Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Aus dem letzten Jahrhundert ist mir das jetzige Konglomerat noch als schlichtes Hugo-Boss-Outlet bekannt, doch jetzt wabern ganze neu erbaute Viertel aus dem Boden. 17 gastronomische Einrichtungen zählt das Areal offiziell, vermutlich allesamt mehr als gut besucht an einem sonnigen Samstag Anfang Juni. Gut organisierte Käufer dürften sich den Geländeplan verinnerlicht haben, ich selbst flaniere einfach mal durch die Haupteinflugschneise ins Innerste.
Zugegebenermassen fällt mein Hauptaugenmerk in erster Koffeinschwäche auf Starbucks, mit weltweit gleichbleibendem Angebot. Da die beachtlichen Menschenmengen vor der Theke erst mal abschrecken, suche ich prophylaktisch den Weg zu den Toiletten. Der ist eher versteckt ausgewiesen und führt in unterirdische Katakomben beträchtlichen Ausmasses im architektonische Stile des unterkühlen Beton-Brutalismus. Beim Wieder-Auftauchen nehme ich einen Hinweis auf Marché Mövenpick wahr und lande dann tatsächlich wundersamerweise in selbigem, wie in einem Paralleluniversum.
Hier herrscht hektische Betriebsamkeit, laut, umtriebig, bunt, international – sowohl, was die Klientel als auch, was die Belegschaft angeht. Dumpf erinnere ich mich an die Faszination des Marché, das mir aus dem letzten Jahrhundert in Erinnerung ist, das vielfältige Selbstbedienungsangebot jenseits der sonst üblichen standardisierten Tellergerichte. Heutzutage törnt mich das eher etwas ab. Auf den ersten Blick scheint der hiesige Hit die hauchdünne, eher an Flammkuchen erinnernde Steinofenpizza mit Schere zum Selbstschneiden zu sein. Auch das Salat- und Vegi-Büffet wird gut frequentiert. Glücklicherweise kommt hier nicht erst beim Abwiegen der Schock, denn es wird preislich einfach nach drei verschiedenen Tellergrössen unterschieden (4,90 Euro/ 8,90 Euro/ 13,50 Euro). Wer etwas tiefer in die Tasche greifen möchte, kann ein Stück Fleisch vom Lavagrill ordern, z.B. ein Rumpsteak für gut 25 Euro. Der Kaffeeausschank ist zwar schnell gesichtet, doch der Andrang ist auch hier immens. Natürlich herrscht im gesamten Marché Selbstbedienung. Organisatorisch etwas ungeschickt werden Kaffeemaschine und Kasse für das ganze Lokal von ein und derselben Person bedient. Vor der Theke wird gehörig geschubst, gedrängt und in allen Weltsprachen parliert. Ellenbogenqualitäten sind hier vonnöten, um irgendwie voranzukommen und erhört zu werden. Den grossen Kaffee (4,50 Euro) lasse ich mir sicherheitshalber in einen Pappbecher füllen, falls ich mich doch nicht in hiesigen Gefilden niederlassen möchte.
Sitzgelegenheiten unterschiedlichster Machart stehen genügend zur Verfügung – der bunte Reigen von Sesseln, Stühlen und Hockern gleicht dem Showroom eines Möbelherstellers. Etwas luftiger und kühler geht es auf der Aussenterrasse zu. Glücklicherweise ergattere ich noch einen kleinen Bistrotisch vor der Türe, noch zugemüllt mit den Essensresten der Vorgänger. Doch eine eifrige Putzkraft ist rasch zur Stelle und schafft in Nullkommanichts wieder saubere Verhältnisse. Überhaupt ist die Zahl der fleissigen Helfer überraschend gross, offenbar will man den Besuchern unbedingt ein positives Shopping-Erlebnis verschaffen.
Apropos Abräumen: nicht immer hinterlassen die Gäste ihr schmutziges Geschirr und stehen einfach auf. Fasziniert beobachte ich ein altes asiatisches Ehepaar, das sehr konzentriert und aufmerksam nach einem nicht näher eruierbaren System ganze Stapel von Tassen, Tellern und Besteck sehr akkurat in einem Abräumwagen verstauen. Man kann hier also auch recht gut interkulturelle Studien betreiben. Doch ob die Gäste aus Übersee dieses Labyrinth aus künstlich abgezirkelten Einkaufsmeilen, dieses überladene „Marktplatz-Restaurant“ wohl für typisch deutsch halten? Zu Fuss gelangt man nur über Schleichwege in die Outletcity, dafür ist das Areal von gigantischen Parkplätzen umgeben. Auch wenn ich die anderen gastronomischen Einrichtungen nicht angetestet habe, dürfte das Marché wohl zu den günstigeren Lokalen gehören und nicht die schlechteste Wahl sein.