Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Besucht am 16.04.2019Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 75 EUR
Diese leicht abgewandelte Textzeile aus der Feder eines schwedisch-nigerianischen Zahnarztes, der in den 90er Jahren zu den erfolgreichsten Interpreten des Dancefloors zählte, ging mir bei meiner ersten Einkehr in einem afrikanischen – genauer gesagt eritreischen – Restaurant durch die Birne, als mir mein Gegenüber anschaulich erklärte, wie man am geschicktesten die Hände samt Fladenbrot einsetzt, um den zuvor bestellten Couscous-Spezial-Teller zu verzehren.
Wir befanden uns an jenem Dienstagabend zusammen mit einem befreundeten Pärchen im Restaurant Mogogo in der Karlsruher Stephanienstraße. Die Betreiber des Lokals führten 20 (!) Jahre lang erfolgreich das Restaurant Afrika in der Kaiserpassage. 2008 wechselten sie den Standort und damit auch den Namen. Ihrer traditionellen eritreischen Küche tat dies natürlich keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil. Diese scheint bei Freunden der nord- und ostafrikanischen Küche einen guten Ruf zu genießen. Allein elf (!) 5-Sterne-Bewertungen (!!) bei Gastroguide ließen mich aufhorchen.
Stephanienstraße…da war doch was. Kaum saß ich in dem mit Bambusschirmen und Stühlen aus Korbgeflecht ausgestatteten, etwas folkloristisch wirkenden Gastraum, kamen alte Erinnerungen hoch. Klar, in den 80er bzw. 90er Jahren waren wir hier öfter chinesisch essen. Das damalige Tai-Hu war nämlich der Lieblingschinese meines Vaters und bei so mancher Geburtstagsfeier begegnete ich der damals noch ungeliebten, da fremden Asiaküche. Das Tai-Hu schloss im Jahre 2007 endgültig seine Pforten und ein Jahr später wurde in seinen Räumlichkeiten eritreisch gekocht. Soviel zur jüngeren Gatro-Historie des orangefarbenen Anwesens unweit des Botanischen Gartens.
Unsere Freunde verkehrten hier anscheinend öfter, denn sie scherzten bereits bei der Ankunft mit dem Inhaber des Mogogo, der in recht spitzbübischer Manier den Service leitete. Seine leicht schelmische Art, die auf einer guten Portion augenzwinkerndem Humor basierte, passte gut zu unserer Tischrunde. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sie nicht bei allen Gästen so gut ankommt wie bei uns. Bis auf die Tatsache, dass der gute Servicemann bei zunehmender Gästezahl immer seltener an unserem Tisch erschien und dadurch das Nachbestellen von Getränken erschwert wurde, war jedoch alles im grünen Bereich.
Wie sagt ein altes afrikanisches Sprichwort: „Das Gras wächst nicht schneller, auch wenn man daran zieht.“ Also versuchten wir uns in subtropischer Gelassenheit und bestellten zuerst einmal ein paar Mongozos. Das waren verhältnismäßig leichte (nur 3,6 % Alkoholgehalt) afrikanische „Biere“, die in den Geschmacksrichtungen Banane, Palmnuss, Kokos und Mango erhältlich waren und hier stilecht aus einer Kalawas, einem Becher aus Kokosnussschale, getrunken wurden.
Die fruchtige, ursprünglich aus einem uralten Palmbier-Rezept hervorgegangene Kaltschale, deren afrikanischer Name sinnigerweise „Prost“ bedeutete, genoss ich als leckeren Aperitif in der Mango-Variante. Wenig Schaum, dafür aber eine dezente Fruchtsüße und ungemein süffig, so mein überraschend positiver Eindruck, der sich später beim Bananengebräu noch verfestigte. Gut, die 3,80 Euro für ein 0,33l-Fläschchen waren nicht gerade schüchtern kalkuliert, aber in der Karlsruher Innenstadt sicher auch kein unverschämter Preistreiber.
Als weitere Durstlöscher fungierten eine Flasche Mineralwasser (4,50 Euro) und ein Mango-Maracuja-Nektar (0,2l für 2,30 Euro). Soviel Zeit für Flüssigkeit musste sein.
Schön, dass man gleich auf der ersten Seite der Speisenkarte darauf hinwies, dass der Großteil der Gerichte eine leichte Schärfe innehatte. Man konnte sich zwischen vier Schärfegraden entscheiden. Mildwürzig, mittel, scharf und sehr scharf – so lautete die aufsteigende Scoville-Klimax im Mogogo. Bei der Würze ließen wir an jenem Abend Milde walten. Kein Fehler, wie sich später noch herausstellen sollte.
Kichererbsen mit Oliven, Gibna (ägyptischer Schafskäse), drei Salatvarianten und drei Suppen – mehr stand nicht auf dem Vorspeisenzettel. Vieles las ich hier zum allerersten Mal, wie zum Beispiel „Zigni“, eine Art äthiopisches Gulasch, bei dem gewürfeltes Rind- oder Lammfleisch bzw. Hähnchenschenkel in scharfer Sauce schwamm und von roten Linsen, Grünkohl, Okraschoten und dem obligatorischen Fladenbrot (Injera) eskortiert wurde. Für Anhänger pikanter Schmorgerichte sicherlich eine Bestellung wert. Mag man sein Fleisch stattdessen lieber gebraten, dürfte „Kilwa“ die bessere Wahl darstellen. Das gleiche Fleisch, die gleichen Beilagen, nur eben in der Pfanne gebrutzelt.
Wer verschiedene Fleisch- und Gemüsesorten auf einmal probieren möchte, entscheidet sich für einen Kombiteller oder wählt zusammen mit gleichgesinnten Tischgenossen eine Mehrpersonenplatte. Diese werden für zwei bis acht Hungrige angeboten. Anscheinend gehört das gemeinsame Essen von einer großen Platte – auf Besteck wird dabei gerne verzichtet – zu den kulinarischen Gepflogenheiten Eritreas.
Unsere Freunde hatten im Mogogo schon die ein oder andere Platte geputzt. Sie einigten sich auf die Afrika-Variante für zwei (26,50 Euro), die mit geschmortem Rind bzw. Lamm sowie den üblichen, bereits erwähnten Beilagenverdächtigen bestückt war.
Meiner Verlobten gefiel das vegetarische Angebot, das auch mit Tofu oder Couscous serviert wurde. Sie entschied sich jedoch für weniger vertraut klingende „Vegetaritäten“. Alicha (äthiopischer Gemüseeintopf), Hamli (Grünkohl), Timtimo (rote Linsen) und Bamya (Okraschoteneintopf) waren keine Fantasiefiguren aus einem Tolkien-Roman, sondern die vegetabilen Protagonisten auf ihrem Teller, der mit 13,50 Euro zu Buche schlug.
Bei meinem eritreischen Erstversuch ging ich eher auf Nummer sicher. Das von mir georderte Couscous-Spezial (17,50 Euro) hatte neben gebratenem Rindfleisch noch geschmortes Lamm mit Okraschoten, einen aromatisch gewürzten Hähnchenschlegel, rote Linsen und Alicha auf dem gequollenen Hartweizen- bzw. Hirsegrießbett liegen.
Die dünnen, von ihrer Textur an Pfannkuchen erinnernde Sauerteigfladen wurden separat gereicht. Ich verteilte sie gerne an meine Tischgesellschaft und ließ mir Messer und Gabel kommen. Tradition hin oder her. Allein das süffige Linsen-Timtimo und die körnigen Couscous-Kügelchen hätten bei meinem ungeschickten Umgang mit dem feinporigen „Pfannkuchenbrot“ für ein kulinarisches „El Alamein“ (Waterloo erschien mir angesichts der verzehrten Speisen eher unpassend…) auf meinem Teller sorgen können.
Und so futterten wir uns durch diverse nordafrikanische bzw. eritreische Gerichte, die alle eins gemeinsam hatten: eine exotische Würze. Langer Pfeffer, Kreuzkümmel, Kurkuma, Koriander und Co. sorgten für einen vollmundigen „African Rub“. Der Duft von Berbere, einer sehr aromatischen, äthiopischen Gewürzmischung, der schon vorher latent den Gastraum erfüllte, stieg mir beim Essen in die Nase. Mein Couscous-Spezial bestach durch eine unerhört wohlschmeckende Komposition, die für Aha-Momente am Gaumen und reichlich Spannung auf dem Teller sorgte.
Als besonders fein entpuppte sich die Liaison aus dem geschmorten Lamm (mit noch leicht knackigen Okraschoten) und dem herrlich lockeren Couscousteppich. Als Freund der pikanten Sauce genoss ich auch das scharf angebratene, kleingewürfelte Rindfleisch, dessen glücklich machende Tunke die geschmacklichen Stärken von Peperoni, Knoblauch und Zwiebeln in sich vereinte.
Das Hamli, bei dem ja normalerweise Blattspinat Verwendung findet, war eigentlich ein Gomen, wie ich durch PetraIO’s fundierte Rezension zur Safari-Tour in Kaiserslautern in Erfahrung brachte. Und Gomen, sprich angebratener Grünkohl, der hier mit Knobi und Zwiebeln geschmacklich aufgepeppt wurde, ist eigentlich nicht so mein Ding. Wie gesagt eigentlich. Hier hat er sich gut mit dem Gemüse aus dem Dampfgarer (Kartoffeln, Karotten, Weißkohl) vertragen und zugleich die kräftige Würze der Fleischgerichte harmonisiert.
Und während das Pärchen gegenüber mit der Afrika-Platte zumindest noch eine Handvoll zu tun hatte und das Injera-Brot auf seine Aufsaugfähigkeit überprüfte, nahm ich einen Schluck vom Bananenbier, schaute in den gemütlich eingerichteten, nun nahezu vollbesetzten Gastraum und war froh, dass wir die kulinarische Reise nach Eritrea unternommen hatten. Ich gebe meiner GG-Kollegin Petra absolut Recht, dass sich die exotischen Speisen in netter Gesellschaft vortrefflich ausprobieren lassen. Meine Injera-Technik gilt es dabei noch deutlich zu verbessern, aber mit Messer und Gabel hat es ja auch funktioniert. Übrigens würde ich das Wort „Mogogo“ ins Pfälzische mit „ma soll halt nid dehääm bleiwe!“ übersetzen.
Diese leicht abgewandelte Textzeile aus der Feder eines schwedisch-nigerianischen Zahnarztes, der in den 90er Jahren zu den erfolgreichsten Interpreten des Dancefloors zählte, ging mir bei meiner ersten Einkehr in einem afrikanischen – genauer gesagt eritreischen – Restaurant durch die Birne, als mir mein Gegenüber anschaulich erklärte, wie man am geschicktesten die Hände samt Fladenbrot einsetzt, um den zuvor bestellten Couscous-Spezial-Teller zu verzehren.
Wir befanden uns an jenem Dienstagabend zusammen mit einem befreundeten Pärchen im Restaurant Mogogo in der Karlsruher Stephanienstraße. Die... mehr lesen
4.0 stars -
"Hello Africa, tell me how you’re eatin‘…" marcO74Diese leicht abgewandelte Textzeile aus der Feder eines schwedisch-nigerianischen Zahnarztes, der in den 90er Jahren zu den erfolgreichsten Interpreten des Dancefloors zählte, ging mir bei meiner ersten Einkehr in einem afrikanischen – genauer gesagt eritreischen – Restaurant durch die Birne, als mir mein Gegenüber anschaulich erklärte, wie man am geschicktesten die Hände samt Fladenbrot einsetzt, um den zuvor bestellten Couscous-Spezial-Teller zu verzehren.
Wir befanden uns an jenem Dienstagabend zusammen mit einem befreundeten Pärchen im Restaurant Mogogo in der Karlsruher Stephanienstraße. Die
Besucht am 14.04.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 51 EUR
Adele und Michael Hebel betreiben seit September 2016 in den Räumlichkeiten des ehemaligen Annweiler Park-Cafés ihr Restaurant mit dem ungewöhnlichen Namen „Umoya“. Davor war das Gastronomenpaar in der „Alten Küferei“ in Gleisweiler tätig und ungewöhnlich ist auch ihr von Internationalität geprägtes Restaurantkonzept, das man schon gar nicht in der traditionsreichen Stauferstadt am Ostrand des Pfälzerwaldes vermuten würde.
Nun scheinen die beiden Weltenbummler am Annweiler Schwanenweiher unweit der Reichsburg Trifels ihr kulinarisches Zuhause gefunden zu haben. Der 48-jährige Küchenchef Michael Hebel ist in der Welt viel herumgekommen. Er kochte bereits in der Schweiz, in Südafrika, in Dubai und in der Karibik. Und das macht sich auf den Tellern bemerkbar.
Seine Frau Adele, die mit viel Charme und einer guten Portion Humor den Service leitet, hat er in Südafrika kennengelernt. Auch sie ist seit vielen Jahren in der Gastrobranche tätig. Daher auch der exotisch klingende Name des Restaurants. Das Wort „Umoya“ stammt von den Zulus in Südafrika, dem Heimatland von Adele, und lässt sich mit Wind, Luft, Geist oder Seele übersetzen.
Meine Kollegen schenkten mir im Januar einen Umoya-Gutschein zum Geburtstag. Sie meinten, dass ich zwar schon viele Lokale der Südpfalz kennen würde, dieses aber sicher noch nicht. In der Tat stand das Umoya schon seit längerem auf meiner „To-Eat-Liste“, genoss es doch bei befreundeten Gern-Essern einen guten Ruf. Und so kam es, dass wir an einem recht frischen Sonntagabend Mitte April nach einem kleinen Spaziergang durch den Annweiler Forst die Markwardanlage (Kurpark) ansteuerten, um im Umoya erstmalig einzukehren.
Ein junges Mädchen unterstützte an jenem Abend Adele Hebel im Service. Sie begrüßte uns freundlich und ließ uns bei der Wahl des Tisches verschiedene Optionen. Wir wählten einen Platz direkt am Fenster mit Blick auf den idyllischen Schwanenweiher. Im Laufe des Abends füllte sich der liebevoll anachronistisch wirkende Gastraum etwa zur Hälfte. In dieser entspannten Atmosphäre fiel uns das Ankommen leicht. Dem urigen Bollerofen im Rücken sei Dank, war auch die unangenehme April-Kälte bald vergessen.
Das Gebäude atmete den Geist der 70er Jahre, zu dem auch die voluminösen, zylinderförmigen Lampenschirme passten. Teilweise unverputztes Sandsteingemäuer, heller Fliesenboden, ausreichend Topfgrün und eine um blau-weiße Farbakzente erweiterte Holzoptik bestimmten das Innere des etwas schummrig anmutenden Gastraumes. Dunkle Holzbalken trugen die Dachlast. Sie stützten sich auf derbe Säulen des gleichen Baumaterials. Wir blickten durch die hohen Fenster in Richtung Annweiler Kurpark und waren erstaunt, wie gemütlich es in dem aus der Zeit gefallenen, ehemaligen Kurcafé zuging.
Gleich auf der ersten Seite der Speisenkarte wurden wir über die wechselnden Spezialitätenwochen des Jahres 2019 informiert. Diese sind sicherlich dem Umstand geschuldet, dass Michael Hebel schon in einigen Teilen der Erde den Kochlöffel geschwungen hat und diese Erfahrungen auch in seinem eigenen Restaurant einfließen lassen möchte. Arabische, karabische, asiatische und natürlich südafrikanische Speisen werden an diesen Terminen vorrangig serviert. Das A-la-Carte-Angebot wird dann etwas verkleinert, damit die Küche ihrem Frischeanspruch auch gerecht werden kann.
Unser Besuch fiel nicht in eine Spezialitätenwoche, weshalb wir von der Standardkarte wählen durften. Schon deren erste Seite beinhaltete viel Vegetarisches. Kein Wunder, Inhaberin Adele Hebel ist selbst seit über 30 Jahren Vegetarierin und legt in ihrem Lokal Wert auf ein abwechslungsreiches Angebot an fleischlosen Gerichten. Thailändischer Glasnudelsalat mit Gemüse (5,20 Euro), Gemüse in Tempurateig (5,50 Euro) und vegetarische Frühlingsrollen mit Salat (5,20 Euro) standen auf dem Vorspeisenzettel.
Dazu gesellten sich noch sechs verschiedene Salate, die wahlweise mit Steakstreifen, Hühnchenbrust, Garnelen, Falafelbällchen oder Schafskäse kombiniert wurden und als Hauptgerichte fungierten. Vier vegetarische Teller und ein paar internationale Kreationen mit Fleisch standen weiterhin zur Auswahl. Rumpsteak und Schweinefilet verbuchte ich als Zugeständnisse an den gutbürgerlichen Redundanzesser, während sich Fisch- und Krustentierfreunde über Rotzungenfilet und Garnelen-Pasta freuen durften.
Kein überbordendes Speiseprogramm und dennoch eines, das ein relativ breites Geschmacksspektrum abdeckte. Da hat man sich bei der Zusammenstellung Gedanken gemacht, inwiefern die Küche das auch wuppen kann. Auf TA las ich im Vorfeld ein paar Berichte, in denen sich Gäste über längere Wartezeiten beschwerten. Frische Zubereitung dauert eben ein wenig länger und Küchenchef Hebels Ansatz, weitgehend auf Fertigware und Pulverkram zu verzichten, ist mir allemal lieber als kurz nach der Bestellung mit aufgewärmten Convencience-Produkten abgespeist zu werden.
Die Weinkarte listete ein paar weniger bekannte Winzer aus dem Landauer Umland. Sohn (Frankweiler), Wambsganß (Nussdorf) und Argus (Gleisweiler) gehören zwar nicht zur Pfälzer Spitze, haben aber auch anständige Tropfen im Sortiment. Im offenen Ausschank wurden 20 Weiß-, Rot- und Roséweine in zwei Größen (0,1l/0,25l) angeboten. Die Viertelpreise oszillierten zwischen 3,90 Euro und 5,90 Euro und bewegten sich damit fernab von dreistkalkulierter Unverschämtheit.
Wir übten uns an jenem Abend in Alkoholverzicht und hielten uns an das mikrogefilterte Purezza Tafelwasser (0,7l für 4 Euro). Tempura-Garnelen (9,80 Euro) und Thai-Glasnudelsalat (5,20 Euro) bestimmten dazu unser asiatisch angehauchtes Vorspeisenprogramm. Meiner Verlobten gefiel das reichhaltige Veggie-Angebot. Sie blieb auch beim Hauptgang ihrer – an diesem Abend – fleischlosen Linie treu und orderte das Gemüse „Bahia“ (11,80 Euro), dessen Sauce durch Sambal Oelek und Kokosmilch eine pikant-fernöstliche Note erhielt. Ich entschied mich für die Peruanische Pfefferpfanne (16,20 Euro), in der sich gebratene Schweinefiletstreifen tummelten.
Unser Platz erlaubte es, Michael Hebels Küchenteam ein wenig bei der Arbeit zuzuschauen, was ich immer sehr interessant finde. Die offene Durchreiche machte dies nämlich möglich. Neun kross frittierte, von Tempurateig ummantelte Garnelen lagen nach angenehmer Wartezeit ringförmig angeordnet auf einem mit Aufsaugtuch versehenen Teller, in dessen Mitte ein Schälchen süßlicher Chili Mayonnaise die Schalentierschwänze zur Dip-Visite einluden. Hier war nichts totfrittiert. Die Garnelen fielen außen knusprig und innen schön saftig aus. Auch kamen sie mir gar nicht mal so fettig vor. Das lag wohl am Tempurateig, der dafür bekannt ist, weniger Fett aufzusaugen als andere Panaden.
Der aromatische Glasnudelsalat strotzte vor frischen Zutaten. Der bunten Mischung aus feingeschnittenen Paprikastreifen (in verschiedenen Farben), Frühlingszwiebeln, Tomaten und dünnen Reisnudeln wurde durch das rundum gelungene Dressing genau die richtige Asia-Dosis verpasst. Ein wenig Chili, ein Spritzer Limette, ein Hauch Fischsauce – zusammen genommen ergab das eine würzige Frische, die auf gutes Abschmecken hindeutete. Ein prima Einstieg wie mir auch die junge Dame am Tisch versicherte.
Nach den beiden gelungenen Vorspeisen, gönnte man uns eine kleine Verschnaufpause. In der Küche flammte derweil der Inhalt einer großen Pfanne sichtbar auf, ehe er mit Fond oder Brühe abgelöscht wurde. Das würde bestimmt eine hervorragende Sauce ergeben, so mein Gedanke beim Anblick der bewusst herbeigeführten Feuersbrunst. Wie sich bald herausstellen sollte, bereitete man gerade die von mir georderte Pfefferpfanne zu.
Diese wurde kurz darauf auf einer körnigen Reisunterlage serviert. Ein kleiner Beilagensalat war auch noch inklusive. Die Schweinsfetzen lagen etwas versteckt unter der aromatischen Pfeffersauce und fielen schön saftig aus. Man übertrieb den Einsatz von rosa Pfefferkörnern nicht und das war auch gut so. Die Sauce hinterließ einen wunderbar zupackenden Eindruck am Gaumen. Saure Sahne und / oder Crème fraiche sorgten für ein cremiges Pfannenvergnügen, noch leicht bissfeste Paprikastücke steuerten frische Akzente bei. Und die Pfefferwürze erledigte den Rest. Zum Reinlegen lecker und zum Sattwerden auch genau die richtige Portion.
Nicht minder zufrieden äußerte sich meine Verlobte über ihre Gemüsepfanne, die ebenfalls auf luftig-lockerer Reisbasis den Teller bedeckte. Ein grundehrliches Gemüsecurry aus frischen Zutaten, das auch ohne MNG-Keule geschmacklich überzeugte. Die mit etwas Sambal Oelek verschärfte Kokosmilchsauce hatte eine angenehm aromatische Würze und ließ dem noch knackigen Gemüse (Zucchini, Paprika, Frühlingszwiebeln, Tomaten) genügend Raum zur geschmacklichen Entfaltung.
Das Umoya ist in dem mit gutbürgerlichen Gaststätten, Weinstuben und Pizzerien gut ausgestatteten Städtchen Annweiler sicherlich eine kulinarische Bereicherung. An die etwas in die Jahre gekommene Umgebung muss man sich anfänglich erst ein wenig gewöhnen. Aber irgendwie passt das Ambiente dann wieder zu dem auch nicht gerade alltäglichen Speiseangebot. Adele und Michael Hebel geben sich richtig viel Mühe, sei es im Umgang mit den Gästen oder bei der Zubereitung der Gerichte. Bleibt zu hoffen, dass sie mit ihrem Konzept Erfolg haben, indem sie sich eine treue Stammkundschaft aufbauen. Denn der Durchgangsverkehr wird sich aufgrund der etwas versteckten Lage sicherlich in Grenzen halten. Aber eine gute Mundpropaganda ist ja oft schon die halbe Miete.
Wir werden bestimmt mal wieder vorbeischauen, wenn wir im Pfälzerwald unterwegs sind. Spätestens zu den südafrikanischen Wochen im Oktober wird dann der Rest des Gutscheins eingelöst. Da freue ich mich schon auf Amagwinya (frittierte „Fettküchle“), Bobotie (Auflauf) und Chakalaka-Sauce.
Adele und Michael Hebel betreiben seit September 2016 in den Räumlichkeiten des ehemaligen Annweiler Park-Cafés ihr Restaurant mit dem ungewöhnlichen Namen „Umoya“. Davor war das Gastronomenpaar in der „Alten Küferei“ in Gleisweiler tätig und ungewöhnlich ist auch ihr von Internationalität geprägtes Restaurantkonzept, das man schon gar nicht in der traditionsreichen Stauferstadt am Ostrand des Pfälzerwaldes vermuten würde.
Nun scheinen die beiden Weltenbummler am Annweiler Schwanenweiher unweit der Reichsburg Trifels ihr kulinarisches Zuhause gefunden zu haben. Der 48-jährige Küchenchef Michael Hebel... mehr lesen
Umoya
Umoya€-€€€Restaurant06346 9296744Burgstrasse 24, 76855 Annweiler am Trifels
4.0 stars -
"Internationale Frischeküche mit viel Herzblut in idyllischer Umgebung" marcO74Adele und Michael Hebel betreiben seit September 2016 in den Räumlichkeiten des ehemaligen Annweiler Park-Cafés ihr Restaurant mit dem ungewöhnlichen Namen „Umoya“. Davor war das Gastronomenpaar in der „Alten Küferei“ in Gleisweiler tätig und ungewöhnlich ist auch ihr von Internationalität geprägtes Restaurantkonzept, das man schon gar nicht in der traditionsreichen Stauferstadt am Ostrand des Pfälzerwaldes vermuten würde.
Nun scheinen die beiden Weltenbummler am Annweiler Schwanenweiher unweit der Reichsburg Trifels ihr kulinarisches Zuhause gefunden zu haben. Der 48-jährige Küchenchef Michael Hebel
Besucht am 22.03.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 41 EUR
Wie sagte schon Texas-Ranger Earl McGraw im 90er Jahre Splatter-Roadmovie „From Dusk Till Dawn“: „I mean, them damn burritos ain't good for nothing but a hippie, when he's high on weed."
Seit November 2018 hat nun auch die Fächerstadt Karlsruhe ihren Sausalitos-Ableger und nach zugekifften Hippies sieht es in der farbenfroh gestalteten Cocktailbar nicht wirklich aus. Die Erfolgsgeschichte dieser kalifornisch-mexikanisch angehauchten Gastroholding, die vor 25 Jahren in Ingolstadt begann, lässt sich heute an über 40 deutschlandweit operierenden Filialen ablesen. Der trendige Mix aus Cocktails, Feierlaune und Tex-Mex-Küche scheint besonders beim jungen Publikum gut anzukommen.
Die Gründe hierfür können nicht am Essen liegen, soviel sei an dieser Stelle schonmal verraten. Vielleicht ist es ja das entspannte kalifornisch-mexikanische Lebensgefühl, das die Gastrokette seiner auf Afterwork, Happy Hour und Urban Streetfood gepolten Klientel verspricht. Der Zweck heiligt ja so ziemlich jeden Lifestyle und da wundert es auch nicht, dass nun auch in der Erbprinzenstraße, in direkter Nachbarschaft zum quirligen Ludwigsplatz, ein trendiger Schuppen mehr am Start ist.
GG-Kollege Simba berichtete vor gut einem halben Jahr vom Sausalitos in Saarbrücken, dessen guter Standort am St. Johanner Markt genau wie in Karlsruhe jede Menge Laufkundschaft ins Lokal zu locken scheint. So war es auch bei uns. Nichts macht ja bekanntlich hungriger als ein ausgedehnter Einkaufsbummel. Um nicht mit leerem Magen dem Karlsruher Einzelhandel anheimzufallen, entschieden wir uns zu einer Spontaneinkehr in der Burrito-Bude.
Es geschah an einem Freitagmittag. Ein paar wenige Tische im bereits geöffneten, aber zu windigen Außenbereich waren besetzt. Im Inneren des Sausalitos herrschte dagegen gähnende Leere. Und eine erstaunliche Ruhe (!). Keine laute Musik drang penetrant aus den Boxen. Es war wie ein kurzes Innehalten vor dem abendlichen Ansturm. Es herrschte eine angenehm entspannte Kneipenatmosphäre, wie man sie von Läden kennt, die bereits am Mittag ihre wenigen Stammkunden mit Bourbon, Tequila und Co. versorgen.
Ähnlich gedämpft – heute würde man eher sagen „gechillt“ – agierten die jungen Servicekräfte, die allem Anschein nach den Status von Aushilfen hatten. Das ist bei Gastroketten keine Seltenheit und in vielen Fällen auch kein wirklicher Nachteil für den Gast, da die Erwartungshaltung von vornherein eine ganz andere ist. Unsere Bedienung war präsent und machte ihre Sache gut. Eine übertriebene Freundlichkeit konnten wir an ihr genauso wenig ausmachen wie eine besondere Hingabe bei der Ausübung ihres (Neben?)-Jobs. Vielleicht hätte sie ihr Outfit vor Dienstantritt überdenken können, aber da man sich im Sausalitos betont unerwachsen gibt, passten die Hotpants zur jungen Dame wie die kitschigen Graffitis an der Wand zum Rest des deutlich „überstylten“ Ladens.
Womit ich schon beim Interieur angelangt wäre. Nun, abends wirkt das alles bei entsprechender Be- bzw. Entleuchtung sicherlich viel heimeliger. Und wenn die ersten hochprozentigen Mischgetränke durch die durstigen Kehlen geflossen sind, wird man sich in der auf „urbanchic“ getrimmten Trink- und Feierhalle bestimmt gut aufgehoben fühlen. Der mächtige Thekenbereich beeindruckt jedenfalls mit einer großen Ansammlung an Spirituellem in Flaschenform.
Etliche, von leidlich bequemen Barhockern umstellte Tresentische bevölkern den von dunklem Holzlaminat bedeckten Boden. Natürlich gehört zu zeitgemäßer Industrieromantik auch eine dunkelgrau gestrichene Decke, von der klobige Hängeleuchten im Vintagelook baumeln. Ein paar Sitzecken mit gepolsterten Wandbänken erschienen mir noch die komfortabelsten Gelegenheiten um sich niederzulassen. Der Rest bestand aus einfachem Holzmobiliar ohne großen Wiedererkennungswert. Zusammen mit den bunt bemalten Wänden wirkte das ansonsten recht sparsam dekorierte Innere des Lokals gewollt cool. Besucher von Freizeitparks werden sich hier wohlfühlen, wirkt doch vieles, was allgemein unter dem Begriff „casual“ grasiert, wie aus der Retorte. Kein abgef*** „Titty-Twister“ wie im eingangs erwähnten Tarantino-Movie. Eher eine Lightversion fürs studierende oder in der Ausbildung steckende Volk, das keinen Hype auslässt.
Auf unserem Tisch lag jede Menge laminiertes bzw. auf Hochglanz bedrucktes „Lesegut“, das uns mit aktuellen Events vertraut machen sollte. Für die Happy Hour (ab 17 Uhr) waren wir zu früh dran. Auch mussten wir ja noch per Kraftfahrzeug der badischen Baustellenmetropole entfliehen. Also nix wars mit Cocktails im Jumboformat für 6,95 Euro.
Viel Werbung um nichts, so könnte man die angepriesenen Tagesaktionen auf eine einfache Formel bringen. Für sparsame Freunde der gefüllten Maistortilla wurde der „Taco-Tuesday“ ins Leben gerufen. Am „Secret Wednesday“ lässt sich für 10 Euronen eine Bremer Konzernpils-Flat erstehen, die man am nächsten Tag bitterlich bereuen wird. Donnerstags dürfen sich dann die „Girls“ preisgünstig unter die Tresentische saufen. Ach Gott, ich wäre als Student hier bestimmt Stammgast gewesen, zumal ein veritabler Burger-Laden („Bratar“) und der schon früher sehr beliebte Krokokeller zum Abhotten gleich nebenan lauern.
Nachdem wir uns durch den Aktions-Dschungel gelesen hatten, ging es ans Bestellen. Dabei ging es mir genauso wie der guten Obacht!, deren Eindrücke vom Sausalitos in Garmisch-Partenkirchen vor ein paar Jahren sich im allgemeinen mit unseren deckten. Ich erspare mir die detaillierte Aufzählung der hier zubereiteten bzw. heiß gemachten Speisen, da sie doch in jeder Filiale gleich sind und beim Besuch der Webseite recht übersichtlich (inkl. Preise, lieber Simba…) gelistet erscheinen. Nur so viel dazu: die Auswahl ist riesig – dementsprechend groß muss das Kühlhaus für deren Aufbewahrung sein.
Den Durst sollte ein hundsgewöhnliches Mineralwasser löschen. Kein rumgeschwängerter Longdrink, kein mit Tequila oder Wodka gemixter Mule und schon gar keiner von den viel zu süß anmutenden Crèmecocktails à la Piña Colada bzw. Private Kowalski. Für den Dreiviertelliter Feinperliges mussten 4,90 Euro entrichtet werden. Karlruhe-Mitte halt.
Dem ersten Hunger wollten wir mit einer pragmatischen Lösung begegnen. Ein 5er Bundle „Streettacos“ (12,90 Euro), die es in Mexiko an jeder Ecke zu erstehen gibt, sollte uns einen ersten Überblick über das Schaffenswerk in Sachen reich garnierter Maisfladen geben. Dabei teilten wir uns die Varianten „Verdura“ (mit gegrilltem Gemüse), „Pulled“ (mit gezupftem Rindfleisch), „Hongo“ (mit Käse, Rinderhack und Champignons), „Cajun“ (mit ähnlichem Belag nur etwas schärfer) und „Cilantro“ (mit Tomaten, Frühlingszwiebeln, Koriander und Limette).
Bis auf die Tatsache, dass die üppig belegten Maisrundlinge eine recht süffige Angelegenheit darstellten und dementsprechend schwierig aus der Hand zu vertilgen waren, waren die auf einem großen Holzbrett mit ein paar Dipsaucen servierten Tacos kein kulinarischer Offenbarungseid und durchaus essbar. Aber ehrlich gesagt hätte dieses Arrangement jeder Hauswirtschaftskurs aus der Mittelstufe ansprechender aufs Holz gelegt bekommen.
Feingeschnittene Zwiebeln bzw. Frühlingszwiebeln hätten die These einer handwerklichen Zubereitung gestützt, waren aber leider genauso lieblos darüber gestreut wie das welke Koriandergrün. Den Rest besorgten die Fertigsaucen aus der Quetschflasche. Eine banale Greenpepper-Sauce und ein opulenter Chili-Cheese-Dip „krönten“ die mit Hack und Pulled Beef getoppten Tortillas. Über die Fleischqualität kann ich nicht viel sagen. Dafür sorgte eine omnipräsente Würze, die geschmackliche Feinheiten herzhaft unter sich begrub.
Nach der geteilten Vorspeise waren wir schon leicht gesättigt und ahnten da bereits, dass das mutige Ordern zweier Hauptgerichte nicht zu unseren besten Ideen an diesem Tag zählen würde. Meine Verlobte hatte sich für die Burrito Bowl (9,90 Euro) entschieden und die kam gänzlich ohne Maistortilla-Verpackung aus. Die Ingredienzien des mexikanischen Fast-Food-Klassikers lagen mit reichlich Limonensauerrahm übergossen in einer Schüssel. Mais, Paprika, schwarze Bohnen, Karotten und rote Zwiebeln wurden hier mit Käse und tomatisiertem Reis kombiniert. So entstand eine stattliche Veggie-Bowl, die weder besonders appetitlich zubereitet war, noch geschmacklich überzeugte. Der Sauerrahmdip beschwor zwar frische Säure, sorgte aber aufgrund seiner zu dick aufgetragenen Darreichungsform für ein recht eintöniges Gaumenerlebnis.
Doch diese Burrito-Bowl konnte es in puncto Mächtigkeit noch nicht einmal ansatzweise mit meiner Quesadilla „Chicano“ (13,50 Euro) aufnehmen. Schon beim Anblick erschloss sich mir deren Name sofort. Man wollte meinen Magen mit Opulenz regelrecht „(s)chic(k)anieren“. Vier mit rotem Reis, Chili con Carne und Käse gefüllte Tortilla-Ecken lagen in den Tiefen des Tellers nebeneinander. Mittendrin im Glasschälchen befand sich mein mit Essig angemachtes Salat-Alibi. Frittierte Farmhouse Potatoes, Sauerrahm und eine rote Salsa ergänzten die zusammengeklappte Monumentalspeise.
Ich schaffte meinen Teller nicht. Und das war nicht allein der Tatsache geschuldet, dass hier weniger deutlich mehr gewesen wäre. Auch ödete mich die nur auf Sättigung ausgelegte Füllung der Tortillas mit jedem Bissen mehr an. „Viel zu trocken und zu fad im Geschmack“, so lautete das vernichtende Urteil meiner Verlobten. Und ich konnte ihr nur beipflichten. Die Farmhouse Kartoffeln waren zwar kross frittiert und nannten ein wenig Würze ihr Eigen, konnten aber ihre „convencience-tionelle“ Herkunft nicht verleugnen. Insgesamt ein Teller für ausgehungerte High-Carb-Junkies, die in möglichst kurzer Zeit viele Kohlenhydrate aufnehmen wollen und dabei auf Gaumenkitzel gerne verzichten.
Verzichten können auch wir. Und zwar auf solches Essen, das weder besonders schmeckte, noch von frischem Wareneinsatz kündete. Da bin ich ganz bei GG-Kollegin Obacht!, die das Ganze als „reine Nahrungsaufnahme ohne Glücksgefühle“ sehr treffend beschrieb. Einen kreidebleichen Burrito-Molch hatte ich zwar nicht auf dem Teller liegen, aber genauso leblos und langweilig fielen unsere Speisen aus. Klingt irgendwie entbehrlich? War es auch.
Ich musste ganz beiläufig an den bereits erwähnten Texas-Ranger Earl McGraw denken und stimmte ihm insgeheim zu.
Wie sagte schon Texas-Ranger Earl McGraw im 90er Jahre Splatter-Roadmovie „From Dusk Till Dawn“: „I mean, them damn burritos ain't good for nothing but a hippie, when he's high on weed."
Seit November 2018 hat nun auch die Fächerstadt Karlsruhe ihren Sausalitos-Ableger und nach zugekifften Hippies sieht es in der farbenfroh gestalteten Cocktailbar nicht wirklich aus. Die Erfolgsgeschichte dieser kalifornisch-mexikanisch angehauchten Gastroholding, die vor 25 Jahren in Ingolstadt begann, lässt sich heute an über 40 deutschlandweit operierenden Filialen ablesen. Der trendige... mehr lesen
3.0 stars -
"Scharf und rot ist hier nicht das oberste Gebot! – Konfektionierte Maisfladenküche von der Stange, die in puncto Masse keine Wünsche offenlässt, dabei aber leider den Geschmack vergisst" marcO74Wie sagte schon Texas-Ranger Earl McGraw im 90er Jahre Splatter-Roadmovie „From Dusk Till Dawn“: „I mean, them damn burritos ain't good for nothing but a hippie, when he's high on weed."
Seit November 2018 hat nun auch die Fächerstadt Karlsruhe ihren Sausalitos-Ableger und nach zugekifften Hippies sieht es in der farbenfroh gestalteten Cocktailbar nicht wirklich aus. Die Erfolgsgeschichte dieser kalifornisch-mexikanisch angehauchten Gastroholding, die vor 25 Jahren in Ingolstadt begann, lässt sich heute an über 40 deutschlandweit operierenden Filialen ablesen. Der trendige
Besucht am 10.03.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 35 EUR
Ein paar Mal besuchten wir letzten Winter das Örtchen Dörrenbach. Als Ausgangspunkt für Wandertouren ist die südpfälzische Gemeinde optimal, liegt sich doch in einem idyllischen Tal, das man naturräumlich schon dem Pfälzerwald zuordnet. Nicht weit entfernt von der Kurstadt Bad Bergzabern befindet sich das selbstbetitelte „Dornröschen der Pfalz“, das neben rustikaler Fachwerkromantik auch eine historische Wehrkirche aus dem Mittelalter sowie ein altes, im Renaissancestil erbautes Rathaus zu bieten hat.
Es ist schon eine Weile her, da wurde der staatlich anerkannte Erholungsort Dörrenbach als schönstes Dorf der Deutschen Weinstraße ausgezeichnet. Das war 1975 und ein wenig in die Jahre gekommen wirkt das Märchendorf mittlerweile schon. Nicht dass man sich hier seit Jahrzehnten auf der über tausendjährigen Dorfgeschichte ausruhen würde, aber vergleicht man es mit anderen Ortschaften der Südpfalz, so scheinen hier die Uhren ein wenig langsamer zu ticken. Für Erholungssuchende ist das natürlich ideal, für uns hungrige Einkehrer stellte es sich als etwas ernüchternd heraus.
Das seit 27 Jahren (!) von der Familie Hortien geführte Hotel-Restaurant, zu dem auch sieben Doppel- und zwei Einzelzimmer gehören, befindet sich direkt an der Hauptstraße von Dörrenbach. Mutter Barbara und Vater Reinhard werkeln seit jeher in der Küche, während sich Sohn Robert um die Gäste kümmert.
Das schmucke Fachwerkhaus lässt sich im Grunde nicht verfehlen, wenn man in den Ort hineinfährt. Das im Jahr 1736 erbaute Anwesen macht von außen einen sehr einladenden Eindruck. Parkplätze sind direkt daneben in ausreichender Zahl vorhanden. Das Speiseangebot lässt sich schon vor dem Eintritt ins Lokal draußen am Schaukasten begutachten. Soweit die äußeren Umstände, die uns zu einem Besuch am Sonntagmittag ermunterten.
Auch erinnerte ich mich an einen Artikel von einem geschätzten Kollegen. Als Journalist und Kenner der hiesigen Gastrolandschaft ist Markus Giffhorn ein wahrer Fachmann in Sachen Pfalzkost. Er, der sich regelmäßig im Freizeitmagazin „LEO“ für die „Pfälzer Lokaltermine“ (Rezensionen von Restaurants unserer Region, Anm.) verantwortlich zeigt, hatte schon vor rund 10 Jahren einen Bericht über das Keschtehäusel verfasst. Darin lobte er die familiäre Atmosphäre und die gutbürgerliche Küche des Hauses. Auch von einem umfangreichen Speiseangebot, das sich nach der Saison richtet, war da die Rede. Genug Gründe also, um einen Selbstversuch zu wagen.
Als wir das putzige „Häusel“ mit der hier weit verbreiteten Esskastanie im Namen betraten, fühlten wir uns gastronomisch um Jahre zurückversetzt. Ein vom Aussterben bedrohter Wirtshaus-Anachronismus hieß uns herzlich willkommen. Direkt neben dem Ausschanktresen wurden hausgemachte Marmeladen und Obstbrände feilgeboten. Drinnen in der Gaststube empfing uns ein rustikales, etwas in die Jahre gekommenes Ambiente, das uns mit einfachem Holzmobiliar, weißem Leinen und altbackenen Sitzbezügen an die gute alte Zeit erinnerte.
Irgendwie passten die anwesenden Gäste zur Einrichtung des Hauses. Sprich: der Gastraum war etwa zur Hälfte mit rüstigen Rentnern belegt. Unser Eintreffen senkte das Durchschnittsalter merklich. Da ahnte ich schon, in welche Richtung hier gekocht werden könnte. Mit routinierter Freundlichkeit wurden wir von Robert Hortien begrüßt und zugleich mit den Speisekarten ausgestattet.
Schon draußen informierten wir uns über die Tagesempfehlungen, die in geschwungener Handschrift auf ein in Plastikfolie steckendes DIN-A4-Papier gekritzelt waren. Ein gemischter, im Ofen gratinierter Fischteller (16,80 Euro), hausgemachte Krautwickel nach Art der Großmutter (9,80 Euro) sowie Rinderzunge in Madeira (15,50 Euro) wurden inklusive einer Tagessuppe angeboten. Die alternative Mittagskarte listete neben ein paar Pfälzer Gerichten – das übliche „Dreigestirn“ wurde hier als „Südpfalzteller“ um gekochten Bauchspeck und Salzkartoffeln (12,50 Euro) erweitert – noch jede Menge fleischiges Gutbürgertum. Gekochter Tafelspitz an Meerrettichsoße (15,30 Euro), hausgemachte Rinderroulade (14,30 Euro), Wienerschnitzel vom Kalbsrücken (17,50 Euro), Schweinefilet an schwarzem Pfefferrahm (16,30 Euro) und Rumpsteak „Café de Paris“ (21,80 Euro) standen für Otto-Normal-Karnivoren bereit.
Schuppentierverzehrer durften sich zwischen den Tranchen vom Wildlachs mit Champignonrahmsauce (15,80 Euro) und dem panierten Seelachsfilet (12,20 Euro) entscheiden. Vegetarier kamen dagegen weniger in Entscheidungsnot. Lediglich ein Gericht, Nudeln mit Gemüsegarnitur und Champignons à la Crème (dazu noch mit Parmesan überbacken), hatte man für Fleisch- und Fischverweigerer parat. Nicht gerade viel, aber in Anbetracht der hier einkehrenden Kundschaft durchaus nachvollziehbar.
Bei der Weinauswahl ging man auf Nummer sicher. Die roten und weißen Zelebritäten stammten von namhaften Winzern aus der Pfalz. Kleinmann (Birkweiler) und Becker (Schweigen) zählen mit zu den besten Vertretern für durchgegorene Rebsäfte, die man bei uns findet. Schön, dass auch ein paar Weingüter aus dem Ort vertreten waren. Die von den Winzern Rapp und Örther stammenden Tropfen waren als lieblich ausgebauter Gewürztraminer, Morio-Muskat und halbtrockener Dornfelder im offenen Vollzug zu erwerben. Und das teilweise unter 4 Euro für das Viertel.
Ich wählte aus der breitaufgestellten Kollektion an offen ausgeschenkten Weinen ein Viertel St. Laurent von Kleinmann (4,70 Euro). Mit dieser süffigen Infarktbremse macht man in der Regel ja auch nichts falsch. Bei der Durchsicht der Flaschenweinkarte entdeckte ich die Cuvée Guillaume von Friedrich Becker für sagenhaft fair kalkulierte 21,50 Euro. Allein zum Rotweintrinken würde sich diese Adresse also lohnen – der Bouteillenbackground schien zu passen.
Feste Nahrung sollte an jenem Sonntag in Form von Krautwickel und dem gratinierten Fischteller vom Tagesangebot unseren Tisch heimsuchen. Doch vorweg wurde uns noch die Tagessuppe – eine mit reichlich Pfannkuchenstreifen versehene Flädlebrühe – gereicht. „Suppe gut – alles gut!“ pflegte ein weiser Rezensent einst zu sagen. Und es stimmt. Denn wer bei Suppigem schon beachtliche Sorgfalt walten lässt, der wird auch beim Backen und Braten (in meinem Fall: Gratinieren) so leicht nichts anbrennen bzw. schwarzwerden lassen.
Schon beim ersten Löffel fiel uns der unverhohlene Gebrauch gekörnter Brühe auf und brachte uns zurück auf den Boden der eingetüteten Tatsachen. Am Gaumen wurden salzlastige Erinnerungen an längst vergessene „Festsuppen“, die es bei Feierlichkeiten (Erstkommunion, Hochzeiten, usw.) zu überstehen galt, ehe Schnitzel und Kroketten für Wiedergutmachung sorgten, wach. Aber da brannte schon das „Würzfeuer von Fondor“ auf meiner Zunge und die Flasche Mineralwasser namens „Apollinaris“ (0,75l für 3,90 Euro) geriet mächtig unter Löschzwang.
Artig löffelten wir uns durch die „Maggi side of life“ und uns schwante nichts Gutes im Hinblick die beiden noch ausstehenden Hauptgänge. Was mir dann serviert wurde, war wahrlich keine Augenweide. Der gratinierte Fischteller, der aus einer schmalen Tranche Wildlachs, zwei kleinen Zanderfilets und einem Fischklößchen bestand, war komplett mit einer dicken, weißen Plempe überzogen. Die Spuren des Überbackens waren deutlich auf der geronnenen Soßenhaut abzulesen.
Schon der erste Bissen machte unmissverständlich klar, dass es sich hier um ein erschlagendes Beispiel der Kategorie Mehlschwitze handelte. Hier lag das fette Gewicht eindeutig auf Sättigung. Und der Genuss…naja. TK-Lachs und TK-Zander lieferten dank des Soßenoverkills nahezu keinerlei Gaumeninformation. Dafür gerieten die dazu gereichten Kartoffeln zu salzig und obendrein noch übergart.
Ich schaute nach links, wo sich meine Verlobte an zwei stattlichen Krautwickel gütlich tat. Die Mühe, eine echte, tiefgründige Soße zu bereiten, hatte man anscheinend gescheut. Der wahrscheinlich auf Bratensaftbasis hergestellten Tunke wurde „päckchenweise“ nachgeholfen. Sie bedeckte flächendeckend das Porzellan. Das war auch notwendig, denn die von Genosse Kohl ummantelte Hackfleischfüllung fiel leider reichlich trocken aus. Scheinbar lag zwischen ihrer Zubereitung und ihrem Erwärmen ein entsprechendes Zeitfenster. Die weichgekochten Salzkartoffeln kamen aus dem gleichen Topf wie meine, weshalb auch dieses Knollenerlebnis recht versalzen ausfiel.
Irgendwie passte es zu dem ernüchternden Gesamteindruck, dass die Rechnung handschriftlich auf einen Fetzen Karo-Papier geschrieben wurde. Ich fragte nicht nach und dachte mir nur meinen Teil. Wenn das Beste an einem Sonntagsessen das Viertel Wein ist, kann man wohl von einer Wiederholungstat absehen. Mit leichtem Wehmut gedachte ich der nur ein paar Häuser entfernten, aber mittlerweile leider geschlossenen Altdeutschen Weinstube, in der man nicht nur viel gemütlicher saß, sondern auch was Anständiges auf dem Teller hatte. Würde mich nicht wundern, wenn auch beim Keschtehäusel bald die Lichter ausgehen. Der kulinarische Verlust würde sich in Grenzen halten.
Ein paar Mal besuchten wir letzten Winter das Örtchen Dörrenbach. Als Ausgangspunkt für Wandertouren ist die südpfälzische Gemeinde optimal, liegt sich doch in einem idyllischen Tal, das man naturräumlich schon dem Pfälzerwald zuordnet. Nicht weit entfernt von der Kurstadt Bad Bergzabern befindet sich das selbstbetitelte „Dornröschen der Pfalz“, das neben rustikaler Fachwerkromantik auch eine historische Wehrkirche aus dem Mittelalter sowie ein altes, im Renaissancestil erbautes Rathaus zu bieten hat.
Es ist schon eine Weile her, da wurde der staatlich anerkannte... mehr lesen
2.0 stars -
"„Welcome to the Maggi Side of Life!“ – Aus der Zeit gefallene Seniorenküche für MNG-Nostalgiker in einem Südpfälzer Familienbetrieb, der problemlos als Museum für verstärkten Geschmack durchgegangen wäre" marcO74Ein paar Mal besuchten wir letzten Winter das Örtchen Dörrenbach. Als Ausgangspunkt für Wandertouren ist die südpfälzische Gemeinde optimal, liegt sich doch in einem idyllischen Tal, das man naturräumlich schon dem Pfälzerwald zuordnet. Nicht weit entfernt von der Kurstadt Bad Bergzabern befindet sich das selbstbetitelte „Dornröschen der Pfalz“, das neben rustikaler Fachwerkromantik auch eine historische Wehrkirche aus dem Mittelalter sowie ein altes, im Renaissancestil erbautes Rathaus zu bieten hat.
Es ist schon eine Weile her, da wurde der staatlich anerkannte
Geschrieben am 01.05.2019 2019-05-01| Aktualisiert am
18.05.2019
Besucht am 06.03.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 29 EUR
Für mich zählt das direkt an der Weinstraße gelegene Örtchen Leinsweiler mit zu den schönsten Flecken unserer Region. Der von malerischen Winzerhöfen und urigen Fachwerkhäusern geprägte Ortskern versprüht besonders in der warmen Jahreszeit schoppenweise Pfalzromantik. Aber auch sonst liefert die pittoreske Gemeinde ihren Besuchern herrliche An- und Ausblicke.
Gerne beginnen wir hier unsere Wanderungen in den nahegelegenen Pfälzerwald, an dessen hügeliger, von Weinbergen bestimmter Randzone sich das Dörfchen befindet. Die klimabegünstigende Lee-Wirkung des Pfälzerwaldes, die für die überdurchschnittliche Anzahl an Sonnenstunden verantwortlich ist, bildet gemeinsam mit den hier vorherrschenden Böden die Grundlage für den Anbau von Spitzengewächsen. Das VDP-Weingut Siegrist sei hier als bekanntestes Beispiel genannt. Selbst Genussspechte aus Münster sollen hier schon kistenweise fündig geworden sein.
Die beste Weinlage heißt dann auch ganz treffend „Leinsweiler Sonnenberg“. Hier in aussichtsreicher Hanglage thront der historische Slevogthof, in dem der deutsche Impressionist Max Slevogt von 1914 bis zu seinem Tode 1932 lebte. Vielleicht war es der phänomenale Blick auf die Rheinebene, die ihn dieses Kleinod ersteigern ließ. Eine noch bessere Fernsicht gewährt eigentlich nur die etwas höher gelegene Burg Neukastell, die im 17. Jahrhundert dem Pfälzischen Erbfolgekrieg zum Opfer fiel und heute ein efeuberanktes Ruinendasein fristet. Ein hochgelegenes, aber schnell zu erreichendes Wanderziel par excellence.
Soviel zum Natur- und Kulturraum dieses nicht nur bei Einheimischen sehr beliebten Örtchens, das den gemeinen Pfalztouristen bei seiner Ankunft mit dem Pkw gleich mit einem infrastrukturellen Problem konfrontiert. Das Parkplatzangebot im Ortskern ist nämlich stark limitiert, weshalb wohl viele dieses Weindorf nur vom Durchfahren her kennen. Das ist schade, denn auch für den hungrigen Besucher hat die Gemeinde Leinsweiler einiges zu bieten. Neben dem etwas außerhalb gelegenen Hotel-Restaurant Leinsweiler Hof und dem nicht minder beliebten Castell, findet der weinaffine Gourmand auch ein paar rustikale Einkehrmöglichkeiten, wo sich zu deftiger Pfalzkost der ein oder andere leckere Tropfen aus der Region genießen lässt.
So auch in der altehrwürdigen Weinstube Zehntkeller, die seit Juni 2018 von den beiden „Kellerkindern“ Esther Jäger und Robert Seither betrieben wird. Jäger und Seither sind im Ort keine Unbekannten, waren sie doch vorher schon ein paar Jahre im beliebten Café Maria tätig. Der Leinsweiler Bourgeoisie, die sich zu ihren überdimensionierten Prachtbauten in bester Hanglage auch die passende Idylle schaffen wollte, war die Gastwirtschaft im unmittelbaren Umfeld natürlich ein Dorn im Auge. Der vorher von der Schweizer Familie Feulner geführte Zehntkeller („Swiss House“ jetzt im Landhotel Schloss Hainfeld) wurde just zu dieser Zeit frei. So entschied man sich, von dem im Birnbachtal gelegenen Ferienhausviertel in Richtung Ortskern zu ziehen.
Denn der Zehntkeller hatte pfalzweit schon immer einen guten Ruf, auch wenn das Gasthaus auf eine ziemlich bewegte Geschichte zurückblickt. Im Mittelalter wurden hier noch die Abgaben der Bauern an ihre Grundherren („Zehnt“) gelagert. Seit 1975 wird in der urigen Weinstube Gastronomie betrieben – wenn auch nicht durchweg. In den knapp 45 Jahren wechselten mehrfach die Pächter. Auch lag das schmucke, aus Fachwerkgebälk und Sandsteinwänden bestehende Anwesen für eine gewisse Zeit lang brach. Umso schöner, dass mit dem ehemaligen Café-Maria-Team nun wieder Pfälzer Gastlichkeit regiert.
Wir parkten direkt an der Weinstraße Richtung Ranschbach, nur wenige Gehminuten vom Lokal entfernt. Das von einem Sandsteinbogen eingefasste Winzertor stand schon offen. Wie früher verkündete ein alter, an der Fassade befestigter Fassboden den Namen der Gastwirtschaft. Durch das Tor hindurch ging es in den romantisch beleuchteten Innenhof, in dem es sich an lauen Sommerabenden sicherlich gut aushalten lässt. Doch daran war Anfang März noch nicht zu denken. Wir passierten die massive Eingangstür zu unserer Linken und befanden uns sogleich inmitten einer der geschichtsträchtigsten Weinstuben der Pfalz.
Verwinkelt, gemütlich und auch ein bisschen eng ging es hier zu. Das Innere des Zehntkellers atmete grundpfälzische Gastlichkeit. Und das auf äußerst sympathische Art und Weise. Es empfing uns eine gesunde Mischung aus Heimat- und Lebensgefühl, die gänzlich ohne Effekthascherei und falsche Folklore auskam.
Weißgetünchte Wände wechselten sich mit unverputztem Gemäuer ab. Dunkle Holzbalken und robuste Stützpfeiler aus Sandstein zeichneten sich für die Statik des Gastraumes verantwortlich. Auf derbem Fliesenboden stand stabiles Holzmobiliar. Die blanken Tische waren lediglich mit ein paar Läufern, Teelichtern und dezenter Blumendeko ausgestattet.
Auf den harten Sitzflächen der Stühle und Holzbänke lagen ausreichend Kissen, die für bequeme Verhältnisse sorgten. Hinten links versteckte sich ein altes Klavier. Auf der rechten Seite, gleich neben dem Eingang, schloss sich der von allerlei Weinflaschen bevölkerte Ausschanktresen an. Für dunklere und hellere Bereiche im Gastraum sorgten die unregelmäßig verteilten Hängelampen. Ein lauschiges Stück Vorgestern, das hier ganz zeitlos auf seine traditionsverbundenen Gäste wartete.
Robert Seither, mein guter Freund aus längst vergangenen Grundschultagen, gibt hier den Wirt alter Schule. Mit Schiebermütze („Batschkapp“ sagt der Pfälzer) und dialektgefärbtem Zungenschlag bediente er zusammen mit einer weiteren Servicekraft seine Gäste und ließ so ganz nebenbei auch noch die Luft aus den Schoppengläsern. Thekendienst ist im Zehntkeller schließlich Männersache. Seine Frau Esther Jäger kümmert sich da lieber um die Zubereitung der Speisen, denn hier kocht die Chefin!
Auf einer großen, eingerahmten Schiefertafel war die Weinempfehlung des Monats, eine Rotweincuvée namens „Ensemble“ (das Viertel für 5,80 Euro) vom Weingut Erlenwein aus dem Nachbarort Ilbesheim, nachzulesen. Auch der Spitzenwermut von Stefan Dorst & Consorten („Merwut“ auf Eis) wurde hier als Aperitif angeboten. Schon draußen vor der Tür entdeckten wir mehrere Tafeln mit Tagesempfehlungen. Blumenkohlsuppe (4,20 Euro), Gemüsequiche mit Salat (9,80 Euro) und Matjesfilet in Apfel-Zwiebel-Sahne mit Pellkartoffeln (10,80 Euro) lauteten an diesem Abend die kulinarischen Anregungen.
Die eigentliche Speisenkarte war auf ein Brett geklemmt und gab zunächst einen Überblick über das täglich wechselnde Wochenangebot. Klassische Hausmannskost wie etwa Kalbsragout mit Spätzle, Lende im Backteig mit Kartoffelpürée, Eier in Senfsauce, Linseneintopf oder Schweinebraten mit Karottenstampf bestimmte das für eine Weinstube ziemlich abwechslungsreiche Programm bei den Tagesgerichten.
Ein Blatt weiter auf der Standardkarte waren die üblichen regionalen Deftigkeiten in Form von Leberknödel, Bratwurst und Saumagen vertreten. Und das zu äußerst konsumentenfreundlichen Preisen (knapp über 8 Euro). Neben den hinlänglich bekannten „Pfälzereien“ wurde auch dem panierten Schweineschnitzel sowie dem altbewährten, bei Fleischessern nach wie vor hoch im Kurs stehenden Rumpsteak gehuldigt. Letzteres übrigens ein echtes Prachtexemplar, wie mir der Blick zum Nachbartisch verriet.
Für Vegetarier mit ausgeprägter Käseaffinität standen gebackener Schafskäse, gebackener Camembert, eingelegter Münsterkäse, Weißer Käse (=angemachter Quark) sowie ein eher musisch sozialisierter Handkäs auf dem Speisezettel. Zwei Suppen, ein paar Salatteller mit wechselndem Zubehör, eine Hausmacher Vesperplatte und ein Straßburger Wurstsalat rundeten den konventionellen Teil des Speisenangebots nicht minder gehaltreich ab.
Eine Flasche Mineralwasser von Gerolsteiner (3,50 Euro) stellte sich brav in den Dienst der Durstbekämpfung, während ein Viertel vom trocken ausgebauten Sauvignon Blanc des benachbarten Weinguts Siegrist (5,80 Euro) unseren Weinsinn schärfte. Vorneweg gönnten wir uns ein paar Vitamine, die als Beilagensalat (3,90 Euro) getarnt im gläsernen Schälchen serviert wurden. Dieser überzeugte mit pflanzlicher Frische, die von einem angenehm sauren Essig-Öl-Dressing passend begleitet wurde. Als Hauptgänge fungierten gebackener Schafskäse (7,80 Euro) und der nicht nur bei Pfälzer Wandervögel so beliebte „Schiefe Sack“ (8,40 Euro). Diese Liaison aus einem fluffigen Leberknödel und einer deftigen Bratwurst hat schon viele ausgehungerte Hüttengänger gestärkt auf die nächste Etappe geschickt. Der obligatorische Sauerkrauthügel und die dunkle Saucenpfütze durften da natürlich nicht fehlen.
Schon der erste Biss in die kross angebratene Wurst ließ auf gute Metzger-Qualität schließen. Auf Nachfrage war dann auch die Herkunft der beiden Schweinereien schnell geklärt. Die Metzgerei Rummel aus dem nicht weit entfernten Böchingen zeigte sich für deren Herstellung verantwortlich. Die Konsistenz der Leberknödel zeichnete sich durch eine lockere Beschaffenheit aus. Aber auch geschmacklich ließ der stattliche Fleischkloß nichts zu wünschen übrig. Er hatte eine angenehme Würze, die gut mit der Säure vom Kraut harmonierte. Das mit einem guten Schluck Weißwein veredelte Sauerkraut machte in der Tat seinem Namen alle Ehre. Schön lang geköchelt hatte es genau die richtige Konsistenz. In der Summe ergab das ein Pfalzteller ohne Schwächen. Zugegeben: recht einfache Hausmannskost, diese aber wunderbar schmackhaft auf den Teller gebracht. Kompliment!
Meine Verlobte haderte dagegen etwas mit ihrem Schafskäse aus dem Ofen. An den Zutaten lag das nicht. Die Kombi aus Tomaten, Peperoni, Zwiebeln, Oliven und dem weich gebackenen Käsequader schwamm regelrecht in Öl. Da hätte es schon einer kompletten Stange Weißbrot bedurft, um den öligen Inhalt der Tonschüssel aufzusaugen. Geschmacklich war da nichts auszusetzen. Wie auch bei meinem Gericht wurde nicht mit der Zugabe frischer Kräuter, in dem Fall Glattpetersilie, gegeizt. Als ich mir ein paar Wochen zuvor an gleicher Stelle ein Schweineschnitzel „Wiener Art“ einverleibte, fiel mir das schon auf. Damals war es gehackter Schnittlauch, der meinem frisch der Pfanne entstiegenen, panierten Folklorestück ein wenig mehr würzige Frische verlieh. Und auch bei genauer Betrachtung des Fotos vom „Schiefen Sack“ wird man die darüber gestreuten Petersilienhäcksel wohl kaum übersehen.
Die Frage nach einem Nachtisch stellte sich in Anbetracht der beiden gerade so bewältigten Pfalzportionen nicht. Wäre ich Kaffeetrinker, hätte ich wahrscheinlich den angebotenen Barraquito (3,50 Euro), eine Kaffeespezialität von den Kanarischen Inseln, probiert. Den bekommt man schließlich nicht in jeder Weinstube.
Den Zehntkeller kann man guten Gewissens wieder empfehlen. Den Ort Leinsweiler als Ziel für einen Tagesausflug sowieso.
Für mich zählt das direkt an der Weinstraße gelegene Örtchen Leinsweiler mit zu den schönsten Flecken unserer Region. Der von malerischen Winzerhöfen und urigen Fachwerkhäusern geprägte Ortskern versprüht besonders in der warmen Jahreszeit schoppenweise Pfalzromantik. Aber auch sonst liefert die pittoreske Gemeinde ihren Besuchern herrliche An- und Ausblicke.
Gerne beginnen wir hier unsere Wanderungen in den nahegelegenen Pfälzerwald, an dessen hügeliger, von Weinbergen bestimmter Randzone sich das Dörfchen befindet. Die klimabegünstigende Lee-Wirkung des Pfälzerwaldes, die für die überdurchschnittliche Anzahl an... mehr lesen
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"Nostalgische Pfälzer Weinstube erfolgreich wiederbelebt!" marcO74Für mich zählt das direkt an der Weinstraße gelegene Örtchen Leinsweiler mit zu den schönsten Flecken unserer Region. Der von malerischen Winzerhöfen und urigen Fachwerkhäusern geprägte Ortskern versprüht besonders in der warmen Jahreszeit schoppenweise Pfalzromantik. Aber auch sonst liefert die pittoreske Gemeinde ihren Besuchern herrliche An- und Ausblicke.
Gerne beginnen wir hier unsere Wanderungen in den nahegelegenen Pfälzerwald, an dessen hügeliger, von Weinbergen bestimmter Randzone sich das Dörfchen befindet. Die klimabegünstigende Lee-Wirkung des Pfälzerwaldes, die für die überdurchschnittliche Anzahl an
Geschrieben am 28.04.2019 2019-04-28| Aktualisiert am
28.04.2019
Besucht am 02.03.2019Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 168 EUR
Es war ein kühler Samstag Anfang März und im Mannheimer Luisenpark leuchtete der Winter. Ein spontaner Trip nach „Monnem“ führte uns zusammen mit unseren Freunden (und ihrer kleinen Tochter) in die größte Parkanlage der Quadratestadt. Es war der vorletzte Tag der Veranstaltung „Winterlichter 2019“, die unseren Parkbesuch zu einem ganz besonderen Erlebnis machte. Dafür verzichteten wir sogar auf den geplanten Rundgang durchs Collini-Center mit anschließender Karl Schmucker-Ausstellung zum Thema „Brutalismus – Alles nur Sichtbeton?“.
Unsere Freunde hatten schon im Vorfeld einen Tisch für 5 Personen im Dachgeschoss des Musikparks, dem 2004 gegründeten, ersten Start-Up-Center für die deutsche Musikbranche, reserviert. Im Rooftop-Restaurant des Existenzgründungszentrums sollte uns laut deren Homepage „feines Urban-Cooking“ mit bester Aussicht erwarten. Der Ort gemahnte mich zwar an weniger erbauliche Zeiten meines Privatlebens, aber diese waren ja Gott sei Dank schon eine Weile her. Also warum nicht mal wieder das höchstgelegene Hafenrestaurant Mannheims besuchen?
Die Küche befindet sich im Mannheimer Stadtteil Jungbusch. Früher ein eher heruntergekommener Stadtbezirk mit hoher Sozialproblematik, gilt er heute als Multi-Kulti-Viertel mit Wachstumspotenzial. Da hat die ebenfalls in der Hafenstraße beheimatete Popakademie, die früher so manch bekannten „Sohn“ der Quadratestadt als Gastdozenten duldete, sicher auch ihren Anteil zur Aufwertung des Viertels beigetragen.
Unser Auto stellten wir ganz ungeniert direkt neben dem Gebäudekomplex ab. Der Open-Air-Club „Hafen 49“, Mannheims „durchgeknalltester Hideout“ bzw. „urbaner Wahnsinn in Reinform“ (laut deren Facebookseite) mit Sonnendeck und Electrobeats, befand sich ja noch im offline-Modus äh Winterschlaf. Wir also rein in den Aufzug und hoch in den 5. Stock. Dort war schon richtig was los. Ein bunter Klientelmix sorgte für belegte Tische und leider auch einen erhöhten Geräuschpegel.
Gut, dass wir im Vorfeld reserviert hatten. An einer längeren Tafel, die aus mehreren zusammengeschobenen Holztischen bestand, wurden wir von einer der vielen jungen, stets gut aufgelegten Servicekräfte platziert. Mein Blick fiel gleich auf den offenen Teil der Küche mit angeschlossenem Tresen. Dort wurde eifrig gewokt und gebrutzelt. Die hauptsächliche Küchenarbeit fand jedoch dahinter, in einem nicht einsehbaren, separaten Raum statt.
So wuselig es hinter dem Ausschanktresen zuging, so ausgelassen war auch die Stimmung im Raum. Unsere Tischgespräche bedurften schon einer gewissen Anstrengung. Trotzdem fühlten wir uns hier nicht unwohl, was in erster Linie der angenehmen Beleuchtung geschuldet war. Auch die Einrichtung des Ladens erleichtert uns das Ankommen. Retro-Chic meets urban-chabby: 70er Jahre Kugelleuchten, dezente Deckenspots und Lichttüten auf den derben Holztischen sorgten für ein stimmungsvolles Ambiente.
Alles ziemlich „casual“ halt, da passte natürlich auch das im Einmachglas aufbewahrte Besteck zur im Klemmbrett gereichten Speisenkarte wie der Zotteldutt zur Hornbrille der Mannheimer Dauerhipster um uns herum. Die Kola mit germanischem „K“ hörte selbstverständlich auf den Vornamen „Fritz“. Das Bier von der Privatbrauerei Welde stammte aus der Region, genauer gesagt aus dem kurpfälzischen, südöstlich von Mannheim gelegenen Örtchen Plankstadt. Natürlich stand auch eine respektable Aperitif- und Cocktail-Auswahl bereit, um sich in die lässig-coole „Küchenlandschaft“ adäquat einzugrooven.
Nach Durchsicht der auf zwei Seiten beschränkten Abendkarte war mir schon klar, dass man hier jedem Geschmack Rechnung tragen wollte, was natürlich zu Lasten einer eindeutigen kulinarischen Handschrift ging. Grundsätzlich habe ich nichts gegen Crossover-Küche, aber ein roter Faden sollte schon vorhanden sein. So kam mir die bunte Speisenpallette eher wie ein willkürlich zusammengebastelter Food-Mix aus verschiedensten Regionen der Erde vor.
Indische Linsensuppe, Rote Bete Hummus, Miso Pot, Pfälzer Pasta, Asia Burger, Schweinebäckchen und Chicken Tikka Masala standen da so einträchtig nebeneinander, als hätte die World Cuisine das 5.Stockwerk eines Mannheimer Hafengebäudes zu ihrem Epizentrum erklärt.
Also gut, probieren geht ja bekanntlich über lamentieren. Wir bestellten dann mal munter drauflos, um uns ein möglichst breites Bild von der Kulinarik des Ladens zu machen. Das komplette Vorspeisenprogramm orderten wir als „Tapas-Variation“ (16,90 Euro) zum Teilen. Ein Lillet Wildberry (7,50 Euro), ein Welde IPA (0,33l für 4,80 Euro), eine Flasche Vöslauer Mineralwasser (0,75l für 6 Euro), eine Fritz-Orangenlimo (0,2l für 2,70 Euro) und ein Pernod mit Eis (und Wasser) machten den Anfang. Später gesellte sich noch eine Flasche Grüner Veltliner namens „Aufwind“ (28 Euro) vom Bad Dürkheimer Weingut Hensel dazu.
Der gemischte Tapas-Teller war mit einer abwechslungsreichen Auswahl an vornehmlich kalten Antipasti belegt. In der Mitte befand sich ein Schälchen mit Hummus. Die rot gefärbte Sesam-Kichererbsen-Paste wurde von gerösteten Sesamkörnern und Olivenöl geschmacklich etwas aufgewertet, blieb aber – ganz entgegen ihrer Farbe – im Vergleich mit orientalischen Vertretern der Gattung Fladenbrotaufstrich ziemlich blass. Die fehlte es doch deutlich an so entscheidenden „Geschmacksboostern“ wie Knoblauch oder Kreuzkümmel.
Die in Orangenöl marinierten Oliven überließ ich gerne meinen Tischkollegen. Bei dem Häuflein gebratener Zucchini bzw. Paprika, das in der Karte als „gebratenes winterliches (?) Gemüse“ angepriesen wurde, hatte man es mit der Dreingabe von Öl etwas übertrieben. Die mit Parmesankäse gratinierten Kürbisspalten wurden am Tisch gelobt. Auch der Parmaschinken und der mit Basilikumpesto und Cocktailtomaten garnierte Büffelmozzarella hatten anständige Qualitäten vorzuweisen. Insgesamt ein netter Einstieg, der keine großen geschmacklichen Ausreißer nach oben und nach unten implizierte.
Unsere Freunde hatten das Chicken Tikka Masala (15,50 Euro) und den Miso Pot (13,50 Euro) gebucht, während wir uns für die gebackene Aubergine (15,90 Euro) und das Entrecôte von der deutschen Färse (23,90 Euro) entschieden hatten. Dem indischen Hähnchenklassiker fehlte es eindeutig an Wumms. Die zusammen mit Duftreis servierte Bowl war leider allzu deutlich auf den deutschen Gaumen gemünzt und kam entsprechend entschärft auf den Tisch. Auch der Miso-Man neben mir hätte sich bei seinem mit Weizen-Pasta, Pak-Choi, Sprossen, Koriander und Sojabrühe gefüllten Pot sicher nicht über eine beherztere Asia-Würze beschwert. Handwerklich war jedoch beides solide zubereitet. Schade nur, dass das große Kino am Gaumen ausblieb.
Bei meiner als Zwischengang bestellten Linsensuppe (8,50 Euro) war wohl das Garam Masala ausgegangen. Ich dachte wehmütig an die letzten Sommer im Berliner Restaurant „Zaika“ genossene, ebenfalls auf Basis roter Linsen hergestellte Dal und war doch ein wenig enttäuscht. Trotz frischem Koriander on top ließ das feinpürierte Süppchen geschmacklich doch sehr zu wünschen übrig und leider auch jegliche indische Schärfe vermissen. Aromatisch betrachtet erschien mir der nahe Osten ferner denn je.
Hübsch anzusehen, aber auf der Zunge ebenfalls zu sehr auf Mainstream getrimmt, geriet der recht übersichtlich angelegte Hauptgang von der gebackenen Aubergine, die von leicht angeröstetem Blumenkohl, mehreren Klecksen Fetacrème sowie ein paar roten Granatapfeltupfern flankiert wurde, zum kleinsten gemeinsamen Geschmacksnenner für den eingefleischten Redundanzvegetarier. Meine Verlobte genoss ihn trotzdem, auch wenn die ein oder andere Aubergine mehr den stolzen Preis von fast 16 Euro eher gerechtfertigt hätte.
Zu meinem Entrecôte wurde das passende Schneidewerkzeug von Laguiole gereicht. Das schön durchwachsene Zwischenrippenstück (gut gewollte 230 g) mit charakteristischem Fettauge überzeugte mit kräftigem Fleischgeschmack und dem perfekten Gargrad, der wie gewünscht medium-rare ausfiel. Das marmorierte Stück Rind lag auf einem Bett aus Fregola-Pasta, die das klassische Risotto ersetzen sollte. Genauso wie ein Risotto waren die sardischen Kugelnudeln nämlich auch zubereitet. Auch hier hielt man sich mit dem Würzen eher zurück und überließ den Gaumenkitzel lieber den crunchigen Parmesanchips und der dunklen Jus, die das Ensemble stimmig komplettierten. Ein guter Hauptgang zweifellos, der mit mehr Schmackes sogar das Zeug zum glücklich machenden Soulfood gehabt hätte. Dazu hätte es nur ein wenig mehr Risikobereitschaft beim Abschmecken bedurft. In der Summe hat das aber gepasst, zumal ich die Fregola-Kügelchen auf meinen Reisen nach Sardinien in Kombination mit Meeresfrüchten kennen und schätzen gelernt habe.
Auch lobenswert: der „grüne“ Weiße von Hensel, der nach Apfel oder Aprikose oder Birne oder was weiß ich nicht alles roch. Ein eleganter und gleichzeitig fülliger Weißwein, der zudem mit sehr angenehmer Säure ausgestattet war.
Fazit:
In der Küche im Jungbusch möchte man es kulinarisch jedem Gast recht machen und zollt mit einer breit aufgestellten Auswahl an Speisen den unterschiedlichsten Geschmäckern und Küchentrends Tribut. Leider kratzt man hier - was die Aromentiefe betrifft - nur an der Oberfläche. Überraschende Gaumenerlebnisse haben wir genauso vermisst wie eine klare Handschrift des Küchenchefs. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist in Anbetracht der verarbeiteten Produkte und ihrer recht unspektakulären Darbietung als etwas zu hoch einzuordnen, was sich aber mit äußeren Standortfaktoren wie Hafenflair, Jungbuschfeeling und Industrieromantik erklären lässt. Egal, dem Hipster aus der urbanen Mittelschicht wird es hier genauso gefallen wie dem Dozenten von der benachbarten Popakademie. Denn jede Subkultur sehnt sich ab und zu nach Mainstream. Im Dachgeschoss der Hafenstraße hat man dafür sogar den passenden Ausblick.
Es war ein kühler Samstag Anfang März und im Mannheimer Luisenpark leuchtete der Winter. Ein spontaner Trip nach „Monnem“ führte uns zusammen mit unseren Freunden (und ihrer kleinen Tochter) in die größte Parkanlage der Quadratestadt. Es war der vorletzte Tag der Veranstaltung „Winterlichter 2019“, die unseren Parkbesuch zu einem ganz besonderen Erlebnis machte. Dafür verzichteten wir sogar auf den geplanten Rundgang durchs Collini-Center mit anschließender Karl Schmucker-Ausstellung zum Thema „Brutalismus – Alles nur Sichtbeton?“.
Unsere Freunde hatten schon im Vorfeld einen... mehr lesen
Die Küche - Jungbusch
Die Küche - Jungbusch€-€€€Restaurant, Bar, Loungebar0621 63745020Hafenstr. 49, 68159 Mannheim
3.0 stars -
"Hier war nur der „Roof“ top – auf den Tellern regierte hingegen trendig-urbane Durchschnittskost, die wohl eher den risikoscheuen Redundanzesser erfreut" marcO74Es war ein kühler Samstag Anfang März und im Mannheimer Luisenpark leuchtete der Winter. Ein spontaner Trip nach „Monnem“ führte uns zusammen mit unseren Freunden (und ihrer kleinen Tochter) in die größte Parkanlage der Quadratestadt. Es war der vorletzte Tag der Veranstaltung „Winterlichter 2019“, die unseren Parkbesuch zu einem ganz besonderen Erlebnis machte. Dafür verzichteten wir sogar auf den geplanten Rundgang durchs Collini-Center mit anschließender Karl Schmucker-Ausstellung zum Thema „Brutalismus – Alles nur Sichtbeton?“.
Unsere Freunde hatten schon im Vorfeld einen
Besucht am 01.03.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 87 EUR
Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche der „Guide“ ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis attestierte. Seit 2012 lacht hier dem einkehrenden Gourmand ein keckes Michelin-Männchen, das für „sorgfältig zubereitete und preiswerte Mahlzeiten“ steht, entgegen.
Die Rede ist vom Restaurant Geberts Weinstuben, dessen beeindruckende Historie bis ins Jahr 1887 zurückreicht. Ihr Namensgeber Johann Gebert war Bäcker und zudem mit einer Winzertochter verheiratet. Klar, dass der Backstube irgendwann eine Weinstube angegliedert wurde, was auch den Plural im Namen erklärt. Vor 45 Jahren war es Wolfgang Gebert, der Vater des heutigen Küchenchefs und Inhabers Frank, der aus der Weinstube eine Anlaufstelle für Feinschmecker und Genießer machte. Frank Gebert führt seit 2007 zusammen mit seiner Frau Dagmar das alteingesessene Lokal in der Mainzer Neustadt und setzt dabei auf deutsche Klassik mit klar erkennbarem französischem Akzent. Und dieser Küchenmix scheint richtig gut anzukommen.
Wir waren recht früh dran an jenem kalten Freitagmittag. Die Frage nach unserer Reservierung verneinten wir mit der gleichen Spontanität, die schon unserer Einkehr zugrunde lag. „Wolle mern roilosse?“ Beim Anblick der blau-gelb-roten Faschingsdekoration, welche die Fenstersimse bevölkerte, lag mir schon die Suggestivfrage aus „Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht“ auf der Zunge, aber die junge Dame vom Service hielt anscheinend noch ein paar Kapazitäten für Laufkundschaft bereit. Sie bot uns einen zentral gelegenen Tisch inmitten des vorfastnachtlich geschmückten „Wohnzimmers“ der Geberts an. Tanzende Harlekins und bunte Narrenkappen kündeten von der fünften Jahreszeit. An der Decke befestigte Farbbänder schwebten girlandenartig über den Dingen.
Doch auch ohne die zurückhaltend arrangierte Fassenachtsdeko hatte der Gastraum einige Hingucker in Sachen ungewöhnlicher Einrichtung zu bieten. Allein die kleinteilig gläsernen Retro-Kristallleuchter, die pompös von der Decke baumelten, sorgten für Aufsehen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Eine mit allen erdenklichen spirituellen Wassern ausstaffierte Anrichte entstammte wohl dem vorigen Jahrhundert. Ein Querspiegel mit breitem Silberrahmen hing raumvergrößernd über einer langen Couch, die mit ihren samtbezogenen Kissen im Schnörkellook den Vintage-Gedanken aufrechterhielt.
Bei den übrigen, sehr bequem gepolsterten Sitzmöbeln regierte die Farbe Violett, die sich auch bei den Vorhängen fortsetzte. Sie passte sowohl zur güldenen Wandtapete als auch zum rustikalen Holzdielenboden ganz prima. In stilvolles Weiß gehüllte Tische, auf Hochglanz polierte Weingläser, kleine Brottellerchen, Zweifachbesteck aus Silber und hübsch gefaltete Stoffservietten zeugten von klassischer Tafelkultur ohne jeglichen Muff. Ein rundum würdiger Rahmen für ein hoffentlich ebenso genussvolles Mahl war gegeben.
Schon beim Aufklappen der Speisenkarte jauchzte ich innerlich vor Freude. Großes Format – kleine Auswahl. Genauso mag ich es am liebsten. Bei den Aperitif-Empfehlungen fiel mir sofort der „Quitten Royal“, ein mit hausgemachtem Quittenlikör aufgefüllter Riesling-Sekt, ins Auge. Nicht die 7,80 Euro für das Gläschen (0,1l), sondern die Aussicht auf einen guten Rotwein zum Essen und die bevorstehende Rückfahrt in die Pfalz verwehrten mir den Trinkspaß vorweg. Klar hätte es auch eine mit Ingwer, Kurkuma und Zimt verfeinerte Quitten-Limonade (0,1 l für 4 Euro) sein können, aber in Anbetracht der überaus verlockend klingenden Vorspeisen, wurde jene schnell überlesen. Stattdessen sollte eine Flasche Gerolsteiner (0,75l für 6,50 Euro) unserem Durst Einhalt gebieten.
In Zitronenpfeffer geräucherter Label-Rouge-Lachs mit frischem Apfelmeerrettich (12,80 Euro), hausgemachte Geflügelterrine mit Quittenchutney (10 Euro) und französische, in Geberts Kräuterbutter gefallene Weinbergschnecken (das halbe Dutzend für 9,50 Euro) ließen mich gedanklich ins benachbarte Elsass abdriften. Klare Entenessenz mit Käsegebäck (7,80 Euro) und Hamburger Krebssüppchen mit Cognac (7,50 Euro) ließen schon den Suppenkasper in mir schlürfen, ehe eine dreigängige Menüempfehlung die à-la-Carte-Träume eines gestandenen Kulinaristen mühelos unter sich begrub.
Zum Preis von 36 Euro hatte Frank Gebert ein appetitlich klingendes Dreigang-Menü zusammengestellt. Es bestand aus der schon erwähnten Geflügelterrine, geschmorten Kalbsbäckchen auf Kartoffelpüree, glaciertem Marktgemüse und sautierten Pilzen sowie einem zartbitteren Schokomousse mit Pommeranzen-Sorbet und frischen Beeren. Selbst die verführerisch klingenden Hauptspeisen, unter denen sich so reizvolle Leib- und Magengerichte wie Züricher Kalbsgeschnetzeltes oder rosa gebratener Rehrücken an Wacholderrahmsauce tummelten, ließen uns nicht von dem Menügedanken abrücken. Zweimal drei Gänge wurden in Auftrag gegeben.
Beim Blick in die großzügige Flaschenweinkarte wurde die frühere Bestimmung dieses Anwesens mehr als deutlich in Erinnerung gebracht. Nach Rebsorten bzw. Weinbauregionen sortiert, waren es vor allem die viele Großen Gewächse aus der Riesling-Traube, die für Aufsehen sorgten. Rheinhessen, Rheingau, Mosel, Nahe, Saar und auch die Pfalz bestimmten das mit Bedacht zusammengestellte Angebot. Namhafte Pfälzer Winzer wie der Laumersheimer Philipp Kuhn oder Friedrich Becker aus Schweigen durften da nicht fehlen. Aber auch ein paar rote Trouvaillen aus dem Burgund und dem Rhônetal waren vertreten.
Mehr wie ein Viertel sollte es an diesem Tag allerdings nicht werden. Die Entscheidung fiel auf die saftig-fruchtige Rotweincuvée „Villa Bürklin“ vom Weingut Dr. Bürklin-Wolf aus Wachenheim an der Weinstraße. Das aus den Rebsorten Spätburgunder, Dornfelder und Sangiovese (!) verschnittene Trinkvergnügen zeichnete sich durch eine zugängliche Struktur und einen kraftvollen Körper aus. Die 8,50 Euro für den leckeren Roten aus der heimischen Pfalz waren definitiv gut angelegt.
Langsam füllte sich der Gastraum. Geschäftsleute, eine Gruppe von Pensionären, die anscheinend etwas zu feiern hatten und juvenile Mittvierziger bevölkerten die gute Stube der Geberts. Doch bevor das andächtige Schweigen der Schlemmer so richtig einsetzte, grüßte die Küche mit frischem Baguette und Gänseschmalz. Mit etwas Salz und Pfeffer verfeinert ein durchaus wohlschmeckender Appetitanreger, der als kulinarische Vorhut getarnt dem ersten Hunger trotzig die fettige Stirn bot.
Den ersten Gang hätte ich so auch in einem gehobenen Elsässer Landgasthof erwartet. Zwei veritable Scheiben von der hausgemachten Geflügelterrine wurden von einem schön sauer angemachten Salatbouquet und einem à part im Schälchen gereichten Quittenchutney kongenial begleitet. Die würzige Terrine, die von einem weißen Speckrand umgeben war, hatte zwischen der pürierten Grundmasse viele Fleischstücke zu bieten. Zu den obligatorischen Pistazien gesellten sich noch eingeweichte Rosinen und rosa Pfefferkörner. Säure und Frische kam vom herzhaften Salattürmchen. Für ausgleichende Süße sorgte das geleeartige Quittenchutney. Besser hätte man die deftige Geflügelpaté nicht einrahmen können. Einziger kleiner Schwachpunkt war die Portionsgröße. Als Vorspeise eines dreigängigen Menüs hätte sie meiner Meinung nach etwas schmaler ausfallen dürfen. Ansonsten war das vom Geschmack ein sehr überzeugender Auftakt.
Maître Geberts unverkennbarer Hang zu ambitionierter Hausmutterküche im Sonntagskleid kam spätestens bei den geschmorten Kalbsbäckchen voll zum Tragen. „So und nicht anders müssen die gemacht werden!“ hätte der Bäckchen-Fachmann unseres Wörther Schlemmerclubs über die herrlich mürben Fleischhügel geurteilt. Langfaserig und kollagenhaltig präsentierte sich das saftige Schmorfleisch, das auf einem fein abgeschmeckten, dicken Klacks Kartoffelpüree thronte und von knackigem Wurzelgemüse begleitet wurde. Höhepunkt dieser Gaumenorgie war jedoch der dunkle Beiguss zu den beiden prächtigen Schmorbacken. Die beeindruckend tiefgründige Jus verriet den Aufwand und das Können, das in Frank Geberts Zubereitungen steckt. Und das ganz ohne kraftmeierische Attitüde, sondern mit sicherer Hand beim Ansetzen und Abschmecken. Süßlich-herbe Röstaromen ließen auf eine erfolgreiche Maillard-Reaktion schließen, die ein kräftiger Rotwein beim Ablöschvorgang zur richtigen Zeit unterband. So einen ehrlich gekochten, aromatisch-dichten Soßenfond hätte selbst der legendäre Haynaer Saucengott Karl-Emil Kuntz nicht besser hinbekommen. Großes Kompliment, das wir auch gegenüber der jungen Servicekraft äußerten und das bis in Frank Geberts Küche drang.
Dieser ließ sich nicht lumpen und schickte eine Extraladung des betörend leckeren Elixiers an unseren Tisch. Bis auf den letzten Tropfen leerten wir die silberne Sauciere und hätte es die gute Erziehung nicht verboten, ich hätte sie sogar vor Ort noch ausgeschleckt.
Auch hier war das einzige kleine Manko die Größe der Portion. Ein Bäckchen hätte locker gereicht, zumal auch das Pürée kein Kind von Spärlichkeit war. Sei es drum. Wir schafften den Hauptgang gerade so und wollten schon den Dessertverzicht signalisieren, da beschlich uns dann doch die Lust auf einen süßen Abschluss.
Der wurde uns nach angenehmer Wartezeit in Form zweier fluffiger Nocken Schokomousse, ein paar aufrechten Waldbeeren sowie einer Kugel vom säuerlich-frischen Pommeranzen-Sorbet serviert. Auf dem mit Schoko-Nuss-Lackierung versehenen, länglichen Porzellan steuerten rote Fruchttupfer und gelbe Mangowürfel weitere Farb- und Geschmacksakzente bei. Irgendwie passte der Teller farblich zur Fastnachtsdeko, so mein erster Eindruck. Damit es zwischen den Zähnen auch ein wenig kracht, fungierte eine Mandelhippe als Knuspersegel zwischen den beiden weichen Schokokissen. Dieser süß-herben Versuchung konnte selbst das fortgeschrittene Stadium der Sättigung wenig anhaben. Nur die durch den Pacojet gejagte Pommeranzenkugel war mir schlichtweg zu sauer.
Pappsatt und hochzufrieden machten wir uns wieder auf den Heimweg in Richtung Pfalz. Die nicht minder enthusiastische Rezension von GG-Kollege Nolux aus dem Jahr 2014 habe ich erst nach meinem Besuch bei den Geberts gelesen. Seine Empfehlung teile ich zu 100 Prozent. Essen, Service, Ambiente und PLV passen hier einfach. Seiner Schreibe nach zu urteilen dürfte der werte Herr Nolux immer noch von seiner Perlhuhnbrust mit Mandelbällchen träumen. Die würde ich dort auch nicht ausschlagen.
Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche... mehr lesen
5.0 stars -
"Gesamtkostwerk: Gemütlichkeit! - Altbekannte Mainzer Wohlfühladresse, die sich kulinarisch zwischen Ambition und Tradition bewegt und das mit Erfolg" marcO74Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche
Geschrieben am 06.04.2019 2019-04-06| Aktualisiert am
06.04.2019
Besucht am 26.03.2019Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 17 EUR
Schon dreimal war ich in den letzten Wochen bei Jochen. Was wie ein platter Treppenwitz klingt, ist jedoch genau so passiert. Und zwar in der Eggensteiner Straße 11 im Karlsruher Stadtteil Knielingen. Ehrlich gesagt bin ich vorher einige Male an dem nicht gerade einladend wirkenden Thai-Lokal vorbeigefahren ohne davon groß Notiz zu nehmen. Mit „Bonjour, Tristesse!“ würde ein von mir sehr geschätzter GG-Schreiberling die in die Jahre gekommene Fassade treffend analysieren. Aber die kulinarische Neugier siegte über das eher schmucklose Äußere des Restaurants und so war ich Ende Januar zum ersten Mal zu Gast bei „Thai-Jochen“ und seiner thailändischen Frau Emely, um ein paar ihrer Spezialitäten auszuprobieren.
Keine Ahnung, wie lange der Laden schon existiert. Jochen hat es mir bestimmt erzählt, aber das menschliche Gedächtnis verdrängt auch gerne mal was. Nicht so leicht zu verdrängen ist das etwas in die Jahre gekommene Erscheinungsbild des Gebäudes, in dessen Parterre sich der Asia-Schuppen befindet. Die großen Schaufenster deuten auf eine frühere Nutzung als Verkaufsladen hin. Die hohe Fensterfront erhellt zweifellos den Raum, aber bei entsprechend intensivem Sonnenschein kann es leicht passieren, dass man als Gast mit dem Gargrad seiner Grillente auf dem Teller gleichzieht. Vielleicht würden ja ein paar Jalousien oder Vorhänge Abhilfe schaffen.
Ein ungewöhnlicher Mix aus altem Wirtshausmobiliar – entweder vom Vorgänger übernommen oder im Internet ersteigert – und Devotionalien aus Fernost erwartet den Gast beim Eintritt in das nicht besonders gemütlich wirkende Innere des Lokals. Dunkle, abgewetzte Fliesen, leidlich bequeme Polsterstühle, weißgestrichene Wände, mit Bambusmatten verkleidete Säulen und von der Decke baumelnde, bedruckte Asia-Schirme aus Bambus und Reispapier fielen mir ins Auge. Der Thekenbereich erinnerte an vergangene Kneipentage. Der frühere König Chulalongkorn, den sie auch Rama den Großen nannten, grüßte über der Eingangstür. In der Summe wirkte das Interieur recht behelfsmäßig zusammengestellt. Vielleicht tut sich da ja noch etwas in den kommenden Monaten bzw. Jahren.
Die Speisenkarte kam laminiert und in doppelseitig bedrucktem DIN-A3-Format an den Tisch. Ein Dutzend Vorspeisen, wovon die Hälfte aus der Suppenschüssel zu löffeln war, ein paar Salate, zehn verschiedene Wok-Gerichte bzw. Curries, Bratreis und Bratnudeln in diversen Ausführungen sowie fünfmal Fisch und fünfmal Vegetarisches stand da gelistet. Bei vielen Speisen konnte man – wie man es beim Asiaten gewohnt ist – die Fleisch- bzw. Fischeinlage wählen. Zwischen knuspriger Ente und gebratenem Huhn lag eine Preisspanne von 3 Euro.
Natürlich gab es die meisten Hauptgerichte auch in der Schweinefleisch-, Rindfleisch- oder der Garnelenversion. Preislich bewegte man sich zwischen 8 und 11 Euro, lediglich bei den Fischgerichten lag man mit 12,50 Euro (Pangasius) und 16,50 Euro (Tilapia) etwas höher. Aber letztere kommen für mich eh nicht in Frage, da die genannten Zuchtfische aus den Asia-Aquakulturen weder gut schmecken, noch besonders gesundheitsfördernd anmuten. „Da kann ich mir ja gleich ein paar Fetzen Küchenrolle einweichen, panieren und in die Pfanne schmeißen!“ sagte einmal ein overhypter deutscher TV-Koch auf die Frage, was er denn von Pangasius-Filet halte. Ich bin zwar selten seiner Meinung, aber hier stimme ich ihm absolut zu.
Die Personaldecke des kleinen Familienbetriebs ist überschaubar. Jochen schmeißt den Service und liefert Essen aus, seine Frau steht am Herd und auch seine Tochter hilft in der Küche. Die geht leider etwas zu Lasten der Sauberkeit im Gastraum. So dauerte es eine ganze Weile bis das Geschirr vom Nebentisch abgeräumt wurde. Bei meinem letzten Besuch Ende März musste ich das verschmutzte Tischset meines Voressers austauschen. Das darf bzw. sollte eigentlich nicht passieren, egal wie viel Manpower zur Verfügung steht.
Den Durst zur Mittagszeit löschte eine Flasche Teinacher Mineralwasser für sehr faire 3,50 Euro. Da das 0,2l-Fläschchen mit 2,30 Euro das Budget belastet hätte, investierte ich gerne in die Dreiviertelliterklasse. Als Vorspeisen genoss ich bisher die frittierten Wan-Tan (3,50 Euro) sowie eine kleine Tom Yam Gung, also eine Tom Yam Suppe mit Garneleneinlage (3,90 Euro). Die sechs knusprigen Teigtaschen wurden im Frittierkörbchen mit typisch süßer Thai-Chilisauce serviert. Sie gerieten nicht zu fettig und erfüllten ihre Aufgabe als Appetizer redlich. Vielleicht hätte die recht sparsame Füllung etwas saftiger ausfallen können, aber das ist auf hohem Niveau geklagt.
Die traditionelle Thaisuppe namens Tom Yam wusste mit pikanter Säure zu gefallen. Sie duftete herrlich nach Zitronengras und die Chilipaste befeuerte den Gaumen. Die Garnelen gingen in der nach Gemüse und Galgant schmeckenden Brühe im wahrsten Sinne des Wortes unter. Aber TK-Ware zieht gegenüber frischen Produkten meistens den Kürzeren. Als eiweißliefernde, eher geschmacksneutrale Einlage taten sie ja auch nicht weh. Was mir immer wieder bei Thaisuppen und -soßen auffällt: je weiter man sich dem Suppen- bzw. Soßenboden nähert, desto schärfer wird die Angelegenheit. Die Gravität der Gewürze eben.
Bei einem Besuch traute ich mich an Emily’s Spezial-Vorspeisenteller für zwei Personen (12,90 Euro), der mir den Hauptgang ersetzte. Das reichbestückte Frittierwerk bestand aus drei Frühlingsrollen, vier Wan-Tans, vier in Backteig versteckten Garnelen, drei stattlichen Hühnerspießen und einer Portion frittiertem Schweinefleisch, das vorher mit Sesam mariniert wurde. Letzteres muss dem Küchenteam spontan eingefallen sein, da ich die auf der Karte genannten Schweinefleischbällchen vergeblich suchte. Die in herzförmigen Schälchen dazu gereichten Saucen gab es in den Ausführungen „süß-sauer“, „scharf“ und „Erdnuss“. Auf dem Teller reich an Gaben war so ziemlich alles Fett, was glänzte.
Über die Wan-Tans habe ich mich ja schon ausgelassen. Sie gehörten zusammen mit den Frühlingsrollen zu den crunchigen Highlights des Fritteusen-Potpourris. Besonders die Rollen haben ein Lob verdient. Innen schön fluffig und mit Hackfleisch bzw. China-Gemüse gefüllt, waren es drei formidable Vertreter der Gattung „Pho pia“ und allem Anschein nach auch selbstgemacht. Die Putenspieße wurden vorher mit Erdnusssauce bestrichen. Sie waren schön knusprig, fielen aber - was das Fleisch betraf - etwas zu trocken aus. Zum Dippen ok, zum Pur-Essen etwas zu staubig.
Die in Backteig gehüllten Garnelen waren eindeutig zu fettig. Hier wäre der nicht ganz so saugfähige Tempurateig eine Alternative gewesen. Über das totfrittierte Schweinefleisch lege ich besser den Mantel des Schweigens. Nur so viel dazu: es schmeckte eher bescheiden und hatte bei seinem Bad im Fett-Jacuzzi sämtliche fleischliche Textur eingebüßt. In einer Blindverkostung hätte ich irgendwo zwischen Soja-Chips und Beef Jerky eingecheckt.
Über die beiden anderen Hauptgerichte, die ich mir hier schon einverleibte, kann ich wesentlich Positiveres berichten. Das „Panaeng Gai“ (Hühner-Curry, 7,80 Euro) zeichnete sich durch eine eher milde Schärfe und eine von der Kaffir-Limette herrührende Frische aus. Man hatte nicht mit der Zugabe von Kokosmilch gespart und so mutete das in einer ovalen Schüssel servierte Thai-Gericht eher wie ein mit reichlich Einlage versehener Asia-Suppeneintopf an. Grüne Bohnen und rote Paprika brachten mit als Rot-Grün-Schwachen fast zur Verzweiflung. Um der üppigen Menge an Sauce Herr zu werden, musste ich sogar noch eine kleine Portion Reis nachordern, die kulanterweise nicht berechnet wurde.
Ein ähnliches Bild bei dem mit „Ped Pad Gra Pau“ betitelten Wokgericht, das mit knusprig gegrillter Ente – die lässt Jochen ganz brutal global aus Thailand „einfliegen“ – on Top daherkam. Hier verhalf herzhaft duftendes Thai-Basilikum der auf Soja-Basis geköchelten Sauce zu mehr aromatischer Tiefe. Bambussprossen, Zwiebeln, Bohnen und Paprika schwammen in der Umami-Brühe, der wohl mit ein wenig MNG geschmacklich auf die Sprünge geholfen wurde. Ein leichtes Bitzeln auf der Zunge entlarvte das Quäntchen E621 im Abgang. Das Fleisch der Ente fiel zwar recht saftig aus, tendierte aber nach kurzer Nachgarzeit ins Gummiartige, wie man das häufig bei Asia-Ware feststellt. Sicherlich nicht das nachhaltigste Geflügelgericht meines Lebens, aber für 10,80 Euro auf jeden Fall preiswerter als der sonst über das Szechuan-Gemüse gelegte Gummiadler beim Otto-Banal-Chinesen.
Klar kommt es in erster Linie auf das an, was auf dem Teller liegt bzw. in der Schale schwimmt, aber mit einem angenehmeren äußeren Erscheinungsbild würde das Knielinger Thai-Lokal sicherlich auch am Mittag mehr Gäste anlocken. Dennoch ist das „Emily’s“ eine sättigende und auch preisgünstige Alternative zu den bereits rezensierten Läden in der Umgebung. Wer keine MNG-Intoleranz hat, Frittiertes gut verträgt und das Saucenbad dem Saucenspiegel vorzieht, der ist in der Eggensteiner Straße 11 gut aufgehoben. Und manchmal reicht das ja auch.
Schon dreimal war ich in den letzten Wochen bei Jochen. Was wie ein platter Treppenwitz klingt, ist jedoch genau so passiert. Und zwar in der Eggensteiner Straße 11 im Karlsruher Stadtteil Knielingen. Ehrlich gesagt bin ich vorher einige Male an dem nicht gerade einladend wirkenden Thai-Lokal vorbeigefahren ohne davon groß Notiz zu nehmen. Mit „Bonjour, Tristesse!“ würde ein von mir sehr geschätzter GG-Schreiberling die in die Jahre gekommene Fassade treffend analysieren. Aber die kulinarische Neugier siegte über das eher schmucklose... mehr lesen
Emily's Thai Spezialitäten
Emily's Thai Spezialitäten€-€€€Restaurant0721 86486901Eggensteiner Str. 11, 76187 Karlsruhe
3.0 stars -
"Karlsruher Mittagstisch – Teil 5: Wer sich nicht vom äußeren Erscheinungsbild abschrecken lässt, kann sich hier großzügig portionierte Thai-Gerichte schmecken lassen" marcO74Schon dreimal war ich in den letzten Wochen bei Jochen. Was wie ein platter Treppenwitz klingt, ist jedoch genau so passiert. Und zwar in der Eggensteiner Straße 11 im Karlsruher Stadtteil Knielingen. Ehrlich gesagt bin ich vorher einige Male an dem nicht gerade einladend wirkenden Thai-Lokal vorbeigefahren ohne davon groß Notiz zu nehmen. Mit „Bonjour, Tristesse!“ würde ein von mir sehr geschätzter GG-Schreiberling die in die Jahre gekommene Fassade treffend analysieren. Aber die kulinarische Neugier siegte über das eher schmucklose
Besucht am 30.01.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 89 EUR
Ende Januar kam es zu einem spontanen Abendessen mit dem Kollegen Daueresser. Die Idee, das im Mannheimer Stadtteil Lindenhof beheimatete Restaurant „Hans Walter“ einmal gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, stammte natürlich von ihm. Der Mannheimer Foodscout, der erst kürzlich mit der Collini-Medaille in Silber ausgezeichnet wurde, schwärmte in den höchsten Tönen nach einem dort genossenen Mittagstisch. Der ungewöhnliche Name des Lokals ließ zunächst nicht auf deutsch-französisch inspirierte Landküche schließen. Doch soll man ein Buch ja nicht nach seinem Umschlag beurteilen und so erlebten wir einen überraschend genussvollen Abend, der uns in unverkrampft lässiger Atmosphäre die ehrlich gekochte Bistroküche von Florian Haas bescherte. Kollege Daueresser hat vor ein paar Wochen einen höchst amüsanten Bericht dazu vorgelegt. Hier nun die „Nachlese“…
Seit September 2017 führt Haas dieses kleine Fleckchen „Savoir vivre“ in der Quadratestadt. Dabei besann er sich bei der Namensfindung auf seine kulinarischen Wurzeln. Sein Großvater Hans war Bäckermeister und leidenschaftlicher Anhänger einer klassisch deutschen Küche, während sein weltoffener Opa Walter in Frankreich kochen gelernt und lange an der badisch-elsässischen Grenze als Küchenmeister gearbeitet hatte. Und so stehen heute die Namen Hans und Walter sinnbildlich für den deutsch-französischen Küchenmix des Bistros an der Meerfeldstraße.
Schon von außen hieß uns die gemütliche Beleuchtung des Restaurants durch seine hohe Fensterfront wärmstens willkommen. Der geschmackvoll eingerichtete Gastraum hatte mächtig viel französisches Flair zu bieten. Das etwas rustikal wirkende Bistromobiliar kam dabei ganz locker ohne Tischdecken aus. Dafür glänzten uns polierte Weingläser von zünftigen Tischplatten aus Naturholz entgegen. Die dunklen Wände und die auf dem Fliesenboden ausliegenden Teppiche sorgten zusätzlich für stimmungsvolle Behaglichkeit.
In die Decke eingelassene Strahler, dezente Wandleuchten und ein paar freihängende Retro-Lampen zeichneten sich für die angenehmen Lichtverhältnisse verantwortlich. Flackerndes Kerzenlicht drang aus gläsernen Windlichtern, gedämpfte Klaviermusik trug zur akustischen Entspannung bei. Wäre da nicht das Restaurantlogo mit den beiden urdeutschen Namen gewesen, wir hätten die männliche Servicekraft glatt mit einem freundlichen „Bonsoir“ begrüßt.
Der Schriftzug „Straße des Handwerks“ leuchtete nicht zufällig über dem Eingang zur Küche, denn für den Pfälzer Küchenchef Florian Haas hat Hausgemachtes oberste Priorität. Der gelernte Koch und Konditor, der vorher im Mannheimer Sternerestaurant Marly gearbeitet hat, zeigte uns schon auf der Schiefertafel mit den Empfehlungen, wie er die deutsch-französische Freundschaft kulinarisch aufzuarbeiten gedachte.
Rinderkraftbrühe (6,90 Euro), Tête de Veau (Kalbskopf) mit Meerrettich-Vinaigrette (9,90 Euro), Kalbsrahmbraten mit Spätzle (21,90 Euro) und Moules Frites (18,70 Euro) standen da in Kreide einträchtig untereinander geschrieben. Für Süßmäuler wartete Mousse au chocolat mit diversen Sorbets (9,90 Euro) sowie das beschwipste Hefekuchendessert namens Baba au Rhum (8,20 Euro).
Auch die Speiseauswahl von der Standardkarte suggerierte franko-germanische Gutbürgerlichkeit. Deftiges aus der heimischen Fleischküche, wie das panierte Schnitzel „Wiener Art“ (14,80 Euro) oder die Rinderroulade à la Opa Walter (17,90 Euro), wechselte sich mit klassischer französischer Hausmannskost ab. Gebackene Boudin noir mit Apfel-Zwiebel-Sauce und Kartoffelpüree (17,80 Euro), Kabeljau auf Rahmkraut (21,90 Euro), Coq au vin „classique“ vom Schwarzfederhuhn (16,70 Euro) sowie das mit Café-de-Paris-Butter und selbstgemachten Fritten servierte Entrecôte (26,90 Euro) durften da natürlich nicht fehlen.
Das Drei-Gang-Menü, bestehend aus einem halben Dutzend Weinbergschnecken in Knoblauch-Gewürzbutter, Schweinemedaillons in Champignonrahmsauce sowie ein paar Kugeln Sorbet kam gerade mal auf 28 Euro. Preislich bewegte man sich bei den Hauptgerichten meist zwischen 15 und 20, bei den Vorspeisen knapp über oder unter 10 Euro.
Für den Männerdurst hatte man sogar ein Helles Augustiner vom Fass (0,5l für 5,10 Euro) auf Lager. Außerdem standen zwei preisgünstige Hausweine vom Weingut Pflüger aus Bad Dürkheim sowie acht verschiedene Weine im offenen Ausschank zur Verfügung. Flaschenweine außer der Reihe gab es wahrscheinlich auf Anfrage, so meine Vermutung.
Doch der Mannheimer Weizenbiertrinker präferierte eine Erdinger Urweisse aus der Halbliterflasche für sportliche 5,10 Euro. Meine Entscheidung fiel zunächst auf einen trockenen Roten aus dem Languedoc von Hecht & Bannier (8,90 Euro für 0,2l). Später gesellte sich noch ein etwas flacherer Côte du Rhône namens „Quatre Cépages“ (7,20 Euro für 0,2l) von Laudun Chusclan Vignerons dazu. Bei den Getränkepreisen ging es also schon wesentlich städtischer zu. Die 0,75l-Flasche Mineralwasser der Marke Selters lag bei gerade noch akzeptablen 5,50 Euro.
Die Rebsorten Carignan und Syrah sorgten bei der ersten, recht vollmundigen Cuvée für kraftvolle Eleganz im Glas. Kräftig ging es auch bei unseren Vorspeisen zu. Meine Rinderkraftbrühe (6,90 Euro) punktete mit üppigem Fleischgeschmack, angenehmer Säure und fluffigen Markklößchen, die vielleicht eine Spur zu sehr nach Knochenmark schmeckten. Spätestens bei den Pfälzer Tapas „neuinterpretiert“ lagen wir jedoch goldrichtig. Hier präsentierte uns Florian Haas Pfälzer Leibspeisen im Kleinformat. Das Material dafür stammte von seinem Hausmetzger aus Mutterstadt. Die Hausmacher Leberwurst hatte Format. Er rollte sie zu einer von krossem Zwiebelcrunch ummantelten Praline. Diese schmierten wir auf das hausgebackene Graubrot, das in seiner Tüte aus Butterbrotpapier an alte Schultage erinnerte.
Fein abgeschmeckt war auch das Häufchen Weinsauerkraut, auf dem ein angebratener Mini-Saumagen thronte. Die Blutwurst packte Haas in eine kross frittierte Wan-Tan-Hülle, während er das mit Essig-Öl angemachte Schwartenmagen-Carpaccio mit Kapern, getrockneten Tomaten, gereiftem Parmesan und Oliven in Richtung Mittelmeer verschob. Die jeweils 8,20 Euro waren für das komplette, vierteilige Tapas-Sortiment sehr gut angelegt.
Bei unseren beiden Hauptgängen gaben wir den deutschen Hausmannskostklassikern den Vorzug. Die mürbe geschmorte, nach Hausfrauenart mit Gurke gefüllte Rinderroulade (17,90 Euro) kam als stattliche Portion mit selbstgemachten Eierspätzle und einer kräftigen Sauce auf den Teller. Separat dazu wurde noch ein Schälchen mit aromatisch duftendem Rotkraut gereicht. Die fluffige Schwabenbeilage wurde kurz vor dem Servieren noch einmal in Butter geschwenkt, was für zusätzlichen Kick am Gaumen sorgte.
Beim Kalbsrahmbraten (21,90 Euro) wurde der ursprünglich geplante Blumenkohlsalat problemlos in einen mit delikatem Kartoffel-Preiselbeer-Dressing angemachten Feldsalat umgewandelt. Auch hier überzeugte die nicht zu helle Rahmsauce auf ganzer Linie. Die beiden beachtlichen Fleischscheiben wiesen eine saftig-mürbe Konsistenz auf. Ihr delikater Kalbsgeschmack erfuhr durch die kräftige Jus kongeniale Unterstützung. Mit deskriptiven Floskeln wie „ehrlich gekocht“ oder „traumhaft“ bis hin zu „sagenhaft geil“ huldigten die beiden Schmortopfenthusiasten dem Soßengott, den sie hier Florian nannten. Zusammen mit den herrlich zarten Butterspätzle war das ein Leib- und Seelengericht im bestbürgerlichen Sinne, welches uns hochzufrieden die Stoffservietten in das leergefutterte Porzellan legen ließ. So geht schmackhafte Hausmannskost mit Anspruch.
Fazit:
Man sollte schon ein geübter Esser sein, denn hungrig geht aus dem „Hans Walter“ keiner raus. Selbst auf das Dessert mussten wir aufgrund der Portionsgrößen verzichten. Service und Ambiente empfanden wir als äußerst angenehm. Die legere Umgebung fand auf den unprätentiös angerichteten Tellern ihre passende Fortsetzung. Ohne viel Chi-Chi, aber mit ganz viel Geschmack bot Florian Haas herzerwärmendes Soulfood, das den französisch-deutschen Brückenschlag stimmig vollzog. Kochlegende Paul Bocuse, der von einem großformatigen Foto in der Küche dem Chefkoch Haas tagtäglich auf die Finger schaut, sagte einmal: „Ein saftiges Bohnenkraut ist besser als ein trockener Hummer!“ Recht hatte er.
Ende Januar kam es zu einem spontanen Abendessen mit dem Kollegen Daueresser. Die Idee, das im Mannheimer Stadtteil Lindenhof beheimatete Restaurant „Hans Walter“ einmal gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, stammte natürlich von ihm. Der Mannheimer Foodscout, der erst kürzlich mit der Collini-Medaille in Silber ausgezeichnet wurde, schwärmte in den höchsten Tönen nach einem dort genossenen Mittagstisch. Der ungewöhnliche Name des Lokals ließ zunächst nicht auf deutsch-französisch inspirierte Landküche schließen. Doch soll man ein Buch ja nicht nach seinem Umschlag... mehr lesen
Restaurant Hans Walter
Restaurant Hans Walter€-€€€Restaurant0621-39184365Meerfeldstr. 81, 68163 Mannheim
4.5 stars -
"Charmantes Mannheimer Bistro, in dem sich deutsch-französisches Soulfood in entspannter Atmosphäre genießen lässt" marcO74Ende Januar kam es zu einem spontanen Abendessen mit dem Kollegen Daueresser. Die Idee, das im Mannheimer Stadtteil Lindenhof beheimatete Restaurant „Hans Walter“ einmal gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, stammte natürlich von ihm. Der Mannheimer Foodscout, der erst kürzlich mit der Collini-Medaille in Silber ausgezeichnet wurde, schwärmte in den höchsten Tönen nach einem dort genossenen Mittagstisch. Der ungewöhnliche Name des Lokals ließ zunächst nicht auf deutsch-französisch inspirierte Landküche schließen. Doch soll man ein Buch ja nicht nach seinem Umschlag
Besucht am 18.01.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 29 EUR
Was eigentlich als dritter Teil der Landauer Burgerinitiative geplant war, wurde zu einem unerwartet orientalischen Abend in der neu gestalteten Clubhausgaststätte, die unter der Leitung von Dirk Buhrmann mit einer Art syrisch-deutschen Integrationsküche für Aufsehen sorgt. Buhrmann betreibt seit August 2018 das Vereinslokal des SV Landau West auf der Wollmesheimer Höhe und hat dem Fußballerschuppen ein neues Konzept verpasst. Selbst jahrelang in der Systemgastronomie tätig, weiß Buhrmann, wie man ein solches Vorhaben organisatorisch auf die Kette kriegt. Und so waren es auch seine Kontakte, die ihm einen syrischen Küchenchef bescherten.
Mit Munzer Almasry, der in seinem Heimatland auch als Konditor tätig war, hat er einen richtig guten Fang gemacht und sein anfängliches auf Burger, Rumpsteak und Fingerfood ausgelegtes Speiseprogramm um arabisch-orientalische Gerichte erweitert. Der unorthodoxe Küchenmix aus Burgern und Baba Ganoush bzw. Rumpsteak und Kabsa (traditionelles arabisches Reisgericht) kommt gut an. In der nicht gerade besonders vielfältigen Landauer Gastroszene stellt der neue „Clubhaus-Syrer“ eine erfreuliche Alternative dar.
Etwas versteckt im Wohngebiet, direkt hinter dem Siedlerheim Wollmesheimer Höhe gelegen, befindet sich das Vereinsheim mit Blick auf den gepflegten Rasenplatz des SV Landau West. Ein paar Stufen geht es hoch und man steht auf der hübsch angelegten Außenterrasse, auf der sich lauschige Sommerabende sicher ganz vortrefflich genießen lassen. Selbst von draußen dürfte man das Treiben auf der mächtigen Großbildleinwand im Inneren des Lokals ohne weiteres beobachten können. Denn eines wurde mir schon beim Betreten der Clubhausgaststätte klar: hier kommen die „skylosen“ Fußballfans voll auf ihre Kosten.
Als wir an jenem Freitagabend zum ersten Mal „beim Dirk“ aufschlugen, war nicht ganz so viel los wie beim letzten Champions-League-Spiel der Bayern. Der Beamer an der Decke strahlte eher in sich gekehrt im „Off-Modus“. Das neuwertige Mobiliar in hellem Holzton atmete keineswegs den Muff in die Jahre gekommener Vereinslokale. Hier wurde ordentlich renoviert, was nicht nur das dunkle Holzlaminat des Bodens suggerierte. Ein gepflegter Thekenbereich (ganz wichtig für die durstigen Kicker!), gerahmte Fußballnostalgie an den Wänden, ein paar grüne Topfpflanzentupfer und eine für meinen Geschmack etwas zu helle Deckenbeleuchtung prägten das propere Ambiente des großzügigen Gastraumes.
Je nachdem wie viel gerade los ist, teilen sich Munzer und Dirk die Arbeit in der Küche. Ein paar junge Aushilfen haben dann im Service alle Hände voll zu tun. Dem jungen Mädel, das uns an jenem Abend bediente, machte die Arbeit sichtlich Freude. Die Speisenauswahl ist auf ein Klemmbrett geheftet. Auf rotes Papier wurde das Essen, auf blaues das Getränkeangebot kopiert. Auf den ersten beiden Seiten ging es orientalisch zu. Mit Mutabbal (Auberginenpüree), Baba Ghanoush (Auberginen-/Sesamdip) und Hummus wurden drei mit dem Pürierstab hergestellte Mezze-Klassiker auf einem Teller als „Starter-Mix“ (4,50 Euro) angeboten. Falafel wurde als Burger (6,50 Euro), im Sandwich (4 Euro) oder als Spezialteller mit frittierter Aubergine, Salat, Joghurtsauce, Hummus und Baba Ghanoush (10,50 Euro) angeboten.
Kabsa (arabisches Reisgericht mit Hähnchenfleisch), Makluba-Reistopf mit Hackfleisch und Aubergine sowie der Bombay Teller, auf dem Pulled Chicken von einer Curry-Ananas-Sauce und orientalischem Reis begleitet wird, komplettieren den kulinarischen Ausflug in den Nahen Osten. Das 250 Gramm schwere Rumpsteak kommt mit kleinem Salat, Zwiebelconfit und frischem Meerrettich (oder Kräuterbutter) auf den Teller. Zusammen mit den an frittierte Bratkartoffeln erinnernden Pommes Chips (noch mit Haut) belief sich das fleischgewordene Gutbürgerstück auf faire 17,50 Euro. Ein wenig Fingerfood vom Hühnerbein bzw. -flügel sowie acht verschiedene Burgervarianten ergänzten das vielfältige Speiseprogramm, das sicher nicht nur bei hungrigen Sportlern Anklang findet.
Auch bei den Getränkepreisen wird erstaunlich gastfreundlich kalkuliert. Das Flens fließt für 4 Euro vom Fass ins 0,4l-Glas, die Flasche Mineralwasser schlägt mit gerade mal 2,50 Euro zu Buche. Der Verzicht auf Coca-Cola und Co. wurde mit diversen Erfrischungsgetränken der Marke „Fritz“ kompensiert. Aber auch hier bleibt man preislich auf dem Boden. Über die 2,50 Euro für das 0,33l-Fläschchen kann man nicht meckern. Das von mir favorisierte Helle von der Schlossbrauerei Maxlrain entpuppte sich als süffiger Gerstensaft aus dem schönen Oberbayern und wurde mit 3,40 Euro (0,5l-Flasche) berechnet.
Uns war ganz nach orientalischer Kost zumute, weshalb wir uns für den bereits erwähnten Starter-Mix als Vorspeise, gefolgt von einem Falafel-Teller (7 Euro) und einem Falafel-Burger entschieden. Die Schale Pommes (3 Euro) zum Teilen durfte natürlich nicht fehlen. In die pürierten Mezze-Dips tunkten wir dünnes Fladenbrot, dem es leider ein wenig an Frische mangelte. Das war nicht weiter tragisch, schmeckten doch alle drei Orientpürees hervorragend. Der Hummus bestach durch seine aromatische Kreuzkümmelnote und hatte durch den wohldosierten Einsatz von Zitronensaft genügend Frische im Repertoire. Das aus Aubergine und Sesampaste zubereitete Baba Ghanoush stand ihm geschmacklich in nichts nach. Genau wie das fruchtig-rauchige Auberginenpüree namens Mutabbal kam es mit Granatapfelkernen getoppt und mit etwas Olivenöl beträufelt auf den länglichen Teller. Alle drei Mezze-Dips waren sehr fein abgeschmeckt und stimmten uns gut auf die bald folgenden Hauptspeisen ein. Und das zu einem sagenhaften Preis-Genuss-Verhältnis.
Ähnlich lobend muss ich mich über meine fünf kross frittierten Kichererbsen-Bällchen äußern. Zusammen mit einer leichten Knoblauchsauce (in einer Extraschale), einem säuerlich angemachten Salätchen sowie ein wenig Fladenbrot war das ein äußerst herzhafter und gut sättigender Teller. Die gekonnt gewürzten Orientkroketten waren im Inneren noch leicht fluffig und dufteten herrlich nahöstlich nach Kreuzkümmel, Koriander und Co. Zugegeben: ich kann mich wirklich nicht erinnern, jemals bessere Falafel gegessen zu haben. Geschmacklich waren die üblicherweise im Wrap oder im Fladenbrot servierten Frittierkugeln aus dem Land der lachenden Hülsenfrucht ihren Artverwandten aus dem Döner- bzw. Imbissladen meilenweit voraus. Der Fall war klar: Herr Munzer Almasry hatte anscheinend so richtig einen an der Falafel und das richtige Händchen, wenn es ums Würzen der selbigen ging. Meine Verlobte sah das nach dem Genuss ihres Falafel-Burgers übrigens ganz genauso.
Bei den Pommes tippte ich zuerst auf selbstgemachte Ware, was jedoch Dirk Buhrmann grinsend verneinte. Verblüfft über die tolle Qualität dieses Convenience-Produkts dippte ich die krossen „Kartoffelschiffchen“ in das Schälchen mit der Knobi-Sauce und musste zugeben, dass Fertigfritten auf solchem Niveau den Selbstgeschnitzten bzw. -gestanzten nicht nur Konkurrenz machen, sondern diese sogar noch übertrumpfen.
Als süßen Abschluss gab es noch ein wenig Grießgebäck mit Dattelfüllung aufs Haus. Bei den in der arabischen Küche als Ma’amoul bezeichneten Keksen zeigte Munzner Almasry, dass er auch sein Konditorhandwerk nicht verlernt hatte. Das mürbe – und vor allem nicht zu süße Gebäck mit Degustationshintergrund verhieß Dattelglück im gemusterten Grießmäntelchen und schmeckte einfach himmlisch.
Bei einem Folgebesuch, als ich den Niedergang der bayrischen Fußballelite gegen die wie be“klopp“t aufspielende Mannschaft aus Liverpool live miterlebte, ließ ich mir meinen Avocado-Burger mit eben jenen Luxusfritten zu einem bieraufsaugenden Abendmahl pimpen. Meine Kumpels taten sich währenddessen am Falafel Teller Spezial mit Grillauberginen und drei verschiedenen Dips (10,50 Euro) gütlich. Wie sich später herausstellen sollte, blieben der famose Burgerteller und die prächtigen Frittierbälle die einzigen Lichtblicke an diesem tristen Fußballabend.
Nun, Championsleague-Spiele werden mich in der nächsten Zeit sicher nicht mehr zu meinem neuen Lieblingsdiner auf der Wollmesheimer Höhe führen. Wohl aber die handwerklich sauber gekochte und äußerst schmackhaft zubereitete Orientküche des „Clubhaus-Syrers“. Der freundliche Gastgeber macht hier jedenfalls eine ganze Menge richtig und das scheint sich herumzusprechen.
Was eigentlich als dritter Teil der Landauer Burgerinitiative geplant war, wurde zu einem unerwartet orientalischen Abend in der neu gestalteten Clubhausgaststätte, die unter der Leitung von Dirk Buhrmann mit einer Art syrisch-deutschen Integrationsküche für Aufsehen sorgt. Buhrmann betreibt seit August 2018 das Vereinslokal des SV Landau West auf der Wollmesheimer Höhe und hat dem Fußballerschuppen ein neues Konzept verpasst. Selbst jahrelang in der Systemgastronomie tätig, weiß Buhrmann, wie man ein solches Vorhaben organisatorisch auf die Kette kriegt. Und so waren... mehr lesen
Dirk's Diner
Dirk's Diner€-€€€Restaurant, Vereinsheim0634131961Barbarossastraße 16, 76829 Landau in der Pfalz
4.0 stars -
"Großartige Falafel bei Landaus neuem „Clubhaus-Syrer“" marcO74Was eigentlich als dritter Teil der Landauer Burgerinitiative geplant war, wurde zu einem unerwartet orientalischen Abend in der neu gestalteten Clubhausgaststätte, die unter der Leitung von Dirk Buhrmann mit einer Art syrisch-deutschen Integrationsküche für Aufsehen sorgt. Buhrmann betreibt seit August 2018 das Vereinslokal des SV Landau West auf der Wollmesheimer Höhe und hat dem Fußballerschuppen ein neues Konzept verpasst. Selbst jahrelang in der Systemgastronomie tätig, weiß Buhrmann, wie man ein solches Vorhaben organisatorisch auf die Kette kriegt. Und so waren
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Wir befanden uns an jenem Dienstagabend zusammen mit einem befreundeten Pärchen im Restaurant Mogogo in der Karlsruher Stephanienstraße. Die Betreiber des Lokals führten 20 (!) Jahre lang erfolgreich das Restaurant Afrika in der Kaiserpassage. 2008 wechselten sie den Standort und damit auch den Namen. Ihrer traditionellen eritreischen Küche tat dies natürlich keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil. Diese scheint bei Freunden der nord- und ostafrikanischen Küche einen guten Ruf zu genießen. Allein elf (!) 5-Sterne-Bewertungen (!!) bei Gastroguide ließen mich aufhorchen.
Stephanienstraße…da war doch was. Kaum saß ich in dem mit Bambusschirmen und Stühlen aus Korbgeflecht ausgestatteten, etwas folkloristisch wirkenden Gastraum, kamen alte Erinnerungen hoch. Klar, in den 80er bzw. 90er Jahren waren wir hier öfter chinesisch essen. Das damalige Tai-Hu war nämlich der Lieblingschinese meines Vaters und bei so mancher Geburtstagsfeier begegnete ich der damals noch ungeliebten, da fremden Asiaküche. Das Tai-Hu schloss im Jahre 2007 endgültig seine Pforten und ein Jahr später wurde in seinen Räumlichkeiten eritreisch gekocht. Soviel zur jüngeren Gatro-Historie des orangefarbenen Anwesens unweit des Botanischen Gartens.
Unsere Freunde verkehrten hier anscheinend öfter, denn sie scherzten bereits bei der Ankunft mit dem Inhaber des Mogogo, der in recht spitzbübischer Manier den Service leitete. Seine leicht schelmische Art, die auf einer guten Portion augenzwinkerndem Humor basierte, passte gut zu unserer Tischrunde. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sie nicht bei allen Gästen so gut ankommt wie bei uns. Bis auf die Tatsache, dass der gute Servicemann bei zunehmender Gästezahl immer seltener an unserem Tisch erschien und dadurch das Nachbestellen von Getränken erschwert wurde, war jedoch alles im grünen Bereich.
Wie sagt ein altes afrikanisches Sprichwort: „Das Gras wächst nicht schneller, auch wenn man daran zieht.“ Also versuchten wir uns in subtropischer Gelassenheit und bestellten zuerst einmal ein paar Mongozos. Das waren verhältnismäßig leichte (nur 3,6 % Alkoholgehalt) afrikanische „Biere“, die in den Geschmacksrichtungen Banane, Palmnuss, Kokos und Mango erhältlich waren und hier stilecht aus einer Kalawas, einem Becher aus Kokosnussschale, getrunken wurden.
Die fruchtige, ursprünglich aus einem uralten Palmbier-Rezept hervorgegangene Kaltschale, deren afrikanischer Name sinnigerweise „Prost“ bedeutete, genoss ich als leckeren Aperitif in der Mango-Variante. Wenig Schaum, dafür aber eine dezente Fruchtsüße und ungemein süffig, so mein überraschend positiver Eindruck, der sich später beim Bananengebräu noch verfestigte. Gut, die 3,80 Euro für ein 0,33l-Fläschchen waren nicht gerade schüchtern kalkuliert, aber in der Karlsruher Innenstadt sicher auch kein unverschämter Preistreiber.
Als weitere Durstlöscher fungierten eine Flasche Mineralwasser (4,50 Euro) und ein Mango-Maracuja-Nektar (0,2l für 2,30 Euro). Soviel Zeit für Flüssigkeit musste sein.
Schön, dass man gleich auf der ersten Seite der Speisenkarte darauf hinwies, dass der Großteil der Gerichte eine leichte Schärfe innehatte. Man konnte sich zwischen vier Schärfegraden entscheiden. Mildwürzig, mittel, scharf und sehr scharf – so lautete die aufsteigende Scoville-Klimax im Mogogo. Bei der Würze ließen wir an jenem Abend Milde walten. Kein Fehler, wie sich später noch herausstellen sollte.
Kichererbsen mit Oliven, Gibna (ägyptischer Schafskäse), drei Salatvarianten und drei Suppen – mehr stand nicht auf dem Vorspeisenzettel. Vieles las ich hier zum allerersten Mal, wie zum Beispiel „Zigni“, eine Art äthiopisches Gulasch, bei dem gewürfeltes Rind- oder Lammfleisch bzw. Hähnchenschenkel in scharfer Sauce schwamm und von roten Linsen, Grünkohl, Okraschoten und dem obligatorischen Fladenbrot (Injera) eskortiert wurde. Für Anhänger pikanter Schmorgerichte sicherlich eine Bestellung wert. Mag man sein Fleisch stattdessen lieber gebraten, dürfte „Kilwa“ die bessere Wahl darstellen. Das gleiche Fleisch, die gleichen Beilagen, nur eben in der Pfanne gebrutzelt.
Wer verschiedene Fleisch- und Gemüsesorten auf einmal probieren möchte, entscheidet sich für einen Kombiteller oder wählt zusammen mit gleichgesinnten Tischgenossen eine Mehrpersonenplatte. Diese werden für zwei bis acht Hungrige angeboten. Anscheinend gehört das gemeinsame Essen von einer großen Platte – auf Besteck wird dabei gerne verzichtet – zu den kulinarischen Gepflogenheiten Eritreas.
Unsere Freunde hatten im Mogogo schon die ein oder andere Platte geputzt. Sie einigten sich auf die Afrika-Variante für zwei (26,50 Euro), die mit geschmortem Rind bzw. Lamm sowie den üblichen, bereits erwähnten Beilagenverdächtigen bestückt war.
Meiner Verlobten gefiel das vegetarische Angebot, das auch mit Tofu oder Couscous serviert wurde. Sie entschied sich jedoch für weniger vertraut klingende „Vegetaritäten“. Alicha (äthiopischer Gemüseeintopf), Hamli (Grünkohl), Timtimo (rote Linsen) und Bamya (Okraschoteneintopf) waren keine Fantasiefiguren aus einem Tolkien-Roman, sondern die vegetabilen Protagonisten auf ihrem Teller, der mit 13,50 Euro zu Buche schlug.
Bei meinem eritreischen Erstversuch ging ich eher auf Nummer sicher. Das von mir georderte Couscous-Spezial (17,50 Euro) hatte neben gebratenem Rindfleisch noch geschmortes Lamm mit Okraschoten, einen aromatisch gewürzten Hähnchenschlegel, rote Linsen und Alicha auf dem gequollenen Hartweizen- bzw. Hirsegrießbett liegen.
Die dünnen, von ihrer Textur an Pfannkuchen erinnernde Sauerteigfladen wurden separat gereicht. Ich verteilte sie gerne an meine Tischgesellschaft und ließ mir Messer und Gabel kommen. Tradition hin oder her. Allein das süffige Linsen-Timtimo und die körnigen Couscous-Kügelchen hätten bei meinem ungeschickten Umgang mit dem feinporigen „Pfannkuchenbrot“ für ein kulinarisches „El Alamein“ (Waterloo erschien mir angesichts der verzehrten Speisen eher unpassend…) auf meinem Teller sorgen können.
Und so futterten wir uns durch diverse nordafrikanische bzw. eritreische Gerichte, die alle eins gemeinsam hatten: eine exotische Würze. Langer Pfeffer, Kreuzkümmel, Kurkuma, Koriander und Co. sorgten für einen vollmundigen „African Rub“. Der Duft von Berbere, einer sehr aromatischen, äthiopischen Gewürzmischung, der schon vorher latent den Gastraum erfüllte, stieg mir beim Essen in die Nase. Mein Couscous-Spezial bestach durch eine unerhört wohlschmeckende Komposition, die für Aha-Momente am Gaumen und reichlich Spannung auf dem Teller sorgte.
Als besonders fein entpuppte sich die Liaison aus dem geschmorten Lamm (mit noch leicht knackigen Okraschoten) und dem herrlich lockeren Couscousteppich. Als Freund der pikanten Sauce genoss ich auch das scharf angebratene, kleingewürfelte Rindfleisch, dessen glücklich machende Tunke die geschmacklichen Stärken von Peperoni, Knoblauch und Zwiebeln in sich vereinte.
Das Hamli, bei dem ja normalerweise Blattspinat Verwendung findet, war eigentlich ein Gomen, wie ich durch PetraIO’s fundierte Rezension zur Safari-Tour in Kaiserslautern in Erfahrung brachte. Und Gomen, sprich angebratener Grünkohl, der hier mit Knobi und Zwiebeln geschmacklich aufgepeppt wurde, ist eigentlich nicht so mein Ding. Wie gesagt eigentlich. Hier hat er sich gut mit dem Gemüse aus dem Dampfgarer (Kartoffeln, Karotten, Weißkohl) vertragen und zugleich die kräftige Würze der Fleischgerichte harmonisiert.
Und während das Pärchen gegenüber mit der Afrika-Platte zumindest noch eine Handvoll zu tun hatte und das Injera-Brot auf seine Aufsaugfähigkeit überprüfte, nahm ich einen Schluck vom Bananenbier, schaute in den gemütlich eingerichteten, nun nahezu vollbesetzten Gastraum und war froh, dass wir die kulinarische Reise nach Eritrea unternommen hatten. Ich gebe meiner GG-Kollegin Petra absolut Recht, dass sich die exotischen Speisen in netter Gesellschaft vortrefflich ausprobieren lassen. Meine Injera-Technik gilt es dabei noch deutlich zu verbessern, aber mit Messer und Gabel hat es ja auch funktioniert. Übrigens würde ich das Wort „Mogogo“ ins Pfälzische mit „ma soll halt nid dehääm bleiwe!“ übersetzen.