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Ehemalige User hat 3315 Bewertungen mit einer Durschnittsbewertung von 4.0 Sternen geschrieben.
Ehemalige User hat am 01.Jan Geburtstag
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Das Haus hat bereits eine längere Geschichte als Restaurant, der jetzige Betreiber ist ein Caterer der auch das Betriebsrestaurant im Bürokomplex ‘Ratingen Office-Center‘ führt. Für weitere Hintergrundinfos verweise ich auf den entsprechenden Wikipedia-Eintrag oder die Seiten der Stiftung des Eigentümers: http://www.wasserburg-zum-haus.de/index.html . Behindertengerecht ist das Ganze leider nicht, es führt ein Kopfsteinpflasterweg zur Burg und das Restaurant liegt in der ersten Etage wobei es auch ein Hochparterre-Geschoss gibt. Bei stärkerem Aufkommen und falls genügend Personal verfügbar sein sollte gibt es auch noch eine zweite Etage. Eventuell werden im Sommer die Terrassenmöbel im Burghof eingedeckt.
Bei unserem Eintreffen bereits freundlich vom Koch empfangen, durften wir uns einen Zweiertisch (sämtliche Tische waren komplett für ‘s Menue eingedeckt) aussuchen. Den Service bestritten ein junger, nahöstlich wirkender Kellner und Frau Ksenija Jakob, ihres Zeichens Eventmanagerin. Wirkte Frau Jakob noch sehr authentisch freundlich und beriet kompetent, schien der Kollege das Kontrastprogramm darzustellen. Zwar vordergründig freundlich, kamen seine Rückäußerungen unterschwellig aggressiv rüber. Auch mussten wir uns bereits beim ordern des Menues auf das gewünschte Dessert festlegen. Für die Hauptgänge ist das ja noch nachvollziehbar aber bei der Auswahl Käse oder Dessert unverständlich. Wahrscheinlich fehlt da noch etwas Erfahrung. Einem nach uns eingetroffenen Pärchen erklärte er kategorisch, dass es ausschließlich das Menue gäbe, erst auf wiederholte Bitten, verwies er auf Frau Jakob, die dann sofort ein kleines drei-Gang-Menue anbot, alle waren zufrieden.
Zum Menue wird auch eine Weinbegleitung angeboten (27,- Euronen pro Person für vier Weine à jeweils 0,1L), da ein für uns interessanter Wein (Kaitui aus dem Hause Schneider) für 28,- Euronen pro 0,75L auf der internationalen Weinkarte steht, entscheiden wir uns gegen die Weinbegleitung. Vorab orderten wir noch zwei Crémants rosés von der Loire, jeweils 6,50 Euronen - sehr delikat, einem Champagner durchaus ebenbürtig – und ein schweigendes Düssel Aqua für 7,50 Euronen pro 0,75L. Später zum Hauptgang kamen dann noch zwei Merlot (La Forge, Languedoc, 0,2L für jeweils 5,90 Euronen) hinzu.
Wasser und Crémants kamen schnell, für ‘s Wasser gab es dankenswerter Weise einen Vakuum-Kühler. Kurz danach, kaltes, baguetteähnliches Brot mit zähem Rand, von Kruste will ich bewusst nicht sprechen. Dazu reichte man mallorquinisches Gewürzsalz, sehr gutes, griechisches Olivenöl und etwas leicht stückiges Hummus mit terminaler Kreuzkümmelvergiftung, hier wäre weniger eindeutig mehr. Kurz darauf gab es auch schon das amuse gueule, eine zwar gut gebratene Garnele, wegen der eher durchschnittlichen Qualität aber leider geschmacksarm, an aromatischem Ananas-Chili-Chutney. Für Madame hätte es etwas schärfer sein dürfen (wegen gedankenloser Gier leider kein Photo, sorry).
Man merkte, dass der Service unterbeschäftigt war, es wurde fast zu häufig nachgeschenkt und die Speisen kamen in rascher Folge. Das Menue en Detail:
Eine durchschnittliche, leicht trübe Brühe, schön heiß und mit ausreichend Salz und Pfeffer. Allerdings konnten wir leider keinen typischen Wachtelgeschmack feststellen. Passend dazu drei niedliche, kleine Ravioli, dünner Teig, al dente gegart. Um Stopflebergeschmack herauszukitzeln musste man schon eine ganze Weile drauf rumkauen. Ein etwas langweiliger Auftakt.
An sich eine gute Idee, leider war die Seezunge etwas übergart, zusammen mit der gut abgeschmeckten Lachsfarce und dem saftigen Spinat aber noch genießbar. Schön wiederum die Kombination von auf den Punkt gegarten, gut gewürzten Linsen und leicht säuerlichem Weißweinschaum, als Deko ein Kerbelzweig und zwei kleine, blaue Kartoffelchips.
Sehr gut umgesetzt, feines Sorbet trifft süße, am Gaumen zerdrückbare Perlen. Von Frau Jakob wurde freundlicher Weise ein Aufguss mit Crémant rosé angeboten.
Bereits vor einsetzen der Sorbets hatten wir um eine Pause bis zum Hauptgang gebeten um in Ruhe den Weißwein genießen zu können und um dem, zum Reh geplanten, Merlot etwas Zeit zum Atmen zu lassen. Das war für den Kellner anscheinend die Höchststrafe, er wurde immer zappliger, zwischendrin kamen zwei Nachfragen, bei der dritten durch Frau Jakob hatten wir gerade noch den letzten Schluck Weißwein im Glas und baten um weitere fünf Minuten. Zu spät wurde uns signalisiert, der Kollege hätte die Hauptgänge bereits abgerufen….
Frau Jakob versorgte uns gerade noch mit dem Merlot, da stürmte der eifrige Gastarbeiter durch die Schwingtür, wischte die Dame quasi aus der Flugbahn und fragte wer denn das medium rare gegarte Reh bekäme. Leicht verwundert, wie gesagt es waren außer uns lediglich sechs weitere Gäste an diesem Abend zu bedienen, meldete ich mich und zack stand der Teller vor mir, anstatt wie eigentlich üblich erst Madame zu versorgen. Also auch (Achtung: Satire!) bezüglich der mentalen Potenz der geborene Kellner. In nach offensichtlicher Selbsteinschätzung sogenannten ‘gehobenen Restaurants‘, teste ich den Service ganz gerne indem ich die französische Bezeichnung der Gargrade anbringe. Saignant und à point wurden von Ihm allerdings nicht verstanden, demnach also medium rare und medium geordert. Die Weitergabe an die Küche konnten wir ebenfalls deutlich aus dem Hintergrund vernehmen, was ja grundsätzlich schon eine gute Leistung (im Rahmen seiner Möglichkeiten) darstellt. Nicht so toll dagegen, dass er phonetisch versuchte die französische Aussprache mit nasalem Unterton im Austausch mit der Küche ins lächerliche zu ziehen. Kann man machen, dann sollte der Gast das aber besser nicht mitkriegen. Den dritten Stern bei der Servicebewertung rettet ausschließlich Frau Jakobs Freundlichkeit.
Beide Reh-Rücken-Filets waren gleichmäßig medium mit leichter Tendenz zu medium rare gegart und recht zart. Bei der Nuss-Kruste handelte es sich eher um eine weiche Auflage, diese war zumindest in ausreichender Menge vorhanden. Knusprig dagegen ein paar geröstete Kerne (Kürbis?). Die Saucen, aromatisch insbesondere die Kirschsauce passte sehr gut zum Reh. Auch das Preiselbeeren-Rosa-Beeren-Chutney hatte durchaus seine Berechtigung. Die schön gebratenen Pilze gut abgeschmeckt, eine ideale Ergänzung. Einzig die Petrasilienspätzle vielen etwas ab, zwar von frischer, grüner Farbe und der richtigen Konsistenz, fehlte das Aroma der geschmacksgebenden Zutat anscheinend völlig. Für die Zukunft wäre meine Empfehlung beim Finalisieren der Spätzle etwas Petersilienpesto zuzugeben.
Zwar nicht neu aber nach wie vor eine nette Idee, Nougatcrème und Crêpes lasagneartig zu schichten, auch im Ergebnis gelungen. Insgesamt angenehm wenig süß, selbst das crèmige Banjuls-Eis kräftig fruchtig ohne durch Süße zu überlagen. In der Gesamtkomposition ein toller Abschluss.
Im Fazit gibt es gute Ansätze in der Küche die aber nicht konsequent umgesetzt werden. Zu dem aufgerufenen Preis, auch unter Berücksichtigung des Ambientes, gerade noch in Ordnung. In der nicht mehr gültigen Karte findet sich allerdings ein ähnliches Menue für das 61,- Euronen pro Person aufgerufen werden. Dann müsste die Qualität aber wesentlich besser werden. Insgesamt wurden 170,30 Euronen fällig, ohne die teilweisen Servicedefizite soeben noch erträglich, angesichts der (Achtung: Satire!) Freak-Show aber schon ärgerlich.