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Früher waren die Events größer und die Abstände länger, heute trifft sich nur noch ein harter Kern, dafür aber jedes Jahr. Schließlich wird mit jedem weiteren Jahr die Chance kleiner, dass es einen fünf Jahre später überhaupt noch gibt. Corona hatte uns in den letzten beiden Jahren einen Strich durch die Rechnung gemacht, jetzt war es endlich wieder so weit.
Wir hatten einen schönen Tag erwischt, den bisher heißesten des Jahres (Lieber Rudi Carrell, die Antwort auf Ihre nicht so gut gealterte Frage: Bereits im Mai). So kam es uns entgegen, dass das Rote Lamm nicht nur fußläufig vom neuen Domizil unseres alten Chefs zu erreichen war, sondern im Außenbereich neben schicken Palmen auch reichlich Schatten bietet.
Es war insofern ein gewisses Wagnis, als unser Chef die Küche des Hauses nur von einer kleinen Vesper her kannte, doch es war Spargelzeit, und Spargeln sind im Markgräflerland eine sichere Bank. Sollte man meinen.
Wir waren zu fünft, der Chef, zwei ehemalige Kollegen, meine Frau und ich nebst unserem ständigen Begleiter. Ein vierter Kollege hatte erkältungshalber abgesagt, sonst wären wir vollständig gewesen. Eine gut gelaunte Bedienung war schnell zur Stelle und versorgte uns mit Speisekarten. Getränkewünsche wurden abgefragt, für den Chef ein Zehntele Weißen, alle anderen, denen eine zum Teil recht lange Heimreise bevorstand, vertrieben sich den Durst mit diversen alkoholfreien Getränken. Zum Essen dreimal Spargeln, einmal Putengeschnetzeltes und einmal Tranchen von der Lammkeule. Die beiden, die keine Spargeln hatten, bestellten sich noch eine Spargelsuppe vorneweg, um der Saison wenigstens in kleinem Maße zu huldigen.
Ein Essen zu kritisieren, zu dem man eingeladen wurde, erfordert normalerweise etwas Fingerspitzengefühl, selbst dann, wenn der Einladende kein ehemaliger Vorgesetzter ist. Zum Glück waren hier alle der gleichen Meinung, das macht mir die Arbeit einfacher.
Im Detail möchte ich nur auf das eingehen, was meine Frau und ich gegessen hatten. Preise kann, wer will, der Website des Hauses entnehmen. Allerdings ist die Spargelkarte dort nicht zu finden; ich glaube mich aber zu erinnern, dass die Spargeln mit gebratenem Lachs, die meine Frau bestellt hatte, in den höheren Zwanzigern lagen. (Irgendwie läuft es bei ihr immer wieder auf Lachs heraus, sie ähnelt in dieser Hinsicht kgsbus‘ Tante, wenn auch nicht in dieser Ausschließlichkeit.)
Der Lachs wurde à part serviert und musste erst mal unter etwas Geschiebe auf dem Teller untergebracht werden.
Teller ohne Lachs
Teller mit Lachs
Er erwies sich als das Beste am Gericht, auch wenn er ziemlich trocken gebraten war. Die Spargeln hingegen waren die dünnsten, die uns je in einem Restaurant untergekommen sind, etwa in der Sortierung, von der wir am heimischen Spargelstand eine Handvoll für die Suppe dazugeschenkt bekommen. Besonders sorgfältig geschält waren sie auch nicht, aber wer mal so dünne Spargeln geschält hat, der weiß, dass das gar nicht so einfach ist. Dazu passend dann die Holländische Sauce aus der Tüte. Die Folge waren ziemlich lange Gesichter bei allen Spargelessern, allen voran beim Chef.
Erfreulicher dagegen die Spargelsuppe, schön sämig und mit reichlich Einlage. Sie schmeckte sehr sahnig, und ich möchte bezweifeln, dass hier Spargelwasser zum Einsatz kam. Das drübergeträufelte Öl setzte einen würzigen Akzent, vielleicht war es Schnittlauchöl, was anderes war jedenfalls nicht herauszuschmecken. Die Bedienung meinte zwar was von Pesto, aber Basilikum war es bestimmt nicht.
Mit dem Lamm war ich ebenfalls recht zufrieden, weich geschmort, und mit Knoblauch war nicht gespart worden. Eine sachte Enttäuschung hingegen die Speckbohnen – viel mehr Speck, als auf dem Foto zu sehen ist, war nämlich nicht drin. Wo sind die Großmütter, wenn man sie in der Küche braucht?
In Südbaden essen zu gehen war noch nie besonders billig, aber in der Regel bleibt das Verhältnis von Preis zu Leistung im Rahmen des Vertretbaren. Hier kann man das leider nicht unbedingt sagen, allem voran die Spargeln hielten nicht, was wir uns von ihnen versprochen hatten. Ein Grund mehr, sich auf das nächste gemeinsame Essen zu freuen – die Chance, dass es besser wird, ist hoch.
Es versteht sich aber von selbst, dass wir uns davon die Laune nicht hatten verderben lassen. Nach drei Jahren gab es so viel zu erzählen, dass das Essen fast zur Nebensache wurde. Und das Beste an solchen Treffen ist, dass man sich plötzlich wieder 40 Jahre jünger fühlt. Das erlebt man nicht alle Tage.