischen Wandfließen gekachelten Gastraumes ging es wesentlich ruhiger zu.
Blick in den Gastraum
Die schweißtreibenden Nachwirkungen dieses heißen Tages waren im Inneren noch zu spüren, weshalb sich die meisten Gäste lieber draußen niederließen.
Auch im Doyum hat man die Option auf eine illustre Auswahl an kalten und warmen Vorspeisen, hier „Soguk Mezeler“ bzw. „Sicak Mezeler“ genannt. Uns war an diesem Abend aber nicht nach Cacik, Haydari, Ezme und Humus zumute. Außerdem nahmen wir die „anständigen“ Portionen beim Blick auf die Nachbartische wahr und übten uns beim Bestellvorgang in Vorspeisen negierender Zurückhaltung.
Natürlich wären die mit Schafskäse gefüllten Zigarrenbörek („Sigara Böregi“) oder die gebratenen Artischocken mit Weichkäse („Enginar Tava“) eine Option gewesen, aber beim Anblick der appetitanregenden Grillfleischfotos aus der Karte wussten wir, womit wir an diesem Abend unsere kulinarischen Schwerpunkte setzen würden.
Und diese sahen folgendermaßen aus:
Einmal Adana Kebap Ezmeli (17,50 Euro) für die Kollegin: Hackfleischspieß mit gegrillter Aubergine, Tomate und Paprika, der von leicht angegrilltem, mit Olivenöl beträufeltem Fladenbrot, dem sogenannten „Spezialbrot“, begleitet wurde.
Adana Kebap Ezmeli (mit gegrillter Aubergine)
Eine Portion Döner Kebap (16 Euro) für den Kollegen: Direkt vom Drehspieß gesäbelte Kalbsfitzel, die mit Reis und gemischtem Salat auf dem Teller landeten.
So hat eine Porsiyon Döner Kebap auszusehen!
Einmal der Doyum Grillspezial-Teller namens „Karisik Izgara“ (25 Euro) für mich: Alles was der Holzkohlengrill bzw. Drehspieß so hergab (Döner Kebap, Hackfleischspieß, Lammkotelett, Lammfleisch und würzige Hähnchenbrust vom Spieß) mit gegrillter Paprika und Tomate sowie einer großzügigen Portion Bulgur.
Doyum Karisik Izgara
Von meinem Grillteller wären locker auch zwei Leute satt geworden, denn neben der üppigen Fleischportion reichte man noch selbstgebackenes, kurz über der Kohlenglut angeröstetes und mit ein wenig Olivenöl bepinseltes Fladenbrot, einen Salatteller und diverse Dipsaucen. Die Paprika war eher eine verkappte Peperoni, deren Schärfe gut zu den herzhaften Preziosen vom Grill passte.
Der Duft von über Holzkohle gegrilltem Fleisch stieg mir in die Nase. Bereits das Spezialbrot war eine Wucht. Warm, würzig und von fluffiger Textur. So einfach und doch so sagenhaft lecker! Dem standen die delikaten Grilladen in nichts nach. Besonders der aus Lammhack geformte, perfekt gewürzte Adana-Spieß fiel gnadenlos geil aus! Außen leicht knusprig, innen wunderbar saftig. Sowas kann man vielleicht anders, aber sicher nicht besser zubereiten.
Der Doyum Grill-Spezial-Teller aus der Nähe
Mein Lammkotelett überzeugte mit krosser Fettschicht und würziger Marinade. Dieses Teil vom jungen Schaf zählt für mich seit jeher zu den Highlights eines gelungenen BBQs. Aber auch die voll im Fleischsaft stehende Hähnchenbrust sowie die ebenfalls ganz ausgezeichnet schmeckenden Kalbfleischschnipsel vom Drehspieß machten eine hervorragende Figur auf meinem Karnivorenteller für Fortgeschrittene.
Stücke vom Adana Spieß und Kebap satt!
Dass ich zu jenem den separat dazu gereichten Salatteller nicht ganz schaffte, lag nicht an dessen Qualität, sondern an seinem hohen Anteil an Salatgurke, die ich stets zu vermeiden pflege.
Mein Beilagensalat zur Fleischplatte
Gern reichte man uns noch zusätzliches Brot und erkundigte sich mehrfach, ob den alles in Ordnung sei und schmecke.
Das hausgebackene Spezialbrot
Das tat es. Auch meine Kollegen langten gut zu und erfreuten sich an den Köstlichkeiten von König Kebap und seinen adana-esken „Spießgesellen“. Von den hausgemachten Saucen sagte uns die mit etwas Knoblauch und leichter Minznote ausgestattete Joghurttunke am meisten zu. Das selbstgemachte Ketchup fand ich dagegen etwas gewöhnungsbedürftig.
Schade, aber aus religiösen Gründen absolut nachvollziehbar, dass im Doyum kein Alkohol ausgeschenkt wurde. Einen kräftigen Roten hätte ich mir zu diesem Festmahl gerne gegönnt. Der Kollege neben mir – ein Biertrinker unter dem Herrn – zeigte bereits erste Anzeichen von Unterhopfung. Egal, auch Spezi, Cola und Selters – alle für jeweils 4 Euro in der 0,4l-Version zu haben – können eine gewisse durstlindernde Wirkung entfalten.
Zum Abschluss bot man uns noch türkischen Tee an, den wir selbstverständlich nicht ablehnten.
Ein Schwarztee als Digestif
Satt und hochzufrieden beglichen wir die Rechnung und waren uns einig, dass ein Besuch im Doyum Restaurant für Freunde türkischer Grillküche ein absolutes Muss darstellt. Von der unattraktiven Gegend und dem etwas in die Jahre gekommenen äußeren Erscheinungsbild darf man sich nicht abschrecken lassen.
Und wer hat’s entdeckt und in seinem Blog angepriesen? Ein Schwede. Danke Per!