"Kutschenhalt Loewenthor"
Geschrieben am 18.01.2015 2015-01-18
"Absolut außergewöhnliches Ambient..."
Geschrieben am 04.01.2014 2014-01-04
"Wunderschöner, uralter historische..."
Geschrieben am 10.05.2013 2013-05-10
"Eine von vielen Filialen der Bäcke..."
Geschrieben am 15.11.2012 2012-11-15
"Hier gibt es leckeres selbsthergest..."
Geschrieben am 13.11.2012 2012-11-13
"Hier gibt's typische Dönergerichte..."
Geschrieben am 12.11.2012 2012-11-12
"Sehr gute Wirtschaft mit bürgerlic..."
Geschrieben am 09.11.2012 2012-11-09
"Hier is(s)t man wirklich in einmali..."
Geschrieben am 08.11.2012 2012-11-08
"Das Essen schmeckt definitiv lecker..."
Geschrieben am 06.11.2012 2012-11-06
"Die leckeren griechischen Fleischge..."
Geschrieben am 02.11.2012 2012-11-02
"Leckere deutsche Küche, hier kocht..."
Geschrieben am 30.10.2012 2012-10-30
Nicht nur die süffigen belgischen Champagnerbiere zu (saftigen) Preisen, sondern auch das Ambiente und die gebotene Kulinarik waren für uns ein gern aufgesuchter Fixpunkt der regionalen Gastronomie. Eine lohnende, willkommene Abwechslung im außergewöhnlichen Rahmen eines uralten Gasthofs mit einer Möblierung, die je nach Betrachter zwischen Antiquitätensammlung und Spe-mü-sammlung beurteilt wurde. Ein freundlich geübtes Personal schaffte die entsprechende gastliche Atmosphäre. Selbst die auf einfachem gelben Papier gedruckten Tagesangebote passten mit dem Gelbton irgendwie zum Angebot.
Doch seitdem das Hotel Hahn mit im Umfeld-Angebot eingebunden wurde, hatte sich im Löwenthor einiges verändert. Schon bei unserem letzten Besuch waren die nun auf weißem Papier gedruckten Speisekarten mit einfachen Ringbindern und einem sehr übersichtlichen Speisenangebot am Ende der Karte aufgefallen, es war gut, aber nicht überzeugend gewesen und daher lange Abstinenz.
So kam mir eine Einladung zur kleinen Geburtstagsfeier im Löwenthor sehr recht. Dass schon bei der Reservierung mit Bitte um fünf Plätze in der ruhigen Couchecke im Nebensalon des Obergeschosses der Hinweis kam, es werde vermutlich nur unten im Kaminzimmer geöffnet sein, setze der Begeisterung ein leichten Dämpfer. Das Untergeschoß ist nicht „unsere Welt“, weder in dem größeren mit Holzgittern separierten Teil – noch das kleine Kaminzimmer - es wirkt rein bauartbedingt enger, niedriger, bedrückender und durch die harten Wände sitzt man akustisch mit an allen Tischen. Da hilft auch ein Feuer im Kamin wenig.
Als wir anreisebedingt mit drei Fahrzeugen in Gondelsheim ankommen, finden wir ungewohnter Weise sofort Parkplätze direkt beim Restaurant - früher undenkbar – obwohl es ist Dienstag und noch dazu der 11.11. – evtl. gibt es ja Narrensitzungen. Herr Müller sitzt wie immer im Eingangsbereich des von ihm aufgebauten Löwenthor vor dem Notebook und begleitet uns mit wie üblich ins Kaminzimmer, wo wir von einem jungen Mann in schwarzer Weste, weißem Hemd schwarzer Fliege mit einer leicht übertrieben formvollendeten Verbeugung begrüßt werden und an den Ecktisch vor dem Kamin am Eingang des kleinen Kaminzimmers platziert werden. Die an der Decke montierten stromfressenden Halogenwerfer blenden zumindest an meinem Platz, passen auch nicht zum sonstigen Rahmen – unsererseits dazu noch ein paar interne Jammereien über die nicht erhaltene Couchecke oben - na gut, es ist halt so.
Nur neun weitere Plätze sind noch besetzt. Eine Fünfergruppe hinter dem Kamin und zwei Zweier am Fenster, das Kaminzimmer ist löblicher Weise nicht voll besetzt.
Der Tisch ist eingedeckt mit Besteck für zwei Gänge, Gläsern für Wasser, weißen Stoffservietten, Kerze und Zweiggesteck. Sehr sauber. Die (besonders für die Damen) recht dünnen Sitzkissen auf der Holzbank und den Stühlen haben die besten Jahre länger hinter sich, doch hat die eigene Sitzfläche vernünftiger Weise keine Augen, um genauer hinzusehen.
Die Speisekarten werden von einem anderen jungen Mann gebracht und nach der Getränkebestellung gefragt. Einer von uns war noch nie hier, und auch die belgischen Biere brauchen jedes mal einer stimmungsbedingten Auswahl. So bitten wir um etwas Geduld - kein Problem.
Die Karte - auf den wenigen Seiten aus weißem Papier und Foliendeckel mit normal großem Plastikringbinder wirkt billig, das Angebot in der Karte beginnt mit den Getränken und steigert sich zu den verschiedenen Bierproben, Candle- Light Dinner samt dem Angebot des Hotel Hahns und danach kommen dann die Speisen. Ein recht übersichtliches Angebot, Preisniveau wie immer leicht gehoben – doch wenn die Quali stimmt….
Bei den Getränken habe ich keine Probleme "Wasser gibt es überall" -die Anderen kennen ihre Biervorlieben und auch der Erstbesucher sieht bald seinen "Tropfen". Die Getränkebestellung wird dann aufgenommen.
Die kleine Speisenauswahl steht inzwischen auch: meine Frau möchte Fisch, Filets von Loup de Mer & Kabeljau an Pommery Senf- Sauce mit Süßkartoffelpüree (19,50) und weiter werden ein Kutschermahl = "Boeuf Bourguignon" Rinderragout in Burgunder Rotwein geschmort (17,90), die Rosa gebratene Lamm Steakhüfte unter einer Lavendel- Honig- Kruste mit grünen Bohnen und Buttergnocchi (22,90) sowie Rosa gebratenes Rumpsteak an einer Rotwein- Estragon- Butter mit Möhren und Steckrüben- Thymian- Rösti (22,50) bestellt werden. Ich habe mich (weil meine Frau das in den letzten Jahren so liebt, aber nicht extra bestellen mag) dazu entschlossen als Vorspeise Carpaccio vom Rinderfilet mit gehobeltem Parmesan an einer Trüffel- Vinaigrette und kleinem Salatbouquet (8,40) und dann eine Tarte Flamande -die LoewenThor - Spezialität: ein pikanter Mürbeteig, im Ofen gebacken mit Schafskäse,Spinat und Tomate (7,40).
Preislich war das bezogen auf das Gebotene in letzten Jahren immer voll okay gewesen und ein Rinder-Carpaccio unter 9 Euro ist an sich kaum machbar, oder?
Einer der Ober kommt nach kurzer Zeit mit den Getränken. Wir bestellen die Speisen. Kurz danach kommt ein weiterer Ober, feierlich mit Tablett und einem weißen Handschuh - Besteckaustausch zum Fisch und zur Abnahme der eingedeckten Besteckteile des nicht bestellten ersten Gangs – ganz wie großes Kino.
Die zwei sich flott unterhaltenden Damen am Fenster rufen den Kellner, um endlich auch noch etwas bestellen zu können, wie sie sagen -- das macht etwas stutzig .
Wir unterhalten uns, der Fünfertisch gegenüber verlässt offensichtlich auf einen Hinweis der Bedienung hin den Raum und kommt erst nach etlicher Zeit wieder, was zu leichter Verwirrung bei uns führt, weil das so aussieht, als würde in falscher Reihenfolge bedient - und außer ein paar Gästen, die kurz durch den Türrahmen schauen, um sich dann doch in den vorderen Teil des Erdgeschosses zu platzieren, tut sich herzlich wenig.
Für die Fünfergruppe wird ein Beistell-Tisch hereingetragen. Es gibt dort also was zum Vorlegen - der Tisch wackelt auf dem unebenen Boden des alten Gemäuers und dann kommt im Gegensatz zum leicht gekünstelt vornehmen Verhalten der Bedienungen der obligate Bierdeckel - der Tisch steht. Pause. Dann werden für den Nebentisch eine große Platte mit ganzer Gans hereingetragen - Martinstag - 7 Tage Vorbestellung.
Zwar hätte ich auch gern auf Gans zugegriffen, aber die als Tagsangebot im Menu zu 34,50 oder gesondert angebotene (Zitat): „Gefüllte Gänsebrust an Pflaumensauce mit Himbeeren-Rotkohl und Serviettenködel „ (22,40) reizte mich nicht. Normale Gans ja -egal ob Keule oder Brust mit Rotkohl und Knödeln – das wär‘s gewesen, aber gefüllt und Pflaumensauce?
Es ist nicht unsere Bestellung - es ist nicht unser Tisch -aber es beschäftigt uns die kommende halbe Stunde, in der wir eh wie die anderen Anwesenden (außer zwei Tässchen Espresso oder Kaffee von der Serviceleitung persönlich an einen der Zweiertische gebracht) offensichtlich nicht existent sind- Denn es scheint das gesamt Serviceteam gefordert und eine junge hübsche weibliche Kraft aus der Küche mit einem riesengroßen Messer wird geholt. Sie lässt sich einen der Halogenstrahler besser auf die Gans ausrichten, nun sehe ich auch, was meine Frau bereits beim Hereintragen sich nicht enthalten konnte zu äußern: Das sanftmatte Racingblack des Geflügels ist nicht zu übersehen und die Bezeichnung ist mit Bedacht gewählt. Diese sehr dunkle Tönung einer Gänsehaut entsteht entweder, wenn man nach vielstündiger Garzeit einer Gans dieselbe zur Bräunung doch zu nahe am Grill bestrahlt und einige Momente zu spät zur Entnahme erscheint - dann aber wäre der zarte Vogel breit und sehr aus jeder natürlichen Form. Oder aber: Die hier sieht aus wie frisch ausgepackt – könnte es sein, dass die Gans im Racing Modus des Konvektomaten im 75 Minuten Turbodrive durchgeschleust wurde ? Die Form der Gans - hervorragend erhalten, weil die Teilelemente so versteift sind, dass das Tranchieren des Vogels zur Kunst oder zum Gewaltakt werden wird?
Nun - ich begrüße es durchaus - auch als betroffener Gast, wenn man jungen Leuten das Gastgewerbe richtig beibringt, selbst wenn es etwas länger dauert, etwas nicht klappt oder wenn schwierig ist, denn es gehört Mut dazu, vor Fremden diese Lern-Arbeit zu machen . Gerade bei saisonalen Gerichten wie Gans ist das Tranchieren keine alltägliche Übung. Und egal was beim Tranchieren selbst daneben geht, das würde ich nicht anmerken. So zeigt der ebenfalls junge Kellner zunächst mit ein paar Handbewegungen ungefähre Schnittlinien und scheint mit der Kollegin darüber zu diskutieren, wie und wo Schnitte zu setzen sind.
Kinder fangt endlich an! Die Gans wird kalt! die Klösse stehen auf einem der leeren Tische, auf zwei weiteren Tischen hat man auch Rotkraut und Sauciere gebracht und mangels direktem Bedarf wieder abgeholt. Dann endlich fällt der erste Schnitt, naja fällt wohl weniger, aber der zunächst angedeutete Ansatz zum Schnitt würde ich sagen, entlang des Brustbeins - ist gut gewählt.
Bei (m)einer Gans daheim würde nun das Bruststück komplett locker vom Knochen gleiten, hier aber ist merkbar viel Anstrengung für den Schnitt von Nöten. Ein Koch sollte sein Messer immer scharf halten – sollte es für Auszubildende evtl. zunächst stumpfe hier geben?
Zwischenzeitlich kommt jetzt mein Carpaccio vom Rinderfilet, das ich mit meiner Allerbesten und -liebsten teile. Ihr wollt sicher wissen, wie ich es fand? Als ich die großzügig zugeschnittenen Stücke des Romanaherzen mit Radicchio Blatt des kleinen Salatbouquets abhob, lag dort unter einer Schicht Trüffelöl mit ein paar feinen Knoblauchzehenwürfelchen und Parmesanspänen, was zuvor seitlich herausgelugt hatte: eine hauchfein aufgeschnittene Rinderlende, nicht allzumächtig im Durchmesser dicht bei dicht, viele Scheiben, mehr als durchscheinend. Da scheint wohl einen Präparator an Bord, der jeder Pathologie Ehre machen würde – wie mit dem Microtom aufgeschnitten erstreckt sich eine hauchfeine Schicht des Rindfleisches über die Platte und haftet äußerst fest am Teller. In allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch - kommt mir in den Sinn, es fehlt mir etwas die Würze. Als später die Vorspeisenteller abgedeckt werden, kommt die Frage War es denn gut? - die ich nicht beantworten kann und möchte.
Derweil tobt gegenüber die Schlacht. DIe Brust der Gans ist immer noch fest am Knochen, nichts löste sich von selbst, die abgetrotzten Fleischteile der Gänse-Brust werden mehrfach auf Teller verteilt, wieder eingesammelt, weiter zerkleinert und erneut verteilt – Louis de Funes lässt grüßen – the show will go on für die nächste Zeit. Mir tun sowohl die Gäste als auch das Personal da am Nachbartisch mehr als leid.
Doch nun löst sich die gansverursachte Schockstarre des Service – unsere Gerichte werden kommen. Wir sind fünf Personen und im Vorbeigehen fragt man etwas erstaunt– „bei Ihnen waren vier Gerichte bestellt?“ Nein – auch ohne das Carpaccio bleibt es bei fünf – und ich erinnere an die Bestellung meiner Tarte flamande – also werden kurz drauf vier Gerichte relativ zeitgleich und meine Tarte ziemlich kurz danach serviert –zeitlich akzeptabel. Die Filets von Loup de Mer & Kabeljau sind tatsächlich vom Fisch, wie sich anhand von zwei oder drei großzügig mitgegebener Gräten leicht feststellen lässt (ich schätze solchen Service der Küche – Ihr auch? - nicht ) – die rosa gebratene Lamm Steakhüfte steckt unter der Lavendel- Honig- Kruste, daneben grüne Bohnen hingehäuft und wenige Buttergnocchi - auch das noch rosa gebratene Rumpsteak an der Rotwein- Estragon- Butter mit Möhren und Steckrüben- Thymian- Rösti machen die Besteller jedoch glücklich, während das Kutschermahl nicht sehr zu überzeugen weiß – weder in Fleisch noch Zubereitung – dafür schien die Sättigungsbeilage in der Menge vermutlich an Stelle bei der Lammhüfte hier mit aufgelegt worden u sein. Meine Tarte flamande sieht aus wie eine kleine Quiche, geviertelt und dann die Viertel gedreht mit der Spitze nach aussen auf dem Teller garniert, nett mit etwas Salatigem drapiert – aber ich kann mich nicht entscheiden, ob das nun eine tatsächlich frisch zubereitete Version oder eher eine der Tarte ist, wie man sie jenseits der Grenze in Lauterbourg im TK-Regal des Supermarchee meist preisgünstig findet.
Schade. Dennoch – wir haben uns den Spaß an der Geburtstagsfeier nicht nehmen lassen – und manchmal ist die Beobachtung der Geschehnisse am Nebentisch als Nichtbetroffener sogar fast lustig – oder auch nicht. Kann jedem mal passieren.