Geschrieben am 27.11.2023 2023-11-27| Aktualisiert am
28.10.2024
Besucht am 23.11.2023Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 276 EUR
Wichtiger Hinweis vorweg, ich bitte dringend um Beachtung:
Dies ist eine Momentaufnahme vom 23.11.2023 und eine objektive Schilderung der an diesem Abend erlebten Dinge mit der damaligen Karte und personellen Verantwortlichkeiten in der Küche.
Ich bitte dies beim Lesen zu bedenken!
Kritik
Zum Hintergrund des MAKU Restaurants, der Geschichte des Gebäudes, seiner Köpfe und des mutigen Engagements von Mirko Novakovic, den ich persönlich sehr schätze, kann man bei Interesse in meinem ausführlichen Bericht aus dem Oktober 2022 lesen; ich möchte das nicht nochmal im Detail ausrollen:
Fest steht aber das ich hinter dem Ganzen stehe und mit meinen folgenden Worten lediglich wachrütteln möchte.
| Der kleine Prolog |
Was hatte ich mich auf dieses Projekt gefreut! Endlich einmal frischer Solinger Wind in einem Gastro-Segment, das es hier im latenten Genuss-Vakuum zwischen den Metropolen traditionell schon immer schwer hatte: gehobene Küche mit Anspruch und Kreativität.
Denn wer so mutig ist, im Vorfeld in der von vielen mit Spannung erwarteten Eröffnung in der Presse klar das „Mission Statement“ wörtlich zu formulieren, „Fine Dining“ bieten zu wollen, hat es zumindest in der lokalen Wahrnehmung nicht immer leicht, und ich bewunderte diesen Mut zutiefst.
Einfach weil „gehobene Gastronomie“, „Fine Dining“ oder „Gourmet Restaurant“ Begriffe sind, bei denen mancher Eingeborene schon reflexhaft Hypertonie vor lauter Vorurteilen und Ressentiments erleidet.
Für viele sind Restaurants, die preislich und inhaltlich den Bifteki-Dunstkreis verlassen, einfach nur ein überflüssiges Distinktions-Angebot für hochnäsige Besserverdiener, die einfach nur unter sich sein wollen, und das gilt es natürlich per se abzulehnen, gerne auch mit „hochdifferenzierten“ Statements im Hort der vollendeten Online-Harmonie, Facebook.
Und da ich mich als Kulinarik-Nerd seit vielen Jahren oft und gerne in diesen Restaurants bewege, sei gesagt, dass es natürlich solche Gäste gibt, wenig bis keine Ahnung von gutem Essen, aber Standesdünkel, oft garniert mit einem guten Schuss „sehen und gesehen werden“, ist bei diesen Menschen oft die Hauptmotivation für einen Abend in eben diesen Lokalen.
Dieser Zielgruppe ist es völlig egal, was Menschen wie ich zur Kulinarik zu sagen haben, auch denen, die einen Besuch im MAKU als Event betrachten, über das man dann im Freundes- und Kollegenkreis berichten kann, und auch hier ist das Essen meist zweitrangig.
Dabei vergisst man aber, dass hinter diesen Häusern meist viele hochmotivierte Köpfe stehen, die ihre Ideen und Visionen von Gastronomie und kreativer, hochklassiger Küche mit viel Motivation und Passion ausleben und dabei täglich ihr Bestes geben; und ganz sicher nicht in erster Linie daran denken, welches Publikum man mit seinem Angebot anlockt.
Aber es gibt eben auch nicht wenige Gäste, die einfach Freude an gutem Essen und gepflegter Gastronomie haben und nicht zwangsläufig in Geld schwimmen, die einen solchen Abend mit allen Sinnen genießen, wie einen Besuch im Theater oder einer Kulturveranstaltung, denn nichts anderes ist ein Aufenthalt insbesondere in der gehobenen Sterne-Gastronomie.
Dann gerät Essen eben zur Kunst, flankiert von entsprechendem Service und Ambiente, man genießt auf vielen Ebenen, und die Vergleichsmöglichkeiten, die sich über die Jahre ergeben, erleichtern oft die Einordnung auch komplexer Kreationen und der Stilistik der jeweiligen Küche.
Mit zwei solchen dünkelbefreiten Überzeugungstätern, lieben Freunden aus Hückeswagen, wagte ich nach über einem Jahr nach meinem „inoffiziellen“ Erstbesuch im MAKU Restaurant den ersten regulären Versuch.
Schließlich sind solche Neu-Eröffnungen aus dem Nichts immer heikel, ich wollte dem Ganzen Zeit geben, sich zu festigen, sei es, was die kulinarische Vision angeht, oder auch profan Prozesse und Strukturen und nicht zuletzt Team-Building in einer hoffentlich stabilen Verfassung ohne allzu großes Fluktuations-Chaos.
Zur Einordnung: das befreundete Ehepaar geht drei- bis viermal wöchentlich auf diesem oder höherem Niveau essen, sie leben und sterben für das Thema, und die Dame hat gar schon einmal in einer Ausgabe einer bekannten TV-Koch-Sendung den ersten Wochenplatz für ihr famoses Essen gewonnen, bei durchaus starker Konkurrenz.
Und noch wichtiger vielleicht, es war mittlerweile ihr fünfter Besuch im MAKU, und die Tatsache, dass ihre Enttäuschung sich zu 100% mit meiner deckt und alles, was ich schreibe, so von ihnen – und teilweise noch sogar noch deutlicher – geteilt wird, sollte dem Haus zusätzlich zu denken geben.
Das Allerwichtigste aber: Eigenlob gehört sich nicht, und ob ich Ahnung habe oder nicht, mögen andere beurteilen. Eines möchte ich aber betonen: Leute wie wir wissen ganz genau, WAS wir WO für welches Geld erwarten können. Nur weil das MAKU sich selbstbewusst nach außen gibt und einen Fine Dining Nimbus pflegt, gehen wir nicht dorthin, lassen etwa 100 Euro pro Kopf und haben Erwartungen, als säßen wir bei Kevin Fehling im The Table. Nein, wir haben realistische Erwartungen hinsichtlich dessen, was für dieses Geld vor den selbstgeweckten Ansprüchen eines Restaurants mit dieser Positionierung leistbar sein sollte.
Aber damit genug der Vorworte, es gibt noch genug zu berichten, schließlich wurden mehr als ein Dutzend Gerichte verspeist, die es zu besprechen gilt: | Vor Ort in Ohligs |
Mehr als zwei Monate waren seit meinem letzten Besuch im MAKU (Deli) vergangen, als wir gegen 19 Uhr an einem regnerischen, nasskalten Donnerstagabend eintrafen und der Motor des kuscheligen Landcruisers auf dem großzügigen Parkplatz des Restaurants und des angeschlossenen Co-Working-Spaces verstummte, meine Freunde hatten mich liebenswürdigerweise abgeholt.
Ich freute mich darüber zu sehen, dass die Sanierung der Fassade weitere Fortschritte machte, nun erstrahlt auch der zentrale Gebäudeteil mit dem Treppenhaus in neuem Glanz, und man kann sich gut vorstellen, wie das denkmalgeschützte Ensemble nach Vollendung der Arbeiten wirken wird.
Wir traten ein, der Gastraum war fast vollständig besetzt, und nach kurzer Zeit kam ein schmächtiger junger Mann, der eher wirkte, wie ein Praktikant im Teenager-Alter, auf uns zu, begrüßte uns eher knapp und funktionsorientiert, aber freundlich, und bot an, die Garderobe zu verstauen.
Schon da zeigte sich ein großes Manko, das „Investoren“-Gastronomie oft unterschätzt: Es gibt hier niemanden, der dem Ganzen ein verbindliches Gesicht gibt, der den charmanten Gastgeber gibt, seine Gäste kennt und an den Tischen das Haus und seinen Stil verkörpert, wie es beispielsweise einst Pascal Schulte im Pfaffenberg tat.
Man muss sich das mal vorstellen, meine Freunde, die gerne viel Geld in Restaurants lassen, waren das fünfte Mal hier, niemand begrüßte sie namentlich, kein „Frau und Herr B., schön, Sie wieder zu Gast zu haben, ich wünsche Ihnen einen genussvollen Abend und werde Sie gerne durch diesen begleiten.“
Auch im Vorfeld ließ die Kommunikation zu wünschen übrig, wegen des besseren Lichtes und etwas mehr Intimität bat ich meine Freunde doch, einen Tisch an der Fensterfront auf der kleinen Empore zu reservieren, was sie per Open Table auch taten.
Wir erfuhren dann vor Ort vom jungen Sommelier, der anscheinend auch diese Dinge im Blick hatte, dies habe leider nicht funktioniert, weil man schon zu viele Reservierungen mit diesem Wunsch hatte, wie er uns leidlich bedauernd mitteilte.
Ein Haus mit Niveau hätte dies vorab mit dem Gast geklärt und sich zumindest zurückgemeldet, vielleicht gab es ja einen triftigen Grund für diese Bitte, nicht in der Mitte des Geschehens sitzen zu wollen.
Ich empfehle dem MAKU, das Thema Gastgebertum und Guest-Relationship-Management mindestens genauso ernst zunehmen wie den ganzen Social Media Klimbim, den sie (höchst erfolgreich wohlgemerkt) rund um ihre Start-Ups und ihre MAKU Mucke Events zelebrieren: Insta-Reels sind flüchtig, unzufriedene Gäste auch.
Und so saßen wir dort, wo ich zumindest nie hätte sitzen wollen, an Tisch 23 im unteren Bereich unweit der Bar bei gelblichem Dämmerlicht, ohne Spots auf den Tischen, die zumindest in Sachen Lichtstimmung kleine Inseln hätten schaffen können, in einer leicht hallenartigen Atmosphäre.
Positiv war die Tischkultur. Tischdecken würden hier auch nicht in das Konzept passen. Es wurde sauber eingedeckt mit wertigem Besteck, das war ansprechend.
Über das zeitgeistige, was diesen Trend angeht, auch nicht mehr ganz taufrische Industrial Design hatte ich ja bereits berichtet. Es wirkt vor allem mit dem angeschlossenen Deli so, als hätte man versucht, Mälzers Bullerei nach Solingen Ohligs zu verpflanzen: eigentlich eine schöne Idee, wenn da nur die abendliche Kulinarik auch nur im Ansatz mithalten könnte, aber dazu gleich mehr.
Die Karten wurden gereicht und der Sommelier, als der er sich vorstellte, erfragte erste Getränkewünsche. Positiv ist, dass die 0,75 l Taunusquelle mit heutzutage im gehobenen Bereich moderaten 6,50 € zu Buche schlug. Aber die Wasserdiskussion ist ja so alt wie die Branche selbst, glaubt man manchmal, und wird leidenschaftlich kontrovers gepflegt.
Die Entwicklung des Angebotes habe ich aufmerksam von Beginn an verfolgt. Anfänglich bot man auch ein Menü, wenn ich mich richtig erinnere. Aktuell bietet man lediglich à la carte und ein Dreigang-Menü für 50 Euro, das sich aber lediglich aus der Standard-Karte rekrutiert.
In diesem hätte es heute die Trüffel-Pasta als Hauptgang gegeben. Hätte ich lediglich dies gewählt und wäre mit Convenience Pasta – dazu gleich mehr – als Main-Act beglückt worden, so wäre mein Urteil noch deutlich verheerender ausgefallen.
Geht man oft in Restaurants mit einem klaren kulinarischen Konzept, liest man Karten mit ganz anderen Augen, als der Gelegenheits-Gast dies normalerweise tut.
Schon von Beginn an vermisste ich beim MAKU eine klare Linie, eine nach außen getragene Vorstellung dessen, wofür die Küche und ihre Stilistik stehen.
Und ausgelatschte Floskeln auf der Website, wo man von 'saisonal und regional mit internationalen Einflüssen' und 'geschmacklichen Überraschungen, die mit viel Kreativität und Raffinesse angerichtet werden' fabuliert, sind in meinen Augen eher Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit in der Selbstfindung.
Das übersetzt sich auch in die Karte, von allem ein wenig, hier ein Steak, da Tataki, dort ein Grünkohlsalat: ohne jeden roten Faden, ein überschaubares Sammelsurium von epigonenhaften Versatzstücken, ohne dass im Ansatz überbordende Kreativität spürbar wäre.
Es sei denn, man hält Caesars Salad oder die seit einem Jahr auf der Karte stehenden Kalbsbäckchen und den Schweinebauch für die Speerspitze spannungsgeladener Avantgarde-Küche. Zumindest fanden sich aber zarte saisonale Akzente.
Wobei ich das grundsätzlich überhaupt nicht verurteile. Ich riet den Betreibern von Beginn an zu einem Spagat zwischen Anspruch und Zugänglichkeit, da reine Gourmet-Küche hier ein schwieriges Thema sei mit Blick auf die lokale potenzielle Zielgruppe. Aber wenn, dann bitte einen Spagat mit Abwechslung, Inspiration und einer herausragenden Umsetzung…
Auffällig: Die Preise wurden nach einer Phase, in der die Hauptgerichte die 40-Euro-Marke fast gerissen haben, teilweise spürbar nach unten korrigiert, da sich dies im lokalen Wettbewerb nicht durchsetzen konnte, wie mir aus internen Kreisen berichtet wurde.
Wobei die Relation mancher Preise untereinander Fragen aufwirft, aber insgesamt kann man von einem doch eher zivilen Niveau sprechen, das mitnichten abgehoben ist.
Wir waren uns schnell einig, fast die gesamte Karte zu bestellen und die Teller rotieren zu lassen, sodass jeder in den Genuss von mehr als einem Dutzend Gerichten kommen würde; eine XL-Degustation genau nach unserem Gusto, einfach schön, mit Gleichgesinnten zu schlemmen.
Just in diesem Moment tauchte zu meiner Freude ein bekanntes Gesicht am Tisch auf, Wein-Papst Sebastian Bordthäuser, den ich letztmalig im August in Köln traf, als mich das Restaurant Le Moissonnier zur Präsentation seines neuen Konzeptes einlud. Er war an diesem Abend zufällig zugegen und half im Service.
Damals unterhielten wir uns über die aktuelle Lage im MAKU. Sebastian ist nicht nur Mitgesellschafter des Unternehmens, sondern auch hin und wieder als Sommelier 'Hands-On' mit von der Partie.
Ich glaube, er freute sich auch ein wenig, als wir uns begrüßten, und es war eine Wohltat, ihn zu erleben. Das sympathische Unikum ist einfach ein erfahrenes altes Zirkuspferd, das mit seinem unterhaltsam vorgetragenen profunden Fachwissen keine Fragen offen lässt und seine in der Karte inkludierten Empfehlungen durch die Bank eine verlässliche, außergewöhnliche Angelegenheit.
Durch ihn ist das Thema Wein und Spirituosen im MAKU ein absolutes Highlight und die Weinkarte für Weinnasen eine einzige Offenbarung, selbst wenn man sich das teilweise auch ordentlich bezahlen lässt.
Sebastian war es auch, der dem MAKU an diesem Abend in meiner Wahrnehmung als Frontmann so etwas wie ein Gesicht verlieh, das war legeres Gastgebertum mit Niveau. Er nahm die Bestellung entgegen, half beim Servieren, annoncierte, arrangierte den Tisch.
So einen Menschen braucht ein Restaurant einfach auf einem gewissen Level, und wäre er nicht da gewesen, hätte sich an diesem Abend für mich ein Vakuum ergeben, das ich mir gar nicht ausmalen möchte. Ich freute mich sehr, ihn zu sehen, und ließ ihn das auch später persönlich wissen.
Ansonsten im Service der angesprochene junge Sommelier und mehrere junge Damen, die ihre Sache gut machten, aber in ihrem juvenilen Alter natürlich noch nicht das Format haben, prägend für die Wahrnehmung des 'Spirits' eines Restaurants mit klarer Vision zu sein.
Nun denn, ludi incipiant, wir starteten in die lange Verkostung:
| Apero, Amuse & Brot |
2x „Brot und Dip“ - 9,00€ (zu je 4,50€)
Champagner L’Atavique Grand Cru Brut, Mouzon-Leroux, Montagne de Reims, Champagne, Frankreich – 0,1l zu 12,50€
Schon der mit 12,50€ fair kalkulierte offene Champagner ist eine exzellente Visitenkarte für den Geist, den Sebastian hier in Sachen Wein manifestiert. Denn hier setzt man auf alles andere als langweiligen Mainstream, herrlich!
Der L’Atavique Champagner, ein handwerkliches Erzeugnis der kleinen Domaine Mouzon, verkörpert mit seiner knackigen Trockenheit und Biodynamik den Geist des Erzeugers. Angebaut im Grand Cru Verzy, besteht er hauptsächlich aus Pinot Noir und Chardonnay und bietet fernab von gewöhnlichen, weichen Schaumweinen, eine komplexe Aromenpalette: Apfel, Yuzu, Karamell, Rauch: da passierte viel.
Sein intensiver, fruchtiger Geschmack mit einem Hauch von Mandarine und Grapefruit, begleitet von salziger Mineralität, endet in einem kalkigen, leicht herbem Finale. Trotz seiner Position als Basisprodukt der Domaine, eignet er sich mit seinem eigenwilligen Charakter eher für erfahrene Champagner-Genießer, für mich eine kleine Offenbarung und positiver Einstieg.
Serviert wurde er wortlos („Einmal Champagner!?“) von dem jungen Mann, der uns die Jacken abnahm, meine beiden Begleiter, obwohl Vollblut-Genießer par excellence, trinken beide keinen Alkohol, macht nichts, cheers ihr beiden, auf einen schönen Abend!
Es folgte das Brot, für neun Euro erhielten wir zwei der kleinen, im Glas gebackenen, Muffin-ähnlichen hellen Brote, dazu ein kleines Schälchen Dip für drei Personen.
Das Brot erzeugte erste Fragezeichen, meine Freunde berichteten von ihrem letzten Besuch, da hatte es geradezu begeistert, es kam in einer kleinen Metalldose und dampfte ofenfrisch beim Öffnen vor sich hin.
Ofenfrisch war auch das Brot vom Donnerstag, wir fragten uns allerdings konsterniert, wann dieser Zeitpunkt war und einigten uns auf den Vortag: die obere Hälfte war komplett trocken und schmeckte altbacken, unten wurde es etwas besser, wenn auch nicht viel.
Dazu kommt die unpraktische Anrichtung im Glas: optisch vielleicht nett, aber man muss es entweder mit den Fingern herausrupfen oder mit dem Messer im Glas schneiden, muss man mögen.
Beim begleitenden Dip komme ich direkt wieder zum Thema roter Faden und stimmiges Konzept. Es gab eine Feta-Creme die man mit getrockneten Tomaten pürierte, obenauf schwamm vollfruchtiges, mainstreamiges Olivenöl, dass aufgrund der völlig faden Würzung der Creme aromatisch fast tonangebend war. Und - Tusch - Premiere für die Brunnenkresse, die scheint man hier sehr zu vergöttern wie sich zeigen wird.
Ein Dip, wie ihn die nicht gerne würzende Mutti für das Nachbarschaftsgrillfest zusammenrühren würde und mit seiner mediterranen Ausrichtung ohne jeden inhaltlichen Bezug zur restlichen Karte.
Es folgte das Amuse Bouche, und die Fragezeichen setzten sich fort. Man servierte ein Stück milden schnittfesten Ziegenkäse, darauf Haselnüsse, Apfelspalten, Weintraube und Traubengelee.
Wenn man so will die „leicht gehobene Version eines Käseigels“ merkte ich zur Belustigung meiner Tischgenossen lakonisch an, natürlich sollte das schmecken, warum auch nicht. Aber was hat das mit Kochkunst zu tun???
Mir hat mal ein Zwei-Sterne-Koch in seiner so eigenen Begeisterung für sein Tun wortreich erklärt, das Amuse sei für ihn fast der wichtigste Teil im Menü. Dort gibt man seine Visitenkarte ab, verzaubert mit seinem Können und weckt Lust auf die folgenden Genüsse, und wie recht der Mann hat.
Nun, eine Visitenkarte sollte dieser Snack aus der Kategorie „Häppchen zum Sonntags-Tatort für Besseresser“ rückblickend auch sein, wenn auch leider nicht so wie intendiert…
Es folgten danach in zwei Durchgängen insgesamt sechs Vorspeisen, die ich nun nacheinander durchgehe, wie gesagt aß jeder ein Drittel jedes Ganges:
2022 Alvarinho Contacto, Weingut Anselmo Mendes, Minho, Portugal – 0,15l zu 9,00€
Thunfisch Tataki mit Ponzu ist in etwa so kreativ und klassisch wie Pommes mit Ketchup und dennoch freute ich mich darauf, denn ich liebe gute Ponzu.
Dazu sollte es noch einen „Zuckerschoten Mandarinen Salat“ und Yuzu Creme geben. Von Mandarinen und Yuzu Creme habe ich nichts entdeckt, aber zumindest feine Streifen von Zuckerschoten, die in der Ponzu-Pfütze schwammen, auf der man den Fisch bettete.
Obenauf bereits der zweite Auftritt des Garnitur-Mega-Stars des Abend: unmotiviert draufgeschmissene Brunnenkresse, schon das Tellerbild war ernüchternd.
Gut gegart war er, der klassisch mit schwarzem und weißem Sesam ummantelte Fisch und auch die Qualität stimmte, keine Frage.
Da ich weiß, woher man zumindest anfänglich den Fisch bezog ist das auch keine Überraschung, allerdings muss hier etwas bei der Lagerung passiert sein, was unverzeihlich ist und mir auch von meiner Begleitung bestätigt wurde. Manchmal ist man sich ja doch etwas unsicher, aber hier war die Sache leider klar: der Thunfisch schmeckte nicht nur im Abgang spürbar nach Fisch, und ich meine diesen unangenehmen „Hamburger Fischmarkt Geruch“, wenn man versteht was ich meine.
Die Ponzu nur ein fader Abklatsch dessen, was eine vielschichtige, aromenstrotzende Ponzu ausmacht, dieses Spiel von Süß-Sauer-Salzig, das ein Umami-Großfeuerwerk verursacht.
Diese hier war nur eindimensional sauer und salzig und ob diese wirklich selbst gemacht war und jemals Katsuobushi Flocken und Dashi Kombu gesehen hat wage ich schwer zu bezweifeln.
Zusammen mit dem fischigen Hautgout des Thunfisch als Fehlnote absolut kein Genuss und ich war regelrecht froh darüber, nur ein Drittel essen zu müssen, den beiden anderen ging es genauso.
Wer auch immer das gekocht hat, ob Küchenchef Gaube oder ein Sous Chef, sollte dringend mal ein Ponzu-Seminar rund um die Immermannstraße besuchen, oder ein Praktikum bei Bau-Schüler Lukas Jakobi in Düsseldorf machen, könnte helfen; so etwas darf in dieser Form nicht über den Pass.
Das Highlight der Wein, den Sebastian wortreich empfahl. Dieser Alvarinho präsentierte sich in hellem Strohgelb mit grünen Akzenten und begeisterte schon mit einem Duft aus tropischen Früchten, Blüten und einem Hauch Rauch in der Nase.
Am Gaumen überzeugte er mit einer Harmonie aus Zitrus- und tropischen Aromen, ergänzt durch eine lebendige Säure und eine leicht salzige Mineralität. Sein reichhaltiger Charakter mündete in einen trockenen, leicht bitteren Abgang, der seine mineralische Tiefe unterstrich.
Ein herausragender Wein, der durch seine Trinkbarkeit und Fülle bestach: glouglou pur!
| 2. Gang |
MAKU Schweinebauch, kleine Portion – 15,00€
Kartoffelcreme | marinierte Gurke | Kalbsjus
Ich habe mir angewöhnt, Komponenten zunächst separat zu verkosten. So fade und nichtssagend das Kartoffelpüree daher kam, so absurd versalzen war die eigentlich in ihrem Fundament recht ansprechende Kalbsjus.
Und dabei liebe ich Salz, was für manche schon versalzen wirkt, ist für mich gerade richtig, aber wenn ein Soßenfan einen beherzten ersten Löffel mit Püree mit viel Soße nehmen würde, dann würde es wohl jedem den Mund zusammen ziehen, da war wohl jemand schwer verliebt.
Dazu gab es in einem süß-sauren Pickle-Sud marinierte Gurken und eine Pflaume, die einen kleinen bemerkenswerten Akzent setzte und mich an etwas erinnerten, was ich mal fast exakt gleich vor drei Jahren in einem Sterne-Restaurant hatte.
Sie hatte überraschende Tiefe, da war Fermentation mit im Spiel, Noten von Tee und Portwein, sehr schön.
Der Schweinebauch zart aber leider ohne jeden Knusper für ein wenig Textur, die typische Sous Vide Konsistenz von 72 Stunden bei 60 Grad schätze ich, verlässlich und simpel in der Machart und mich an die Zeit erinnernd, in der so etwas vor einigen Jahren schwer in Mode war.
Die Aromatik eher mild süßlich, vielleicht etwas Ketchup mit im Spiel und ein Hauch Ingwer, ein wenig Schärfe hätte gut getan.
Durch die heftige Salzigkeit der Jus konnte man das eigentlich nur im Zusammenspiel essen, eine Gabel Püree, etwas süße Gurke, ein wenig Fleisch und den Bissen vorne in die Jus dippen, nur dann machte es Sinn.
Trotzdem eher einer der gelungenen Gänge, auch wenn das Tellerbild abermals eher denkbar rustikal war und nicht wirklich auch nur im Ansatz an „Fine Dining“ erinnerte.
Als ich das Foto einem befreundeten Weinmenschen zeigte, verschlug es ihm fast die Sprache und auch wir am Tisch konnten es kaum glauben.
Eher als Bowl mit separaten Komponenten umgesetzt wurde ein kleiner Teller mit hohem Rand ohne Rücksicht auf Verluste bis zum Rand vollgestopft, als kleiner Vorspeisensalat für 14 Euro schon optisch eine Katastrophe.
Mittig etwas herbstlicher Pflücksalat, umringt von völlig ungewürzter Gurke, ebenso naturbelassenen halbierten Kirschtomaten ohne Geschmack, und eine fein tranchierte halbe Avocado, ebenfalls komplett ungwürzt.
Das belanglose, mild süßliche Dressing auch nicht der Rede wert, gut nur, dass der schöne Ziegenkäse etwas Salzigkeit beisteuerte, die Austarierung von Süße, Säure und Salz scheint hier nicht wirklich zu funktionieren, wie man mehrfach bemerkte an diesem Abend.
Wenn die junge vegetarische Studentin ihre Freundinnen zum Mädelsabend in der WG einlädt und bekocht sicher ok, aber selbst sie hätte sich wohl mehr Mühe gegeben, für ein Restaurant dieser Preisklasse und diesem Selbstverständnis ein Armutszeugnis sondergleichen.
Denkbar belanglos sollte es weitergehen, die rote Beete schmeckte typisch wie die vorgekochte aus dem Supermarkt, wofür auch Optik und Textur sprachen.
Dazu mit Honig karamellisierter Ziegenkäse, der Klassiker eben, mittig ringförmig arrangiert (warum nur dort???) eine recht große Menge ebenfalls karamellisierter Walnüsse, frische Feigenspalten, hurra, endlich mal wieder Brunnenkresse nebst gewöhnlicher Gartenkresse. Dazu noch Tupfer einer – bin mir nicht mehr ganz sicher – Himbeer-Creme, die allerdings komplett unterging.
Der Bete fehlte in Summe alles, vor allem Säure, ein Bissen mit allen Komponenten mäanderte auf dem Gaumen zwischen diffuser Süße und Erdigkeit der Bete hin und her, langweilig und wenig animierend den Teller mit Freude leer zu essen.
| 5. Gang |
Trüffel-Ravioli, kleine Portion – 15,00€
Trüffelbutter-Creme | braune Brösel | „Französischer Herbsttrüffel“
Schon die Optik ließ mich resignieren. Natürlich kann man für den Preis nicht erwarten, dass einem jemand am Tisch servil lächelnd mit dem Trüffelhobel 20 Gramm besten Alba-Trüffel auf den Teller zimmert.
Aber dann lasst es sein, Trüffel-Pasta lebt von Opulenz, dann nehmt Geld pro Gramm oder was auch immer aber schreddert doch keinen relativ belanglosen Herbsttrüffel mit der Micro-Plane, sodass es optisch wirkt, als habe jemand den Staubbeutel nach dem Auto-Aussaugen entleert, schrecklich.
Dazu obenauf etwas das wie Nussbutter-Brösel wirkte und geschmacklich wenig beisteuerte, auch nicht in Sachen Textur falls das die Intention war.
Die drei großen Ravioli eindeutig aus der Frische-Convenience, viel zu gleichförmig und perfekt, die Mascarpone-Füllung ungewürzt und fade – das überraschte doch angesichts der hehren Pläne, die man hier hatte. Pasta einzukaufen ist völlig ok, aber bei gefüllter Pasta hört der Spaß für mich auf.
„Peter, du musst gleich stark sein.“ hörte ich mein Gegenüber kopfschüttelnd sagen, als er vor mir probierte, dass sei furchtbar trocken und kein große Vergnügen, leider behielt er Recht.
Der Trüffelgeschmack kam primär künstlich aus einer Trüffelbutter, der spärlich vorhandene „Trüffelstaub“ selbst wie gesagt blass und wenig aromatisch, ein komplett enttäuschender Gang.
Auf einem Spiegel eines Buttermilchschaumes nebst Schnittlauchöl, fanden sich drei Muscheln und drei Stücke sautierter, ungewürzter Blumenkohl in interessanter Proportion: einmal S, M und XL, das kleine Stück leider merklich angebrannt.
Auch hier war das Tellerbild lieblos umgesetzt, mit dem Öl bekleckerte man noch aus Versehen den Blumenkohl. Puh, was ist denn hier los momentan? Will man nicht oder kann man nicht?
Die Muscheln selbst leicht übergart aber noch im Rahmen, etwas suboptimal die extrem wabbelige Konsistenz.
An die Creme unter den Muscheln, die ihnen Halt gab, kann ich mich nicht mehr genau erinnern, im Zusammenspiel dominierte der leicht säuerliche Schaum und man vermisste jegliche geschmackliche Raffinesse und Tiefe.
Soviel zu den Vorspeisen, die Erwartungen hinsichtlich der Hauptgerichte schraubten wir da schon merklich nach unten, es geht weiter:
2017 Cabernet Sauvignon, Weingut Quinta da Bacalhoa, Alentejano, Portugal – 0,15l zu 15,50€
Wer meinen Text im Blog von Weine & Feinkost gelesen hat, weiß, dass das Steak leider das Gericht war, das eine lupenreine Hymne damals verhinderte, während ich mit den Vorspeisen und Desserts aus den Händen von Christian Schreier – er arbeitet hier leider nicht mehr, das war deutlichst spürbar – hochzufrieden war, das kratzte im Kern an Sterneniveau.
Auch hier war das Tellerbild ein ziemliches Debakel, unten eine Hollandaise Variante mit Liebstöckel, dazu wilder Brokkoli – willkommen in 2019 – und Pommes Rissolées, die deklarierte Kalbsjus hatte man anscheinend vergessen, was da um die Hollandaise glänzt war Fleischsaft.
Der Gargrad – Wunsch wurde nicht erfragt – medium wurde leicht überschritten, mir zu viel grauer Rand und das Fleisch eher bissfest und geschmacklich belanglos, es schmeckte wie argentinische Massenware ohne jeden Charakter.
Und da stellt sich mir die Frage, welche Zielgruppe man hier bedienen möchte. Man hat den Preis für das Steak von zuletzt 38 Euro auf 30 Euro gesenkt und empfiehlt dazu einen Wein, für den man 15,50€ für das Glas aufruft.
Glaubt man, dass preissensible Kunden wegen acht Euro nun das Restaurant stürmen und sagen „Ja, also jetzt nix wie hin da, und her mit dem 15 Euro Cabernet!“.
Nein, das ist der falsche Weg, wenn man Genussmenschen ansprechen will. Dann soll man doch besser 45 oder mehr Euro für das Gericht nehmen, ein tolles Premium-Fleisch (gibt es auch hierzulande, es muss kein Übersee-Wagyu & Co. sein) verwenden das begeistert, und so seinem Anspruch gerecht werden.
Das Paar gegenüber und meinereiner sind große Fleisch-Genießer, für uns war dieses Fleisch eine große Enttäuschung, für die man nicht gezielt essen geht, so traurig das ist.
Die Hollandaise etwas zu säuerlich aber ich mag das, wobei ich persönlich nie Hollandaise zu Steak essen würde aber das ist ja ein wenig Geschmackssache.
Der Brokkoli auffallend bissfest und ungewürzt und wenn man sich die wörtliche Bedeutung von Pommes Rissolées anschaut, fragt man sich ob der kaum wahrnehmbaren Bräunung der kleinen Kartoffelwürfel ob man das Rezept jemals verinnerlicht hat.
Das Highlight des Ganges: der Wein, den Sebastian mir ausführlich erklärte.
Und dabei geschah der für mich mit Abstand peinlichste Moment des ganzen Abends, alleine der Gedanke daran bereitet mir jetzt noch körperliche Schmerzen.
Man muss dazu wissen, dass es für mich aus persönlichen Gründen nicht einfach war, heute hier zu sein, ich verbinde keine schönen Erinnerungen mit diesem Gebäude.
Und als Sebastian mir ausführlich den Wein erklärte, stand ich daher gerade völlig neben mir und wurde mit Fakten geflutet und fragte danach allen Ernstes gedankenverloren, ob Quinta da Bacalhoa nun eine mikro-autochthone Rebe sei oder das Weingut, und das, obwohl ich ein Jahr in einem Wein- und Feinkostgeschäft mit Schwerpunkt iberische Halbinsel arbeitete und bspw. die Quinta Quietud meine liebste Toro Bodega ist.
Schon als ich mich selbst reden hörte, wäre ich am liebsten im Boden versunken aber Sebastian ließ das ungerührt und antwortete sachlich ohne eine spöttische Bemerkung, die ich ihm sofort verziehen hätte, ein Moment der Schande sondergleichen. :-)
Da half nur ein tiefer Schluck Wein: Der Quinta da Bacalhôa, eine wuchtige Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot, konnte begeistern. Ein Rotwein aus der Peninsula de Setúbal in Portugal, bestach durch seine Klassik und Eleganz. Samtige, fruchtbetonte Tannine , Aromen von reifen roten Früchten und Mandelblüten, verfeinert mit subtilen Vanille- und Gewürzakzenten, im langen Finish mit einer dezenten mineralischen Note.
Vielleicht etwas zu ambitioniert im Preis für das Glas, aber unbestritten ein hervorragender Wein dessen Duft sogar den Abstinenzlern am Tisch eine tiefe Nase wert war.
Mir fiel übrigens bei der Durchsicht der Rechnung auf, dass man beide Weine, den Alvarinho als auch den Cabernet nicht berechnet hat, ich nehme an das war ein Versehen und werde den Betrag natürlich noch begleichen.
Das „Prinzip Haufen“ scheint das wichtigste Credo in Sachen Anrichtung zu sein, unten Polenta, darauf Soße und Pilze, das Fleisch obenauf und – yea – mit präziser Sorgfalt (…) platzierte Brunnenkresse.
Fangen wir mit den guten Nachrichten an: das Fleisch wurde lange genug geschmort und so faserig, dass es fast mit dem Löffel essbar war. Ob man ausreichend langes Schmoren als Ausdruck von vollendetem Handwerk ansieht, sei dahingestellt aber ich habe es auch schon anders erlebt.
Dadurch hatte sich jedoch das gallertarige Bindegewebe, dessen wabbelige Konsistenz manche das Thema Bäckchen verleidet, komplett aufgelöst, das Fleisch an sich war auch geschmacklich gut.
Auch die Idee mit den sautierten Pilzen an sich gut, wenn auch die Kräuterseitlinge eine gummiartige Textur besaßen und die Pilze anscheinend direkt aus der Pfanne auf den Teller kamen und ihr Bratfett für Fettaugen auf der relativ dünnen Soße sorgten.
Jenes Sößchen besaß auch bei weitem nicht die Kraft, die diesen Teller zu einem schönen Herbstgericht hätte machen können und insbesondere die fade Polenta hätte sich eine potente Begleitung sicher genauso gewünscht wie das thronende Bäckchen – von den Essern ganz zu schweigen.
Mathias Gaube sagte mir im letzten Jahr, als ich den Service meine Meinung zum Hauptgang sagte und u.a. die absurd dünne, geschmacksneutrale Jus ansprach er halte nichts von „lackigen, einreduzierten, schweren Jus“ das sei „altmodisch“.
Ich sagte ihm schon damals, dass ich es gut finde wenn man seine eigenen Vorstellungen hat, dass die „moderne Leichtigkeit“ jedoch idealerweise auch nach etwas schmecken müsse…
| 9. Gang |
Steinbeißer-Filet – 32,00€
Spitzkohl á la Creme | Champagner-Kartoffeln | Speck
Zur Anrichtung möchte ich nichts mehr sagen, und täglich grüßt das Haufentier…
Der Fisch kam in einer durchaus fairen Portionsgröße, Steinbeißer ist eben kein Seelachs was den Preis angeht. Er war auf den Punkt gegart und perfekt glasig, das hat uns allen gut gefallen.
Auch die – vermutlich – geschäumte Beurre blanc hat mir gefallen, da war irgendwo noch Fisch-Fond dabei und sie besaß sogar einen Hauch von Tiefe.
Ob man selbst bemerkt hat, wie fade die begleitenden Kartoffel-Würfel ausgefallen sind und sie deshalb teilweise mit Schnittlauch-Öl benetzte, weiß ich nicht, wir haben sie alle lediglich probiert, waren äußerst entbehrlich.
Der Spitzkohl in seiner Machart hausfrauliche Salz- und Pfeffer-Küche, Speck habe ich weder gesehen noch geschmeckt, man verzeihe mir meine Grobschlächtigkeit falls ich ihn übersehen oder –schmeckt haben sollte.
Fades Gemüse und ebensolche Kartoffeln, ein Stück gut gebratener Fisch und das obligatorische Schäumchen, alles auf einem Haufen: wem das als Ausdruck von gehobener, kreativer Küche ausreicht, findet hier definitiv sein Elysium.
Nein, das ist kein Bircher Müsli liebe Freunde des guten Geschmacks.
Als ich dieses Foto vorgestern einem befreundeten Sternekoch schickte, kam als Antwort „Was haben Radieschen in einem Curry verloren, oder habe ich einen Trend verpasst?“.
Und ja, die Frage stellte sich mir auch geschmacklich, während man sich das „Curry“ eher vorstellen kann wie einen leicht körnigen Brei mit kleinen Paprika-Stückchen, zeigte sich auf den Gaumen nur Kokosmilch-Süße mit leichter, beliebiger Curry-Note - wie sich Radieschen dazu geschmacklich verhielten, kann man sich ausmalen, es harmonierte überhaupt nicht.
Unbestritten ist: Verbranntes Gemüse schmeckt intensiver, denn ihm wird viel Wasser entzogen. Dazu kommen noch die Röstaromen. Verkohlte Rote oder Gelbe Beete zum Beispiel, oder Lauch, seit vielen Jahren ein Trend, auch befeuert durch die New Nordic Cuisine.
Man isst die verkohlten Teile aber nicht mit, es sei denn man hat eine Vorliebe für Acrylamid und extreme Bitterkeit.
Während die beiden nicht verkohlten Perlzwiebeln süß und gut schmeckten, waren die oberen Exemplare schlicht ungenießbar und ich bezweifle, dass dies ein elaboriertes kulinarisches Zitat aus der erwähnten Kulinarik und Hochküche war, sondern eher ein Fall von „da muss noch was drauf!“.
Und das Ganze für 22 Euro: Mittlerweile waren wir in einem Modus der schicksalsergebenen Heiterkeit angekommen und es wurde stellenweise wenig zitierfähig regelrecht albern…
Also dann, auf zum letzten Gefecht, wir baten um die Desserts.
Mittlerweile ging es auf 10 Uhr zu und das Restaurant hatte sich deutlich geleert, wenig später sollten wir mit einem weiteren Tisch die letzten Gäste sein.
Eines von vier Desserts auf der Karte, neben dem gleich noch kommenden Ofenkäse, einer Kaffee Crème brûlée und Sorbets, die man hier zukauft wie man mir schon vor einiger Zeit verriet als ich mittags zwei davon hatte – sollte trotzdem sehr gut schmecken, schade ist es trotzdem.
Zunächst einmal fielen die Proportionen auf, die so gar nicht stimmig waren. Den Hauptdarsteller, den man sich in etwa vorstellen kann wie einen NY Cheesecake ohne Boden als kleinen Zylinder, sah man kaum unter und neben einer großzügigen Kelle Beerenkompott.
Selbst das Himbeersorbet war optisch dominanter weil schlicht größer als die namensgebende Komponente, dazu noch etwas Schokoladencrumble, eher –sand wenn man sich die feine Körnung anschaut.
Ein wenig süße Frischkäsezubereitung, dazu Beerenkompott, das in etwa wirkte wie ein Beeren-TK-Mix den man zur Waffel etwas mit Zucker und Wasser kocht und andickt, dazu eine Kugel Himbeereis.
Ob einem das 12 Euro wert ist, muss jeder selber wissen, mit Wehmut dachte ich an die herausragenden Desserts aus dem letzten Jahr, verglichen damit war das hier ein schlechter Scherz, was hatte ich damals für Hoffnungen für die Entwicklung der Küche.
| 12. Gang |
Saint Marcellin Ofenkäse – 10,00€
Brot | Kräutersalz
Hurra, eine Käseoption, große Freude, liebe ich!
Und eine erfrischende wie ich fand, statt einem klassischen Käseteller gab es einen heißen Ofenkäse mit etwas Brot zum Dippen.
Saint Marcellin, der bekannteste Käse aus der Dauphiné und Grundlage für Le Pitchou: ob Fermier, Artisanal oder Industriel verrät die Karte nicht, allerdings arbeitet man meines Wissens bei Käse mit einem örtlichen Fachgeschäft zusammen, das gute Qualitäten handelt.
Dazu gab es ein interessantes Oliven-Brot, optisch wie Minizwieback aber nicht ganz so krümelig und trocken, dass man in der Pfanne sanft in ein wenig in Olivenöl briet und sehr gut schmeckte.
Daneben wieder einmal frische Feige und kandierte Walnüsse.
Der Käse mildaromatisch wie man ihn kennt und nicht zu streng, das machte Spaß, ich bemerkte aber nach etwa der Hälfte, das da etwas fehlt: wo war denn das Kräutersalz, das mich so neugierig machte?
Ein Blick zur Bar genügte, und der aufmerksame Sommelier kam zum Tisch und ich fragte, ob das Salz irgendwo verarbeitet war oder man es vergessen hatte.
Letzteres war der Fall und man lieferte es in einem kleinen Gefäß nach. Das war schade, denn es war eine äußert gelungene Komponente, die den Käse nicht unwesentlich bereicherte.
Ich fragte, wie man es normalerweise mit dem Salz handhabt und mir wurde gesagt, es komme auf den Käse. Dies wunderte mich etwas, da man den Käse ja zunächst öffnet um an den flüssigen Kern zu gelangen, den ich schließlich damit dezent würzte.
Hätte ich nicht gefragt, wäre mir das entgangen und ehrlich gesagt habe ich für so etwas bei einem Gang mit drei Komponenten in einem fast leeren Restaurant wenig bis kein Verständnis.
Trotzdem Daumen hoch für diesen Gang, bei dem zugegeben die Zubereitung nicht der Rede wert war.
Und damit sind die Gänge alle rezensiert.
Nach einem Digestif war mir nicht mehr und im MAKU Team herrschte auch deutliche Aufbruchsstimmung, aufgestuhlt wurde zwar nicht, aber es waren nur noch wenige Personen anwesend als wir gegen 22:30 aufbrachen und bei einer jungen Dame bezahlten, die uns freundlich und charmant verabschiedete.
Fazit
Ich hoffe nicht, dass man als Reaktion hierauf, sofern überhaupt eine erfolgt, sagt, dass die Fine Dining Ankündigungen von einst Schnee von gestern oder gar nicht so gemeint waren.
Und selbst wenn man mittlerweile alles bewusst etwas einfacher halten wollte, war das angesichts der Selbstdarstellung des Restaurants auf diesem Preisniveau bei weitem nicht ausreichend, wenig kreativ und mit zu vielen handwerklichen Fehlern behaftet.
Angesichts des Erlebten, auch in Abstimmung mit meiner zweiköpfigen Begleitung, vergebe ich gerade noch denkbar knappe 2,5 Sterne für die Küche an diesem Abend. Wie immer ausschließlich in Relation zur Positionierung des Restaurants und innerhalb dieses Segments.
Der Service war höflich, aufmerksam und präsent, das war gut und angenehm. Der Sommelier fragte anfänglich sehr freundlich in der Küche nach, ob ich die Hauptgänge vielleicht auch in Menüportionen bekommen könnte, was man bejahte, alles prima.
Aber es fehlt trotzdem die erfahrene Frontfrau oder der erfahrene Frontmann, die dem Ganzen ein Gesicht geben, die ihre Gäste kennen und als Gastgeber in Erscheinung treten. Das darf man nicht so sträflich vernachlässigen! Wäre Sebastian nicht zufällig dagewesen, hätte mir viel gefehlt an diesem Abend.
Dem sympathischen Team möchte ich trotzdem zufriedene vier Sterne für das erlebte geben, alles andere wäre extrem unfair.
Das Ambiente stilvoll und angenehm, man muss das leicht hallenartige mögen aber ich war immer gerne hier, auf der Empore gefällt es mir aber wesentlich besser, daher heute knappe vier Sterne für diesen Abend.
Die Sauberkeit thematisiere ich eigentlich nie, aber ich möchte nicht verschweigen – damit man hier besser wird, Augen haben schließlich alle Menschen -, dass mir meine Tischgenossen doch selbst etwas überrascht mitteilten, dass sowohl die Damen- als auch die Herrentoilette gegen 10 Uhr einen extrem mitgenommenen Eindruck machten und u.a. der Boden jeweils übersäht mit Papierhandtüchern war.
Ja, es war voll an diesem Abend, aber dieses Thema haben andere gut besuchte Restaurants schließlich auch im Griff, daher hier nur vier Sterne in diesem Fall.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich mit drei Sternen als gerade noch akzeptabel und komme zu meinem Rat beim Steak zurück: bitte macht es nicht über den Preis, ein extrem mittelmäßiges 30 Euro Steak und ein 15 Euro Glas Wein passen nicht zusammen, das sind schlicht unterschiedliche Zielgruppen.
Qualität rauf, mehr Substanz und Talent in der Küche, begeistert die Leute anstatt sie abzuspeisen.
Dann klappt es auch mit Gästen aus dem Umland, die einzig und alleine wegen der Kulinarik nach Ohligs finden und gutes Geld da lassen, ohne Groupon Gutschein und Co.
In der Gesamtnote ist es ausschließlich das hocherfreuliche Thema Wein, das hier in meiner Wahrnehmung denkbar hauchzart einen halben Extra-Stern besteuert und mich persönlich auf 3,5 Sterne kommen lässt. Trinkt man keinen Wein oder wenn er keinen großen Stellenwert hat, kann man sich diesen auch wegdenken, daher lasse ich ihn auch nach reifer nachträglicher Überlegung weg,
Aber solche Kritiken sind ja immer nur Momentaufnahmen, man kann es nicht oft genug sagen, vielleicht zieht man Konsequenzen, vielleicht tut man es ab und wir hatten alle keine Ahnung, man weiß es nicht.
Ich gebe dem MAKU jederzeit wieder eine Chance wenn sich etwas tut, aber was die persönliche Ebene angeht habe ich wenig Hoffnung. Alleine meine vorgestrige Andeutung, nicht allzu positiv zu berichten reichte aus, um zu bewirken, dass mir Personen aus dem MAKU Umfeld mir seit heute kommentarlos nicht mehr auf Instagram folgen oder mit mir auf Facebook befreundet sind. Kindisch geht die Welt zugrunde.
Einfach nur enttäuschend, dass man anscheinend nur etwas zählt, wenn man brav als lupenrein positiv urteilender Multiplikator fungiert.
So, 15 Seiten später sind über zehn Stunden Netto-Schreibzeit rum, Respekt an alle die solange durchgehalten haben und ich hoffe, es hat trotzdem Freude gemacht!
Wichtiger Hinweis vorweg, ich bitte dringend um Beachtung:
Dies ist eine Momentaufnahme vom 23.11.2023 und eine objektive Schilderung der an diesem Abend erlebten Dinge mit der damaligen Karte und personellen Verantwortlichkeiten in der Küche.
Ich bitte dies beim Lesen zu bedenken!
Kritik
Zum Hintergrund des MAKU Restaurants, der Geschichte des Gebäudes, seiner Köpfe und des mutigen Engagements von Mirko Novakovic, den ich persönlich sehr schätze, kann man bei Interesse in meinem ausführlichen Bericht aus dem Oktober 2022 lesen; ich möchte das nicht nochmal im... mehr lesen
3.0 stars -
"MAKU Restaurant Solingen Ohligs: Enttäuschend – schöner Schein und Instagram Heavy Rotation alleine reichen nicht" ShaneymacWichtiger Hinweis vorweg, ich bitte dringend um Beachtung:
Dies ist eine Momentaufnahme vom 23.11.2023 und eine objektive Schilderung der an diesem Abend erlebten Dinge mit der damaligen Karte und personellen Verantwortlichkeiten in der Küche.
Ich bitte dies beim Lesen zu bedenken!
Kritik
Zum Hintergrund des MAKU Restaurants, der Geschichte des Gebäudes, seiner Köpfe und des mutigen Engagements von Mirko Novakovic, den ich persönlich sehr schätze, kann man bei Interesse in meinem ausführlichen Bericht aus dem Oktober 2022 lesen; ich möchte das nicht nochmal im
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Dies ist eine Momentaufnahme vom 23.11.2023 und eine objektive Schilderung der an diesem Abend erlebten Dinge mit der damaligen Karte und personellen Verantwortlichkeiten in der Küche.
Ich bitte dies beim Lesen zu bedenken!
Kritik
Zum Hintergrund des MAKU Restaurants, der Geschichte des Gebäudes, seiner Köpfe und des mutigen Engagements von Mirko Novakovic, den ich persönlich sehr schätze, kann man bei Interesse in meinem ausführlichen Bericht aus dem Oktober 2022 lesen; ich möchte das nicht nochmal im Detail ausrollen:
https://www.weine-feinkost.de/unterwegs/2022/11/das-maku-restaurant-in-solingen-ohligs/
Fest steht aber das ich hinter dem Ganzen stehe und mit meinen folgenden Worten lediglich wachrütteln möchte.
| Der kleine Prolog |
Was hatte ich mich auf dieses Projekt gefreut! Endlich einmal frischer Solinger Wind in einem Gastro-Segment, das es hier im latenten Genuss-Vakuum zwischen den Metropolen traditionell schon immer schwer hatte: gehobene Küche mit Anspruch und Kreativität.
Denn wer so mutig ist, im Vorfeld in der von vielen mit Spannung erwarteten Eröffnung in der Presse klar das „Mission Statement“ wörtlich zu formulieren, „Fine Dining“ bieten zu wollen, hat es zumindest in der lokalen Wahrnehmung nicht immer leicht, und ich bewunderte diesen Mut zutiefst.
Einfach weil „gehobene Gastronomie“, „Fine Dining“ oder „Gourmet Restaurant“ Begriffe sind, bei denen mancher Eingeborene schon reflexhaft Hypertonie vor lauter Vorurteilen und Ressentiments erleidet.
Für viele sind Restaurants, die preislich und inhaltlich den Bifteki-Dunstkreis verlassen, einfach nur ein überflüssiges Distinktions-Angebot für hochnäsige Besserverdiener, die einfach nur unter sich sein wollen, und das gilt es natürlich per se abzulehnen, gerne auch mit „hochdifferenzierten“ Statements im Hort der vollendeten Online-Harmonie, Facebook.
Und da ich mich als Kulinarik-Nerd seit vielen Jahren oft und gerne in diesen Restaurants bewege, sei gesagt, dass es natürlich solche Gäste gibt, wenig bis keine Ahnung von gutem Essen, aber Standesdünkel, oft garniert mit einem guten Schuss „sehen und gesehen werden“, ist bei diesen Menschen oft die Hauptmotivation für einen Abend in eben diesen Lokalen.
Dieser Zielgruppe ist es völlig egal, was Menschen wie ich zur Kulinarik zu sagen haben, auch denen, die einen Besuch im MAKU als Event betrachten, über das man dann im Freundes- und Kollegenkreis berichten kann, und auch hier ist das Essen meist zweitrangig.
Dabei vergisst man aber, dass hinter diesen Häusern meist viele hochmotivierte Köpfe stehen, die ihre Ideen und Visionen von Gastronomie und kreativer, hochklassiger Küche mit viel Motivation und Passion ausleben und dabei täglich ihr Bestes geben; und ganz sicher nicht in erster Linie daran denken, welches Publikum man mit seinem Angebot anlockt.
Aber es gibt eben auch nicht wenige Gäste, die einfach Freude an gutem Essen und gepflegter Gastronomie haben und nicht zwangsläufig in Geld schwimmen, die einen solchen Abend mit allen Sinnen genießen, wie einen Besuch im Theater oder einer Kulturveranstaltung, denn nichts anderes ist ein Aufenthalt insbesondere in der gehobenen Sterne-Gastronomie.
Dann gerät Essen eben zur Kunst, flankiert von entsprechendem Service und Ambiente, man genießt auf vielen Ebenen, und die Vergleichsmöglichkeiten, die sich über die Jahre ergeben, erleichtern oft die Einordnung auch komplexer Kreationen und der Stilistik der jeweiligen Küche.
Mit zwei solchen dünkelbefreiten Überzeugungstätern, lieben Freunden aus Hückeswagen, wagte ich nach über einem Jahr nach meinem „inoffiziellen“ Erstbesuch im MAKU Restaurant den ersten regulären Versuch.
Schließlich sind solche Neu-Eröffnungen aus dem Nichts immer heikel, ich wollte dem Ganzen Zeit geben, sich zu festigen, sei es, was die kulinarische Vision angeht, oder auch profan Prozesse und Strukturen und nicht zuletzt Team-Building in einer hoffentlich stabilen Verfassung ohne allzu großes Fluktuations-Chaos.
Zur Einordnung: das befreundete Ehepaar geht drei- bis viermal wöchentlich auf diesem oder höherem Niveau essen, sie leben und sterben für das Thema, und die Dame hat gar schon einmal in einer Ausgabe einer bekannten TV-Koch-Sendung den ersten Wochenplatz für ihr famoses Essen gewonnen, bei durchaus starker Konkurrenz.
Und noch wichtiger vielleicht, es war mittlerweile ihr fünfter Besuch im MAKU, und die Tatsache, dass ihre Enttäuschung sich zu 100% mit meiner deckt und alles, was ich schreibe, so von ihnen – und teilweise noch sogar noch deutlicher – geteilt wird, sollte dem Haus zusätzlich zu denken geben.
Das Allerwichtigste aber: Eigenlob gehört sich nicht, und ob ich Ahnung habe oder nicht, mögen andere beurteilen. Eines möchte ich aber betonen: Leute wie wir wissen ganz genau, WAS wir WO für welches Geld erwarten können. Nur weil das MAKU sich selbstbewusst nach außen gibt und einen Fine Dining Nimbus pflegt, gehen wir nicht dorthin, lassen etwa 100 Euro pro Kopf und haben Erwartungen, als säßen wir bei Kevin Fehling im The Table. Nein, wir haben realistische Erwartungen hinsichtlich dessen, was für dieses Geld vor den selbstgeweckten Ansprüchen eines Restaurants mit dieser Positionierung leistbar sein sollte.
Aber damit genug der Vorworte, es gibt noch genug zu berichten, schließlich wurden mehr als ein Dutzend Gerichte verspeist, die es zu besprechen gilt:
| Vor Ort in Ohligs |
Mehr als zwei Monate waren seit meinem letzten Besuch im MAKU (Deli) vergangen, als wir gegen 19 Uhr an einem regnerischen, nasskalten Donnerstagabend eintrafen und der Motor des kuscheligen Landcruisers auf dem großzügigen Parkplatz des Restaurants und des angeschlossenen Co-Working-Spaces verstummte, meine Freunde hatten mich liebenswürdigerweise abgeholt.
Ich freute mich darüber zu sehen, dass die Sanierung der Fassade weitere Fortschritte machte, nun erstrahlt auch der zentrale Gebäudeteil mit dem Treppenhaus in neuem Glanz, und man kann sich gut vorstellen, wie das denkmalgeschützte Ensemble nach Vollendung der Arbeiten wirken wird.
Wir traten ein, der Gastraum war fast vollständig besetzt, und nach kurzer Zeit kam ein schmächtiger junger Mann, der eher wirkte, wie ein Praktikant im Teenager-Alter, auf uns zu, begrüßte uns eher knapp und funktionsorientiert, aber freundlich, und bot an, die Garderobe zu verstauen.
Schon da zeigte sich ein großes Manko, das „Investoren“-Gastronomie oft unterschätzt: Es gibt hier niemanden, der dem Ganzen ein verbindliches Gesicht gibt, der den charmanten Gastgeber gibt, seine Gäste kennt und an den Tischen das Haus und seinen Stil verkörpert, wie es beispielsweise einst Pascal Schulte im Pfaffenberg tat.
Man muss sich das mal vorstellen, meine Freunde, die gerne viel Geld in Restaurants lassen, waren das fünfte Mal hier, niemand begrüßte sie namentlich, kein „Frau und Herr B., schön, Sie wieder zu Gast zu haben, ich wünsche Ihnen einen genussvollen Abend und werde Sie gerne durch diesen begleiten.“
Auch im Vorfeld ließ die Kommunikation zu wünschen übrig, wegen des besseren Lichtes und etwas mehr Intimität bat ich meine Freunde doch, einen Tisch an der Fensterfront auf der kleinen Empore zu reservieren, was sie per Open Table auch taten.
Wir erfuhren dann vor Ort vom jungen Sommelier, der anscheinend auch diese Dinge im Blick hatte, dies habe leider nicht funktioniert, weil man schon zu viele Reservierungen mit diesem Wunsch hatte, wie er uns leidlich bedauernd mitteilte.
Dort wollten wir eigentlich sitzen.
Ein Haus mit Niveau hätte dies vorab mit dem Gast geklärt und sich zumindest zurückgemeldet, vielleicht gab es ja einen triftigen Grund für diese Bitte, nicht in der Mitte des Geschehens sitzen zu wollen.
Ich empfehle dem MAKU, das Thema Gastgebertum und Guest-Relationship-Management mindestens genauso ernst zunehmen wie den ganzen Social Media Klimbim, den sie (höchst erfolgreich wohlgemerkt) rund um ihre Start-Ups und ihre MAKU Mucke Events zelebrieren: Insta-Reels sind flüchtig, unzufriedene Gäste auch.
Und so saßen wir dort, wo ich zumindest nie hätte sitzen wollen, an Tisch 23 im unteren Bereich unweit der Bar bei gelblichem Dämmerlicht, ohne Spots auf den Tischen, die zumindest in Sachen Lichtstimmung kleine Inseln hätten schaffen können, in einer leicht hallenartigen Atmosphäre.
Positiv war die Tischkultur. Tischdecken würden hier auch nicht in das Konzept passen. Es wurde sauber eingedeckt mit wertigem Besteck, das war ansprechend.
Über das zeitgeistige, was diesen Trend angeht, auch nicht mehr ganz taufrische Industrial Design hatte ich ja bereits berichtet. Es wirkt vor allem mit dem angeschlossenen Deli so, als hätte man versucht, Mälzers Bullerei nach Solingen Ohligs zu verpflanzen: eigentlich eine schöne Idee, wenn da nur die abendliche Kulinarik auch nur im Ansatz mithalten könnte, aber dazu gleich mehr.
Die Karten wurden gereicht und der Sommelier, als der er sich vorstellte, erfragte erste Getränkewünsche. Positiv ist, dass die 0,75 l Taunusquelle mit heutzutage im gehobenen Bereich moderaten 6,50 € zu Buche schlug. Aber die Wasserdiskussion ist ja so alt wie die Branche selbst, glaubt man manchmal, und wird leidenschaftlich kontrovers gepflegt.
Die Entwicklung des Angebotes habe ich aufmerksam von Beginn an verfolgt. Anfänglich bot man auch ein Menü, wenn ich mich richtig erinnere. Aktuell bietet man lediglich à la carte und ein Dreigang-Menü für 50 Euro, das sich aber lediglich aus der Standard-Karte rekrutiert.
In diesem hätte es heute die Trüffel-Pasta als Hauptgang gegeben. Hätte ich lediglich dies gewählt und wäre mit Convenience Pasta – dazu gleich mehr – als Main-Act beglückt worden, so wäre mein Urteil noch deutlich verheerender ausgefallen.
Geht man oft in Restaurants mit einem klaren kulinarischen Konzept, liest man Karten mit ganz anderen Augen, als der Gelegenheits-Gast dies normalerweise tut.
Schon von Beginn an vermisste ich beim MAKU eine klare Linie, eine nach außen getragene Vorstellung dessen, wofür die Küche und ihre Stilistik stehen.
Und ausgelatschte Floskeln auf der Website, wo man von 'saisonal und regional mit internationalen Einflüssen' und 'geschmacklichen Überraschungen, die mit viel Kreativität und Raffinesse angerichtet werden' fabuliert, sind in meinen Augen eher Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit in der Selbstfindung.
Das übersetzt sich auch in die Karte, von allem ein wenig, hier ein Steak, da Tataki, dort ein Grünkohlsalat: ohne jeden roten Faden, ein überschaubares Sammelsurium von epigonenhaften Versatzstücken, ohne dass im Ansatz überbordende Kreativität spürbar wäre.
Es sei denn, man hält Caesars Salad oder die seit einem Jahr auf der Karte stehenden Kalbsbäckchen und den Schweinebauch für die Speerspitze spannungsgeladener Avantgarde-Küche. Zumindest fanden sich aber zarte saisonale Akzente.
Wobei ich das grundsätzlich überhaupt nicht verurteile. Ich riet den Betreibern von Beginn an zu einem Spagat zwischen Anspruch und Zugänglichkeit, da reine Gourmet-Küche hier ein schwieriges Thema sei mit Blick auf die lokale potenzielle Zielgruppe. Aber wenn, dann bitte einen Spagat mit Abwechslung, Inspiration und einer herausragenden Umsetzung…
Auffällig: Die Preise wurden nach einer Phase, in der die Hauptgerichte die 40-Euro-Marke fast gerissen haben, teilweise spürbar nach unten korrigiert, da sich dies im lokalen Wettbewerb nicht durchsetzen konnte, wie mir aus internen Kreisen berichtet wurde.
Wobei die Relation mancher Preise untereinander Fragen aufwirft, aber insgesamt kann man von einem doch eher zivilen Niveau sprechen, das mitnichten abgehoben ist.
Wir waren uns schnell einig, fast die gesamte Karte zu bestellen und die Teller rotieren zu lassen, sodass jeder in den Genuss von mehr als einem Dutzend Gerichten kommen würde; eine XL-Degustation genau nach unserem Gusto, einfach schön, mit Gleichgesinnten zu schlemmen.
Just in diesem Moment tauchte zu meiner Freude ein bekanntes Gesicht am Tisch auf, Wein-Papst Sebastian Bordthäuser, den ich letztmalig im August in Köln traf, als mich das Restaurant Le Moissonnier zur Präsentation seines neuen Konzeptes einlud. Er war an diesem Abend zufällig zugegen und half im Service.
Damals unterhielten wir uns über die aktuelle Lage im MAKU. Sebastian ist nicht nur Mitgesellschafter des Unternehmens, sondern auch hin und wieder als Sommelier 'Hands-On' mit von der Partie.
Ich glaube, er freute sich auch ein wenig, als wir uns begrüßten, und es war eine Wohltat, ihn zu erleben. Das sympathische Unikum ist einfach ein erfahrenes altes Zirkuspferd, das mit seinem unterhaltsam vorgetragenen profunden Fachwissen keine Fragen offen lässt und seine in der Karte inkludierten Empfehlungen durch die Bank eine verlässliche, außergewöhnliche Angelegenheit.
Durch ihn ist das Thema Wein und Spirituosen im MAKU ein absolutes Highlight und die Weinkarte für Weinnasen eine einzige Offenbarung, selbst wenn man sich das teilweise auch ordentlich bezahlen lässt.
Sebastian war es auch, der dem MAKU an diesem Abend in meiner Wahrnehmung als Frontmann so etwas wie ein Gesicht verlieh, das war legeres Gastgebertum mit Niveau. Er nahm die Bestellung entgegen, half beim Servieren, annoncierte, arrangierte den Tisch.
So einen Menschen braucht ein Restaurant einfach auf einem gewissen Level, und wäre er nicht da gewesen, hätte sich an diesem Abend für mich ein Vakuum ergeben, das ich mir gar nicht ausmalen möchte. Ich freute mich sehr, ihn zu sehen, und ließ ihn das auch später persönlich wissen.
Ansonsten im Service der angesprochene junge Sommelier und mehrere junge Damen, die ihre Sache gut machten, aber in ihrem juvenilen Alter natürlich noch nicht das Format haben, prägend für die Wahrnehmung des 'Spirits' eines Restaurants mit klarer Vision zu sein.
Nun denn, ludi incipiant, wir starteten in die lange Verkostung:
| Apero, Amuse & Brot |
2x „Brot und Dip“ - 9,00€ (zu je 4,50€)
Champagner L’Atavique Grand Cru Brut, Mouzon-Leroux, Montagne de Reims, Champagne, Frankreich – 0,1l zu 12,50€
Schon der mit 12,50€ fair kalkulierte offene Champagner ist eine exzellente Visitenkarte für den Geist, den Sebastian hier in Sachen Wein manifestiert. Denn hier setzt man auf alles andere als langweiligen Mainstream, herrlich!
Der L’Atavique Champagner, ein handwerkliches Erzeugnis der kleinen Domaine Mouzon, verkörpert mit seiner knackigen Trockenheit und Biodynamik den Geist des Erzeugers. Angebaut im Grand Cru Verzy, besteht er hauptsächlich aus Pinot Noir und Chardonnay und bietet fernab von gewöhnlichen, weichen Schaumweinen, eine komplexe Aromenpalette: Apfel, Yuzu, Karamell, Rauch: da passierte viel.
Sein intensiver, fruchtiger Geschmack mit einem Hauch von Mandarine und Grapefruit, begleitet von salziger Mineralität, endet in einem kalkigen, leicht herbem Finale. Trotz seiner Position als Basisprodukt der Domaine, eignet er sich mit seinem eigenwilligen Charakter eher für erfahrene Champagner-Genießer, für mich eine kleine Offenbarung und positiver Einstieg.
Serviert wurde er wortlos („Einmal Champagner!?“) von dem jungen Mann, der uns die Jacken abnahm, meine beiden Begleiter, obwohl Vollblut-Genießer par excellence, trinken beide keinen Alkohol, macht nichts, cheers ihr beiden, auf einen schönen Abend!
Es folgte das Brot, für neun Euro erhielten wir zwei der kleinen, im Glas gebackenen, Muffin-ähnlichen hellen Brote, dazu ein kleines Schälchen Dip für drei Personen.
Das Brot erzeugte erste Fragezeichen, meine Freunde berichteten von ihrem letzten Besuch, da hatte es geradezu begeistert, es kam in einer kleinen Metalldose und dampfte ofenfrisch beim Öffnen vor sich hin.
Ofenfrisch war auch das Brot vom Donnerstag, wir fragten uns allerdings konsterniert, wann dieser Zeitpunkt war und einigten uns auf den Vortag: die obere Hälfte war komplett trocken und schmeckte altbacken, unten wurde es etwas besser, wenn auch nicht viel.
Dazu kommt die unpraktische Anrichtung im Glas: optisch vielleicht nett, aber man muss es entweder mit den Fingern herausrupfen oder mit dem Messer im Glas schneiden, muss man mögen.
Beim begleitenden Dip komme ich direkt wieder zum Thema roter Faden und stimmiges Konzept. Es gab eine Feta-Creme die man mit getrockneten Tomaten pürierte, obenauf schwamm vollfruchtiges, mainstreamiges Olivenöl, dass aufgrund der völlig faden Würzung der Creme aromatisch fast tonangebend war. Und - Tusch - Premiere für die Brunnenkresse, die scheint man hier sehr zu vergöttern wie sich zeigen wird.
Ein Dip, wie ihn die nicht gerne würzende Mutti für das Nachbarschaftsgrillfest zusammenrühren würde und mit seiner mediterranen Ausrichtung ohne jeden inhaltlichen Bezug zur restlichen Karte.
Es folgte das Amuse Bouche, und die Fragezeichen setzten sich fort. Man servierte ein Stück milden schnittfesten Ziegenkäse, darauf Haselnüsse, Apfelspalten, Weintraube und Traubengelee.
Wenn man so will die „leicht gehobene Version eines Käseigels“ merkte ich zur Belustigung meiner Tischgenossen lakonisch an, natürlich sollte das schmecken, warum auch nicht. Aber was hat das mit Kochkunst zu tun???
Mir hat mal ein Zwei-Sterne-Koch in seiner so eigenen Begeisterung für sein Tun wortreich erklärt, das Amuse sei für ihn fast der wichtigste Teil im Menü. Dort gibt man seine Visitenkarte ab, verzaubert mit seinem Können und weckt Lust auf die folgenden Genüsse, und wie recht der Mann hat.
Nun, eine Visitenkarte sollte dieser Snack aus der Kategorie „Häppchen zum Sonntags-Tatort für Besseresser“ rückblickend auch sein, wenn auch leider nicht so wie intendiert…
Es folgten danach in zwei Durchgängen insgesamt sechs Vorspeisen, die ich nun nacheinander durchgehe, wie gesagt aß jeder ein Drittel jedes Ganges:
| 1. Gang |
Tuna Tataki – 19,00€
Ponzu | Zuckerschoten-Mandarinen-Salat | Yuzu Creme
2022 Alvarinho Contacto, Weingut Anselmo Mendes, Minho, Portugal – 0,15l zu 9,00€
Thunfisch Tataki mit Ponzu ist in etwa so kreativ und klassisch wie Pommes mit Ketchup und dennoch freute ich mich darauf, denn ich liebe gute Ponzu.
Dazu sollte es noch einen „Zuckerschoten Mandarinen Salat“ und Yuzu Creme geben. Von Mandarinen und Yuzu Creme habe ich nichts entdeckt, aber zumindest feine Streifen von Zuckerschoten, die in der Ponzu-Pfütze schwammen, auf der man den Fisch bettete.
Obenauf bereits der zweite Auftritt des Garnitur-Mega-Stars des Abend: unmotiviert draufgeschmissene Brunnenkresse, schon das Tellerbild war ernüchternd.
Gut gegart war er, der klassisch mit schwarzem und weißem Sesam ummantelte Fisch und auch die Qualität stimmte, keine Frage.
Da ich weiß, woher man zumindest anfänglich den Fisch bezog ist das auch keine Überraschung, allerdings muss hier etwas bei der Lagerung passiert sein, was unverzeihlich ist und mir auch von meiner Begleitung bestätigt wurde. Manchmal ist man sich ja doch etwas unsicher, aber hier war die Sache leider klar: der Thunfisch schmeckte nicht nur im Abgang spürbar nach Fisch, und ich meine diesen unangenehmen „Hamburger Fischmarkt Geruch“, wenn man versteht was ich meine.
Die Ponzu nur ein fader Abklatsch dessen, was eine vielschichtige, aromenstrotzende Ponzu ausmacht, dieses Spiel von Süß-Sauer-Salzig, das ein Umami-Großfeuerwerk verursacht.
Diese hier war nur eindimensional sauer und salzig und ob diese wirklich selbst gemacht war und jemals Katsuobushi Flocken und Dashi Kombu gesehen hat wage ich schwer zu bezweifeln.
Zusammen mit dem fischigen Hautgout des Thunfisch als Fehlnote absolut kein Genuss und ich war regelrecht froh darüber, nur ein Drittel essen zu müssen, den beiden anderen ging es genauso.
Wer auch immer das gekocht hat, ob Küchenchef Gaube oder ein Sous Chef, sollte dringend mal ein Ponzu-Seminar rund um die Immermannstraße besuchen, oder ein Praktikum bei Bau-Schüler Lukas Jakobi in Düsseldorf machen, könnte helfen; so etwas darf in dieser Form nicht über den Pass.
Das Highlight der Wein, den Sebastian wortreich empfahl. Dieser Alvarinho präsentierte sich in hellem Strohgelb mit grünen Akzenten und begeisterte schon mit einem Duft aus tropischen Früchten, Blüten und einem Hauch Rauch in der Nase.
Am Gaumen überzeugte er mit einer Harmonie aus Zitrus- und tropischen Aromen, ergänzt durch eine lebendige Säure und eine leicht salzige Mineralität. Sein reichhaltiger Charakter mündete in einen trockenen, leicht bitteren Abgang, der seine mineralische Tiefe unterstrich.
Ein herausragender Wein, der durch seine Trinkbarkeit und Fülle bestach: glouglou pur!
| 2. Gang |
MAKU Schweinebauch, kleine Portion – 15,00€
Kartoffelcreme | marinierte Gurke | Kalbsjus
Ich habe mir angewöhnt, Komponenten zunächst separat zu verkosten. So fade und nichtssagend das Kartoffelpüree daher kam, so absurd versalzen war die eigentlich in ihrem Fundament recht ansprechende Kalbsjus.
Und dabei liebe ich Salz, was für manche schon versalzen wirkt, ist für mich gerade richtig, aber wenn ein Soßenfan einen beherzten ersten Löffel mit Püree mit viel Soße nehmen würde, dann würde es wohl jedem den Mund zusammen ziehen, da war wohl jemand schwer verliebt.
Dazu gab es in einem süß-sauren Pickle-Sud marinierte Gurken und eine Pflaume, die einen kleinen bemerkenswerten Akzent setzte und mich an etwas erinnerten, was ich mal fast exakt gleich vor drei Jahren in einem Sterne-Restaurant hatte.
Sie hatte überraschende Tiefe, da war Fermentation mit im Spiel, Noten von Tee und Portwein, sehr schön.
Der Schweinebauch zart aber leider ohne jeden Knusper für ein wenig Textur, die typische Sous Vide Konsistenz von 72 Stunden bei 60 Grad schätze ich, verlässlich und simpel in der Machart und mich an die Zeit erinnernd, in der so etwas vor einigen Jahren schwer in Mode war.
Die Aromatik eher mild süßlich, vielleicht etwas Ketchup mit im Spiel und ein Hauch Ingwer, ein wenig Schärfe hätte gut getan.
Durch die heftige Salzigkeit der Jus konnte man das eigentlich nur im Zusammenspiel essen, eine Gabel Püree, etwas süße Gurke, ein wenig Fleisch und den Bissen vorne in die Jus dippen, nur dann machte es Sinn.
Trotzdem eher einer der gelungenen Gänge, auch wenn das Tellerbild abermals eher denkbar rustikal war und nicht wirklich auch nur im Ansatz an „Fine Dining“ erinnerte.
| 3. Gang |
Herbstsalat – 14,00€
Ziegenkäse | Cherrytomate | Avocado | Mangodressing
Als ich das Foto einem befreundeten Weinmenschen zeigte, verschlug es ihm fast die Sprache und auch wir am Tisch konnten es kaum glauben.
Eher als Bowl mit separaten Komponenten umgesetzt wurde ein kleiner Teller mit hohem Rand ohne Rücksicht auf Verluste bis zum Rand vollgestopft, als kleiner Vorspeisensalat für 14 Euro schon optisch eine Katastrophe.
Mittig etwas herbstlicher Pflücksalat, umringt von völlig ungewürzter Gurke, ebenso naturbelassenen halbierten Kirschtomaten ohne Geschmack, und eine fein tranchierte halbe Avocado, ebenfalls komplett ungwürzt.
Das belanglose, mild süßliche Dressing auch nicht der Rede wert, gut nur, dass der schöne Ziegenkäse etwas Salzigkeit beisteuerte, die Austarierung von Süße, Säure und Salz scheint hier nicht wirklich zu funktionieren, wie man mehrfach bemerkte an diesem Abend.
Wenn die junge vegetarische Studentin ihre Freundinnen zum Mädelsabend in der WG einlädt und bekocht sicher ok, aber selbst sie hätte sich wohl mehr Mühe gegeben, für ein Restaurant dieser Preisklasse und diesem Selbstverständnis ein Armutszeugnis sondergleichen.
| 4. Gang |
Rote Bete Carpaccio – 14,00€
Feige | karamellisierter Ziegenkäse | Himbeere
Denkbar belanglos sollte es weitergehen, die rote Beete schmeckte typisch wie die vorgekochte aus dem Supermarkt, wofür auch Optik und Textur sprachen.
Dazu mit Honig karamellisierter Ziegenkäse, der Klassiker eben, mittig ringförmig arrangiert (warum nur dort???) eine recht große Menge ebenfalls karamellisierter Walnüsse, frische Feigenspalten, hurra, endlich mal wieder Brunnenkresse nebst gewöhnlicher Gartenkresse. Dazu noch Tupfer einer – bin mir nicht mehr ganz sicher – Himbeer-Creme, die allerdings komplett unterging.
Der Bete fehlte in Summe alles, vor allem Säure, ein Bissen mit allen Komponenten mäanderte auf dem Gaumen zwischen diffuser Süße und Erdigkeit der Bete hin und her, langweilig und wenig animierend den Teller mit Freude leer zu essen.
| 5. Gang |
Trüffel-Ravioli, kleine Portion – 15,00€
Trüffelbutter-Creme | braune Brösel | „Französischer Herbsttrüffel“
Schon die Optik ließ mich resignieren. Natürlich kann man für den Preis nicht erwarten, dass einem jemand am Tisch servil lächelnd mit dem Trüffelhobel 20 Gramm besten Alba-Trüffel auf den Teller zimmert.
Aber dann lasst es sein, Trüffel-Pasta lebt von Opulenz, dann nehmt Geld pro Gramm oder was auch immer aber schreddert doch keinen relativ belanglosen Herbsttrüffel mit der Micro-Plane, sodass es optisch wirkt, als habe jemand den Staubbeutel nach dem Auto-Aussaugen entleert, schrecklich.
Dazu obenauf etwas das wie Nussbutter-Brösel wirkte und geschmacklich wenig beisteuerte, auch nicht in Sachen Textur falls das die Intention war.
Die drei großen Ravioli eindeutig aus der Frische-Convenience, viel zu gleichförmig und perfekt, die Mascarpone-Füllung ungewürzt und fade – das überraschte doch angesichts der hehren Pläne, die man hier hatte. Pasta einzukaufen ist völlig ok, aber bei gefüllter Pasta hört der Spaß für mich auf.
„Peter, du musst gleich stark sein.“ hörte ich mein Gegenüber kopfschüttelnd sagen, als er vor mir probierte, dass sei furchtbar trocken und kein große Vergnügen, leider behielt er Recht.
Der Trüffelgeschmack kam primär künstlich aus einer Trüffelbutter, der spärlich vorhandene „Trüffelstaub“ selbst wie gesagt blass und wenig aromatisch, ein komplett enttäuschender Gang.
| 6. Gang |
Gebratene Jacobsmuscheln – 16,00€
Blumenkohl | Buttermilch | Mandel | Schnittlauchöl
Auf einem Spiegel eines Buttermilchschaumes nebst Schnittlauchöl, fanden sich drei Muscheln und drei Stücke sautierter, ungewürzter Blumenkohl in interessanter Proportion: einmal S, M und XL, das kleine Stück leider merklich angebrannt.
Auch hier war das Tellerbild lieblos umgesetzt, mit dem Öl bekleckerte man noch aus Versehen den Blumenkohl. Puh, was ist denn hier los momentan? Will man nicht oder kann man nicht?
Die Muscheln selbst leicht übergart aber noch im Rahmen, etwas suboptimal die extrem wabbelige Konsistenz.
An die Creme unter den Muscheln, die ihnen Halt gab, kann ich mich nicht mehr genau erinnern, im Zusammenspiel dominierte der leicht säuerliche Schaum und man vermisste jegliche geschmackliche Raffinesse und Tiefe.
Soviel zu den Vorspeisen, die Erwartungen hinsichtlich der Hauptgerichte schraubten wir da schon merklich nach unten, es geht weiter:
| 7. Gang |
Australisches Rumpsteak 250g – 30,00€
Wilder Brokkoli | Rissolée Kartoffeln | Hollandaise | Kalbsjus
2017 Cabernet Sauvignon, Weingut Quinta da Bacalhoa, Alentejano, Portugal – 0,15l zu 15,50€
Wer meinen Text im Blog von Weine & Feinkost gelesen hat, weiß, dass das Steak leider das Gericht war, das eine lupenreine Hymne damals verhinderte, während ich mit den Vorspeisen und Desserts aus den Händen von Christian Schreier – er arbeitet hier leider nicht mehr, das war deutlichst spürbar – hochzufrieden war, das kratzte im Kern an Sterneniveau.
Auch hier war das Tellerbild ein ziemliches Debakel, unten eine Hollandaise Variante mit Liebstöckel, dazu wilder Brokkoli – willkommen in 2019 – und Pommes Rissolées, die deklarierte Kalbsjus hatte man anscheinend vergessen, was da um die Hollandaise glänzt war Fleischsaft.
Der Gargrad – Wunsch wurde nicht erfragt – medium wurde leicht überschritten, mir zu viel grauer Rand und das Fleisch eher bissfest und geschmacklich belanglos, es schmeckte wie argentinische Massenware ohne jeden Charakter.
Und da stellt sich mir die Frage, welche Zielgruppe man hier bedienen möchte. Man hat den Preis für das Steak von zuletzt 38 Euro auf 30 Euro gesenkt und empfiehlt dazu einen Wein, für den man 15,50€ für das Glas aufruft.
Glaubt man, dass preissensible Kunden wegen acht Euro nun das Restaurant stürmen und sagen „Ja, also jetzt nix wie hin da, und her mit dem 15 Euro Cabernet!“.
Nein, das ist der falsche Weg, wenn man Genussmenschen ansprechen will. Dann soll man doch besser 45 oder mehr Euro für das Gericht nehmen, ein tolles Premium-Fleisch (gibt es auch hierzulande, es muss kein Übersee-Wagyu & Co. sein) verwenden das begeistert, und so seinem Anspruch gerecht werden.
Das Paar gegenüber und meinereiner sind große Fleisch-Genießer, für uns war dieses Fleisch eine große Enttäuschung, für die man nicht gezielt essen geht, so traurig das ist.
Die Hollandaise etwas zu säuerlich aber ich mag das, wobei ich persönlich nie Hollandaise zu Steak essen würde aber das ist ja ein wenig Geschmackssache.
Der Brokkoli auffallend bissfest und ungewürzt und wenn man sich die wörtliche Bedeutung von Pommes Rissolées anschaut, fragt man sich ob der kaum wahrnehmbaren Bräunung der kleinen Kartoffelwürfel ob man das Rezept jemals verinnerlicht hat.
Das Highlight des Ganges: der Wein, den Sebastian mir ausführlich erklärte.
Und dabei geschah der für mich mit Abstand peinlichste Moment des ganzen Abends, alleine der Gedanke daran bereitet mir jetzt noch körperliche Schmerzen.
Man muss dazu wissen, dass es für mich aus persönlichen Gründen nicht einfach war, heute hier zu sein, ich verbinde keine schönen Erinnerungen mit diesem Gebäude.
Und als Sebastian mir ausführlich den Wein erklärte, stand ich daher gerade völlig neben mir und wurde mit Fakten geflutet und fragte danach allen Ernstes gedankenverloren, ob Quinta da Bacalhoa nun eine mikro-autochthone Rebe sei oder das Weingut, und das, obwohl ich ein Jahr in einem Wein- und Feinkostgeschäft mit Schwerpunkt iberische Halbinsel arbeitete und bspw. die Quinta Quietud meine liebste Toro Bodega ist.
Schon als ich mich selbst reden hörte, wäre ich am liebsten im Boden versunken aber Sebastian ließ das ungerührt und antwortete sachlich ohne eine spöttische Bemerkung, die ich ihm sofort verziehen hätte, ein Moment der Schande sondergleichen. :-)
Da half nur ein tiefer Schluck Wein: Der Quinta da Bacalhôa, eine wuchtige Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot, konnte begeistern. Ein Rotwein aus der Peninsula de Setúbal in Portugal, bestach durch seine Klassik und Eleganz. Samtige, fruchtbetonte Tannine , Aromen von reifen roten Früchten und Mandelblüten, verfeinert mit subtilen Vanille- und Gewürzakzenten, im langen Finish mit einer dezenten mineralischen Note.
Vielleicht etwas zu ambitioniert im Preis für das Glas, aber unbestritten ein hervorragender Wein dessen Duft sogar den Abstinenzlern am Tisch eine tiefe Nase wert war.
Mir fiel übrigens bei der Durchsicht der Rechnung auf, dass man beide Weine, den Alvarinho als auch den Cabernet nicht berechnet hat, ich nehme an das war ein Versehen und werde den Betrag natürlich noch begleichen.
| 8. Gang |
Kalbsbäckchen – 29,00€
Polenta | Pilzragout | Perlzwiebelchen
Das „Prinzip Haufen“ scheint das wichtigste Credo in Sachen Anrichtung zu sein, unten Polenta, darauf Soße und Pilze, das Fleisch obenauf und – yea – mit präziser Sorgfalt (…) platzierte Brunnenkresse.
Fangen wir mit den guten Nachrichten an: das Fleisch wurde lange genug geschmort und so faserig, dass es fast mit dem Löffel essbar war. Ob man ausreichend langes Schmoren als Ausdruck von vollendetem Handwerk ansieht, sei dahingestellt aber ich habe es auch schon anders erlebt.
Dadurch hatte sich jedoch das gallertarige Bindegewebe, dessen wabbelige Konsistenz manche das Thema Bäckchen verleidet, komplett aufgelöst, das Fleisch an sich war auch geschmacklich gut.
Auch die Idee mit den sautierten Pilzen an sich gut, wenn auch die Kräuterseitlinge eine gummiartige Textur besaßen und die Pilze anscheinend direkt aus der Pfanne auf den Teller kamen und ihr Bratfett für Fettaugen auf der relativ dünnen Soße sorgten.
Jenes Sößchen besaß auch bei weitem nicht die Kraft, die diesen Teller zu einem schönen Herbstgericht hätte machen können und insbesondere die fade Polenta hätte sich eine potente Begleitung sicher genauso gewünscht wie das thronende Bäckchen – von den Essern ganz zu schweigen.
Mathias Gaube sagte mir im letzten Jahr, als ich den Service meine Meinung zum Hauptgang sagte und u.a. die absurd dünne, geschmacksneutrale Jus ansprach er halte nichts von „lackigen, einreduzierten, schweren Jus“ das sei „altmodisch“.
Ich sagte ihm schon damals, dass ich es gut finde wenn man seine eigenen Vorstellungen hat, dass die „moderne Leichtigkeit“ jedoch idealerweise auch nach etwas schmecken müsse…
| 9. Gang |
Steinbeißer-Filet – 32,00€
Spitzkohl á la Creme | Champagner-Kartoffeln | Speck
Zur Anrichtung möchte ich nichts mehr sagen, und täglich grüßt das Haufentier…
Der Fisch kam in einer durchaus fairen Portionsgröße, Steinbeißer ist eben kein Seelachs was den Preis angeht. Er war auf den Punkt gegart und perfekt glasig, das hat uns allen gut gefallen.
Auch die – vermutlich – geschäumte Beurre blanc hat mir gefallen, da war irgendwo noch Fisch-Fond dabei und sie besaß sogar einen Hauch von Tiefe.
Ob man selbst bemerkt hat, wie fade die begleitenden Kartoffel-Würfel ausgefallen sind und sie deshalb teilweise mit Schnittlauch-Öl benetzte, weiß ich nicht, wir haben sie alle lediglich probiert, waren äußerst entbehrlich.
Der Spitzkohl in seiner Machart hausfrauliche Salz- und Pfeffer-Küche, Speck habe ich weder gesehen noch geschmeckt, man verzeihe mir meine Grobschlächtigkeit falls ich ihn übersehen oder –schmeckt haben sollte.
Fades Gemüse und ebensolche Kartoffeln, ein Stück gut gebratener Fisch und das obligatorische Schäumchen, alles auf einem Haufen: wem das als Ausdruck von gehobener, kreativer Küche ausreicht, findet hier definitiv sein Elysium.
| 10. Gang |
Buntes Quinoa Curry – 22,00€
Kokosmilch | Paprika | Radieschen | Kräutercrumble
Nein, das ist kein Bircher Müsli liebe Freunde des guten Geschmacks.
Als ich dieses Foto vorgestern einem befreundeten Sternekoch schickte, kam als Antwort „Was haben Radieschen in einem Curry verloren, oder habe ich einen Trend verpasst?“.
Und ja, die Frage stellte sich mir auch geschmacklich, während man sich das „Curry“ eher vorstellen kann wie einen leicht körnigen Brei mit kleinen Paprika-Stückchen, zeigte sich auf den Gaumen nur Kokosmilch-Süße mit leichter, beliebiger Curry-Note - wie sich Radieschen dazu geschmacklich verhielten, kann man sich ausmalen, es harmonierte überhaupt nicht.
Unbestritten ist: Verbranntes Gemüse schmeckt intensiver, denn ihm wird viel Wasser entzogen. Dazu kommen noch die Röstaromen. Verkohlte Rote oder Gelbe Beete zum Beispiel, oder Lauch, seit vielen Jahren ein Trend, auch befeuert durch die New Nordic Cuisine.
Man isst die verkohlten Teile aber nicht mit, es sei denn man hat eine Vorliebe für Acrylamid und extreme Bitterkeit.
Während die beiden nicht verkohlten Perlzwiebeln süß und gut schmeckten, waren die oberen Exemplare schlicht ungenießbar und ich bezweifle, dass dies ein elaboriertes kulinarisches Zitat aus der erwähnten Kulinarik und Hochküche war, sondern eher ein Fall von „da muss noch was drauf!“.
Und das Ganze für 22 Euro: Mittlerweile waren wir in einem Modus der schicksalsergebenen Heiterkeit angekommen und es wurde stellenweise wenig zitierfähig regelrecht albern…
Also dann, auf zum letzten Gefecht, wir baten um die Desserts.
Mittlerweile ging es auf 10 Uhr zu und das Restaurant hatte sich deutlich geleert, wenig später sollten wir mit einem weiteren Tisch die letzten Gäste sein.
| 11. Gang |
MAKU Cheesecake – 12,00€
herbstliches Beerenkompott | Himbeersorbet | Schokoladencrumble
Eines von vier Desserts auf der Karte, neben dem gleich noch kommenden Ofenkäse, einer Kaffee Crème brûlée und Sorbets, die man hier zukauft wie man mir schon vor einiger Zeit verriet als ich mittags zwei davon hatte – sollte trotzdem sehr gut schmecken, schade ist es trotzdem.
Zunächst einmal fielen die Proportionen auf, die so gar nicht stimmig waren. Den Hauptdarsteller, den man sich in etwa vorstellen kann wie einen NY Cheesecake ohne Boden als kleinen Zylinder, sah man kaum unter und neben einer großzügigen Kelle Beerenkompott.
Selbst das Himbeersorbet war optisch dominanter weil schlicht größer als die namensgebende Komponente, dazu noch etwas Schokoladencrumble, eher –sand wenn man sich die feine Körnung anschaut.
Ein wenig süße Frischkäsezubereitung, dazu Beerenkompott, das in etwa wirkte wie ein Beeren-TK-Mix den man zur Waffel etwas mit Zucker und Wasser kocht und andickt, dazu eine Kugel Himbeereis.
Ob einem das 12 Euro wert ist, muss jeder selber wissen, mit Wehmut dachte ich an die herausragenden Desserts aus dem letzten Jahr, verglichen damit war das hier ein schlechter Scherz, was hatte ich damals für Hoffnungen für die Entwicklung der Küche.
| 12. Gang |
Saint Marcellin Ofenkäse – 10,00€
Brot | Kräutersalz
Hurra, eine Käseoption, große Freude, liebe ich!
Und eine erfrischende wie ich fand, statt einem klassischen Käseteller gab es einen heißen Ofenkäse mit etwas Brot zum Dippen.
Saint Marcellin, der bekannteste Käse aus der Dauphiné und Grundlage für Le Pitchou: ob Fermier, Artisanal oder Industriel verrät die Karte nicht, allerdings arbeitet man meines Wissens bei Käse mit einem örtlichen Fachgeschäft zusammen, das gute Qualitäten handelt.
Dazu gab es ein interessantes Oliven-Brot, optisch wie Minizwieback aber nicht ganz so krümelig und trocken, dass man in der Pfanne sanft in ein wenig in Olivenöl briet und sehr gut schmeckte.
Daneben wieder einmal frische Feige und kandierte Walnüsse.
Der Käse mildaromatisch wie man ihn kennt und nicht zu streng, das machte Spaß, ich bemerkte aber nach etwa der Hälfte, das da etwas fehlt: wo war denn das Kräutersalz, das mich so neugierig machte?
Ein Blick zur Bar genügte, und der aufmerksame Sommelier kam zum Tisch und ich fragte, ob das Salz irgendwo verarbeitet war oder man es vergessen hatte.
Letzteres war der Fall und man lieferte es in einem kleinen Gefäß nach. Das war schade, denn es war eine äußert gelungene Komponente, die den Käse nicht unwesentlich bereicherte.
Ich fragte, wie man es normalerweise mit dem Salz handhabt und mir wurde gesagt, es komme auf den Käse. Dies wunderte mich etwas, da man den Käse ja zunächst öffnet um an den flüssigen Kern zu gelangen, den ich schließlich damit dezent würzte.
Hätte ich nicht gefragt, wäre mir das entgangen und ehrlich gesagt habe ich für so etwas bei einem Gang mit drei Komponenten in einem fast leeren Restaurant wenig bis kein Verständnis.
Trotzdem Daumen hoch für diesen Gang, bei dem zugegeben die Zubereitung nicht der Rede wert war.
Und damit sind die Gänge alle rezensiert.
Nach einem Digestif war mir nicht mehr und im MAKU Team herrschte auch deutliche Aufbruchsstimmung, aufgestuhlt wurde zwar nicht, aber es waren nur noch wenige Personen anwesend als wir gegen 22:30 aufbrachen und bei einer jungen Dame bezahlten, die uns freundlich und charmant verabschiedete.
Fazit
Ich hoffe nicht, dass man als Reaktion hierauf, sofern überhaupt eine erfolgt, sagt, dass die Fine Dining Ankündigungen von einst Schnee von gestern oder gar nicht so gemeint waren.
Und selbst wenn man mittlerweile alles bewusst etwas einfacher halten wollte, war das angesichts der Selbstdarstellung des Restaurants auf diesem Preisniveau bei weitem nicht ausreichend, wenig kreativ und mit zu vielen handwerklichen Fehlern behaftet.
Angesichts des Erlebten, auch in Abstimmung mit meiner zweiköpfigen Begleitung, vergebe ich gerade noch denkbar knappe 2,5 Sterne für die Küche an diesem Abend. Wie immer ausschließlich in Relation zur Positionierung des Restaurants und innerhalb dieses Segments.
Der Service war höflich, aufmerksam und präsent, das war gut und angenehm. Der Sommelier fragte anfänglich sehr freundlich in der Küche nach, ob ich die Hauptgänge vielleicht auch in Menüportionen bekommen könnte, was man bejahte, alles prima.
Aber es fehlt trotzdem die erfahrene Frontfrau oder der erfahrene Frontmann, die dem Ganzen ein Gesicht geben, die ihre Gäste kennen und als Gastgeber in Erscheinung treten. Das darf man nicht so sträflich vernachlässigen! Wäre Sebastian nicht zufällig dagewesen, hätte mir viel gefehlt an diesem Abend.
Dem sympathischen Team möchte ich trotzdem zufriedene vier Sterne für das erlebte geben, alles andere wäre extrem unfair.
Das Ambiente stilvoll und angenehm, man muss das leicht hallenartige mögen aber ich war immer gerne hier, auf der Empore gefällt es mir aber wesentlich besser, daher heute knappe vier Sterne für diesen Abend.
Die Sauberkeit thematisiere ich eigentlich nie, aber ich möchte nicht verschweigen – damit man hier besser wird, Augen haben schließlich alle Menschen -, dass mir meine Tischgenossen doch selbst etwas überrascht mitteilten, dass sowohl die Damen- als auch die Herrentoilette gegen 10 Uhr einen extrem mitgenommenen Eindruck machten und u.a. der Boden jeweils übersäht mit Papierhandtüchern war.
Ja, es war voll an diesem Abend, aber dieses Thema haben andere gut besuchte Restaurants schließlich auch im Griff, daher hier nur vier Sterne in diesem Fall.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich mit drei Sternen als gerade noch akzeptabel und komme zu meinem Rat beim Steak zurück: bitte macht es nicht über den Preis, ein extrem mittelmäßiges 30 Euro Steak und ein 15 Euro Glas Wein passen nicht zusammen, das sind schlicht unterschiedliche Zielgruppen.
Qualität rauf, mehr Substanz und Talent in der Küche, begeistert die Leute anstatt sie abzuspeisen.
Dann klappt es auch mit Gästen aus dem Umland, die einzig und alleine wegen der Kulinarik nach Ohligs finden und gutes Geld da lassen, ohne Groupon Gutschein und Co.
In der Gesamtnote ist es ausschließlich das hocherfreuliche Thema Wein, das hier in meiner Wahrnehmung denkbar hauchzart einen halben Extra-Stern besteuert und mich persönlich auf 3,5 Sterne kommen lässt. Trinkt man keinen Wein oder wenn er keinen großen Stellenwert hat, kann man sich diesen auch wegdenken, daher lasse ich ihn auch nach reifer nachträglicher Überlegung weg,
Aber solche Kritiken sind ja immer nur Momentaufnahmen, man kann es nicht oft genug sagen, vielleicht zieht man Konsequenzen, vielleicht tut man es ab und wir hatten alle keine Ahnung, man weiß es nicht.
Ich gebe dem MAKU jederzeit wieder eine Chance wenn sich etwas tut, aber was die persönliche Ebene angeht habe ich wenig Hoffnung. Alleine meine vorgestrige Andeutung, nicht allzu positiv zu berichten reichte aus, um zu bewirken, dass mir Personen aus dem MAKU Umfeld mir seit heute kommentarlos nicht mehr auf Instagram folgen oder mit mir auf Facebook befreundet sind. Kindisch geht die Welt zugrunde.
Einfach nur enttäuschend, dass man anscheinend nur etwas zählt, wenn man brav als lupenrein positiv urteilender Multiplikator fungiert.
So, 15 Seiten später sind über zehn Stunden Netto-Schreibzeit rum, Respekt an alle die solange durchgehalten haben und ich hoffe, es hat trotzdem Freude gemacht!