"Hausgemachte Pasta in zeitgemäß-schickem Ambiente"
Geschrieben am 11.11.2019 2019-11-11
"Kalte speisen und Sitzmöglichkeiten"
Geschrieben am 06.11.2019 2019-11-06
"Schlimmer geht zwar immer, aber was man uns hier in Sachen Wartezeit und Pizzaqualität zumutete war schon grenzwertig!"
Geschrieben am 22.10.2019 2019-10-22
"In Günther Beckers heimeliger Dialektstube ist noch keiner verdurstet – und verhungert erst recht nicht!"
Geschrieben am 29.07.2019 2019-07-29 | Aktualisiert am 30.07.2019
Früher konnte man hier gepflegt eine Tasse Kaffee trinken oder bei einem Dinkelacker aus dem Steinkrug die Landauer Altstadt in vollen Zügen inhalieren. Die Außenplätze auf dem ehemaligen, im 17. Jahrhundert angelegten Paradeplatz sind an lauen Sommerabenden sehr beliebt und bilden zusammen mit dem Café Mago und der Segafredo Espresso Bar die größte zusammenhängende Freiluftgastronomie der Innenstadt.
Aus der Kaffee-Kneipe mit Cocktail-Hintergrund ist seit dem aufwendigen Umbau im März dieses Jahres ein ernst zu nehmendes Speiselokal geworden. Eins, das vor allem durch seine hausgemachte Pasta auf sich aufmerksam macht. Eine ehemalige Kollegin, die mittlerweile ihren verdienten Ruhestand genießt, gab mir den Tipp.
Und so kam es, dass wir an einem schwülwarmen Freitagabend dort aufschlugen. Die meisten Gäste saßen noch draußen, was sich im Laufe des Abends aufgrund eines heftigen Gewitters noch ändern sollte.
Unserem Eintritt folgte sogleich der Wow-Effekt. Kollege Borgfelder würde wohl beim Anblick der stilvoll designten Hängeleuchten von einem ausgefeilten Lichtkonzept sprechen. Auch die schmalen, von der dunklen Decke baumelnden Stabzylinder, die den Thekenbereich illuminieren, zeugen von geschmackvoller Raumausleuchtung.
Bequem gepolsterte Schalenstühle auf der einen und nicht minder komfortable Wandbänke auf der anderen Seite der mit heller Holzplatte ausgestatteten Bistrotische sorgen für ausgesprochen entspannte Sitzverhältnisse.
Hat man den Thekenbereich mit seinem auf Hochglanz polierten Kaffeemaschinenmonster linkerhand passiert, trifft man im hinteren Bereich des Gastraumes auf die offene Küche, durch deren Glasscheiben der Blick sofort auf das Nobelpastagerät fällt. Nudelmacher und Chefkoch Alberto werkelt hier mit solch stoischer Gelassenheit, dass es eine wahre Freude ist, ihn bei seiner Arbeit zu beobachten.
Ein Hauch vom ehemaligen Weinkontor Null41 (jetzt „Sinnesrausch“) wehte durch das schicke Bistro und spätestens beim Anblick der süßen Preziosen aus der Glasvitrine wurde uns ganz warm ums Herz. Zeichnete sich doch unter anderem die Elsässer Ausnahmepatisserie Rebert aus Wissembourg für die kleinen Törtchen verantwortlich. Unser Nachtisch war da schon beschlossene Sache.
Die jungen Mädels vom Service machten ihre Sache richtig gut. Besonders als das Gewitter hereinbrach und viele Gäste ins Innere flüchteten, sorgten sie für Ordnung im Chaos. Man reichte uns die Speisenkarten im DIN-A5-Format. Gleich auf Seite 1 geht’s zu den Nudeln. Immer drei verschiedene Pastasorten, die täglich frisch hergestellt werden, stehen zur Auswahl. Diese lassen sich auf fünf verschiedene Arten kombinieren. Dabei wird auf Saisonalität und Regionalität großen Wert gelegt.
Die junge Dame vom Service zeigte uns auf einem kleinen Tellerchen die Sorten des Tages. Casarecce (sizilianische Rollpasta), Radiatori (geriffelte „Heizkörpernudeln“) und Linguine konnten beispielsweise mit einer Bolognese vom Bio-Rind (10,90 Euro), gebratenen Pfifferlingen (12,90 Euro) oder gegrillter Aubergine, Tomate und Mozzarella (8,90 Euro) bestellt werden. Dass man sein Mehl aus der regional bekannten Kügler Mühle aus Siebeldingen (Bierprojekt Landau) bezieht, ist schon eine Erwähnung wert, da hier scheinbar schon bei den Grundprodukten der Qualitätsaspekt eine große Rolle spielt.
Neben einer kleinen Auswahl an Saisonalitäten sind es vor allem die Kleinigkeiten, wie z.B. Focaccia in diversen Ausführungen, Büffelmozzarella mit Tomaten und Basilikum, hausgemachter Hummus oder Thunfischcreme mit Kapern und Zitrone, die sich wunderbar zu einem guten Glas Wein genießen lassen.
Im offenen Ausschank-Portfolio sind mit Pfaffmann (Walsheim), von Buhl (Deidesheim), Münzberg (Landau-Godramstein) und Gies-Düppel (Birkweiler) namhafte Winzer aus Südpfalz und Mittelhaardt vertreten. Und das zu Viertelpreisen, die zwischen 5 und 6 Euro oszillieren. Aber auch gute Flaschenware lässt sich hier erstehen.
Mit dem saftig-opulenten Grünen Veltliner vom Weingut Gerhard Klein aus Hainfeld (22 Euro) oder dem cremig-feinen Suez Riesling vom Weingut Reichsrat von Buhl (25 Euro) hat man äußerst gästefreundlich kalkulierte Bouteillen im Programm. Einer ausgeglichenen Kork-Life-Balance steht also nichts im Wege.
Und wer partout nicht auf die exquisiten Rebsäfte abfährt, der bestellt sich eben ein süffiges Göcklinger Helles von der gleichnamigen Hausbrauerei, die für beste Pfälzer Hopfenerzeugnisse bekannt ist. Das frisch gezapfte Regionalbier, das ganz ohne “Craftmeierei“ auskommt, wird hier schoppenweise für 4 Euro angeboten.
Wer kann solche Angebote schon ausschlagen? Zusammen mit einer Flasche Mineralwasser von alwa (4,90 Euro) ließ sich der sommerliche Durst gut in den Griff kriegen. Feste Nahrung wurde in Form einer zitronig-frischen Thunfischcreme (4,90 Euro) vorweg sowie der Casarecce-Pasta mit Bolognese-Sauce für mich und der vegetarischen Variante mit Aubergine, Tomate und Mozzarella für meine Frau geordert.
Beim Besuch im November entschied ich mich für den Feldsalat mit Speck und Kracherle (7,90 Euro) sowie die Conchiglie – eigentlich von der Größe her eher Conchigliette – mit Rinderhackbällchen in Tomaten-Gemüse-Sauce (10,90 Euro). Meiner Liebsten war der mit Tomatenpesto servierte Hummus (4,90 Euro) als Vorspeise gerade recht. Ihre Spaghetti wollte sie mit gebratenem Spitzkohl, Kapern und Zitronensauce (8,90 Euro) haben.
Was ich an frischer Pasta so schätze, ist diese latent mürbe Konsistenz, die industrielle Standardware nie erreicht. Denn auch zwischen „bissfest“ und „verkocht“ gibt es texturelle Feinheiten, die einem erst frisch hergestellte Nudeln eröffnen. Außer diesen wirklich hervorragenden Vertretern aus dem Hause Bibulum, waren es die stimmigen Arrangements, mit denen sie serviert wurden. Sowohl die Bolo vom Bio-Rind als auch die ungemein schmackhafte Tomaten-Gemüse-Sauce zeugten von sicherer Hand beim Abschmecken und einem intensiven Fond-ament.
Von der süffig-säuerlichen Thunfischcreme über den mit zupackender Vinaigrette angemachten Feldsalat, den fluffig-buttrige, von Küchenchef Alberto frisch zubereitete Focaccia-Croutons – übrigens immer noch eines meiner liebsten Entrees im Herbst - veredelten, bis hin zum cremigen, mit Zitronensaft und Kapern verfeinerten Hummus, waren alle hier verschmausten Vorspeisen aus der Rubrik „Genuss ohne Reue“. Einfache Gerichte, diese aber mit Verschlinggarantie auf den Teller gebracht.
In die gleiche Geschmackskerbe schlugen die Pastagerichte. Frühlingszwiebeln, Sprossen, Cocktailtomaten und Petersilie ließen auf meinem Bolo-Teller frische Akzente aufblitzen. In Verbindung mit der würzigen Sauce, dem gereiften Parmesankäse und den wunderbar zarten Nudeln ergab das ein wahres Wonnegericht, das mich in Verzückung setzte. Sicher einer der großen Vorzüge der italienischen Küche, die es wie keine zweite versteht, vermeintlich einfache Allerweltszutaten in eindrucksvolle Gaumenerlebnisse zu verwandeln.
Auch die Rinderhackbällchen, welche als wohlschmeckende Fleischdreingabe meine muschelförmigen Conchigliette adelten, hatten dieses intensive Rindsaroma, was auf die Verwendung hochwertigen Fleisches schließen ließ. Der eigentliche Star auf dem Teller war dennoch ein anderer. Die alles wunderbar einfangende Tomaten-Gemüse-Sauce war nämlich von derart viel Überschmeck gesegnet, dass sie zusammen mit dem nicht schüchtern darüber geraspelten Parmesankäse den Umami-Faktor in himmlische Höhen trieb.
Die junge Dame, die mir an beiden Abenden in freundlicher Gesinnung gegenübersaß, war genauso begeistert von ihren Pastatellern. Selbst sie als „die hard“ Sapori-d’Italia-Fan (unser Landauer Lieblingsitaliener aus der Trappengasse) musste zugeben, dass wir mit dem Bibulum eine echte Alternative in Sachen Nudelfreude gefunden hatten.
Das aus zwei Sorten Schokomousse bestehende, auf Biscuit-Madeleine-Basis geschichtete Törtchen zum Dessert war von einem angenehm säuerlichen Himbeerspiegel überzogen. Ein paar Tage später kamen wir zufällig in Wissembourg bei seinem Erschaffer, der berühmten Patisserie von Daniel Rebert, vorbei. Zu meinem Erstaunen verlangte man im Bibulum den gleichen Preis, wie wenn man die „Emmanuel“ getaufte Köstlichkeit vor Ort verzehrt hätte, nämlich gerade mal 4,50 Euro. Die Frage, ob wir in Zukunft extra ins Elsass fahren müssen, um in den Genuss dieser süßen Verführungen zu kommen, stellt sich nun nicht mehr.
Fazit:
Scheinbar geht die Kombination aus einer jungen, motivierten Servicemannschaft und einem erfahrenen Italiener am Herd gut auf. Ohne Reservierung wird es abends schwer einen der wenigen Tische zu ergattern. Das Angebot an Speisen ist übersichtlich, aber mit Bedacht zusammengestellt. Die Verwendung regionaler Zutaten findet im saisonalen Wechsel statt und ist ein Garant für Produktfrische. Die Weinkarte ist derart fair kalkuliert, dass wir beim nächsten Besuch wohl den ÖPNV in Erwägung ziehen. Bereicherung für Landau. Empfehlung für Nudelfreunde.