"Slow-Food und der Dreißigjährige Krieg"
Geschrieben am 04.05.2016 2016-05-04 | Aktualisiert am 04.05.2016
"Regionales ohne wenn und aber..."
Geschrieben am 17.02.2015 2015-02-17 | Aktualisiert am 18.02.2015
"Gutes Esse zu günstigen Preis in einer bayrischen Wirtschaft, gerne wieder"
Geschrieben am 11.02.2015 2015-02-11
Das Gebäude in der unteren Vorstadt entstand um das Jahr 1500. Im Jahr 1611 wurde es erwähnt als eine der vielen kleinen Brauereien in Dietfurt. Im Dreißigjährigen Krieg brannte das Haus nieder und wurde 1650 wieder aufgebaut. Aus dieser Zeit stammt noch das Haupthaus sowie der Hausname "Stirzer".
Die Witwe Margarete Störzer verkaufte das Anwesen an Hans Georg Ihrler, der 1730 das Brauhaus und die Stallung mit dem großen Fachwerkstadel erbaute. Hundert Jahre später entstanden der mächtige Westanbau und die Gewölbekeller.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Brauerei aufgegeben. Leonhard und Theresa Gmelch (geb. Ihrler), die Eltern des jetzigen Besitzers, betrieben die Wirtschaft und Landwirtschaft bis in die 70er Jahre.
Von 1991-1994 wurde das denkmalgeschützte Anwesen renoviert.
Ambiente:
Die Einrichtung ist liebevoll zusammengetragen, in der Homepage sind "120 Jahre alte Holzbänke erwähnt, die der jetzige Pächter Sepp Hierl in der Holledau aufgetrieben hat". Jeder der zahlreichen Gasträume ist einfach, aber stilecht eingerichtet.
Betritt man das Gasthaus von der Straße her, kommt man in das Flez. Gleich hier fällt dem Besucher der alte Steinfußboden auf und die alten Holztüren mit den niedrigen Türstöcken.
Links geht es in ein kleines Vorzimmer. Ebenfalls mit Steinfußboden, einem Holztisch, gepolsterten Stühlen und einem Canapé gemütlich eingerichtet. An den Wänden hängen alte Bilder, vor dem mit Zimmerpflanzen dekorierten Fenster sind zwei gemauerte Sitzgelegenheiten, wie man sie aus alten Burgen oder Schlössern kennt.
Durch das Vorzimmer durch geht es in das Nebenzimmer. Ein etwas größerer Raum, ebenfalls mit Steinfußboden. Gleich links ein behauener Steintrog, vermutlich aus einer der früheren Stallungen. An der Wand ist eine umlaufende Holzbank - eindeutig neueren Datums. Rechts neben der Tür steht ein Kachelofen. Auch hier sind Bilder an den Wänden, die Fenster tragen rot-weiß gestreifte Vorhänge und auf den Fensterbänken stehen Zimmerpflanzen und Dekorationsgegenstände.
Rechts vom Flez geht es in die Gaststube. Eine Holzdecke mit alten Balken, wieder Steinfußboden, einfache lange Holztische und (vermutlich) die 120 Jahre alten Holzbänke aus der Holledau. Auf den Bänken liegen rot-weiß gestreifte Polster, auf den Tischen gewebte Mitteldecken aus Leinen. Eine Vase mit frischen Schnittblumen sowie in Windlicht dienen als Tischschmuck. In der Ecke neben dem Tresen steht ebenfalls ein Kachelofen.
Draußen gibt es noch einen entzückenden Innenhof, den man auch direkt von der Straße aus betreten kann. Auf alten Pflastersteinen stehen hier zahlreiche kleine Tische. Rechts erhöht auf einem Podest, sind unter einem Vordach weitere Tische. Diese sind eher antiquarisch von "neunzehnhundertfrankreich", ich glaube ein Canapé ist auch dabei. Richtig urig, besonders der Springbrunnen.
Die Sauberkeit ist vorbildlich.
Speisekarte:
Die Art der Küche läßt sich mit einem Wort treffend ausdrücken: Slow-Food. Und innerhalb dieses weiten Begriffs geht die Richtung in deutsch-bayrische, ja sogar eher altbayrische Küche. Selbstverständlich regional und saisonal, aus verantwortlicher Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei.
Es gibt eine täglich wechselnde Speisenkarte mit saisonalen Gerichten. Im dauerhaften Angebot sind Suppen (zum Beispiel Lamm-Bratstrudelsuppe), Vorspeisen (Nudelfleckerl, Brezenknödel), Hauptgerichte (Nudeln, Forelle, Lamm, verschiedene Fleischgerichte) und Desserts. Nicht zu vergessen die hausgemachten Kuchen aus der Backstube der Chefin.
Essen:
Keine Angst: Slow-Food hat nichts mit langen Wartezeiten zu tun. Die Suppe kam nach kurzer Wartezeit und die Hauptgerichte folgten zügig.
Wir begannen mit einer Brennesselsuppe (4,50 Euro). Dampfend heiß serviert, von dunkelgrüner Farbe und mit reichlich angerösteten Schwarzbrotkrusterln. Tadellos im Geschmack und von der Konsistenz, sie erinnerte mich geschmacklich etwas an Brennesseltee.
Meine Partnerin wählte als Hauptgang die Bauernbandnudeln mit Bärlauchpesto und Salat (11,80 Euro). Die Bandnudeln schienen hausgemacht zu sein, ausgezeichnet im Geschmack und gerade noch bißfest. Das Pesto war mit Sicherheit selbst gemacht mit viel frischem Bärlauch und Olivenöl. Seeehr intensiv im Geschmack! Darüber eine großzügige Schicht frisch geraspeltem Käse. Einfach großartig!
Ich nahm heute wieder den Klassiker, das Böfflamott mit Serviettenknödel und Salat (12,80 Euro), einem süß-sauer eingelegten Rinderbraten.
Die Bezeichnung Böfflamott (oder Bifflamott) kommt aus dem Französischen und leitet sich ab von dem Gericht "Boef à la mode". Bayern kämpfte Anfang des neunzehnten Jahrhunderts an der Seite Napoleons, und so wurden viele französische Ausdrücke ins Bayerische übernommen - ich sage bloß "Fisimatenten".
Doch zurück zum Böfflamott. Der Wahnsinn! Fünf Scheiben zartes Rindfleisch, die auf der Zunge zergingen. Allerbeste Qualität und ohne Flachsen.
Dazu zwei ordentlich Scheiben schmackhafter Serviettenknödel, hübsch verziert mit einem kleinen Häufchen Butterbrösel mit Sesamkörnern.
Die dunkle Bratensoße war reichlich und vom Geschmack her zum niederknien. Die Konsistenz nicht zu dünn, herrlich aromatisch und gekonnt abgeschmeckt. Großes Lob an die Küche!
Die Beilagensalate kamen etwas zeitverzögert zu den Hauptgerichten. Doch sie waren nicht minder lobenswert. Rote Bete, Karotten, Rettich und grüner Salat waren frisch und knackig. Dazu ein leichtes Joghurtdressing.
Der Service von Karin war tadellos. Freundlich, aufmerksam und flink. So wie man sich eine Bedienung wünscht. Selbstverständlich hat sie mehrmals nachgefragt, ob wir zufrieden seien und noch einen Wunsch hätten.
Leider war der Hierl Sepp heute nicht da. Ein bemerkenswerter Mensch, begnadeter Koch und Seele des "Stirzer". Gerade weil das Gebäude aus der Zeit um den Dreißigjährigen Krieg stammt - ich könnte mir den Sepp gut als Landsknecht von damals vorstellen: Groß und stattlich, das lange von silbernen Fäden durchzogene Haar hinten zusammengebunden, der große Schnurrbart umrahmt von Bartstoppeln. Die dreiviertellange hirschlederne Hose und das weite weiße Leinenhemd unterstreichen das Bild.
Unser Landsknecht schlägt seine Schlachten heute in der Küche, und er führt sie erfolgreich. Seine Köche ebenfalls, wie wir heute erneut feststellen konnten.
Fazit:
Das Essen ist unvergleichlich. Traditionelle Küche trifft Finesse. Handwerklich auf großem Niveau, nur beste Zutaten werden verarbeitet.
Das Ambiente ist nicht minder unvergleichlich. Ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert, aufwendig renoviert und mit viel Liebe eingerichtet.
Der Service ist vorbildlich, liebenswerte Wirtsleute und angemessene Preise.
Ein Besuch ist unbedingt empfehlenswert!