"Delikates Neupotz Teil 2: Gehobene Hausmannskost und feine Fischküche in wohltuend unaufgeregter Souveränität auf den Teller gebracht"
Geschrieben am 28.06.2018 2018-06-28
"Delikates Neupotz Teil 1: ein kulinarischer Dreier ohne Steuerfrau geht auf Geschmacksreise"
Geschrieben am 20.06.2018 2018-06-20 | Aktualisiert am 20.06.2018
Über das Innere des auch in diesem Jahr mit einem Bib Gourmand ausgezeichneten Restaurants im Herzen von Neupotz habe ich mich bei meinen beiden bereits auf GG verfassten Berichten genügend ausgelassen. Da hat sich seitdem nichts verändert. Warum auch? Die Gäste fühlten sich im etwas in die Jahre gekommenen Landhausambiente des holzvertäfelten Gastraums sichtlich wohl, so mein Eindruck an diesem Abend. Zur leicht französisch angehauchten Frischeküche von Manfred Kreger passen eben weißes Leinen, Stoffservietten und auf Hochglanz polierte Gläser ganz vortrefflich. Und so waren wir gespannt, mit welchen Leckereien uns der Altmeister an diesem Abend verwöhnen würde.
Nachdem unsere Räder im Hof geparkt waren, empfing uns die Hausherrin Frau Ulrike Reger freundlich und platzierte uns in Eingangsnähe unweit des Thekenbereichs. Unterstützt wurde sie im Service von einer jüngeren Kollegin, die ihre Sache ebenfalls zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigte. Unser Durst wurde zunächst mit herrlich prickelndem Mineralwasser der Marke „Bellaris“ – für mich eines der besten seiner Art – gestillt. Für die 0,75-l-Flasche wurden nicht unanständige 4,20 Euro abgerechnet. Mein Bellheimer Naturtrüb kam frisch gezapft im stilechten Röhrenglas (0,3l für 2,70 Euro) der gleichnamigen Brauerei und zeichnete sich durch eine erstaunlich geringe Halbwertzeit aus. Kaum hatte es den Tisch erreicht, hatte sich schon ein Großteil des Inhalts „verflüchtigt“.
Die doppelseitige Speisenkarte von Manfred Kreger bot auch diesmal ein überschaubares, aber mit Bedacht zusammengestelltes, hauptsächlich auf Fisch und Fleisch beschränktes Programm, das von einer zusätzlichen Empfehlungskarte ergänzt wurde. Sechs Vorspeisen und neun Hauptgänge (4 mal Fisch, 4 mal Fleisch, 1 mal Veggie) hatte man im Standardrepertoire. Darunter befanden sich pfiffige Kreationen wie Thunfisch mit asiatisch mariniertem Spargel und Mangosalsa (14 Euro) sowie Seeteufel & Oktopus mit gegrillter Wassermelone, Paellacreme und Basmati-Reis (25 Euro). Aber auch Klassiker wie das panierte Zanderfilet mit Kartoffelsalat (17,50 Euro) oder der Lammrücken mit Ziegenkäse-Kräuter-Kruste, Provencal-Gemüse und Bratkartoffeln (24,50 Euro) klangen appetitanregend.
Um der vegetarischen Klientel etwas entgegen zu kommen (nur ein fleisch- bzw. fischloses Gericht finde selbst ich ein wenig mager), wurden auf der Zusatzkarte Tagliolini mit Parmesan und frisch gehobeltem Sommertrüffel (15 Euro) als Vorspeise angeboten. Diese klangen mindestens genauso verlockend wie das zusätzlich empfohlene Thunfischsteak bzw. das Rinderfilet. Beide Hauptgänge wurden saisonbedingt mit Spargel angeboten und waren für um die 25 Euro zu haben. Den preislichen Höhepunkt markierte derweil der mit Thymian-Aprikosen, Blumenkohlpüree, Briocheknödel und Trüffeljus gereichte Rehrücken. Er schlug mit 30 Euro zu Buche. Soviel zur Speisenauswahl im „Lamm“, die leider immer noch nicht online einsehbar ist.
Wir wählten das Spargelsüppchen (6,90 Euro) und einen kleinen Salatteller (4,50 Euro) vorweg, um den ersten Hunger zu stillen. Danach sollten es das panierte Zanderfilet (17,50 Euro) und das Rumpsteak mit Kräuterbutter (22 Euro) kulinarisch richten. Das zweite naturtrübe Bellheimer ließ nicht lange auf sich warten. Genau wie der Gruß aus Kreger’s Küche, der uns eine halbe Jakobsmuschel auf mediterranen Gemüsereisnudeln einbrachte und einen ersten Hinweis auf die hier vorherrschende Produktqualität und deren punktgenaue Zubereitung lieferte.
Im kurz vorher mit dem Pürierstab aufgeschäumten Süppchen vom königlichen Saisongemüse schwammen noch leicht bissfeste Stücke. Kleingehacktes Schnittlauch hatte es sich auf dem Sahnehäubchen gemütlich gemacht. Der darunter verborgenen Brühe fehlte es ein wenig an Schmackes. Aber da scheiden sich ja die stangenvernarrten Geister, die primär auf das milde, leicht süßliche Aroma des Edelgemüses setzen. Dennoch hätte sie ruhig etwas resoluter gewürzt in die Tiefen ihres Tellers strömen dürfen. Mir wär’s Recht gewesen.
Der kleine Salatteller, den meine Begleitung vorweg genoss, punktete mit frischen Zutaten und einem fein abgeschmeckten Essig-Öl-Verhältnis beim Dressing. Wohlwissend, dass ich den Gleichen in Grün noch bei meinem Zanderfilet als Inklusivbeilage erwarten durfte, freute ich mich auf die vor mir liegenden Leckerbissen. Der laut Karte dazugehörige Kartoffelsalat ließ sich problemlos in eine knusprige Bratkartoffelbeilage umordern. Diese kam als Doppelportion in einer großen Schüssel für uns beide, da auch das Rumpsteak meiner Begleitung mit dem gleichen Kartoffelgefolge versehen war. Gut gewürzt, knusprig und mit etwas Schnittlauch verfeinert kam die goldbraun gebratene Vorzeigebeilage anscheinend aus der „richtigen“ Pfanne, denn da troff nichts vor Fett. Kurzum: sie konnten mit dem Referenzprodukt vom Oma Jülg (Weinstube Jülg in Schweigen) locker mithalten.
Das wie gewünscht medium gebratene Rumpsteak, auf welches sich meine Begleitung stürzte, lag stolz auf einem Bett aus kleingeschnittenen, blanchierten Zuckerschoten, die kurz vorher in einer hellen Soße geschwenkt wurden. Als farblicher Kontrast wirkte die dunkle Jus, die in respektabler Menge den Tellerboden benetzte. Eine „Krone“ aus selbstgemachter Kräuterbutter toppte das königliche Fleischvergnügen, das auch von der Menge her (geschätzte 200 g) angemessen erschien. Zusammen mit der kraftvollen, dunklen Soße und den knusprigen Bratkartoffeln war das allerfeinste, ohne Firlefanz zubereitete Hausmannskost, die mit ordentlich „Schmackes“ auf dem Teller landete.
Zum Zander des Jahres nur so viel: ein Prachtexemplar von einem Panierfisch! Innen saftig, außen kross. Der hat wahrscheinlich ein paar Tage zuvor noch seine Bahnen im nahegelegenen Altrhein gezogen, so frisch schmeckte der. Auch von der Würze her, geht das kaum besser. Die Zitronenviertel lagen nach dem Verzehr der Fischpreziose unausgedrückt daneben – das sagt eigentlich schon alles. Auch hier keine Fetttropfen, sondern eine – wieder in der „richtigen“ Pfanne – kross gebratene Panade, die mit feinem Buttergeschmack aufwartete. Ein zugegeben supereinfaches Gericht, das hier im Lamm ganz viel Spaß machte und das ich – außer vielleicht beim ebenfalls in Neupotz ansässigen Restaurant „Hardtwald“ – nirgendwo besser zubereitet in Erinnerung habe.
Da radelte es sich panierfisch- bzw. rumpsteakgestärkt schon wesentlich leichter zurück ins gastronomisch unterbelichtete Heimatdorf. Um den Zander kommt man in Neupotz kaum herum. Schon gar nicht, wenn er so perfekt aus der Pfanne kommt wie bei Küchenchef Kreger, bei dem auch nach vielen Jahren gastronomischer Tätigkeit keinerlei Ermüdungserscheinungen in Sachen Produktqualität und deren Verarbeitung zu erkennen sind. Eine respektable Leistung. Chapeau, Manfred!