Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 08.07.2020 2020-07-08| Aktualisiert am
15.02.2021
Besucht am 12.06.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 61 EUR
Und dabei waren es genau genommen zwei Stippvisiten, die wir dem gemütlichen Fachwerkhaus aus dem Jahre 1716 abstatteten. Doch immer schön der Reihe nach…
Nach einem ausgiebigen und äußerst schmackhaften Frühstück im Hotel im Schulhaus ging es am ersten Tag unseres Rheingau-Trips ins nahegelegene Wispertal, um dort den knapp 15 km langen Wispertalsteig „unter die Lowa“ zu nehmen. Für den Abend hatten wir schon im Vorfeld zwei Plätze in der Weinwirtschaft Laquai reserviert. Außenansicht 1
Kurz vor unserer Fahrt an den Rhein hatte ich mich bei GG-Kollege Nolux ein wenig über die dort vorherrschende Kulinarik informiert. In Lorch kannte auch er nur die Weinwirtschaft, war selbst schon einmal dort zu Tische gewesen und empfahl mir den Laden ohne Umschweife. Die 86 Punkte bei Falstaff untermauerten dann quasi unseren Entschluss dort einzukehren. Außenansicht 3
Das schwülwarme Wetter lud beim Auftaktbesuch in Lorchs erstem Haus am Platze nicht gerade zum Schlemmen ein. Draußen, auf der lauschigen Gartenterrasse war schon Tage vorher kein Platz mehr zu bekommen. Ein bisschen Grinsen musste ich ja schon, denn auch in Lorch gibt es eine Drosselgasse. Da der Eingang des Laquai‘schen Weinlokals über eben jene zu erreichen war, blieb uns der Weg ins überlaufene Rüdesheim erspart. Die „Drosselgasse light“ von Lorch reichte uns völlig aus. Außenansicht 2
Nach freundlicher Begrüßung durch die Hausherrin, Frau Susanne Laquai, wurden wir zu unserem Tisch in der Beletage geführt. Im Erdgeschoss waren zu diesem Zeitpunkt schon alle Plätze belegt. Über eine knarrende Holztreppe ging es nach oben. Dort empfing uns ein kleiner Gastraum mit freiliegendem Fachwerkgebälk, hellem Holzdielenboden und großzügig – aktuell würde man dies wohl eher „vorbildlich“ nennen – verteilten, dunkel lackierten Holztischen. Innenansicht 2 (Gastraum in der Beletage) Innenansicht 1 (Gastraum in der Beletage)
Dem schlichten, aber keines Wegs unbehaglichen Interieur versuchten ein paar Lichtakzente (Kronleuchter, Wandkerzenhalter) auf die Sprünge zu helfen, was aufgrund der noch vorherrschenden Helligkeit (es war nach recht früh am Abend) nicht so recht zünden wollte. Innenansicht 3 (Gastraum in der Beletage)
Ein paar vereinzelte Fotografien hingen zwar etwas verloren an den weiß gestrichenen Wänden, aber als Vorgeschmack auf unser bevorstehendes „Rhein-Wisper-Glück“ (Name des Wanderwegs, Anm.) am nächsten Tag dienten die abgebildeten Steillagen allemal.
Neben dem Formblatt zur Datenerfassung befand sich ein laminierter, doppelseitiger Speisen- und Getränkezettel in DIN-A4-Format auf der frugal eingedeckten Tischplatte. Das Angebot wurde von einer Art Flyer mit vier Tagesempfehlungen ergänzt. Als „leckere Extras“ erweiterten Rote-Bete-Carpaccio, Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat, ein Vesperteller mit regionalen Spezialitäten sowie eine Schokoladenmousse das Standardprogramm.
Dieses war von einer bewusst überschaubar gehaltenen Palette bodenständiger Hausmannsköstlichkeiten geprägt. Als Mitglied des Slowfood e.V. legte man nachlesbaren Wert auf die Verwendung regionaler Produkte. Wildschweinsülze und Wildbratwürste stammten beispielsweise von der Metzgerei Kempenich aus dem benachbarten Presberg (Taunus). Die Forellen bezog man fangfrisch von der Forellenzucht Flach aus dem Wispertal.
Darüber hinaus bestimmten gutbürgerliche Sattmacher wie Ofenkartoffel (gerne auch in Kombination mit geräucherter Wisperforelle), gebackene Kaspressknödel, Schafskäse aus dem Ofen und Rumpsteak mit Bratkartoffeln den deftig ausgerichteten Speiseplan.
Selbstverständlich wurden dazu die gutseigenen Weine serviert. Das von den beiden Brüdern Gundolf und Gilbert Laquai geführte Weingut gehört schließlich zum Inventar des Rheingaus, denn seine Anfänge reichen bis ins 18.Jahrhundert. Neben der Rheingaurebsorte Nr. 1, dem Riesling, wurden auch Auxerrois, Chardonnay, Silvaner und Weißburgunder ausgeschenkt. Spätburgunder, Merlot und Cabernet Sauvignon warteten dagegen auf Rotweinverehrer. Und das alles natürlich auch glasweise. Da hätte es sich ganz ungeniert durchs offene Programm probieren lassen. Zumal unser Hotel im Schulhaus keine 200 Meter von der Weinwirtschaft entfernt lag.
Doch auch der Pfälzer weiß sich in fremden Weinlanden zu benehmen und schlägt selbst im Urlaub, immer die fatalen Folgen vinophiler Unbekümmertheit im Hinterkopf, gar selten über die Stränge. Nach einem falschen Viertel (0,2l) vom süffig-kräftigen Cabernet Sauvignon (6,50 Euro) folgte noch ein etwas flacherer Merlot (5,80 Euro) in der gleichen 0,2l-Dosierung. Zusammen mit einer fair bepreisten Flasche Rhönsprudel (0,75l für 4,50 Euro) war damit unser Bedarf an Flüssigkeit am ersten Abend gedeckt.
Auch beim Essen hielten wir uns vornehm zurück. Der gebackene Schafskäse mit mediterranem Gemüse (9,20 Euro) ging an meine Frau, während ich mich für den bunten Blattsalat mit marinierten Rumpsteakstreifen und Baguette (12,80 Euro) entschied. Salat mit Rumpsteakstreifen
Entweder lagen uns noch die anatolischen Teigtaschen vom Vorabend im Magen oder die schwülwarme Witterung hatte uns auf dem Wispertalsteig zu arg zugesetzt. Unser Hunger fiel jedenfalls genauso dürftig aus wie die Deko unseres Gastraumes.
Doch der Appetit kommt ja bekanntlich beim Essen, das nach angenehmer Wartezeit die Treppe hochgetragen wurde. Der Schafskäse duftete nach Olivenöl und mediterranen Kräutern. Mit einer gehörigen Portion Tomaten und Paprika versehen, war es lediglich der etwas übertriebene Ölanteil, den meine Frau latent kritisierte. Gebackener Feta unter mediterranem Gemüse
Meinen Salatteller veredelten die in ausreichender Zahl vorhandenen, gut gewürzten Rindfleischfetzen. Doch war es vor allem das unfassbar schmackhafte, feinsäuerliche Hausdressing (Honig und Traubensaft sorgten für gustatorischen Schliff), das bei diesem „Fitnessteller“ die Gaumenschrauben anzog. Dass die in Streifen geschnittenen Rumpsteakstücke schnell auskühlten, war keine neue Erkenntnis, war aber zu verschmerzen. Rumpsteakstreifen mit Salat
Es wurmte uns schon ein wenig, dass wir beide nicht so richtig im Schlemmer-Modus bei den Laquais aufgeschlagen waren und so stand schnell fest, dass wir hier am nächsten Abend noch einmal vorbeischauen wollten. Das Speisenangebot war ja noch nicht einmal ansatzweise erschöpfend behandelt worden. Schon allein wegen der in der Pfanne gebratenen Prachtforelle aus dem Wispertal, die sich am Nebentisch ein älterer Herr genussvoll einverleibte, würde eine Folgereservierung Sinn machen. Also machten wir beim Bezahlvorgang einen Tisch für den nächsten Abend klar.
Sonne tanken, Schorle trinken – so habe ich mir den Urlaub im Rheingau vorgestellt. Dass wir bei so einem Kaiserwetter einen Abschnitt des Rheinsteigs erwandern durften, machte natürlich richtig Laune. Der Hunger ließ da nicht lange auf sich warten.
Beim zweiten Besuch hatte man uns einen Tisch in der Brennstube freigehalten. Vielleicht war das ja eine Folge der Corona-Auflagen, um die vorgeschriebenen Bewirtungsausfälle im Inneren zu kompensieren. Auf jeden Fall empfanden wir die alte Schnapsbrennerkulisse als äußerst angenehm. Innenansicht 4 (Gastraum in der Schnapsbrennerei)
Durch das geöffnete Fenster drang ein leichter Wind. Mein Blick fiel auf den alten Kupferkessel aus dem Jahr 1924 und die präparierten Bodenprofile an der Wand. Was wäre der Wein ohne seinen Untergrund? Oder wie es der Kenner ausdrückt: ohne sein Terroir? Freunde des hochprozentigen Destillats kamen in der gefliesten, mit dunklem Holzmobiliar ausgestatteten Brennhalle jedenfalls genauso auf ihre Kosten wie Hobby-Geologen.
Diesmal begann ich meine Weinerkundung mit einem trocken ausgebauten Weißburgunder (0,1l für 2,60 Euro), später sollte noch ein trockener Auxerrois (0,1l für 3 Euro), der für meine Pfalzkehle etwas zu restsüß daherkam, folgen. Meine Frau hatte sich da schon wieder an den bemerkenswerten Cabernet Sauvignon vom Vortag gewandt. Diesmal teilten wir uns vorweg das Dip-Trio (5,80 Euro), Three Dips on one plate
das eine wunderbar aromatische, hausgemachte Tomatenbutter (mit deutlicher Basilikumnote), Die hausgemachte Tomatenbutter
einen frischen Kräuterquark Der Kräuterquark
und den Rheingau-Vesperklassiker schlechthin, den legendären Spundekäs, auf einer Schieferplatte vereinigte. Der Spundekäs
Zusammen mit ein paar Scheiben herzhaftem Bauernbrot war besonders die aus dem nördlichen Rheinhessen - manche behaupten gar aus Mainz (?) - stammende Frischkäsezubereitung ein kulinarischer Gewinn. Frau Laquai berichtete über die spezielle Verwendung von Kapern in ihrem Spundekäs. Ich kenne zwar die Originalrezeptur nicht, aber in Kombination mit den kleinen Salzbrezeln und dem Brot, war das ein einfacher, aber äußerst schmackhafter Rheingauklassiker, den wir da genussvoll verputzten.
Ein knackiger Beilagensalat (4,20 Euro) sollte mir die Wartezeit bis zum Kalbsschnitzel, das mit hausgemachtem Kartoffelsalat (18,90 Euro) serviert wurde, ein wenig verkürzen.
Da ich dieser Erdapfelvariante meist kritisch gegenüberstehe und ich sie nicht gerade zu meinen Lieblingsbeilagen zähle, äußerte ich den Wunsch nach ein paar Bratkartoffeln.
Der Notizzettel der jungen Dame muss wohl auf dem Weg zur Küche verloren gegangen sein, denn das saftig mürbe Panierstück landete in der Standardausführung auf dem Teller. Doch der kleine Service-Fauxpas stellte sich schnell als glückliche Fügung heraus. Der selbstgemachte Kartoffelsalat überzeugte nämlich auf ganzer Linie. Ei, Schnittlauch und eine feine Essignote halfen ihm geschmacklich auf die Sprünge. Das knusprig gebratene (oder frittierte) Wiener mit Zitrone gefiel durch ausreichend Würze unter dem röschen Panadeteppich. Das Wiener mit Kartoffelsalat
Texturell war es – dem Kalbfleisch sei Dank ein – ebenfalls ein Gedicht. Das Wiener
Und dennoch zog es optisch gegenüber der mit krosser Haut der Pfanne enthobenen Wisperforelle den Kürzeren. The one and only Wisperforelle!
Ein regelrechter Prachtfisch, wie er da mit offenem Maul auf dem Teller lag. Lediglich mit Salz und Pfeffer gewürzt, war es das vorherige Wenden in Maismehl, was die köstliche Knusperhaut erzeugte. Frau Laquai erklärte uns bereitwillig seine Zubereitung. Ein Prachtfisch!
Meine Frau machte sich sogleich ans Filetieren. Mir ist das meist zu viel „Fuschelarbeit“. Von den kleinen, erst im Mund feststellbaren Gräten ganz zu schweigen. Ein Probierhäppchen vom weißen Forellenfleisch ließ mich jedoch große Augen machen. Beeindruckend wie positiv sich die sehr gute Wasserqualität der Wisper auf den Geschmack der Forelle auswirkte. Hätte es sich bei diesem Leckerbissen um ein Huhn aus Frankreich gehandelt, hätte ich glatt das Label-Rouge-Siegel dahinter vermutet.
Nun gehört Neid nicht unbedingt zu meinen primären Charaktereigenschaften, aber was die Wisperforelle anging, die sich meine Frau zusammen mit ein paar Salzkartoffeln schmecken ließ, so hätte ich diese nur zu gerne auch auf meinem Porzellan liegen gehabt.
Als kleines „Trostpflaster“ ließ ich mir dann eben drei Flaschen Wein in eine Kiste packen. Der Cabernet Sauvignon war da natürlich mit von der Partie.
Besonders den zweiten Abend werden wir im kulinarischen Gedächtnis behalten. Sollte es uns mal wieder nach Lorch verschlagen, wäre ein Besuch der Weinwirtschaft Laquai genauso Pflicht wie der Abstecher am Abreisetag nach Oestrich-Winkel. Dort bei Top-Winzer Peter Jakob Kühn wurde unsere Rheingau-Mission mit ausreichend Riesling für daheim „geadelt“. Man kann ja nie wissen, ob nicht doch mal ein Weißweinzombie aus dem nördlichen Teil der Republik plötzlich vor der Tür steht.
Und dabei waren es genau genommen zwei Stippvisiten, die wir dem gemütlichen Fachwerkhaus aus dem Jahre 1716 abstatteten. Doch immer schön der Reihe nach…
Nach einem ausgiebigen und äußerst schmackhaften Frühstück im Hotel im Schulhaus ging es am ersten Tag unseres Rheingau-Trips ins nahegelegene Wispertal, um dort den knapp 15 km langen Wispertalsteig „unter die Lowa“ zu nehmen. Für den Abend hatten wir schon im Vorfeld zwei Plätze in der Weinwirtschaft Laquai reserviert.
Kurz vor unserer Fahrt an den Rhein hatte ich... mehr lesen
Weinwirtschaft Laquai
Weinwirtschaft Laquai€-€€€Weinstube06726839213Schwalbacher Straße 20, 65391 Lorch (Rheingau)
4.5 stars -
"Allein wegen der sagenhaften Wisperforelle lohnte der Besuch!" marcO74Und dabei waren es genau genommen zwei Stippvisiten, die wir dem gemütlichen Fachwerkhaus aus dem Jahre 1716 abstatteten. Doch immer schön der Reihe nach…
Nach einem ausgiebigen und äußerst schmackhaften Frühstück im Hotel im Schulhaus ging es am ersten Tag unseres Rheingau-Trips ins nahegelegene Wispertal, um dort den knapp 15 km langen Wispertalsteig „unter die Lowa“ zu nehmen. Für den Abend hatten wir schon im Vorfeld zwei Plätze in der Weinwirtschaft Laquai reserviert.
Kurz vor unserer Fahrt an den Rhein hatte ich
Geschrieben am 04.07.2020 2020-07-04| Aktualisiert am
17.02.2021
Besucht am 10.06.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 37 EUR
„Ba-Bu-Fu, nur der Vater Rhein schaut zu…“ – so oder so ähnlich ging es mir an jenem Mittwochabend kurz vor Fronleichnam und nach überdurchschnittlich guter Anatolenkost bei einem gut gekühlten Verdauungs-Raki aufs Haus durch die Birne. Meine Frau und ich saßen pappsatt in einem familiengeführten türkischen Restaurant in Assmannshausen und freuten uns auf die kommenden Tage im Rheingau.
Es war der erste Abend unseres dreitägigen Kurztrips und Tante Tripadvisor hatte uns diese Adresse vermittelt. Die Bewertungen des im Sommer 2019 eröffneten Lokals klangen durchweg sehr vielversprechend. „Bloß nicht in einer dieser altbackenen Weinstuben landen!“, lautete unsere kulinarische Devise. Und so kam es, dass wir von sehr freundlichen Gastgebern mit ehrlicher, türkischer Hausmannskost versorgt wurden und ganz relaxed ins lange Wochenende starteten.
Das sympathisch geführte Restaurant liegt direkt an der Rheinuferstraße in Assmannshausen. Außenansicht
Wir reisten über die vielbefahrene, mit reichlich Baustellen und Ampeln „gesegnete“ Bundestraße 42 an. Unser Schlafquartier war ein zum Hotel umgebautes, ehemaliges Schulhaus (passte ja…), das nur ein paar Kilometer entfernt im Örtchen Lorch seine geschmackvoll eingerichtete Beherbergungsfunktion ausübte.
Lorch, das wissen Geschichtsinteressierte, liegt in einem selbstironisch als „Freistaat Flaschenhals“ bezeichneten Gebietsabschnitt, der zwischen Rhein und dem unbesetzten Teil der damaligen Provinz Hessen-Nassau zu Zeiten der alliierten Rheinlandbesetzung (nach dem 1. Weltkrieg) die Form eines Flaschenhalses trug und - eingeklemmt zwischen amerikanischer und französischer Besatzungszone - sowohl politisch wie wirtschaftlich isoliert war. Für uns das Wichtigste: der hübsche Weinort am Rheinsteig war weit genug vom Drosselgassen-Rummel entfernt und bot einen kurzen Zugang ins idyllische Wispertal.
Natürlich klang der Name des Ladens ein wenig dubios. Wie sich jedoch später herausstellen sollte, setzte er sich ganz ohne tieferen Sinn aus den Anfangssilben der Vornamen der drei Betreiber („BA“ri?, „BU“rak und „FU“nda) zusammen. Die als Aushilfe im Service tätige Tochter des Hauses, ihre Sache übrigens ganz hervorragend machte, löste das Namensrätsel schnell auf. Die Wellenlänge stimmte und wir kamen mit ihr leicht ins Gespräch. Ein großes Aufatmen nach überstandenem „Lockdown“ und die allgemeine Freude über den Umstand, wieder Gäste bewirten zu dürfen, waren ihr deutlich anzumerken.
Wir saßen etwas erhöht im hinteren Bereich des recht funktional eingerichteten Gastraums auf einer Art Empore. Nichts erinnerte an dessen frühere Weinstubentage. Nüchternes Holzmobiliar und Laminatboden bestimmten das etwas zu hell beleuchtete Innere des Lokals. Innenansicht
Vom Ambiente her irgendwo zwischen Schnellimbiss und Restaurant angesiedelt, saß es sich hier recht frugal. Gemütlichkeit sieht anders aus. Ein Umstand, der von der herzlichen Art der Betreiber jedoch schnell aufgewogen wurde.
Das hinter leicht zu desinfizierender Folie steckende Speiseprogramm hielten wir alsbald in unseren Händen. Ein gut gekühltes Fläschchen Selters (0,75l für 4 Euro) gesellte sich umgehend dazu. Auch zwei unterschiedlich große Grevensteiner Landbiere (0,5l für 4 Euro / 0,3l für 2,80 Euro) bevölkerten die ansonsten recht karge Tischplatte. Was soll man im Rheingau auch anderes trinken?
Jeweils ein gutes halbes Dutzend kalter und warmer Vorspeisen listete die Karte. Klassiker wie die gefüllten Weinblätter, Pide mit Hackfleischfüllung oder der Gavurda?i Salat (traditionell mit Granatapfelsirup, Minze, Paprika und Walnuss) waren vertreten und klangen verlockend. Dennoch entschieden wir uns für eine Portion Türkische Pizza (7,50 Euro), die mit einem kleinen Beilagensalat geliefert wurde.
Bei den Hauptspeisen hat man die übersichtlich gehaltene Auswahl an Grill- und Pfannengerichten um ein paar Pastateller erweitert. Die hausgemachten Köfte nennt man hier „BaBuFu-Frikadellen“, Ansonsten prägen Lamm- und Hähnchenfleisch die in traditionellen türkischen Pfannen (Saç) servierten Deftigkeiten.
Unter die italienischen Nudelklassiker aus den hinlänglich bekannten Saucendynastien Carbonara, Arrabiata und Bolognese hatten sich auch hausgemachte türkische Teigtaschen geschlichen. Die auch als Türken-Tortellini bekannten „Manti“ waren uns noch vom letzten Berlin-Trip („Osmans Töchter“, Prenzlauer Berg, Anm.) in guter Erinnerung. Also wurden sie einmal mit Hackfleischfüllung (für den Herrn) und einmal in der vegetarischen Version (für seine Gemahlin) geordert. Preislich machte das keinen Unterschied. Für 9,50 Euro wurden sie mit knoblierter Joghurtsauce und zerlassener, mit Paprikaflocken gewürzter Butter serviert.
Dem erfolgreichen Abschluss des Bestellvorgangs folgten zwei verschiedene Dips auf Basis von Joghurt und Tomate. Joghurt-Dip Tomatendip
Bei letzterem wurde mit ein wenig Chili der Schärfegrad erhöht. Frisch aufgebackenes, noch warmes Fladenbrot wurde dazu als „Tunkmasse“ gereicht. Fladenbrot
Unser größter Hunger wurde da schon von ein paar freundlichen Küchengesten gestillt. Hätten wir bloß nicht so zugelangt…
Denn die geviertelt servierte Lahmacun zum Teilen entpuppte sich ebenfalls als veritabler Sattmacher. Und da waren wir ja erst bei der Vorspeise angelangt. Saftig, süffig, aromatisch – so ließen sich die Attribute der mit etwas Glattpetersilie „begrünten“ Türkischen Pizza auf einen Nenner bringen. Die Lahmacun
Zu dem auf einem Holzbrett servierten Traditionsimbiss, der sich mit dem Ausdruck „Fleisch mit Teig“ übersetzen lässt, wurden ein paar sauer angemachte Salatblätter im Tontöpfchen gereicht. Daneben lagen Zitronenscheiben bereit, um das mit einer Masse aus Hackfleisch, Tomaten und Zwiebeln bestrichene Fladenbrot ein wenig aufzufrischen.
Ein gelungener Auftakt, der uns jedoch schon ziemlich gesättigt ins teigumhüllte Finale entließ. Unsere Hoffnung auf eine nicht allzu große Portion wurde beim Anblick des stattlichen Pasta-Hügels schnell ad absurdum geführt. Die von Mutter Funda in der Küche per Hand hergestellten Mini-Tortellini lagen üppig begossen von Joghurtsauce und zerlassener Paprikabutter im tiefen Porzellan. Die Manti (vegetarisch)
Aufgrund ihrer geringen Größe fiel natürlich auch ihre Füllung recht spärlich aus. Das ließ sie geschmacklich eher unauffällig daherkommen. Doch zusammen mit der zimmerwarmen Knobi-Joghurt-Haube, dem heißen Butter-Booster on Top und etwas Glattpetersilie war für eine beachtliche Aromendichte am Gaumen gesorgt. Die Manti (mit Hackfleisch)
Angeblich soll es unter türkischen Familien einen regelrechten Wettbewerb geben, wer die kleinsten Manti herzustellen vermag. Ganz nach der Devise „je kleiner, desto feiner das Essgefühl“ macht deren Zubereitung natürlich eine Heidenarbeit, für die wir uns beim Verlassen des Restaurants bei ihrer Herstellerin persönlich bedanken konnten. Dass ich schweren Herzens ein paar Exemplare im Teller zurücklassen musste, war nicht deren Geschmack geschuldet, sondern in erster Linie meinem exzessiven Fladenbrotkonsum vorweg.
Pappsatt und zufrieden ging es nach einem zuckersüßen Blätterteiggebäck Baklava (zuckersüß)
und einem eiskalten Raki (beides aufs Haus) Der Raki (eiskalt)
wieder zurück ins benachbarte Örtchen Lorch. Die „Manti-Plautze“ musste am Folgetag natürlich „abgewandert“ werden – so viel stand fest. Denn abends warteten bereits zwei Plätze in der Weinwirtschaft Laquai auf uns…Fortsetzung folgt.
„Ba-Bu-Fu, nur der Vater Rhein schaut zu…“ – so oder so ähnlich ging es mir an jenem Mittwochabend kurz vor Fronleichnam und nach überdurchschnittlich guter Anatolenkost bei einem gut gekühlten Verdauungs-Raki aufs Haus durch die Birne. Meine Frau und ich saßen pappsatt in einem familiengeführten türkischen Restaurant in Assmannshausen und freuten uns auf die kommenden Tage im Rheingau.
Es war der erste Abend unseres dreitägigen Kurztrips und Tante Tripadvisor hatte uns diese Adresse vermittelt. Die Bewertungen des im Sommer 2019... mehr lesen
BaBuFu
BaBuFu€-€€€Restaurant06722 9440025Rheingasse 1, 65385 Rüdesheim am Rhein
3.5 stars -
"Türkisch für Rheingauer? Keine Ahnung, aber für zwei Neulinge wie uns allemal!" marcO74„Ba-Bu-Fu, nur der Vater Rhein schaut zu…“ – so oder so ähnlich ging es mir an jenem Mittwochabend kurz vor Fronleichnam und nach überdurchschnittlich guter Anatolenkost bei einem gut gekühlten Verdauungs-Raki aufs Haus durch die Birne. Meine Frau und ich saßen pappsatt in einem familiengeführten türkischen Restaurant in Assmannshausen und freuten uns auf die kommenden Tage im Rheingau.
Es war der erste Abend unseres dreitägigen Kurztrips und Tante Tripadvisor hatte uns diese Adresse vermittelt. Die Bewertungen des im Sommer 2019
Geschrieben am 24.06.2020 2020-06-24| Aktualisiert am
17.02.2021
Besucht am 04.06.2020Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 98 EUR
Anfang Juni trafen sich drei von vier „Wörther Schlemmerboys“, um miteinander einen herzhaften Herrenabend bei deftiger Fleischkost zu verbringen. Es wurde ja auch langsam wieder Zeit…
Der Vierte im Bunde musste coronabedingt das Risiko meiden. Aber wir sind guter Dinge, dass wir auch ihn bald wieder in unserem kollegialen Gaumenzirkel begrüßen dürfen.
Den Schoggelgaul (=pfälzisch für Schaukelpferd) in Pleisweiler gibt es schon seit 30 Jahren. Es ist ein alteingesessenes Familienlokal, an dem ich bestimmt schon gefühlte 1000mal vorbeigefahren bin. Doch erst eine Radtour während des Lockdowns, die einen Blick auf das gutbürgerliche Speiseangebot im Schaukasten erlaubte, ließ das Vorhaben dort einzukehren an Kontur gewinnen.
Ein Tisch für drei Personen wurde telefonisch klar gemacht. Pünktlich um 19 Uhr trafen wir an einem Donnerstagabend in dem ehemaligen, aus Sandstein und Fachwerk errichteten Küferhaus ein. Außenansicht 1 Außenansicht 2
Man hatte unter Berücksichtigung der Hygienevorgaben den Gastraum etwas „ausgedünnt“. Die Zahl der Gäste blieb so auf überschaubarem Niveau.
Die nicht selten sehr lebhafte (und auch lautstarke) Pfälzer Geselligkeit, die auch vom spontanen „Dazusetzen“ fremder Tischparteien lebt, war einer etwas gedämpfteren Stimmung im Gastraum gewichen. Typisch für die noch recht unsichere Zeit so kurz nach der Wiedereröffnung.
In der abwechselnd von weißgetünchten Wänden und freiliegendem Mauerwerk aus Sandstein eingefassten Stube fühlten wir uns gleich gut aufgehoben. Gastraumansicht 1
Ländlichen Charme versprühten die derben Holzbalken an der Decke. Gastraumansicht 3
Zusammen mit dem zünftig gefliesten Boden, der wohltuenden Beleuchtung und dem rustikalen Holzmobiliar ergab das ein durchaus stimmiges Gesamtbild, das von bodenständiger Gastfreundschaft zeugte. Gastraumansicht 4
Ein bisschen weniger „Deko-Nippes“ auf den Fensterbänken, dem Kamin und rund um den Thekenbereich hätte dem heimeligen Interieur bestimmt nicht geschadet. Gastraumansicht 2
Aber warum über Geschmäcker streiten, wenn man doch froh sein kann, endlich mal wieder in gemütlicher Runde zusammensitzen zu dürfen. Unser Platz
Und die bemerkenswerte Sammlung antiker Wanduhren war allemal ein Hingucker.
Die Nähe zum benachbarten Elsass machte sich auch auf dem Speisezettel bemerkbar. Französische Zwiebelsuppe, Weinbergschnecken, ein mit Münsterkäse gefülltes Cordon Bleu oder das mit Schmand, Zwiebeln und Speck versehene „Flammkuchenschnitzel“ würden sicher auch jenseits der Grenze die Liebhaber deftiger Regionalkost erfreuen.
Dass man im Schoggelgaul schon vor vielen Jahren den kulinarischen Brückenschlag zum Nachbarn vollzog, wundert nicht, stammte doch der im April dieses Jahres verstorbene Inhaber und Patron Jules Vincent aus dem benachbarten Wissembourg. Zusammen mit seiner Frau Gisela führte er seit 1990 den Schoggelgaul und machte ihn zu einer beliebten Adresse rechtschaffener Sättigung.
Doris Laveuve, die nun die Verantwortung für das Traditionslokal übernommen hat, begrüßte uns an diesem Abend sehr herzlich. Auf Rückfragen und Sonderwünsche ging sie gerne ein. Eine rundum sympathische Wirtin, die gut mit ihren Gästen konnte und mit der man leicht ins Gespräch kam.
Speisen- und Getränkekarten waren nach den derzeit geltenden Desinfektionsvorgaben vorbildlich laminiert. Neben einem frisch gezapften Hacker-Pschorr (Pils, Export, Hefeweizen) vom Fass und einer Reihe gängiger „Anstubser“ zum Aperitif (Campari, Martini, Sherry, Kir und Co.) waren es vor allem die offen ausgeschenkten Weine, die hier zu günstigen Viertelpreisen – zwischen 3,50 Euro und 4,30 Euro – ausgeschenkt wurden.
Mit den Weingütern Wilker, Leonhardt und Ullrich hat man schließlich eine respektable Winzerschaft gleich um die Ecke wohnen. Klar, dass man deren Tropfen auf der Weinkarte wiederfand. Auch wenn sie eher das Standardrepertoire in Sachen Rebsorten repräsentierten.
Da ich solch rote Recken wie Dornfelder, Spätburgunder und Portugieser nicht unbedingt zu meinen Lieblingsweinen zähle und sich auch meine Weißweinlaune in Grenzen hielt, griff ich bereitwillig zum Fassbier. Ein frisches Pils von Hacker-Pschorr (0,5l für 4 Euro) sollte mich nach einem Ricard (5cl für 4 Euro) zum Auftakt wohlgehopft durch den Abend führen. Erst mal nen Apero...
Meine Kollegen hielten sich dagegen lieber an Wasser (Tönissteiner Classic) und Weißwein. Der doppelseitig bedruckte Speisezettel war schnell studiert. Er offenbarte sieben Vorspeisen, drei Nudelgerichte, ein Sextett vom Schwein – es schnitzelte gewaltig – sowie jeweils dreimal Fleischiges vom Rind (Rump- bzw. Hüftsteak) und Kalb (Wiener / Cordon Bleu).
Vegetarier durften kulinarisch in der zweiten Reihe parken und mussten sich mit Champignon-Bandnudeln, Käsesalat sowie der bereits erwähnten „Zwiwwelsupp“ zufriedengeben. Selbst beim Salatprogramm tummelten sich Fleisch (gegrillte Putenstreifen) und Wurst (gekochter Schinken) zwischen den grünen Blättern. „Ohne“ war jedoch bestimmt verhandel- bzw. machbar.
Außer der Reihe wurde uns eine weitere Deftspeise, die das Rinderhüftsteak „Café de Paris“ und die Schweinemedaillons in Senfsahnesauce auf einem Teller vereinigte, empfohlen. Einer der Kollegen griff da beherzt zu. Inklusive Beilagensalat und Fritten wurden ihm hierfür 21,50 Euro in Rechnung gestellt.
Außerdem wurden noch ein kleiner Italienischer Salat (7,50 Euro), die Schweinelende „Café de Paris“ mit Kroketten (17,50 Euro) und das Cordon Bleu vom Kalb mit klassischer „Po-Sa-Garnitur“ (21,50 Euro) als Essensaufträge in Richtung Küche geschickt. Für Letzteres hatte ich mich entschieden. Mit etwas Champignonrahmsauce veredelt, wollte ich mir daraus – wahrscheinlich in „elsassinatorischer“ Verbundenheit zur noch nicht wieder besuchbaren Nachbarregion – ein saftiges Cordon Bleu à la crème basteln.
Der kleine Italo-Salat war mit einem Allerweltsdressing auf Joghurtbasis angemacht. Der Italienische Salat vom Kollegen
Da hielt sich die Freude bei seinem Besteller natürlich in Grenzen. Denn auch optisch machte der Salatteller nicht viel her. Dass er dennoch komplett vertilgt wurde, lag in erster Linie am Bärenhunger meines Gegenübers. Gut, die verwendeten Zutaten machten ebenfalls einen frischen Eindruck. Meins wäre das trotzdem nicht gewesen.
Ich war gespannt, ob sich der Dressing-Overkill auch bei den Beilagensalaten fortsetzen sollte. Das tat er Essig und Öl sei Dank nicht. Beilagensalat
„Geht doch!“ hörte ich meinen Pommes-Partner erleichtert raunen. Apropos frittierte Kartoffelstäbchen. Diese wurden auf einem Metall-Oval für uns beide serviert. Ein ansehnlicher Frittenhügel, der appetitlich aussah und nach frischem Fett duftete. Pommes für Zwei (...Haushalte ;-) )
Zu diesem Zeitpunkt sahen wir uns bereits vor den Karnivoren-Kadi gezerrt und spachtelten um unser Leben.
Die Portionen fielen - wie zu erwarten – üppig bemessen aus. Auch lebte der Küchenchef seinen unverkennbaren Hang zu sahnigen Saucen gnadenlos aus. Unter der Café-de-Paris-Variante drohten die saftigen Schweinemedaillons meines Kollegen zu ertrinken. Lende Café de Paris
Auch beim Doppel-Fleisch-Agenten daneben sah es nicht besser aus. Zwar hochzufrieden mit den Gargraden seines Rinderhüftsteaks und seiner Lendenfetzen, meldete auch der Saucenpegel seines Tellers „fleischunter“. Schweinemedaillons und Rinderhüftsteak unter zwei Soßen versteckt
Die Senfsahnesoße schien der dem Namen nach aus Pariser Kaffeehäusern stammenden Tunke geschmacklich den Schneid abzukaufen. Die Lende, sicherlich kein „Prime Swine“, war jedoch von ordentlicher Qualität und zudem auf den Punkt gebraten.
Mein Cordon Bleu kam höchstwahrscheinlich direkt aus der Fritteuse (oder Pfanne), da seine Panade noch recht fettig vor sich hin glänzte. Das Cordon Bleu
Gut, man hätte dieses nach dem Brutzeln mit etwas Küchenpapier noch aufsaugen können, aber das ist Jammern auf fettarmem Niveau. Das Kalbfleisch war indes herrlich zart geraten und auch mit der Schinken-Käse-Füllung konnte ich gut leben. Natürlich stellte dieses Rustikalgericht gewisse Anforderungen an den zivilisationsmüden Magen-Darm-Trakt. Da war die verdauungsfördernde Wirkung meiner Hopfenkaltschale gefragt.
Positiv empfand ich die Tatsache, dass man mir die Extrasoße separat in einem Schälchen reichte. Champignonrahmsoße
Manche schwören ja auf diese knapp an der vertretbaren Salzobergrenze befindlichen, mit ordentlich Speisestärke eingedickten Würztunken und können selbst der maggi-esken Form des Abschmeckens noch positiven Gaumenbitzel abgewinnen. Vor allem Freunde der gekörnten Brühe erweisen sich gerne als aufrechte Pulver-Patrioten. Ich zähle da nicht dazu und allein schon deshalb war es mir sehr recht, dass der latent überwürzte Beiguss à part serviert wurde. Als Dip für die Pommes erfüllte er nämlich seinen Zweck, da man sich erstaunlicherweise mit dem Salzen der Fritten vornehm zurückgehalten hatte.
Dass die von mir georderte Zusatzsoße gar nicht auf der Rechnung erschien, merkte ich erst beim Schreiben dieser Zeilen. Wahrscheinlich wurde sie einfach vergessen.
Nach unserem herzhaften Hausmannsschmaus, dessen Portionsgrößen einen süßen Abschluss obsolet machten, sollten 2cl von der 40%-igen Mirabelle (3,50 Euro) den aufrechten Gang nach vollzogener Sättigung garantieren. Mirabelle liquide
Die fast schon obligatorische Tasse Kaffee (2,50 Euro) meines Kollegen durfte da natürlich nicht fehlen.
Schade, dass ich den Schoggelgaul nie zu Zeiten des früheren Küchenchefs Jules Vincent besucht habe. Von daher kann ich auch keinen Qualitätsvergleich ziehen. Aber wer auf handfeste Speisung aus ist und kein Problem mit voluminösen Saucen hat, der wird sich hier wohlfühlen. Zumal der sehr herzlich agierende Service und das heimelige Ambiente des Gasthauses, das mit seinem lauschigen Biergarten besonders im Sommer zum Verweilen einlädt, kleinere Unwägbarkeiten bei der Küche kompensieren.
Anfang Juni trafen sich drei von vier „Wörther Schlemmerboys“, um miteinander einen herzhaften Herrenabend bei deftiger Fleischkost zu verbringen. Es wurde ja auch langsam wieder Zeit…
Der Vierte im Bunde musste coronabedingt das Risiko meiden. Aber wir sind guter Dinge, dass wir auch ihn bald wieder in unserem kollegialen Gaumenzirkel begrüßen dürfen.
Den Schoggelgaul (=pfälzisch für Schaukelpferd) in Pleisweiler gibt es schon seit 30 Jahren. Es ist ein alteingesessenes Familienlokal, an dem ich bestimmt schon gefühlte 1000mal vorbeigefahren bin. Doch erst eine... mehr lesen
3.5 stars -
"Gutbürgerlicher Ritt auf dem Schaukelpferd" marcO74Anfang Juni trafen sich drei von vier „Wörther Schlemmerboys“, um miteinander einen herzhaften Herrenabend bei deftiger Fleischkost zu verbringen. Es wurde ja auch langsam wieder Zeit…
Der Vierte im Bunde musste coronabedingt das Risiko meiden. Aber wir sind guter Dinge, dass wir auch ihn bald wieder in unserem kollegialen Gaumenzirkel begrüßen dürfen.
Den Schoggelgaul (=pfälzisch für Schaukelpferd) in Pleisweiler gibt es schon seit 30 Jahren. Es ist ein alteingesessenes Familienlokal, an dem ich bestimmt schon gefühlte 1000mal vorbeigefahren bin. Doch erst eine
Geschrieben am 15.06.2020 2020-06-15| Aktualisiert am
22.02.2021
Besucht am 01.06.2020Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 88 EUR
Es war der erste Tag im Juni. Das Wetter passte und wir wanderten zusammen mit meiner Schwägerin aus Bremen von Neustadt-Gimmeldingen über den Stabenberg ins idyllische Mühltal. Auf dem Rückweg schritten wir am Haardtrand entlang durch den Winzerort Königsbach. Den grandiosen Weitblick auf Rebenmeer und Rheinebene genießend, absolvierten wir den letzten und auch schönsten Teil unserer Wanderung auf einem kleinen Abschnitt des Pfälzer Weinsteigs.
Zeitlich hatten wir uns die gut dreistündige Tour so eingerichtet, dass wir pünktlich um 18 Uhr in der Quetschekuche Stubb in Neustadt-Haardt zum Abendessen aufschlagen konnten. Den Tisch für drei Personen hatte ich im Vorfeld bei der Restaurantleiterin Janette Sachse via FB (man kennt sich halt in der Pfalz) klargemacht.
Schon länger hatte ich einen Besuch in der im März 2019 vom Gastronomenpaar Janette und Meinolf Sachse eröffneten Weinstube im Visier. Denn die Bilder, die ich über den bereits erwähnten Socialmedia-Kanal empfing, verhießen Schmackhaftes auf dem Teller und Hochwertiges im Glas.
Nun sind die beiden Betreiber in der regionalen Bewirtungslandschaft keine Unbekannten. Janette kenne ich noch aus ihrer Zeit in Arens Restaurant (Hainfeld später St. Martin), wo sie sich für einen hervorragenden Service verantwortlich zeigte.
Ihr Mann Meinolf hat seine Erfahrungen in renommierten Häusern, wie beispielsweise dem Deidesheimer Hof und dem Gasthaus zur Kanne (auch Deidesheim), gesammelt. In letzterem hat er als Restaurantleiter fungiert und in dem von Küchenchef Florian Winter und seiner Frau Karin (jetzt Ritterhof in Burrweiler) geführten Kleinod regionaltypischer Genießerküche die passenden Weine kredenzt.
Schade, dass die Besitzer der Räumlichkeiten, das überregional bekannte Weingut Dr. Bürklin-Wolf, diese für eine Weinbar mit angeschlossener Vinothek nutzen wollten und somit das Ende des ältesten Gasthauses der Pfalz einläuteten.
Nach einem kurzen Intermezzo in „Knipsers Halbstück“ in Bissersheim übernahmen Janette und Meinolf Sachse das auch kurz als „Quetsch“ bezeichnete Weinlokal im Ortsteil Haardt. Das nostalgische, vom Neustadter Künstler Rudi Lederle bemalte Fachwerkhaus kann auf eine lange Ausschanktradition verweisen. Die Quetsch von außen
Früher als typisches Winzerhaus mit Stallungen genutzt, war es erst Künstlerkneipe und später dann - nach sukzessivem Ausbau in den 90er Jahren - eine hübsche Weinstube mit Sandsteingewölbe und Wintergarten.
Nach zweijähriger Auszeit, welche die neuen Besitzer (ein Ehepaar aus Neustadt, Anm.) nutzten, um das Anwesen zu renovieren und darin auch ein paar Ferienwohnungen unterzubringen, wurde nun das nächste gastronomische Kapitel in der guten alten „Stubb“ aufgeschlagen.
Das Wort „Quetschekuche“ (=Zwetschgenkuchen) mag da eventuell täuschen und den neugierigen Kostgänger in die Irre führen. Hinter dem Begriff könnte man eine altbackene Kaffee-und-Kuchen-Klause vermuten, was sich jedoch spätestens beim Studieren des Speiseprogramms in kulinarischen Wohlgefallen auflöst.
Mit Mundschutz und frisch desinfizierten Händen wurden wir entsprechend der derzeit geltenden Hygienevorschriften vorstellig. Unseren Tisch auf der lauschigen, hübsch gestalteten Innenhofterrasse mussten wir aufgrund der leidlich bequemen Sitzmöbel – das an dieser Stelle leicht abschüssige Kopfsteinpflaster tat ein Übriges - gegen eine benutzerfreundlichere Variante im Wintergarten eintauschen. Der lauschige Innenhof
Alles kein Problem und das bei der aktuell nicht gerade einfachen Platzsituation. An dieser Stelle gleich mal ein herzliches Dankeschön an das flexibel reagierende Serviceteam.
Apropos Service. Den überließ Ausschankmeister Meinolf Sachse an diesem Abend fast gänzlich einem jungen Mädchen, das wohl als Aushilfe für seine verhinderte Frau Janette einsprang. Der sympathische Weinwirt übernahm den Thekendienst, während die junge Dame im nahezu komplett ausgelasteten Innenhof bzw. Wintergarten hin und her wetzte. Aber einer muss eben die Gläser befüllen.
Und da der Service alle Hände voll zu tun hatte, verging dann auch ein wenig Zeit, bis wir die Speise- und Getränkelektüre gereicht bekamen. Zeit zum Ankommen, Zeit zum Umgucken. Denn es gab hier einiges zu entdecken. Nach dem Umzug aus dem begrünten Freiluftbereich, fanden wir uns im vorgelagerten Wintergarten wieder. Rustikale Steinplatten und dunkle Fachwerkbalken vermittelten Bodenhaftung. Eine alte Traubenpresse erinnerte an die frühere Nutzung des Gebäudes. Innenansicht Wintergarten
Auf dem zünftigen Bauernschrank aus dunklem Holz reihten sich bereits getrunkene Hochkaräter flaschenweise aneinander. Über uns schwebte ein prachtvoller Kristallleuchter, dessen zartes Licht in Anbetracht der durch die hohe Glasfront eindringenden Helligkeit kaum wahrnehmbar erschien. Blick vom Wintergarten in den Innenhof
Das Gartenmobiliar der Terrasse war im Inneren einer schlichten, aber wesentlich bequemeren Bistroeinrichtung gewichen.
Über eine Treppe gelangte man zu den ästhetisch gestalteten Toilettenräumen in der Beletage. Auf dem Weg zur Toilette
Weiter drinnen wartete ein heimeliges Tonnengewölbe auf den Wegfall der Auslastungsbeschränkungen. Ein gelungener Stilmix, dessen rustikaler Charme die typische Pfälzer Gastlichkeit hervorragend abbildete. Kurz gesagt: eine Weinstube mit Wohlfühlgarantie. Innenansicht des vorderen Gastraums
Auf dem Tisch lag neben dem Zettel zur Datenerfassung der Gäste eine kleine Kopie mit den Tagesempfehlungen. Diese drehten sich saisonbedingt rund um den Spargel. Das nicht nur hierzulande so hochgeschätzte Königsgemüse stand in Form eines Spargel-Garnelen-Salats, als Beilage eines Frikassées von der Putenbrust und als viergängiges Menü „Rund um den Spargel“ auf dem Tagesangebotsschnipsel. Eine Mandelmilch-Crème-Brulée mit Pfälzer Erdbeersorbet und eine Weinempfehlung komplettierten das übersichtliche „Empfehlungsschreiben“.
Auch die Standardkarte verlor sich nicht im Überangebot. Sechs Vorspeisen, zehn Hauptgerichte und fünf Desserts listete das Köchelverzeichnis von Küchenchef Philipp Maaßen. Jedoch eine Auswahl, die sich sehen lassen konnte und die wir als Indiz für frisch zubereitetes Essen werteten. Gimmeldinger Rehpastete mit „Pfälzer Trüffel“ (=eingelegte schwarze Nüsse), karamellisierter Ziegenkäse und „eine Schale voll Salat“ mit Quetsche-Dressing lockten im Vorprogramm.
Selbstgemachte „Hausbuletten“, ein paar Wild-Bratwürste, Pälzer Flääschknepp und geschmorte Ochsenbäckchen führten durchs verlockend klingende „Karnivoristan“. Natürlich stand auch das fleischgewordene Dreigestirn der Pfalzkulinarik (Saumagen, Bratwurst und Leberknödel) auf dem Speisezettel. Für vegetarisch angehauchte Zeitgenossinnen und -genossen hatte man Maultaschen mit Spinat-Ricotta-Füllung, Spinatknödel und einen großen bunten Salat im Repertoire.
Schön, dass auch die Produzenten, der überwiegend aus dem regionalen Umfeld stammenden Zutaten, genannt wurden. So stammt beispielsweise das Gemüse von Luis Schäfer aus Gönnheim, während man das Fleisch (Wild ausgenommen) von der Familienmetzgerei Vogt aus Haßloch bezieht. Auch der Bäcker, mit dessen qualitativ hochwertigen Erzeugnissen man die Brotkörbchen füllt, wurde namentlich genannt. Es ist die Bäckerei Buchmüller aus Neustadt-Mussbach. Aus dem gleichen Ort kommen übrigens auch die angebotenen Eis- und Sorbetsorten. Claudio‘s Eismanufaktur zeichnet sich dabei als Spezialist für Gefrorenes verantwortlich.
Doch was wäre das kulinarische Herzstück der „Quetsch“ ohne seine geradezu sensationell anmutende Weinkarte. Knapp 20 offene Kreszenzen und ca. 300 (!) Flaschenweinpositionen listet die beeindruckende Rebsaftfibel, die mit Riesling (und noch mehr Riesling!), Weiß- bzw. Grauburgunder, Sauvignon Blanc, Chardonnay und Viognier so ziemlich jeden Weißweinfan zu begeistern vermag. Und das alles von bekannten Erzeugern, die ihre Großen Gewächse und Erste Lagen in VDP-Qualität auf die Flaschen ziehen.
Auch bei den Rotweinen ist so ziemlich alles versammelt, was der Pfälzer Weinbau aufzubieten hat. Wem heimische Spitzenwinzer wie Rings, Kuhn, Koch und Minges nicht reichen, der kann mit Hanspeter Ziereisen auch badische Topweine genießen.
Egal, ob ein Pfälzer Lagrein aus dem Versuchsanbau von Oliver Gabel (Herxheim am Berg) oder ein 2007er Riesling Pechstein GG von Bürklin-Wolf, das mit großem Sachverstand zusammengestellte Kellerkompendium von Janette und Meinolf Sachse besänftigt so ziemlich jedes vinophile Gemüt.
Solch eine Auswahl findet man – wenn überhaupt – nur in Lokalen der Sterneklasse. Dann jedoch zu viel höheren Preisen! Bei der sympathischen Kalkulation in der „Quetsch“ kann ich mir schon vorstellen, welcher Rieslingzombie dort bei seinem nächsten Außendienst in Neustadt wohl aufschlägt…
Ganz den zurückhaltenden Autofahrer mimend, beschränkte ich mich auf ein Viertel Weißburgunder von Philipp Kuhn aus Laumersheim (7,50 Euro), der als Tageswein im offenen Ausschank erhältlich war. Ein elegant saftiger Weißburgunder, der sich auch druckvoll am Gaumen präsentierte und sich nicht wie viele seiner Art in nebulöser Geschmacksneutralität verlor.
Die beiden durstigen Damen am Tisch sprangen dagegen mit frisch gefiltertem Haardter Sprudelwasser (1l für 4,50 Euro), einer Apfelsaft-Schorle (0,5l für 4,60 Euro) sowie einem alkoholfreien Bischoff Pils aus der Flasche (0,33l für 3 Euro) auf den langsam anrollenden Löschzug.
Ihren Verzicht auf eine Vorspeise konnte ich nicht nachvollziehen. Anscheinend war ihr Hunger trotz anstrengender Wanderung nicht ganz so ausgeprägt wie bei mir. Die Spargelcrèmesuppe mit ordentlich Einlage (6,50 Euro) ließ ich mir aber nicht nehmen. Bei den Hauptgerichten ahnte ich bereits zwei fleischlose Tellergerichte… und wurde nicht enttäuscht. Meine beiden kulinarisch berechenbaren Begleiterinnen orderten die Spinat-Ricotta-Maultaschen mit Salat und die Spinatknödel (beide Gerichte 14,80 Euro).
Verzweifelt versuchte ich mit einem Pfälzer Teller (16,80 Euro) schweinern dagegen zu halten. Die üblichen drei Metzgerargumente (Saumagen, Bratwurst, Leberknödel) sollten in artgerechter Begleitung von Kartoffelpüree, Sauerkraut und etwas dunkler Soße auf dem Teller landen. Ich war gespannt auf die deftigen Pfalzmannsköstlichkeiten aus dem Hause Vogt.
Die mit ein paar Spritzern Olivenöl, etwas Schnittlauch und kleingewürfelter Tomate verfeinerte Spargelsuppe hatte in der Tat ordentlich was drin. Die kurz vorher aufgeschäumte Terrine, die mittlerweile zu meinen liebsten Löffelspeisen in den Wonnemonaten Mai und Juni zählt, war vorbildlich abgeschmeckt und fußte auf solidem Küchenhandwerk. Ein gelungener Einstieg. Spargelcrèmesuppe
Kleinlaut musste ich nach einem Probierhappen beider Veggie-Gerichte deren geschmackliche Qualität anerkennen. Von fleischloser Langeweile war da keine Spur. Ganz im Gegenteil. Küchenchef Maaßen schien auch hier das richtige Händchen beim Würzen zu haben. Lediglich meiner Frau fehlte eine begleitende Soße, die dem ansehnlichen Maultaschenteller zu mehr Süffigkeit verholfen hätte. Maultaschen mit Spinat-Ricotta-Füllung
Meine Schwägerin schwärmte indes von ihren delikaten Spinatknödeln, die in cremigem Spargelgemüse schwammen. Parmesan, Cocktailtomaten und alter Balsamico sorgten für einen zusätzlichen Umami-Schub am Gaumen. Spinatknödel mit Spargelgemüse
Dann nahm ich meinen „Pfalzturm“ zwischen Messer und Gabel. Über einer Vorhügelzone aus fluffigem, mit etwas Sauce überzogenem Kartoffelpüree aus der Spritztüte, türmten sich die drei formschön geratenen Protagonisten. Die an den im Zentrum ruhenden Leberknödel angelehnte Saumagenscheibe wusste schon allein optisch zu überzeugen. Ihre leichte Röstung verdankte sie einem ausreichend langen Verbleib in der Butterpfanne. Die Bratwurst – immer mein heimlicher Favorit beim Pfalztrio – wurde wohl aus Gründen der Anrichtung in zwei Teilen geliefert. Ein großzügig bemessenes Krautbett sorgte dafür, dass das darauf platzierte Fleischgebilde auch ja nicht verrutscht. Pfälzer Prachtteller
Tja was soll ich sagen? Das hatte Schmackes, das hatte Substanz. Metzgermeister Vogt aus Haßloch verstand sein Handwerk genauso wie Chefkoch Maaßen in der „Quetsche-Küch“. Der hatte das deftige Sauerkraut schön lange köcheln lassen und beim Püree nicht mit Butter gespart (soll man ja nie!). Ein weil das alles einen Tick besser schmeckte als in einer gewöhnlichen Pfälzerwaldhütte, rechtfertigte das auch die paar Euro mehr. Zumal man in diesen Bastionen der schlichten Sättigung kein auch nur annähernd vergleichbares Püree serviert bekommt (wenn überhaupt…).
Nach hausmannsköstlicher „Pflicht“ rief die süße „Kür“. Mein kulinarisches Kurzzeitgedächtnis kramte die Mandelmilch-Crème-Brulée (7 Euro) hervor, während sich die Damen mit einem Heidelbeersorbet und einer Kombi aus Heiß & Süß (beide Desserts 4,50 Euro) begnügten. Unter letzterer firmierten übrigens zwei Kakaobutterpralinen und ein Espresso / Kaffee.
Auf der hart gebrannten Karamellkruste meiner Crème Brulée hatte es sich eine veritable Nocke feinstes Erdbeersorbet gemütlich gemacht. Mandelmilch-Crème-Brulée mit Erdbeerauflage
Zusammen mit ein paar marinierten Brestlingen (Danke AndiHa!) war das ein fruchtig-samtiges Sommerdessert vom Feinsten. Da verzichtete ich gern auf den sonst obligatorischen Schoko-Anteil. Auch meine Schwägerin fand lobende Worte für ihre Heidelbeersorbetkugel, die in spritzigem Heidelbeer-Kirsch-Secco (alkoholfrei) schwamm. Heidelbeersorbet in Heidelbeer-Kirsch-Secco schwimmend
Und auch die beiden kleinen Pralinen aus Kakaobutter, die sich meine Frau zum finalen Kaffee schmecken ließ, kündeten von Patisserie-Geschick. Heiß meets Süß
Ja unser Erstbesuch in der „Quetsch“ hat gleich Lust auf weitere gemacht. Was Janette und Meinolf Sachse da auf die Beine gestellt haben, zeugt von gastronomischem Weitblick und Erfahrung. Dass zu ihrem zeitgemäßen Weinstubenkonzept auch kleinere Events, wie etwa der „Magnum-Montag“ oder die „Spargel-ohne-Küchen-Party“ (Corona-Version), gehören, macht es umso sympathischer. Denn wo Weinverstand auf gutes Essen trifft, da ist die Pfalz am schönsten!
Es war der erste Tag im Juni. Das Wetter passte und wir wanderten zusammen mit meiner Schwägerin aus Bremen von Neustadt-Gimmeldingen über den Stabenberg ins idyllische Mühltal. Auf dem Rückweg schritten wir am Haardtrand entlang durch den Winzerort Königsbach. Den grandiosen Weitblick auf Rebenmeer und Rheinebene genießend, absolvierten wir den letzten und auch schönsten Teil unserer Wanderung auf einem kleinen Abschnitt des Pfälzer Weinsteigs.
Zeitlich hatten wir uns die gut dreistündige Tour so eingerichtet, dass wir pünktlich um 18 Uhr... mehr lesen
Quetschekuche Stubb
Quetschekuche Stubb€-€€€Restaurant, Weinstube06321 6707333Mandelring 163, 67433 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Haardt, aber sowas von herzlich! – Ambitioniert geführte Weinstube, die mit schmackhafter Regionalkost und einer sensationellen Flaschenweinkarte aufwartet" marcO74Es war der erste Tag im Juni. Das Wetter passte und wir wanderten zusammen mit meiner Schwägerin aus Bremen von Neustadt-Gimmeldingen über den Stabenberg ins idyllische Mühltal. Auf dem Rückweg schritten wir am Haardtrand entlang durch den Winzerort Königsbach. Den grandiosen Weitblick auf Rebenmeer und Rheinebene genießend, absolvierten wir den letzten und auch schönsten Teil unserer Wanderung auf einem kleinen Abschnitt des Pfälzer Weinsteigs.
Zeitlich hatten wir uns die gut dreistündige Tour so eingerichtet, dass wir pünktlich um 18 Uhr
Geschrieben am 03.06.2020 2020-06-03| Aktualisiert am
22.02.2021
Besucht am 29.05.2020Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 46 EUR
Jede Krise geht einmal vorbei. Die Frage ist nur wann und wie…
Für mich ein guter Zeitpunkt, um auf dem Gastroportal meines Vertrauens ein mehrteiliges Update in Sachen gehobener Heimatküche zu liefern. Denn erstens können in unsicheren Zeiten wie diesen ein paar anregende Zeilen über die Top-Gastronomien vor der eigenen Haustür nicht schaden. Und zweitens können wir ja jetzt unsere kulinarischen Sehnsuchtsziele wieder besuchen – wenn auch unter hoffentlich bald (!) wegfallenden, die Gastronomen gängelnden und teilweise recht willkürlich erscheinenden Hygiene- bzw. Öffnungsvorschriften.
Auch wenn ich über die besseren Häuser meiner Heimat schon genug Worte verloren habe, werde ich in der Folge eine Reihe mehr oder minder bekannter Pfälzer Genuss-Enklaven erneut ins Rezensionsvisier nehmen. Im 4. Teil meiner kulinarischen Reise durch die Südpfalz geht es um unseren Landauer Lieblingsitaliener, der trotz seiner etwas versteckten Lage in der Trappengasse großen Zuspruch genießt.
Über das „Sapori“, wie es die zahlreichen Stammgäste von Familie Orsini gerne nennen, habe ich zuletzt vor vier Jahren berichtet. Seitdem war ich bestimmt schon an die zwanzigmal dort und habe den von außen eher unscheinbaren, innen aber umso trubeligeren Pastatempel immer hochzufrieden und komplett gesättigt verlassen. Zeit also für ein kleines Update, dem ein Besuch zugrunde liegt, der unter den neuen, noch etwas gewöhnungsbedürftigen Umständen stattfand.
Ganz und gar nicht ungewöhnlich war es, dass wir anlässlich des Besuchs der Schwägerin aus Bremen eine Einkehr zu dritt bei den Orsinis planten. Denn hier saßen wir schon mehrmals in gleicher Besetzung zusammen. Die stetige Reservierungspflicht im Hinterkopf, rief ich am Tag vor der anvisierten Tat dort an. Mit einer gehörigen Portion Demut trug ich mein Anliegen vor, das auch mir viel zu kurzfristig erschien.
Kurzum: die Hoffnung auf einen der begehrten Tische war nicht besonders groß. Doch welch wundersame Fügung – später wusste ich es waren die Nach-Virus-Wehen – erlaubte uns einen Tisch zur gewünschten Uhrzeit. Und das an einem Freitagabend. Ich konnte mein Glück kaum fassen.
Der Hunger war groß, verlangte mir doch das Klettern an den Sandsteinfelsen des Pfälzerwaldes zuvor einiges ab. Aber um die Größe der dort servierten Pizza- und Pastaportionen wissend, sah ich unserem italienischen Abend ganz gelassen entgegen.
Wir waren gespannt, wie das Sapori-Team die neuen Hygiene- und Abstandsbestimmungen umsetzen würde. Normalerweise stehen die Tische im kleinen Gastraum ziemlich dicht beieinander. Und weil es dort eigentlich immer „rummsvoll“ und der Geräuschpegel entsprechend hoch ist, gleicht der Laden im Normalzustand eher einem summenden Bienenkorb als einer romantischen Trattoria für Verliebte. Innenansicht 2
Die Orsinis freuten sich bei unserer Ankunft sichtlich. Vater Dario, wie immer hinter der Pizzatheke bzw. vor dem heißen Ofen stoisch Teigrundlinge knetend und belegend, grüßte freundlich. Auch Sohnemann Italo, der sonst die Bestellungen im Stakkato aufnimmt, lächelte ganz relaxed hinter der Feinkostauslage (Käse, Salami, Schinken und Co. gibt es dort in Topqualität zu erstehen, Anm.) hervor. Tochter Clarissa umkurvte derweil die wenigen verbliebenen Tische.
Ich dachte, ich wäre im falschen Restaurant gelandet. Wenn Corona entschleunigend gewirkt haben sollte, dann wäre das Sapori ein Musterbeispiel dafür. Noch nie empfand ich die Atmosphäre im Gastraum so wohltuend. Innenansicht 1
Natürlich hätten das die Gastgeber gerne anders. Ist ja auch verständlich, da ihnen dadurch einiges an Umsatz verloren geht. Aber für die wenigen Gäste im Raum war das reduzierte Sitzplatzangebot sicherlich kein Nachteil.
Auch staunte ich nicht schlecht, als wir mit Italo Orsini ein paar Worte über den derzeitigen Ernst der Lage wechselten. Einige der Tische waren an jenem Abend unbesetzt und unter der Woche sei im Moment noch weniger los, so der Sapori-Sohn. Dies galt allerdings nicht für den Abholservice, denn da lief das Pizzageschäft kartonweise gut. Die Landauer scheinen derzeit lieber in den eigenen vier Wänden oder im Freien ihre Mahlzeiten einzunehmen, als sich in ein Restaurant zu setzen. Das wird sich hoffentlich bald wieder ändern.
Ein Zettel zur Aufnahme der Kontaktdaten wurde uns an den Tisch gebracht. Der war genauso schnell ausgefüllt wie die Bestellung der Getränke aufgegeben. Ein kleiner Radler von Moretti aus der Flasche und ein „Alkoholfreies“ der gleichen Marke (beide 0,33l für jeweils 3 Euro) sollten sich zusammen mit einer Flasche San Pelligrino (0,75l für 4,20 Euro) wenig später einfinden.
Das umfangreiche Angebot an Speisen bedeutet jedes Mal eine Herausforderung für mich. In der Regel entscheide ich mich für Pasta, was nichts mit der hier vorherrschenden Pizzaqualität zu tun hat. Im Gegenteil, die ist top, ohne Wenn und Aber. Jedoch sind es die Nudelgerichte, die mir hier besonders gut schmecken und denen ich deshalb gerne den Vorzug gebe. Bei meiner Frau ist das meistens umgekehrt. So auch an diesem Abend.
Die Salatwahl vorweg ging an die üppig arrangierte Variante mit Büffelmozzarella und Parmaschinken (11,50 Euro). Portionsmäßig als Hauptgang angelegt, teilte ich den ganz brav mit meiner Schwägerin. Selbst wir beide hatten alle Gabeln voll zu tun, um der reichhaltig bestückten Porzellanplatte Herr bzw. Frau zu werden. Der Buffalo Bill unter den Mozzarella-Salaten
Angemacht mit wunderbar saurem Essig-Öl-Dressing tummelte sich frisch aufgeschnittener Parmaschinken zwischen grünen Blättern, Tomatenschnitzen und Gurkenscheiben. Im Epizentrum versteckte sich eine ansehnliche Kugel Büffelmozzarella, den die vorausgegangene Kühlung nur begrenzt cremig erscheinen ließ. Mozza-Kern meets Parmaschinken
Ein paar Spritzer alter Balsamico und ein „gerieben‘ Maß“ an Parmesanspänen komplettierte die prächtige Salatplatte, die für zwei Vorspeisende schon Aufgabe genug war.
Den wohl einkalkulierten Parmaschinken-Nachdurst wollte ich später mit ausreichend Bier löschen. Dank dem BierProjekt und seinem „Erdmännchen“ aus der Literflasche klappte das auch ausgezeichnet. Wenn auch nicht vor Ort im Sapori, sondern ein paar Meter weiter in der Bengels Bar.
Zuerst wurde das vor Hitze blubbernde Pasta-Trio (Tortellini, Lasagne und Canelloni, 8 Euro), ein Al-Forno-Klassiker par excellence, aus dem Ofen geholt und zischend vor meiner Schwägerin platziert. Das Nudel-Trio Sapori-Klassiker aus dem Ofen
Auch meine Spaghetti Salsiccia (9 Euro) ließen nicht lange auf sich warten. Von frisch geriebenem Parmesan bestreutes Rucola-Gestrüpp verdeckte zunächst das deftige Pastagericht, so dass ich mich erst durch das grüne Dickicht kämpfen musste, um ans „Eingemachte“ zu gelangen. Habt ihr zufällig meine Spaghetti Salsiccia gesehen?
Die Nudeln waren zwar nicht hausgemacht, ließen sich aber mit wahrnehmbarer Bissfestigkeit um die Gabel wickeln. Die fruchtig-pikante Aromatunke auf Tomatenbasis ließ auf ein langes Einköcheln und die Verwendung frischer Zutaten schließen.
Der Fleischanteil dieses Tellers voll Glückseligkeit war auch nicht zu verachten, befanden sich doch jede Menge Salsiccia-Stückchen im tiefen Rund. Mit Salsiccia veredelte Spaghetti
Die mit Fenchelaroma und einer angenehmen Schärfe daherkommenden Bratwurstschnipsel hätten in der Summe locker eine Wurstlänge von 30 cm (eher mehr!) ergeben. Nach dem nicht gerade schüchtern portionierten Salat, stellte mich also mein Pastateller vor die zweite Herausforderung des Abends, die ich nonchalant meisterte.
Als wäre sie dem Lehrbuch für italienische Teigfladenoptik entnommen wurde ein paar Minuten später die nach dem Junior des Hauses benannte Pizza „Italo“ (7,50 Euro) aus dem Ofen des Padrons geholt. Thunfisch und Kapern, hauchdünn geschnittene, rote Zwiebeln sowie selbstgemachte Chili-Paste bedeckten den wohlgebackenen Rundling. Pizza Italo (so scharf wie...)
Sehr zur Freude meiner Frau, die das scharfe Teil mit dem fluffigen Boden sichtlich genoss. Dieser hatte genau die richtige Dicke und Konsistenz vorzuweisen. Außerdem übertrieb man es nicht mit der Käseauflage und die Tomatensauce hatte Charakter, sprich: sie war ordentlich gewürzt. Auch der übrige „Zierrat“ kam wohlbemessen und vor allem in ansprechender Qualität auf den Hefefladen.
Ein weiteres Bier verkniff ich mir (vorerst) und auch das Dessert entfiel an diesem Abend. Dafür waren die Portionen einfach zu reichhaltig. Natürlich merkte man dem Sapori-Team die ungewöhnlich ruhige Atmosphäre im Gastraum an. Das ist nicht das, was sie kennen und wollen. Aber es ist ein Anfang. Und der ist gemacht. Ich drücke den fleißigen Apuliern die Daumen, dass die trubeligen Zeiten auch in der Trappengasse 18 wieder Einzug halten. Ich habe sie zwar nicht unbedingt vermisst, aber sie gehören zum Sapori wie die Orecchiette zu Apulien.
Jede Krise geht einmal vorbei. Die Frage ist nur wann und wie…
Für mich ein guter Zeitpunkt, um auf dem Gastroportal meines Vertrauens ein mehrteiliges Update in Sachen gehobener Heimatküche zu liefern. Denn erstens können in unsicheren Zeiten wie diesen ein paar anregende Zeilen über die Top-Gastronomien vor der eigenen Haustür nicht schaden. Und zweitens können wir ja jetzt unsere kulinarischen Sehnsuchtsziele wieder besuchen – wenn auch unter hoffentlich bald (!) wegfallenden, die Gastronomen gängelnden und teilweise recht willkürlich erscheinenden Hygiene-... mehr lesen
Ristorante Sapori d'Italia
Ristorante Sapori d'Italia€-€€€Trattoria, Pizzeria063417029991Trappengasse 18, 76829 Landau in der Pfalz
4.5 stars -
"Kulinarische Topadressen der Südpfalz – Teil 4: Unser Landauer Lieblingsitaliener" marcO74Jede Krise geht einmal vorbei. Die Frage ist nur wann und wie…
Für mich ein guter Zeitpunkt, um auf dem Gastroportal meines Vertrauens ein mehrteiliges Update in Sachen gehobener Heimatküche zu liefern. Denn erstens können in unsicheren Zeiten wie diesen ein paar anregende Zeilen über die Top-Gastronomien vor der eigenen Haustür nicht schaden. Und zweitens können wir ja jetzt unsere kulinarischen Sehnsuchtsziele wieder besuchen – wenn auch unter hoffentlich bald (!) wegfallenden, die Gastronomen gängelnden und teilweise recht willkürlich erscheinenden Hygiene-
Geschrieben am 19.05.2020 2020-05-19| Aktualisiert am
26.02.2021
Besucht am 12.03.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 224 EUR
Jede Krise geht einmal vorbei. Die Frage ist nur wann und wie…
Für mich ein guter Zeitpunkt, um auf dem Gastroportal meines Vertrauens ein mehrteiliges Update in Sachen gehobener Heimatküche zu liefern. Denn erstens können in unsicheren Zeiten wie diesen ein paar anregende Zeilen über die Top-Gastronomien vor der eigenen Haustür nicht schaden. Und zweitens können wir ja jetzt unsere kulinarischen Sehnsuchtsziele wieder besuchen – wenn auch unter den hoffentlich bald wegfallenden, die Gastronomen gängelnden Pandemie-Regeln.
Auch wenn ich über die besseren Häuser meiner Heimat schon genug Worte verloren habe, werde ich in der Folge eine Reihe bekannter Pfälzer Genuss-Enklaven erneut ins Rezensionsvisier nehmen.
Das zweite Restaurant, das ich kurz vor dem „Lockdown“ noch besuchen durfte, befindet sich im hübschen, direkt am Rhein gelegenen Örtchen Neupotz und wurde im letzten Jahr erstmalig mit der einsternigen Weihe des Guide Michelin bedacht. 2020 konnte man den begehrten Macaron bestätigen.
Noch vor der respektablen Auszeichnung war ich hier häufig zu Gast und konnte die sukzessive Weiterentwicklung von Chefkoch Faycal Bettioui und seinem Team über ein paar Jahre hinweg mitverfolgen. Schon damals beeindruckte die ambitionierte Herangehensweise des Küchenchefs und ließ die Neupotzer Krone schnell zu einem der angesagtesten Feinschmeckerlokale der Südpfalz werden.
Kurz vor der Corona-Schließung verschlug es mich in ungewohnter Gesellschaft dorthin. Anlässlich ihrer bestandenen Abiturprüfung, die sie übrigens mit hervorragenden Leistungen ablegte, lud ich im März dieses Jahres meine Nichte in die Krone ein. Es war das erste Sterne-Restaurant, das die frisch gebackene Abiturientin besuchte. Um ihr Faible für gutes Essen wissend, wollte sich ihr stolzer Onkel auf kulinarische Weise erkenntlich zeigen.
Von außen nicht ersichtlich, hat die Krone ihr Erscheinungsbild im Kern doch merklich verändert. Und das in vielerlei Hinsicht. Die schrittweise vollzogene Umgestaltung des Gastraums, die Umbesetzung beim Servicepersonal, die drastische Aufwertung des Weinangebots (sowohl quantitativ als auch qualitativ) sowie die komplette Abkehr vom klassischen À-la-Carte-Geschäft waren klare Indizien der Wandlung, die das seit 2015 von den Bettiouis betriebene Restaurant bisher durchlebte.
Aber auch mit besternter Kochmütze lehnt sich der Herdmeister nicht zurück. Das spürt man schon beim Eintritt in den von schnörkelloser Exklusivität geprägten Gastraum. Vom letzten Relikt der alten Gastwirtschaftszeit, der Ausschanktheke, war keine Spur mehr. Stattdessen hatte man das Innere der Krone um ein gemütliches Eck erweitert. Unser Tisch an diesem Abend
Dass das gastronomische Gesamtpaket „Krone“ noch immer „in progress“ und das Streben nach Verbesserung längst nicht abgeschlossen ist, spiegelte sich auch beim Mobiliar wider. Mit runden Tischen aus wertigem Kirschholz, die auch ohne weißes Leinen eine gute Figur machten, hatte man das Interieur sichtbar aufgewertet. Die gelungene Melange aus „casual“ und „fine“ empfängt die hier einkehrenden Feingaumen auf sehr angenehme Art und Weise. Gastraum (Ansicht 1)
Orientalisch angehauchte Teppiche verliehen der bewusst nüchtern gehaltenen Einrichtung etwas mehr Behaglichkeit. Diese kam ebenso in den herrlich bequemen, drehbaren Armlehnsesseln mit Lederüberzug und komfortabler Polsterung zum Ausdruck. Neben den von Deckenspots angestrahlten Tischen hingen ein paar vereinzelte, jedoch großformatige Malereien an den Wänden. Gastraum (Ansicht 2)
Etwas weniger Grau um mich herum wäre mir in der Summe zwar lieber gewesen, aber die kleinen Kunstwerke aus Faycal Bettiouis Küche wirkten im Kontext dieses auf Purismus abzielenden Raumkonzepts noch eine Spur eindrucksvoller, so viel sei schonmal vorweggenommen. Da lenkte nichts von den perfekt inszenierten Arrangements auf den Tellern ab und das war sicherlich auch so gewollt.
Den Weggang von Thomas Fischer im Service konnte man durch Christian Pufahl gut kompensieren. Der vorher im Ketschauer Hof zu Deidesheim tätige Weinfachmann wirkte auf mich sehr kompetent und war gleichzeitig mit einer volldosierten Portion guten Humors ausgestattet. Was jener an kleinen Randdetails zu den ohnehin schon sehr informativen Ansagen der einzelnen Gänge noch on top lieferte war schon bemerkenswert. Definitiv ein Gewinn für die Krone und zusammen mit dem etwas förmlich wirkenden Herrn Echle ein Servicegespann von ausgewogenem Format.
Das Speiseangebot umfasste lediglich zwei Menüs. Beim „Le Petit Menu“, das in fünf oder sechs Gängen (80 bzw. 90 Euro) offeriert wurde, konnte die Weinbegleitung gleich mit dazu bestellt werden. Beim „Grand Menu“ (110 Euro) erteilte man der Küche „carte blanche“ und durfte sich überraschen lassen.
Wie viele Gänge das große Tasting-Menü implizierte war der Karte nicht zu entnehmen. Auch desbezüglich herrschte also unbeschränkte Handlungsfreiheit. Für Käsefreunde wartete noch ein gut ausgestatteter Wagen vom Maison Lorho aus Strasbourg, einer der besten Fromagerien im Elsass. Vinophile Schluckspechte konnten mit einem „Extra-Fuffi“ eine glasweise ausgeschenkte Korrespondenz in flüssiger Form dazu ordern.
Wir entschieden uns gegen die Küchenreise voller Überraschungen und für das kleine Menü, dessen sechs Gänge als Gesamtpaket derart verlockend klangen, dass uns trotz aller Spontanität und Entdeckerfreude die Entscheidung recht leicht fiel. Mit der interessant klingenden, aus fünf Weinen bestehenden Begleitung (42 Euro) wollte ich meine Nichte nicht überfordern. Da blieben wir doch lieber bei einer Flasche, die uns schmeckte.
Ich blätterte mich durch das Ringbuch mit der bemerkenswerten Auswahl an Pfälzer Top-Gewächsen, die noch um ein paar erlesene Flaschen aus dem Ausland erweitert war. Selbst von der Mosel hatte man die ein oder andere Sonnenuhr im Portfolio. Die gar nicht mal so alte Jungfer vom Rheingauer Rieslingpapst Peter Jakob Kühn durfte da selbstverständlich nicht fehlen.
Nach reiflicher Überlegung fiel die Entscheidung auf eine Flasche vom trockenen 2018er Weißburgunder Kalkmergel (32 Euro), der vom Schweigener Jungwinzer Johannes Jülg vinifiziert worden war. Der zur Hälfte in Edelstahl und Holz ausgebaute Pfälzer Wonnetropfen war ein rassig-kühler Vertreter seiner Art und ein großartiger Essensbegleiter obendrein. Ein Weinentschluss, den wir den ganzen Abend über nicht bereuten. Der Wein des Abends
Ein pittoresker Amuse-Reigen eröffnete das Gaumenspektakel. Ein nicht zu zaghaft gewürztes, herrlich süffiges und definitiv von Hand geschnittenes Beef-Tartar kam auf einem kreisrunden Parmesanchip an den Tisch. Die auf schwarzen Kieselsteinen angerichtete Köstlichkeit erhielt von einem Tupfer Miso-Crème etwas asiatischen Touch. Beef-Tartar (Amuse 1)
Nicht minder delikat zeigte sich die Mini-Tartelette aus kleingehäckseltem, frisch angemachtem Krabbenfleisch. Leichte Süße traf auf anregende Frische. Klein auf der Hand, aber richtig groß auf der Zunge. Krabben-Tartelette (Amuse 2)
Den optischen, wie auch geschmacklichen Höhepunkt an Fingerfoodpreziosen stellte ein aus cremiger Foie Gras, Apfel und Rote Beete zusammengebauter Macaron dar. Texturell zwischen fluffig, cremig und knackig oszillierend, lieferte die akkurat geschichtete Petitesse ein faszinierendes Süß-Säurespiel gleich mit. Foie Gras / Rote Beete / Apfel - Macarons (Amuse 3)
Spätestens da war klar, welch köstliches Küchenwerk uns an diesem Abend noch bevorstand.
Beim ersten Gang zauberte uns Faycal Bettioui ein farbenfrohes Rohfisch-Arrangement auf den ästhetischen Glasteller. In dünne Scheiben geschnittene Stücke von der Gelbflossenmakrele – natürlich in bester Sashimi-Qualität – schwammen in wohltuender Dashi-Tunke aus grünen Tomaten. Etwas Daikonrettich sorgte für Biss, kleine Yuzu-Perlen für säuerliche Akzente. Yuzuperlen...
Zum aromatisch zitrischen Fruchtkaviar gesellte sich noch Apfeloma Smith in Kugelform. Die Kornblumendeko on Top setzte die schon bei den Amuses gewählte Garniermethode fort. In der Summe war das ein Hammer-Hiramasa mit Mut zur säuerlichen Frische. Gelungener Auftakt. Hammer-Hiramasa
Die Idee, anstatt Brot und Butter zu Beginn, ein paar sagenhaft mürbe, noch leicht warme Croissantschnecken mit französischer Butter und Meersalz nach dem ersten Gang zu schicken, fanden wir total klasse. Anscheinend kennt da jemand einen richtig guten Bäcker im Elsass. Das Blätterteiggebäck war jedenfalls vom Feinsten. Kompliment. Croissantschnecken für Zwischendurch
Gang Nr. 2 erinnerte mich latent an einen Krone-Klassiker früherer Tage. Schon damals kombinierte man hier die gebratenen Jakobsmuscheln mit einer leuchtend gelben Sabayon (ich glaube es war Curry…). Diesmal kamen die perfekt gegarten Meeresbewohner aus der Pilgerschale mit einem delikaten Seeigelrisotto und aufgeschäumter Mirin-Sabayon aufs Porzellan. Jakobsmuscheln, Mirin-Sabayon, Seeigelrisotto und Krustentierjus
Etwas Wumms steuerte die mit Chili aufgemotzte XO-Sauce bei. Zusammen mit einer Pfütze Krustentierjus, der man schon rein farblich ihren wohldosierten Safrananteil ansah, ergab das ein Muschelgericht von geradezu frappierender Süffigkeit. Im Tennis würde man sagen: glattes Ass auch mit dem zweiten Aufschlag.
Der nächste Teller erwies sich echter Hingucker. Als hätte der Pâtissier das süße Finale soeben mal vorgezogen, kam eine hübsch verzierte Foie-Gras-Mousse im Stil einer Crème Brulée aus der Kronenküche. Begleitet wurde die sagenhaft schmelzige Delikatesse von Birnengel und Zwiebelchutney. Diese kümmerten sich gleich tupfenweise um fruchtige Würze. Etwas aufgepoppter Reis und ein paar gelbe Kornblumen komplettierten diesen gustatorischen Paukenschlag, der sowohl texturell als auch visuell auf ganzer Linie überzeugte. Crème brulée von der Foie Gras
Das „Haute-Gefühl“ der feinen französischen Cuisine hatte in Neupotz Einzug gehalten. Ein klarer Fall von seligmachender Kulinarik, für die manche gerne den Weg ins Nachbarland antreten.
Als Fischgang – wir hatten mittlerweile schon Gang 4 eingeläutet – servierte man uns den letzten Skrei…ich schätze mal des Jahres. Mit hübscher, aus drei Sorten zusammengesetzter Kaviarfrisur, knackigem „wilden Brokkoli“ (Stängelkohl), den die Italiener so liebevoll Cima di Rapa nennen, und einer geradezu sensationell mundenden, mit Vin Jaune verfeinerten Beurre Blanc wurde uns das fachmännisch gegarte Stück vom Rücken des Winterkabeljaus aufgetischt. Hering, Saibling und Forelle zeichneten sich übrigens für die jodig-salzige Fischeier-Beigabe verantwortlich. Der letzte Skrei (des Jahres)
Der eigentliche Star auf dem Porzellan war jedoch die Beurre Blanc, in die der lange gereifte „Oxadativling“ aus dem Jura perfekt eingebunden war und eine herrliche Aromentiefe erzeugte. Keine Ahnung, wann ich zuletzt eine so köstliche weiße Buttersauce genossen habe. Wahrscheinlich noch nie.
Nach dem Fisch schalteten wir in den 5.Gang, der uns ein butterzartes, 6 Stunden lang unter Sous-vide-Bedingungen gegartes Filet vom Charolais Rind bescherte. Dazu gesellte sich eine Nocke superseidiges Topinamburpüree (mit geringem Sellerieanteil). Ein paar in vorzüglicher Kalbsjus geschwenkte Morcheln und Selleriestücke rundeten den Fleischteller wunderbar ab. Das Filet zerging auf der Zunge. Das Püree tat es ihm gleich. Und die Kalbsjus hätte mich fast als Keramikablecker überführt. Klassischer Gang mit ganz viel Klasse. Filet vom Charolais Rind
Bevor uns der Service beim Nachtisch „Steine“ in den Weg legen sollte, erfreute man uns mit einem kleinen Prä-Dessert. Nashi-Birne, Espuma von weißer Schokolade und Yuzu hatten sich unter einer flaumigen Nocke Joghurt-Sorbet verschanzt. Sogar an ein wenig gepoppten Reis fürs Mundgefühl wurde gedacht. Joghurt-Sorbet mit Nashi-Birne, Espuma von weißer Schokolade und Yuzu
Eine leicht fruchtige, nicht allzu süße Überraschung vor dem „steinigen“ Weg zum Finale.
Man sollte ja in Gerichte nicht immer allzu viel r(h)ein-interpretieren, aber was den Nachtisch des kleinen Menüs anging, konnte ich dann doch nicht anders. In der Umgebung von Neupotz findet man aufgrund der Nähe zum Rhein bestimmt haufenweise Kieselsteine. Vier von professioneller Pâtissier-Hand nachgebaute, essbare Exemplare befanden sich zusammen mit grünem Matchacrumble und schwarzem, karamellisierten Sesam auf unseren Desserttellern. The Stones
Von einer dünnen Hülle aus Zartbitterschokolade umgeben, zeugte das Innenleben der „Stones“ von schaumiger bzw. flüssiger Exotik. Eine intensiv säuerliche Maracuja-Emulsion floss aus einem der Steinimitate nachdem sein Schokopanzer durchbrochen war. Die anderen waren mit fluffiger Mango-, Maracuja- und Haselnussmousse gefüllt. Ein optisch wie kulinarisch gelungener Schlusspunkt, den das kleine Menü kurz vor der Zielgeraden hinlegte. The Stones...crashed
Bevor wir die Neupotzer Genuss-Stätte verließen, wurden wir noch großzügig mit ein paar süßen Leckereien aus dem Mignardisen-Sortiment bedacht. Den verschiedenen Macarons und Schokoquadern (Ruby Chocolate…) konnten wir einfach nicht widerstehen. Auswahl an Mignardises
Der Preis erschien uns für das Gebotene mehr als angemessen. Foie Gras Crème Brulée, Vin Jaune Beurre blanc, Rinderfilet und „Stone“-Dessert waren meine persönlichen Highlights an diesem Abend, an den ich während des „Lockdowns“ noch lange denken musste. Und von dem ich auch lange gezehrt habe. Hoffentlich übersteht das Kronenteam diese Krise und wir sehen uns bald mal wieder. Der Stern über Neupotz darf nicht erlöschen.
Jede Krise geht einmal vorbei. Die Frage ist nur wann und wie…
Für mich ein guter Zeitpunkt, um auf dem Gastroportal meines Vertrauens ein mehrteiliges Update in Sachen gehobener Heimatküche zu liefern. Denn erstens können in unsicheren Zeiten wie diesen ein paar anregende Zeilen über die Top-Gastronomien vor der eigenen Haustür nicht schaden. Und zweitens können wir ja jetzt unsere kulinarischen Sehnsuchtsziele wieder besuchen – wenn auch unter den hoffentlich bald wegfallenden, die Gastronomen gängelnden Pandemie-Regeln.
Auch wenn ich über die... mehr lesen
Zur Krone
Zur Krone€-€€€Restaurant07272 9337845Hauptstraße 25, 76777 Neupotz
5.0 stars -
"Kulinarische Topadressen der Südpfalz – Teil 2: Der Stern, der über Neupotz leuchtet" marcO74Jede Krise geht einmal vorbei. Die Frage ist nur wann und wie…
Für mich ein guter Zeitpunkt, um auf dem Gastroportal meines Vertrauens ein mehrteiliges Update in Sachen gehobener Heimatküche zu liefern. Denn erstens können in unsicheren Zeiten wie diesen ein paar anregende Zeilen über die Top-Gastronomien vor der eigenen Haustür nicht schaden. Und zweitens können wir ja jetzt unsere kulinarischen Sehnsuchtsziele wieder besuchen – wenn auch unter den hoffentlich bald wegfallenden, die Gastronomen gängelnden Pandemie-Regeln.
Auch wenn ich über die
Geschrieben am 03.05.2020 2020-05-03| Aktualisiert am
26.02.2021
Besucht am 18.02.2020Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 42 EUR
Nach genossener Bestbürgerlichkeit im Bregenzer Traditionsgasthaus Kornmesser (Bericht wurde selbstverständlich beim digitalen Reiseratgeber meines Vertrauens hinterlegt…) am Abend zuvor, sollte uns der erste Urlaubstag einen hübschen Spaziergang am Bodenseeufer bescheren. Von Lochau aus, wo sich unsere Ferienwohnung befand, sind es zu Fuß knapp 8 km zur Lindauer Altstadtinsel. Ein kleines Warm-up für die kommenden Bergwanderungen im Bregenzerwald.
Wir hatten uns den Fußweg so eingeteilt, dass wir zur Mittagszeit im sehenswerten Insel-Städtchen aufschlugen. Vorweg stieß ich bei meinen Recherchen auf das Gasthaus Zum Engel, das wir als unser Einkehrziel festlegten. Es sollte unsere Rast kulinarisch aufwerten, so viel sei an dieser Stelle schon mal verraten.
Viel war an diesem Dienstagmittag in der „Perle des Bodensee“ nicht los. Je mehr wir uns Lindau näherten, desto besser wurde das Wetter. Kaum hatten wir die Bodenseeinsel betreten, herrschte strahlender Sonnenschein. Dennoch signalisierten unsere Mägen ihre Bereitschaft zur Kalorienaufnahme. Die Flucht nach drinnen war trotz Traumwetter die logische Folge.
Das Gasthaus Engel gibt es in dem Sinne eigentlich nicht. Es existieren nämlich zwei Gastronomien, die Bier- und die Engelstube, die unter einem Hoteldach untergebracht sind. Außenansicht
Gleich rechts im Parterre befand sich die Bierstube. Diese hatte in den Wintermonaten nur abends geöffnet. Aufgrund ihres derben Charmes trägt sie auch den Namen „Bockstube“. Übrigens ein prima Fleck, um am Abend noch die ein oder andere Hopfenkaltschale zu genießen.
Wir gingen die Holztreppe hinauf und traten in das als „Engelstube“ bezeichnete, eigentliche Wirtshaus ein. Es zählt zu den ältesten seiner Art in Lindau, das jedenfalls verriet uns die erste Seite der Speisenkarte. 1390 erbaut und 1589 erstmalig als Wirtschaft erwähnt, sah man den Räumlichkeiten gleich an, dass hier ganz viel Nostalgie drinsteckte.
Innenansicht 1 Die urige Engelstube
Wir waren so ziemlich die ersten Gäste und die freundliche junge Dame vom Service ließ uns freie Platzwahl. So kam es, dass sich der Schreiber dieser Zeilen zusammen mit seiner Gemahlin genau den Tisch aussuchte, dessen Wandbänke um einen historisch-wertvollen, sonnendurchfluteten Erker verliefen. Warum nicht etwas ausgesetzter tafeln? Das Hängen an den Sandsteinfelsen der Pfalz macht mir ja sonst auch nichts aus.
Mit dem schönen Blick auf die Gässchen der Lindauer Altstadt und der wärmenden Februarsonne im Nacken saß es sich hier ganz vorzüglich. War es der lange Fußmarsch oder die Nähe zum Wasser, die uns so durstig hier aufschlagen ließ? Egal, mit einer Flasche Krumbach Mineralwasser aus dem Allgäu (0,75l für 5,50 Euro) und einem kleinen Augustiner Hellen (3 Euro) wurde schnell Abhilfe geschaffen.
Beim überschaubaren Weinangebot war man mit einem Riesling aus dem Hause Reichsrat von Buhl (Deidesheim) und der Ursprung-Cuvée von Winzergigant Markus Schneider sogar ein wenig pfälzisch angehaucht. Beim Primitivo di Manduria von der Masseria Borgo dei Trulli musste ich an einen großen Gastroliteraten aus dem Norden der Republik denken. Keine Ahnung warum…
Später ließ ich mir noch eines der beliebtesten Feierabendbiere des nahen Allgäus schmecken. Das bernsteinfarbene Rödler Kellerbier aus der Simmerberg Braumanufaktur (0,5l für 4,20 Euro) war ein feinwürziges, untergäriges Bio(ge)bräu mit leicht malziger Note, dem ich gerne den Vorzug gegenüber dem geschmacklich recht belanglosen Meckatzer gab. Kellerbier aus dem Allgäu
Ein halber Liter Biergenuss aus der Bügelflasche, der genau meiner Vorliebe für süffige Hopfenerzeugnisse entsprach. Denn was hat schon damals Darth Boorg seinem treuen Padawan bei dessen Ausbildung zum Craftbier-Jedi eingetrichtert: „Auch Wasser wird zum edlen Tropfen, mischt man es mit Malz und Hopfen!“ Und kommt der unbekannte Edelstoff dann noch aus der Region, freut sich der zugereiste Gerstensaftentdecker aber sowas von.
Das LandZunge-Logo (kein Tippfehler!) versicherte uns schon auf der ersten Seite der Speisenkarte feines Fleisch, besten Käse und schmackhaftes Gemüse aus der Region. Die Speisekollektion war erfreulich klein gehalten. Drei deftige Suppen, zwei Salate, ein halbes Dutzend „Winterschmankerl“ und eine Handvoll „Engel-Klassiker“, die als Spezialitäten des Hauses ausgewiesen waren. Für Vesper-Verehrer gab es zur Stärkung noch ein paar Brotzeitteller.
Zusätzlich zum Standardwerk für Tafelfreunde wurde ein Klemmbrett mit dem täglich wechselnden Mittagstisch gereicht. Für preisgünstige 8,90 Euro standen an jenem Dienstag Rindfleischstreifen vom Weiderind in Pfeffer-Soße und Kroketten auf der Kladde. Zusammen mit der Bayerischen Kartoffelsuppe (5,50 Euro) und einem kleinen Beilagensalat (1,50 Euro) würde ich dem Hunger zur Mittagszeit sicherlich ein Schnippchen schlagen, so meine Gedankenspiele vor Abschluss des Bestellvorgangs. Meine Frau schloss sich der zünftig klingenden Mittagsofferte übrigens gerne an.
Gut, zu den fünf handverlesenen TK-Formlingen aus Kartoffelmasse gesellte sich später noch eine Portion Bratkartoffeln (3,50 Euro) hinzu. Beilagentechnisch wollte ich unbedingt auf Nummer Sicher gehen. Die in der blau-weißen Löwenkopfterrine (mehr Freistaat geht nicht!) servierte Kartoffelsuppe konnte sich auf ihre vollmundige Gemüsebasis verlassen und hatte zusätzlich noch eine feine Ingwernote vorzuweisen. Ein paar gebratene Speckwürfel unterstrichen ihren Deftigkeitsanspruch. Ein ordentlicher Klacks Schlagsahne mit Petersilienhaube vollendete den gehaltvollen Knollenpott, der von sicherer Hand beim Würzen und Abschmecken kündete. Freistaatsterrine
Kurz vor dem Eintreffen des Rindergeschnetzelten wurden uns die beiden gemischten Salatteller gereicht. Die bunte Frische-Portion war mit appetitlichem Joghurtdressing angemacht. Der Krautsalat schmeckte überraschenderweise nicht nach der gewöhnlichen Eimerware à la Homann, sondern war frisch geraspelt. Ein beiläufig wahrgenommenes Detail, das jedoch einiges über die Auffassung der Küchencrew verriet. Beilagensalat 1 Beilagensalat 2
Den positiven Gesamteindruck untermauerte die vorzügliche Pfefferrahmsauce, in der sich eine stattliche Anzahl an noch saftigen Rinderstreifen tummelte, zwar auf unspektakuläre, dafür aber kräftig abgeschmeckte Art und Weise. Rinderstreifen in Pfefferrahm
Auch hier befand sich keine angerührte Allerweltstunke aus dem Lindauer Pulverturm auf dem Porzellan, sondern ein profunder Beiguss, der nicht mit Aroma geizte. Klar dachte ich mit einer Spur von Wehmut an die selbstgemachten Kroketten aus der heimischen Bienwaldmühle, aber die sind in der gutbürgerlichen Gastronomie ja eher die Ausnahme.
Und so verließen wir die mittlerweile gut gefüllte Engelstube leicht angehopft und mit gutem Bauchgefühl. Den Lindauer Engel empfehlen wir gerne weiter und wünschen Herrn Ermler und seinem Team genügend Durchhaltevermögen um diese schwierige Zeit zu meistern.
Nach genossener Bestbürgerlichkeit im Bregenzer Traditionsgasthaus Kornmesser (Bericht wurde selbstverständlich beim digitalen Reiseratgeber meines Vertrauens hinterlegt…) am Abend zuvor, sollte uns der erste Urlaubstag einen hübschen Spaziergang am Bodenseeufer bescheren. Von Lochau aus, wo sich unsere Ferienwohnung befand, sind es zu Fuß knapp 8 km zur Lindauer Altstadtinsel. Ein kleines Warm-up für die kommenden Bergwanderungen im Bregenzerwald.
Wir hatten uns den Fußweg so eingeteilt, dass wir zur Mittagszeit im sehenswerten Insel-Städtchen aufschlugen. Vorweg stieß ich bei meinen Recherchen auf das... mehr lesen
Hotel Engel - Bier- und Weinstube
Hotel Engel - Bier- und Weinstube€-€€€Weinstube, Hotel, Brasserie083825240Schafgasse 4, 88131 Lindau (Bodensee)
4.0 stars -
"Preiswerter Mittagstisch in einem der ältesten Gasthäuser von Lindau" marcO74Nach genossener Bestbürgerlichkeit im Bregenzer Traditionsgasthaus Kornmesser (Bericht wurde selbstverständlich beim digitalen Reiseratgeber meines Vertrauens hinterlegt…) am Abend zuvor, sollte uns der erste Urlaubstag einen hübschen Spaziergang am Bodenseeufer bescheren. Von Lochau aus, wo sich unsere Ferienwohnung befand, sind es zu Fuß knapp 8 km zur Lindauer Altstadtinsel. Ein kleines Warm-up für die kommenden Bergwanderungen im Bregenzerwald.
Wir hatten uns den Fußweg so eingeteilt, dass wir zur Mittagszeit im sehenswerten Insel-Städtchen aufschlugen. Vorweg stieß ich bei meinen Recherchen auf das
Geschrieben am 14.04.2020 2020-04-14| Aktualisiert am
26.02.2021
Besucht am 11.02.2020Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 39 EUR
…dachte ich mir und so kam es, dass ich mich kurz vor der Fahrt in den Bregenzerwald (ja damals durfte man noch ins Ausland reisen…) an einem Dienstagmittag mit dem GG-Kollegen aus Bad Herrenalb im Karlsruher Szene-Imbiss Aroma wiederfand. Mein Gastro-Komplize, mit dem ich dieses Vorhaben in die Tat umsetzte, hatte diesen Iskender-Tempel abseits der Schnitzel-Schranke ja schon im Vorfeld über den grünen Mate-Tee gelobt. Sein Foto vom gemischten Grillteller hatte sich da bereits tief in mein kulinarisches Unterbewusstsein gebrannt. Seitdem saß ich im wahrsten Sinne des Wortes „auf glühenden Kohlen“.
Wahrscheinlich bin ich an dem unscheinbaren Eck-Imbiss schon tausendmal vorbeigefahren ohne von ihm Notiz zu nehmen. Außenansicht
Liegt der Laden doch genau da, wo sich der Pfälzer von den letzten ihn umgebenden urbanen Resten der Fächerstadt befreien möchte und sich - schon die Südtangente vor Augen - der linksrheinischen Heimat entgegensehnt. Dass mir nicht schon früher die „geflügelten“ Worte „Döner“(über dem linken Fenster) und „Kebap“ (über dem rechten) ins Auge sprangen, lag in keinster Weise am äußeren Erscheinungsbild des Lokals. Nein, dieses wirkte sehr gepflegt, was sich beim Betreten des Gastraumes noch bestätigen sollte. Das renovierte Innere
Genusskollege Oparazzo hat ja schon in seiner Überschrift auf die umfassende, in der Tat recht farbenfrohe Renovierung des Ladens hingewiesen. Auch mir sagte das Interieur zu. Gleich links vom Eingang befand sich die Take-Away-Theke mit gut gefüllten Edelstahlboxen, in denen das Grünzeug und die Saucen ihrer Verwendung harrten. Dahinter, wie aus dem Lehrbuch für Dönerthekenlogistik – in Berlin-Neukölln gibt es bestimmt einen eigens dafür eingerichteten Lehrstuhl – zur Linken die Teigausrollmaschine für die Yufka-Fladen und rechts davon die Drehspieß-Apparatur, die allgemein unter dem Namen Dönergrill firmiert. Dönertheke Royal
Da wirkte alles blitzblank gescheuert, fast schon ein wenig steril. Eine solche Sauberkeit war mir in Etablissements mit türkischer Schnellküche noch nicht so oft vorgekommen. Über dem Thekenbereich thronte das Speisenangebot des seit 1997 in Karlsruhe ansässigen Ladens. Die Geschichte mit dem Brand im Jahre 2018 hatte ich dem Bericht des Kollegen entnommen. Diesbezüglich kann man vor den Inhabern des Aroma-Restaurants nur den Hut ziehen. Die haben da bestimmt sehr viel Arbeit hineingesteckt, um ihre Grillschenke wieder flott zu machen. Ist ihnen gut gelungen.
Als ich zur Mittagszeit dort eintraf, glänzte mein Döner-Date noch mit Abwesenheit. Im hinteren Bereich des mit wertigem Bistromobiliar, abgehängter Decke (Schallschutz), Laminatboden in Holzoptik, ringsum verlaufender, gut gepolsterter Wandbank sowie einer fast schon zeitlos wirkenden Wandverkleidung aus dunklem und hellem Holz auf sich aufmerksam machenden Gastraumes war noch kein Tisch besetzt. ...ist ganz hübsch geworden!
Ich machte es mir bequem, schoss erste Fotos vom Innenleben und hatte sowohl den zwischen Theke und Toilettentür platzierten, halbkugelförmigen Gasofen im Blick als auch die Eingangstür, neben welcher mittlerweile ein paar Leute am Stehtisch auf ihr Essen warteten.
Vom Grandseigneur aus der württembergischen Kurstadt an der Alb war da noch keine Spur. Die Herren im vorderen Bereich unterhielten sich lautstark. Einzelne Wortfetzen verrieten, dass einer von ihnen wohl Bauingenieur im Außendienst war. Seine Zeit in der arabischen Hafenstadt Dschidda beschrieb er nämlich lauthals und ausgiebig. Ich dagegen tauchte innerlich ab, wollte das banale Alltagstreiben hinter mir lassen und freute mich wie nach dem erfolgreichen Drücken der F5-Taste am Rechner als der Bonvivant aus dem Nordschwarzwald endlich zur Tür hereinkam.
Der Herrenalber Herrenreiter musste wohl noch seinen Schimmel, auf dem er die letzten Kilometer zum Lokal im gestreckten Galopp zurückgelegt hatte, verkehrsgerecht vor der Grillstätte seines Vertrauens anleinen. Er sah ein wenig zerzaust aus, gerade so als wäre er nach langer Zeit mal wieder an die frische Luft gekommen. Kein Wunder, sitzt der Mann doch nächtelang an seinen wortgewaltigen Pamphleten, mit denen er unsere Community bereichert. Warum er seinen Profilnamen nicht in „carpe noctem 1890“ umwandelt, ist selbst mir schleierhaft.
Die reich bebilderten Speisehefte in Spiralbindung wurden uns von einer jungen Dame an den Tisch gebracht. Es war früh am Tag. Mein Tischgenosse versuchte mit einem Glas Ayran die Geschmackssensoren seines Darmes zu justieren. Mit einem Mineralwasser versuchte ich krampfhaft auf klare Gedanken zu kommen.
„Dürüm, Dürum!“ riss es mich mit selbstauferlegter „Grillkür“ aus den Fängen des manipulierten Geschmacks. Der „Mesiter“ des fachmännisch fotografierten Tellergerichts bestellte nonchalant einen Iskender Döner, ja sapperlot! Dem nicht genug. Einen grünen Salat wollte der staatlich geprüfte Sommerrollendrapierer zudem noch sein Eigen nennen. Grüner Beilagensalat
Ich gab mich mittelfristig beeindruckt und zog nach. Auf meinem Ass im Aromenärmel stand in erhabenen Lettern „Karisik Izgara“, was auf der Speisekarte mit „Gemischter Grillteller“ übersetzt wurde. Die 17,50 Euro waren mir die Empfehlung meines Gegenübers wert.
Die Zeit bis zur Speisung verging wie im Flug, wurde doch seit unserem ersten Treffen im Thai-Orchid beiderseits viel Köstliches verspeist, das in der Retrospektive noch einmal durchlebt werden wollte. Aber auch jenseits des kulinarischen Horizonts ging es thematisch munter weiter. Wenn die Chemie stimmt, laufen die Gespräche von ganz alleine – kennt man ja.
Der prachtvolle, in Süffigkeit erstarrte Dönerteller meines Tischkollegen war flächendeckend mit Joghurt- und Tomatensauce begossen. That was the great Iskeeeendöör!
Der frisch abgesäbelte Fleischberg machte Eindruck, wurde aber von meiner Grillplatte optisch und auch mengenmäßig locker übertrumpft. Auf jenem hatten zwei saftige Lammkoteletts, ein stattlicher Adana-Spieß (ebenfalls aus Lammhack) sowie ein weiterer, hervorragend gegrillter Spießgeselle vom Jungschaf die Fleischhoheit inne. Lamm satt
Das Ganze war auf dünne Yufka-Pappe gebettet. Im Basement des Porzellans hatte sich eine schöne Schicht Bulgur verkrümelt. Karisik Izgara
Hinter den wohlgerösteten Protagonisten vom Aroma-Grill ging es deutlich vegetabiler zu. Ein paar Blätter Lollo Rosso, diverse Tomatenschnitze, dünne Paprikascheiben, eine Handvoll Mais und ein wenig Gurken rangen nach Aufmerksamkeit, die ihnen die üppig darauf verteilte, latent knoblierte Joghurt-Sauce anscheinend verwehren wollte. Dem nicht genug, ein Tarngestrüpp aus Glattpetersilie sorgte für eine perfide Grünzeug-Camouflage auf dem Teller. Wollte man mich um den letzten Halm von Gesundheitsküche bringen? Das hätte man mit einem Gurkensalat („Igitt!“) doch wesentlich einfacher und mit deutlich weniger Wareneinsatz haben können.
Nun, was soll ich mehr loben? Das perfekt gegrillte, wunderbar gewürzte Lammfleisch oder das leicht angegrillte Tomaten-Peperoni-Duo. Den fluffigen Bulgur etwa? Oder doch die subtil knoflierte Joghurt-Tunke, welche die darunter verborgene Grünbeilage erst auf schmackhaftes Niveau hob. Keine Ahnung, ich fand meinen „Karisik Izgara“ jedenfalls sehr gelungen und würde dort jederzeit wieder „angrillen“ lassen.
Danke Oparazzo für den guten Tipp und die gute Gesellschaft. Hoffentlich können wir uns das kulinarische Karlsruhe bald wieder gemeinsam vorknöpfen.
…dachte ich mir und so kam es, dass ich mich kurz vor der Fahrt in den Bregenzerwald (ja damals durfte man noch ins Ausland reisen…) an einem Dienstagmittag mit dem GG-Kollegen aus Bad Herrenalb im Karlsruher Szene-Imbiss Aroma wiederfand. Mein Gastro-Komplize, mit dem ich dieses Vorhaben in die Tat umsetzte, hatte diesen Iskender-Tempel abseits der Schnitzel-Schranke ja schon im Vorfeld über den grünen Mate-Tee gelobt. Sein Foto vom gemischten Grillteller hatte sich da bereits tief in mein kulinarisches Unterbewusstsein gebrannt.... mehr lesen
4.0 stars -
"Einfach mal im Februar die Grillsaison eröffnen…" marcO74…dachte ich mir und so kam es, dass ich mich kurz vor der Fahrt in den Bregenzerwald (ja damals durfte man noch ins Ausland reisen…) an einem Dienstagmittag mit dem GG-Kollegen aus Bad Herrenalb im Karlsruher Szene-Imbiss Aroma wiederfand. Mein Gastro-Komplize, mit dem ich dieses Vorhaben in die Tat umsetzte, hatte diesen Iskender-Tempel abseits der Schnitzel-Schranke ja schon im Vorfeld über den grünen Mate-Tee gelobt. Sein Foto vom gemischten Grillteller hatte sich da bereits tief in mein kulinarisches Unterbewusstsein gebrannt.
Geschrieben am 13.04.2020 2020-04-13| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 07.02.2020Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 94 EUR
José Gregório de Mendonça Vasconcelos. Das ist der vollständige Name des Betreibers zweier portugiesischer Genussenklaven in der Fächerstadt Karlsruhe. Ein Name, der jedem erstklassigen Portwein zur Ehre gereichen würde. Nur dass eben jener nach genossenem Mahl den Hals hinunter rinnt, um Körper und Seele zu wärmen, und besagter José dies mit kulinarischen Köstlichkeiten aus seinem Heimatland erreicht.
Er betreibt seine Casa an der vielbefahrenen, oft „dauerbebaustellten“ Kriegsstraße. Und das schon seit dem Frühjahr 2013. Die Nähe zum Badischen Staatstheater, das sich quasi auf der anderen Straßenseite befindet, war auch der Grund, warum ich hier schon vor ein paar Jahren nach einem Theaterbesuch auf ein paar „Petiscos“ vorbeischaute.
Mittlerweile ist noch ein zweites Lokal, die „Tasca do José“ in der Waldstraße, hinzugekommen. Die seit Mai 2018 geöffnete, portugiesische Taverne steht mit ihrem herrlichen Innenhof ganz oben auf meiner Karlsruher „Muss-ich-im-Sommer-noch-unbedingt-hin-Liste“. Vielleicht erbarmt sich ja der ein oder andere Oparazzo und kehrt mal mit mir dort ein.
Anfang Februar, als wir zusammen mit meiner Mutter das Stück „Mein Jahr ohne Udo Jürgens“ im Kleinen Saal des Staatstheaters – meine Mutter ist nach wie vor leidenschaftlicher Fan des verstorbenen Schlagersängers – besuchten, bot sich eine Einkehr im Haus von José schon allein wegen des kurzen Fußweges an. Ich reservierte problemlos per Telefon einen Platz für drei Personen und freute mich auf ein klassisches Pre-Theatre-Dinner mit den beiden wichtigsten Frauen meines Lebens.
Es war noch relativ früh am Abend und in der Casa herrschte die berühmte Ruhe vor dem Ansturm. Unser Auto hatten wir da schon in der Tiefgarage des Staatstheaters abgestellt. Parkplätze rund ums Restaurant gibt es so gut wie keine. Mit etwas Glück kann man seinen Wagen in der benachbarten Südstadt unterkriegen. Aber Parkhäuser gibt es im Umfeld ja genug. Oder man kommt mit der Straßenbahn, deren Haltestelle nur ein paar Meter entfernt liegt.
Die Casa do José ist so ein Restaurant, in dem man sich auf Anhieb wohl fühlt. Angenehme Lichtverhältnisse, wertiges Mobiliar und leise Hintergrundmusik hießen uns zusammen mit den freundlichen Gastgebern recht herzlich willkommen. Man wies uns einen Tisch in der Mitte des Raumes zu und als erste Gäste des Abends ließen wir das mit viel Liebe zum Detail dekorierte Innere des Gastraums zunächst auf uns wirken.
Auf den blanken Holztischen befand sich nur das Nötigste. Polierte Wein- und Wassergläser glänzten um die Wette. Einfachbesteck und Brotteller hatten es sich auf den dunklen Tischsets bequem gemacht. Das zusammengefaltete, strahlend weiße Mundsegel bot dem Brotmesser eine weiche Unterlage. Ein einsames Teelicht flackerte kaum wahrnehmbar. Von der geschmackvoll mit dunklem Holz verkleideten Decke baumelten extravagante Murano-Kristallleuchter. Die hellen Holzdielen des Fußbodens kontrastierten gut mit der dunklen Einrichtung. Innenansicht 1
An den hellen, in dezenten Lila- und Grautönen gestrichenen Wänden hingen ein paar gerahmte Kunstwerke und Fotographien. Hier und da blitzte ein wenig aufgebrochener Putz hervor. Rechts neben dem Ausschanktresen befand sich der Durchgang zur Küche. Davor weckten gut gefüllte Weinregale und ein stattlicher Weinkühlschrank mein Interesse. Hier würde sich ein Blick in die Weinkarte sicher lohnen, so viel war klar. Innenansicht 2
Gedacht – getan. Das Kellerkompendium der Casa zeigte sich schon bei den Weißweinen recht vielseitig. Vinho verde, Dão, Alentejo und Co. grüßten den Pfälzer Instinkttrinker. Ein Schelm, der Weißes dabei trinkt. Also flugs weitergeblättert zu den Tintentropfen. Und da standen dann auch die Worte, die meinem Rotweinwunsch am ehesten entsprachen: Touriga Nacional. Für um die 20 Euro gab es hier den guten Stoff flaschenweise zu entdecken. Dabei fehlte die erwähnte Edelrebsorte aus Portugal in fast keiner der angebotenen Cuvees.
Ein paar der Namen sagten mir sogar etwas. Den Quinta de Chocapalha hatte ich vor vielen Jahren mal im Weinkeller der BASF entdeckt – ein ganz vorzüglicher Tropfen mit wunderbarer Holznote. Dem Genuss des Crasto DOC aus dem Douro ging dagegen eine Online-Bestellung voraus. Auch er konnte seine Prozente gehaltvoll einsetzen. Leider gab es beide Weine nicht glasweise und eine Flasche war mir als Fahrer von zwei so reizenden Damen dann doch des Guten zu viel.
Aber ein Viertel vom 2016er Burmester DOC aus dem Douro machte durchaus Sinn, hatte ich doch in der Folgezeit noch einige Lieder des österreichischen Schlagertitanen zu überstehen. Die durchaus nicht gerade linksrheinisch kalkulierten 7,70 Euro waren für die 9 Monate im Barrique ausgebaute Cuvee aus den Sorten Touriga Nacional, Tinta Roriz und Touriga Franca gut angelegt. Ein samtiger Schmeichler, der mit seiner feinwürzigen Eleganz zu gefallen wusste. Burmester kann eben nicht nur Port.
Dem niederen Durst sollten zwei Flaschen Selters medium (0,75l für 5,10 Euro) Abhilfe schaffen. Das war auch gut so, denn die Lektüre des dreisprachigen (!) Speiseprogramms nahm ein wenig mehr Zeit in Anspruch. Für meine Mutter war es nämlich der erste Besuch eines portugiesischen Lokals und dass sie da die ein oder andere Frage zu den offerierten Gerichten hatte, war natürlich nachvollziehbar. Aber auch wir mussten uns erst einmal durch das wohlklingende Angebot an „Petiscos“ (=Appetithappen) und „Pratos Principais“ (Hauptgerichte) lesen.
„Salgadinhos“ nennen die Portugiesen kleine Snacks, die gerne zu einem Glas Wein oder einer Hopfenkaltschale gefuttert werden. Darunter versteht man im Hause José frittierte Bacalhau-Nocken – beim Spanier heißen die Dinger Stockfisch-Kroketten – oder Teigtaschen mit Fleisch bzw. Krabbenfüllung. Auch Chamuças, eine Art portugiesische Samosas mit würzigem Innenleben aus Rinderhack oder Gemüse, standen als „Entradas“ auf dem reichhaltigen Speisezettel.
Flambierte Chouriço (Chorizo), gebratene Knoblauchwurst (Alheira frita) oder gegrillte Blutwurst (Morcela assada) waren dagegen nichts für Fettverweigerer. Ein paar kalte Vesper-Platten mit Käse, Wurst und Schinken portugiesischer Provenienz hatte man natürlich auch am Start. Die gemischten Salate wurden mit mariniertem Oktopus oder Kabeljau unters fischaffine Volk gebracht.
Venusmuscheln und gebratene Riesengarnelen durften in Knobi-Weißwein-Sauce baden, ehe man mit dem in der Cataplana servierten Fisch-Meeresfrüchte-Eintopf zum ultimativen Sehnsuchtsgericht für Krustentier-Kameraden und Wassertier-Vasallen anhob. Dass danach noch Kabeljau (Stockfisch) auf fünf verschiedene Arten zubereitet wurde, war kein – Vorsicht jetzt – kulinarischer „(Ba)Calhau‘er“, sondern strich die Bedeutung der aus der portugiesischen Küche nicht wegzudenkenden Trockenfischspezialität hervor.
Für Fleischfutzies wurde Schwein nach „Alentejo-Art“ mit Venusmuscheln und frittierten Kartoffelwürfel kombiniert, Pluma vom Iberico-Schwein in Madeira-Balsamico-Reduktion veredelt und das Bife (Rumpsteak) u.a. mit einer Kaffee-Cognac-Sauce aus der Küche geschickt. Natürlich hatte man auch die Madeira-Spezialität schlechthin auf der Karte: Espetada, ein kopfüber servierter Rinderspieß, wurde mit frittierter Polenta und Salat veräußert.
Die zusätzlich feilgebotenen Wochenempfehlungen trugen nicht gerade zur Entschlackung des Speiseangebots bei. Eher zur Vergrößerung meiner Entscheidungsnot. In Rotwein geschmortes Wildschwein (Chanfana), Wanzenauer Hähnchen in Madeira-Sauce und Wachtel in Tomatensauce mit Oliven-Kartoffel-Stampf klangen nicht gerade unappetitlich.
Aber es half ja alles nichts, die junge Dame vom Service hatte schon ihren Notizblock gezückt und wollte harrte unserer Bestellung entgegen. Außerdem erlaubte unser Zeitfenster bis zum Theaterstück kein langwieriges Zaudern bei der Speisenauswahl.
Als einziger Vorspeisender am Tisch wählte ich die Rissóis de Carne (4,20 Euro), drei knusprige Teigtaschen mit Fleischfüllung aus der Häppchen-Abteilung. Die beiden Damen hatten den gleichen Essenswunsch, was ja bei Frauen generell nicht so selten vorkommt. Sie entschieden sich beide für das Wanzenauer Hähnchen mit Madeira-Sauce, gegrillten Süßkartoffeln und Gemüse (17 Euro). Mir war ebenfalls nach fleischlichen Genüssen zumute, die mit einem traditionellen Rinderspieß nach Madeira-Art, selbstverständlich in der größeren 250-Gramm-Variante (23,50 Euro), gestillt werden wollten. Der Gargrad des Fleisches wurde erfragt und mit „medium rare“ in Richtung Küche durchgewunken.
Zuerst grüßte die Küche mit aufgeschnittenem Baguette, gutem Olivenöl und einem Aufstrich, der leicht nach Zitrone schmeckte. Die Küche grüßte
Dann folgten zeitnah die Teigtaschen, die sich mit ein paar Salatblättern und einer halben Cocktailtomate den Teller teilten. Die deftig gefüllten Rissóis waren genau das, wonach sich mein leerer Magen gesehnt hatte. Außen kross, innen fluffig und das Fett aus der Friteuse erledigte den Rest. Rissóis de Carne
Gut gemacht, José. Ich freue mich schon, wenn ich mich bei dir mal durch das komplette Salgadinhos-Programm futtern darf. Dann aber mit den passenden Flaschenweinen, meiner Frau als partizipierender Unterstützung und ohne Theatertermin im Hinterkopf. Gut, eine Straßenbahn, die uns nachts noch über den Rhein bringen würde, wäre der Idealfall.
Dann wurde die Hängevorrichtung für meinen Kopfüber-Spieß an den Tisch gebracht. Wenig später baumelte daran der oder die Espetada. Es hing ein Spieß....
Dabei tropfte der Fleischsaft des wie gewünscht medium rare gelieferten Beefs in eine kleine Schale. Von seiner mürben Textur her, hätte es durchaus Rinderlende sein können, was aber schon der Preis nicht erlaubte. Ich vergaß leider nachzufragen, als mir der Service ein wenig Madeira-Wein zum Fleischreindippen vorbeibrachte. Espetada...medium rare
Der dazu gereichte Salat war schön sauer angemacht. So wie ich es bevorzuge. Salat zur Espetada
Wären da nicht die frittierten Polenta-Quader gewesen, hätte man durchaus von einem Low-Carb-Gericht sprechen können. Die etwas geschmacksneutralen, recht trockenen Finger aus Maisgrieß hauten mich zwar geschmacklich nicht um, erledigten jedoch ihren Job als Sättigungsbeilage mit kohlenhydratliefernder Effizienz. Frittierte Polenta
Ein paar Dezimeter weiter ließen sich die beiden Damen ihre Wanzenauer Hähnchen schmecken. Die fachgerecht in vier Teile zerlegte Brathühner lagen auf einer gut gemeinten Portion gegrillter Süßkartoffeln. Darunter versteckte sich noch mediterranes Gemüse (Zucchini, Paprika, usw.). Wanzenauer Hähnchen
So richtige Begeisterungsstürme riefen die aromatisch nach Madeira-Sauce duftenden Hühnergerichte nicht hervor. Meine Mutter isst ja am liebsten Selbstgekochtes vom heimischen Herd und es kommt eher selten vor, dass sie sich über das Essen im Restaurant besonders lobend äußert. Von daher war das alles im grünen Bereich. Aber auch meiner Frau fehlte der gewisse Kick. Das nicht bestellte (da überlesene), in Rotwein geschmorte Wildschwein wurde später noch ein paar Mal seufzend erwähnt.
Doch bevor es in das ehrenwerte Haus gegenüber zur Theatervorstellung ging, wurde noch ein wenig genascht. Wie schlicht sich doch meine angenehm süße, von aromatischen Raspeln bedeckte Kokosnuss-Tarte (6,50 Euro) Kokosnuss-Tarte
gegenüber dem mit Vanille-Eis, Schoko-Ganache und Waldfrüchten gepimpten Schoko-Crumble (8 Euro) präsentierte. Schoko-Crumble und Consorten
Auf Früchteeis, Ananas, Kirsch und Banane…wurde an diesem Abend verzichtet, denn der portugiesische Wein war schon zur Neige gegangen und der griechische sollte ja später noch besungen werden.
In der Summe war der Besuch bei José ein gelungener Appetizer. Allein die Auswahl an „Petiscos“ würde eine Wiederholung rechtfertigen. Und dann war da ja auch noch dieser Fisch-Eintopf…
Wie sang der gute Udo vor rund 20 Jahren in seinem Lied „Es lebe das Laster“ so treffend „…statt Vinho und Gambas, Vollmilch und Brot, und was hat er davon? Denn nun ist er tot…“
Kann man mal so stehen lassen. Fastenzeit ist ja vorbei ;-)
José Gregório de Mendonça Vasconcelos. Das ist der vollständige Name des Betreibers zweier portugiesischer Genussenklaven in der Fächerstadt Karlsruhe. Ein Name, der jedem erstklassigen Portwein zur Ehre gereichen würde. Nur dass eben jener nach genossenem Mahl den Hals hinunter rinnt, um Körper und Seele zu wärmen, und besagter José dies mit kulinarischen Köstlichkeiten aus seinem Heimatland erreicht.
Er betreibt seine Casa an der vielbefahrenen, oft „dauerbebaustellten“ Kriegsstraße. Und das schon seit dem Frühjahr 2013. Die Nähe zum Badischen Staatstheater, das... mehr lesen
Restaurant Casa do José
Restaurant Casa do José€-€€€Restaurant, Bistro, Bar072191438018Kriegsstraße 92, 76133 Karlsruhe
4.0 stars -
"Vor dem Theater genossen wir die portugiesische Küche im Haus von José – war ‘ne richtig gute Idee!" marcO74José Gregório de Mendonça Vasconcelos. Das ist der vollständige Name des Betreibers zweier portugiesischer Genussenklaven in der Fächerstadt Karlsruhe. Ein Name, der jedem erstklassigen Portwein zur Ehre gereichen würde. Nur dass eben jener nach genossenem Mahl den Hals hinunter rinnt, um Körper und Seele zu wärmen, und besagter José dies mit kulinarischen Köstlichkeiten aus seinem Heimatland erreicht.
Er betreibt seine Casa an der vielbefahrenen, oft „dauerbebaustellten“ Kriegsstraße. Und das schon seit dem Frühjahr 2013. Die Nähe zum Badischen Staatstheater, das
Geschrieben am 09.04.2020 2020-04-09| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 01.02.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 43 EUR
Ach, das Kartoffelhaus. Eine der Lieblingsadressen meines sehr geschätzten Lehrerkollegen, den sie auch den Präsidenten nennen. Seine Schnitzelerfahrungen schienen dort immer besonders eindrucksvoll gewesen zu sein. Da sein Bruder in Freiburg wohnt und er dort regelmäßig zu Besuch ist, kehrte er schon viele Male in dem von Bettina Meyer-Heubach und Karim Madari seit 27 (!!!) Jahren geführten Lokal ein und verließ das an der Basler Straße gelegene Knollendomizil stets hochzufrieden. Klar, dass wir da das Kartoffelhaus für unser Freiburgwochenende Anfang Februar auf die kulinarische Agenda setzten und im Vorfeld einen Tisch für Zwei reservierten.
Ein Vorteil von Freiburg ist zweifellos, dass man im Prinzip alles relativ schnell zu Fuß oder mit den Öffentlichen erreichen kann. So machten wir uns an jenem Samstagabend per pedes auf den Weg zum „Grumbeergebäude“. Das am Mittag in der Hausbrauerei Feierling genossene „Inselhopf“, ein malzig-trübes Zwickel-Bier, musste ja schließlich an der frischen Luft wieder abgebaut werden.
Schon von außen machte das hell illuminierte Anwesen, in dessen Parterre sich das Restaurant befand, einen sehr gepflegten Eindruck. Außenansicht
Durch die Fenster grüßte geselliges Treiben, denn es war zu dieser Zeit schon einiges los. So mussten wir zunächst ein paar Minuten an der Theke ausharren bis der reservierte Zweiertisch freigegeben wurde. Das machte uns nichts aus, denn die freundliche Dame vom Service, die uns in Empfang nahm, war kommunikativ und versorgte uns gleich mit der Speiselektüre.
Ein winterlich fruchtiger, gänzlich ohne Sekt auskommender „Quitte-Sprizz“, ein Haus-Apéro mit Quitten- und Apfelsaft, Mandelsirup, etwas Zimt und Mineralwasser, wurde mir quasi als kleine Entschädigung für das Warten angeboten. Da willigte ich doch gerne ein. Meine Frau zeigte hinsichtlich dieses alkoholfreien „Bestechungsversuchs“ deutlich mehr Disziplin und lehnte dankend ab. Das Feierling-Helle vom Mittag schien bei ihr noch nachzuwirken.
Direkt vor uns auf dem Tresen hatte man eine Schiefertafel mit der Tagesempfehlung in Position gebracht. Rehfleischküchle an Spätburgunderjus mit hausgemachtem Apfel-Rotkraut und Kartoffelklößen (17,80 Euro) versprach saisonale Gutbürgerlichkeit für Freunde gehaltvoller Wintergerichte. Ein genaueres Studium des Speiseangebots nahmen wir dann jedoch sitzend vor. Unseren Tisch hatten wir da nämlich bereits okkupiert.
Das Innere des Lokals wirkte trotz des großen Andrangs recht gemütlich. Von der Optik her irgendwo zwischen zünftigem Bistro und gediegenem Wirtshaus angesiedelt, beherrschte wertiges, dunkles Holzmobiliar die Szenerie. Selbst eine ausrangierte Kirchenbank wurde als leidlich bequeme Sitzgelegenheit genutzt. Die unverputzte Wand aus grob behauenen Sandsteinen hätte auch in jeder Pfälzer Weinstube für heimeliges Rustikalambiente gesorgt. Gastraumimpression
Zusammen mit der angenehmen, durchaus stimmungsvollen Beleuchtung, für die sich ein bunter Stilmix unterschiedlichster Hängelampen verantwortlich zeigte, wurde uns das Ankommen erleichtert. Hier ließ es sich aushalten – so viel stand fest.
Mein Blick fiel auf die ansehnliche, mit dunklen Schieferplatten verkleidete Theke, hinter welcher der fleißige Schankprinz ganze Arbeit verrichtete. Innenansicht
Den „Quitte-Sprizz“ aufs Haus hatte man mir schon an den Tisch gebracht. Besteck und Servietten lagen bereits im Bastkörbchen bereit. Ein Blümchen, ein Windlicht und zwei rote Stoffsets bevölkerten den Rest der blanken Tischplatte. Eine Karaffe Tafelwasser (0,5l für 3,40 Euro) war schnell geordert und wurde von einer der jungen Servierdamen zeitnah geliefert. Der halbe Liter naturtrübes Waldhaus Bier – natürlich „ohne Filter“ – gelangte vom Fass für faire 4,40 Euro in den schlanken Hopfenkelch. Die Freiburger Kartoffelfestspiele konnten also beginnen.
Doch vorher möchte ich noch ein paar Worte über den tadellos agierenden Service verlieren. Die Mädels standen angesichts der Komplettauslastung des Ladens an diesem Abend richtig unter Strom. Sie mussten nebenbei noch etliche Spontaneinkehrer ohne Reservierung auf später vertrösten, und sich an jenen, die im Eingangsbereich auf freie Tische warteten, mit einem Tablett voller Getränke vorbeidrücken. Trotz allem Umtrieb bewahrten sie stets den Überblick. Kurzum: die Bedienfraktion vom Kartoffelhaus lieferte eine einwandfreie Serviceleistung ab und vermittelte dabei den Eindruck, dass der Bewirtungsbetrieb hier wie geschmiert läuft. Wer sich so freundlich, aufmerksam und gästeorientiert präsentiert, hat an dieser Stelle ein Extralob verdient.
Es folgen einige Anmerkungen zur vielfältigen Speiseauswahl, die wir in Form einer äußerst ansprechend gestalteten Karte studieren durften. Gleich auf der ersten Seite wurde auf die Existenz von Sonderkarten für Intoleranzgeplagte (Laktose, Gluten oder beides zusammen) bzw. vegan gestimmte Zeitgenossen hingewiesen. Ein Glück, dass wir alles vertragen und (fast) alles essen, so mein Gedanke bei der mit einem Bild von diversen Kartoffelsorten geschmückten ersten Seite der Speiseliteratur.
Danach lieferte ein lesenswertes Statement zum Regionalbewusstsein, dem sich die Gastgeber des Kartoffelhauses bei der Auswahl ihrer Produkte anscheinend besonders verschrieben haben, Informatives für den neugierigen Konsumenten mit nachhaltiger Gesinnung. Von 19 verschiedenen Lieferanten – darunter viele biodynamisch arbeitende Klein- und Kleinstbetriebe – war da die Rede. Die Herkunft der aus dem regionalen Umfeld stammenden Zutaten und Rohstoffe wurde mit Hilfe einer übersichtlich gestalteten Karte visualisiert.
Ein paar der Betriebe, wie beispielsweise der Lindenbrunnenhof der Familie Binder aus Forchheim, der traditionelle Kartoffel-, Gemüse- und Obstsorten kultiviert, oder die auf die Zucht von Simmentaler Weiderindern spezialisierte Familie Reitter aus Schwanau-Ottenheim (Reitterhof), wurden mit kleinen Porträts, bei denen ihre Arbeit kurz vorgestellt wurde, bedacht. Respekt, da merkt man, dass den beiden Gastgebern die Unterstützung regionaler Betriebe eine echte Herzensangelegenheit ist. Auf der Internetseite kann man sich unter der Rubrik „Nah klar!“ noch genauer informieren. Mehr Transparenz bezüglich der Herkunft der verwendeten Grundzutaten geht eigentlich kaum.
Neben einer Reihe interessanter Aperitifangebote (Lillet Berry mit Weißburgunder Sekt, Hugo „Rosa“ mit Rhabarber- und Holunderblütensirup sowie Hugo „Blackforest“ mit schwarzem Johannisbeersaft und Heidelbeeren) listete die erste Seite sechs verlockend klingende Suppen und Vorspeisen mit klarem Saisonbezug. Zum Beispiel eine Kürbis-Kokossuppe mit gebratenen Jakobsmuscheln oder gebackene Süßkartoffelsticks mit Sesam und leichter Erbsencrème. Das klang schon deutlich besser als die übliche Palette an deutschen Vorgeschmäckern, die es in bürgerlicher Gasthausatmosphäre sonst so zu bestellen gibt.
Einmal umgeblättert und man befand sich inmitten einer weiteren, saisonal geprägten Auswahl an „winterlichen Genüssen“. Sie beinhaltete mannigfaltige Variationen rund um den Feldsalat, den man wahlweise mit allem Möglichen (Kartoffelküchle, Rumpsteakstreifen, ja sogar mit Filets vom Bachsaibling und Schwarzwaldforelle…) bestücken konnte. Außerdem sorgten ein paar schmackhaft anmutende Veggie-Gerichte für Aufsehen. Darunter auch das Ofengemüse „Arche Noah“, bei dem edle Kartoffelraritäten und Wintergemüse (Pastinaken, Kürbis, Maronen) kombiniert wurden und zusammen mit Kräuterquark und einem bunten Salat den Fleischverzichter mit Entdeckergeist ansprechen sollten.
Auf der Standardkarte tummelten sich dann nochmals diverse Vorwegklassiker. Von der deftigen Kartoffelsuppe mit unterschiedlichsten Einlagen über eine asiatisch angehauchte Fischsuppe bis hin zu Lachforellentartar und Rindercarpaccio war einiges geboten. Die gleichen Wahlmöglichkeiten wie vorher beim Feldsalat standen dann auch für den gemischten Salatteller zur Verfügung. Ähnliches galt für die Ofen- und Pellkartoffelgerichte, die man mit bis zu drei hausgemachten Dips und einem kleinen Salat veredelte. Immer ganz vorne mit dabei: Kräuterquark, Knoblauchdip, Pink Hummus (dank Roter Bete), Erbsencrème und Frankfurter Grüne Sauce.
Auf den folgenden Seiten des umfangreichen Köchelverzeichnisses wurde weiter drauflos „kartoffelt“ was die Knolle so hergab. Die Gratins und Aufläufe in diversen Variationen klangen dabei genauso appetitanregend wie die Bratkartoffeln, die Kartoffelpuffer, das Püree und die ebenfalls mit Dips oder hausgemachter Mayo servierten Pommes-Berge.
Für die fleischessende Zunft lockten Rumpsteak vom Simmentaler Weiderind, Putensteak aus dem benachbarten Elsass, Schweinesteak aus dem Schwarzwald sowie die üblichen Verdächtigen der gutbürgerlichen Fleischküche (Schnitzel, Entrecôte, usw.). Wem das alles noch nicht reichte, der konnte sich an Raclette, gebackenem Schafskäse, Kartoffelauflauf mit Lachs oder Filet vom Bachsaibling aus der Ortenau auf Fettuccine mit Basilikum-Mandel-Pesto erfreuen.
Normalerweise wäre ich bei einem solchen Mammutprogramm eher skeptisch an die Sache heran gegangen. Aber bei genauerem Hinsehen waren es im Grunde immer die gleichen Garnituren, in denen die Kartoffelgerichte auf das Porzellan gehievt wurden. Ein ausgeklügeltes Baukastenprinzip, mit dem sich eine große Auswahl generieren ließ und gleichzeitig ein breites Geschmacksspektrum abdeckte. Für jeden Geschmack war hier was dabei. Für Entscheidungsschwache sicherlich kein Heimspiel.
Als Pfälzer Kulinarnomade freute ich mich natürlich ganz besonders auf die Kartoffelsuppe, da sie außerhalb meiner Heimat oft gar nicht hoch genug geschätzt wird. Und das, obwohl sie doch dem ersten Hunger mit einer deftigen Sämigkeit zu begegnen vermag, die das Warten auf die Hauptspeise zur reinsten Wohltat werden lässt.
Es gab sie in zwei Größen und mit unterschiedlichen Einlagen. Ich entschied mich vorsorglich für die kleinere Portion (6 Euro), die mit Schnittlauchgehäcksel, einem ordentlichen Klacks Crème fraiche, knusprigen Croutons und angebratenem Speck geliefert wurde und fühlte mich schon beim ersten Löffel wie ein Bewohner des Planeten „Erdapfel“. Kartoffelsuppe
Meine letzte Kartoffelsuppe hatte ich im Kölner Kultgasthaus Essers genossen und damals war es ihre schmackhafte Einfachheit, die mich schwer beeindruckte. Diesmal begab ich mich dank würzig-krosser und cremig-frischer Begleitumstände komplett freiwillig in Suppenhaft. Zusammen mit dem malzig-herben Waldhaus Zwickelbier war das ein erhabener Genussmoment, bei dem sich die tadellos zubereitete Wohlfühlterrine ungeniert aus dem Vollen löffeln ließ.
Gut, die Portion hätte vielleicht ein wenig schmaler ausfallen dürfen, denn mein Sättigungsgrad war nach dem sauber geleckten weißen Porzellan schon etwas vorangeschritten. Und da war ja auch noch ein kleiner bunter Beilagensalat, den es zum Kartoffelauflauf mit pikantem Lammhack, Schafskäse und grünen Bohnen (15,80 Euro) dazu gab. Diesen gab es übrigens kurz vor dem Eintreffen der Hauptgerichte. Er war mit einem feinen, essigsauren Dressing angemacht und hielt sämtlichen vegetabilen Frischekriterien stand. Beilagensalat
Meine Frau hatte sich doch tatsächlich für eine Salatvariante entschieden. Sensation! Aber nicht für irgendeine. Nein, es musste der gemischte Salatteller mit Kartoffelküchle und Pink Hummus (13,80 Euro) sein. Wobei die frittierten „Zwei-Mann-Kroketten“ mit einer cremigen Ziegenkäsefüllung aufwarteten. Gleich drei Exemplare hatte man auf den aus Blatt- und Gemüsesalaten bestehenden Frischeteller gelegt. Der Rote-Bete-Hummus wurde à part im kleinen Schälchen dazu gereicht. Salat mit Kartoffelküchle
Ich dagegen gab mich lieber mit weitaus weniger subtilen Raffinessen zufrieden. Meine Schichtstufenlandschaft aus einer mehligkochenden Kartoffelsorte und nicht übertrieben gewürztem Hackfleisch vom Lamm lag unter zweierlei Soßen begraben. Der leicht nach Thymian duftende Tomatensugo hätte völlig ausgereicht. Warum man da noch einen halben Eimer Bechamel drüber kippen musste, war mir schleierhaft. In der FCK-fanatischen Pfalz würde man zwar sagen „Olé Rot-Weiß, so laaft die G’schichd!“, aber auf dem Teller war mir das dann doch des Beigusses zu viel. Kartoffelauflauf mit Lammhack und viel Soße
Denn ich fand die Kombi – bis auf den Saucen-Overkill – eigentlich ganz gelungen. Ein mediterran akzentuierter Kartoffelauflauf, dessen Würze vom Fleisch und vom Schafskäse her resultierte und der mit grünen Bohnen und frischem Rosmarin etwas aufgepeppt war. Handwerklich tadellos umgesetzt und fachlich einwandfrei gegart. Dazu ein wirklich sättigender Winterteller, der den Rückweg zu Fuß obligatorisch erschienen ließ.
Dass wir danach noch im O’Kellys, einem trubeligen Irish Pub gegenüber der futuristisch anmutenden Universitätsbibliothek, aufschlugen, lag wohl in erster Linie am Bierdurst. Dass in seinem Gefolge noch eine stattliche Anzahl höllisch scharfer Chicken Wings von mir vertilgt wurden, sei nicht verschwiegen. O’Hara’s IPA und ein Mixgetränk namens „Down Under“ (was Bundaberg Ginger Beer mit Guinness gemischt so alles mit dir macht…) besänftigten die gereizten Geschmackspapillen gleich pint-weise.
Oh Freiburg, was hatten wir bei dir eine schöne Zeit. Hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder…
Ach, das Kartoffelhaus. Eine der Lieblingsadressen meines sehr geschätzten Lehrerkollegen, den sie auch den Präsidenten nennen. Seine Schnitzelerfahrungen schienen dort immer besonders eindrucksvoll gewesen zu sein. Da sein Bruder in Freiburg wohnt und er dort regelmäßig zu Besuch ist, kehrte er schon viele Male in dem von Bettina Meyer-Heubach und Karim Madari seit 27 (!!!) Jahren geführten Lokal ein und verließ das an der Basler Straße gelegene Knollendomizil stets hochzufrieden. Klar, dass wir da das Kartoffelhaus für unser Freiburgwochenende Anfang... mehr lesen
Kartoffelhaus
Kartoffelhaus€-€€€Restaurant076172001Basler Straße 10, 79100 Freiburg im Breisgau
4.5 stars -
"In diesem Freiburger Traditionslokal fristet die Kartoffel kein (Nacht)Schattendasein" marcO74Ach, das Kartoffelhaus. Eine der Lieblingsadressen meines sehr geschätzten Lehrerkollegen, den sie auch den Präsidenten nennen. Seine Schnitzelerfahrungen schienen dort immer besonders eindrucksvoll gewesen zu sein. Da sein Bruder in Freiburg wohnt und er dort regelmäßig zu Besuch ist, kehrte er schon viele Male in dem von Bettina Meyer-Heubach und Karim Madari seit 27 (!!!) Jahren geführten Lokal ein und verließ das an der Basler Straße gelegene Knollendomizil stets hochzufrieden. Klar, dass wir da das Kartoffelhaus für unser Freiburgwochenende Anfang
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Nach einem ausgiebigen und äußerst schmackhaften Frühstück im Hotel im Schulhaus ging es am ersten Tag unseres Rheingau-Trips ins nahegelegene Wispertal, um dort den knapp 15 km langen Wispertalsteig „unter die Lowa“ zu nehmen. Für den Abend hatten wir schon im Vorfeld zwei Plätze in der Weinwirtschaft Laquai reserviert.
Außenansicht 1
Kurz vor unserer Fahrt an den Rhein hatte ich mich bei GG-Kollege Nolux ein wenig über die dort vorherrschende Kulinarik informiert. In Lorch kannte auch er nur die Weinwirtschaft, war selbst schon einmal dort zu Tische gewesen und empfahl mir den Laden ohne Umschweife. Die 86 Punkte bei Falstaff untermauerten dann quasi unseren Entschluss dort einzukehren.
Außenansicht 3
Das schwülwarme Wetter lud beim Auftaktbesuch in Lorchs erstem Haus am Platze nicht gerade zum Schlemmen ein. Draußen, auf der lauschigen Gartenterrasse war schon Tage vorher kein Platz mehr zu bekommen. Ein bisschen Grinsen musste ich ja schon, denn auch in Lorch gibt es eine Drosselgasse. Da der Eingang des Laquai‘schen Weinlokals über eben jene zu erreichen war, blieb uns der Weg ins überlaufene Rüdesheim erspart. Die „Drosselgasse light“ von Lorch reichte uns völlig aus.
Außenansicht 2
Nach freundlicher Begrüßung durch die Hausherrin, Frau Susanne Laquai, wurden wir zu unserem Tisch in der Beletage geführt. Im Erdgeschoss waren zu diesem Zeitpunkt schon alle Plätze belegt. Über eine knarrende Holztreppe ging es nach oben. Dort empfing uns ein kleiner Gastraum mit freiliegendem Fachwerkgebälk, hellem Holzdielenboden und großzügig – aktuell würde man dies wohl eher „vorbildlich“ nennen – verteilten, dunkel lackierten Holztischen.
Innenansicht 2 (Gastraum in der Beletage)
Innenansicht 1 (Gastraum in der Beletage)
Dem schlichten, aber keines Wegs unbehaglichen Interieur versuchten ein paar Lichtakzente (Kronleuchter, Wandkerzenhalter) auf die Sprünge zu helfen, was aufgrund der noch vorherrschenden Helligkeit (es war nach recht früh am Abend) nicht so recht zünden wollte.
Innenansicht 3 (Gastraum in der Beletage)
Ein paar vereinzelte Fotografien hingen zwar etwas verloren an den weiß gestrichenen Wänden, aber als Vorgeschmack auf unser bevorstehendes „Rhein-Wisper-Glück“ (Name des Wanderwegs, Anm.) am nächsten Tag dienten die abgebildeten Steillagen allemal.
Neben dem Formblatt zur Datenerfassung befand sich ein laminierter, doppelseitiger Speisen- und Getränkezettel in DIN-A4-Format auf der frugal eingedeckten Tischplatte. Das Angebot wurde von einer Art Flyer mit vier Tagesempfehlungen ergänzt. Als „leckere Extras“ erweiterten Rote-Bete-Carpaccio, Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat, ein Vesperteller mit regionalen Spezialitäten sowie eine Schokoladenmousse das Standardprogramm.
Dieses war von einer bewusst überschaubar gehaltenen Palette bodenständiger Hausmannsköstlichkeiten geprägt. Als Mitglied des Slowfood e.V. legte man nachlesbaren Wert auf die Verwendung regionaler Produkte. Wildschweinsülze und Wildbratwürste stammten beispielsweise von der Metzgerei Kempenich aus dem benachbarten Presberg (Taunus). Die Forellen bezog man fangfrisch von der Forellenzucht Flach aus dem Wispertal.
Darüber hinaus bestimmten gutbürgerliche Sattmacher wie Ofenkartoffel (gerne auch in Kombination mit geräucherter Wisperforelle), gebackene Kaspressknödel, Schafskäse aus dem Ofen und Rumpsteak mit Bratkartoffeln den deftig ausgerichteten Speiseplan.
Selbstverständlich wurden dazu die gutseigenen Weine serviert. Das von den beiden Brüdern Gundolf und Gilbert Laquai geführte Weingut gehört schließlich zum Inventar des Rheingaus, denn seine Anfänge reichen bis ins 18.Jahrhundert. Neben der Rheingaurebsorte Nr. 1, dem Riesling, wurden auch Auxerrois, Chardonnay, Silvaner und Weißburgunder ausgeschenkt. Spätburgunder, Merlot und Cabernet Sauvignon warteten dagegen auf Rotweinverehrer. Und das alles natürlich auch glasweise. Da hätte es sich ganz ungeniert durchs offene Programm probieren lassen. Zumal unser Hotel im Schulhaus keine 200 Meter von der Weinwirtschaft entfernt lag.
Doch auch der Pfälzer weiß sich in fremden Weinlanden zu benehmen und schlägt selbst im Urlaub, immer die fatalen Folgen vinophiler Unbekümmertheit im Hinterkopf, gar selten über die Stränge. Nach einem falschen Viertel (0,2l) vom süffig-kräftigen Cabernet Sauvignon (6,50 Euro) folgte noch ein etwas flacherer Merlot (5,80 Euro) in der gleichen 0,2l-Dosierung. Zusammen mit einer fair bepreisten Flasche Rhönsprudel (0,75l für 4,50 Euro) war damit unser Bedarf an Flüssigkeit am ersten Abend gedeckt.
Auch beim Essen hielten wir uns vornehm zurück. Der gebackene Schafskäse mit mediterranem Gemüse (9,20 Euro) ging an meine Frau, während ich mich für den bunten Blattsalat mit marinierten Rumpsteakstreifen und Baguette (12,80 Euro) entschied.
Salat mit Rumpsteakstreifen
Entweder lagen uns noch die anatolischen Teigtaschen vom Vorabend im Magen oder die schwülwarme Witterung hatte uns auf dem Wispertalsteig zu arg zugesetzt. Unser Hunger fiel jedenfalls genauso dürftig aus wie die Deko unseres Gastraumes.
Doch der Appetit kommt ja bekanntlich beim Essen, das nach angenehmer Wartezeit die Treppe hochgetragen wurde. Der Schafskäse duftete nach Olivenöl und mediterranen Kräutern. Mit einer gehörigen Portion Tomaten und Paprika versehen, war es lediglich der etwas übertriebene Ölanteil, den meine Frau latent kritisierte.
Gebackener Feta unter mediterranem Gemüse
Meinen Salatteller veredelten die in ausreichender Zahl vorhandenen, gut gewürzten Rindfleischfetzen. Doch war es vor allem das unfassbar schmackhafte, feinsäuerliche Hausdressing (Honig und Traubensaft sorgten für gustatorischen Schliff), das bei diesem „Fitnessteller“ die Gaumenschrauben anzog. Dass die in Streifen geschnittenen Rumpsteakstücke schnell auskühlten, war keine neue Erkenntnis, war aber zu verschmerzen.
Rumpsteakstreifen mit Salat
Es wurmte uns schon ein wenig, dass wir beide nicht so richtig im Schlemmer-Modus bei den Laquais aufgeschlagen waren und so stand schnell fest, dass wir hier am nächsten Abend noch einmal vorbeischauen wollten. Das Speisenangebot war ja noch nicht einmal ansatzweise erschöpfend behandelt worden. Schon allein wegen der in der Pfanne gebratenen Prachtforelle aus dem Wispertal, die sich am Nebentisch ein älterer Herr genussvoll einverleibte, würde eine Folgereservierung Sinn machen. Also machten wir beim Bezahlvorgang einen Tisch für den nächsten Abend klar.
Sonne tanken, Schorle trinken – so habe ich mir den Urlaub im Rheingau vorgestellt. Dass wir bei so einem Kaiserwetter einen Abschnitt des Rheinsteigs erwandern durften, machte natürlich richtig Laune. Der Hunger ließ da nicht lange auf sich warten.
Beim zweiten Besuch hatte man uns einen Tisch in der Brennstube freigehalten. Vielleicht war das ja eine Folge der Corona-Auflagen, um die vorgeschriebenen Bewirtungsausfälle im Inneren zu kompensieren. Auf jeden Fall empfanden wir die alte Schnapsbrennerkulisse als äußerst angenehm.
Innenansicht 4 (Gastraum in der Schnapsbrennerei)
Durch das geöffnete Fenster drang ein leichter Wind. Mein Blick fiel auf den alten Kupferkessel aus dem Jahr 1924 und die präparierten Bodenprofile an der Wand. Was wäre der Wein ohne seinen Untergrund? Oder wie es der Kenner ausdrückt: ohne sein Terroir? Freunde des hochprozentigen Destillats kamen in der gefliesten, mit dunklem Holzmobiliar ausgestatteten Brennhalle jedenfalls genauso auf ihre Kosten wie Hobby-Geologen.
Diesmal begann ich meine Weinerkundung mit einem trocken ausgebauten Weißburgunder (0,1l für 2,60 Euro), später sollte noch ein trockener Auxerrois (0,1l für 3 Euro), der für meine Pfalzkehle etwas zu restsüß daherkam, folgen. Meine Frau hatte sich da schon wieder an den bemerkenswerten Cabernet Sauvignon vom Vortag gewandt. Diesmal teilten wir uns vorweg das Dip-Trio (5,80 Euro),
Three Dips on one plate
das eine wunderbar aromatische, hausgemachte Tomatenbutter (mit deutlicher Basilikumnote),
Die hausgemachte Tomatenbutter
einen frischen Kräuterquark
Der Kräuterquark
und den Rheingau-Vesperklassiker schlechthin, den legendären Spundekäs, auf einer Schieferplatte vereinigte.
Der Spundekäs
Zusammen mit ein paar Scheiben herzhaftem Bauernbrot war besonders die aus dem nördlichen Rheinhessen - manche behaupten gar aus Mainz (?) - stammende Frischkäsezubereitung ein kulinarischer Gewinn. Frau Laquai berichtete über die spezielle Verwendung von Kapern in ihrem Spundekäs. Ich kenne zwar die Originalrezeptur nicht, aber in Kombination mit den kleinen Salzbrezeln und dem Brot, war das ein einfacher, aber äußerst schmackhafter Rheingauklassiker, den wir da genussvoll verputzten.
Ein knackiger Beilagensalat (4,20 Euro) sollte mir die Wartezeit bis zum Kalbsschnitzel, das mit hausgemachtem Kartoffelsalat (18,90 Euro) serviert wurde, ein wenig verkürzen.
Da ich dieser Erdapfelvariante meist kritisch gegenüberstehe und ich sie nicht gerade zu meinen Lieblingsbeilagen zähle, äußerte ich den Wunsch nach ein paar Bratkartoffeln.
Der Notizzettel der jungen Dame muss wohl auf dem Weg zur Küche verloren gegangen sein, denn das saftig mürbe Panierstück landete in der Standardausführung auf dem Teller. Doch der kleine Service-Fauxpas stellte sich schnell als glückliche Fügung heraus. Der selbstgemachte Kartoffelsalat überzeugte nämlich auf ganzer Linie. Ei, Schnittlauch und eine feine Essignote halfen ihm geschmacklich auf die Sprünge. Das knusprig gebratene (oder frittierte) Wiener mit Zitrone gefiel durch ausreichend Würze unter dem röschen Panadeteppich.
Das Wiener mit Kartoffelsalat
Texturell war es – dem Kalbfleisch sei Dank ein – ebenfalls ein Gedicht.
Das Wiener
Und dennoch zog es optisch gegenüber der mit krosser Haut der Pfanne enthobenen Wisperforelle den Kürzeren.
The one and only Wisperforelle!
Ein regelrechter Prachtfisch, wie er da mit offenem Maul auf dem Teller lag. Lediglich mit Salz und Pfeffer gewürzt, war es das vorherige Wenden in Maismehl, was die köstliche Knusperhaut erzeugte. Frau Laquai erklärte uns bereitwillig seine Zubereitung.
Ein Prachtfisch!
Meine Frau machte sich sogleich ans Filetieren. Mir ist das meist zu viel „Fuschelarbeit“. Von den kleinen, erst im Mund feststellbaren Gräten ganz zu schweigen. Ein Probierhäppchen vom weißen Forellenfleisch ließ mich jedoch große Augen machen. Beeindruckend wie positiv sich die sehr gute Wasserqualität der Wisper auf den Geschmack der Forelle auswirkte. Hätte es sich bei diesem Leckerbissen um ein Huhn aus Frankreich gehandelt, hätte ich glatt das Label-Rouge-Siegel dahinter vermutet.
Nun gehört Neid nicht unbedingt zu meinen primären Charaktereigenschaften, aber was die Wisperforelle anging, die sich meine Frau zusammen mit ein paar Salzkartoffeln schmecken ließ, so hätte ich diese nur zu gerne auch auf meinem Porzellan liegen gehabt.
Als kleines „Trostpflaster“ ließ ich mir dann eben drei Flaschen Wein in eine Kiste packen. Der Cabernet Sauvignon war da natürlich mit von der Partie.
Besonders den zweiten Abend werden wir im kulinarischen Gedächtnis behalten. Sollte es uns mal wieder nach Lorch verschlagen, wäre ein Besuch der Weinwirtschaft Laquai genauso Pflicht wie der Abstecher am Abreisetag nach Oestrich-Winkel. Dort bei Top-Winzer Peter Jakob Kühn wurde unsere Rheingau-Mission mit ausreichend Riesling für daheim „geadelt“. Man kann ja nie wissen, ob nicht doch mal ein Weißweinzombie aus dem nördlichen Teil der Republik plötzlich vor der Tür steht.