"Home is where the Hardt(wald) is!"
Geschrieben am 25.08.2019 2019-08-25 | Aktualisiert am 25.08.2019
"Super Fleisch und exzellente Beilagen"
Geschrieben am 19.01.2019 2019-01-19
"Ein Überraschungsmenü, das subtil „marokkte“!!!"
Geschrieben am 09.11.2018 2018-11-09 | Aktualisiert am 09.11.2018
Und zweimal war es meine Mutter, um die es sich bei unseren Familientreffen im Mai und im August drehte. Muttertag und Geburtstag sind schließlich nur einmal im Jahr. Wie schon so oft wurden auch diesmal die mütterlichen Ehrentage im liebgewonnenen Neupotzer Landgasthof gefeiert.
Ja der Hardtwald. Ein sicherer Garant für kulinarische Heimspiele. Und das seit vielen Jahren schon. Seine gutbürgerlichen Gerichte genoss ich bereits als Teenager. Damals hatte Ludwig Gehrlein, der Vater von Martin, in der Küche noch das Sagen. Seit Martin das Zepter übernommen hat, hat sich aus der betulichen Dorfwirtschaft ein ambitioniertes Restaurant entwickelt, das seinen Bib-Gourmand-Anspruch Jahr für Jahr bestätigt.
Gehrlein’s Hardtwald ist eine von drei hervorragenden Adressen im Schlemmerdorf Neupotz. Über das ganze Drumherum (Interieur, Historie und Speiseprogramm) habe ich mich bereits detailliert ausgelassen. Da hat sich in den letzten beiden Jahren auch nichts geändert. Nach wie vor bedienen die flinken Servicedamen die Gäste im feschen Dirndl. Das passt zum gediegenen Landhausstil, in dem die Gasträume gestaltet sind.
Auch Gehrlein’s Köchelverzeichnis passt immer noch auf zwei DIN-A4-Seiten, die mit einem einzigen Aufklappen der Karte den Komplettüberblick garantieren. Er präsentiert in seinem Erstlokal auch weiterhin eine bodenständige Landhausküche mit Ambition, bei der aus hochwertigen Zutaten sowohl heimische Spezialitäten (z.B. Zander) wie auch weltläufige Gerichte zubereitet werden. Hier erwarten den Gast stabile Verhältnisse, die diese Oase anspruchsvoller Gutbürgerlichkeit schon seit Jahren als verlässliche Genussadresse kennzeichnen.
Paniertes Zanderfilet gibt es hier ebenso wie sous-vide gegarten Island-Lachs mit grünem Spargel und Mohnstreusel. Rosa gebratener Rücken vom irischen Weidelamm mit Ratatouille-Gemüse kommt genauso sorgfältig arrangiert aus der Küche wie das obligatorische Pfälzer Rumpsteak mit gebratenen Zwiebeln.
Bei den Vorspeisen lässt es Küchenchef Gehrlein auch gerne mal kreativer angehen. Die Kombi aus dem im Bergpfeffer gebratenen Thunfisch und gepökeltem Iberico-Schweinenacken klang spannend. Pastrami-Röllchen mit gebratener Languste, Koriandermayonnaise und Avocado nicht minder pfiffig. Die Schwarzwurzelmousse mit jungem Knollengemüse, Pancetta und Kaviar vereinte regionale und internationale Akzente, während hausgemachte Lachsmaultäschle mit Rahmlauch und Rieslingsauce als einfallsreiche Abwandlung der deftigen „Schwaben-Dim-Sum“ für den Pfälzer Fischgaumen bereitstanden.
Beim Besuch im Mai (Muttertag) begleitete mich ein durchaus trinkbarer Grauburgunder (Viertel für 5,50 Euro) aus der Pfalz in den goldbraun frittierten Panadehimmel aus saftigem Zander. Die Flasche Mineralwasser belief sich auf noch akzeptable 4,20 Euro. Sowohl bei den Getränkepreisen als auch beim Flaschenweinangebot passen Anspruch und Wirklichkeit gut zusammen, was das Restaurant zur sympathischen Adresse für Weintrinker macht.
Vorneweg sollten es die Rinderbouillon mit Tafelspitz, Flädle und Gemüse (5,90 Euro) für meine Verlobte sowie das Bärlauchcrèmesüppchen mit gebratener Garnele (6,90 Euro) für mich sein. Die beiden Suppenteller blieben an diesem Tag die einzigen wirklichen Schwachpunkte einer ansonsten ausgezeichneten Leistung der Küchenbrigade. Die erste Bärlauchsuppe musste ich aufgrund der maximal lauwarmen Serviertemperatur beim Personal beanstanden. Man brachte mir prompt eine etwas heißere Version. Aber auch bei dieser vermisste ich das zupackende Aroma früherer Gehrlein-Süppchen. Zu viel Sahne, zu wenig Gaumenkitzel.
Etwas schwachbrüstig fiel leider auch die mit reichlich Fleisch-, Gemüse- und Frittateneinlage versehene Rinderbrühe aus. Ein paar Tage zuvor hatte ich mir in der Alten Mühle, dem Zweitlokal von Martin Gehrlein, eine ähnliche Kraftbrühe gegönnt. Diese hatte wesentlich mehr Schmackes als die recht blasse Hardtwald-Variante. Aufpassen, liebe Neupotzer, nicht dass euch das Rheinzaberner Mühlenteam noch die Suppenkelle zeigt!
Dagegen regierte bei den Hauptgängen in unserer Tischrunde das andächtige Schweigen der Schlemmer, das nur ab und an von einem zufriedenen „Hmmm…“ unterbrochen wurde. Das war auch nicht weiter verwunderlich, denn sowohl das wie immer tadellose Zanderfilet in krosser Pfalzpanade mit Pommes frites bzw. Kartoffelsalat sowie der legendären Remouladenhausmarke (18,80 Euro) als auch das cremige Risotto mit grünem Spargel und Frühlingssalat (13,80 Euro) besänftigten unseren Spachteldrang auf sehr angenehme Art und Weise.
Maître Gehrlein fischt eben gerne im Frischen und genauso schmeckten auch die drei stattlichen Filetstücke vom Rheinbewohner, hier auf der Neupotzer Paniermeile. Auch das Risotto meiner Verlobten schäumte vor Güte. Leicht bissfest gegartes Gemüse (Karotte, Brokkoli) lag obenauf. Mit hauchdünnen Parmesanraspeln würzig verfeinert. Und in dem cremig-schlonzigen Breigericht auf Reisbasis meinte ich klitzekleine Zucchinischnipsel entdeckt zu haben.
Meine Nichte tat sich derweil an den geschmorten irischen Ochsenbäckchen (19,50 Euro) gütlich. Die angehende Abiturientin genoss ihren mit weißem Zwiebelpüree, Rotweinschalotten und reichlich dunkler Jus ausgestatteten Schmorküchenoutput sichtlich. Die à part gereichten Bärlauchknöpfle komplettierten die mächtig anmutende Deftspeise. Mürbes Fleisch, knackiges Gemüse und süffige Würze ergaben in der Summe einen sowohl geschmacklich als auch texturell gelungenen Teller.
Auch nicht gerade wesentlich leichtfüßiger kam das gebratene, supersaftige Kotelett vom Bentheimer Landschwein (20,50 Euro) daher, welches sich mein werter Herr Schwager einverleibte. Der bekennende Gut-und-gerne-Esser hatte sich schon als Vorspeise den gepfefferten Thunfisch mit gepökeltem Iberico-Schweinenacken auf Essiggemüse (13,80 Euro) gegönnt und sein seliges Grinsen deutete schon nach dem ersten Gang auf höchste Zufriedenheit hin. Sein Schweinekotelett wurde von Frühlingslauch, Mais und anderem Knackgemüse getoppt. Im Keramikbecher wurde der Nachschub für den Freund kräftiger Saucen gleich mitgeliefert.
Beim Besuch vor gut einer Woche (Muttis Geburtstag) zeigte die Suppenkurve dann wieder deutlich nach oben. Die Rinderbouillon hatte an Kraft zugelegt. Und mein Kohlrabicrèmesüppchen (6,90 Euro) die richtige Schlürftemperatur. Zusammen mit den darin schwimmenden Lachsklößchen war das eine beherzt abgeschmeckte, frisch aufgeschäumte Wohlfühltunke, der es nicht an Würze fehlte. Meine Ex-Verlobte (nun Frau) ließ es dagegen etwas frischer angehen und erfreute sich an ihrem bunten Sommersalat (6,80 Euro), der mit Radieschen, diversen Röstkernen und dem mit zupackender Essignote versehenen Gehrlein‘schen Sauerrahmdressing verfeinert wurde.
Meine Nichte, die kulinarisch ganz nach ihrem Onkel zu kommen scheint, zog sich vorneweg ein Paar mit Knoblauch angebratene Riesengarnelen auf lauwarmem Kartoffelsalat (13,50 Euro) rein, nur um später beim Hauptgang mit ihrem auf der Haut gebratenen Zanderfilet (23,80 Euro), das mit cremigem Kohlrabigemüse und in Petersilienbutter geschwenkten Pfifferlingen daherkam, neidische Blicke von allen Seiten zu ernten.
Ich hatte mich für die hausgemachten Tagliolini mit gebratenen Meeresfrüchten in Krustentierfond von der Vorspeisenkarte entschieden. Auf meinen Wunsch bekam ich den Pastateller im Hauptgerichtformat geliefert, was dann wohl auch keine 9,80 Euro mehr gekostet haben dürfte. Aber da es eine Einladung war, konnte ich das auch nicht der Rechnung entnehmen. Egal, meine Nudeln mit Meeresgezücht schmeckten ganz formidabel. Im elegisch abgeschmeckten Fond tummelten sich eine Vielzahl kleingeschnippelter Pulpo-Arme und Garnelenschwänze. Zusammen mit ein wenig Knoblauch und etwas Gemüsebrunoise ergab das einen glücklich machenden Soulfoodhügel, der auch erstmal bezwungen werden musste.
Die junge Dame neben mir schwang einmal mehr die Veggie-Keule. „Risoni statt Risotto!“ lautete diesmal ihr Motto, als sie sich für den mit geröstetem Brokkoli, Frühlingslauch und Oliven belegten Reisnudelteller entschied. Im Prinzip war das die gleiche Garnitur, die ein paar Monate vorher ihr Risotto begleitet hatte. Diesmal war jedoch noch ein mit Essig und Öl angemachter Tomatensalat inklusive. Auf den in dünne Scheiben geschnittenen Strauchtomaten lagen jede Menge feingewürfelte Schalotten und Frühlingslauchrädchen. Zusammen mit dieser herzhaft-sommerlichen Beilagen-Erfrischung ergab das eine gelungene, mediterran angehauchte Kombi, die meine Herzensdame in Verzückung versetzte.
Zu meiner Rechten mühte sich das Geburtstagskind an einem imposanten Gericht von der Tageskarte ab. Da es unbedingt sein musste, half ich ihr eben bei dem sagenhaft mürben Rinderfilet aus. Ja, der Hardtwald ist nämlich kein r(h)einrassiger Grätentempel. Auch die Fleischteller sind hier nicht zu verachten. Das mit knackigem Sommergemüse verzierte Filetmassiv meiner Mutter hatte den perfekten Gargrad. Die dazu gereichten, hausgemachten Kartoffelgnocchi hatten für sich genommen schon den Umfang einer Hauptspeise.
Nicht verschweigen möchte ich die in Rieslingsauce schwimmenden Lachsmaultäschle, die meine Schwester in der Hauptvariante verputzte. Zusammen mit dem Rahmlauch und dem roten Forellenkaviar war das ein süffiger Versteck-Fisch-Teller vom Feinsten. Das Rumpsteak, das sich mein Neffe gönnte und auch der gebratene Schweinerücken (natürlich wieder von der gefleckten Bentheimer Landsau) mit frischen Pfifferlingen und Bohnengemüse (beides jeweils 21,50 Euro) konnten sich sehen lassen. Beides fleischgewordene Bekenntnisse zur deftigen Landküche, die keine herzhaften Gaumenprügel androhte, sondern mit punktgenau gegarter Qualität auf den Tellern landete. „Es ist das Fleisch, das stets vereint!“ hatte schon Johann Wolfgang von Weber gesagt, als er den Kugelgrill erfand.
Beim Thema Dessert drängte es mich zur Enthaltsamkeit. Wobei…nicht ganz. Vom wirklich hervorragenden Erdbeer-Sorbet meiner Mutter und dem nicht minder famosen Sauerrahmeis meiner Frau durfte ich natürlich noch naschen. Wie meine Nichte ihr karamellisiertes Mandelkrokant mit frischen Sommerbeeren, Buttermilch und einem zitrusfrischen Kalamansisorbet (8,50 Euro) noch verputzen konnte, ist mir bis heute ein Rätsel. Sie kommt wahrscheinlich doch nicht nach ihrem Onkel.
Der Hardtwald ist und bleibt ein agiles deutsches Landrestaurant ohne jeglichen Senilschub, wie man ihn in diesem Schlafrevier evtl. vermuten würde. Hier feiern wir gern, weil wir uns wohlfühlen, die Qualität stimmt und die Speisen ohne viel Tralala ehrlich zubereitet auf dem Teller landen. Ansonsten bleibt mir nur der Hinweis: schaut auf die Überschrift!