"Die Attraktionen von Sprockhövel: Habbel's und Prof. Dr. Grönemeyer."
Geschrieben am 07.05.2015 2015-05-07 | Aktualisiert am 20.01.2016
"Kritikertreff in Sprockhövel: Platzhirsch Habbels blamiert sich mit weitgehend desaströser Tagesleistung"
Geschrieben am 26.04.2015 2015-04-26 | Aktualisiert am 27.04.2015
"Der Glanz früherer Tage ist dahin! Aktuelle Leistungen haben mehrere GG-Guides schwer enttäuscht!"
Geschrieben am 26.04.2015 2015-04-26 | Aktualisiert am 27.04.2015
* Nach längerer Zeit mal wieder bei "Habbel's" aufgeschlagen. Das Restaurant Habbel's liegt in Sprockhövel. Nach Bochum, Hagen oder Wuppertal sind es jeweils etwa 20 Minuten mit dem Auto. Im Grunde besitzt Sprockhövel 2 Attraktionen. Hier wohnt Prof. Dr. Grönemeyer (Bruder von Hebbert - Bochum ich komm aus Dir) und das Restaurant und die Destillerie Habbel's. - Das Restaurant teilt sich räumlich in zwei Bereiche auf. Vorne eine zeitgemäße Gestaltung im Bistrostyle, dahinter eine eher rustikale deutsche Gemütlichkeit. Etwas Puppenstube, etwas Rustikalität auf leicht erhöhtem Nivau.
* Schnell erhielten wir die Karten. Das Angebot war übersichtlich, man wird nicht mit 25 Gerichten erschlagen. Die Mehrzahl der Gerichte darf man in Ableitung der Beschreibung eher der klassischen, konservativen Küche zuordnen. Experimente wagt man hier eher nicht. Offensichtlich orientiert man sich an den Wünschen des Publikums aus dem eher ländlichen Ennepe-Ruhr-Kreis und den aufregenden Städten wie Hagen oder Bochum. Düsseldorf ist 40 Kilometer entfernt, Köln noch 10 Kilometer mehr. Unsere Entscheidungen trafen wir schnell. Als Vorspeisen 2 x das Mousse von der Räucherlachsforelle, 1x den Wildlachs und 1x das Rindersteak in der 300 Gramm Version. Letzteres für mein liebe Begleitung. Hasimausi und 300 Gramm vom Rind, ein Novum ! Bei ihr ist im Regelfall bei 200 Gramm Fleisch die Maximum-Grenze erreicht. Ich staunte ! Nun gut, die Damenwelt ist immer für Überraschungen gut.
* Kurz nach Aufnahme der Order erschien der vermeintliche Restaurant-Chef und platzierte etwas Brot mit etwas Butter auf den Tisch. Dazu die Aussage, "einen Gruß aus der Küche". Die Küche grüßte erkennbar bescheiden. Nein wir sind keine "Amuse-Bouche-Jäger" und unsere Erwartungshaltung ist immer überschaubar. Aber etwas "Durschnittsbrot" mit etwas "Deutscher Markenbutter" als Gruß aus der Küche zu bezeichnen - mutig. Zumindest für dieses Haus. Auf den Punkt gebracht, Opening vollzogen, Opening misslungen. Nun gut, es gibt schlimmers. Die Vorspeise wird bestimmt besser - so glaubten wir.
* Wir sind (beide) weit davon weg grössere Portionen zu bevorzugen, eher das Gegenteil kann uns begeistern. Klein, fein und sorgsam zubereitet, damit kann man uns zufrieden stellen. Was uns allerdings dann serviert wurde, war schon grenzwertig. Das Mousse von der Räucherlachsforelle hatte die Dimension von zwei, maximal 3 leicht gehäuften Gabeln. Oder robust ausgedrückt, Verzehrdauer zwei gute Minuten, inklusive Päuschen. Geschätzt waren es 20 Gramm Mousse. Geeignet für ein Amuse Bouche, aber für eine Vorspeise - never ! Und der Geschmack ? Tja, es war fast keiner vorhanden. Treffender wäre die Bewertung "geschmacksneutral" gewesen. Aber ich glaube diese Formulierung wird nur in der Pharmazie verwendet, eher weniger in der Gastronomie. Nun gut, die Küche hatte das Opening zwei mal versemmelt. Jetzt gegenüber Hasimausi mit dem uralten Spruch "aller guten Dinge sind drei" zu witzeln, hätte eine stressige Diskussion am Tisch ausgelöst. Daher gab ich keine Prognose bezogen auf das Hauptgericht ab.
* Der Service war bisher flink, einen Anlaß zur Kritik lieferte er an keiner Stelle. Eine "Service-Gast-Beziehung" entstand allerdings nicht. Hätte er doch nur bessere Zubereitungen aus Küche serviert. - Zu den Hauptgerichten ! Mächtig das Rindersteak das meiner Dame serviert wurde. Garantiert waren es 300 Gramm, eher sogar mit einer Tendenz zu 350 Gramm. Ehemalige RK-Bewerter aus der Abteilung "Hauptsache volle Teller" hätten sich vermutlich auf die Oberschenkel geschlagen. Dazu einige Scheibchen von Drillingen und ein Salat. Dieser optisch und inhaltlich langweilig, gänzlich ohne jede Raffinesse zubereitet - so Hasimausis Anmerkung. Das Steak wurde medium bestellt und medium rare serviert. Wir reklamierten es nicht. Meine Dame meinte, damit könne sie leben. Manchmal wünsche ich mir ein Küchenchef zu sein. Dem wird offensichtlich einiges verziehen, während ich immer in vielen Dingen perfekt sein muss. Ingesamt zeigte sich meine Dame nicht zufrieden. Für ein 36,- Euro Steak darf man eigentlich eine Premium Fleisch-Qualität erwarten. Das Fleisch war nicht ganz sehnenfrei. - Leider kann ich von dem von mir konsumierten Lachs auch nichts positives berichten. Der servierte Lachs war weder gegrillt noch in der Pfanne gebraten, sondern gedünstet. Sicherlich gibt es Kulinariker, die einen gedünsteten Lachs bevorzugen. Darauf sollte man dann aber bitteschön in der Karte ausdrücklich hinweisen - "gedünstet" ! So aber bestand mein Lachs aus einer Konsistenz die man umgangssprachlich im Rheinland als "schwabelig" bezeichnen würde. Wobei sich dieses Gefühl im Mund schnell erledigte (durchlaufender Posten), da der servierte Lachs kaum mehr als 100 Gramm gewogen hat. Einzig was geschmacklich überzeugte (Achtung Satire), war das auf dem Lachs abgelegte pochierte Ei. Geschickt hatte man ein Wachtelei verwendet, die ja bekanntlich extrem klein sind. Ein Hühnerei hätte den 100 Gramm Lachs vermutlich erschlagen. Armer Lachs. Vollständig überzeugen konnte das Sößchen - lecker !
* Wir haben Habbel's in der Vergangenheit schon deutlich besser erlebt. Für Vorspeisen 15,- oder 20,- Euro aufzurufen, damit haben wir kein Problem. Ebenso nicht mit 36,- Euro für ein ordentliches Filet-Steak ("Habbel's Klassiker"), wenn a.) die Zubereitung und b.) die Produktqualität überzeugen. Beides traf an diesem Tag nicht zu.
* Wir verzichteten auf das Dessert und beschränkten uns auf den Digestif. Wobei das Digestif-Angebot von Habbel's über jeden Zweifel erhaben ist, denn wie bekannt gehört die eigene Distellerie zum Haus. Per Saldo waren wir nicht zufrieden, eher sogar verärgert. Nein reklamiert haben wir nicht, keine Ahnung warum. Natürlich war unsere Erwartungshaltung höher, gegenüber einem "bürgerlichen Wirtshaus", allerdings nicht so hoch angesetzt wie bei einem Restaurant das 15 oder 16 Gault Millau Punkte erreicht. Wer mal in eine Ausgabe des Gault Millau schaut stellt fest, dass man dort das Haus mit einer klar erkennbaren Zurückhaltung bewertet. Wir können es nochvollziehen. Auch wir werden uns zukünftig dort vollständig zurück halten.
* Aktualisierung/Ergänzung am 20.01.2016: Im Gault Millau 2016 (erschienen Ende 11/2015) ist Habbel's nicht mehr aufgeführt !