Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 26.07.2021 2021-07-26| Aktualisiert am
26.07.2021
Besucht am 30.06.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 64 EUR
Nach den geradezu euphorischen Worten des Bad Herrenalber Gastrosophen meines Vertrauens kommt nun also die linksrheinische Sichtweise unseres schon lange erhofften und Ende Juni endlich realisierten Treffens, das wir ganz im Sinne einer fairen Anfahrtspolitik in der baustellenreichen Fächerstadt Karlsruhe abhielten.
Die bereits seit längerem ins Auge gefasste Ausgangsgleichung 2*x = Yangda (wobei x für die beiden männlichen Essakteure steht und das Yangda ein schon vor Monaten anvisiertes China-Restaurant im Karlsruher Stadtteil Rüppur darstellt) wurde in 2*x + 2*y = Sokrates überführt. Dies bedeutete zwar rein formal eine Gleichung mit zwei Unbekannten, aber gleichzeitig auch eine prächtige Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre und bei nicht gerade alltäglicher Griechenkost (noch) besser kennenzulernen.
Nun wissen wahrscheinlich nicht nur Mathematiker, dass eine Gleichung mit zwei Unbekannten generell nicht lösbar ist. Aber das war uns an jenem Abend so ziemlich Raki wie Ouzo. Denn schnell wurde eins klar: die Wellenlängen der vier Tischgenossinnen und -genossen passten wie das Gyros ins Pita-Brot. Anregende Konversation traf auf ansteckendes Lachen. „Bad Herrenalbern“ versus „Pälzer Gosch“ – das ergab in der Summe eine durchaus muntere Mischung. Da hatten sich scheinbar vier Genießer mit dem gleichen Sinn für Humor und gutes Essen gefunden.
Vielen Dank an dieser Stelle an den guten Oparazzo, dessen philosophisch angehauchte Nachbetrachtung dieses denkwürdigen „Dates“ mir aus der Seele sprach. Mit seinem zeitnahen Bericht hat sich der (Epi)Kurstädter aus dem Nordschwarzwald ja schon mächtig ins Zeug gelegt und einige schöne Vorlagen gebastelt, die ich selbstverständlich gerne aufnehme.
Apropos Epikur: geht auf ihn nicht die Aussage zurück, dass die Wurzel aller Vergnügen die Zufriedenheit des Magens sei? Nun, da hat der alte Grieche schon Recht. Doch wenn man sich diese Zufriedenheit dann noch im Rahmen einer solch entspannten Tischgesellschaft erfuttern darf, dann hat sich selbst für den gemeinen Pfälzer der Aufenthalt auf badischem Boden voll gelohnt.
„Oma- und Oparazzo“ saßen bereits im ansprechend eingerichteten Gastraum und warteten auf die mit ihnen verabredete „Pälzer Bagage“, die ihr leichtes Zuspätkommen mit der Parkplatzsuche vor Ort begründete. Im Wohnviertel rund um die Welfenstraße – südliche Karlsruher Südweststadt – waren an diesem Abend freie Parkplätze eher rar gesät. In der Nähe des Sokrates herrschte sogar glatte Fehlanzeige. Da war ein kleiner Fußmarsch von Nöten, um zur sympathischen Hellenenklause zu gelangen.
An ein Essen unter freiem Himmel war nicht zu denken. Die unsichere Witterung Ende Juni ließ dies leider nicht zu. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ja noch niemand, welche verheerenden Folgen die noch bevorstehenden Regenmassen der folgenden Wochen im Norden von Rheinland-Pfalz und in NRW haben würden.
Demgegenüber erscheint unser zähneknirschend akzeptierter Gang nach Drinnen geradezu lächerlich. Zähneknirschend deshalb, weil sich meine - zu der Zeit erst einmal geimpfte - Gattin im Inneren von Lokalen noch nicht so wohl fühlte und lieber auf der ansehnlichen Terrasse Platz genommen hätte. Naja Schwamm drüber oder besser gesagt: Maske auf und rein in die gute Stube, wo uns zwei liebenswürdige Menschen sehr herzlich empfingen.
„Weintausch statt Weinrausch!“ lautete zunächst die Devise und der Herr Oparazzo zeigte sich von seiner generösen Seite, indem er der Pfalzweindrossel zwei badische Kennertropfen unterjubelte. Der lediglich mit einer Flasche Assyrtiko bewaffnete Jubelpfälzer – um Grieches Willen plünderte der tanninfixierte Rotweinrebell zu Hause sein bescheidenes Weißweinreservoir – sah sich zumindest nach Flaschenzahl einer drohenden 1:2-Niederlage konfrontiert, die er später mit einem halben Liter Malagousia-Weißwein wieder wettzumachen versuchte.
Doch die paar cl fielen kaum ins Gewicht, denn von Beginn an wurde munter drauflos kommuniziert, als hätte sich die griechische Sippschaft der Betreiberfamilie nach vielen Jahren mal wieder an einem Tisch versammelt. Von Bestellen oder in die Karte schauen konnte keine Rede sein. Der freundliche junge Mann vom Service nahm es mit levantinischer Gelassenheit. Auch unsere spaßeshalber gemachte „Androhung“, den selbst mitgebrachten Wein gleich zu entkorken, brachte ihn nicht aus der Fassung.
Über die stilvolle, nahezu komplett aus dunklem Holz „geschnitzte“ Einrichtung habe ich mich schon vor ein paar Jahren lobend ausgelassen. Daran hat sich nicht merklich etwas geändert. Gastraumimpression
Den Verzicht auf folkloristischen Dekoplunder rechne ich dem Laden nach wie vor hoch an. Bei einbrechender Dunkelheit trugen dann die frei von der Decke baumelnden Glühbirnen der Ausleuchtung des Raumes auf angenehm zeitgeistige Weise Rechnung. Gastraumimpression 2
Kurzum: ein wertiges Interieur, das zum Wohlfühlen animiert und eine gemütliche Kulisse für einen genussvollen Abend abgab.
Die Abstände zwischen den Tischen entsprachen voll den derzeitigen Pandemieauflagen. Um ehrlich zu sein finde ich als Gast diese Abstandsgebote im Inneren der Lokale sogar sehr angenehm, da es der Atmosphäre am Tisch sehr zuträglich ist. Aber das sehen die meisten Gastronomen wahrscheinlich ganz anders, da ihnen dadurch Umsatz flöten geht.
Im Sokrates fährt man seit der Wiedereröffnung ein reduziertes Speisenangebot, was mir persönlich gar nichts ausmacht, da mich die üblichen „Telefonbücher“ der hierzulande operierenden Standardgriechen mit ihrem immerzu gleichen, viel zu üppigen Angebot an Grillgerichten eher langweilen. Außerdem war mir die Saloniki-Platte aus Maikammer in fleischhaftiger Erinnerung, was mich ganz instinktiv zu Fisch und Meeresfrüchten tendieren ließ.
Und dann war da ja auch noch der Yufka-Döner, der mich mittags im Maximilian-Center zu Wörth vor dem sicheren Hungertod bewahrt hatte. Im Nachhinein natürlich ein kulinarischer Schuss ins Knie, den ich spätestens bei der Ankunft im Sokrates bitter bereute. Aber alles Jammern half nichts, der Bestellvorgang ließ sich nicht länger hinauszögern. Der Plan, zunächst mit einem Bierchen den Appetit zu wecken – klappt bei mir übrigens sehr gut – wurde mit einer Flasche Mythos (0,33l für 3,40 Euro) in die Tat umgesetzt. It's not a myth, it's a Mythos!
Das sokratische Köchelverzeichnis passte auf eine laminierte Doppelseite im DIN-A4-Format und gab sich zumindest bei den ca. 20 gelisteten Hauptgerichten recht fleischlastig. Mit Souvlaki, Suzukakia, Bifteki, Gyros und Lammkoteletts hatte man die gängigen Grillklassiker im Repertoire. Einen gefüllten Kalamar gab es auch. Die von mir sehr geschätzte Moussaka durfte da nicht fehlen.
Anhand des Durcheinanders bei der Nummerierung der Gerichte wurde deutlich, dass man hier aus der wesentlich üppiger bestückten Standardkarte eine Auswahl getroffen hatte. Eine etwas abgespeckte Wiedereröffnungskarte also, wie man sie in vielen Gastronomien derzeit vorfindet.
Was aussah wie ein akkurat bedruckter Spickzettel – Erinnerungen an meine von Betrug gekennzeichneten Kursarbeiten im Biologie-Grundkurs der Oberstufe wurden wach –, war in Wirklichkeit eine Empfehlungskarte im Kleinstformat, die mit einem guten halben Dutzend „Außer-der-Reihe-Gerichten“ auf sich aufmerksam machte. Die meisten der hier gelisteten Köstlichkeiten griechischen Provenienz sagten mir vom Namen her nichts. Gut, dass die deutsche Erklärung in Klammer gleich mitgeliefert wurde.
Gebackene Sardellen, eine Mezes-Variation aus dem Meer für Zwei, überbackenes Gyros in Cognac-Sauce, gefüllte Teigtaschen, ein gemischter Fischteller, Tomatenbällchen an Joghurt-Dip, griechischer Grillkäse und ein traditionelles Gemista (= mit Reis bzw. Reisnudeln gefülltes Gemüse…hauptsächlich Paprika) klangen dabei genauso vielversprechend wie abwechslungsreich.
Vorweg griffen meine Frau und ich auf Bewährtes zurück. Die gegrillten Peperoni (6,70 Euro) mit ordentlich Knoblauch drauf erschienen uns mehr als adäquat, um auch gustatorisch die richtige Würze ins Spiel zu bringen. Gegrillter Knoblauch mit ein paar Peperoni
Mein Gegenüber labte sich derweil an einem sommerlich frischen Tintenfischsalat, der auch optisch einiges hermachte. Tintenfischsalat des Kollegen
Einen Probierhappen ließ er rüberwachsen, was meine vorher getroffene Entscheidung, die maritimen Mezes für Zwei als Hauptgericht zu ordern, bestätigte. Auch hier war nämlich der Tintenfischsalat – natürlich in einer viel kleineren Portion – mit von der Partie. Die recht geschmacksneutralen Auberginensticks mit Tzatziki, für die sich seine Frau entschieden hatte, erwähne ich an dieser Stelle nur fürs Protokoll. Auberginensticks (geschmacksneutral)
Mittlerweile hatte das erste Mythos-Bier meinem Nachdurst – ich sag nur „Yufka!“ – Rechnung getragen und die Lust auf einen griechischen Weißwein brach sich so langsam in mir Bahn. Oparazzo hielt sich bei der Weinauswahl vornehm zurück, was den bereits erwähnten halben Liter Malagousia (11,20 Euro) zur Folge hatte.
Ein fruchtig-trockener Sommerwein, der mit gemäßigter Säure und gefälligen Zitrusaromen die Leckereien von Land und Meer korrespondieren sollte. Auch mein Genusskollege war von ihm angetan – auch wenn er sich vielleicht zu seinen Lammkoteletts eher etwas „Rotes“ gewünscht hätte…
Dann wurde hauptgerichtlich gegen uns vorgegangen. Oparazzos Lammkoteletts dufteten verdächtig nach ägäischem Grillglück. Razzos Lammkoteletts
Gleich vier super saftige, auf den Punkt gegrillte „Chops“ zierten in imposanter Weise seinen Teller. Ein wahrlich saftiges Unterfangen!
Neben den stattlichen „Paidakia fantastica“ wirkte der Fischteller seiner Frau fast schon gewöhnlich. War er aber gar nicht. Zumindest die Tranche vom Lachs war von Könnerhand gebraten, wie mir ein Probierhappen verriet. Der Fischteller von des Razzos Gattin
Meine Frau erfreute sich am rein vegetarischen Gemista (14,50 Euro), bei dem mich allein die Betonung auf dem „a“ an die liebe Georgia aus Leonidio erinnerte, die uns beim letzten Griechenlandurlaub im Oktober 2019 nicht nur beherbergte, sondern auch mehrere Male sehr großzügig bekochte.
Hier waren es mit Reis und Reisnudeln gefüllte Paprika und Tomate, die neben aromatisch duftenden Ofenkartoffeln in einer tiefen Keramikschale serviert wurden. Etwas Schafskäse verlieh der mit kleingehäckseltem Gemüse durchmengten Reis/Nudelfüllung zusätzlichen Schmackes. Gemista mit Betonung auf dem "a"
Meine in mehreren kleinen Schälchen servierten Mezes Psarikon für Zwei (16,70 Euro) passten bis auf das separat gelieferte Knobi-Brot alle auf ein Tablett. Ein hübsch anzusehendes, nahezu komplett maritimes Potpourri unterschiedlichster Köstlichkeiten tat sich da vor mir auf. Die Mezes Psarikon für Zwei...äh Einen!
Der Kalamarosalata (Tintenfischsalat), den ich vorher schon beim Kurstadtgourmet probieren durfte, war auch hier mit von der Partie. Kalamarosalata (in klein)
Zwei Scampis in anständiger Sortierung und fast schon unanständig saftiger Textur lagen in pikant-fruchtiger Tomatensauce auf der Lauer. Sie wurden noch zusätzlich von etwas Schafskäse on Top „umamisiert“. Klein aber ganz fein. Scampis in Tomatensauce mit Schafskäse-Topping
Auch die beiden etwas verloren in ihrer Keramikschüssel wirkenden Tintenfischringe entstammten frischester Ware. Leicht mehliert und kurz frittiert – so die einfache Vorgeschichte der beiden ringförmig geschnittenen Bestandteile des beliebten Kopffüßers. Zwei zarte Tintenfischringe (ohne Gummi)
Daneben „vegetarisierte“ ein griechischer Salat aus Tomaten, Gurken, roter Zwiebel und frischer grüner Peperoni vor sich hin. Natürlich auch mit einem gewissen Quäntchen an käsiger Schafswürze versehen. Bis auf die Gurken war das genau mein Ding. Greek Salad
Die vier knusprig frittierten Sardellen, die es sich zusammen mit einem Schnitz Zitrone auf der anderen Seite des reich bestückten Tabletts gemütlich machten, sollten nicht unerwähnt bleiben. Zumal die „Mittelmeersprotten“ nach ihrer Zitrusdusche säurefrisch und aromatisch zugleich ihrem Komplettverzehr entgegensahen. Mittelmeersprotten (mehliert und frittiert)
Und dann waren da ja noch die drei wunderbar saftigen Scheiben vom Knobi-Brot, dessen gut gebutterte Seite von frischen Kräutern kündete und eben auch genau danach duftete. Knobi-Brot mit Kräuterschwerpunkt
Da war kein vampirvertreibender Knollengeruch auszumachen, was mich nicht im Geringsten störte. Zusammen mit dem leichten Joghurt-Dill-Dip genossen, ergab das eine einfache, aber durchaus passende Ergänzungsbeilage zu den wohlfrittierten bzw. marinierten Raffinessen aus dem Meer.
Aber wie wäre unser kulinarischer Kurzurlaub im griechischen Teil der Karlsruher Welfenstraße ohne die beiden „Razzos“ verlaufen? Definitiv nicht so lustig und unterhaltsam. Natürlich wurde mächtig über nichtanwesende GG’ler am Tisch geplaudert (nur Lob! Isch schwör…). Besonders dem befreundeten Weser-Wesir und dem nicht minder vertrauten Solinger „Jeepster“ müssen die Ohren im Minutentakt geklingelt haben, während unseres kollegialen Austausches der manchmal gar einem kulinarischen Kolloquium glich. Dass man sich dabei flüssiger Mythen bediente, war von rein durstlöschenden Natur.
Es war ein rundum gelungener Abend, von dem wir uns noch „manni“gfaltige Wiederholungen wünschen. Und so möchte ich diesmal – die köstlichen Mezes aus dem Meer würdigend – mit einem kleinen Gedicht von Carl Zuckmayer („Hauptmann von Köpenick“) schließen.
„Vorspeisen sind wie Segel über Buchten,
schlank und zum Hafen schnellend in erregter Fahrt,
indes die schweren Fleischgerichte wuchten
gewaltig über Wiesen von Gemüsen zart.“
In diesem Sinne würden wir mit den Oparazzos auch jederzeit die beiden letzten Verse des Gedichts in gastronomische Taten umsetzen. Ohne Wenn und Aber.
Nach den geradezu euphorischen Worten des Bad Herrenalber Gastrosophen meines Vertrauens kommt nun also die linksrheinische Sichtweise unseres schon lange erhofften und Ende Juni endlich realisierten Treffens, das wir ganz im Sinne einer fairen Anfahrtspolitik in der baustellenreichen Fächerstadt Karlsruhe abhielten.
Die bereits seit längerem ins Auge gefasste Ausgangsgleichung 2*x = Yangda (wobei x für die beiden männlichen Essakteure steht und das Yangda ein schon vor Monaten anvisiertes China-Restaurant im Karlsruher Stadtteil Rüppur darstellt) wurde in 2*x + 2*y =... mehr lesen
5.0 stars -
"Von flüssigen Mythen, maritimen Mezes und einem längst überfälligen Treffen bei unserem Karlsruher Lieblingsgriechen" marcO74Nach den geradezu euphorischen Worten des Bad Herrenalber Gastrosophen meines Vertrauens kommt nun also die linksrheinische Sichtweise unseres schon lange erhofften und Ende Juni endlich realisierten Treffens, das wir ganz im Sinne einer fairen Anfahrtspolitik in der baustellenreichen Fächerstadt Karlsruhe abhielten.
Die bereits seit längerem ins Auge gefasste Ausgangsgleichung 2*x = Yangda (wobei x für die beiden männlichen Essakteure steht und das Yangda ein schon vor Monaten anvisiertes China-Restaurant im Karlsruher Stadtteil Rüppur darstellt) wurde in 2*x + 2*y =
Besucht am 14.06.2021Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Endlich mal wieder mit zwei netten Kollegen beim Griechen sitzen. Ein Ziel, dessen Umsetzung eine ganze Weile dauerte, da die Umstände der letzten Wochen und Monate so waren wie sie nun mal waren. Egal, der Präsident unseres dezimierten Wörther Schlemmerclubs – zwei Kollegen müssen derzeit aus gesundheitlichen Gründen passen – rief frisch geimpft zur ersten außerordentlichen Sitzung des Jahres. Diese sollte nach seiner Ansicht in Maikammer stattfinden.
Die hinlänglich bekannten Genusstempel wie die Dorfchronik, das Gasthaus Zum Winzer oder das Waldhaus Wilhelm ließen wir geflissentlich außen vor. Beim Kroaten im „Alt Maikammer“ waren wir erst letzten Sommer, weshalb wir das Restaurant Mythos ins kulinarische Visier nahmen. Von dessen legendärem Gyros hatte unser Cluboberhaupt schon mehr berichtet. Ein präsidialer Fleisch-Eid, den wir an einem warmen Montagabend Mitte Juni gerne mitschwören wollten.
Das seit 2014 von Sohn Stamatis geführte Familienlokal, das ganz sportlich zwischen Tennishalle und Freibad beheimatet ist, besitzt einen großangelegten Biergarten, der bei entsprechend warmer Witterung auf regen Zuspruch trifft. Außenansicht
Kein Wunder, denn die Betreiber des Lokals haben diesen mit Sicht- und Lärmschutzbarrieren gut eingefriedet. Mediterrane Kräuter, Rosenbüsche und viel anderes grünes Blattwerk inklusive. Abends im Biergarten
Gut, dass der Kollege einen Tisch vorab reserviert hatte, denn es war in der Schwimmbadstraße 6 zu Maikammer an diesem Abend mächtig was los.
Stamatis Temelis, der bereits als kleiner Junge im Herxheimer Lokal seiner Eltern das Bier zapfte, ist ein rundum sympathischer Mensch, der genau weiß, wie viel Humor seine Gäste vertragen. Seine kleinen, nett gemeinten Scherze bzgl. Alkoholverzicht und Vegetarismus nahm ihm keiner am Tisch krumm. Ganz im Gegenteil: er sorgte gleich für lockere Stimmung und etliche Lacher. Selbst um keinen Spruch verlegen, kamen wir mit der unbefangenen Art des Mythosbetreibers sehr gut zurecht.
Dass es etwas länger dauerte bis wir die Speisenkarten endlich in Händen halten durften, war dem nahezu komplett besetzten Außenbereich und dem gastronomischen Long-Covid-Phänomen namens „Personalmangel“ geschuldet. Aber wir waren ja nicht auf der Flucht und wurden später mit doppelten Ouzos generös entschädigt.
Die Speisenpalette des Mythos bietet vertraute griechische Fleischkost, wie man sie in deutschen Landen seit vielen Jahren kennen, schätzen und verdauen gelernt hat. Auch ein stattliches Angebot an fleischlosen, warmen Vorspeisen steht hier zur Verfügung. Doch der überwiegende Teil der hier gelisteten Gerichte enthält Fleischernes von Schwein, Lamm, Rind oder Pute. Da wird nach Lust und Laune aufgespießt (Herkulesspieß), in den Backofen geschoben (Lammhaxe), überbacken (Gyros), vom Drehspieß gesäbelt (nochmal Gyros) und in erster Linie natürlich gegrillt, was das Zeug hält.
Einen halben Liter frisch gezapftes Bellheimer Lord-Pils erhält man hier für grundsolide 3,40 Euro. Von den griechischen Weinen lässt man ja erfahrungsgemäß besser die Finger. Vielleicht aber auch zu Unrecht. Dennoch müssen Wein- und Schorletrinker nicht auf ihren geliebten Rebsaft verzichten, denn sowohl die offen ausgeschenkten Tropfen vom Weingut Hollerith, als auch die mit Mineralwasser „gespritzten“ Erfrischungsgetränke („Don’t bash the Pälzer Rieslingschorle!“) sind zu erschwinglichen Preisen gelistet.
Ebenfalls erfreulich: der moderate Mineralwasserpreis. Für freundlich kalkulierte 3,90 Euro perlte das sprudelnde „Nobel-Nass“ der Marke „Bellaris“ aus der Dreiviertelliterflasche ins Glas unseres Fahrers, dem in Sachen Alkoholverzicht keiner was vormacht. Ich ließ es ganz entspannt mit einem Schoppen Radler angehen, Kollege Nr. 3 mochte es eher reinsortig und bestellte ein Lord-Pils der gleichen Füllmenge.
Die Wahl unserer Speisen war schnell erledigt. Die Überschrift nahm es ja bereits vorweg. Zusammen mit dem Fleischwebel der Reserve vom II. Carnivorengeschwader Schweinfurt ging es zum Außeneinsatz an den Thermaischen Golf, genauer gesagt an die mit dem wohlklingenden Namen „Saloniki“ versehene Grillplatte, die als „Empfehlung des Hauses“ in der Karte angepriesen war.
Für 38 Euro bot sie in jeweils zweifacher Menge: Puten- und Schweinesteaks, Lammkoteletts, Gyros, Schweinespieße sowie Bifteki. Zwei kleine Salate vorweg und zwei Beilagen nach Wahl gehörten zum nahezu Rundum-Pflanzlos-Paket noch dazu. Der Gyrosgeneral und Drehspießmajor gegenüber hatte sich für das kross gegrillte Schweinegehäckselte entschieden. Aber das war auch nicht anders zu erwarten. Auch er erhielt den obligatorischen Salat und eine Beilage nach Wahl dazu, was mit 13,20 Euro zu Buche schlug.
Der Salat überzeugte durch frische Zutaten. Gut, das Joghurt-Dressing schmeckte genauso wie es eigentlich bei jedem Standardgriechen schmeckt. „Verlässlich“ nennen es die einen, „langweilig“ die anderen. Naja, ab und an kann man sich das schon mal geben. Tut ja auch nicht wirklich weh. Den Krautsalat nahm mir mein Kollege ab. Die Köpfe wollten ja nicht umsonst gespalten worden sein. Beilagensalat vorweg
Die fleischerne Vorhut machte der Gyrosteller meines Gegenübers. DER Gyros
Oh ja, das sah nach ansprechender Ware aus, die man scheinbar genau zum rechten Zeitpunkt vom Spieß gesäbelt hatte. Seine dazu bestellten Pommes wurden ihm auf einem Extrateller gereicht. Sie waren von ansprechender Sortierung und knuspriger Textur. Breite Kartoffelstäbe (frittiert)
Stamatis Temelis und seine Servicejungs mussten zuerst ein wenig Platz schaffen, um die zischende Grilllandschaft in unsere Mitte bugsieren zu können. Salonikinachbau im Maßstab "Eins zu Fleisch"
Statistenrollen nahmen der Alibi-Blumenkohl, ein paar Schnitze Honigmelone sowie Grobgehacktes von der Zwiebel ein. Mit „Griechandaise“, der auf solch einer Platte nahezu unverzichtbaren Käsesauce (meist von Lukull…) wurde nicht gespart. Warum auch? Einmal Saloniki, hin und zurück!
Das Fleisch war durch die Bank weg auf den Punkt gegrillt. Selbst die kurzgegrillten Teile vom Schwein gerieten nicht zu trocken. Die Bifteki waren mir geschmacklich etwas zu intensiv (Salz, Oregano…), dafür beeindruckte der Spieß mit mürber Saftigkeit. Bif-Bif-Bifteki!
Und der Gyros war sowieso über sämtliche „Drehschwindel“ erhaben. Den bekommt man kaum besser hin, so die einhellige Meinung am Tisch. Saftig, kross, mit adäquater Würze und dabei nicht zu fettig. Den hatte der Mythos-Mann so richtig gut abgeliefert, Kompliment. Fleischlandschaft
Auch ohne ein Beweisfoto von der geputzten Platte hier vorzeigen zu können, müsst ihr mir bitte glauben, dass wir uns die Saloniki-Platte bis auf den letzten Gyrosfetzen einverleibten. Großes GG-Ehrenwort („ich wiederhole, mein Ehrenwort…“) sozusagen. Kroketten und Bratkartoffelchips mit Schafskäsehaube inklusive. Geht nicht? Gibt’s doch! Aber die beiden doppelten Ouzo zum Dessert waren diesmal Pflicht und Nachsorge zugleich. Pflicht-Digestif
Genau wie der zusätzliche Schoppen Bier, der die Zugkraft in der Speiseröhre während der Nahrungsaufnahme noch zu fördern vermochte.
Klar kann man so etwas nicht jede Woche wegspachteln. Es würde mich auch gar nicht reizen. Aber hin und wieder sollte man der Absicht, eine griechische Fleischplatte zu vernichten, auch mal nachgeben. In so kollegial freundschaftlicher Runde geht das nämlich ganz gut.
Endlich mal wieder mit zwei netten Kollegen beim Griechen sitzen. Ein Ziel, dessen Umsetzung eine ganze Weile dauerte, da die Umstände der letzten Wochen und Monate so waren wie sie nun mal waren. Egal, der Präsident unseres dezimierten Wörther Schlemmerclubs – zwei Kollegen müssen derzeit aus gesundheitlichen Gründen passen – rief frisch geimpft zur ersten außerordentlichen Sitzung des Jahres. Diese sollte nach seiner Ansicht in Maikammer stattfinden.
Die hinlänglich bekannten Genusstempel wie die Dorfchronik, das Gasthaus Zum Winzer oder das... mehr lesen
4.0 stars -
"Wir hatten schon im Vorfeld die Absicht eine Platte zu vernichten!" marcO74Endlich mal wieder mit zwei netten Kollegen beim Griechen sitzen. Ein Ziel, dessen Umsetzung eine ganze Weile dauerte, da die Umstände der letzten Wochen und Monate so waren wie sie nun mal waren. Egal, der Präsident unseres dezimierten Wörther Schlemmerclubs – zwei Kollegen müssen derzeit aus gesundheitlichen Gründen passen – rief frisch geimpft zur ersten außerordentlichen Sitzung des Jahres. Diese sollte nach seiner Ansicht in Maikammer stattfinden.
Die hinlänglich bekannten Genusstempel wie die Dorfchronik, das Gasthaus Zum Winzer oder das
Geschrieben am 10.07.2021 2021-07-10| Aktualisiert am
10.07.2021
Besucht am 11.06.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 92 EUR
Über drei Jahre ist es schon her, dass ich zum letzten Mal im Haßlocher Sushi-Hotspot Koza zu Gast war. Genauer gesagt im „Ur-Koza“, dem lebhaften, im August 2017 eröffneten Stammhaus des mittlerweile auch in Landau und Speyer ansässigen Panasiaten, der nach wie vor mit rauchenden Rohfischgebilden bei seinem überwiegend jüngeren Publikum für staunende Blicke sorgt.
Der Geburtstag meiner Lieblingsnichte war zwar schon eine Weile her, aber ich hatte die damals ausgesprochene Einladung zum Abendessen nicht vergessen. Ganz im Gegenteil, ich freute mich auf einen kulinarisch abwechslungsreichen Abend mit der angehenden Hebamme, die ein gutes Essen mindestens genauso sehr zu schätzen weiß wie ihr diesbezüglich recht aufgeschlossener Onkel.
Knapp eine Woche nach der Wiedereröffnung der Innengastronomie Anfang Juni wurde flugs via Facebook ein Tisch für Zwei reserviert. Meine Nichte kannte bisher nur den Landauer Ableger der Koza-Gang (wie sich die Betreiber selbst auf diversen sozialen Plattformen gerne nennen) und war entsprechend gespannt, was da im pfälzischen Konsumforscher-Eldorado Haßloch auf sie zukommen würde.
Mit den Impfpässen in der Tasche ging es hinein in das putzige Backsteinhäuschen, wo uns schon am Eingang eine ganze Horde winkender Maneki-nekos begrüßte. Außenansicht
Die goldenen Winkekatzen sollen ja bekanntlich Wohlstand und Reichtum anziehen. Heben sie dann auch noch wie hier die linke Pfote, rufen sie Kundschaft bzw. Gäste herbei. Kein Wunder, dass an die 50 Exemplare dieses japanischen Glücksbringers direkt nach der Eingangstür auf Besucher warteten.
Der Empfang fiel freundlich konfus aus. Irgendwie schienen wir unter falschem Namen im Reservierbuch eingetragen worden zu sein. Egal, die angegebene Uhrzeit stimmte mit der erschienenen Personenanzahl überein – immerhin. Den Platz direkt nach der Eingangstür lehnte ich dennoch dankend ab.
Man führte uns in den kleineren, von einem Durchgang abgetrennten Gastraum weiter hinten, der lediglich vier Tische beherbergte. Ausgerechnet an dem Tisch, den man uns zugedacht hatte, waren die Lichtverhältnisse derart bescheiden, dass ich uns einen besser beleuchteten erbat. Meine Absicht, ein paar brauchbare Fotos für einen neuen Koza-Report zu schießen, legte ich dabei offen. Die Ankündigung meines Bestrebens sollte später noch ein paar überraschende Folgen haben.
Die Speisenkarte ließ sich mittels QR-Code auf dem Smartphone nachlesen. Gut, dass die junge Dame am Tisch dies postwendend übernahm. Am Nachbartisch wurden später sogar „echte“ Nachschlagewerke in Form der hier üblichen Klemmbretter verteilt. Es muss ja nicht nur digital sein.
Während meine Nichte die seit meiner letzten Einkehr (mit Frau und Mutter) kaum veränderte Sushi-Sashimi-Streetfood-Auswahl durchstöberte, hatte ich genug Zeit, um das komplett renovierte Innere der liebenswerten Maki-Höhle zu bestaunen. Früher gefiel mir die nüchterne Einrichtung, die ganz zeitgemäß zwischen angesagter Industrieästhetik und ländlicher Rustikalität oszillierte. Ganz so grau wie damals ging es jedenfalls nicht mehr zu. Allein das farbenfrohe Wandgemälde zu meiner Linken brachte Leben in die Bude.
Auch das Mobiliar hatte sich „nachsitzlich“ zum Positiven verändert. Die alten Holzstühle wurden durch einfache, aber wesentlich bequemere Sitzgelegenheiten ersetzt. Helle Holzplatten zierten die Bistrotische, an denen jeweils vier Personen Platz nehmen konnten. Für größere Gruppen ließen sich diese problemlos zusammenschieben. Alles sehr funktional, aber doch mit Charme und Flair. Ansicht vorderer Gastraum
Die hohe Decke hatte man mit üppiger Kunstflora abgehängt. Dies wirkte zusammen mit der wärmeren Beleuchtung doch um einiges gemütlicher als früher. Ein adäquater Rahmen für den kulinarischen Einklang von Ästhetik und Alltag. Ansicht hinterer Gastraum
Über unserem Tisch baumelte eine schmale Stableuchte von der Decke und sorgte für ausreichende Erhellung. Hinter der wertigen Wandbank, auf der es sich meine Begleiterin bequem gemacht hatte, wurde die Wand auf indirekte Art und Weise beleuchtet. Dies alles schaffte eine angenehme Atmosphäre, die zum allgemeinen Wohlbefinden beitrug. Wohlfühlatmo garantiert
Die anfängliche Konfusion am Empfang war längst vergessen, denn die jungen Damen vom Service agierten umsichtig und mit zugewandter Lockerheit. Zum Besteck- bzw. Stäbchenkörbchen, der obligatorischen Sojabuddel und dem Windlicht im Lampionformat gesellten bald zwei hausgemachte Drinks auf unserem Tisch dazu.
Mein Homemade Ice Tea (5,80 Euro) auf Kumquatbasis hatte ordentlich Zitrone und frische Minzblätter abbekommen, was die recht vordergründige Süße etwas auffrischte. Homemade Ice Tea
Bei dem primär aus Russian Wildberry und Mineralwasser bestehenden „Revive“ (6 Euro) meiner Nichte wurde nicht mit dunklen Beeren gespart. A drink to "Revive"
In der Summe waren das zwei fruchtige Durstlöscher, die keines Alkohols bedurften, aber meiner Ansicht nach ruhig etwas weniger süß hätten ausfallen dürfen. Italienisches Bergwasser namens „Aqua Morelli“ sprudelte für urbane 5,20 Euro aus der azurblauen Flasche.
Aus der reichhaltigen, online nachlesbaren (https://koza-restaurant.de/food-menu) Palette an Speisen panasiatischer Provenienz wählten wir die Edamame (5,40 Euro), die Dumplings („Steamz“, 7,90 Euro) sowie die mit Tempura-Garnelen, Reisnudeln und Salat gefüllt Sommerrollen („Diamond Rolls“, 6,40 Euro), ehe wir uns zum Hauptgang den legendären „Invader“ – eine überaus großzügig portionierte Sushi-Sashimi-Mix-Platte für zwei ambitionierte Rohfischvernichter – einverleiben wollten. Letzterer kostete übrigens genau wie vor drei Jahren seine 56 Euronen. Für das Gebotene ein durchaus realer Preis, der erfreulicherweise stabil blieb. In der heutigen Zeit und den gegebenen Umständen ist das ja keine Selbstverständlichkeit.
Unser Hunger würde nach den rund 50 (!) Preziosen aus Reis, Algen und rohem Fisch, die der „Invader“ bereithielt, sicher der Vergangenheit angehören, zumal ein paar Starters ja auch noch mit von der Partie waren.
Auf einer aus dem Nebelmeer ragenden Bambusinsel wurden die auf Wildkräutersalat gebetteten, zierlichen Reismehlteigtaschen mit locker-leichter Garnelenfüllung serviert. Ohne Frage: ein echter Hingucker. Misty Island Dim Sum Experience
Für Leute wie mich, die diese Art der effektvollen Inszenierung gar nicht bräuchten, um ein paar saftige Dim Sum zu genießen, aber auch irgendwie entbehrlich. Aber der Effekt hat ja schon so manches Mittel geheiligt.
Nun gut, auch die Edamame fanden zur gleichen Zeit den Weg auf unseren Tisch. Edamame = eiweißreiches vorab!
Die gedämpften japanischen Sojabohnen wurden standesgemäß mit ein wenig Meersalz und einem vollmundigen Soja-Schalotten-Dip gereicht. Der passte hervorragend zu dem eher geschmacksneutralen Trend Food aus Fernost. Bei der Menge hatte ich nicht die Bohne einer Ahnung, wie wir das alles schaffen sollten. Erwähnte ich eigentlich die japanischen Bohnen am Zweig?
Nun waren die Mädels vom Service – bitte nicht falsch verstehen – so richtig heiß gelaufen. Sie lieferten plötzlich Vorspeisen, die wir gar nicht bestellt hatten und die noch nicht einmal auf der Speisenkarte zu finden waren. Zur Aufklärung dieser überraschenden Aktion: der Rezensent und seine Begleitung „mussten“ quasi als Probanden herhalten und durften sich noch zusätzlich einen mit reichlich Trüffelwürze versehenen Spinatsalat sowie eine Bambusschale voll himmlisch krosser Hühnerfetzen „aufs Haus“ schmecken lassen. Himmlich krosse Hühnerfetzen!
Da wurde nach dem Verzehr mehrfach nach unserer Meinung gefragt, mit der wir selbstverständlich nicht hinterm Berg hielten.
Beide Zusatzgerichte waren extrem schmackige Vertreter ihrer Art. Beim Spinatsalat, der mit geröstetem Sesam und einer brutal würzigen Trüffelöl-Soja-Vinaigrette angemacht war, wurde hart an der noch zumutbaren Umami-Obergrenze operiert. Spinatsalat
Die erfreulich fettarmen Chicken-Nuggets wurden als knuspriges Fingerfood genossen. Noch mehr Laune bereitete uns das Tunken in den dazu gereichten Miso-Dip. Mit den Händen futtern kann so schön sein. Sollten die Knusperteile den Weg auf die Standard-Karte finden, sie wären willkommenes „Straßenfutter“ vorweg. Der Beweis: Streetfood schmeckt auch drinnen!
Apropos Streetfood für die Seele: da waren ja noch die mit frittierter Knuspergarnele gefüllten und mit süßlicher Unagi-Sauce verzierten Sommerrollen, die ebenfalls gefuttert werden wollten. Richtig frische Sache...äh Rollen!
Zufrieden tunkten wir diese saftig-frischen Rollzylinder in eine leichte Chili-Limetten-Vinaigrette. Frischer Koriander und gerösteter Sesam ergänzten die mit Salat, Reisnudeln und Tempuragarnelen gefüllte Köstlichkeit aus der Küche Vietnams stimmig. Shine on you crazy diamond roll!
Ehrlich gesagt, waren sie unser heimlicher Favorit dieses im Grunde viel zu umfangreichen „Startersets“, dessen ungeplante, jedoch sehr großzügige Erweiterung unseren Appetit schon vor der gigantischen Sushi-Platte ziemlich zügelte.
Egal, entschlossen wollten wir dem „Eindringling“ aus rohem Fisch, Nori und Reis die Stirn bieten. Meiner Bitte, sein Eintreffen zeitlich noch etwas hinauszuzögern, wurde gerne entsprochen. Der Vorspeisenreigen verlangte nach einer kleinen Verschnaufpause.
Als dann das unter reichlich Trockeneisnebel gesetzte „Bauwerk“ eintraf, staunte ich Reisklötze. Sushi-Platte "à la Bespin" (Stadt in den Wolken)
Ich fühlte mich kurzzeitig wie Han Solo, kurz bevor man ihn auf Bespin in tiefgefrorene Karbonit-Ware verwandelte. Auf einer hellen Holzplatte hatte man doch tatsächlich versucht, den Drei-Schluchten-Damm am Jangste im Maßstab „Eins zu Reis“ nachzubilden. Viel Rauch um Fisch!
Wakame, Wasabi-Knet und Gari fanden als natürliche Beigaben genauso ihr Plätzchen auf der großangelegten Holztafel wie diverse, - Buddha sei Dank! - nicht zu dick aufgetragene Saucenbahnen bzw. -klekse aus der Quetschflasche. Es handelte sich dabei um einen leichten Mango Curry Dip und die gleiche süßliche Unagi-Tunke wie vorher bei den Sommerrollen. Der re(is)inkarnierte Drei-Schluchten-Damm am Jangtse
Schade, dass man die gebackene, mit Thunfisch, Avocado und Frischkäse gefüllte Tempura Crunch-Roll etwas zu sehr mit Guacamole und Salsa Roja zukleistert hatte. Hier wäre weniger sicher mehr gewesen. Crunchy Roll mit etwas zu viel Sauce
Weitere Nebendarsteller waren Röstzwiebeln, Daikon-Kresse und schwarzer Tobiko (Fischrogen). Ein Schnitz Limette hatte es sich zwischen Thunfisch-Sashimi und einer penibel aufgeschichteten Maki-Mauer bequem gemacht.
Die vier mit rohem Lachs und Thunfisch zubereiteten Nigiri grüßten als köstliche Vorboten in Sachen Reisveredelung, indem sie mit herrlich sanfter Rohfischhaube punkteten. Lachs-Nigiri
Neben den vegetarischen, mit Gurke gefüllten Nori-Reis-Rollen, waren es die mit kross frittierter Lachshaut bestückten Maki, die in ihrer akkurat gerollten Einfachheit überzeugten. In ihrer kargen Finesse stellten sie einen gelungenen Kontrapunkt zu der etwas zu opulent erscheinenden Crunchy Roll dar. Jemand hatte scheinbar doch die Absicht eine Mauer zu errichten...
Die acht Inside-Outs nannten sich „Alaska Roll“ und waren mit schottischem Lachs und Avocado gefüllt. Tobiko on Top ergänzte das fehlende Ying zum Yang. Alaska-Roll mit Tobiko on Top
Beim Lachs-Sashimi nahm mir das überpräsente Trüffelöl etwas zu viel Geschmacksraum ein, aber das war in Anbetracht dieser handwerklich wie qualitativ beeindruckenden Kaltfischerfahrung ein verschmerzbarer Wermutstropfen. Zumal der rohe Thunfisch förmlich auf der Zunge schmolz. Traumhaftes Thunfisch-Sashimi
Wir klemmten uns genüsslich die als „Chef’s Surprise“ angekündigte, von rohem Thunfisch überzogene Reiskost zwischen unsere Ess-Stengelchen und hatten damit unseren Inside-Out-Favoriten auf der Platte schnell ausgemacht. Da hatte der approbierte Sushi-Meister auf kreative Weise saftigen Lachs, cremig-weiche Avocado und knusprige Tempura-Garnele mit Hilfe seiner Bambusmatte zusammengerollt. Es ist halt doch der Reis, der stets vereint! Die hübsch gerollte Überraschung des Sushi-Meisters
Geschafft haben wir dieses äußerst sättigende und auch optisch sehr gelungene Konstrukt aus rohem Fisch und klebrig-säuerlichen Reis natürlich nicht. Aber meine Nicht freute sich – ganz pandemiegewohnt – auf ihr sorgsam verpacktes Sushi-To-Go am nächsten Tag.
Die Geste der sympathischen Mädels vom Service auf dem Abschlussfoto konnte ich nicht so recht deuten, denn die Rechnung hatte ich zu diesem Zeitpunkt vollends beglichen. Zwei Mädels vom Service
Egal, es war ein rundum gelungener Abend in Haßloch, der uns effektvoll in Szene gesetzte Kost aus Fernost auf äußerst sympathische Weise bescherte. Über kleinere Üppigkeiten von der Saucenkelle sahen wir locker hinweg. Das „Ur-Koza“ hat beim Interieur hinzugewonnen ohne an seinen schon damals raffinierten Sushikreationen nachzulassen. Und das alles zu Preisen, die uns klarmachten, dass nach Corona auch vor Corona bedeuten kann.
Über drei Jahre ist es schon her, dass ich zum letzten Mal im Haßlocher Sushi-Hotspot Koza zu Gast war. Genauer gesagt im „Ur-Koza“, dem lebhaften, im August 2017 eröffneten Stammhaus des mittlerweile auch in Landau und Speyer ansässigen Panasiaten, der nach wie vor mit rauchenden Rohfischgebilden bei seinem überwiegend jüngeren Publikum für staunende Blicke sorgt.
Der Geburtstag meiner Lieblingsnichte war zwar schon eine Weile her, aber ich hatte die damals ausgesprochene Einladung zum Abendessen nicht vergessen. Ganz im Gegenteil, ich freute... mehr lesen
4.5 stars -
"Es dampft, es raucht - und ja: hier schmeckt es auch!" marcO74Über drei Jahre ist es schon her, dass ich zum letzten Mal im Haßlocher Sushi-Hotspot Koza zu Gast war. Genauer gesagt im „Ur-Koza“, dem lebhaften, im August 2017 eröffneten Stammhaus des mittlerweile auch in Landau und Speyer ansässigen Panasiaten, der nach wie vor mit rauchenden Rohfischgebilden bei seinem überwiegend jüngeren Publikum für staunende Blicke sorgt.
Der Geburtstag meiner Lieblingsnichte war zwar schon eine Weile her, aber ich hatte die damals ausgesprochene Einladung zum Abendessen nicht vergessen. Ganz im Gegenteil, ich freute
Besucht am 10.06.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 121 EUR
Mein Verhältnis zum heimischen Pfälzerwald ist seit fast 30 Jahren ein ganz besonderes. Nicht nur dass ich sein weitläufiges Wanderwegenetz, seine historischen Ruinen und seine zünftige Hüttenkulinarik seit jeher zu schätzen weiß; es sind vor allem die 10 bis 50 m hohen Sandsteinfelsen, deren Besteigung mir seit vielen Jahren die liebste Nebensache der Welt bedeuten.
Die gleichen Buntsandsteinschichten, die vor rund 250 Mio. Jahren unter Wüstenbedingungen hier abgelagert wurden und ca. 200 Mio. Jahre später beim Einbruch des Oberrheingrabens wieder freigelegt und in der Folgezeit mächtig erodiert wurden, finden sich auch jenseits der Grenze zum Elsass wieder. Das dortige Mittelgebirge wird – obwohl geomorphologisch von der gleichen Formation – Nordvogesen („Vosges du Nord“) genannt und ist ebenfalls die Heimat pittoresker Sandsteintürme und stattlicher Massive.
Während die meisten Türme dort tabu sind (Umweltschutz, Privatwald, etc…) darf an den Massiven nach Herzenslust geklettert werden. Der Unterschied zur Pfalz: es stecken wesentlich mehr Bohrhaken in den Routen. Ein Umstand, der sie im Vorstieg etwas weniger gefährlich erscheinen lässt. Warum erzähle ich das?
Nun, an jenem Donnerstag war ich vor der abendlichen Spontaneinkehr im MarCook zusammen mit meinem Kletterpartner im elsässischen Obersteinbach unterwegs und zog mir am dortigen Wachtfels ordentlich die Finger lang. Die Idee, am Abend noch auf einen Happen irgendwo aufzuschlagen kam uns nach getaner „Arbeit“ quasi aus dem Bauch heraus. Natürlich lag es da nahe, einfach auf dem Rückweg halt zu machen.
Das „Cheval Blanc“ im benachbarten Niedersteinbach hatte donnerstags geschlossen. Das direkt unterhalb unseres Kletterfelsens befindliche Restaurant „Au Wachtfels“ machte nicht den Anschein, dass es Corona überstanden hatte. Vielleicht war man aber auch einfach „en vacances“. In das ebenfalls im idyllischen Örtchen Obersteinbach gelegene Hotel-Restaurant „Anthon“ trauten wir uns mit den Kletterklamotten nicht hinein. Dafür war der Laden einfach zu edel. Und ins abgeschiedene Wengelsbach (Restaurant „Au Wasigenstein“) wollten wir nun auch nicht mehr tuckern.
Also musste der Elsassinator in mir klein beigeben und das gemeinsame kulinarische Vorhaben kurzerhand in Richtung Pfälzerwald verschieben. Doch gerade dort sind die guten Adressen: a) rar gesät und b) liegen sie ziemlich weit verstreut. Und einen weiten Umweg wollten wir aufgrund von Hunger und vorangeschrittener Uhrzeit partout nicht machen.
Da kam mir in den Sinn, dass ich das zwischen Rumbach und Bundenthal befindliche Restaurant MarCook am etwas höher gelegenen Flugplatz Söller (für Motorsegler und Motorflugzeuge) zwar von diversen Berichten meines hier schon häufiger einkehrenden Kollegen kannte, aber selbst noch nie dort zu Tische saß. Also wurde kurzerhand des Volkes Wagen in den SUV-Modus geschaltet und die mit Schlaglöchern und anderen Unwägbarkeiten „gepflasterte“ Piste von Bundenthal aus zum höher gelegenen Sportflugplatz hoch getuckert.
Gerade zu dem Zeitpunkt, als mich der Gedanke beschlich, dass ich mich endgültig verfahren hätte bzw. nun wirklich keine Einkehradresse (geschweige denn ein Fluggelände…) hier zu erwarten sei, tat sich der Wald auf und eine großflächige Hochebene kam zum Vorschein. Das komplett mit dunklem Holz verkleidete ehemalige Clubhaus des Flugsportvereins Bundenthal-Rumbach e.V., in dem sich das vom Ehepaar Burkhart seit 2015 betriebene MarCook befindet, wurde mit einer gewissen Erleichterung angesteuert. Der Holzbungalow des MarCook
Wer sich bis hierhin „durchgekämpft“ hat, denn erwartet schon beim Zuschlagen der Wagentür das Geheimnis dieses Ortes: Entschleunigung pur! Um diesen paradiesischen Zustand auf dem Söller wissen scheinbar nicht nur Einheimische. Wir waren zugegeben etwas verwundert, über die Anzahl der neben dem heimeligen Holzbungalow geparkten Autos und vor allem über deren Kennzeichen.
Die Veranda mit Blick auf die Start- und Landebahn (eher eine Grasbahn…) zählte gerade mal sieben Tische, die zum Großteil belegt waren. Ein kurzer Plausch mit der Gastgeberin und Servicechefin, Frau Burkhart, machte uns die begrenzte Platzsituation deutlich und verlangte nach doppelter Charmeoffensive unsererseits („…kommen gerade vom Klettern…“ / „…sind total ausgehungert…“ / „…hätten nie gedacht, dass hier donnerstags so viel los ist…“ / „…hatten vorhin kurz angerufen, ging aber niemand ran…“ / „…vielleicht ist ja doch noch was frei?...“ etc.).
Tatsächlich war kurz vor unserer Ankunft gerade ein Tisch frei geworden. Ein glücklicher Umstand, dem wir es wohl primär zu verdanken hatten, dass uns Frau Burkhart nach kurzer Wartezeit – sie musste erst noch für pandemiekonforme Desinfektionsverhältnisse am Tisch sorgen – Platz nehmen ließ. Merke: ohne vorherige Reservierung sollte man sich den holprigen Anreiseweg hoch zum Söller sparen.
Der Gang zu den Nassräumen war dann auch unsere erste Amtshandlung, schließlich galt es den Dreck von den Kletterpranken zu spülen, um wenigstens einen halbwegs manierlichen Eindruck am Tisch zu hinterlassen. Dabei durchquerte ich den von Flugzeugmodellen und Fliegerfotos dekorierten Gastraum, der mit einem alten Kachelofen und jeder Menge Naturholz (Mobiliar, Decke, Balken, etc.) auf sich aufmerksam machte. Alles wirkte sehr sauber und gepflegt. Der ehemaligen Nutzung des Gebäudes als Vereinsheim für Sportflieger trug man auf sympathische Weise Rechnung. Ansicht Gastraum Ansicht Gastraum (andere Seite)
Drinnen saß zu diesem Zeitpunkt niemand. Wenn die Terrasse geöffnet ist, bleibt es im Inneren leer, so die lapidare Erklärung der Hausherrin. Man könne als „Zwei-Mann-Team“ einfach nicht mehr Leute zufriedenstellend bewirten bzw. bekochen. Weniger schien hier also mehr zu sein – eine absolut löbliche Einstellung.
Da saßen wir nun auf der überdachten Außenterrasse und studierten das Speisenangebot, das uns bereits bei der Ankunft das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Auf einer an der Außenfassade angebrachten Schiefertafel wurden gegrillter Oktopus, Pluma vom Iberico-Schwein, frischer Meeresfrüchtesalat und Thunfischsteak mit schwarzem Sesam auf Rindercarpaccio als Empfehlungen genannt. Eine für Pfälzerwaldverhältnisse doch recht exotische Auswahl, welche aber die maritim-mediterrane Ausrichtung des MarCook gut auf den Punkt brachte. Verlockende Tagesempfehlungen
Im Standardprogramm hatte man noch eine Handvoll Vorspeisen (griechischer Salat, gratinierter Ziegen- bzw. Schafskäse, Antipastiteller und Thunfischtatar) sowie ein knappes Dutzend an Hauptgerichten gelistet. Mehr war nicht und mehr musste auch nicht. Allein die Fischabteilung versprach Delikates vom Grill. Sepia, Lachs in Buchenholzhülle, Filets vom jungen Schwertfisch, Oktopus und Thunfisch wurden mit Salat und Baguette bzw. mit gegrilltem Gemüsespieß und Rosmarinkartoffeln offeriert.
Beim Fleisch wurde ebenfalls eher geklotzt als gekleckert. 300 Gramm Ribeye, Koteletts oder Filet vom Iberico-Schwein, Karree vom Weidelamm und eine stattliche Iberico-Platte für zwei Personen waren auf der laminierten Leckerseite nachzulesen. Schon da keimte in mir der Gedanke, dass dieses Entschleunigungsidyll auf der Söller-Hochebene wohl eher „MarGrill“ hätte lauten müssen.
Denn der gelernte Fensterbauer und Küchenchef Markus Burkhart ist ein Griller unterm Herrn. Kein saarländischer Möchtegernschwenker, sondern ein waschechter Holzkohleröster der alten Schule. Meister Burkharts "Werkbank"
Einem, dem man auf den ersten Blick ansieht, dass er gutes Essen zu schätzen weiß und dem man die Zubereitung eines solchen sofort zutraut.
Dass er zusammen mit seiner Frau vor rund 6 Jahren sein Hobby zum Beruf machte, war sicherlich eine mutige Entscheidung. Doch der Erfolg scheint den beiden Spätberufenen ja Recht zu geben. Werbung brauchen sie nicht, wie mir Frau Burkhart versicherte. Und Social Media nur rudimentär. Warum auch, wenn die gute Mundpropaganda schon genug Gäste ins Pfälzer Outback lockt.
Für den Durst waren schnell zwei Radler (0,4l für 4 Euro) bestellt. Das mit Fassbier der Pirmasenser Parkbrauerei gemischte Erfrischungsgetränk war schnell geliefert und noch schneller geleert. Die nächsten beiden Radler wurden dann etwas entschleunigter (der Ort zeigte langsam Wirkung!) zum Essen genossen.
Gerne hätte ich mit meinem Kletterkollegen den ein oder anderen Pfälzer Wonnetropfen von der ansprechenden Flaschenweinkarte geordert, doch die bevorstehende Rückfahrt in die Südpfalz wusste dies vernünftigerweise zu verhindern. Schade, denn die mit um die 30 Euro kalkulierten Weine kamen von renommierten Weingütern.
Bei Namen wie Knipser (Laumersheim), Grimm (Schweigen), Stiftweingut Meyer (Gleiszellen) und Gies-Düppel (Birkweiler) kann man schon mal schwach werden. Zumal der 2019er Chardonnay Reserve (35,80 Euro) von Andreas Grimm und der rote 2014er Portugieser „S“ (34,50 Euro) von Frank Meyer preislich in Richtung Schnäppchen tendierten.
Mein Kollege wählte vorab den reich bestückten Antipastiteller (14,90 Euro), um sich danach das volle Thunfischbrett zu geben. Selbstverständlich wollte er sein Steak vom Yellow Fin auf Rindercarpaccio gebettet serviert bekommen. Die 36,50 Euro waren dafür sicherlich kein Pappenstiel, aber als wir die Portionsgrößen am Nachbartisch bemerkten, wussten wir, warum für die kurzgegrillten Edeltranchen vom Tuna so viel hingeblättert werden musste. Immer vorausgesetzt natürlich: die Qualität würde stimmen!
Um die erste Silbe des Restaurantnamens auf kulinarische Legitimität zu überprüfen, sollten es bei mir der frische Meeresfrüchtesalat (17,90 Euro) als Vorspeise und ebenfalls das auf dünnem Rinderteppich platzierte Thunfischsteak im Sesammantel sein. Als Beilagen waren ein paar Scheiben Baguette und eine Salatschüssel zum Teilen vorgesehen. Die Rosmarinkartoffeln hätte ich fast noch drangehängt, so verführerisch schauten sie aus der Tonschale vom Nachbartisch herüber.
Frau Burkhart konnte wohl unsere leergekletterten Mägen erahnen und so verging viel weniger Zeit als befürchtet, ehe die beiden Vorspeisen bei uns vorstellig wurden. Bei meinem Meeresfrüchtesalat lasse ich einfach mal drei Bilder sprechen. DER Meeresfrüchtesalat
Perfekt im Biss, puristisch in der Anrichtung und sowas von frisch auf der Zunge, dass mir das leichte Rauschen der Blätter des Waldes wie mediterranes Meereswogen vorkam. Söller del Mar! Was so viel bedeutete wie ein fantastischer maritimer Teller auf der Hochebene zwischen Rumbach und Bundenthal.
Allein der Pulpo hatte eine derart zarte Konsistenz, dass man die Grillkompetenz von Meister Burkhart gar nicht hoch genug loben konnte. Aber auch Sepia und Garnelen waren von hervorragender Qualität. Zusammen mit der leichten Zitronenfrische, der aromatischen Pfütze Olivenöl, der salzig-süßlichen Würze des Algensalats und dem essigsauren Beilagensalat aus der Schüssel war das ein sommerlicher Hochgenuss wie ich ihn inmitten des Pfälzerwaldes wohl am allerwenigsten vermutet hätte. Frisches Blattgrün
Ich war sprachlos. Und das bin ich wahrlich nicht so oft.
Auch mein Kollege geizte nicht mit Lob über sein aus gegrilltem Gemüse (Zucchini, Paprika, Champignons, Spinat), Büffelmozzarella, Schafskäse, Tomaten, Oliven, grünen Peperoni, roten Zwiebelringen und Pflücksalat bestehendes Entrée, das allen Frischekriterien standhielt und auch geschmacklich einiges zu bieten hatte. Der Antipastiteller Nochmal der Antipastiteller
Besonders das Gemüse vom Holzkohlegrill machte mächtig Eindruck am Gaumen. Auf beiden Vorspeisentellern war also richtig was los. Wir waren gespannt, ob der Raubfisch aus dem Westpazifik dieses erstaunlich hohe Niveau der Vorweggerichte noch würde toppen können.
Er konnte. Und wie er konnte. Denn die ultimative Genussformel für diesen Fischgang war denkbar einfach: Qualitativ beste Ware (die „Deutsche See“ ließ grüßen) hatte ein denkbar kurzes Rendezvous mit dem Holzkohlengrill. Zusammen mit der Sesampanade und den hauchdünn geschnittenen Scheiben vom Rind konnte es das 300 Gramm schwere Thunfischfilet mit jedem maximal hedonistischen Surf & Turf aufnehmen. Auch der zugegeben etwas hohe Preis schien in Anbetracht des Resultates auf dem Teller mehr als gerechtfertigt. Der Tuna bietet zum Tataki!
Da wusste einer, wie man den Center Cut dieses edlen Flossentieres richtig zubereitet. Nämlich als wunderbares Tataki, das auf der Zunge zerging. Außen leichte Röstaromen und innen pures, rotes Rohfisch-Vergnügen. Mit den Worten meiner spanischen Lieblingsrockband Héroes del Silencio kurz und knapp ausgedrückt: „Mar adentro!“ Ein Anschnitt sagt mehr als 1000 Worte...
Im Westen verschwand so langsam die Abendsonne hinter den bewaldeten Kuppen des Wasgaus. Die Zeit schien still zu stehen. Sunset im Pälzer Outback
Noch ewig hätten wir es auf der behaglichen Veranda des MarCook ausgehalten. Abendstimmung auf dem Söller
Aber der Rückweg saß uns genauso hartnäckig im Nacken wie der Arbeitstag am nächsten Morgen. Apropos Rückweg, den haben wir über eine wesentlich bequemere Straße in Angriff genommen. Denn über Nothweiler – so riet uns die Chefin – ließe sich der Söller viel bequemer ansteuern als über Bundenthal.
Kann ich dieses kulinarische Kleinod im Pfälzer Outback vorbehaltlos empfehlen? Nein, ich muss es sogar. Grill-Gourmets werden hier genauso glücklich, wie naturverliebte Weinschmecker, die einfach mal für ein paar Stunden den Stecker ziehen wollen. Bei den Burkharts auf dem Söller gehört Entschleunigung zum Programm. Frischer, perfekt gegrillter Fisch und Meeresfrüchte hat man aber auch im Repertoire. Das nächste Mal dann aber vielleicht das Ribeye…oder das Lammkarree…oder die Iberico-Platte…oder alles!
Mein Verhältnis zum heimischen Pfälzerwald ist seit fast 30 Jahren ein ganz besonderes. Nicht nur dass ich sein weitläufiges Wanderwegenetz, seine historischen Ruinen und seine zünftige Hüttenkulinarik seit jeher zu schätzen weiß; es sind vor allem die 10 bis 50 m hohen Sandsteinfelsen, deren Besteigung mir seit vielen Jahren die liebste Nebensache der Welt bedeuten.
Die gleichen Buntsandsteinschichten, die vor rund 250 Mio. Jahren unter Wüstenbedingungen hier abgelagert wurden und ca. 200 Mio. Jahre später beim Einbruch des Oberrheingrabens wieder... mehr lesen
MarCook - Das Restaurant am Söller
MarCook - Das Restaurant am Söller€-€€€Restaurant06394 9215757Flugplatz 1, 76891 Bundenthal
5.0 stars -
"„Mar adentro!“ – Maritime Überraschung im Pfälzer Outback!" marcO74Mein Verhältnis zum heimischen Pfälzerwald ist seit fast 30 Jahren ein ganz besonderes. Nicht nur dass ich sein weitläufiges Wanderwegenetz, seine historischen Ruinen und seine zünftige Hüttenkulinarik seit jeher zu schätzen weiß; es sind vor allem die 10 bis 50 m hohen Sandsteinfelsen, deren Besteigung mir seit vielen Jahren die liebste Nebensache der Welt bedeuten.
Die gleichen Buntsandsteinschichten, die vor rund 250 Mio. Jahren unter Wüstenbedingungen hier abgelagert wurden und ca. 200 Mio. Jahre später beim Einbruch des Oberrheingrabens wieder
Geschrieben am 22.06.2021 2021-06-22| Aktualisiert am
23.06.2021
Besucht am 06.06.2021Besuchszeit: Mittagessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 101 EUR
Damals als mein guter Freund, Kletterpartner und mittlerweile auch Schulleitungskollege noch in der Karlsruher Sophienstraße residierte, wäre ich gerne hier einmal eingekehrt. Das mit seinem pfiffigen, badisch-mediterranen Küchenstil nicht nur bei Gaumenfreunden aus der Fächerstadt sehr beliebte Restaurant Vaca Verde befand sich zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Mama Thanh (Ecke Uhlandstraße-Sophienstraße). Es kam leider nie dazu, weil der Laden im August 2018 seine Pforten schloss.
Man soll eben seine geplanten Gastrobesuche nicht auf die allzu lange Bank schieben, sonst bleiben sie fromme, später dann durchgestrichene Wünsche auf einer immer länger werdenden „To-Eat-Liste“. Dass wir nun ausgerechnet beim panasiatischen Nachfolger von Tanja Finck-Penkwitts ehemaliger „grüner Kuh“ aufschlugen, erstaunte mich dann schon ein wenig. Aber mein Herr Papa hatte so entschieden und gegen eine spontane Einladung seinerseits war ja auch nichts einzuwenden.
Seit März 2019 ist das von der Vietnamesin Thi Thanh Nguyen geführte panasiatische Restaurant in der Weststadt ansässig. Ein Blick auf die mit ansprechenden Bildern gestaltete Homepage gab Aufschluss über die kulinarische Ausrichtung. „Vietnam meets Japan“ oder „Pho vs. Sushi“ könnte man den mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Stilmix dieser beiden trendigen Länderküchen des Fernen Ostens etwas plakativ zusammenfassen.
Da unser letzter Kontakt mit „Fernkost“ noch aus dem Spätsommer des letzten Jahres datierte – Freunde ausufernder Gastrorezensionen mögen sich vielleicht noch an den Bericht einer wahrlich skurrilen Einkehr beim Saarbrücker Vorzeigeasiaten „Indochine“ erinnern –, und wir uns in der gelockdownten Zwischenzeit lediglich mit dem ein oder anderen Sushi-To-Go aus dem Hubertushof (Ilbesheim) über Wasser hielten, war die Lust auf Stäbchenfutter entsprechend groß.
Schon von außen machte das Lokal einen sehr aufgeräumten Eindruck. Die feuchte Witterung ließ uns vom ursprünglichen Plan, auf der unter Sonnenschirmen versteckten Außenterrasse Platz zu nehmen, abrücken. Statt "Grüner Kuh" nun "Mama Thanh"
Im Inneren war jedoch zu dieser Zeit lediglich ein Tisch belegt, so dass auch hier die Abstände problemlos gewahrt werden konnten. Zumal wir in dem geschmackvoll eingerichteten Lokal den etwas erhöht liegenden, über eine kleine Treppe zugänglichen Gastraum im hinteren Bereich komplett für uns alleine hatten.
Mein Vater ist dort kein Unbekannter, hat er doch während des Lockdowns das ein oder andere Mal von der Take-Away-Option Gebrauch gemacht und lobte die schmackhaft zubereiteten Gerichte aus dem Wok. Nach herzlicher Begrüßung durch das Servicepersonal gingen wir zügig dazu über, das umfangreiche Speisenangebot zu studieren.
Die Registrierung erfolgte problemlos über einen QR-Code, der in einlaminiertem DIN-A4-Format auf unserem Tisch lag. Dass es sich bei diesem Restaurant nicht um einen x-beliebigen 08/15-Wok-Imbiss handelte, machte schon die Einrichtung deutlich. In den gepflegten Laminatboden, die zeitgemäße Beleuchtung und das wertige Holzmobiliar wurde anscheinend ordentlich investiert. Auch die bequemen Polsterstühle machten keinen minderwertigen Eindruck. Innenansicht Hinterer bzw. oberer Gastraum
Im Nebenraum befand sich übrigens die Sushi-Theke. Dort musste man zwangläufig vorbei, wenn man mal musste. Von diesem hintersten Gastraum konnte man durch eine Glastür die Außenterrasse schnell erreichen. Sushi-Theke zur Linken
Kurze Wege, die bei entsprechender Auslastung des Lokals im Sommer die Arbeit erleichtern. So weit so durchdacht.
Beim Durchblättern der Speisenkarte fiel mir gleich auf der ersten Seite die nette Gastro-Geschichte der Mama Thanh ins Auge. Auf ein freundliches „Xin Chao“ folgte ein kurzer Abriss zur kulinarischen Ausrichtung des Ladens. Dabei wurde neben der Leidenschaft für die südvietnamesische Küche vor allem die Familie als zentrales Element des gastronomischen Handelns hervorgehoben.
Der Frau des ewigen, britischen Thronfolgers Prinz Charles wäre bei der ersten Seite sicher ganz warm ums Herz geworden. Auch ohne „Parker“ hatte man das hawaiianische Nationalgericht „Poke“ in Form zahlreicher „Bowl(e)s“ im Angebot. Die Basis dazu bildete Sushi-Reis und ein Salat-Mix. Toppings (Edamame, Quinoa, Couscous, Avocado, etc.), Proteinspritzen (Chicken, Tofu, Tuna & Co.) sowie Saucen (Mango, Wasabi, Sesam) konnte man nach Lust und Laune kombinieren. Der kulinarische Bezug zu Vietnam erschloss sich mir hingegen nicht.
Egal, die Wellness-Schüsseln aus dem pazifischen Raum wurden locker überblättert. Der Fokus lag heute nicht auf Genesungsfutter, sondern sollte deutlich ungesündere Bahnen einschlagen. Mich gelüstete es nach handfestem Fleischwerk – gerne auch gegrillt – und siehe da: ich wurde fündig.
Was sich Mama Thanh am liebsten einverleibt, konnte mir nur recht sein. Aus einem guten halben Dutzend in der Karte unter der Rubrik „Lieblingsessen“ firmierenden Gerichten – darunter auch die Nudelsuppenbenchmark aus Vietnam in zwei Varianten (Pho Bò und Pho Gà) – wählte ich zielsicher den gemischten Grillteller (16,80 Euro), der mit Hähnchenkeule, Fleischbällchen und Spareribs auch jeder gutbürgerlichen Schnitzelbude gut zu Gericht gestanden hätte.
Das äußerst üppig ausgestaltete, aus über 50 verschiedenen Maki-, Nigiri-, Crunchy-, Inside-Out-, Tempura-, Veggie- und Sashimi-Versionen bestehende Rohfischrepertoire spielte an diesem Sonntagmittag für uns – Achtung Kalauer! – keine Rolle. Vorweg sollte es die Starter-Platte für 2 Personen (15 Euro) sein. Sie lieferte mit lackierten Hähnchenspießen, Frühlings-, Gemüse- und Sommerrollen sowie zwei kross frittierten Garnelenschwänzen einen guten Querschnitt durchs überwiegend knusprige Fingerfoodprogramm von Mama Thanh. Ein wenig Fingerfood vorweg
Meine Frau entschied sich derweil für die Pho Bò (12,50 Euro), während auf Seiten meines Vaters (und dessen Frau) zweimal das vietnamesische Hähnchencurry namens „Cari Ga“ (13,50 Euro) gewählt wurde. Bei Letzterem sollten Karotten, Kartoffeln und Reisnudeln das in Kokosmilch ertränkte Hähnchenfleisch begleiten. Für ausreichend Sättigung schien also gesorgt zu sein.
Bei den Getränken regierte auf der einen Seite des Tisches Badische Braukunst. Wenn man schon einmal in den Genuss der wirklich erstklassigen Hopfenerzeugnisse der im Herzen der Ortenau ansässigen Familienbrauerei Bauhöfer kommen konnte, dann bitte auch gleich schoppenweise. Darauf ein Ulmer Helles!
Nach angenehmer Wartezeit stand ein frisch gezapftes Ulmer Helles im nostalgischen 0,5er-Steinkrug vor mir. Mein Vater hatte sich hingegen für das Ulmer Pilsener in der Halbliterklasse (beide jeweils 3,90 Euro) entschieden, was definitiv kein Fehler war.
Die Damen labten sich unterdessen ganz asketisch an frisch aufgebrühtem Ingwertee (3,50 Euro) und einer Flasche Peterstaler Classic (0,75l für 4,80 Euro). Andere Menschen – andere Durstlöscher!
Was mich sehr positiv überraschte, war die Tatsache, dass man hier auch eine nette Auswahl an Weinen im offenen Ausschank bereithielt. Und diese von durchaus akzeptabler Herkunft. Mit Ellermann-Spiegel (Kleinfischlingen) und Oliver Zeter (Neustadt) war sogar die Pfalz am Start. Noch interessanter klang indes das Flaschenweinangebot. Riesling von Bassermann-Jordan und Grauburgunder von Meßmer findet man sich sicherlich nicht bei jedem Panasiaten im Portfolio.
Zumal die Preise äußerst „linksrheinisch“ kalkuliert schienen. Die 30 Euro für die Cuvée Z von Oliver Zeter waren geradezu ein Schnäppchen. Und auch der „Win-Win-Riesling“ vom Weingut von Winning ließ sich mit fair vorgetragenen 26 Euro als gleichnamige Situation aus.
Die emsig agierende Bedienung brachte zeitnah unsere Vorspeisenplatte, die als Fingerfutter zum Teilen animierte. Die kurz nach dem Frittieren noch mit Teriyaki-Sauce bepinselten Hähnchenspieße gerieten saftig-süßlich und keinesfalls zu trocken. Die ebenfalls der Fritteuse entstiegenen Gemüse- bzw. Frühlingsrollen entsprachen handelsüblichem, wenig originellem TK-Standard. Das "Hanoier Allerlei"
Daneben bildeten die beiden Nems (= Reispapierrollen) zusammen mit den Garnelenschwänzen im Knuspermantel die crunchigen Höhepunkte dieses „Hanoier Allerleis“. Ein dreifaches „Ho-Ho-Ho-Chi-Minh“ verdienten sich die frisch gerollten, nach Koriander duftenden, mit Garnelen, Salat und Reisnudeln gefüllten Sommerrollen. In die schmackhafte Hoisin-Sauce gedippt, waren sie ein erster, ernst gemeinter Frischeakzent aus Südostasien.
Auch das mit pikantem Wasabi-Dressing angemachte Salathäufchen konnte sich schmecken lassen. Ein insgesamt ordentlicher Appetitanheizer mit ausgeprägtem Convenience-Anteil, hohem Knuspergehalt und dipfreundlicher Süffigkeit. Nichts Weltbewegendes, aber durchweg guter Standard.
Zwischen Vor- und Hauptspeise verging die Zeit recht schnell, ohne dass wir uns jedoch gehetzt fühlten. Mittlerweile duftete es neben mir aromatisch nach Zitronengras, Galgant und Kaffirlimette. Das Hähnchencurry
Kein Wunder, stand doch da schon das mit üppigem Kartoffel- und Karottenbesatz aufs Porzellan gehievte Hähnchencurry vor meinem Senior und wollte von ihm verspachtelt werden. Curry im Detail
Die mit Rindfleisch, Frühlingszwiebeln, Sojasprossen und frischen Kräutern kredenzte Reisnudelsuppe („Pho Bò“) war eine bemerkenswerte Portion. What the Pho???
Ein feiner Zimthauch wehte zu mir herüber, aber das soll ja auch so. Ich fragte mich derweil, ob meine Frau dem köstlich anmutenden Inhalt dieser Riesenschüssel gewachsen sein würde. Eine Schüssel voll Glückseligkeit
Sie war es, wie sich nach einer bravourösen Löffelleistung herausstellen sollte. Mein Antrag auf Suppenhaft wurde infolgedessen mit einem kopfschüttelnden Lächeln niedergeschmettert.
Auch an meiner Ecke des Tisches hatte sich kulinarisch etwas getan. Der mit einer würzigen Frikadelle, einem knusprigen Schälrippchen sowie einem saftigen Hühnerfuß dekorierte Grillteller war bei seinem Adressaten angekommen. Um ein – wieder mit Wasabi-Dressing verfeinertes – Salatzentrum waren die „Drei Zahmen vom Grill“ drapiert. Die "Drei Zahmen vom Grill"
Eine leicht säuerlich schmeckende Dipsauce (Soja, Limette oder Ähnliches) und ein mit geröstetem Sesam bestreutes Häufchen Basmati-Reis komplettierten das Ensemble, das zwar gefällige Grillkost bot, aber ohne den Gaumen wirklich in gustatorische Bedrängnis zu bringen. Dazu fehlte es schlichtweg an Wumms, den eine gewiefte Marinade oder ein raffiniertes Topping durchaus hätte beisteuern können. Vietnam-Bulette Der lackierte Hähnchenfuß (vorne) Teriyaki-Rib
Keine Frage, das war handwerklich im grünen Bereich, aber geschmacklich leider recht eintönig. Zumal Huhn und Sparerib mit dem gleichen, süßlichen Teriyaki-Anstrich versehen wurden. Egal, „de Hunger hat’s neitriebe“, wie man etwas weiter südlich von Baden gerne zu sagen pflegt. Und satt machte die Portion allemal. Also alles im Lack und das im wahrsten Sinne des Wortes. Wer will da schon auf hohem Niveau jammern?
Nach so langer Asia-Abstinenz gelüstete es die anwesende Genießerschaft nach einem süßen Abschluss. Tempura Banane, Crème Caramel und die schlicht als „Chè“ ausgewiesene Süßspeise (4,50 Euro) vietnamesischer Provenienz standen zur Auswahl. Chè (ohne Guevara)
Da entschied ich mich für Letztere, zumal man mir vorab eine Espressotasse voll „Chè“ zum Probieren reichte. Eine freundliche Geste und ein kleiner Zuckerschock zugleich. Aber das primär aus Kokosmilch und Tapioka-Perlen bestehende Dessert gefiel mir trotzdem. Auch die Crème Caramel wurde genauso schnell verputzt wie sie gelobt wurde.
Fazit:
Das Mama Thanh bescherte uns einen entspannten Sonntagmittag mit dem rechtsrheinischen Teil der Familie. Der Service trug mit seiner unaufgeregt freundlichen Art sicherlich mit dazu bei. Gerne werde ich die südostasiatische Gastfreundschaft in der Karlsruher Weststadt wieder wahrnehmen. Dann aber mit Weinbegleitung und gerne auch mit dem ein oder anderen Schluckspecht aus der Region am Tisch.
Damals als mein guter Freund, Kletterpartner und mittlerweile auch Schulleitungskollege noch in der Karlsruher Sophienstraße residierte, wäre ich gerne hier einmal eingekehrt. Das mit seinem pfiffigen, badisch-mediterranen Küchenstil nicht nur bei Gaumenfreunden aus der Fächerstadt sehr beliebte Restaurant Vaca Verde befand sich zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Mama Thanh (Ecke Uhlandstraße-Sophienstraße). Es kam leider nie dazu, weil der Laden im August 2018 seine Pforten schloss.
Man soll eben seine geplanten Gastrobesuche nicht auf die allzu lange Bank schieben,... mehr lesen
Mama Thanh
Mama Thanh€-€€€Restaurant0721 47031901Uhlandstraße 40, 76135 Karlsruhe
4.0 stars -
"Neulich beim Panasiaten in der Karlsruher Weststadt traf ich die „Drei Zahmen vom Grill“…" marcO74Damals als mein guter Freund, Kletterpartner und mittlerweile auch Schulleitungskollege noch in der Karlsruher Sophienstraße residierte, wäre ich gerne hier einmal eingekehrt. Das mit seinem pfiffigen, badisch-mediterranen Küchenstil nicht nur bei Gaumenfreunden aus der Fächerstadt sehr beliebte Restaurant Vaca Verde befand sich zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Mama Thanh (Ecke Uhlandstraße-Sophienstraße). Es kam leider nie dazu, weil der Laden im August 2018 seine Pforten schloss.
Man soll eben seine geplanten Gastrobesuche nicht auf die allzu lange Bank schieben,
Besucht am 27.05.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 127 EUR
Neulich in den großzügig gestalteten Räumlichkeiten des Clubhauses des GC Pfalz nahe Geinsheim (im Volksmund auch „Goise“ genannt): Kommt ein Mann mit seinem Impfpass ins Restaurant…
Was ungefähr so schräg klingt wie der Anfang eines schlechten Scherzes („Kommt ein Pferd zum Arzt…“ usw.), ist in der derzeitigen Lockerungsphase pandemische Wirklichkeit geworden. Aber Gott sei Dank gibt es ja jetzt wenigstens wieder die Möglichkeit, mit entsprechender „Nichtansteckungsbescheinigung“ gastronomische Einrichtungen besuchen zu dürfen.
In Neustadt kann man das schon eine ganze Weile, denn dort sind die Inzidenzwerte seit längerem unter der politisch korrekten (?) 100-er-Marke. Mittlerweile sind sie sogar so niedrig, dass auch im Inneren der Lokale wieder Platz genommen werden darf.
Da für meine Frau ein Restaurantbesuch derzeit nicht in Frage kommt, musste für die erste Einkehr nach der Gastroschließung vor gut einem halben Jahr ein Kollege aus dem nahegelegenen Lachen-Speyerdorf - ebenfalls ein eingemeindeter Stadtteil von Neustadt – herhalten. Gleich vorweg: er erfüllte nicht nur seine Aufgabe als gleichgesinnter Partner in Dine, sondern sollte sich auch bei der Vernichtung von rotem Rebsaft als kongenialer Mitsäufer erweisen.
Nach einem kurzen Anruf in Grünwedels Restaurant, das seit letztem Jahr nur noch im Golfclub Pfalz beheimatet ist, war ich schlauer. Die Platzreservierung sollte über die Homepage vorgenommen werden, was sich als problemlos herausstellte und wodurch die Registrierung vor Ort entfiel.
Seit 2017 bewirtschaftet Dominik Grünwedel mit seinem Team das gepflegte Clubhaus-Lokal, das anfänglich als zweites Standbein fungierte. Seinen eigentlichen Hauptsitz in Neustadt-Diedesfeld (in den Räumlichkeiten der ehemaligen Feinschmeckerbastion „Becker’s Gut“, Anm.), in dem schon einige bekannte GG-Koryphäen ein und aus gingen, hat er mittlerweile aufgegeben.
Bedauerlich, denn schon vor Borgis, Petras und Oparazzos positiven Berichten, hatte ich diese regional bekannte und regelmäßig mit dem Bib Gourmand ausgezeichnete Adresse auf meinem kulinarischen Radar. Aber irgendwie kam es nie dazu. Die große Auswahl an guten Einkehrmöglichkeiten in der heimatlichen Südpfalz ließ meine aufrichtige Besuchsabsicht zum frommen Wunsch verkümmern.
Dann wenigstens in Geinsheim zwischen Putting Green und Driving Range die Grünwedel’sche Küche beim Comeback in Sachen Restaurantbesuche genießen. Ein simpler Plan, der nach einem schönen Abend klang. Ein Abend, auf den ich mich sehr freute. Auch hatte ich ausreichend Hunger mitgebracht, kletterte ich doch vorher ausgiebig an den Sandsteinwänden der Nordvogesen. Klettern und Renovierungsarbeiten haben diese Pfingstferien bestimmt. Wobei der zeitliche Schwerpunkt klar auf der Sanierung unserer neuen Wohnung lag.
Kurz vor 19 Uhr traf ich im Golfclub ein. Zu Grünwedels? Da lang!
Als bekennender Golf-Fahrer natürlich mit dem passenden Gefährt. Herr Grünwedel empfing mich nach kurzer Wartezeit an der zum Öffnungskonzept gehörenden, etwas improvisiert wirkenden Rezeption und erfragte Namen und Impfnachweis. Pandemiebedingter Empfangsbereich
Mein Kollege war noch nicht da, also nahm ich im nahezu komplett leeren Gastraum Platz und nutzte die Zeit, um ein paar Bilder von dem geräumigen Inneren des Lokals zu schießen.
Linkerhand erwärmte ein schicker Gaskamin mit lodernder Flamme die von wertigem Inventar kündende Genusshalle. Der großzügig Gastraum
Rechts, vor der Glasfront zur Terrasse hin saß eine kleine Gesellschaft. Dem Anschein nach handelte es sich um eine Familienfeier im kleineren Rahmen.
Es war viel Platz zwischen den von hellem Leinen überzogenen Tischen. Bequeme Polsterstühle aus Holz gesellten sich um jene. Alles wirkte sehr sauber, gepflegt und einladend. Weiter hinten vernahm ich den obligatorischen Thekenbereich, dessen spirituelles Angebot stolz auf dem Tresen thronte.
Von der Decke baumelte ein später noch angenehm leuchtendes, jetzt schon zum Hingucken animierendes „Etwas“. Von der Wand gegenüber grüßte ein wilder Stier im Großformat. Für Rumpsteak-Freunde sicher ein gern aufgegriffener Impuls. ...und ewig grüßt der Stier!
Dann betrat auch schon mein Kollege – mit einem Corona-Testkit bewaffnet – das Restaurant und wurde gleich in einen separaten Bereich geführt, um sich ganz entspannt die Stäbchen in die Nasenlöcher zu stopfen. Er nutzte die Möglichkeit, seinen Negativnachweis Vorort zu erbringen.
Da diese Prozedur erfahrungsgemäß ein wenig dauert – der Teststreifen braucht ja mindestens 10 Minuten bis er sich voll entfaltet hat – nutzten wir die Wartezeit, um draußen auf der Terrasse noch einen Aperitif zu uns zu nehmen. Zum Auftakt: Pernod!
Ach wie schön! Da saßen wir unter freiem Himmel. Die Abendsonne beleuchtete das Grün des angrenzenden Rasenteppichs, auf dem sich noch „puttendes Volk“ zum gemeinsamen Einlochen verabredet hatte. Büsche und Topfpflanzen werteten die hübsch angelegte Terrasse botanisch auf. Auf der Terrasse
Etwas weiter rechts befand sich ein mit weich gepolsterten Gartensofas ausgestatteter Loungebereich. Sonnenschirme und Terrassenheizstrahler hatte man noch in der Hinterhand. Dem diesjährigen Mai-Wetter war ja bekanntlich nicht zu trauen. Terrasse mit Loungebereich
Die junge Dame, die uns an diesem Abend noch ganz hervorragend umsorgen sollte, kam mir irgendwie bekannt vor. Und siehe da: noch während der Order zweier Pernods (4,20 Euro das Glas) zum „Vorglühen“ wurde meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen. Wir kannten uns von der Landauer Kletterhalle, in der sie früher am Empfang bzw. im Ausschank tätig war.
Die Frage nach einer Weinkarte in gedruckter Form wurde charmant verneint, aber der Hinweis, dass nebenan ein stattlich gefülltes Weinregal auf uns wartete, stimmte uns vorfreudig. Also nichts wie rein ins Innere des Restaurants zur ersehnten Flaschenwahl. Schade nur, dass die Preise erst erfragt werden mussten. Aber die sympathische Servicedame navigierte uns mit Hilfe ihres Handys durch die anvisierten Kreszenzen in Rot und versorgte uns geduldig mit den nötigen Preisinformationen. Die begehbare "Weinkarte"
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon den Terrassenplatz gegen ein lauschiges Fleckchen im Inneren des Lokals getauscht. Die kühle Witterung ließ uns direkt vor dem ansehnlichen Kamin Platz nehmen. Ein guter Roter sollte es an diesem Abend sein. Die korrespondierenden Mahlzeiten würden sich dazu schon finden. Der abendliche Wassermangel wurde übrigens von zwei Flaschen Peterstaler Mineralwasser „Classic“ (0,75l für 5,50 Euro) hervorragend ausgeglichen.
Das üppige Angebot, für dessen Zusammenstellung sich Hausherr Dominik Grünwedel verantwortlich zeigte, hatte nicht nur feine Pfalztropfen zu bieten. Es bevölkerten auch jede Menge spanische, französische, italienische und südafrikanische Rebsäfte das weiß lackierte Expedit-Regal. Zeter, Stachel, Bassermann-Jordan und Eugen Müller aus Forst – allesamt bekannte Winzer aus der Pfalz bzw. der Mittelhaardt. Da würden wir schon fündig werden.
Und tatsächlich ganz unten im Regal versteckte sich eine Einzelflasche Cabernet Sauvignon „Kirchenstück“ von Erwin Stachel aus Maikammer aus dem Jahr 2014. Der Preis wurde erfragt und die nette Servicekraft meinte es wohl in ihrem jugendlichen Eifer etwas zu gut mit uns. Sie wollte gerade einmal 32 Euro für diesen Pfälzer Wonnetropfen. Gönnertrunk in Rot
Wenig später – sie hatte sich wohl in der Zwischenzeit von ihrer Chefin ein paar ernste Worte zum Thema Preiskalkulation von Flaschenweinen anhören dürfen – gestand sie uns ihren Fauxpas. Doch auch die letztlich veranschlagten 40 Euro für die Flasche waren keine überzogene Forderung, sondern lagen immer noch im Schnäppchenbereich.
Erwin Stachel zählt sicherlich mit zu den besten Rotweinwinzern der Pfalz und eine Flasche seines schon häufig prämierten Cabernet Sauvignons aus der Weinlage Maikammer Kirchenstück hatte ich mir schon mehr als einmal in der Krone zu Neupotz schmecken lassen. Ein wirklich bemerkenswerter Vertreter seiner Art, der uns mit seiner kräftigen Tanninstruktur, seinem betörenden Duft nach dunklen Früchten (Cassis/Brombeere) und seiner stoffig-dichten Struktur am Gaumen vollends überzeugte und der zu unseren beiden Hauptgängen prima harmonieren sollte.
Doch diese wollten erst einmal bestellt werden. Also nichts wie ran an die Speiselektüre, die sich erfreulich reduziert präsentierte. Gerade mal fünf Vorspeisen („Kleines & Feines“), ein gutes halbes Dutzend überwiegend saisonal geprägte Hauptgerichte mit und viermal Pasta ohne Fleisch. Dazu standen mit Burger, Clubsandwich, Flammkuchen und Görrywuäss (Currywurst) noch ein paar sättigende Snacks für die abschlagende Zunft bereit.
Alles recht übersichtlich und preislich an die hier vornehmlich verkehrende Klientel angepasst. Für die gebratene Jakobsmuschel mit Pulpo auf roh mariniertem Spargel durften 16 Euro hingeblättert werden. Der Golfclub-Burger kam mit Frittenbeilage auf stolze 18,90 Euro und das mit Schinken und Emmentaler gefüllte Cordon Bleu vom Schwein checkte bei sportlichen 17 Euro ein (auch inklusive Fritten). Kalbsnierchen in Dijon-Senf (18,90 Euro) und Lammkarree auf grünen Bohnenragout und Rosmarinsoufflée (26 Euro) seien an dieser Stelle ebenfalls erwähnt. Das hatte alles seinen leicht gehobenen Preis. Aber im Golfclub hätte ich auch keine Geiz-ist-geil-Attitüde erwartet.
Klar gab es auch das königlichste Gemüse der Saison. Einmal als Schaumsüppchen (6 Euro) und natürlich als veritable Portion mit Petersilienkartoffeln, Sauce Hollandaise und warmer Butter (19 Euro). Additiv konnte man sich seinen Spargelteller noch etwas „upgraden“. Schnitzel, Kalbssteak, Fischfilet und Schinken gab es gegen Aufpreis dazu.
Für Süßschnäbel hatte die Patisserieabteilung im Hause Grünwedel mit Schokolade 3.0, Stracciatellaparfait, Kaiserschmarrn und Johannisbeersorbet (natürlich mit Sekt aufgefüllt) ebenfalls eine kleine, aber feine Auswahl im Angebot. Und das zu „Normalpreisen“ zwischen 7 und 8 Euro.
Wir orderten beide das Spargelsüppchen vorweg. Beim Hauptgang wollten wir es eher fleischern angehen lassen. Der Carbernet Sauvignon musste schließlich adäquat unterfüttert werden. Mein Kollege entschied sich für das Rumpsteak aus Argentina mit Pfefferrahmsauce und Bratkartoffelbeilage (22 Euro). Er wollte es gerne medium rare auf den Teller gelegt bekommen.
Ich hatte so richtig Lust auf Schmorfleisch und konnte deshalb den sousvide gegarten Kalbsbäckchen auf Kartoffel-Sellerie-Stampf und Sommergemüse (24 Euro) nicht widerstehen. Die Aussicht auf einen solchen Leib- und Seelenteller ließ mir schon bei der Speisenkartendurchsicht das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Der Rotwein wurde seinen Vorschusslorbeeren gerecht. Schon der erste Schluck gemahnte an eines der berühmtesten Gedichte Friedrich Schillers (genialer Typ übrigens!): „Freude schöner Gönnertrunk(en) – bring mich ins Delirium!“ Zusammen mit der Wärme des Kaminfeuers förderte dies massiv die Durchblutung im Gesichtsbereich. Red was our favourite colour…
Auf Rot folgte Weiß, denn die Spargelsuppe schwappte uns in dunkler Keramik entgegen. Weißes Gold in flüssiger Form
Die junge Servicedame umsorgte uns nach wie vor vorbildlich. Immer einen flotten Spruch auf den Lippen, aber niemals ins Unseriöse abdriftend. Humorvoll und geradeaus, so wie das in der Pfalz am besten ankommt. Volle Punktzahl!
Die Suppe vom Königsgemüse wurde mit grünen und weißen Spargelstücken als Einlage serviert. Spargeleinlage vorhanden!
Beide Sorten von angenehmer Konsistenz bzw. genau dem richtigen Biss. Etwas heißer hätte sie für mein Empfinden ruhig sein dürfen. Auch agierte sie gustatorisch hart an der für mich tolerierbaren Salzobergrenze. Ein Ticken mehr und wir hätten sie als „versalzen“ reklamieren müssen. So aber alles noch im Rahmen. Ihr intensiver Duft nach Stangengewächs setzte sich am Gaumen wohltuend fort. Weißes Gold zum Auslöffeln. Endlich auch mal wieder als Auswärtsspiel.
Zur Suppe wurde fluffiges Ciabatta-Brot gereicht. Da man im Grünwedels auf ein Amuse verzichtete, war dies für mich die erste feste Nahrung des Tages nach absolvierter Kletterpartie. Umso schneller war es als „Tunkmasse“ aufgezehrt. Nicht schlimm, der Hauptgang würde schon für sättigende Verhältnisse sorgen, das sah ich ganz entspannt.
Nach angenehmer Wartezeit fanden sich dann auch unsere beiden Hauptgerichte ein. Das medium gebratene Rumpsteak des Kollegen wog um die 220 Gramm und thronte auf einem ansehnlichen Bratkartoffelhügel. Das Rumpsteak mit Bratkartoffeln und Pfeffersauce
Der separat in einer Sauciere gereichten Pfefferrahmsauce fehlte zwar der Rahm, was ihrem Geschmack jedoch in keiner Weise schadete. Ganz im Gegenteil: was Küchenchefin Stefanie Nessler da auf handwerklich fundierter Jus-Basis gezaubert hatte, war ein ganz formidabler Beiguss. Mein Kollege ließ mich freundlicherweise ein paar Nanoliter davon kosten, was mir ein intensiv pfeffriges Erlebnis am Gaumen bescherte.
Meine Kalbsbäckchen fielen wie erwartet superzart aus. Zwei an der Zahl hatten es sich auf dem angemessen gebutterten Hügel aus Kartoffel-Sellerie-Püree gemütlich gemacht. Die Kalbsbäckchen
Beide hatten sie eine leichte Fettschicht vorzuweisen. Für mich nicht weiter schlimm, ich kenne aber auch Zeitgenossen – gerne auch als „Fettmemmen“ bezeichnet –, denen solche Kleinigkeiten dann komplett den Fleischgang versauen.
Mir gefiel jedoch die Qualität der beiden – wahrscheinlich dampf(vor)gegarten – Kollagenfetzen. Die Kalbsbäckchen aus der Nähe
Zumal die Jus auf ganzer Linie überzeugte und nicht zu sparsam den Teller benetzte. Das sommerliche Gemüse (u.a. Zucchini, Paprika und grüner Spargel) konnte den richtigen Gargrad vorweisen und das Püree schmolz förmlich auf der Zunge. Klar musste ich bei der Cocktailtomate an Borgi denken, aber zu dieser Jahreszeit mit saisonaler Genugtuung. Die Kalbsbäckchen von oben
Das war ein in sich stimmiger Teller, zu dem der Cabernet natürlich ganz vortrefflich harmonierte. Ein hohes Genusslevel und das schon beim ersten Nachlockdownbesuch. Die Marschrichtung stimmte also.
Zum Süßen Abschluss ließ ich mir die Schoko-Variation „Schokolade 3.0“ (8 Euro) schmecken. Mein Kollege nippte dagegen ganz asketisch an seinem Espresso (2,20 Euro). Weiße und braune Schokomousse von unterschiedlicher Dicke war auf eine Art Brownie-Basis geschichtet und ergab so ein süßes Dreierlei. Eines das jedoch mehr bot als nur zuckersüße Üppigkeit. Nicht nur die cremig lockere Konsistenz der Schoko-Schnitte zeugte von offenkundiger Patisseriekompetenz, auch sorgten marinierte Erdbeeren- und Rhabarberstücke für fruchtige Auffrischung. Schokolade 3.0 mit Joghurtrahmeis
Eine ordentliche Nocke Joghurtrahmeis brachte kalten Schmelz ins Spiel. Was so vermeintlich unspektakulär anmutete, war durchdacht zubereitet und auch von seinem Süß-Sauer-Kontrast her stimmig zu Porzellan gebracht. Ein stimmiger Abschluss!
Mein Kollege und ich hatten beide das Gefühl noch stundenlang hier sitzen zu können. Service, Ambiente, Essen und Kommunikation fügten sich zu einem einzigen Wohlgefühl zusammen. Große Zufriedenheit und auch eine gewisse Dankbarkeit, dies wieder tun zu dürfen, machten sich breit.
Nun, breit waren wir beim Verlassen dieses wirklich empfehlenswerten Lokals nordöstlich von Neustadt-Geinsheim natürlich nicht. Dazu hätte es schon einer weiteren Bouteille aus Dominik Grünwedels Fundus bedurft.
Die nächste gemeinsame kulinarische Etappe kommt bestimmt. Gerne auch wieder im Golf-Club Pfalz.
Neulich in den großzügig gestalteten Räumlichkeiten des Clubhauses des GC Pfalz nahe Geinsheim (im Volksmund auch „Goise“ genannt): Kommt ein Mann mit seinem Impfpass ins Restaurant…
Was ungefähr so schräg klingt wie der Anfang eines schlechten Scherzes („Kommt ein Pferd zum Arzt…“ usw.), ist in der derzeitigen Lockerungsphase pandemische Wirklichkeit geworden. Aber Gott sei Dank gibt es ja jetzt wenigstens wieder die Möglichkeit, mit entsprechender „Nichtansteckungsbescheinigung“ gastronomische Einrichtungen besuchen zu dürfen.
In Neustadt kann man das schon eine ganze Weile, denn dort... mehr lesen
Grünwedels Restaurant im Golfclub Pfalz
Grünwedels Restaurant im Golfclub Pfalz€-€€€Restaurant, Catering06327 4663Im Lochbusch, 67435 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Back for food means back for good!" marcO74Neulich in den großzügig gestalteten Räumlichkeiten des Clubhauses des GC Pfalz nahe Geinsheim (im Volksmund auch „Goise“ genannt): Kommt ein Mann mit seinem Impfpass ins Restaurant…
Was ungefähr so schräg klingt wie der Anfang eines schlechten Scherzes („Kommt ein Pferd zum Arzt…“ usw.), ist in der derzeitigen Lockerungsphase pandemische Wirklichkeit geworden. Aber Gott sei Dank gibt es ja jetzt wenigstens wieder die Möglichkeit, mit entsprechender „Nichtansteckungsbescheinigung“ gastronomische Einrichtungen besuchen zu dürfen.
In Neustadt kann man das schon eine ganze Weile, denn dort
Geschrieben am 29.01.2021 2021-01-29| Aktualisiert am
11.02.2021
Besucht am 21.10.2020Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 21 EUR
„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute, 37 Jahre später, aus der Seele sprechen, lässt sie aktueller denn je erscheinen.
Genug philosophiert! Es ist Pandemie. Es ist Lockdown. Und gerade der gemeine Gut- und Gernesser hat Sehnsucht nach seinen liebgewonnenen Verzehrtempeln, die nun schon seit rund 3 Monaten geschlossen sind. Den weltoffenen Viel- und Gernreisenden überkommt wahrscheinlich eher das Gefühl von Fernweh. Aber raus wollen sie sicherlich alle. Raus aus diesem Alptraum. Raus aus dieser Zeit des Abstands und der vielen Einschränkungen.
Wie und wann das geschehen wird, bleibt abzuwarten. Da schwelgt so mancher in kulinarischen Erinnerungen aus der Zeit zwischen den beiden Gastro-Shutdowns oder berichtet bildgewaltig direkt aus dem Auge des Orkans. Andere bringen ihre abgepackten (und dann wunderschön angerichteten) Take-Away-Erfahrungen zu Papier und unterstützen die örtliche Gastronomie in vielerlei Hinsicht. Allen ist jedoch eines gemein: sie sehnen sich nach der „alten Normalität“ in den Restaurants ihres Vertrauens.
Vielleicht war es ja auch bei mir eine Art kulinarisches Fernweh, das mich zusammen mit meiner Frau nach quarantänebedingter Absage des geplanten Herbsturlaubs in das gleichnamige Streetfood-Bistro in der Karlsruher City trieb. Das mitten in der Corona-Krise, Anfang August letzten Jahres eröffnete Lokal sah einladend ein und versprach neben diversen Hotdogs, Burgern, Wraps und Co. auch ein paar internationale „Gassengerichte“ der ungewöhnlicheren Art.
Hotdog-Brötchen, Pita-Brot und Burger-Buns bezieht man übrigens aus der näheren Umgebung. Die Qualitätsbäckerei Fricke-Bäck aus Waldbronn zeichnet sich nämlich für die Backwaren im Fernweh verantwortlich. Auch bei Fleisch nutzt man die Ressourcen der Region. Kein Geringerer als Spitzenmetzger Heiko Brath aus Karlsruhe – einer der Besten seiner Zunft – liefert feinstes Rindfleisch für Pastrami, Burger-Pattys und Pulled Beef.
Durch die hohe Glasfront konnten wir bereits einen Blick in das zur späten Mittagszeit menschenleere Innere des Bistros werfen. Von außen
Wir betraten den winzigen Gastraum durch eine Glastür und befanden uns sogleich vor einem schwarzgefliesten Bestell- und Ausschanktresen, der nüchternen Bistrocharme versprühte. Von einem Gitter, das an der Decke befestigt war, rankte reichlich Blattwerk. Keine Ahnung, ob das alles echt war.
Hinter dem Tresen kontrastierte eine mit weißen Fliesen bestückte Wand die in schwarz gehaltene Thekenfront in bestem Yin-und-Yang-Sinne. Ein paar Regale mit Gläsern, Pfeffermühlen, Essig-Öl-Karaffen und diversen anderen Gefäßen hingen an jener Rückwand. Links ums Eck ging es nach hinten in die Küche. Unser erster Eindruck in Sachen Interieur lautete: trendig-gepflegt, aber nicht besomders gemütlich. Blick auf den Bestelltresen
Hinter schützendem Plexiglas wurde der Ausschank erledigt. Die Getränke dazu, befanden sich im Kühlschrank links daneben. Aus jenem wählten wir eine kleine Flasche Bellaris-Mineralwasser (2,50 Euro) und einen hausgemachten Eistee namens „Fruit Punch“ (4 Euro) und setzten uns an einen der beiden Tische, deren eindrucksvolle Platten aus rund 15 cm dicken Baumstammhälften gefertigt waren. Ausgefallenes Mobiliar
Keine Ahnung, ob dafür ein Mammutbaum aus einem badischen Nationalpark „Bad Herrenalb“ geopfert musste, aber in Sachen Mobiliar waren die auf dünnen Füßen stehenden Wuchtplatten ein echter Hingucker.
Wir saßen auf einer bequem gepolsterten Bank, die sich entlang der Fensterfront erstreckte und blickten in Richtung Theke. Ein paar „Koffer mit Füßen“ dienten ganz im Sinne des Restaurantnamens als weitere, pfiffig ausgedachte Sitzgelegenheiten. Blich nach draußen
Von der hohen Decke baumelten Leuchten im Industriedesign, die einen freien Blick auf ihre beachtlichen Leuchtmittel erlaubten. Nun, wer’s mag. Zur grauen, unverputzten Betonwand und dem blanken Estrichboden passten die aus meiner Sicht etwas zu weit unten hängenden LED-Röhren jedenfalls ganz gut.
Das Speisenangebot hing auf zwei hübsch gerahmten Schiefertafeln geschrieben an der Wand. Auf der einen war das mit „Everybody’s Darling“ bezeichnete Standardrepertoire nachzulesen. Dieses bestand aus jeweils drei verschiedenen Burgern („Pulled-Beef“, „Pulled-Beef x Chili Cheese“, „No Meat“, alle 9 Euro), Hotdogs („Danish Classic“, „Onion Lover“, „Cheesy“, alle 6 Euro) und Wraps („Chili-Chick“, Tex-Mex“, „Veggie“, auch alle 6 Euro) und wurde noch von einem Pastrami-Sandwich (8 Euro) mit Käse und Essiggurken ergänzt.
Auf der Tafel daneben ging es mit den „Specials“ etwas ausgefallener in die Straßenfuttermaterie. Beim südafrikanischen Klassiker „Bunny Chow“ (9 Euro) wurde ganz traditionell ein Hühnchencurry in ein ausgehöhltes Weißbrot gefüllt. Falafel im Pitabrot mit selbstgemachter Tahin-Hummus-Sauce (8 Euro) wurde als „Israeli Streetfood“ annonciert. Zu guter Letzt waren es dann die der traditionellen sizilianischen Küche angehörenden Arancini (7 Euro), die mein größtes Interesse weckten. Diese frittierten, hier mit Bolognese-Sauce gefüllten Reisbällchen in Clementinen-Größe versprachen krosses Knödelglück aus dem südlichen Teil des Stiefelstaates.
Zu den bestellten Arancini gesellte sich noch das Orient-Sandwich („PitaFaHu“) mit Falafel-Hummus-Füllung für meine Frau dazu. Der Mann, der freundlich unsere Bestellungen entgegennahm verschwand dann erst einmal in der Küche. Keine Ahnung, ob der Laden wirklich als „One-Man-Show“ betrieben wurde, oder ob noch Küchenpersonal zugegen war. Unsere „Fernbedienung“ war jedenfalls fürs Erste verschwunden. Kenne ich so nur von der heimischen Couch, wenn meine Frau sich weder „Buten“ noch „Binnen“ wegzappen lassen möchte…
Lange mussten wir nicht auf unsere Fernwehspeisung warten. Ein paar Schlucke vom nicht besonders süßen Früchte-Eistee später wurden schon unsere Mahlzeiten serviert. Die beiden ansehnlichen Arancini wirkten rein optisch wie eine gelungene Kreuzung aus Kartoffelknödel und Kroketten: von letzteren die Paniermehlhülle, von ersteren die Form. Beide waren sie mit etwas Glattpetersilien-Gehäcksel „frisiert“. Krokettas sizilianas
Ein sauberer Schnitt durch die sizilianischen Reisknödel offenbarte ihren Bolo-Kern. Die Arancini im Anschnitt
Mit Erbsen, kleingehackten Zwiebeln und Karotten hatte die zum Vorschein kommende Hackfleischsaucenfüllung durchaus auch ihre vegetabilen Momente. Nur leider blieb sie in der Würze doch recht brav, um nicht zu sagen blass.
Da hätte ich mir etwas mehr „Wumms“ gewünscht, zumal ja auch der Reismantel recht neutral schmeckte. Nicht falsch verstehen. Die Mafia-Kroketten waren handwerklich gut gemacht und sahen auf der edlen Keramik auch klasse aus. Nur leider konnten sie diesen Eindruck am Gaumen nicht ganz bestätigen. Ein wenig fad im Abgang. In etwa so wie der des ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten vor ein paar Tagen.
Meine Frau zeigte sich da schon etwas zufriedener, wenngleich der Verzehr ihres Falafel-Sandwichs infolge einer Überdosis Joghurt-Sauce zum süffig-tropfenden Pita-Erlebnis tendierte. Mount Pita (Westflanke)
Kleingeschnippelte Gurken, Tomaten und Peperoni sorgten für etwas zusätzliche Frische. Die darauf gestrichene Hummuscrème duftete zwar angenehm nach Kreuzkümmel, hätte aber auch ein wenig mehr „Schmackes“ vertragen können. Mount Pita (Ostflanke)
Natürlich war dieser Fladenbrot-Snack vom Aussehen her irgendwo zwischen veganem Falafel-Döner und Shawarma-Sandwich angesiedelt. Aber damit hatte meine Herzensdame ja auch gerechnet. Außerdem lobte sie die mit Sesam bestreute Brothülle, deren Krume angenehm fluffig daherkam. Da machte sich die Qualität des regionalen Bäckers positiv bemerkbar. Das Falafel-Sandwich in der Totalen
Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass die Qualität der genossenem Kleingerichte absolut in Ordnung ging. Etwas mehr Geschmackstiefe – gerne auch mit mehr „Ecken und Kanten“ – täten dem hier dargebotenen Straßenfutter gut. Denn in den Ländern, aus denen die Gerichte stammen, wird die Aromenküche großgeschrieben. Eine Entdeckung war das „Fernweh“ war trotzdem, denn es bringt ein wenig Abwechslung für Leute, die auf die Schnelle gerne mal was Neues ausprobieren. Den Betreibern wünsche ich, dass ihr derzeitiges Take-Away-Angebot angenommen wird und sie diese harte Zeit überstehen.
„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute,... mehr lesen
FERNWEH - International Streetfood
FERNWEH - International Streetfood€-€€€Restaurant0721 47047864Kaiserstraße 132 - Passagehof, 76133 Karlsruhe
3.5 stars -
"Hip, hip, hurra! Trendiges Streetfood-Bistro, dessen kulinarische Weltoffenheit auf regionalen Qualitäten basiert" marcO74„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute,
Geschrieben am 12.01.2021 2021-01-12| Aktualisiert am
11.02.2021
Besucht am 17.10.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 93 EUR
Viel zu selten verschlägt es uns nach Bad Dürkheim. Dabei hat die Kurstadt an der Haardt, wie der Ostrand des Pfälzerwaldes auch genannt wird, einiges mehr zu bieten als nur den (fast) jährlichen Wurstmarkt und das Riesenfass. Vor allem in kulinarischer Hinsicht lassen sich hier einige spannende Entdeckungen machen.
Das Annaberg Restaurant (im gleichnamigen Hotel), die Weinstube Bach-Mayer, das Restaurant Konrad2 in der Klosterruine Limburg, das Honigsäckel im nahegelegen Ungstein, die Alte Schmelz im romantischen Jägerthal und das im Ortsteil Seebach beheimatete Käsbüro der Familie Kolley seien als erste Einkehradressen der zur Metropolregion Rhein-Neckar zählenden Kreisstadt genannt. Und sogar die Wurzeln der ayurvedisch-sattvischen Kochkunst lassen sich im hier mehrfach rezensierten Restaurant Savarin bis ins Jahr 1890 zurückverfolgen.
Vor knapp zweieinhalb Jahren besuchte ich das letzte Mal die an der Deutschen Weinstraße liegende Salinenstadt. Damals war ich mit einem guten Freund auf Genießertour, die uns ins Restaurant Käsbüro führte. Den Bericht dazu habe ich damals auf GG hochgeladen. Gerne hätte ich in der Folgezeit noch ein paar andere empfehlenswerte Lokale aus meiner obigen Aufzählung besucht, was aber aus Entfernungsgründen nie zustande kam. Bad Dürkheim ist eben doch ein ganzes Stück weit weg von uns.
Da bot sich die Gelegenheit an, im Rahmen unseres heimischen Herbsturlaubs eine Wandertour in den Wäldern bei „Deerk(e)m“ (wie der sprachlich gewiefte Südpfälzer sagt) zu absolvieren. Bismarckturm, Schlossruine Hardenberg und natürlich die Klosterruine Limburg, alles lohnenswerte Etappenziele, die unser Wanderbüchlein verheißungsvoll ausspuckte. Knapp 600 Meter im Auf- und Abstieg waren auf der 15 Kilometer langen Rundtour zu überwinden. Wir planten also genügend Zeit ein, um auch ja nicht zu spät im Käsbüro aufzuschlagen.
Schon ein paar Mal zuvor hatte ich versucht, am Wochenende einen Tisch zu ergattern. Aber leider war immer alles ausreserviert. Mitte Oktober hatten wir dann etwas mehr Glück. Die letzten freien Plätze des Samstagabends wurden an uns vergeben. Der leichte Regen verzog sich schnell und unsere Wanderung startete am großen Parkplatz neben dem weltgrößten Weinfass, in welches ca. 1,7 Mio. Liter „Palzwoi“ reinpassen und das heute als gutbürgerliche Gaststätte genutzt wird.
Es war schon dunkel als wir uns den Weg durch Dürkheims Straßen zurück zu unserem Vehikel bahnten. Es gab reichlich zu sehen. Ein im Stadtkern beheimatetes Restaurant warb schiefertafelweise mit Gesundheitsküche. Leider konnte ich keinen Blick ins Innere des kulinarischen Wellness-Tempels werfen, da alle Fenster mit Auszeichnungen und Ehrenurkunden zugekleistert waren. Die Betreiber dieses gastronomischen Dubiosums wollten anscheinend wenig Aufhebens ums eigene Interieur machen. Auch eine Möglichkeit, den von Touristenneugier befeuerten Durchgangsverkehr zu begrenzen.
Nach kurzer Fahrt in den südwestlich der Kernstadt gelegenen Ortsteil Seebach standen wir dann ziemlich ausgehungert vor dem liebevoll renovierten Äbtissinnenhaus aus dem 11. Jahrhundert, in dem seit 2012 Harald und Corinna Kolley ihr kulinarisches Käsbüro betreiben. Die ehemalige Zehntscheuer, in welcher der feine Herr Pfalzgraf den Käse eintrieb (daher der eigenwillige Name), wurde schon um das Jahr 1800 herum von den ersten Schankprinzen okkupiert. In ein Haus mit rund 200jähriger Gastro-Tradition geht man nicht alle Tage. Also nix wie rein in die gute Stube. Der Hauptgastraum: das Käsbüro
Der Empfang durch die Servicechefin Corinna Kolley fiel äußerst herzlich aus. Man erinnerte sich scheinbar noch an den Mann, der schon damals zu viele Fragen stellte. In der über den Hof zu erreichenden „Weinstube“ war noch einiges los. Eine ältere Dame feierte mit ihrer Verwandtschaft ihren 90.Geburtstag. Wir hingegen durften im Hauptgebäude Platz nehmen, genauer gesagt in der sogenannten „Nonnenstube“, ein vom eigentlichen, etwas größeren Käsbüro (Hauptgastraum) separierter Raum mit altem Kachelofen und geschmackvoller Einrichtung. Die Nonnenstube
In der schätzungsweise 15 Personen fassenden Stube war einer von drei Tischen besetzt. Die vier Genießer gesetzteren Alters hatten es sich bereits gut gehen lassen und überließen uns bald das lauschige, von wertigem Holz dominierte Zimmer. Einfachbesteck und hübsch gefaltete Stoffservietten wiesen uns den richtigen Platz, der auch ohne Leinen auf der Platte den Eindruck gepflegter Tischkultur vermittelte. Nochmal die Nonnenstube - diesmal mit Nonnen
Wir saßen ganz romantisch „über Eckbank“, direkt neben dem weißgekachelten Wärmespender und freuten uns der Deftigkeiten, die da kommen mochten. Herbstliche Gemütlichkeit
Wohlwissend, dass diese von hohem Produktanspruch und handwerklichem Können künden würden, ging es ganz gespannt ans Studium der Speisenlektüre. Schön, dass man sich hier nach wie vor traut, auch ein paar internationale Akzente miteinfließen zu lassen. Etwas Abwechslung tut bekanntlich gut. Zumal auch die Zutaten der Saison in Harald Kolleys Küche gerne Verwendung finden.
Doch bevor es sich hier ganz ungeniert aus dem Vollen löffeln ließ, musste der Entscheidungsprozess eingeleitet werden. Das war gar nicht so einfach, klangen doch schon die sechs Herbstempfehlungen auf der ersten Seite der Karte sehr verlockend. Bereits die in Pankobrösel gehüllten Jakobsmuscheln an Kürbissalat machten Laune und auch die obligatorischste aller Herbstterrinen, die Kürbiscremesuppe, war vertreten. Bei den Hauptspeisen machten mir hingegen die Kalbsmedaillons im Speckmantel an Morchel-Rahmsauce und das Geschnetzelte vom Seeteufel an Safranschaum den Mund wässrig.
Aber auch das bewusst klein gehaltene Standardprogramm konnte sich sehen lassen. Kalbslebergeschnetzeltes findet man schließlich nicht alle Tage auf gutbürgerlichen Speisenkarten. Und auch die geschmorte Schulter vom Pfälzer Glanrind mit sautierten Kräutersaitlingen versprach reinstes Fleischvergnügen. Wer wollte da nicht mittranchieren?
Klar durfte auch der profane Redundanzesser seine Lust auf Bewährtes stillen. Und zwar mit Rumpsteak (mit Rotweinsauce und Kartoffelgratin-Törtchen) und Cordon Bleu. Letzteres wurde im Käsbüro mit Münsterkäse und feinem Metzgerschinken gefüllt und von lauwarmem Kartoffelsalat begleitet. Warum auch nicht?
Für Fleischverzichter war das Angebot etwas schmaler, aber es war durchaus existent. Veganer Kichererbsenstrudel mit Kokos-Currysauce und ein lauwarmer Kartoffel-Lauchkuchen mit Tomatensugo appellierten an den Hunger des fleischverzichtenden Volkes.
Alle Gerichte suggerierten schon beim Lesen dieses gewisse Quäntchen an Raffinesse, das die Küche von Harald Kolley vom üblichen Angebot gutbürgerlicher Gastronomien erfreulich abhebt. Das hob die Vorfreude, erschwerte aber auch gleichzeitig den Prozess der Entscheidungsfindung.
Na gut, dann eben erstmal auf Zeit spielen und sich um Flüssiges kümmern. Reine Verschleppungstaktik, die den Entschluss im Hinterkopf noch etwas reifen lassen sollte.
Schade, dass ich noch den Wagen nach Hause lenken musste. Die Aperitif-Auswahl auf Seite Zwei listete nämlich Listiges. Lillet Wildberry, Gin Tonic (mit Pfalz-Gin natürlich) und Kremäng aus Neustadt hätten uns sicher prima auf das bevorstehende Mahl eingestimmt. Mit einer Flasche Taunusquelle Classic (0,75l für 6 Euro) und einer formidablen Rotweincuvée vom Dürkheimer Winzergott Thomas Hensel (0,25l für 9 Euro) gingen unsere Getränkewünsche in Erfüllung.
Übrigens wird im Käsbüro überwiegend Regionales in Gläser gefüllt. Beim Durchstöbern des offenen Angebots traf ich auf Rotweine der Weingüter Hensel, Schmitt, Hauer, Mesel und Pfeffingen. Alles Winzer aus Bad Dürkheim, die für ihre guten Tropfen bekannt sind. Hensel und Schmitt sogar überregional. Bei den Weißweinen war u.a. Georg Mosbacher aus Forst mit einem trockenen Weißburgunder sowie das Weingut Studier aus Ellerstadt vertreten. Letzteres mit einer namentlich passenden Cuvée (aus Rivaner, Riesling und Weißburgunder) namens „Campus“, die sicherlich auch jedes Mensa-Stammessen gut korrespondiert hätte.
Vorweg sollten es für mich die Jakobsmuscheln an Kürbissalat (16,50 Euro) sein, während sich meine Frau einen feinen Blattsalat mit Kräuterdressing (6 Euro) gönnte. Obwohl sie noch nie zuvor Kalbsleber gegessen hatte, orderte sie mutig das Geschnetzelte (21 Euro), das von Kartoffel-Möhren-Stampf und einer Schalotten-Rotwein-Sauce begleitet wurde. Ich bewunderte ihren BestellerInnen-Mut, wusste aber auch, dass das Risiko eines Fehlgriffs bei der sorgsamen Zubereitung und der Qualität der Zutaten hier nahezu ausgeschlossen sei.
Mich gelüstete es nach den Kalbsmedaillons im Speckmantel (28,50 Euro), auf deren Morchel-Rahmsauce ich mich besonders freute. Jede einzelne Bandnudel sollte vor ihrem Verzehr darin baden, so mein kulinarischer Masterplan für den Hauptgang.
Als kleinen Appetitmacher schickte die Küche ein mit asiatischer Currynote versehenes, sehr fein abgeschmecktes Tomatensüppchen als Vorabgruß. Eine kleine, mit Salz und Kümmel überzogene Blätterteigstange lag als knusprig-fluffiges Pendant neben dem aromatisch duftenden Probiergläschen. Ein gelungener Start, der die Geschmackssensoren fernköstlich stimulierte. Wie fühlten uns gut eingestimmt. Tomatencurrysüppchen als Amuse
Nach angenehmer Wartezeit kam mein kulinarischer „Sonderzug nach Panko“ angefahren. Drei von Pankomehl ummantelte, leicht in der Butterpfanne angebratene Jakobsmuscheln hielt dieser bereit. Die auf den Punkt sautierten, innen noch schön glasigen Prachtexemplare thronten stolz auf einem Kürbis-Tomatensalat. Die gewürfelten, wahrscheinlich blanchierten Stücke vom Hokkaido hatten noch leichten Biss. Zusammen mit einem süß-sauren Orangendressing ergab das ein durchaus fruchtiges Ensemble, dessen dezente Süße prächtig mit den panierten Muskelstümpfen der St. Jacques harmonierte. Klasse Vorspeise, die mir ein neues Geschmackserlebnis in Sachen Kürbis offenbarte. Sonderzug nach Panko: gebratene Jakobsmuscheln auf Kürbissalat
Meine Gattin stocherte derweil im Grünen und genoss ihren kleinen Salat mit Kräuterdressing sichtlich. Dieser zeugte von frischem Blattwerk, das feinsäuerlich angemacht war. Geröstete Sonnenblumenkerne lieferten Knusper, ein Häufchen Sprossen on Top etwas würzige Frische. Kleiner Blattsalat mit Kräuterdressing
Und dann lagen sie vor mir. Zwei kolossale, von Speck ummantelte Kalbsmedaillons zierten das von einer wunderbar duftenden Morchelrahmsauce bedeckte Porzellan. Unter bzw. neben der Kalbslende tummelten sich die wabenartigen Köpfe des edlen Schlauchpilzes. Die kurz zuvor in der Butterpfanne geschwenkten Bandnudeln wurden à part serviert. In Butter geschwenkte Bandnudeln
Die auf den Punkt gebratenen (kurz vor medium), saftig-zarten Filetstücke hatten eine sensationelle Fleischqualität vorzuweisen. Die Prachtmedailllons vom Kalb!
Auf Nachfrage verriet mir Chefkoch Kolley, dass bei ihm nur Fleisch von Blockhouse oder vom regionalen Metzger in die Pfanne kommt. Dass dies dann im Endeffekt ein paar Euro mehr kostet, liegt in selbiger bzw. auf der Hand. Solche Güte hat schließlich ihren Preis. Kalbsmedaillons in Morchel-Rahm
Noch ein paar Worte zur Rahmsauce. Diese überzeugte nicht nur wegen ihrem großzügigen Morchelanteil, für den allein sich das „morcheln“ schon lohnen würde, sie war einfach zum Teller ausschlecken lecker und das im allerbesten Sinne. Mit ein wenig kräftiger Jus als zusätzlichem Geschmacksgaranten ausgestattet, machte sie diesen herzhaften Fleischteller zu einem sähmig-süffigen Erlebnis der bestbürgerlichen Art. Nur ein kostverächtender Narr hätte da nicht nach ein paar Scheiben Brot verlangt, um auch noch den letzten Rest von der Platte zu wischen.
Während ich so vor mich hin „morchelte“, genoss meine Frau ihre Leber mit ein paar Fava-Bohnen und einem ausgezeichneten Chianti. Halt! Stopp! Falscher Film. Ich saß schließlich nicht mit einem kultivierten Kannibalen am Tisch, sondern mit einer jungen Dame, die gerade ihr Erstsemester im Fachseminar Kalbslebergeschnetzeltes ablegte. Wie ich beim Stöbern durch andere Fressportale erfuhr, ist diese mit Kartoffel-Möhren-Stampf und kräftiger, dunkler Schalotten-Rotweinsoße servierte Edelinnerei schon seit vielen Jahren ein beliebter Klassiker im Käsbüro. Kalbslebergeschnetzeltes
Und selbst ich, der dieses Traditionsgericht noch aus großmütterlicher Küche in Erinnerung hatte, musste zugeben, dass die Käsbüro-Variante um ein Vielfaches zarter schmeckte, als die zu lange in der Pfanne gebrutzelte, oftmals furztrockene „Oma-Leber“. Diese kam auch sicher nicht vom Kalb.
Mit ein paar Apfelstücken, einem gehörigen Zwiebelanteil in der Soße und gebratenen Salbeiblättern landete das Kalbslebergeschnetzelte ganz klassisch dem Teller. Dass auch der mit „Gäälriewe“ (=Karotten) verfeinerte „Grumbeerstambes“ (= Kartoffelpüree) bzw. der mit „Grumbeere“ angereicherte „Gäälriewe-Stambes“ ein Genuss wie bei Muttern darstellte, machte sie nicht nur satt, sondern auch glücklich. Hausmannsgott, ich danke dir! Kalbslebergeschnetzeltes
Dass nach so reich portionierter Gutbürgerlichkeit kein Dessert mehr ging, lag wahrlich nicht am Angebot. Vanille-Panna-Cotta mit Zwetschgensauce oder die Crème brulée mit hausgemachtem Cassissorbet wären bei geringerem Sättigungsgrad sicher jede zusätzliche Kalorie Wert gewesen.
Aber auch so verließen wir nach einem sehr netten Plausch mit den Harald und Corinna Kolley rundum zufrieden das Käsbüro. Über Facebook habe ich in den letzten Wochen verfolgt, mit wie viel Leidenschaft sich diese Vorzeigegastronomen gegen die Krise stemmen. Würde ich in der Nähe von Bad Dürkheim wohnen, stünden mir u.a. Barbarie-Entenbrust, Hirschragout und Waldpilz-Schupfnudelpfanne als Genüsse zum Abholen bereit. Damit ließe es sich sicher gut durch den Winter kommen.
Ich wünsche der Familie Kolley, dass sie diese schwere Zeit irgendwie übersteht, denn solche aufrichtigen, auf Qualität und ehrliches Handwerk setzenden Gastronomen, trifft man nicht mehr so häufig an. Danke für den tollen Abend im Oktober und hoffentlich auf bald mal wieder. Haltet durch!
Viel zu selten verschlägt es uns nach Bad Dürkheim. Dabei hat die Kurstadt an der Haardt, wie der Ostrand des Pfälzerwaldes auch genannt wird, einiges mehr zu bieten als nur den (fast) jährlichen Wurstmarkt und das Riesenfass. Vor allem in kulinarischer Hinsicht lassen sich hier einige spannende Entdeckungen machen.
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Käsbüro
Käsbüro€-€€€Restaurant, Weinstube, Gaststätte06322 680963Dorfplatz 1, 67098 Bad Dürkheim
5.0 stars -
"In diesem Dürkheimer Traditionslokal könnte man glatt zum kulinarischen Amtsschimmel werden" marcO74Viel zu selten verschlägt es uns nach Bad Dürkheim. Dabei hat die Kurstadt an der Haardt, wie der Ostrand des Pfälzerwaldes auch genannt wird, einiges mehr zu bieten als nur den (fast) jährlichen Wurstmarkt und das Riesenfass. Vor allem in kulinarischer Hinsicht lassen sich hier einige spannende Entdeckungen machen.
Das Annaberg Restaurant (im gleichnamigen Hotel), die Weinstube Bach-Mayer, das Restaurant Konrad2 in der Klosterruine Limburg, das Honigsäckel im nahegelegen Ungstein, die Alte Schmelz im romantischen Jägerthal und das im Ortsteil
Geschrieben am 29.12.2020 2020-12-29| Aktualisiert am
10.02.2021
Besucht am 16.10.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 61 EUR
Nach Eußerthal verschlägt es einen nicht zufällig. Zumal die Straße, die durch das beschauliche, zur Verbandsgemeinde Annweiler zählende Örtchen im "Trifelsland" führt, nach etwa acht kurvenreichen Kilometern auf dem 520 Meter hoch gelegenen Taubensuhl, einer mit empfehlenswertem Gasthaus ("Forsthaus Taubensuhl") ausgestatteten Streusiedlung, endet.
Für Mountainbiker und Wanderer bietet diese Ecke des Pfälzerwaldes jede Menge Abwechslung. Und so treibt es auch uns regelmäßig dorthin, um dem Alltagsmuff mit einer gehörigen Brise Waldluft zu begegnen und auf mehr oder minder bekannten Waldwegen dem Werktagsblues zu entfliehen.
Besonders im Herbst zeigt sich der Pfälzerwald von seiner spendabelsten Seite, denn dann purzeln die Esskastanien von den Bäumen und die Pilzsaison steht sprießend vor der Tür.
Auf den Speisekarten der heimischen Gastronomien halten verstärkt Wildgerichte Einzug und auch der von Innen wärmende Rotwein mundet nun wieder deutlich besser als an lauen Sommerabenden. Außerdem ist diese Übergangsjahreszeit eine äußerst farbenfrohe und bietet so manch heiteren Sonnentag, der den Oktober vergoldet.
Da war es dann auch nicht ganz so tragisch, dass uns dieses Jahr die Pandemie einen fetten Strich durch die herbstliche Urlaubsplanung machte. Quarantäne und hohe Infektionszahlen ließen unseren Österreich-Trip nach Saalfelden ans bzw. ins Steinerne Meer fallen. Stattdessen wurde der Nahraum zum Erholungsgebiet erklärt und mit reichlich Wanderkilometer bedacht.
So auch an diesem Freitagnachmittag Mitte Oktober, an dem wir uns nach Eußerthal aufmachten, um von dort aus die Böchinger Hütte - zu Normalzeiten an Sonntagen ehrenamtlich bewirtschaftet - und den sogenannten Schwörstein im Rahmen einer einfachen Rundwanderung (13 km, 330 Höhenmeter) anzusteuern. Den dafür notwendigen Jute-Beutel für das frisch Gesammelte von der Esskastanie hatten wir natürlich auch dabei.
Für den Abend hatten wir uns schon bei Gabi und Franz Sanda im Birkenthaler Hof angemeldet. Auf dessen Parkplatz stellten wir auch unser Auto ab und freuten uns auf die mit Liebe zubereitete Herbstküche, die uns dort nach absolvierter Wandertour erwarten würde.
Als pittoresker Vorbote des adretten Anwesens begrüßte uns ein malerisches Sandsteintürmchen, das laut Homepage als Übernachtungsmöglichkeit dient. Das zweite, ebenfalls recht ungewöhnliche Nachtquartier war bei der bereits eingetretenen Dunkelheit mehr zu erahnen als zu erkennen: das hyggelige Schlummerfass, das sich zwischen Sträuchern und Büschen im hübsch angelegten Garten befand.
Über das gepflegt-gemütliche Interieur und den herzlichen Service von Frau Sanda habe ich mich bereits bei meinem letzten Bericht vor rund zwei Jahren hinlänglich ausgelassen. Ergänzend sei an dieser Stelle bemerkt, dass die Sandas nun auch den größeren der beiden Gasträume liebevoll renoviert haben.
Den Wänden wurde ein neuer Anstrich verpasst (von der handwerklich versierten Patronin höchstpersönlich) und auch die von unterschiedlich dicken Holzklötzen kündende Echtholzverkleidung, die schon die Wand der kleineren Gaststube rustikal aufwertete, fand sich hier wieder. Darüber sorgten in die Decke eingelassene Strahler und eine zeitgemäße Lichtleiste für angenehme Verhältnisse in Sachen Raumausleuchtung. Großer Gastraum
Viel war nicht los an diesem recht nasskalten Freitagabend. Lediglich ein weiteres Pärchen ließ es sich am anderen Ende des Gastraumes bereits gut gehen. Seine etwas abseits der üblichen Pfalztouristenschiene befindliche Lage ist für den Birkenthaler Hof Segen und Fluch zugleich. Wäre dieses Lokal im Bereich der Weinstraße oder in Rheinnähe beheimatet, wäre hier sicherlich ein ganz anderer "Durchgangsverkehr" zu verzeichnen. Kleiner Gastraum
Das würde eventuell die nach Ruhe und Abgeschiedenheit strebenden Einkehrer etwas abschrecken, aber der Familie Sanda wäre eine stärkere Auslastung allemal zu wünschen. Denn die hier aufgetischte Küche gutbürgerlicher Prägung besitzt einen Qualitätsanspruch, den man bei dieser Art von Gastronomie heute nicht mehr so häufig antrifft.
Das Speisenangebot kam mir etwas verschlankt vor, was sicherlich den "besonderen Zeiten" geschuldet war. Man reichte uns eine doppelseitige, vorbildlich laminierte Karte, die das Standardrepertoire enthielt. Darauf lockte ein erstes kulinarisches Ausrufezeichen, das schon allein wegen seines fairen Preises für Aufsehen sorgte.
Das dreigängige Herbstmenü, das aus einer Kürbiscremesuppe, einer gebratenen Eußerthaler Forelle auf Gemüse-Couscous und einem Topfenknödel auf Zwetschgenröster (Herr Sanda ist gebürtiger Österreicher, Anm.) bestand, war nämlich für schüchtern kalkulierte 28,90 Euro zu haben.
Zusätzlich bestimmten zwei Suppen, vier Vorspeisen und acht Hauptgerichte - davon allein die Hälfte mit frischen Eußerthaler Forellen aus den nahegelegenen Teichen - die kompakt gehaltene Auswahl rechtschaffener Hausmannskost. So weit, so regional und gut.
Auf der an den Nachbartisch angelehnten Empfehlungstafel ging es etwas saisonaler zur Sache. Großer Gastraum
Mit Kastaniensuppe, Wildbratwurst auf Rahmsauerkraut und Wildschweinbraten in Cranberrysauce lockten kulinarische Genüsse aus Wald und Flur. Polentaknödel in Tomaten-Kräuter-Sauce beruhigten das vegetarische Gewissen, während sich Tafelspitz in Meerrettich-Sahne und Schweinelende in Champignonrahm und Butterspätzle wohl um die Leib- und Seelenspeisung kümmern sollten.
Auch die Getränkekollektion passte auf eine einlaminierte DIN-A4-Doppelseite. Im offenen Ausschank waren Rebsäfte von einer Handvoll ausgewählter Weingüter aus der Südpfalz verfügbar. Lidy (Frankweiler), Scholler (Birkweiler) und Nicklis (Gleisweiler) - alles Namen, die eine solide Weinqualität garantierten.
Wir entschieden uns aus fahrtechnischen bzw.-tauglichen Gründen ein Viertel vom 2018er Merlot (6 Euro) vom Weingut Scholler zu teilen (eine Karaffe, zwei Gläser). Eine große Flasche Gerolsteiner Mineralwasser (4,90 Euro) stand uns zusätzlich durstlöschend zur Seite.
Vorweg sollte es für mich die Keschdesupp (Kastaniensuppe, 6,90 Euro) sein, meine Frau begnügte sich indes mit einem kleinen gemischten Salat (4 Euro). Schon auf unserer Wanderung waren mir sehr ansehnliche Exemplare dieser edlen Waldfrucht "in die Hände gefallen". Und so freute ich mich auf einen sämigen Teller voll Herbstglück von der Esskastanie.
Meine Gattin hatte sich bereits im Vorfeld auf einen Forellenteller eingeschossen. Da der Name "Müller" in der Familie der Lachsfische nach wie vor sehr geläufig ist und auch im Birkenthaler Hof eine beliebte Zubereitungsart darstellt, entschied sie sich für die in der Pfanne gebrutzelte "Müllerin" (17 Euro), die ganz klassisch mit Salzkartoffeln serviert wurde.
Ich mochte es dagegen etwas wilder, aber nicht minder regional. Die Wildbratwurst auf Rahmsauerkraut an Kartoffelpüree (14,90 Euro) kam mir da gerade recht. Solch ein hausmannsköstlicher Sattmacher würde die "abgewanderten" Kalorien sicher wieder hereinholen. Daran zweifelte ich nicht im Geringsten.
Besonders die cremige Kastaniensuppe streifte auf charmant-vollmundige Weise meinen Gaumen. Die Süße der edlen Herbstfrucht war hier gut eingebettet in ein harmonisch abgeschmecktes, fein püriertes Ganzes, das durch knusprige Croutons etwas texturelle Abwechslung erfuhr. Da heiligte selbst die obenauf schwimmende Milchschaumpfütze die Mittel und rundete das wohlschmeckende, leicht aufgeschäumte Süppchen adäquat ab. Keschdesupp
Meine Frau lobte derweil ihren mit vorzüglichem Essig-Öl-Dressing angemachten Salatteller, unter dessen grünem Blattwerk knackige Rohkost lauerte. Ich durfte mich vom einwandfreien Zustand der leicht süßlich schmeckenden Salattunke selbst überzeugen. "Home is, where a good house-dressing is!" gilt schließlich nicht nur im englischen Sprachraum. Kleiner gemischter Salat
Für meine Frau kam nun die Zeit des Filetierens. An ihre mit krosser Haut und angenehmer Würze auf dem Teller liegende Nachbarschaftsforelle (regionaler geht es kaum!) musste zuerst ein wenig Hand angelegt werden, um in den Genuss des zarten Fleisches zu kommen. Jenes schmolz förmlich auf der Zunge und war jegliche Anstrengung beim Entgräten wert. Die Eußerthaler Forelle im Ganzen
Ihrer Rede vom perfekt gebratenen Flossentier musste ich nach einem Probierhappen ohne Wenn und Aber beipflichten. Der Anblick ihrer à part in einer kleinen Schüssel gereichten, lediglich mit ein wenig Petersilie überstreuten Salzkartoffeln versprach bodenständigen Beilagengenuss. Die Salzkartoffelbeilage
Auch meine Wenigkeit hatte sich nicht im Hauptgericht vergriffen. Schon der erste Bissen vom elegisch gebutterten Kartoffelpüree weckte Erinnerungen an deftige Pfalzküche bei Muttern. Auch das Rahmsauerkraut machte als cremig-säuerlicher Gegenpart eine überzeugende Figur.
Die etwas kräftiger im Geschmack ausfallende Wildbratwurst konnte trotz ihrer eingeschränkten Saftigkeit - gehört halt so bei Wildfleisch - mit fein-herber Würze punkten. Um der Süffigkeit Genüge zu leisten, hatte Küchenchef Sanda noch ein exquisites, dunkles Sößchen auf den Teller geschmuggelt.
Das war beileibe keine braune Allerweltstunke wie aus dem Leberknödelsäckchen des örtlichen Haus- und Hofmetzgers, sondern ein ehrlich kredenzter, mit ein paar Speckwürfeln verfeinerter Beiguss, der auf handwerkliches Können beim Ansetzen schließen ließ. Keine Schummel-Jus, die am Gaumen die geschmacksverstärkten "Würzfeuer von Fondor" entzündete. Der Herr der Klinge hatte ehrenwert geliefert und das bei allen Komponenten meines wilden, aber milden Wohlfühltellers. Wildbratwurst auf Rahmsauerkraut mit Kartoffelpüree
Trotz der vorangeschrittenen Sättigung, kamen wir um ein süßes Finale nicht herum. Vor dem Topfenknödel mit Zwetschgenröster (7,90 Euro) vom Herbstmenü gab es kein Entrinnen. Warum auch davonlaufen, wenn es am schönsten ist? Bereut haben wir das Austria-Dessert zu keiner Sekunde. Der fluffige, in Nussbrösel gehüllte Quark-Grieß-Krapfen war samt seiner warmen Fruchtunterlage schnell verzehrt. Dank zweier Teelöffel geradezu in Rekordzeit. Der Topfenknödel mit Zwetschgenröster
Längst waren wir die letzten Gäste des Abends und Frau Sanda gesellte sich noch ein wenig zu uns. Sie ist eine erfahrene Gastronomin, die das Herz am rechten Fleck hat und die Kommunikation mit ihren Gästen schätzt. Nach einem netten Plausch verabschiedeten wir uns von dem liebenswerten Gastronomenpaar - Herr Sanda kam auch kurz aus seiner Küche - und versprachen ein baldiges Wiedersehen. Im Rahmen der nächsten Frühjahrswanderung sollte das hoffentlich klappen. Aber natürlich nur wenn es die Infektionslage zulässt…
Nach Eußerthal verschlägt es einen nicht zufällig. Zumal die Straße, die durch das beschauliche, zur Verbandsgemeinde Annweiler zählende Örtchen im "Trifelsland" führt, nach etwa acht kurvenreichen Kilometern auf dem 520 Meter hoch gelegenen Taubensuhl, einer mit empfehlenswertem Gasthaus ("Forsthaus Taubensuhl") ausgestatteten Streusiedlung, endet.
Für Mountainbiker und Wanderer bietet diese Ecke des Pfälzerwaldes jede Menge Abwechslung. Und so treibt es auch uns regelmäßig dorthin, um dem Alltagsmuff mit einer gehörigen Brise Waldluft zu begegnen und auf mehr oder minder bekannten Waldwegen... mehr lesen
4.5 stars -
"Sympathischer Familienbetrieb, der uns mit regional-saisonal geprägter Gutbürgerlichkeit den kulinarischen Herbst erhellte" marcO74Nach Eußerthal verschlägt es einen nicht zufällig. Zumal die Straße, die durch das beschauliche, zur Verbandsgemeinde Annweiler zählende Örtchen im "Trifelsland" führt, nach etwa acht kurvenreichen Kilometern auf dem 520 Meter hoch gelegenen Taubensuhl, einer mit empfehlenswertem Gasthaus ("Forsthaus Taubensuhl") ausgestatteten Streusiedlung, endet.
Für Mountainbiker und Wanderer bietet diese Ecke des Pfälzerwaldes jede Menge Abwechslung. Und so treibt es auch uns regelmäßig dorthin, um dem Alltagsmuff mit einer gehörigen Brise Waldluft zu begegnen und auf mehr oder minder bekannten Waldwegen
Geschrieben am 19.12.2020 2020-12-19| Aktualisiert am
10.02.2021
Besucht am 07.10.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 42 EUR
Es war die Empfehlung eines neu an meiner Schule arbeitenden Kollegen, der sich sehr lobend über dieses unscheinbare italienische Ristorante im Neustadter Stadtteil Hambach ausließ. Ich solle mich nicht von der Tatsache, dass es sich hier um eine Clubhausgaststätte handle, abschrecken lassen. Das Essen würde die Fahrt nach Neustadt allemal rechtfertigen, gilt doch das „La Forchetta“ in Neustadt und Umgebung schon seit Jahren als Geheimtipp für Freunde handwerklich solide zubereiteter Italo-Küche. Das unscheinbare äußere Erscheinungsbild des Lokals
“Sì, adoro la cucina italiana!” Also nichts wie hin zum Tennisclub Grün-Weiss Neustadt und bei Padrone Michele Perfido ein paar Pastaklassiker genießen. So dachten wir jedenfalls diesen Sommer, als wir zusammen mit meiner Mutter Mitte Juli dort aufschlugen. Da ich meinem Genussfreund und Schlemmerclubkollegen von diesem Besuch vorschwärmte und er den Laden noch nicht kannte, machten wir uns im Oktober zu zweit auf den Weg in Richtung Hambach. Dass es vorerst die letzte gemeinsame Einkehr sein würde, konnte damals ja noch keiner ahnen.
Inhaber Michele Perfido aus Genua ist viel herumgekommen in der Welt des guten Geschmacks ehe er vor einigen Jahren in Neustadt-Hambach seine „Forchetta“ eröffnete. Mittlerweile stellt sich der mit über 40 Jahren Gastronomieerfahrung ausgestattete Padrone nur noch in Notfällen hinter den Herd. Das trubelige Küchengeschäft haben jüngere übernommen. Dennoch lässt es sich der Capo nicht nehmen, die Einhaltung seiner Rezepturen genau im Blick zu behalten und seinen vielen treuen Stammgästen allabendlich die Aufwartung zu machen.
Im Sommer saßen wir natürlich draußen. Es war ein warmer Juli-Abend, den wir im Schatten eines neben dem Restaurantgebäude platzierten Pavillons verbrachten. Die freundlich-kommunikative Servicechefin versorgte uns postwendend mit der Speisenlektüre im Ringbuchformat, die das Standardprogramm listete. Frische, hausgemachte Nudeln grüßten in Form von Tagliolini mit Steinpilzen, mit Ricotta und Spinat gefüllte Raviolacci und Mezzelune mit Bärlauch-Schafskäse-Füllung gleich auf der ersten Seite der Speisefibel.
Schon da war mir klar, dass wir nicht bei einem x-beliebigen „Italiener“ gelandet waren, sondern dass es sich hier um einen Laden mit einer gewissen Ambition handeln musste. Natürlich waren in der Karte auch die üblichen Verdächtigen der italienischen Küche vertreten. Von der Zuppa di pomodoro über einschlägig bekannte Salatvariationen (Mista, Caprese, Italia, Nizza) bis hin zu den gängigen Pasta-Klassikern war alles am Start. Dazu noch etwa ein Dutzend verschiedener Pizzen sowie eine nicht unsympathische Auswahl an Fleischgerichten. Die Involtini Gorgonzola, die sich der ältere Herr am Nachbartisch gönnte, sahen jedenfalls sehr verlockend aus.
Doch die berühmten Spezialitäten des Lokals standen nicht im handlichen Ringbuch. Für diese wurde eine stattliche Tafel mit aufgeklebter „Zettelwirtschaft“ in Tischnähe postiert. Darauf befand sich ein appetitanregendes Potpourri ganz unterschiedlicher Preziosen wie etwa der legendären Fischsuppe (mit Muscheln, Scampi, Dorade und Tintenfisch) oder dem Seeteufel mit Bandnudeln. Auch Calamaretti alla Chef (in scharfer Balsamico-Tomaten-Sauce) und Tagliatelle mit Trüffel waren vertreten. Fritto Misto, dieses knusprige Tête-à-tête von Fritteuse und Meeresgetier entdeckte ich weiter unten direkt neben dem San Daniele Schinken mit Pizzabrot (12,50 Euro), den wir uns als Vorspeise zum Teilen aussuchten.
Während meine Mutter einmal mehr die Spaghetti Napoli (7 Euro) als Gipfel des mediterran Machbaren ansah (und dann auch noch bestellte…gähn!), ließ mir das beachtliche Meeresprogramm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Dass es letztlich die Spaghetti Cartoccio (mit Mies- und Venusmuscheln, Scampi und Tintenfisch, 14,50 Euro) wurden, war der äußerst positiven Erinnerung an diese „Pasta aus der Alufolie“ während meines letzten Gardasee-Aufenthalts geschuldet. Meine Frau reihte sich mit den Penne Arrabiata (8,50 Euro) ganz unaufgeregt in die Schar der Gewohnheitspasta-Besteller ein.
Natürlich wurde auch getrunken. Der warmen Witterung wegen setzten wir auf Erfrischendes. Eine gut gekühlte Flasche Mineralwasser (0,75l für faire 2,90 Euro) fand sich bald ein. Auch ein Schoppen Radler (3,20 Euro) und eine große Apfelschorle (0,4l für 3,20 Euro) waren mit von der Partie - zu sympathischen Preisen, wie man sie in Neustadt nicht allzu oft erlebt. Das Bier kam übrigens aus der Südpfalz. Das „Lord“ aus der Flasche wurde genau wie das Silber-Pils aus den Fass von der Bellheimer Brauerei geliefert.
Der für sein mildes Aroma berühmte San Daniele Schinken wurde uns dünn aufgeschnitten, in generöser Portion gereicht. Dieser schweineleckere, leicht nussig schmeckende Prosciutto aus dem Friaul zählt schon länger zu meinen absoluten Favoriten. Manchmal musst du dir das Glück eben scheibchenweise gönnen. San Daniele Schinken
Zumal diese Kombination aus herrlich mürber Keulenware und dem warmen, lediglich mit etwas Oregano bestreuten Pizzabrot auch meine beiden Damen in Verzückung setzte. Pizzabrot
Unser italienischer Abend neben dem Tenniscourt nahm langsam Fahrt auf.
Trotz der nahezu kompletten Auslastung des weitläufig angelegten Außenbereichs, bewegte sich die Wartezeit auf unsere Hauptgerichte absolut im Rahmen. Von meinem Platz aus konnte ich ein paar Ballwechsel mehr oder weniger talentierter Tennis-Asse beobachten. Ich gebe zu, dass in solchen Momenten der ehemalige Medenrunden-Spieler in mir kurzzeitig auflebt und nur zu gerne mal wieder auf die gelbe Filzkugel dreschen würde.
Gerade als ich langsam anfing auf den semi-bequemen Gartenstühlen (die mit der Gittersitzfläche bzw. Rückenlehne) unruhig zu werden, landeten unsere Pastateller auf dem Tisch. Selbst die für mich optisch immer ein wenig nach abgenudelter Baumarktware aussehenden „Hartweizendübel“ meiner Frau ließen Gutes erhoffen. Sie lobte indes den perfekten Gargrad ihrer auf Biss geköchelten Penne. Auch mit der „leidenschaftlichen“ Schärfe ihrer Arrabiata-Sauce war sie zufrieden. Sie schien einem fruchtig-aromatischen Tomatensugo entsprungen zu sein, dessen feiner Knoblauchdunst zum stimmigen Gesamteindruck beitrug. Penne all'arrabiata
Auch ich profitierte von der raffiniert gewürzten, wahrscheinlich ziemlich lange eingeköchelten Tomatenbasis, die meine Meeresfrüchte-Spaghetti mit dezenter Weißweinnote benetzte. Zwei gepanzerte Scampis lagen zusammen mit den noch in ihren Schalen hausenden Miesmuscheln obenauf. Dazwischen feinste, in mundgerechte Stücke zerteilte Tintenfischarme, die neben den ebenfalls mit weit aufgeklappten Schalen grüßenden, frischen Vongole fast schon mächtig wirkten. Optisch und geschmacklich ließ dieser mediterrane Pastateller keine Wünsche offen. Ja, hier in „Ligurien auf der Hambacher Höhe“ konnte man es schon aushalten. Spaghetti Cartoccio (mit Meeresfrüchten)
Selbst meine Mutter, eine zumeist eher kritische „Auswärtsesserin“, hatte an ihren mit gehöriger Parmesanmenge eigenmächtig „hochumamisierten“ Spaghetti Napoli nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil, sie lobte dieses puristischste aller Pastagerichte über den grünen Klee, der ein paar Meter weiter doch eher rote Asche war. Spaghetti Napoli
Zeitsprung!
Anfang Oktober wurde ich dann in präsidialer Begleitung zum Wiederholungstäter. Der reservierte Zweiertisch befand sich jahreszeitengemäß im Inneren der „Forchetta“. Der nüchtern, aber keineswegs lieblos eingerichtete Gastraum wirkte recht familiär, was wohl primär mit seiner geringen Größe zusammenhing. Es empfing uns ein sauber eingedecktes Vereinsgaststätten-Ambiente. Der Gastraum
Bequem gepolsterte, massive Holzstühle standen um ein paar wenige, in doppeltes Leinen gehüllte Tische. Sicher waren es zu Vorpandemiezeiten ein paar Tische mehr in der Gaststube. An den Wänden ein paar Erinnerungen an die Schläger schwingenden Helden des TC Grün-Weiß Neustadt. Von unserem Platz aus war der Ausschanktresen nicht weit. Die freundliche Servicechefin hätte uns die Getränke auch rüberreichen können. Blick hinter die Theke
An diesem Abend gelüstete es mich nach einer Tomatensuppe (4,50 Euro), die für mich seit jeher einen einfachen und deshalb umso aussagekräftigeren kulinarischen Gradmesser für das Küchenniveau eines Ristorantes darstellt. Mein Kollege wählte zu Beginn den Insalata Mista (4 Euro). Bei den Hauptgängen ließen wir die Spezialitätentafel links liegen und konzentrierten uns auf die Basics.
Das hatte einmal die Tagliatelle alla Rucola (10,50 Euro) für meinen Tischgenossen und eine Pizza Mista (7,50 Euro) mit Salami, Champignons und Schinken für mich zur Folge. Meinem runden Stück vom Glück („Gestatten, Rossi!“) sollte ein Extrawunsch zu mehr Gaumenkitzel verhelfen. Ganz im Sinne eines stets diabolisch ordernden AndiHa ließ ich meinen idealisierten Hefefladen mit Peperoni verschärfen. Ein halber Liter Bellheimer Lord-Pils (3,40 Euro) stand da schon als adäquates Löschmittel bereit.
Doch zuerst erreichte mich eine blitzsauber gekochte Zuppa di Pomodoro in einer strahlend weißen Suppentasse. Auf der roten Italo-Tunke schwamm ein langsam vor sich hinschmelzendes Häuflein Parmesankäse. Zusammen mit dem grünen Basilikumblatt eine wahrscheinlich so gewollte Reminiszenz an die dreifarbige „bandiera italiana“, die italienische Nationalflagge. Zuppa di Pomodoro bravissima
Geschmacklich war die Suppe weit entfernt von bluffender Symbolkulinarik, denn sie brachte alles mit, was so eine Umamitunke zu leisten im Stande ist. Leichte Röstaromen und wohliger Knoblauchdunst stiegen von ihr auf. Ihre zupackende Säure nahm zuerst den Gaumen in Beschlag, um ihn danach mit feiner Olivenölnote wieder zu besänftigen. Das war im Ergebnis tadellos – comme il faut.
Mein Genusskumpel machte sich derweil über seinen gut „einbalsami(co)ierten“ gemischten Salatteller her. Dieser zeugte von frischer Grünware und hatte neben den üblichen Gurkenscheiben und Tomatenschnitzen am Tellerrand auch eine frisch geraspelte Karottenhaube aufsitzen. Insalata Mista
Zum Auftunken des reichlich vorhandenen Dressings dienten leicht angeröstete bzw. aufgebackene Scheiben vom Ciabatta-Brot. Den ersten Hunger hielten wir so locker in Schach. Brotkorb
Schon der Anblick seiner hausgemachten, unter einem Rucola-Teppich versteckten Tagliatelle-Bänder versetzte mein Gegenüber in Verzückung. Großzügig darauf verteilte Parmesanblättchen schmolzen langsam vor hin. Darunter befanden sich die noch leicht bissfesten Bandnudeln, die in einem appetitlichen Tomatensud à la „Zuppa reloaded“ schwammen. Tagliatelle alla Rucola
Wie glücklich einen doch die vermeintlich einfachen Gerichte machen können, wenn sie aus frischen Zutaten und mit sicherer Hand beim Abschmecken zubereitet wurden. Die Tagliatelle meines Kollegen waren dafür ein Paradebeispiel.
Abschließend noch ein paar Worte zu meiner Pizza. Dieses einfache italienische Volksgericht wird in der „Forchetta“ ganz oldschool serviert. Der nicht zu dünne Boden hinterließ außen einen schönen krossen Rand und war auch nicht vom Tomatensaft aufgeweicht. Kein pappiger Hefefladen also, der mit einsetzender Kältestarre zur Ungenießbarkeit mutierte, sondern ein fluffig knackiger, und vor allem gut durchgebackener Untergrund im LP-Format, der die darauf verteilten Geschmacksträger angemessen zur Geltung brachte. Bei der Tomatensauce natürlich auch kein Wunder, entstammte sie doch der gleichen Basis wie die vorher genossene Suppe. Auch die restlichen Bestandteile (Käse, Salami, etc.) fügten sich würzend ein und hinterließen in der Summe einen köstlichen Gesamteindruck. Die Pizza Mista Nochmal die Pizza Mista (im Detail)
Meinen Kollegen beeindruckte dieses mustergültige Backwerk übrigens so sehr, dass er sich glatt noch eine Pizza Hawaii (7,50 Euro) für daheim mitnahm. Wäre jetzt nicht meine erste Wahl gewesen, aber über die Ausstattung des Teigfladens entscheidet eben der individuelle Geschmack. Pizza Hawaii (zum Mitnämme!")
Keine Frage, in diesem Ristorante stehen Leute am Herd, die es können. Und da mein Tippgeber nur mit dem Kopf schüttelte, als er erfuhr, dass ich auch beim zweiten Besuch die Fischsuppe verschmähte, wird es wohl nach dem Lockdown wieder zu Michele gehen, um diese kulinarische Lücke endlich zu schließen.
Dem Forchetta-Team wünsche ich alles Gute für die nächste Zeit und drücke die Daumen, dass es im neuen Jahr bald weitergehen möge. Solche einfachen Stätten des guten Geschmacks müssen dringend erhalten bleiben. Sie können einem den Tag retten – egal zu welcher Jahreszeit!
Es war die Empfehlung eines neu an meiner Schule arbeitenden Kollegen, der sich sehr lobend über dieses unscheinbare italienische Ristorante im Neustadter Stadtteil Hambach ausließ. Ich solle mich nicht von der Tatsache, dass es sich hier um eine Clubhausgaststätte handle, abschrecken lassen. Das Essen würde die Fahrt nach Neustadt allemal rechtfertigen, gilt doch das „La Forchetta“ in Neustadt und Umgebung schon seit Jahren als Geheimtipp für Freunde handwerklich solide zubereiteter Italo-Küche.
“Sì, adoro la cucina italiana!” Also nichts wie hin zum... mehr lesen
Ristorante La Forchetta
Ristorante La Forchetta€-€€€Restaurant06321 35771Haltweg 26, 67434 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Italienische Genussmomente neben dem Court" marcO74Es war die Empfehlung eines neu an meiner Schule arbeitenden Kollegen, der sich sehr lobend über dieses unscheinbare italienische Ristorante im Neustadter Stadtteil Hambach ausließ. Ich solle mich nicht von der Tatsache, dass es sich hier um eine Clubhausgaststätte handle, abschrecken lassen. Das Essen würde die Fahrt nach Neustadt allemal rechtfertigen, gilt doch das „La Forchetta“ in Neustadt und Umgebung schon seit Jahren als Geheimtipp für Freunde handwerklich solide zubereiteter Italo-Küche.
“Sì, adoro la cucina italiana!” Also nichts wie hin zum
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Die bereits seit längerem ins Auge gefasste Ausgangsgleichung 2*x = Yangda (wobei x für die beiden männlichen Essakteure steht und das Yangda ein schon vor Monaten anvisiertes China-Restaurant im Karlsruher Stadtteil Rüppur darstellt) wurde in 2*x + 2*y = Sokrates überführt. Dies bedeutete zwar rein formal eine Gleichung mit zwei Unbekannten, aber gleichzeitig auch eine prächtige Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre und bei nicht gerade alltäglicher Griechenkost (noch) besser kennenzulernen.
Nun wissen wahrscheinlich nicht nur Mathematiker, dass eine Gleichung mit zwei Unbekannten generell nicht lösbar ist. Aber das war uns an jenem Abend so ziemlich Raki wie Ouzo. Denn schnell wurde eins klar: die Wellenlängen der vier Tischgenossinnen und -genossen passten wie das Gyros ins Pita-Brot. Anregende Konversation traf auf ansteckendes Lachen. „Bad Herrenalbern“ versus „Pälzer Gosch“ – das ergab in der Summe eine durchaus muntere Mischung. Da hatten sich scheinbar vier Genießer mit dem gleichen Sinn für Humor und gutes Essen gefunden.
Vielen Dank an dieser Stelle an den guten Oparazzo, dessen philosophisch angehauchte Nachbetrachtung dieses denkwürdigen „Dates“ mir aus der Seele sprach. Mit seinem zeitnahen Bericht hat sich der (Epi)Kurstädter aus dem Nordschwarzwald ja schon mächtig ins Zeug gelegt und einige schöne Vorlagen gebastelt, die ich selbstverständlich gerne aufnehme.
Apropos Epikur: geht auf ihn nicht die Aussage zurück, dass die Wurzel aller Vergnügen die Zufriedenheit des Magens sei? Nun, da hat der alte Grieche schon Recht. Doch wenn man sich diese Zufriedenheit dann noch im Rahmen einer solch entspannten Tischgesellschaft erfuttern darf, dann hat sich selbst für den gemeinen Pfälzer der Aufenthalt auf badischem Boden voll gelohnt.
„Oma- und Oparazzo“ saßen bereits im ansprechend eingerichteten Gastraum und warteten auf die mit ihnen verabredete „Pälzer Bagage“, die ihr leichtes Zuspätkommen mit der Parkplatzsuche vor Ort begründete. Im Wohnviertel rund um die Welfenstraße – südliche Karlsruher Südweststadt – waren an diesem Abend freie Parkplätze eher rar gesät. In der Nähe des Sokrates herrschte sogar glatte Fehlanzeige. Da war ein kleiner Fußmarsch von Nöten, um zur sympathischen Hellenenklause zu gelangen.
An ein Essen unter freiem Himmel war nicht zu denken. Die unsichere Witterung Ende Juni ließ dies leider nicht zu. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ja noch niemand, welche verheerenden Folgen die noch bevorstehenden Regenmassen der folgenden Wochen im Norden von Rheinland-Pfalz und in NRW haben würden.
Demgegenüber erscheint unser zähneknirschend akzeptierter Gang nach Drinnen geradezu lächerlich. Zähneknirschend deshalb, weil sich meine - zu der Zeit erst einmal geimpfte - Gattin im Inneren von Lokalen noch nicht so wohl fühlte und lieber auf der ansehnlichen Terrasse Platz genommen hätte. Naja Schwamm drüber oder besser gesagt: Maske auf und rein in die gute Stube, wo uns zwei liebenswürdige Menschen sehr herzlich empfingen.
„Weintausch statt Weinrausch!“ lautete zunächst die Devise und der Herr Oparazzo zeigte sich von seiner generösen Seite, indem er der Pfalzweindrossel zwei badische Kennertropfen unterjubelte. Der lediglich mit einer Flasche Assyrtiko bewaffnete Jubelpfälzer – um Grieches Willen plünderte der tanninfixierte Rotweinrebell zu Hause sein bescheidenes Weißweinreservoir – sah sich zumindest nach Flaschenzahl einer drohenden 1:2-Niederlage konfrontiert, die er später mit einem halben Liter Malagousia-Weißwein wieder wettzumachen versuchte.
Doch die paar cl fielen kaum ins Gewicht, denn von Beginn an wurde munter drauflos kommuniziert, als hätte sich die griechische Sippschaft der Betreiberfamilie nach vielen Jahren mal wieder an einem Tisch versammelt. Von Bestellen oder in die Karte schauen konnte keine Rede sein. Der freundliche junge Mann vom Service nahm es mit levantinischer Gelassenheit. Auch unsere spaßeshalber gemachte „Androhung“, den selbst mitgebrachten Wein gleich zu entkorken, brachte ihn nicht aus der Fassung.
Über die stilvolle, nahezu komplett aus dunklem Holz „geschnitzte“ Einrichtung habe ich mich schon vor ein paar Jahren lobend ausgelassen. Daran hat sich nicht merklich etwas geändert.
Gastraumimpression
Den Verzicht auf folkloristischen Dekoplunder rechne ich dem Laden nach wie vor hoch an. Bei einbrechender Dunkelheit trugen dann die frei von der Decke baumelnden Glühbirnen der Ausleuchtung des Raumes auf angenehm zeitgeistige Weise Rechnung.
Gastraumimpression 2
Kurzum: ein wertiges Interieur, das zum Wohlfühlen animiert und eine gemütliche Kulisse für einen genussvollen Abend abgab.
Die Abstände zwischen den Tischen entsprachen voll den derzeitigen Pandemieauflagen. Um ehrlich zu sein finde ich als Gast diese Abstandsgebote im Inneren der Lokale sogar sehr angenehm, da es der Atmosphäre am Tisch sehr zuträglich ist. Aber das sehen die meisten Gastronomen wahrscheinlich ganz anders, da ihnen dadurch Umsatz flöten geht.
Im Sokrates fährt man seit der Wiedereröffnung ein reduziertes Speisenangebot, was mir persönlich gar nichts ausmacht, da mich die üblichen „Telefonbücher“ der hierzulande operierenden Standardgriechen mit ihrem immerzu gleichen, viel zu üppigen Angebot an Grillgerichten eher langweilen. Außerdem war mir die Saloniki-Platte aus Maikammer in fleischhaftiger Erinnerung, was mich ganz instinktiv zu Fisch und Meeresfrüchten tendieren ließ.
Und dann war da ja auch noch der Yufka-Döner, der mich mittags im Maximilian-Center zu Wörth vor dem sicheren Hungertod bewahrt hatte. Im Nachhinein natürlich ein kulinarischer Schuss ins Knie, den ich spätestens bei der Ankunft im Sokrates bitter bereute. Aber alles Jammern half nichts, der Bestellvorgang ließ sich nicht länger hinauszögern. Der Plan, zunächst mit einem Bierchen den Appetit zu wecken – klappt bei mir übrigens sehr gut – wurde mit einer Flasche Mythos (0,33l für 3,40 Euro) in die Tat umgesetzt.
It's not a myth, it's a Mythos!
Das sokratische Köchelverzeichnis passte auf eine laminierte Doppelseite im DIN-A4-Format und gab sich zumindest bei den ca. 20 gelisteten Hauptgerichten recht fleischlastig. Mit Souvlaki, Suzukakia, Bifteki, Gyros und Lammkoteletts hatte man die gängigen Grillklassiker im Repertoire. Einen gefüllten Kalamar gab es auch. Die von mir sehr geschätzte Moussaka durfte da nicht fehlen.
Anhand des Durcheinanders bei der Nummerierung der Gerichte wurde deutlich, dass man hier aus der wesentlich üppiger bestückten Standardkarte eine Auswahl getroffen hatte. Eine etwas abgespeckte Wiedereröffnungskarte also, wie man sie in vielen Gastronomien derzeit vorfindet.
Was aussah wie ein akkurat bedruckter Spickzettel – Erinnerungen an meine von Betrug gekennzeichneten Kursarbeiten im Biologie-Grundkurs der Oberstufe wurden wach –, war in Wirklichkeit eine Empfehlungskarte im Kleinstformat, die mit einem guten halben Dutzend „Außer-der-Reihe-Gerichten“ auf sich aufmerksam machte. Die meisten der hier gelisteten Köstlichkeiten griechischen Provenienz sagten mir vom Namen her nichts. Gut, dass die deutsche Erklärung in Klammer gleich mitgeliefert wurde.
Gebackene Sardellen, eine Mezes-Variation aus dem Meer für Zwei, überbackenes Gyros in Cognac-Sauce, gefüllte Teigtaschen, ein gemischter Fischteller, Tomatenbällchen an Joghurt-Dip, griechischer Grillkäse und ein traditionelles Gemista (= mit Reis bzw. Reisnudeln gefülltes Gemüse…hauptsächlich Paprika) klangen dabei genauso vielversprechend wie abwechslungsreich.
Vorweg griffen meine Frau und ich auf Bewährtes zurück. Die gegrillten Peperoni (6,70 Euro) mit ordentlich Knoblauch drauf erschienen uns mehr als adäquat, um auch gustatorisch die richtige Würze ins Spiel zu bringen.
Gegrillter Knoblauch mit ein paar Peperoni
Mein Gegenüber labte sich derweil an einem sommerlich frischen Tintenfischsalat, der auch optisch einiges hermachte.
Tintenfischsalat des Kollegen
Einen Probierhappen ließ er rüberwachsen, was meine vorher getroffene Entscheidung, die maritimen Mezes für Zwei als Hauptgericht zu ordern, bestätigte. Auch hier war nämlich der Tintenfischsalat – natürlich in einer viel kleineren Portion – mit von der Partie. Die recht geschmacksneutralen Auberginensticks mit Tzatziki, für die sich seine Frau entschieden hatte, erwähne ich an dieser Stelle nur fürs Protokoll.
Auberginensticks (geschmacksneutral)
Mittlerweile hatte das erste Mythos-Bier meinem Nachdurst – ich sag nur „Yufka!“ – Rechnung getragen und die Lust auf einen griechischen Weißwein brach sich so langsam in mir Bahn. Oparazzo hielt sich bei der Weinauswahl vornehm zurück, was den bereits erwähnten halben Liter Malagousia (11,20 Euro) zur Folge hatte.
Ein fruchtig-trockener Sommerwein, der mit gemäßigter Säure und gefälligen Zitrusaromen die Leckereien von Land und Meer korrespondieren sollte. Auch mein Genusskollege war von ihm angetan – auch wenn er sich vielleicht zu seinen Lammkoteletts eher etwas „Rotes“ gewünscht hätte…
Dann wurde hauptgerichtlich gegen uns vorgegangen. Oparazzos Lammkoteletts dufteten verdächtig nach ägäischem Grillglück.
Razzos Lammkoteletts
Gleich vier super saftige, auf den Punkt gegrillte „Chops“ zierten in imposanter Weise seinen Teller.
Ein wahrlich saftiges Unterfangen!
Neben den stattlichen „Paidakia fantastica“ wirkte der Fischteller seiner Frau fast schon gewöhnlich. War er aber gar nicht. Zumindest die Tranche vom Lachs war von Könnerhand gebraten, wie mir ein Probierhappen verriet.
Der Fischteller von des Razzos Gattin
Meine Frau erfreute sich am rein vegetarischen Gemista (14,50 Euro), bei dem mich allein die Betonung auf dem „a“ an die liebe Georgia aus Leonidio erinnerte, die uns beim letzten Griechenlandurlaub im Oktober 2019 nicht nur beherbergte, sondern auch mehrere Male sehr großzügig bekochte.
Hier waren es mit Reis und Reisnudeln gefüllte Paprika und Tomate, die neben aromatisch duftenden Ofenkartoffeln in einer tiefen Keramikschale serviert wurden. Etwas Schafskäse verlieh der mit kleingehäckseltem Gemüse durchmengten Reis/Nudelfüllung zusätzlichen Schmackes.
Gemista mit Betonung auf dem "a"
Meine in mehreren kleinen Schälchen servierten Mezes Psarikon für Zwei (16,70 Euro) passten bis auf das separat gelieferte Knobi-Brot alle auf ein Tablett. Ein hübsch anzusehendes, nahezu komplett maritimes Potpourri unterschiedlichster Köstlichkeiten tat sich da vor mir auf.
Die Mezes Psarikon für Zwei...äh Einen!
Der Kalamarosalata (Tintenfischsalat), den ich vorher schon beim Kurstadtgourmet probieren durfte, war auch hier mit von der Partie.
Kalamarosalata (in klein)
Zwei Scampis in anständiger Sortierung und fast schon unanständig saftiger Textur lagen in pikant-fruchtiger Tomatensauce auf der Lauer. Sie wurden noch zusätzlich von etwas Schafskäse on Top „umamisiert“. Klein aber ganz fein.
Scampis in Tomatensauce mit Schafskäse-Topping
Auch die beiden etwas verloren in ihrer Keramikschüssel wirkenden Tintenfischringe entstammten frischester Ware. Leicht mehliert und kurz frittiert – so die einfache Vorgeschichte der beiden ringförmig geschnittenen Bestandteile des beliebten Kopffüßers.
Zwei zarte Tintenfischringe (ohne Gummi)
Daneben „vegetarisierte“ ein griechischer Salat aus Tomaten, Gurken, roter Zwiebel und frischer grüner Peperoni vor sich hin. Natürlich auch mit einem gewissen Quäntchen an käsiger Schafswürze versehen. Bis auf die Gurken war das genau mein Ding.
Greek Salad
Die vier knusprig frittierten Sardellen, die es sich zusammen mit einem Schnitz Zitrone auf der anderen Seite des reich bestückten Tabletts gemütlich machten, sollten nicht unerwähnt bleiben. Zumal die „Mittelmeersprotten“ nach ihrer Zitrusdusche säurefrisch und aromatisch zugleich ihrem Komplettverzehr entgegensahen.
Mittelmeersprotten (mehliert und frittiert)
Und dann waren da ja noch die drei wunderbar saftigen Scheiben vom Knobi-Brot, dessen gut gebutterte Seite von frischen Kräutern kündete und eben auch genau danach duftete.
Knobi-Brot mit Kräuterschwerpunkt
Da war kein vampirvertreibender Knollengeruch auszumachen, was mich nicht im Geringsten störte. Zusammen mit dem leichten Joghurt-Dill-Dip genossen, ergab das eine einfache, aber durchaus passende Ergänzungsbeilage zu den wohlfrittierten bzw. marinierten Raffinessen aus dem Meer.
Aber wie wäre unser kulinarischer Kurzurlaub im griechischen Teil der Karlsruher Welfenstraße ohne die beiden „Razzos“ verlaufen? Definitiv nicht so lustig und unterhaltsam. Natürlich wurde mächtig über nichtanwesende GG’ler am Tisch geplaudert (nur Lob! Isch schwör…). Besonders dem befreundeten Weser-Wesir und dem nicht minder vertrauten Solinger „Jeepster“ müssen die Ohren im Minutentakt geklingelt haben, während unseres kollegialen Austausches der manchmal gar einem kulinarischen Kolloquium glich. Dass man sich dabei flüssiger Mythen bediente, war von rein durstlöschenden Natur.
Es war ein rundum gelungener Abend, von dem wir uns noch „manni“gfaltige Wiederholungen wünschen. Und so möchte ich diesmal – die köstlichen Mezes aus dem Meer würdigend – mit einem kleinen Gedicht von Carl Zuckmayer („Hauptmann von Köpenick“) schließen.
In diesem Sinne würden wir mit den Oparazzos auch jederzeit die beiden letzten Verse des Gedichts in gastronomische Taten umsetzen. Ohne Wenn und Aber.