"Familiär geführter „Fuchsbau“ mit Wohlfühlgarantie für Groß und Klein"
Geschrieben am 21.01.2023 2023-01-21
"Heilix Pfännle, von der Sahne verwöhnt"
Geschrieben am 07.11.2021 2021-11-07 | Aktualisiert am 09.11.2021
"Wo Frauen das Sagen haben und Dim Sum sich einträchtig mit Schwarzwälder Vesperplatte vertragen..."
Geschrieben am 03.11.2020 2020-11-03
"Das außergewöhnliche Schwarzwald-Hotel"
Geschrieben am 30.10.2015 2015-10-30 | Aktualisiert am 31.10.2015
Sommer im Spielweg
Kollege Tischnotizen hat vor gut zwei Jahren mit einem sensationell bebilderten Genussreport von seinem dortigen Kurzurlaub berichtet und damit für reichlich Vorfreude gesorgt. Auch unsere Freunde aus der Gastro sind nur voll des Lobes über dieses traditionsreiche Haus. Sie waren schon mehrfach in dem bereits in der 6.Generation (!) geführten Familienbetrieb, um sich von ihrem stressigen Alltag zu erholen und sich dabei von der jungen Küchenchefin Viktoria Fuchs verwöhnen zu lassen.
Diese übernahm im Jahr 2015 zusammen mit ihrer Schwester Kristin das Zepter im „Spielweg“, um zwei Jahre später ihren Vater Franz-Josef in der Rolle des Küchenchefs abzulösen. Seitdem hat sie die hausmannsköstliche Schwarzwaldküche ihres Vaters um ein paar asiatische Aspekte erweitert und auf ein großartiges Niveau gehoben.
Ihr Faible für Wildgerichte liegt in der Familie und mit der deftigen Regionalküche des Schwarzwalds ist sie aufgewachsen. Kein Wunder also, dass sie sich selbstbewusst auf die alten Küchentraditionen des Hauses beruft. Die väterlichen Klassiker von einst haben – wenn auch behutsam modernisiert – nach wie vor ihren festen Platz im Repertoire der seit 2018 der Vereinigung „Jeunes Restaurateurs“ angehörenden Gastronomin.
Auf dem Speiseplan von Viki Fuchs steht deshalb Wildbürgerliches aus den heimischen Wäldern neben weltoffen vorgetragenem Seelenfutter aus Fernkost. Für diese außergewöhnliche Küchenphilosophie, die auf gelebter Regionalität und Nachhaltigkeit basiert, gab es im Jahr 2021 den Grünen Stern vom Guide Michelin.
Selbst wenn man sich durch die reduzierte Mittags- bzw. Vesperkarte, die zwischen 12 und 16 Uhr gilt, liest, kann man aufgrund der dort gelisteten Köstlichkeiten schnell in Entscheidungsnot geraten. Nun kamen wir an jenem Dienstagnachmittag Mitte August just zur besten Vesperzeit – es war kurz vor 15 Uhr – von unserer Rundwanderung über das Sonnenhaldeeck zurück zum „Spielweg“, wo wir ein paar Stunden zuvor unser Auto abgestellt hatten.
Da unsere geplante Einkehr in der „Wirthschaft zum Kohler“ (kein Schreibfehler!), einer urigen Berggaststätte für Wanderer und Biker, aufgrund eines nicht vorhersehbaren Ruhetages – man soll sich halt nicht immer auf die Informationen aus dem Netz verlassen – leider ausfallen musste, kürzten wir unsere Tour ein wenig ab und schlugen etwas zu früh, aber umso erwartungsvoller in dem in traumhafter Lage befindlichen Land- und Ferienhotel für gehobene Ansprüche auf.
Nach freundlicher Begrüßung führte uns eine gut aufgelegte Servicedame im Dirndl zu unserem sonnenbeschirmten Freisitz auf der anderen Straßenseite. Dort durften wir es uns - mit Blick auf das von üppigem Grün eingerahmte Anwesen - auf bequem gepolsterten Sitzbänken direkt neben dem Gartenhaus gemütlich machen.
Kinderfreundliche Gartenterasse
Die extra für das „Spielweg“ angefertigten Holzgarnituren machten einen wertigen Eindruck.
Ausreichend beschirmter Freisitz im Grünen
Schnell war unser Tisch mit zarten Sets aus Leinen, silbern strahlendem Zweifachbesteck und kleinen Brottellern (inkl. Streichmesser) eingedeckt. Einfache, aber gepflegte Tafelkultur, die von Geschmack und Bodenhaftung zeugte.
Gepflegt aber bodenständig ging es auf unserem Tisch zu
Es war ein herrlicher Sommertag. Die hohen Temperaturen machten zwar dem ganz großen Mehrgang-Menü-Hunger einen Strich durch die Rechnung, aber für ein paar Leckereien vom Vesper- bzw. Mittagskärtle würde unser Appetit schon reichen.
Der Vorteil dieser familienfreundlichen, von Sträuchern und Büschen umfriedeten Gartenterrasse: ein kleiner Spielgarten für Kinder mit Hasenstall, Sandgrube und diversen Spielgeräten (Bobbycar, Bagger, etc.) lag genau daneben. Da ließ es sich unsere Jüngste natürlich nicht nehmen, auf der unbekannten Spielwiese – eigentlich war es eher ein ziemlich trockener Rasen – auf Entdeckungsreise zu gehen. Na wenigstens war ihr Aktionsradius nicht allzu groß und wir hatten sie stets gut im Blick bzw. waren an ihr „janz discht dran“.
Unsere erste Amtshandlung war dem widerspenstigen Wanderdurst geschuldet, weshalb der Inhalt einer mit reichlich Kohlensäure versetzten Flasche vom Spielweger Branden-Quellwasser (0,75l für 4,50 Euro) zeitnah in unseren Gläsern sprudelte.
Original Spielweger Branden-Quellwasser
Auf ein naturtrübes Waldhaus-Pils, das hier frisch aus dem Zapfhahn lief, hatte ich so richtig Lust und so gönnte ich mir einen knappen halben Liter (0,4l für 4,30 Euro) dieses edlen Gebräus aus dem Südschwarzwald. Auch meine Frau ließ sich ein Waldhaus schmecken, dieses jedoch alkoholfrei und aus der 0,33l-Flasche (3,80 Euro).
Was die angestrebte Zufuhr von Handfestem betraf, so wurde meine Herzensdame beim durch und durch spannend klingenden Nachmittagsangebot schnell fündig. Auf das bunte „Salatschüssele“ (9 Euro) aus dem spannenden Vornewegprogramm sollte die weiße Kalbs-Bolognese mit hausgemachter Pasta (26 Euro) folgen.
Mir war dagegen eher asiatisch zumute, was einen Glasnudelsalat mit drei knusprig gebackenen Garnelen (21,50 Euro) als Vorspeise zur Folge hatte. Beim Hauptgang mochte ich es lieber deftig schwäbisch und so fiel meine Wahl auf die Maultaschen von der Vesperkarte (16,50 Euro), die man hier ganz klassisch mit geschmelzten Zwiebeln in Brühe serviert.
Zwischen Sandkuchenbacken in der Grube und Stallhasenobservation fanden dann zwei Sorten Brot den Weg an unseren Tisch. Es handelte sich dabei um das selbstgebackene Spielweger Bauernbrot in hell und etwas dunkler.
Zwei Sorten vom hausgebackenen Brot
Das dunklere, mit höherem Roggenanteil gefertigte Sauerteigbrot erinnerte mich an Jochen Sitters Premiumprodukt aus dem Ilbesheimer Hubertushof, kam aber geschmacklich nicht ganz an die Pfälzer Referenzware heran. Dennoch eine mehr als solide Grundlage zum Stullen schmieren.
Als Belag eigneten sich eine mit Kräutern verfeinerte, hausgemachte Ricottacrème – aus der eigenen Käserei wohlgemerkt – sowie eine leicht gesalzene Landbutter ganz hervorragend.
Für den ersten Hunger
Ein kleines Schälchen mit frischen Radieschen ergänzte das Ensemble mit angenehm knackiger Schärfe.
Gesalzene Landbutter und frische Radieschen
Ein schöner Auftakt, passend zur sommerlichen Witterung.
Unsere Vorspeisen ließen sich auch nicht lange bitten. Im Salatschüssele, über das sich meine Gattin hermachte, dominierten die Farben Grün, Rot und Weiß.
Das Salatschüssele in Grün, Rot und Weiß
Neben grünem Blattwerk setzten hier Radicchio und Lollo Rosso rötliche Farbakzente. Rucola, vollreife Cocktailtomaten, dünne Radieschenschnipsel, Gartenkresse und der Spielweg-Ricotta komplettierten diesen mit schmackigem Dressing angemachten Sommersalat, der meine Frau begeisterte.
Auch ich war von meinem Glasnudelhügel mit Knuspergarnelen-Einlage begeistert. Solch ein aromatisches Kaltgericht muss man erstmal auf die Keramik bekommen.
Glasnudelsalat mit Knuspergarnelen
Akkurat Zerkleinertes von Karotte, Sellerie und Zuckerschote lieferte vegetabilen Biss.Geröstete Erdnüsse und von ihrer Hülle befreite Edamame punkteten mit leicht-herzhafter Süße, die sich wunderbar in die von guter Soja-Sauce und würziger Miso-Mayo dominierte Marinade einfügten.
Drei perfekt gebratene, entdarmte Riesengarnelen von ganz ausgezeichneter Qualität grüßten aus dem saftig-krossen Sonderzug nach Panko(-Art).
Zwei Prachtprawns
Der mit reichlich Asia-Aromen vollgepackte Wohlfühlteller geriet zum herzhaft intensiven Geschmackserlebnis. Vielleicht war das der bisher beste Glasnudelsalat, den ich in meinem Leben vorgesetzt bekam. Ganz sicher aber ein texturell abwechslungsreicher, sehr eindrucksvoller Appell an den 5.Geschmackssinn.
Genauso köstlich fielen dann auch unsere Hauptgänge aus. Die mit bissfest gebratenem, grünem Brokkoli (vom Lindenbrunnenhof) servierte Kalbs-Bolognese kam mit hausgemachter Mafaldine-Pasta auf den Teller.
Weiße Kalbs-Bolo mit hausgemachten Mafaldinen
Geriebener Parmesankäse erhob dieses vollmundige, von langem einköcheln zeugende Nudelgericht schlussendlich in den Soulfood-Olymp. Klar, kann man eine „Bolo“ anders kochen – aber in der Form wohl kaum besser!
Seelenpasta vom Feinsten
Bei den in reichlich Brühe schwimmenden Maultaschen bewies bereits der erste Happen, dass diese himmlisch fluffigen Schwaben-Dim-Sum aus der Fuchs’schen Küche in einer ganz anderen Liga spielten, wie das gemeine „Herrgottsbscheißerle“ an sich.
Highend-Mauldäschle in Brühe
Aber nicht nur deren feine Konsistenz überzeugte. Auch geschmacklich wusste der mit Petersilie, Majoran und Zwiebeln veredelte Brät-Brötchen-Mix zu begeistern.
Schwaben-Dim-Sum
In der auf ehrlichem Köchelhandwerk fußenden, kräftigen Fleischbrühe – für sich genommen schon ein kleines Gedicht – befanden sich neben den handgerollten, in Stücke zerteilten Nudelteigtaschen auch jede Menge Schmelzzwiebeln, die den Hausmannsklassiker aus Süddeutschland mit leichter Süße adelten.
Um gänzlich an den gesunden Volkshunger zu appellieren, wurde diese deftige Löffelspeise noch um einen kleinen Beilagensalat erweitert. Ein paar Vitamine konnten nicht schaden, zumal sie mit dem famosen Hausdressing exquisit in Szene gesetzt wurden.
Kleiner Salat zu den Maultaschen
Ach, wie gerne hätte ich noch ein wenig mehr Hunger im Gepäck gehabt! Lachs-Sashimi, Tomaten-Wassermelonen-Salat mit Burrata, Gänseleberterrine, Wildschwein-Dim-Sum (die feinere Asia-Maultaschenvariante) und der gebratene Saibling im Kokos-Sud wären allesamt einen Versuchsteller wert gewesen. Aber leider ging nur noch ein Nachtisch zum Teilen, so gesättigt waren wir nach unseren beiden Gängen.
Dieses süße Finale hatte es jedoch in sich. Es nannte sich „Spielweg Frappucino“ (11 Euro) und dahinter verbarg sich eine Art Eiskaffee für Feingaumen.
Der Spielweg-Frappucino
Hierzu übergoss man hausgemachtes Vanilleeis – mit dem aromatischen Mark der Kapselfrucht wurde nicht gespart – mit etwas Salzkaramellsauce und besprühte es mit geeister Kaffeecrème.
Kann so ein Nachtisch Sünde sein? Nein, er muss sogar!
Um einer eventuellen Unterbutterung von vornherein entgegenzuwirken, hatte man der süßen Eisspeise noch unfassbar mürbe Cookies untergemengt. Selbst für mich als Kuchenverweigerer war dieses auf der Zunge schmelzende Gebäck ein absolutes Highlight. Ein wenig Schoko-Crumble fürs Mundgefühl rundete dieses gelungene Sommerdessert stimmig ab. Wirklich lange her, dass mir ein komplett ohne Früchte auskommender Nachtisch so mundete.
Als wir das vorbildlich geführte Hotel-Restaurant verließen, waren meine Frau und ich uns einig, dass wir den nächsten Besuch im „Spielweg“ nur mit einem mehrtägigen Hotelaufenthalt verbinden werden. Diese Zeit braucht man nämlich, möchte man sich – wie der „Verzehrbrettvermerker“ aus Hannover – einmal quer durch die köstliche Welt von Viki Fuchs futtern.
Nach diesen tollen kulinarischen und landschaftlichen Eindrücken im südlichen Schwarzwald ging es am nächsten Tag wieder zurück in die heimische Pfalz. Dort sollte ich am Abend auf einen Solinger Storyteller treffen. Dieser kam mit seiner Madame gerade aus Garmisch-Partenkirchen und legte in der Pfalz einen Zwischenstopp ein. Wie ihm die deftige Pfälzer Weinstubenküche bekam, habt ihr ja bereits gelesen. Aber ein kleiner „Nachschlag“ kann ja bekanntlich nie schaden…;-)