"Kreative Küche mit Feinschmeckeranspruch und sensationellem Preis-Genuss-Verhältnis"
Geschrieben am 26.04.2017 2017-04-26 | Aktualisiert am 26.04.2017
"Ambitionierte Landhausküche mit beachtlichem Fleischangebot, Fisch vom Feinsten und richtig gutem PLV"
Geschrieben am 05.03.2017 2017-03-05
"Kulinarische Bestandsaufnahme im bestbürgerlichsten Sinne"
Geschrieben am 22.10.2016 2016-10-22 | Aktualisiert am 22.10.2016
"Ein Hort gehobener Gastlichkeit – und das seit vielen Jahren schon"
Geschrieben am 24.01.2016 2016-01-24
"Für Fischliebhaber, die kulinarisch gerne mal über den Tellerrand schauen"
Geschrieben am 12.01.2015 2015-01-12 | Aktualisiert am 08.03.2015
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Geschrieben am 30.04.2012 2012-04-30
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Geschrieben am 22.05.2011 2011-05-22
Nur ein paar Häuser weiter - wir sind schon wieder auf der „Neupotzer Genussmeile“ zugange – befindet sich die Gastwirtschaft „Zur Krone“. Von badischen Genussspechten dringend empfohlen und durch die vordere Platzierung beim letztjährigen Gastro-Wettbewerb „So schmeckt die Südpfalz“ aufmerksam geworden, wagte ich einen Erstbesuch mit kollegialer Verstärkung. Den Vierertisch reservierte ich eine Woche vorher. Ich wollte auf Nummer sicher gehen.
Inhaberin und Geschäftsführerin Kerstin Bettioui kam 2015 aus ihrer Wahlheimat USA wieder zurück in die Südpfalz. Mit dabei: Ehemann und Koch Faycal Bettioui. Der Gastronom aus Leidenschaft mit den marokkanischen Wurzeln (deshalb auch die regelmäßig hier stattfindenden Themenabende) hat schon in Feinschmeckerläden in Miami gekocht bevor er sich in den Staaten selbstständig machte. Zusammen mit seiner Frau Kerstin hat er der gutbürgerlichen Dorfwirtschaft von einst ein völlig neues Konzept gegeben.
Die deutsche Fleischküche von damals, bei der die halben Hähnchen einen exzellenten Ruf genossen, ist nun Geschichte. Stattdessen wird hier seit Oktober 2015 eine gehobene Küche kultiviert, bei der frische, qualitativ hochwertige Regionalprodukte raffiniert zubereitet werden. Dass Chefkoch Faycal Bettioui dabei auch seine international gesammelten Erfahrungen mit einfließen lässt, liegt auf der Hand. Ein überaus spannender Entwurf einer zeitgemäßen Kreativküche, auf deren Ergebnisse wir sehr gespannt waren.
Der in schlichtem Grau gehaltene Gastraum war an jenem Donnerstagabend gut gefüllt, als wir von zwei jungen Servicedamen freundlich begrüßt und zu Tisch gebracht wurden. Im modern eingerichteten Inneren der Krone finden ca. 30 bis 35 Personen Platz. Ein durchaus überschaubarer Rahmen also. Daneben wartet im Sommer ein Biergarten auf Gäste unter freiem Himmel.
Man sitzt auf bequem gepolsterten Gastrostühlen mit dem typischen Kunstlederüberzug an den klassisch in Weiß eingedeckten Tischen. Einfachbesteck, Stoffserviette, Brottellerchen und ein bauchiges Wasserglas stehen für jeden Gast bereit. Für das nötige Licht sorgen die recht unkonventionell geformten Hängeleuchten. Der dunkle Holzboden suggeriert erdige Wärme. Die sparsam eingesetzte Kunst an den Wänden liefert dazu ein paar moderne Farbakzente. Alles in allem wirkt das sehr geschmackvoll reduziert eingerichtet. Ein stilvoll ungezwungener Rahmen, der den Fokus nicht vom Wesentlichen, den kunstvoll arrangierten Tellern, ablenken soll. So jedenfalls meine Interpretation im Laufe des Abends.
Zusammen mit dem Aushändigen der Speisenkarten wurden wir nach unseren Aperitifwünschen befragt. Ein Martini bianco (5cl für 4,50 Euro) und zwei Gläser Maracuja-Secco (0,1l für 3 Euro) vom Maikammer Weingut Stachel sollten es sein. Dazu noch zwei Flaschen Bellaris-Mineralwasser (0,75l für 4 Euro) zum Durstlöschen. Dann ließ man uns genügend Zeit, den schwierigen Prozess der Speisenwahl erfolgreich abzuschließen. Es fiel uns in der Tat nicht leicht, da die Gerichte auf der sorgsam zusammengestellten Karte einfach zu verlockend klangen.
Schon die Vorspeisenpalette war beachtlich. Sieben verschiedene Gourmandisen, darunter auch ausgefallene Kreationen wie Schweinebauch mit altem Balsamico, Kohlrabi-Nudeln und Walnuss (8 Euro) oder Spanischer Oktopus mit Chorizo, Kartoffeln und Safran-Aioli (11,50 Euro), standen da gelistet. Das vegetarische Saisonangebot bestand aus hausgemachten Tortellini mit einer Crème-Sauce aus Spinat, Ricotta und Parmesan sowie den ebenfalls hausgemachten Gnocchi, die von Bärlauch-Pesto und Frischkäse begleitet wurden (beide jeweils 10,50 Euro).
Die Zahl „7“ findet sich auch bei der Auswahl an Hauptgerichten wieder. Dreimal Fisch, viermal Fleisch und das alles in pfiffig klingender Ausführung. So fällt einem die Entscheidung selbst bei einer eher übersichtlich gestalteten Speisenkarte schwer. Flusszander, Skrei und Seeteufel hießen die Protagonisten bei den Fischgerichten. Kalbskotelett, Simmentaler Rumpsteak, Filet vom Charolais Rind und Elsässer Perlhuhn hielt man für die Fleischliebhaber bereit. Und das alles zu Niedrigpreisen zwischen 17 und 23 Euro. Wie konnte das gehen? Faycal Bettioui lieferte wenig später den Beweis auf äußerst beeindruckende Art und Weise.
Schon bei den Vorspeisen setzte unser Tisch auf ein gemischtes Programm. Es gingen einmal Spargel mit Tempura-Garnelen und Bärlauchcrème (11,50 Euro), die gegrillten Jakobsmuscheln mit Avocado, Quinoa und Curry-Sabayon (9,50 Euro), dreimal Spargelcrèmesuppe (5 Euro) sowie ein kleiner Vorspeisensalat mit frischer Zitronenvinaigrette (3,50 Euro). Wir hielten uns nicht zurück und gaben von Anfang an Vollgas. Beim Wein blieben wir dem Weingut Stachel treu. Ein spritzig-frischer Sauvignon blanc aus dem Jahr 2015 (die Flasche für 22 Euro) erwies sich als passender Begleiter unserer Vorspeisen.
Bei der kleingehaltenen Weinkarte fällt auf, dass die Flaschenpreise erstaunlich fair kalkuliert sind. Mit bekannten Namen wie Gräber, Kleinmann, Stachel und von Buhl konzentriert man sich auf einige wenige Weingüter aus der Pfalz. Das meiste der rund 20 verschiedenen Kreszenzen lässt sich auch offen als Achtel oder Viertel genießen. Die Auswahl ist zwar nicht besonders groß, aber das was angeboten wird hat Hand und Fuß.
Bei den Hauptgängen machten zwei der Kollegen das Filet vom Charolais Rind (23 Euro) klar. Statt der vorgesehenen Rosmarin-Kartoffeln wollten sie lieber selbstgemachte Gnocchis und Spätzle als Beilagen genießen. Für das flexible Team der Krone war das kein Problem. Der Rumpsteak-Fan am Tisch setzte klar auf das Simmentaler, das mit knusprigen Kartoffelschichten (aus „Pälzer Grumbeere“ natürlich), einer dunklen Kalbsjus, selbstgemachter Kräuterbutter und einem kleinen Beilagensalat für sagenhafte 20 Euro in der Karte stand. Mir war an jenem Abend eher nach Fisch zumute, weshalb meine Wahl auf das Seeteufelfilet mit Safran-Wurzelpetersilienmousse, Hummer Sauce, Gartenkarotten und Tagliatelle (22 Euro) fiel.
Als erster kleiner Appetizer fungierten die beiden dünnen Rollen französischer Butter, die mit schwarzem Himalaya-Salz bestreut waren und nebeneinander auf einer Schieferplatte lagen. Dazu reichte man Aufbackbrötchen im Miniaturformat. Das fing ja schon mal gut. Die Küche grüßte danach mit einem Kleks Rindertartar, der auf Krabbenchips (Krupuk) platziert wurde und ein leckeres Fingerfood zu Beginn darstellte. Die rohe Rindfleischmasse war sehr fein abgeschmeckt und herrlich süffig. So konnte es weitergehen.
Danach wurde mir schlicht und ergreifend die beste Spargelcrèmesuppe meines Lebens serviert. Sie kam ganz ohne Stücke aus, war perfekt abgeschmeckt und von unerhört sämiger Konsistenz. Mein Kollege hätte davon eine ganze Schüssel hinunter gelöffelt. Die Portion kam in einem tiefen Teller mit breitem Rand und geringem inneren Durchmesser und war total ausreichend. Die Suppe hatte ein intensives Spargelaroma und kam komplett ohne Einlage aus. Konzentration aufs Wesentliche. Hier blitzte das Credo der Küche erstmalig auf. Das dafür verwendete Königsgemüse stammte selbstverständlich aus der Region.
Mein Kollege neben mir war begeistert von seinen kross frittierten Tempura-Garnelen, die es sich auf vier stattlichen Stangen vom „essbaren Elfenbein“ gemütlich gemacht hatten. Mit ein paar Tupfen Bärlauchcrème und etwas Salat garniert, war das auch optisch eine sehr gelungene Kombination. Er brummelte etwas von perfektem Gargrad und verschlang die texturell fein ausgedachte Vorspeise postwendend.
Nicht anders erging es seinem Gegenüber, der mit den glasig gebratenen Jakobsmuscheln voll ins Schwarze getroffen hatte. Allein die Anrichtung des Tellers war ein Augenschmaus. Das leuchtende Gelb der Curry-Sabayon-Sauce und die grünen Tupfer von der Avocado-Mousse wurden von einem braunen Quinoa-Häuflein farblich passend ergänzt. Der leuchtend rote Forellenkaviar lag lässig auf einer gegrillten Scheibe Avocado. Mein Kollege ließ mich probieren und ich warf ihm eine Vorspeise lang neidische Blicke zu. Kurz nach der Suppe traf mein Beilagensalat ein. Der mit Pflücksalat, Cocktailtomaten und Radieschenscheiben bestückte Teller strotzte vor Frische und Lebendigkeit. Sein spritzig-säuerliches Zitronendressing war zum Reinknien gut.
Die Flasche Sauvignon blanc hatte sich dem Ende geneigt und die Schluckspechte am Tisch scharrten schon mit den Rotweinhufen. Trotz meines bald eintreffenden Seeteufels gab ich klein bei und sprang auf den roten Rebensaftexpress mit auf. Denn die Wahl fiel auf einen meiner Favoriten aus Pfälzer Landen. Auch für diesen schwergewichtigen Cabernet Sauvignon (14,5 %) zeichnete sich das Weingut Stachel aus Maikammer verantwortlich. Die von der Lage Kirchenstück stammenden Trauben waren die Grundlage für einen genial vinifizierten Roten, der genügend Kraft besaß, um die Fleischgerichte meiner Kollegen passend zu begleiten und meinem Seeteufel dennoch nicht die Schau stahl. Die 39 Euro für die Flasche waren hervorragend angelegt.
Dann trafen unsere Hauptmahlzeiten ein. Die Fleischteller meiner Kollegen sahen klasse aus. Sowohl das Rumpsteak, als auch das Filet vom Charolais Rind lagen auf einem kräftig dunklen Spiegel aus intensiver Kalbsjus. Alle Fleischstücke waren perfekt medium gebraten. Die Spätzle und die Gnocchi wurden noch kurz in der Butterpfanne geschwenkt. Bei dem Filetfreund neben mir befand sich zusätzlich eine delikate Mousse aus Champignons und karamellisierter Zwiebel auf dem Teller. Auf seinem Edelfleisch thronte eine Zwiebel in Tempurateig. Sah nicht nur lecker aus, sondern schmeckte ihm auch so. Unser Soßenliebhaber am Tisch wurde mit einer kleinen Extrakaraffe ausgestattet. Ihr flüssiger Inhalt hatte geschmacklichen Tiefgang und ließ auf eine lange Reduzierung schließen.
Bei all der Fleischeslust am Tisch, darf der als schlichtweg sensationell zu bezeichnende Seeteufel natürlich nicht verschwiegen werden. Um die beiden stattlichen Fischfilets tummelten sich gelbe und orangefarbene Karotten, die noch leichten Biss hatten. Sie schmeckten als hätte man sie gerade aus der Erde gezogen. Zusammen mit der geschmacksintensiven Hummersauce und der safrangelben, milden Mousse aus Wurzelpetersilie war das ein in sich stimmiger Teller, der zudem noch klasse aussah. Die Tagliatelle waren der Farbe nach aus Vollkorn und ergänzten mein Frühlingsgericht sowohl optisch als auch geschmacklich. Sicherlich mit das Beste, was ich in diesem Jahr genießen durfte.
Trotz der wohl bemessenen Portionen musste noch ein Nachtisch sein. Es standen drei süße Verführungen (alle zum Preis von 6 Euro) auf der Karte. Eine Haselnuss-Mousse mit Salzkaramell-Crumble und Mirabellensorbet, eine Tonkabohnen Panna cotta mit Erdbeeren, Rhabarber und Pistazieneis sowie eine dekonstruierte Version einer Schwarzwälder Kirschtorte, hier simpel „Schwarzwald“ genannt, die aus folgenden Komponenten bestand: dunkle Schokolade in verschiedenen Texturen, Kirschsauce und Mandelmilcheis. Da fiel die Entscheidung leicht. Nur einer am Tisch konnte der Schwarzwälder-Versuchung widerstehen und entschied sich für die Haselnuss.
Der rote Qualitätsfaden, der sich schon durch unsere Vor- und Hauptspeisen zog, wurde auch beim Dessert nicht gekappt. Aufgrund der Portionsgrößen hatten wir alle am Tisch ein wenig zu kämpfen, aber die in uns geweckte Lust am Essen ließ keine Reste zu. Alles wurde bis auf den letzten Schokokrümel aufgegessen. Gerade die Schwarzwald-Kombi empfand ich als sehr gelungene Interpretation dieses mir ansonsten unliebsamen Kuchenklassikers.
Keine Frage, Faycal Bettioui ist ein Könner, der seinen ganz eigenen Stil entwickelt hat. Dass bei solch hoher Qualität auch irgendwann die Preise reeller werden, sollte niemanden verwundern. Meinen Kollegen und mir hat der Abend in der Krone jedenfalls sehr gut gefallen. Nach einem Quittenschnaps aufs Haus und einem kurzen Smalltalk mit dem Küchenchef verließen wir hochzufrieden das altehrwürdige Gasthaus im Neupotzer Ortskern und der ein oder andere von uns freute sich bestimmt schon auf den nächsten Besuch.