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Carsten1972 hatte ja eigentlich schon alles erzählt, hat sich auch ausführlich über meine Speisen ausgelassen, aber zu seiner Schande kaum ein Wort über die Weine. Und das von ihm. Das in einer Rezi zu einer VINOTHEK. So kenne ich den jungen Mann gar nicht. Oder hat er das bewusst mir überlassen? Nun, da muss ich mich anstrengen.
Doch von vorne. Ist es wirklich schon vier Jahre her, dass wir uns (Carsten, seine Frau und meine Wenigkeit) zuletzt gesehen haben. Da freute ich mich natürlich über seine Anfrage und sagte sofort zu. Und auch einer Wandertour mit den beiden war ich nicht abgeneigt. Doch dazu vielleicht später.
Wie gesagt, vier Jahre sind seit dem letzten Treffen vergangen, wohl auch ein Grund, dass mich die beiden, am Wasser sitzend und Federweißen trinkend, nicht sofort erkannten. War wohl auch nicht der erste Fedi? Ich weiß es nicht ;-) . Doch dann war die Begrüßung umso herzlicher, wenn auch Corona konform. Egal. Ich habe mich sofort wieder wohlgefühlt. Ich durfte dann am kleinen Tisch Platz nehmen, die leeren Gläser der beiden wurden auch schon bald abgeräumt. Natürlich wurde sofort viel geredet. Doch reden macht durstig, und ich war schon leicht angeschlagen angereist. Sprich, hatte am Morgen sechs Tonnen Beton schippen müssen (was mir eine Sehnenscheidenentzündung einbrachte - ich werde alt, merke es immer wieder). Immerhin gab es dort anschließend ein paar Bier und Essen vom Grill. Gut, dass ein Zug nach Bingen fährt. Wenn auch über Umwege.
Also eigentlich war ich satt. Aber durstig. Da half nur die Karte. Und wer, wenn nicht ich sollte da Empfehlungen aussprechen? (Sagen andere...) Was mir aber gerade hier in der WeinZeit / Vinothek Bingen am Rhein schon immer etwas schwergefallen ist. Denn um die Binger Winzer aus dieser Karte, die auch nach wie vor hinter der Vinothek stehen, mache ich gerade am alljährlichen Binger Winzerfest (mit Ausnahmen) einen Bogen. Da ist es meist Glückssache, einen richtig guten Wein zu finden. Von daher entschied ich mich als erstes für einen Riesling "vom Quarzit" trocken vom Weingut Bretz / Bingen - Kempten (0,1 / 2,80€) Der war erstaunlich knackig, lecker und gut trinkbar. Hatte ich so nicht erwartet. Ein weiteres Glas sollte an diesem Abend folgen, in der 0,2er Version zu 5,40€.
Aber die beiden Münsterländer hatten ja auch Hunger und (wenn auch mehr aus Anstand als aus Hunger - was das Urteil aber nicht beeinflussen sollte) ich schloss mich natürlich an. Etwas Leichtes sollte es dann sein. Und abgesehen von diversen Weinbegleitern (Tapas ähnlich) gab es nur eine begrenzte Auswahl. Auch lachte mich erst der gebratene Pulpo an, aber ich wollte es noch einmal mit dem Rindercarpaccio probieren, nachdem ich vor kurzem nicht ganz so glücklich damit wurde und ein besseres hier erhoffte. Pustekuchen. Doch erst sollte ein Wein dazu geordert werden. Zu Carstens Verwunderung entschied ich mich für einen Riesling Kabinett / Weingut Dr. Kauer vom Mittelrhein (0,2 / 6,00€). Er steht ja eigentlich mehr auf trockene Rieslinge, oder Weine im Allgemeinen. Wenn auch gerne die gereiften. Seine Frau fuhr an diesem Abend einen eigenen Weg was Weine betrifft und entschied sich mehr für Burgunder.
Also ein Riesling Kabinett, traditionell feinherb, bzw. mit Restsüße ausgebaut. Ich fand den Wein gut, war süffig, trotzdem frisch mit schöner Riesling Note, guter Säure und feiner Mineralität. Das Carpaccio konnte also kommen? Oder kam es vor dem Wein? Ich weiß es nicht mehr. Ich war mir auf einmal nicht mal mehr sicher was ich bestellt hatte. Rucola-Parmesan-Salat mit Rindfleischstreifen? Moment mal. In der Karte steht:
Carpaccio vom Rind - Rucolasalat mit Honig- Senf Vinaigrette und gehobeltem Parmesan (12,50€)
Carpaccio vom Rind
Irgendwo unten war auch Rindercarpaccio, leider ertränkt von der Vinaigrette. Obwohl die gut war. Vom Rind also nicht wirklich viel zu schmecken. Und der Rucola war dann stellenweise auch schlecht geputzt. Wenn der überhaupt in dieser Küche Wasser gesehen hatte. Dazu, nicht wie angekündigt gehobelter, sondern geraspelter Parmesan. Was dem Gericht natürlich eine ganz andere Richtung gibt. Die paar hübschen Sprossen obendrauf - geschenkt. Dazu verirrten sich auch immer wieder mal andere grüne Salatblätter unter den Rucola. Also ehrlich, und es tut mir ein wenig leid es so zu schreiben, dieses Carpaccio war eine schlechte Interpretation des italienischen Klassikers. Das mag für den ein oder anderen recht hübsch und appetitlich ausschauen, geschmacklich war es Welten davon entfernt. Der Rucola, den ich eigentlich liebe, gab mir den Rest. 2* Wegen der schönen Aussicht. Und des guten Weins. Und der netten Begleitung.
Meine Tischnachbarn hatten es da offensichtlich besser erwischt. Und zum Hauptgang sollte sich dann auch das Blatt bei mir wieder wenden. Dem Wein blieben wir erst einmal treu.
Gebratener Zander auf Kartoffel-Gurkensalat mit Remouladensauce (18,50€)
Gebratener Zander auf Kartoffel-Gurkensalat
Auf der Haut gebratener Zander, wenn auch nicht mehr durchgängig knusprig, dafür aber noch saftig und wohlschmeckend, wenn auch recht puristisch. Dazu eine recht große Portion Kartoffelsalat mit ein paar Gurken und einer Art Mayonnaise. Evtl. war auch ein wenig Brühe mit im Spiel. Jedenfalls konnte sich das sehen und auch essen lassen. Bis dato gab es hier nichts auszusetzen. An der Remouladensauce mögen sich die Geister streiten. Immerhin hieß es ja "Sauce" und da will ich mal nicht so kleinlich sein, wie es auch Carsten schon schrieb, so passte die Remoulade deutlich besser zu dem Gericht. 3,5*
Und nachdem ich schon satt war bevor ich hier an dem Abend ankam, war ich dann noch einmal satt. Aber so richtig. Nur, was war wieder mal alle? Der Wein - richtig! Und da hilft bekanntlich nur eins. Nachschub. Und da ich guten Gewissens (und auch Wissens) keinen weiteren (Weißen) so wirklich empfehlen konnte, der Gastwinzer aus Ingelheim mir zudem überteuert erschien und ich dessen Entwicklung über die letzten fünf, sechs Jahre nicht mag, kehrten wir, wie eingangs erwähnt, zum Riesling "vom Quarzit" zurück. Mit Wein lebt es sich eben doch noch um einiges geselliger ;-) (Was zwei Tage später erneut bewiesen wurde - stay tuned). Manchmal so gesellig, dass zum Abschluss noch ein Roter her muss. Hier sprang ich dann doch noch über meinen Schatten und wagte den Frühburgunder "R" vom Weingut Bernhard Grünewald aus Bingen-Büdesheim (0,2 / 6,30€). In der Vergangenheit hatte ich den schon mal als gut empfunden. Zur Wahl stand auch noch ein Rheingauer Spätburgunder vom Assmannshäuser Höllenberg, der mit Jahrgang 2018 aber zwei Jahre jünger war als der von uns bestellte. Im Endeffekt hatten wir uns aber wohl richtig entschieden. Immerhin ein kraftvoller Rotwein mit schöner Frucht, rundem Aroma und gutem Trinkfluss.
Doch jeder schöne Abend neigt sich mal dem Ende zu, es frischte auch deutlich auf und mein Zug nach Hause kam auch immer näher. Mit dem Bezahlen klappte nicht mehr so ganz wie ich es gerne gehabt hätte. So musste ich mein letztes Bares den beiden aus dem Rheinland am Tisch überlassen um mich dann zum Bahnhof aufzumachen. Hab’s grad so geschafft. Was die noch offene Differenz der Rechnung angeht, werde ich mich noch revanchieren. Wanderwein hin oder her. Wir werden uns ja hoffentlich wiedersehen.
Noch ein kurzes Fazit: Die Lage ist natürlich gerade zu der Jahreszeit unschlagbar. Und auch drinnen hat sich nach dem Pächterwechsel etwas getan. Leider sind die Toiletten nach wie vor auch für die Allgemeinheit zugänglich und mit einem benachbarten Kinderspielplatz dementsprechend gut frequentiert. Den Rest kann man sich denken. Service - wirkte etwas überfordert, aber stets nett und freundlich. Das Essen ist bestimmt auch besser als es jetzt nur am Carpaccio festmachen zu wollen. PLV ist der Lage wohl entsprechend, dennoch sind wir immer noch in Bingen am Rhein. Dennoch sind weitere Besuche nicht ausgeschlossen.
P.S. das zu meiner Frage: Was soll ich da noch hinzufügen?